Arbeitsrecht im Krankenhaus aktuelle Rechtsprechung



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Transkript:

Arbeitsrecht im Krankenhaus aktuelle Rechtsprechung Caritasverband für die Diözese e.v. Rechtsanwalt Golo Busch, Fachanwalt für Arbeitsrecht, g.busch@bpg-muenster.de 1

BPG UNTERNEHMENSGRUPPE BPG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mbh - ca. 60 Mitarbeiter - 3 Standorte - Prüfung von Jahres- und Konzernabschlüssen, vornehmlich für Unternehmen des Gesundheits- und Sozialbereichs - Prüfungsnahe Beratungsleistungen - Steuerberatung (Schwerpunkt: Gemeinnützigkeitsrecht) - 7 Rechtsanwälte - Kompetenzfelder: Krankenhausrecht, Arbeitsrecht (insb. kirchl. Arbeitsrecht), Sozialversicherungsrecht, Vereins- und Stiftungsrecht, Gesellschaftsrecht BPG Unternehmensberatungsgesellschaft mbh - Spezialisiert auf Unternehmen des Gesundheits- und Sozialbereichs

BERUFLICHER WERDEGANG RECHTSANWALT G. BUSCH Seit 1998 Rechtsanwalt 2004 Verleihung des Titels Fachanwalt für Arbeitsrecht 2005-2009 Geschäftsführer eines Sportverbandes Seit 2007 Fachreferent Recht des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen Seit 2008 Schiedsrichter am Deutschen Sportschiedsgericht in Köln Seit Nov. 2009 Leiter der Rechtsabteilung der BPG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Geschäftsführer der BPG- Rechtsanwaltsgesellschaft mbh Tätigkeitsschwerpunkte: Arbeitsrecht (insbes. kirchliches Arbeitsrecht) und Sozialversicherungsrecht, Vereins-, Stiftungs- und Gesellschaftsrecht, Gemeinnützigkeitsrecht sowie Sportrecht 3

Gliederung I. Aktuelle Entwicklung zum AÜG II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten III. Islamisches Kopftuch in evangelischer Einrichtung IV. Loyalitätsobliegenheiten von Krankenhausmitarbeitern V. Befristungsrecht VI. Kündigung unkündbarer Mitarbeiter VII. Vergütung von Bereitschaftsdienst 4

Was will der Gesetzgeber? I. Aktuelle Entwicklung zum AÜG Aktueller Koalitionsvertrag (S. 69): Wir präzisieren im AÜG die Maßgabe, dass die Überlassung von Arbeitnehmern an einen Entleiher vorübergehend erfolgt, indem wir eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten gesetzlich festlegen.... Durch einen Tarifvertrag der Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche können... abweichende Lösungen vereinbart werden. Die Koalitionspartner sind sich darüber einig, dass Leiharbeitnehmer/innen künftig spätestens nach 9 Monaten hinsichtlich des Arbeitsentgelts mit den Stammarbeitnehmern gleichgestellt werden. 5

I. Aktuelle Entwicklung zum AÜG Wann will der Gesetzgeber seine Ziele umsetzen? E-Mail der SPD-Bundestagsfraktion vom 11. Mai 2015: Ministerin hat den Referentenentwurf noch vor der Sommerpause angekündigt. Die AÜG Reform wird daher im Herbst in das parlamentarische Verfahren kommen. 6

Die nicht nur vorübergehende Überlassung von Leiharbeitnehmern von einer Servicegesellschaft an einen Krankenhausträger im Rahmen einer erteilten Erlaubnis führt laut Rspr. nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher. Zukünftig wird aber wohl die zeitlich unbefristete Überlassung von Leiharbeitnehmern unzulässig sein. Empfehlung für die Praxis: I. Aktuelle Entwicklung zum AÜG Künftig sollte von der dauerhaften Überlassung von der Servicegesellschaft an den Krankenhausträger Abstand genommen werden. Wechsel in echte Werk- oder Dienstverträge sinnvoll! 7

