Rechtliche Neuerungen für unbegleteite minderjährige Flüchtlinge

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Rechtliche Neuerungen für unbegleteite minderjährige Flüchtlinge - ohne Gewähr auf Vollständigkeit 16. Oktober 2017 Seit Sommer 2015 werden in allen Lebensbereichen Sonderregelungen für Flüchtlinge geschaffen. Es wird unterschieden zwischen guten und schlechten Flüchtlingen. Es gibt eine Schlechterstellung von Flüchtlingen aus Staaten, für die angenommen wird, dass dort Sicherheit vor Verfolgung besteht. Dies umfasst neben den sogenannten sicheren Herkunftsländern auch Staaten, von denen behauptet wird, dass es innerhalb des Landes Schutz vor Verfolgung gibt. Die Schlechterstellung erschwert für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Minderjährige, die im Familienverbund reisen, den Zugang zu Integrationsangeboten und einer Aufenthaltsverfestigung. Ziel und Ausrichtung der laufenden und beschlossenen Gesetzgebungsverfahren ist die Reduzierung der deutschen Flüchtlingszahlen durch freiwillige und erzwungene Ausreise, die Schaffung eines europäischen Asyl und Grenzsystems und die Versorgung von Flüchtlingen in den Fluchtregionen. Als Folge dessen werden Regelungen so gefasst, dass sie eine vereinfachte Rückschiebung in Fluchtregionen und in andere als sicher eingestufte Transitstaaten ermöglichen. Für anerkannte Flüchtlinge ohne Rückkehroption wird die Integration und Teilhabe vereinfacht. A. Wesentliche Gesetzesänderungen 01.06.2015 24.09.2017 1. Übergangsregelungen UMF zur EU - Verfahrensrichtlinie Übergangsregelung seit 20.07.2015 weiterhin in Kraft Deutschland war verpflichtet, bis zum 20.07.2015 seine asyl- und aufenthaltsrechtlichen Gesetze den europäischen Vorgaben anzupassen. Die oben genannte Richtlinie gehört zum sogenannten Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) und musste von allen EU Staaten (bis auf Dänemark) bis zum 20.07.2015 in das jeweilige nationale Recht umgesetzt werden. Nach Ablauf der Umsetzungsfrist ist eine direkte Berufung auf die Regelungen der Richtlinien unter engen Voraussetzungen möglich. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem wird augenblicklich überarbeitet, solange gelten die bestehenden nationalen und europarechtlichen Vorgaben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat am 20.07.2015 einen Leitfaden zur unmittelbaren Anwendung der Verfahrensrichtlinie herausgegeben, der auf der Seite des Bundesfachverbands umf abgerufen werden kann (www.b-umf.de). In diesem wurden für den Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen verbindliche Übergangsregelungen geschaffen. Asylantragstellung durch das Jugendamt Solange noch kein Vormund bestellt ist, übernimmt das Jugendamt die rechtliche Vertretung. Es ist zur Stellung eines Asylantrags berechtigt, wenn es mit Beteiligung des Jugendlichen zur Einschätzung gelangt, dass ein Schutzgrund besteht (siehe dazu auch unter A.15). Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.v Seite 1/10 Paulsenstr. 55-56 T 030 / 82 09 743 0 E info@b-umf.de 12163 Berlin F 030 / 82 09 743-9 I www.b-umf.de Erstellt im Rahmen des Projektes KIWA. Dieses Projekt wird aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU kofinanziert.

