Altern und Teilhabe Aufgabe und Herausforderung Fachtag Bürgerengagement im Vor- und Umfeld von Pflege Stuttgart-Vaihingen 15. Juni 2015 Univ.-Prof. Dr. Hermann Brandenburg Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar Dekan der Pflegewissenschaftlichen Fakultät Lehrstuhl für Gerontologische Pflege www.pthv.de
Wo liegt Vallendar? Vallendar bei Koblenz Quelle: http://www.orte-indeutschland.de/bundeslaender-karte.html
Philosophisch-Theologische Hochschule Theologische Fakultät und Pflegewissenschaftliche Fakultät
Gliederung I. Teilhabe - was ist das? II. Was für Potentiale enthält BesT? III. Welche Bedeutung hat BesT für die eigene Person und für andere? IV. Perspektiven für BesT
I. Teilhabe was ist das eigentlich?
Vorbemerkungen Teilhabe ist ein weiter, ungenauer und umstrittener Begriff Ich verstehe darunter die Beteiligung, Mitwirkung und Einflussnahme von Menschen in persönlichen, sozialen und gesellschaftlichen Angelegenheiten Bürgerschaftliches Engagement im Vor- und Umfeld der Pflege ist eine Form der Teilhabe
BesT Bürgerengagement sichert Teilhabe Lebensqualität von älteren Menschen und ihren Familien kann gefördert werden und zwar in einem sehr umfassenden Sinne (sozial, psychisch, wohnräumlich etc.) Beitrag zu einem guten Altern
BesT Bürgerengagement sichert Teilhabe Die Gestaltung einer wohnortnahen Infrastruktur an 15 Standorten ist sehr wichtig, um möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen häuslichen Umgebung führen zu können Beitrag zu einer vernetzten Infrastruktur
BesT Bürgerengagement sichert Teilhabe Die Projekte leisten einen Beitrag zur Inklusion und wenden sich damit kritisch gegen jede Form der Ausgrenzung des Alters Beitrag zu einer solidarischen Gesellschaft, die das Alter(n) wertschätzt
Drei verschiedene Sichtweisen auf Teilhabe Kritisches Verständnis: Teilhabe als Empowerment. Hier geht es um Autonomie, Selbstbestimmung, Emanzipation Affirmatives Verständnis: Teilhabe als Selbstbindung und Integration in die Gemeinschaft Liberales Verständnis: Teilhabe als aktives Projekt ( erfolgreiches Altern ) und Kostenersparnis
II. Was für Potentiale enthält BesT?
Ein neues Demokratieverständnis Repräsentative Demokratie (Vertretung durch gewählte Abgeordnete) Deliberative Demokratie (stärkere Beteiligung der Bürger Diskurs, Mitwirkung, Kritik)
Fokus auf Nutzerorientierung In Großbritannien stärkerer Einbezug der Nutzer bei der Entwicklung von sozialen Diensten auch im Bereich der Demenz ( Hearing the Voice of Dementia )
Kompetenzen im Blick Nutzung der Ressourcen und Potentiale der alten Menschen ( aktives und erfolgreiches Altern )
III. Welche Bedeutung hat BesT für die eigene Person und für andere?
Individuelle Ebene Es gibt Grenzen des Konzepts des aktiven Alterns, aber die gerontologische Forschung hat unmissverständlich auf die positive Beziehung zwischen Aktivität, Stimmung und körperlich-seelischer Gesundheit hingewiesen
Gesellschaftliche Ebene Im Sinne einer humanen Gesellschaft ist es sehr wichtig, dass aktive Solidarität geübt wird und alte und pflegebedürftige Personen sich als Gebende und Nehmende wahrnehmen
Aktivität Individuelle Produktivität und gesellschaftliche Teilhabe Welcher Anteil an Personen, Die mit 70-105 Jahren aktiv sind, waren es auch schon früher? Sport treiben 79,9% 51,6% Tanzen 83,3% 13,8% Ausflüge machen 81,6% 50,6% Besuch kultureller Ereignisse 92,8% 43,4% Künstlerische Aktivitäten 80.0% 20,3% Hobbys 59,2% 64,7% Reisen 66,1% 56,0% Ehrenamtliche Tätigkeiten 20,0% 14,1% Politische Aktivitäten 35,5% 18,6% (Quelle: Maas & Staudinger 1996) Die schon mit 25 Jahren aktiv waren, sind es immer noch?
Auf den Punkt gebracht: Bei der Kritik am Aktivitätskonzept darf das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet werden Die Sorge um die Schwächsten ist ein substantieller Bestandteil einer humanen Gesellschaft Gesellschaftliche Partizipation, Teilhabe und Mitwirklung beginnen schon im jungen Erwachsenalter (oder nicht!) Die einfachste (und schwierigste Form) der Förderung von Produktivität und Partizipation im Alter liegt in einer stärkeren Altersdurchmischung in den verschiedenen Gesellschaftsbereichen
IV. Perspektiven für BesT
Die Chance für die bürgerschaftlich Engagierten Entwicklung eines eigenen Standpunkts und Korrektiv gegen die Dominanz professioneller Perspektiven
Die Grenzen der Profis (und der Experten) Reflexion der professionellen Eigenlogik (Kooperation und Zusammenarbeit) Expertensicht ist nur eine Perspektive
Die lernende Organisation Wichtig ist ein Konzept und eine Struktur für die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen allen Engagierten Der Einsatz von bürgerschaftlich Engagierten als billige Arbeitskräfte ist ein Missbrauch! Es bedarf institutioneller und qualifikatorischer Unterstützung und Begleitung (z.b. Supervision)
Die Politik Ermöglichungsstrukturen für Teilhabe, Mitwirkung und Partizipation im Alter auch von alten Menschen in sozial benachteiligten Lebenslagen Was ist eigentlich die Strategie im flexiblen Kapitalismus (der Arbeitskraftunternehmer zur Kostenersparnis oder die Nutzung der Potentiale um seiner selbst willen?) Und wie ernst gemeint ist eigentlich das Thema Bürgergesellschaft auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit?
Die Gesellschaft Einsicht in die Notwendigkeit, dass Altern, Demenz und Gebrechlichkeit keine inferioren Ausdrucksformen menschlichen Lebens sind, sondern als Wiederspiegelung der Verletzlichkeit der menschlichen Natur angesehen werden müssen (Kruse) Eine Kultur des Alterns
Lucas Cranach der Ältere (1472-1553): Der Jungbrunnen Quelle: http://www.kunstkopie.de/a/lucas-cranach/derjungbrunnen.html (Abruf v. 26.11.2011)
Quelle: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 21. Oktober 2012
Am Ende Es geht um das Finden der richtigen Mitte (Aristoteles) und um eine faire Kooperation (Rawls) aller Beteiligten
Herzlichen Dank