II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten Sozialversicherungsrechtliche Risiken beim Einsatz von Honorarärzten SG Braunschweig vom 25.07.2014, Az. S 64 KR 206/12 Tätigkeit als Radiologe in einem Krankenhaus kein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis Ob jemand abhängig beschäftigt ist oder selbständig ist, hängt im Wesentlichen davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (st. Rspr.; BSG, Urteil vom 30.04.2013, Az. B 12 KR 19/11 R). Vertragsverhältnis wurde als freies Honorararztverhältnis gelebt. Vertragsgestaltung war auch sozialversicherungsrechtlich zulässig. 8

II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten Sozialversicherungsrechtliche Risiken beim Einsatz von Honorarärzten SG Braunschweig vom 25.07.2014, Az. S 64 KR 206/12 Es gibt keine Vorschrift, die es Krankenhausträgern verwehrt, ärztliche Leistungen auf dem freien Markt einzukaufen. Es gibt keine sozialversicherungsrechtliche Vorschrift, die dem Arzt verbietet, als Arzt bei einem Krankenhausträger selbständig tätig zu sein. Eine Aussage, dass es selbständige Honorarärzte im Krankenhäusern keinesfalls geben kann, lässt sich nicht treffen. Feststellung: keine abhängige Beschäftigung, da es kein einziges Kriterium gibt, welches eindeutig für eine abhängige oder eine selbständige Tätigkeit spricht. 9

II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten Sozialversicherungsrechtliche Risiken beim Einsatz von Honorarärzten SG Dortmund vom 20.02.2015, Az. S 34 R 2153/13 Stationsärzte, die in die Arbeitsorganisation der Station eingegliedert sind und kein unternehmerisches Risiko tragen, sind keine freiberuflichen Honorarkräfte, sondern unterliegen als abhängig Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht. Die Tätigkeit von Stationsärzten bedingt die Eingliederung in die Arbeitsorganisation und die Arbeitsabläufe der Station. Ärzte hatten an Visiten und Besprechungen teilgenommen. Konkrete Tätigkeit der Ärzte unterschied sich nicht wesentlich von angestellten Stationsärzten. 10

II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten Sozialversicherungsrechtliche Risiken beim Einsatz von Honorarärzten SG Dortmund vom 20.02.2015, Az. S 34 R 2153/13 Für die Patienten war nicht erkennbar, dass es sich nicht um Stammpersonal handelt. Die Ärzte mussten die fachlichen und organisatorischen Vorgaben des Krankenhauses beachten. Die Ärzte schuldeten die Dienstleistung persönlich, konnten sich nicht vertreten lassen. Dass die Ärzte weitgehend weisungsfrei gearbeitet hätten, sei nicht entscheidend, das sei bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich. 11

II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten Sozialversicherungsrechtliche Risiken beim Einsatz von Honorarärzten LSG Berlin-Brandenburg vom 20.03.2015, Az. L 1 KR 105/13 Notarzt ist selbständig für Krankenhaus tätig. Rettungsdienst war nicht in den Krankenhausbetrieb integriert, erfolgte durch eigenen Träger, Krankenhaus war nur verpflichtet, Notärzte zu stellen Tätigkeit als Notarzt kann sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch in selbständiger Tätigkeit erbracht werden. Vertragliche Abreden und tatsächliche Durchführung entscheidend 12

II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten Sozialversicherungsrechtliche Risiken beim Einsatz von Honorarärzten LSG Berlin-Brandenburg vom 20.03.2015, Az. L 1 KR 105/13 Entscheidend war, dass der Rettungsdienst nicht in den eigenen Betrieb eingebunden war Außer durch die Organisation des Dienstplanes nahm Krankenhaus keinen Einfluss auf die Arbeit der Notärzte Krankenhaus stellte weder Notarztwagen, noch Arbeitsmittel Arzt unterlag keinen Weisungen Anders bei Rettungsassistenten: unterliegen Weisungen des Notarztes 13

II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten Empfehlung: Statusfeststellung durchführen, da Entscheidungen der Gerichte uneinheitlich Beschäftigung als selbständiger Honorararzt sehr riskant, wegen hohen Nachzahlungen Risiko durch Urteil vom LSG Baden-Württemberg v. 17.04.13, Az. L 5 R 3755/11: nur niedergelassene Ärzte können selbständige Honorarärzte sein 14

