AG Strafrecht - Modul S II Sommersemester 2016

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Transkript:

AG Strafrecht - Modul S II Sommersemester 2016 Sajanee Arzner Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Europäisches Strafrecht und neuere Rechtsgeschichte von Prof. Dr. Martin Heger Kommode Raum 129 Email: sajanee.arzner@rewi.hu-berlin.de 1

Fall 13 2

Sachverhalt Fall 13 - S fährt mit dem BMW seines Vaters und R als Beifahrer alkoholisiert zur Disco; in einer Rechtskurve droht S die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren (fährt haarscharf an einem Baum vorbei) - R fährt zurück; es gibt eine von R unbemerkte Kollision mit dem Auto des D (500 Schaden); S erzählt erst auf der Heimfahrt von der Kollision; R möchte zunächst schlafen 3

315 c I I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr aa) Nr. 1a: rausch- bzw. alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit oder bb) Nr. 1b: Fahruntüchtigkeit infolge geistiger oder körperlicher Mängel oder cc) Nr. 2: Verkehrsverstoß 4

c) Gefahrverwirklichungszusammenhang = dadurch b) Konkrete Gefahr für Leib/Leben oder Sachen von bedeutendem Wert 2. Subjektiver Tatbestand a) Abs. 1: Vorsatz-Vorsatz-Kombination od. b) Abs. 3 Nr. 1: Vorsatz-Fahrl.-Kombination od. c) Abs. 3 Nr. 2: Fahrl.-Fahrl.-Kombination II. Rechtswidrigkeit III. Schuld 5

142 I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Unfall = plötzliches Ereignis im Verkehr, in welchem sich ein verkehrstypisches Schadensrisiko realisiert und unmittelbar zu einem nicht völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden führt (ca. 25 Euro) b) im Straßenverkehr = allgemein öffentlicher Straßenverkehr c) Unfallbeteiligter ( 142 V) = Jeder dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen hat 6

c) Tathandlung aa) Abs. 1: Sich-Entfernen vom Unfallort, bevor (1) Nr. 1: Feststellungspflicht erfüllt oder (2) Nr. 2: Wartepflicht erfüllt bb) Abs. 2: Sich vom Unfallort entfernt haben ohne nachträgliche Feststellung (1) Nr. 1: nach Ablauf der Wartepflicht oder (2) Nr. 2: berechtigt oder entschuldigt 2. Subjektiver Tatbestand Vorsatz II. Rechtswidrigkeit III. Schuld (insbes. Zumutbarkeit) IV. Tätige Reue ( 142 IV) 7

Lösungsskizze Fall 13 1. Handlungsabschnitt: Die Hinfahrt zur Discothek A. Strafbarkeit des S wegen Diebstahl gemäß 242 I S könnte sich eines Diebstahls am Autoschlüssel und am Fahrzeug seines Vaters gemäß 242 I schuldig gemacht haben, indem er den Schlüssel an sich genommen hat und dann mit dem Auto wegfuhr. 8

I. Tatbestand - fremde bewegliche Sache (+) V - Wegnahme (+) V nicht einverstanden - Vorsatz (+) - Zueignungsabsicht Aneignungsabsicht (+) bestimmungsgemäße Benutzung Enteignungsvorsatz (-) V sollte beides wiederbekommen II. Ergebnis: 242 I (-) 9

B. Strafbarkeit des S wegen Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß 315c I Nr. 1 lit. a) S könnte sich einer Gefährdung des Straßenverkehrs gem. 315c I Nr. 1 lit. a) schuldig gemacht haben, indem er mit einer BAK von 0,9 in eine Kurve mit dem Fahrzeug seines Vaters und dem R als Beifahrer einfuhr, die Kontrolle zu verlieren drohte und nur haarscharf an einem Baum vorbeifuhr. 10

