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3 Der Körper der kompleen Zahlen Nicht jede quadratische Gleichung hat eine reelle Lösung + p + q = (p, q R) Beispiel: Für alle R ist und daher + 1 Abhilfe: Man erweitert R zu einem größerem Körper C, in dem jede quadratische Gleichung lösbar ist Konstruktion des Körpers C der kompleen Zahlen 1) Als Menge ist C = R Damit ist C auch ein R Vektorraum ) Die Addition im Körper C ist erklärt als die Vektoraddition in R, also + + := + Damit sind schon die Körperaiome (A1) bis (A4) erfüllt = ist das neutrale Element von C bzgl der Additon und := das Inverse von 3) Multiplikation in C: := + (M1) Das Assoziativgesetz zeige man als Übungsaufgabe (M) = + = + = 1 (M3) ist das neutrale Element bzgl der Multiplikation: 1 = = + 1 1

In C schreibe man 1 für 1 Es gilt weiter für R: + + = und ( ) = Setze daher := für R Damit wird R mit dem Teilbereich { R} von C identifiziert in welchem genau wie in R gerechnet wird Somit ist R C ( = ) und C ist eine Erweiterung von R Definition: Die reelle Zahl z = ( + heißt Betrag der kompleen Zahl z = Für z ist auch z ) Setze dann w = 1 Es folgt z zw = ( ) + = + Damit ist gezeigt: (M4) Jedes z = ( + ( + + ) ( ) + = ) + + + ) = 1 = 1 hat ein Inverses bzgl, nämlich z 1 := 1 z (D) Das Distributivgesetz zeige man als Übungsaufgabe Damit ist gezeigt, dass C ein Körper ist, welcher den Körper R umfaßt Schreibe i für die komplee Zahl Dann gilt: 1 i = 1 1 = 1 1 = 1 + 1 1 = 1, dh i + 1 = Fazit: Die Gleichung z + 1 = hat im Körper C die Lösungen z = i und z = i

Weiter gilt: z = = + = + = + i 1 Jede komplee Zahl z schreibt sich somit in der Form z = + i mit, R ( und diese Darstellung ist eindeutig, + i = ) Definition: Ist z = +i mit, R, so heißt Realteil von z ( Re(z) ) und Imaginärteil von z ( Im (z) ) Die Gaußsche Zahlenebene: (Veranschaulichung der kompleen Zahlen) Lege in die Ebene ein orthogonales Koordinatensstem ir = -Achse i z = + i = (, ) z R = -Achse Der Punkt z = stellt die komplee Zahl z = + i dar Die Achse besteht aus den reellen Zahlen = ( Reelle Achse ) Die Achse be- 3

steht aus den rein imaginären Zahlen i, R Sei r der Abstand zwischen Nullpunkt und z = Nach Pthagoras ist r = +, dh r = + = z Der Betrag von z ist also der Abstand des Punktes z = vom Nullpunkt Definition: Die Zahl z = i heißt die zu z = +i konjugiert komplee Zahl Offenbar ist z = z genau dann, wenn z = R ist Geometrisch entsteht z = aus z durch Spiegelung an der reellen Achse ir z = + i z = i R (31) Regel: Seien z und w komplee Zahlen a) = z = z, z + z = Re (z), zz = z Insbesondere sind z + z und zz reelle Zahlen 4

b) z + w = z + w, zw = z w, (z) n = (z n ) Dies rechne man zur Übung nach Veranschaulichung von Addition und Multiplikation (i) Die Addition von Vektoren im R erfolgt nach dem Kräfteparallelogramms : z = + i und w = u + iv +u z + w = (+u) + i (+v) v z +v u w v (ii) Zur Beschreibunng der Multiplikation führen wir in der Ebene sogenannte Polarkoordinaten ein Für z C, z sei r := z und ϕ der Winkel zwischen der positiven Achse und dem von angehenden Strahl durch den Punkt z, wobei ϕ im Bogenmaß gemessen wird und ϕ < π Durch diese beiden Daten ist der Punkt z eindeutig festgelegt r und ϕ heißen die Polarkoordinaten von z, r ihr Betrag und ϕ ihr Argument 5

ir ϕ z = + i = r sin ϕ r = z ϕ = r cosϕ R Nach den Regeln der Elementargeometrie ist = r cosϕ und = r sin ϕ, dh z = r(cosϕ + i sin ϕ) Ist ψ = ϕ + kπ, k Z, so gilt ebenfalls z = r(cosψ + i sin ψ) Wir nennen daher auch ψ ein Argument von z (Das Argument von z ist also nur bis auf ganzzahlige Vielfache von π bestimmt) (3) Regel: Seien z und w mit r = z, s = w, ϕ = Arg z, ψ = Arg w Dann gilt: z w = (r s)(cos(ϕ + ψ) + i sin(ϕ + ψ)) Also: zw = rs = z w und Arg (zw) = Arg z+ Arg w Beweis: Nach den Additionstheoremen für Sinus und Cosinus gilt cos(ϕ + ψ) = cos ϕ cosψ sin ϕ sinψ sin(ϕ + ψ) = cos ϕ sin ψ + sin ϕ cosψ 6