II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten Kriterien für Selbständigkeit: Entsprechender Vertrag Möglichkeit, Vertreter mit denselben Qualifikationen zu stellen Keinerlei Weisungen durch Angestellte des Krankenhauses Keine Einbindung in betriebliche Abläufe Teambesprechungen, Arztbriefe, Visiten, Fortbildungen Arbeitsmittel (Stethoskop, Kittel ) von Arzt zu stellen Von Angestellten zu unterscheiden für Patienten (Namensschild, Kittel) Unternehmerisches Risiko z.b. Vergütung nach Anzahl der behandelten Patienten 15

II. Statusfragen bei der Beschäftigung von Honorarärzten Intensivpfleger nicht selbständig tätig LSG NRW v. 26.11.2014, Az. L 8 R 573/12 Pfleger konnte sich Patienten selbst aussuchen, unterlag in geringerem Maß als andere Pflegekräfte ärztlichen Weisungen und hielt sich nicht an Qualitätsstandards der Klinik, sondern an Nationale Expertenstandards. Entscheidend, dass Pfleger vollständig in die Arbeitsorganisation der Intensivstation eingegliedert war Die organisatorischen Abläufe seien am Wohl der Patienten orientiert und unterlägen daher in allen entscheidenden Punkten ärztlichen Vorgaben. Keine selbständige Tätigkeit in diesem Bereich möglich 16

III. Islamisches Kopftuch in evangelischer Einrichtung Untersagung des Tragens eines Kopftuches in einem kirchlichen Krankenhaus LAG Hamm vom 17.02.2012 (Az. 18 Sa 867/11) und BAG vom 24.09.2014 (Az. 5 AZR 611/12) Sachverhalt: Muslimin ist bei evangelischem Krankenhausträger seit dem Jahre 2000 als Krankenschwester beschäftigt. Arbeitsvertrag nimmt auf BAT-KF Bezug. Es wird Loyalität gegenüber der evangelischen Kirche erwartet. Nach einer dreijährigen Elternzeit sowie anschließender Arbeitsunfähigkeit teilte Klägerin über die Gewerkschaft mit, dass sie ihre Arbeit wieder aufnehmen und während der Arbeit aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen wolle. Krankenhausträger antwortete, dass das Tragen eines Kopftuches aufgrund der konfessionellen Trägerschaft und aufgrund der Kleiderordnung nicht möglich sei. Klägerin bot ihre Arbeitsleistung an mit der Maßgabe, dass sie nicht bereit sei, während der Arbeitszeit das Kopftuch abzulegen. Arbeitgeber nahm die Arbeitsleistung nicht an und zahlte keine Vergütung. 17

III. Islamisches Kopftuch in evangelischer Einrichtung Untersagung des Tragens eines Kopftuches in einem kirchlichen Krankenhaus LAG Hamm vom 17.02.2012 (Az. 18 Sa 867/11) und BAG vom 24.09.2014 (Az. 5 AZR 611/12): Tragen eines Kopftuchs als Symbol der Zugehörigkeit zum islamischen Glauben und damit als Kundgabe einer abweichenden Religionszugehörigkeit ist regelmäßig mit der arbeitsvertraglichen Verpflichtung einer in einer Einrichtung der Evangelischen Kirche tätigen Arbeitnehmerin zu neutralem Verhalten nicht vereinbar. Es kann einer Arbeitnehmerin in einer kirchlichen Einrichtung regelmäßig das Tragen eines islamischen Kopftuchs untersagt werden. 18

III. Islamisches Kopftuch in evangelischer Einrichtung Untersagung des Tragens eines Kopftuches in einem kirchlichen Krankenhaus LAG Hamm vom 17.02.2012 (Az. 18 Sa 867/11) und BAG vom 24.09.2014 (Az. 5 AZR 611/12): Aufgrund seines Weisungsrechts kann der Arbeitgeber eine im Arbeitsvertrag nur abstrakt umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers nach Zeit, Ort und Art der Leistung einseitig näher bestimmen soweit diese Leistungspflicht nicht durch Gesetz oder Vertrag festgelegt ist. Die Anordnung des Arbeitgebers, während der Arbeit kein Kopftuch zu tragen, ist vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt. 19