I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Tathandlung - Führen eines Fahrzeugs (+) - im Straßenverkehr (+) - Zustand einer rauschbedingten Fahruntüchtigkeit: Erfahrungswerte - ab 0,3 = relative, - ab 1,1 = absolute - hier: (+) 0,9 = relative Fahruntüchtigkeit plus alkoholbedingter Fahrfehler, denn der S nimmt hier die Kurve zu spät wahr und fährt weiter geradeaus = Offenbarung der rauschbedingten Enthemmung (Verlangsamte Reaktionszeit, Verlust der Übersicht über die Verkehrssituation und ihre besonderen Anforderungen) 11

b) konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert und Gefahrverwirklichungszusammenhang aa) Auto des Vaters - fremde Sache (+) - aber: tätereigenes (wenn auch zivilrechtlich fremdes) Fahrzeug (-) - Argument: - Schutzzweck von 315 c: Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer und allgemeine Sicherheit des Straßenverkehrs - Zivilrechtliches Eigentum nicht entscheidend, sonst Zufallsergebnisse z.b. bei Kauf unter EV 12

bb) Leib oder Leben des R Def.: konkrete Gefährdung = Verkehrssituation, die den Eintritt eines Unfalls so wahrscheinlich macht, dass es nur noch vom Zufall abhängt, ob ein Rechtsgut verletzt wird oder nicht. (sog. Beinahe-Unfall ), was anhand einer objektiv-nachträglichen Gefahrenprognose festzustellen ist. 13

- hier (+) haarscharf an einem Baum vorbeigelenkt = Beinahe Unfall P1: Bloßes Mitfahren schon als konkrete Gefährdung? Kann hier offen bleiben, da Beinahe Unfall gegeben h.m. -, erforderlich ist konkrete Gefahr nicht nur abstrakte Gefahr des bloßen Mitfahrens P2: Teilnehmer der Tat als anderer isv 315 c? H.M. Tatbeteiligter anderer hier: unerheblich, keine Teilnahme (keine Aufforderung, psychische Beihilfe nicht durch bloße Anwesenheit, Beihilfe durch Unterlassen - mangels Garantenstellung) Folge: konkrete Gefahr für Leib/Leben des S + 14

P3: Gefahrverwirklichungszusammenhang: eigenverantwortliche Selbstgefährdung des R? Abgrenzung nach den Kriterien der Tatherrschaft Beifahrer hat keine Herrschaft über das Geschehen Mitfahren = Fall der Fremdgefährdung -> Gefahrverwirklichungszusammenhang (+), da keine Selbstgefährdung 15

2. Subjektiver Tatbestand - Vorsatz bzgl. der Tathandlung (+) um Alkoholisierung gewusst - Vorsatz bzgl. der konkreten Gefährdung des R? wohl (-), S vertraute im Zweifel darauf, dass keine Gefährdungssituation entstehen würde II. Ergebnis 315c I Nr. 1 lit. a) (-) 16

C. Strafbarkeit des S wegen Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß 315c I Nr. 1a, III Nr. 1 (durch dieselbe Handlung) (Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination) I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand (+) s.o. 2. Subjektiver Tatbestand - bzgl. Tathandlung: Vorsatz (+) s.o. - bzgl. Gefährdung: Fahrlässigkeit (+), Fahrtantritt trotz Trunkenheit, konkrete Gefährdung anderer objektiv vorhersehbar 17

II. Rechtswidrigkeit (P) Einwilligung des R - Dispositionsbefugnis über die Rechtsgüter des 315c (Sicherheit des Straßenverkehrs UND Individualrechtsgüter)? v M1: keine Dispositionsbefugnis bzgl. Sicherheit des Straßenverkehrs: Einwilligung insgesamt unmöglich: Rechtswidrigkeit (+) v M2: Bei Einwilligung bzgl. Individualrechtsgütern ist Unrecht des 315 c nicht voll verwirklicht, Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs über 316 geschützt in solchen Fällen -> Einwilligung (+) à Rechtswidrigkeit (-) 18

Streitentscheid für zweite Ansicht: konkrete Individualgefährdung bildet den Unrechtsschwerpunkt des 315 c für erste Ansicht: 315c StGB schützt in erster Linie Rechtsgut der allgemeinen Sicherheit (Systematik: 28 Abschnitt des StGB gemeingefährliche Delikte ) -> erste Ansicht vorzugswürdig -> Einwilligung des R unmöglich -> Rechtswidrigkeit (+) 19

III. Schuld (+) insb. subjektive Fahrlässigkeit bzgl. Gefährdungserfolg kein Fall nach 20, 21 (Schuldfähigkeit trotz Alkoholisierung), denn bei Schuldunfähigkeit hätte er die Gefahren ggf. nicht mehr wahrnehmen können IV. Ergebnis 315c I Nr. 1 lit. a), III Nr. 1 (+) 20

