Zytologie von Körperhöhlenergüssen, Liquor und Lymphknoten 5.4 Lymphknotenzytologie 5.4.1 Benigne Veränderungen Tastbare Schwellungen am Hals, supraklavikulär, axillär oder inguinal entsprechen häufig vergrößerten Lymphknoten. Die zytologische Untersuchung von Punktionsausstrichen ermöglicht es, schnell und mit geringer Belastung für den Patienten eine vorläufige Diagnose zu stellen und das weitere Vorgehen zu planen. Bei Lymphomverdacht wird der Lymphknoten exstirpiert und histologisch untersucht, während bei einer Karzinommetastase zunächst nach dem Primärtumor gesucht wird. Bei einer reaktiven Lymphknotenschwellung wartet man 2 4 Wochen ab, ob sich der Knoten zurückbildet. Falls nicht, wird meistens eine histologische Untersuchung durchgeführt. Im äußeren Bereich eines Lymphknotens finden sich Keimzentren, die überwiegend B-lymphatische Zellen enthalten. Vermengt mit kleinen und mittelgroßen Lymphozyten kommen Keimzentrumsblasten und Kerntrümmermakrophagen vor. Zwischen den Keimzentren, im Parakortex, finden sich überwiegend T-lymphatische Zellen, aber auch Plasmazellen. Bei unspezifischen benignen Lymphknotenvergrößerungen z. B. bei Virusinfekten oder nach Impfungen kommt es im Lymphknoten zu einer immunologischen Reaktion mit Hyperplasie der Keimzentren oder des Parakortex. Man sieht ein buntes Bild mit lymphatischen Zellen unterschiedlicher Reifungsstufen, Eosinophilen, Plasmazellen und Makrophagen. Bei einer Keimzentrumshyperplasie kommen vermehrt mittelgroße Keimzentrumsblasten mit auffallend hellem Chromatin und schmalem Zytoplasma sowie Kerntrümmermakrophagen vor ( Abb. 5.25). Bei einer parakortikalen Hyperplasie sieht man mittelgroße Lymphozyten mit länglich ausgezogenen Kernen und große Immunoblasten mit zentralem Nukleolus und weitem, tiefbasophilem Zytoplasma ( Abb. 5.26). Bei bakteriellen Infekten, Pilzinfekten oder bei Autoimmunerkrankungen findet man neutrophile Granulozyten, Nekrose oder Granulome mit Epitheloidzellen. Bei solchen Bildern im Punktat sollte das Material mikrobiologisch untersucht werden ( Abb. 5.27). Die Lymphknotentuberkulose ist in Europa selten, kommt in den Tropen aber sehr häufig vor. In Europa sind Granulome im Lymphknoten häufiger durch eine Sarkoidose bedingt; sie können aber auch im Abflussgebiet von Karzinomen oder bei malignen Lymphomen vorkommen ( Abb. 5.28). 232
5.4 Lymphknotenzytologie Info Reaktive Lymphknotenveränderungen bieten meistens ein buntes Bild. Abb. 5.25 Lymphknoten: Keimzentrumshyperplasie mit Keimzentrumsblasten und einem Kerntrümmermakrophagen Abb. 5.26 Lymphknoten: parakortikale Hyperplasie mit zwei großen Immunoblasten Abb. 5.27 Lymphknoten: eitrige Lymphadenitis mit neutrophilen Granulozyten Abb. 5.28 Lymphknoten: Sarkoidose mit Agglomerat von Epitheloidzellen (MGG, Obj. 40 ). 233
Zytologie von Körperhöhlenergüssen, Liquor und Lymphknoten 5.4.2 Maligne Lymphome Zytologisch ist die Unterscheidung zwischen reifzelligen und aggressiven Lymphomen möglich, auch ein Hodgkin-Lymphom kann meistens erkannt werden. In Kombination mit Immunzytochemie am Ausstrichpräparat oder Immunphänotypisierung mittels Durchflusszytometrie sowie FISH-Untersuchungen ist in vielen Fällen eine definitive Diagnosestellung möglich. In deutschen Lymphomstudien wird aber grundsätzlich eine histologische Sicherung der Diagnose verlangt. Reifzellige B-Zell-Lymphome. Sie bieten zytologisch ein einförmiges Bild, das von dem bunten Bild bei reaktiven Veränderungen gut zu unterscheiden ist. Bei der CLL, dem lymphoplasmazytischen Lymphom und dem Marginalzonenlymphom findet man eine einförmige Population von kleinen und mittelgroßen Lymphozyten, die in vielen Fällen von benignen Lymphozyten nicht zu unterscheiden ist. Plasmazellen und Übergangsformen zwischen Lymphozyten und Plasmazellen kommen in wechselnder Häufigkeit vor ( Abb. 5.29). Beim follikulären Lymphom sieht man atypische lymphatische Zellen mit unregelmäßig