III. Islamisches Kopftuch in evangelischer Einrichtung Untersagung des Tragens eines Kopftuches in einem kirchlichen Krankenhaus LAG Hamm vom 17.02.2012 (Az. 18 Sa 867/11) und BAG vom 24.09.2014 (Az. 5 AZR 611/12): Bei der Ausübung seines Weisungsrechts muss der Arbeitgeber die Glaubensfreiheit des Arbeitnehmers beachten; der Arbeitgeber muss auf einen beachtlichen Glaubens- oder Gewissenskonflikt, den der Arbeitnehmer offenbart, Rücksicht nehmen (BAG, Urteil vom 24.02.2011 2 AZR 636/09). Abwägung Gericht: Interessen des Arbeitgebers überwiegen 20

IV. Loyalitätsobliegenheiten von Krankenhausmitarbeitern BVerfG 2. Senat vom 22.10.2014 (Az. 2 BvR 661/12) Ausgangsfall: Chefarzt eines kath. Krankenhauses hat wiedergeheiratet, ein Jahr danach Kündigung BAG 08.09.2011 (2 AZR 543/10): Wiederverheiratung eines Chefarztes ist an sich Kündigungsgrund, aber Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen: Krankenhaus hatte von Zusammenleben seit drei Jahren Kenntnis, andere Chefärzte waren auch wiederverheiratet, daher Kündigung unwirksam Die staatlichen Gerichte dürfen sich nicht über das kirchliche Selbstverständnis hinwegsetzen. Verfahren wurde an BAG zurückverwiesen, da Bedeutung und Tragweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bislang nicht ausreichend berücksichtigt wurden. 21

IV. Loyalitätsobliegenheiten von Krankenhausmitarbeitern Neue Grundordnung (vom 27.04.2015) Kündigung danach nur noch bei schwerwiegenden persönlichen sittlichen Verfehlungen, die nach den konkreten Umständen objektiv geeignet sind, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen und die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen (Art 5 Abs. 2 Nr. 1 b) Ebenso bei katholischen Mitarbeitern bei Wiederverheiratung und Eingehung einer Lebenspartnerschaft (Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 c, d) 22

V. Befristungsrecht Altersbefristung BAG vom 11.02.2015, Az. 7 AZR 17/13: Der Bezug von Altersrente allein rechtfertigt keine Befristung des Arbeitsverhältnisses aus in der Person des AN liegenden Gründen ( 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG). Erforderlich ist zusätzlich, dass die Befristung einer konkreten Nachwuchsplanung dient. Im zu entscheidenden Fall, sollte eine Nachwuchskraft eingearbeitet werden. Deswegen Befristung ausnahmsweise zulässig 23

Altersbefristung Neu seit 1. Juli 2014 V. Befristungsrecht 41 Satz 3 SGB VI: Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben. Keine Begrenzung der Anzahl der Verlängerungen oder der Dauer der Verlängerungen. 24

V. Befristungsrecht Zu beachten bei einer Vereinbarung nach 41 SGB VI Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes muss noch während des Arbeitsverhältnisses geschlossen werden. Das neue Beschäftigungsverhältnis muss sich unmittelbar an das vorige anschließen. Es darf nicht 1 Tag dazwischen sein. Sehr wichtig ist, dass keine Arbeitsbedingungen, wie z.b. Arbeitszeit und Gehalt, geändert werden. Änderungen z.b. der Arbeitszeit davor oder danach möglich, nur nicht gleichzeitig mit der Vereinbarung Betriebsrat bzw. Mitarbeitervertretung müssen zustimmen. 25

Altersbefristung V. Befristungsrecht 19 Abs. 5 AVR-Caritas: Bei einer Beschäftigung nach Erreichen der Grenze der Regelaltersrente ist ein neuer Dienstvertrag abzuschließen. Das Dienstverhältnis kann jederzeit mit einer Frist von vier Wochen zum Ende eines Monats gekündigt werden. Dieser Dienstvertrag kann auch befristet abgeschlossen werden. Diese Regelung ist unwirksam (so auch Beyer/Papenheim). Empfehlung: in diesen Fällen einen nach 41 SGB VI befristeten Vertrag abschließen 26