D. Strafbarkeit des S wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß 316 I (+), aber tritt hinter 315c I Nr. 1 lit. a) i. V. m. III Nr. 1 zurück 21

E. Strafbarkeit des S wegen unbefugten Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs gemäß 248b I (durch das Fahren mit dem Auto) (+) Ingebrauchnahme des PKW gegen den Willen des Vaters aber: ausdrücklich kein Strafantrag nach 248b III -> Strafbarkeit gemäß 248 b I (-) 22

2. Handlungsabschnitt: Das Geschehen auf dem Parkplatz A. Strafbarkeit des R wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß 142 I Nr. 1 R könnte sich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß 142 I Nr. 1 StGB strafbar gemacht haben, als er den Außenspiegel des D beschädigte und anschließend davon fuhr. 23

I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a) Unfall im Straßenverkehr (+) auch bei privatem Parkplatz, wenn für öffentliche Verkehrsteilnehmer freigegeben (Discoparkplatz = Kundenparkplatz = +) b) Unfallbeteiligter isv 142 V (+) Fahrer c) Sich-Entfernen (+) feststellungsbereite Personen anwesend +, jedenfalls Personal des D 2. Subjektiver Tatbestand (-) Unfall am Unfallort nicht bemerkt -> gemäß 16 I 1 kein Vorsatz bzgl. Sich-Entfernens vom Unfallort II. Ergebnis 142 I Nr. 1 (-) 24

B. Strafbarkeit des R wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß 142 II Nr. 2 R könnte sich jedoch wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß 142 II Nr. 2 schuldig gemacht haben, indem er nicht sofort nach Kenntnisnahme von dem Unfall zu einer Polizeistation gefahren ist. 25

1. Objektiver Tatbestand - R hat sich als Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernt - berechtigt oder entschuldigt? (P) hier unvorsätzlich -> 142 II Nr. 2 dennoch anwendbar? Frühere Rspr.: + sofern Täter zeitnah zu dem Unfallgeschehen von dem Unfall Kenntnis erlangt hier: (+) auf Heimweg Kenntnis erlangt -> 142 II Nr. 2 (+) 26

h. A. in der Lit.: - hier: 142 II Nr. 2 (-) Streitentscheid -> für erste Ansicht: auch hier Feststellungsinteresse bzgl. Identität um zivilrechtliche Ansprüche zu sichern vergleichbare Situation: Täter weiß, dass er sich melden muss Wortlaut entschuldigt interpretierbar, kein formal-dogmatisches Verständnis 27

-> für h.a.: - WL des 142 II Nr. 2, Analogieverbot - entschuldigt unvorsätzlich - Lücke muss Gesetzgeber schließen - keine vergleichbare Situation - dolus subsequens abzulehnen -> h.a. vorzugswürdig Beachte: BVerfG Beschl. v. 19.3.2007, bisherige Auslegung der Rspr. Ist mit Art. 103 II GG nicht vereinbar! II. Ergebnis 142 II Nr. 2 (-) 28

Exkurs: Strafbarkeit gemäß 142 I Nr. 1 durch erweiternde Auslegung des Begriffs des Unfallorts? abzulehnen, da weitere verbotene Analogie Unfallort = Sichtweite (Faustformel) = zeitlich-räumlicher Zusammenhang erforderlich 29

C. Strafbarkeit des R wegen unbefugten Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs gemäß 248b I an sich gegeben, aber kein Strafantrag des Vaters -> Strafbarkeit (-) s.o. 30

D. Strafbarkeit des S wegen unerlaubten Entfernens gemäß 142 I Nr. 1 S könnte sich wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort gem. 142 I Nr. 1 strafbar gemacht haben, indem er zusammen mit R davonfuhr, ohne seine Angaben zu hinterlassen. 31

I. Tatbestand Objektiver Tatbestand - Unfall im Straßenverkehr (+) - Unfallbeteiligter? - Unfallbeteiligter = jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung eines Unfalls beigetragen hat - Hier (-) kein zusätzliches Gefahrenmoment durch S in den Straßenverkehr gebracht wird (zb wenn S erkennbar betrunkenem R das Fahrzeug überlassen hätte, hier -, denn R ist nüchtern) II. Ergebnis 142 I Nr. 1 (-) 32

Konkurrenzen und Gesamtergebnis S: 315c I Nr. 1 lit. a) i. V. m. III Nr. 1 R: straflos 33