Es folgt zw = rs(cosϕ + i sin ϕ)(cosψ + i sin ψ) = rs((cosϕ cosψ sin ϕ sin ψ) + i(cos ϕ sin ψ + sin ϕ cosψ)) = rs(cos(ϕ + ψ) + i sin ϕ + ψ)) Nach (3) werden also komplee Zahlen multipliziert, indem man ihre Beträge multipliziert und ihre Argumente addiert Anschaulich: ir zw rs w ϕ s r z ψ ϕ R Induktiv ergibt sich: Arg z n = n ϕ für n N Die Quadratwurzel aus einer kompleen Zahl: Sei a C Eine Zahl w C heißt Quadratwurzel von a, falls w = a 1) a = hat nur eine Quadratwurzel, nämlich w = ) a Schreibe a in Polarkoordinaten, a = r(cosϕ + i sin ϕ) mit reellen Zahlen ϕ < π und r > Sei ρ = r die positive Quadratwurzel 7

aus r Dann sind α = ρ(cos ϕ + i sin ϕ ) und α die Quadratwurzeln aus a : ( α) = α 3 = ρ (cos( ϕ ) + i sin( ϕ )) = r(cosϕ + i sin ϕ) = a Ferner ist (z α)(z + α) = z α = z a für alle z C Somit sind ±α die einzigen Lösungen der Gleichung z = a Nullstellen von Polnomen Sei p : C C ein Polnom (Polnomfunktion), dh: Es gibt komplee Zahlen a,,a n (n N), so dass p(z) = a + a 1 z + + a n 1 z n 1 + a n z n für alle z C Sind die a j alle reell, so spricht man von einem reellen Polnom λ C heißt Nullstelle von p, wenn p(λ) = Frage: Wie viele Nullstellen kann p haben? 1) Ist a = a 1 = = a n =, so ist p(z) = für alle z C ) Ist n =, a, also p(z) = a für alle z C, so hat p(z) keine Nullstelle Von nun an sei n 1 und p(z) nicht das Nullpolnom Wir können a n annehmen Da p(z) und p(z)/a n die gleichen Nullstellen haben, können wir a n = 1 annehmen p(z) ist also von der Form (1) p(z) = z n + a n 1 z n 1 + + a mit a,,a n 1 C und n 1 3) n = 1 : p(z) = z + a hat die einzige Nullstelle z = a 4) n = : p(z) = z + a 1 z + a ist eine quadratische Gleichung p(z) = z + a 1 z + a 1 4 (a 1 4 a ) = (z + a 1 ) ( a 1 4 a ) = genau dann, wenn (z + a 1 ) = a 1 4 a =: d Unterscheide zwei Fälle: d = : z = a 1 ist die einzige Nullstelle von p und p(z) = (z + a 1 ) für alle z C d : (z+ a 1 ) = d genau dann, wenn z+ a 1 eine Quadratwurzel von d ist Wie oben gezeigt hat d zwei verschiedenen Quadratwurzeln ±δ Daher gilt z = a 1 ± δ sind die Nullstellen von p(z) 8

Es folgt: p(z) = (z + a 1 δ)(z + a 1 + δ) für alle z C 5) Der allgemeine Fall: Sei p(z) = z n + a n 1 z n 1 + + a 1 z + a ein Polnom, n 1 und a,, a n 1 C In der Analsis lernt man: (33) Fundamentalsatz der Algebra: Jede nicht konstante Polnom (1) p(z) = z n + a n 1 z n 1 + + a 1 z + a mit 1 und Koeffizienten a,,a n 1 C hat in C mindestens eine Nullstelle Genauer gilt: Sind λ 1,, λ r C die verschiedenen Nullstellen von p(z), so gibt es eindeutig bestimmte positive ganze Zahlen ν 1,,ν r, so dass ν 1 + + ν r = n und () p(z) = (z λ 1 ) ν1 (z λ r ) νr für alle z C Man nennt n den Grad von p(z) und ν j die Vielfachheit der Nullstelle λ j von p(z) (34) Korollar: (Zerlegung reeller Polnome) Sei p(z) = z n + a n 1 z n 1 + + a 1 z + a ein reelles Polnom (dh a,,a n 1 R) Dann gilt: a) Ist p(λ) = so ist auch p(λ) =, und λ und λ haben die gleiche Vielfachheit b) p(z) schreibt sich als Produkt von reellen linearen und quadratischen Polnomen Beweis: a) Sei p(z) = z n +a n 1 z n 1 + +a 1 z+a = (z λ 1 ) ν1 (z λ r ) νr Durch Übergang zum konjugiert Kompleen auf beiden Seiten folgt nach Regel 31 wegen a j = a j für alle z C (z λ 1 ) ν1 (z λ r ) νr = (z λ 1 ) νr + (z λ r ) νr = z n + a n 1 z n 1 + + a 1 z + a = z n + a n+1 z n 1 + + a 1 z + a = p(z) 9

Wegen der Eindeutigkeit der Zerlegung () von p(z) kommt der Faktor z λ j somit genau so oft vor wie z λ j, dh λ j und λ j haben die gleiche Vielfachheit bei p(z) b) Nach a) gilt: p(z) hat in C (evtl) reelle Nullstellen α 1,,α s ( s n) und (evtl) nicht reelle Nullstellen λ 1, λ 1,,λ t, λ t ( t n) Genauer ist p(z) = (z α 1 ) µ1 (z α s ) µ1 (z λ 1 ) ν 1 (z λ t ) ν 1, (z λ t ) νt (z λ t ) νt = = (z α 1 ) ν1 (z α 1 )Q ν 1 1 (z) Q νt t (z), wobei Q j (z) = (z λ j )(z λ j ) = z (λ j + λ j )z + λ j λ j Nach Regel 31 gilt λ j + λ j R und λ j λ j R, also sind die quadratischen Polnome Q j (z) reell und p(z) = (z α 1 ) µ1 (z α s ) µs Q ν 1 1 (z) Q νt t (z) 1