V. Befristungsrecht Zuvorbeschäftigung im Sinne des 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG LAG Hamm 22.01.2015 (11 Sa 1228/14) LAG Hamm folgt BAG: Vorbeschäftigungen, die länger als 3 Jahre zurückliegen, stehen der Befristung nicht entgegen Vorliegend 4,5 Jahre zwischen Beschäftigungen zeitliche Befristung wirksam Revision beim BAG anhängig (Az. 7 AZR 161/15) 27

Befristung zur Vertretung V. Befristungsrecht BAG 11.02.2015 (Az. 7 AZR 113/13) Bei Befristung zur Vertretung erkrankter AN ist Voraussetzung, dass der AG damit rechnet, dass Stammkraft zurückkommt. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn Stammkraft einem bevollmächtigten Vertreter des AG verbindlich erklärt, sie werde nicht mehr zurückkommen. Eine Äußerung gegenüber einem Kollegen reicht nicht. 28

Zuordnungsvertretung BAG 11.02.2015 (Az. 7 AZR 113/13) Der Vertreter nimmt Aufgaben wahr, die der AG einem vorübergehend abwesenden AN bei dessen unveränderter Weiterarbeit oder nach seiner Rückkehr tatsächlich und rechtlich übertragen könnte. Voraussetzungen: V. Befristungsrecht Der AG muss Aufgaben des Vertreters einem abwesenden AN nach außen erkennbar zuordnen. Durch Angabe im Arbeitsvertrag Ein weiterer AN, der die Aufgaben des abwesenden AN ausführen soll, kann dann nicht auch zur Vertretung des abwesenden AN befristet werden wäre sonst doppelte Vertretung eines AN. 29

Zuordnungsvertretung V. Befristungsrecht BAG 11.02.2015 (Az. 7 AZR 113/13) Voraussetzungen Diese Vertretungsmöglichkeit setzt voraus, dass der abwesende Arbeitnehmer und der Vertreter von den Fähigkeiten, den vertraglichen Voraussetzungen sowie den arbeitsplatzbezogenen Anforderungen her austauschbar sind. Dass Stammkraft gewisse Einarbeitungszeit brauchen würde, ist nicht schädlich. Tätigkeit von Vertreter und Stammkraft müssen tariflich gleichwertig sein. 30

Zuordnungsvertretung V. Befristungsrecht BAG 11.02.2015 (Az. 7 AZR 113/13) Empfehlung: Vertretungsart der gedankliche Zuordnung ist oft schwierig zu belegen und zu beweisen. Zudem Rechtsprechung nicht einheitlich und z.t. wird Rspr. des BAG falsch verstanden (Bsp. LAG Düsseldorf, 03.12.2012, Az. 9 Sa 719/12 Vorinstanz der BAG Entscheidung vom 11.02.2015) Es können beim Arbeitgeber auch leichter Fehler, wie z.b. Doppelbefristungen, auftreten oder es kann übersehen werden, dass eine der Aufgaben des Vertreters fachlich oder rechtlich doch nicht durch die Stammkraft ausgeübt werden könnte. 31

Zuordnungsvertretung V. Befristungsrecht BAG 11.02.2015 (Az. 7 AZR 113/13) Empfehlung: Daher: Nach Möglichkeit besser Befristungsarten der mittelbaren oder unmittelbaren Vertretung wählen Falls Aufgaben umverteilt werden sollen, dies vor angekündigtem Ausfall der Stammkraft (z.b. Elternzeit, Freistellung) tun oder Rückkehr abwarten. 32

VI. Kündigung unkündbarer Mitarbeiter LAG Düsseldorf v. 14.01.2015, Az. 12 Sa 684/12 15 Abs. 1 b) AVR-Caritas: Unkündbaren Mitarbeitern kann gekündigt werden, wenn sie nicht weiterbeschäftigt werden können, da die Einrichtung in der sie tätig werden, aufgelöst wird. Einrichtung i.s.v. 15 Abs. 1 AVR umfasst selbständig geführte Stellen, d.h. alle denkbaren Organisationseinheiten kirchlicher Träger. An den Grad der Selbständigkeit sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Eine eigene Personalabteilung ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass die Einrichtung aus ihrem Zweck und der fachlichen Organisation heraus selbständig ist. 33

