Fall 10 Immer Ärger mit dem Mann Folie

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Transkript:

Juristische Fakultät Konversatorium zum Bürgerlichen Recht I WS 2012/2013 Fall 10 Immer Ärger mit dem Mann Folie A. Anspruch der I gegen C auf Kaufpreiszahlung aus 433 II BGB I. Anspruch entstanden VSS: Kaufvertrag zwischen I und C 1. Angebot der C Persönliches Angebot der C C hat persönlich kein Angebot abgegeben. Eventuell Zurechnung der Erklärung des K an C, 164 I 1 BGB. 2. Annahme durch I (+) 3. Einigung über essentialia negotii 4. Zurechnung Angebot wirkt für und gegen C, wenn Vss. der Stellvertretung vorliegen, 164 I 1 BGB a) Angebot der C durch Vertretergeschäft des K Angebot der C, wenn Erklärung des K der C gem. 164 I 1 BGB zugerechnet werden kann aa) Eigene Willenserklärung eigene Willenserklärung des K (+)

bb) im Namen des Vertretenen P: K ist nicht ausdrücklich im Namen der C aufgetreten Unternehmensbezogenes Geschäft bei Erklärungen, die zum Betriebs- und Geschäftsbereich eines Unternehmens gehören, handelt der Erklärende für den Empfänger erkennbar im Namen des Unternehmensinhabers, nicht im eigenen Namen hier: laut SV unternehmensbezogenes Geschäft (+) Erklärung des K konkludent im Namen der C, obwohl K im Anschreiben Ich-Form verwendet cc) mit und innerhalb der Vertretungsmacht K müsste zur Vertretung der C berechtigt gewesen sein (i) Erteilung einer rechtgeschäftlichen Vertretungsmacht Innenvollmacht gem. 167 I Alt. 1 BGB Zwar Erteilung einer Innenvollmacht (+): Vollmacht zu gelegentlichen Bestellungen (Handeln auf ihre Bitte hin ) Aber Beschränkung des Umfangs der Innenvollmacht: Erklärung der C, K solle nicht bei I zu bestellen Handeln des K im Rahmen der Innenvollmacht (-) Außenvollmacht gem. 167 I Alt. 2 BGB Ausdrückliche Bevollmächtigung des K gegenüber I (-) Konkludente Bevollmächtigung aufgrund der drei Bestellungen im Vorfeld (-): Auftreten des K geht nicht erkennbar auf den Willen der C zurück Außenvollmacht gemäß 167 I Alt. 2 BGB (-) 2

(ii) Vertretungsmacht kraft Rechtsschein Allgemeine Voraussetzungen der Rechtsscheinshaftung: Allgemeine Voraussetzungen der Rechtsscheinshaftung: aa) Rechtsscheinstatbestand a) Auftreten als Stellvertreter, ohne tatsächlich VM zu haben b) Objektive Umstände, die auf VM hindeuten (bei der Anscheinsvollmacht zusätzlich nach h.m.: gewisse Dauer oder Häufigkeit) bb) Zurechenbarkeit des Rechtsscheins Duldungsvollmacht: Vertretener kennt das Verhalten des Vertreters und duldet es Anscheinsvollmacht: Vertretener kennt das Verhalten des Vertreters nicht, hätte es aber erkennen und verhindern können cc) Gutgläubigkeit (= schutzwürdiges Vertrauen) des Vertragspartners dd) Kausalität des Rechtsscheins für rechtgeschäftliches Verhalten des Vertragspartners (1) Rechtsscheinstatbestand K ist der I gegenüber als Stellvertreter der C aufgetreten, ohne tatsächlich VM zu haben. K hat zuvor über einen längeren Zeitraum wiederholt Bestellungen bei I vorgenommen Objektive Umstände, die auf VM hindeuteten (Rechtsschein) (+) (2) Zurechenbarkeit des Rechtsscheins (a) Duldungsvollmacht (-), da C nichts von den Bestellungen des K wusste (b) Anscheinsvollmacht Hätte C die neuerliche Bestellung des K bei sorgfaltsgemäßem Verhalten erkennen und verhindern können? (+): C kümmerte sich sehr wenig um das Geschäft. Hätte sie das getan, hätte sie von den Bestellungen des K erfahren und diese verhindern können. (3) Gutgläubigkeit bzw. schutzwürdiges Vertrauen des Vertragspartners (Rechtsgedanke des 173 BGB) (+): I hatte keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis vom Mangel der Vertretungsmacht 3

(4) Kausalität des Rechtsscheins für rechtgeschäftliches Verhalten des Vertragspartner (+) (iii) Erg.: K hatte Vertretungsmacht kraft Rechtsschein dd) Ergebnis Willenserklärung des K kann der C gem. 164 I 1 BGB zugerechnet werden Ergebnis: Angebot (+) 5. Ergebnis Anspruch aus 433 II BGB entstanden II. Anspruch erloschen Anspruch aus 433 II BGB könnte nachträglich erloschen sein 1. Erlöschen durch Anfechtung der Angebotserklärung des K, 142 I BGB a) Anfechtungserklärung, 143 I BGB Ausdrückliche Anfechtungserklärung der C: (+) Anfechtungsberechtigung der C (+): Sie ist diejenige, der die WE des K zugerechnet wird. b) Anfechtungsgrund 166 I BGB: Bzgl. Willensmängel auf die Person des Vertreters abzustellen Willensmangel bei K (-) Auch kein Fall des 166 II BGB c) Ergebnis Anfechtung des Kaufvertrags selbst (-) 4

2. Erlöschen durch Anfechtung der Rechtsscheinsvollmacht? Wegen 142 I BGB wäre K Vertreter ohne Vertretungsmacht ( 177 ff. BGB). Wegen Genehmigungsverweigerung wäre Kaufvertrag endgültig unwirksam. Problem: Rechtsscheinsvollmacht anfechtbar? a) h.m.: Rechtsschein nicht anfechtbar Anfechtung setzt rechtsgeschäftliche Willenserklärung voraus Bei Rechtsscheinhaftung geht es um Zurechnung eines schuldhaft verursachten Rechtsscheins keine WE b) a.a.: Rechtsschein anfechtbar jedenfalls Duldungsvollmacht anfechtbar, wegen ihrer Nähe zur rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht (quasi konkludent durch Duldung erteilte Vollmacht) Stärkere Bindung durch Duldungsvollmacht als durch echte Vollmachterteilung (u.u. anfechtbar) erscheint zweifelhaft Anders bei Anscheinsvollmacht: Mangels Kenntnis und Duldens besteht schon gar keine Grundlage für einen Irrtum Anfechtung (-) c) Ergebnis hier: Anscheinsvollmacht Anfechtbarkeit nach beiden Ansichten (-) 3. Ergebnis Anspruch der I gegen C aus 433 II BGB nicht erloschen III. Anspruch durchsetzbar (+) IV. Ergebnis I hat Anspruch gegen C aus 433 II BGB 5

B. Anspruch der I gegen K auf Kaufpreiszahlung gem. 433 II BGB (-), da K im Namen der C gehandelt hat (s.o.) C. Anspruch der I gegen K auf Erfüllung oder Schadensersatz aus 179 I BGB (-), da K mit Vertretungsmacht (Anscheinsvollmacht) gehandelt hat 6