begrenzten Kernen, tiefer Kernfurche und kondensiertem, nicht blastenartigem Chromatin, die üblicherweise im Lymphknoten nicht vorkommen, sowie eingestreut einige Blasten, die benignen Keimzentrumsblasten ähneln. Aggressive B-Zell-Lymphome. Sie sind ebenfalls einförmig; die atypischen lymphatischen Zellen haben große Kerne mit feinem, blastenartigem Chromatin. Zytologisch kann man zwischen Lymphomen mit immunoblastenartigen Zellen und solchen mit zentroblastenartigen Zellen unterscheiden. Histologisch entsprechen die meisten dieser Fälle einem diffus-großzelligen B-Zell- Lymphom (DLBCL) ( Abb. 5.30). Das Mantelzell-Lymphom wirkt im Ausstrichpräparat oft täuschend harmlos und ist zytologisch vom follikulären Lymphom nicht sicher zu unterscheiden. Hier ist eine immunologische Untersuchung unerlässlich. Bei Nachweis der typischen Translokation t (11;14) mittels FISH ist die Diagnose zuverlässig möglich ( Abb. 5.31). Merke T- und NK-Zell-Lymphome sind in Europa sehr viel seltener als B-Zell-Lymphome. Sie bieten oft ein buntes Bild und sind zytologisch nicht zuverlässig zu diagnostizieren. 234
5.4 Lymphknotenzytologie Info Maligne Lymphome führen zu charakteristischen Zellbildern im Lymphknotenpräparat. Abb. 5.29 Lymphknoten: CLL (MGG, Obj. 100 ). Abb. 5.30 Lymphknoten: DLBCL Abb. 5.31 Lymphknoten: Mantelzell- Lymphom Abb. 5.32 Lymphknoten: Hodgkin- Lymphom mit doppelkerniger Reed- Sternberg-Zelle 235
Zytologie von Körperhöhlenergüssen, Liquor und Lymphknoten Hodgkin-Lymphom. Hier findet man in unterschiedlicher Häufigkeit große bis sehr große, atypische Zellen mit charakteristischen großen Kernen und sehr großen Nukleolen, die einkernigen Hodgkin-Zellen und die mehrkernigen Reed-Sternberg-Zellen. In der Umgebung finden sich kleine und mittelgroße, morphologisch unauffällige Lymphozyten und vermehrt Eosinophile. Der Hauptanteil des tastbaren Tumors besteht aus benignen lymphatischen Zellen der Begleitreaktion ( Abb. 5.32). 5.4.3 Karzinommetastasen und Metastasen anderer solider Tumore Die Unterscheidung zwischen einem malignen Lymphom und einer Metastase eines soliden Tumors hat unmittelbare Konsequenzen: Bei Verdacht auf ein Lymphom wird im Allgemeinen der Lymphknoten entfernt und histologisch untersucht, während bei einer Metastase zunächst der Primärtumor gesucht wird. In vielen Fällen ist jedoch bereits ein Tumorleiden bekannt, und die Feinnadelpunktionszytologie einer tastbaren oder mittels Bildgebung gefundenen Schwellung soll die Frage nach einer Metastase beantworten. Bei einer Lymphknotenmetastase eines soliden Tumors findet man ortsfremde Zellen, die nicht dem üblichen Spektrum lymphatischer Zellen zugeordnet werden können und die oft in soliden Verbänden gelagert sind. Falls ein Primärtumor bekannt ist, lohnt es sich, die entsprechende Morphologie direkt zu vergleichen. Ein kleinzelliges Karzinom besteht aus unreif, blastär wirkenden Zellen mit schmalem Zytoplasma, die dicht zusammengelagert sind mit Verformung der Kerne untereinander ( moulding ) ( Abb. 5.33). Bei Adenokarzinomen findet man oft dreidimensionale Zellverbände mit unruhiger Lagerung und gestörter Kernpolarität. Es kommen aber auch einzelne maligne Zellen vor, manchmal sogar überwiegend Einzelzellen. Gelegentlich sieht man Sekretvakuolen. Immunzytochemisch ist oft eine weitere Zuordnung möglich, z. B. ist TTF1 bei Adenokarzinom der Lunge nukleär positiv, PSA spricht für Prostatakarzinom, Östrogen- oder Progesteronrezeptoren werden bei Mamma- oder Ovarialkarzinomen gefunden ( Abb. 5.34). 236
5.4 Lymphknotenzytologie Info Lymphknotenmetastasen solider Tumore sind zytologisch gut zu erkennen. Abb. 5.33 Lymphknoten: kleinzelliges Lungenkarzinom Abb. 5.34 Lymphknoten: papilläres Schilddrüsenkarzinom (MGG, Obj. 63 ). Abb. 5.35 Lymphknoten: verhornendes Plattenepithelkarzinom (Kopf-Hals- Tumor) (MGG, Obj. 40 ). Abb. 5.36 Lymphknoten: amelanotisches malignes Melanom (MGG, Obj. 63 ). 237