VI. Kündigung unkündbarer Mitarbeiter LAG Düsseldorf v. 14.01.2015, Az. 12 Sa 684/12 In dem Fall hatte SkF eine Küche eines Familienzentrums geschlossen und Auftrag an Caterer vergeben. In der Küche waren die Klägerin als Küchenleitung, eine Köchin und eine Küchenhilfe beschäftigt. Klägerin meinte, Familienzentrum sei Einrichtung. LAG: Küche ist Einrichtung, Küche ist mit eigener Leitung eigenständig organisiert, eigener Zweck: Bereitung von Essen Essen auch für andere Einrichtungen, daher nicht nur Hilfsfunktion innerhalb einer Einrichtung 34

VI. Kündigung unkündbarer Mitarbeiter LAG Düsseldorf v. 14.01.2015, Az. 12 Sa 684/12 Nach MAVO kann eine Kirchengemeinde eigene Einrichtungen haben. Da eine Kirchengemeinde oft nicht sonderlich groß ist, aber dennoch selbständige Einrichtungen haben können soll, können an die Anforderungen der Einrichtung keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Eine eigene Personalabteilung oder Personalhoheit ist nicht erforderlich. 35

VII. Vergütung von Bereitschaftsdienst BAG 19.11.2014 (Az. 5 AZR 1101/12) Das Mindestentgelt nach 2 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche vom 15.07.2010 ist nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen. Das Mindestentgelt ist je Stunde festgelegt und knüpft damit an die vergütungspflichtige Arbeitszeit an. Dazu gehört nicht nur die Vollarbeit, sondern auch der Bereitschaftsdienst und die Arbeitsbereitschaft. 36

VII. Vergütung von Bereitschaftsdienst BAG 19.11.2014 (Az. 5 AZR 1101/12) Fall: Klägerin war als Pflegehelferin angestellt. Sie betreute 2 Schwestern einer Katholischen Schwesternschaft. Sie war verpflichtet, in Rund-um-die-Uhr- Dienst anwesend zu sein. Lediglich während des Mittagessens und des Gottesdienstes musste sie sich nicht um die Schwestern kümmern. Für die restlichen 22 Stunden hat das BAG ihr einen Anspruch auf den Mindestlohn zugesprochen. Seit 01.01.2015: 2. Pflegeverordnung - danach kann Bereitschaftsdienst geringer vergütet werden Urteil kann aber wohl auf das MiLoG übertragen werden 37

VII. Vergütung von Bereitschaftsdienst Anlage 5 AVR-Caritas 9: Bereitschaftsdienst in Krankenhäusern und Heimen wird mit 15% bis 55% als Arbeitszeit bewertet, je nach Wahrscheinlichkeit des Arbeitsanfalls. Es sollte jetzt für jeden Mitarbeiter geprüft werden, ob er dann noch den Mindestlohn von 8,50 erhält. Alle Mitarbeiter müssen für Bereitschaftsdienste mind. 8,50 /Std. erhalten. Dies gilt nicht für Rufbereitschaft. Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes e.v.: Es reicht wenn in Monatsbetrachtung für jede Std., einschließlich Bereitschaftsdienst, 8,50 gezahlt wird. Anders: Schiering jede Std. mit 8,50 zu vergüten 38

VII. Vergütung von Bereitschaftsdienst Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Das MiLoG nimmt Bereitschaftszeiten nicht explizit aus. Bereitschaftszeiten sind daher nach allgemeinen Grundsätzen mit dem Mindestlohn zu vergüten, soweit sie nach der Rechtsprechung als vergütungspflichtige Arbeitszeit anzusehen sind. 39

Golo Busch Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Nevinghoff 30 48147 Telefon: 0251 48 20 4-13 Fax: 0251 4 18 32 95 Mobil: 0177 418 20 74 E-Mail: g.busch@bpg-muenster.de Besuchen Sie uns im Internet: www.bpg-muenster.de 40