Zwingende Anwesenheit des Vormunds bei der Anhörung im Asylverfahren Bei einer Asylanhörung ist weiterhin die Anwesenheit eines Vormunds verpflichtend, auch wenn die Asylantragstellung durch das Jugendamt erfolgt ist. Keine Ablehnung als offensichtlich unbegründet außer bei sicheren Herkunftsstaaten Unbegleitete Minderjährige dürfen nur noch als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn sie aus einem sicheren Herkunftsstaat nach 29a AsylG kommen. 2. Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung Inkrafttreten: 01.08.2015 Bleiberecht: 25a und 25b AufenthG 25a AufenthG ermöglicht für alle geduldeten und gestatteten Minderjährigen, die vor dem 17. Lebensjahr nach Deutschland eingereist sind, ein Bleiberecht nach vier Jahren rechtmäßigem Aufenthalt in Deutschland. Jugendliche, die mit 17+ Jahren eingereist sind, profitieren nicht automatisch von der Neuregelung. Sie werden grundsätzlich mit Erwachsenen gleichgestellt und fallen unter das neu geschaffene Bleiberecht für gut Integrierte nach 25b AufenthG. Sie müssen damit u.a. acht Jahre (bei Familien mit minderjährigen Kindern sechs Jahre) Voraufenthalt erfüllen. Erweiterung der Einreise- und Aufenthaltsverbote bei Minderjährigen aus sicheren Herkunftsstaaten: 11 AufenthG Wird ein Einreise- und/oder Aufenthaltsverbot verhängt, ist jede andere Form des Aufenthalts ausgeschlossen. Das Verbot muss erst aufgehoben werden. Dies soll bei einem Bleiberecht nach 25a und b AufenthG möglich sein. Die Entscheidung über ein Einreise- und Aufenthaltsverbot fällt beim BAMF. So kann dieses bei "offensichtlich unbegründeten" Ablehnungen von Asylanträgen wegen sicheren Herkunftsländern bei umf, nach erfolglosem Ablauf des Beschwerdeverfahrens, direkt ein Einreise- und Aufenthaltsverbot verhängen, das nach der Volljährigkeit wirksam wird. Ausbildungsduldung ab 06.08.2016 modifiziert durch das Integrationsgesetz (siehe A.11) 3. Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz Inkrafttreten: 24.10.2015 Heraufsetzung der Handlungsfähigkeit gegenüber dem BAMF auf 18 Jahre Seit dem 24.10.2015 muss auch bei 16 und 17Jährigen eine rechtliche Vertretung gegenüber dem BAMF bestehen. Eine eigene Asylantragstellung durch die Minderjährigen ist nicht möglich. Erweiterung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten Anlage II 29a AsylG Als sichere Herkunftsländer gelten jetzt Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien. Seite 2/10

Beschäftigungsverbote für abgelehnte Asylbewerber/innen aus sicheren Herkunftsstaaten 60 a Abs. 6 AufenthG legt für abgelehnte Asylantragstellende, die aus einem sicheren Herkunftsstaat kommen, ein Beschäftigungsverbot fest. Dabei sind alle Personen betroffen, die ihren Asylantrag nach dem 31.08.2015 gestellt haben und aus den Staaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien kommen. 4. Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher Inkrafttreten: 01.11.2015 Zuständigkeit: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) Heraufsetzung der Handlungsfähigkeit gegenüber der Ausländerbehörde auf 18 Jahre Seit dem 01.11.2015 muss auch für 16 und 17 Jährige Minderjährige eine rechtliche Vertretung gegenüber der Ausländerbehörde handeln. Umverteilung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Rahmen der jugendhilferechtlichen Inobhutnahme 42a f SGB VIII Seit dem 1.11.2015 können unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Rahmen der verpflichtenden Inobhutnahme auf andere Kommunen im selben Bundesland oder in andere Bundesländer vom erstaufnehmenden Jugendamt weiterverteilt werden. Das zuständige Bundesland wird dabei durch den sogenannten Königsteiner Schlüssel ermittelt. Es handelt sich um eine Maßnahme im Rahmen der Jugendhilfe, die Vorrang vor den aufenthaltsrechtlichen Belangen hat. Die Jugendlichen werden dort vorläufig in Obhut genommen, wo ihre Einreise nach Deutschland erstmalig festgestellt wird. Die Verpflichtung zur Inobhutnahme umfasst dabei auch Minderjährige, die verdeckt unbegleitet mit möglichen Verwandten einreisen und damit zunächst in den Erstaufnahmeeinrichtungen ankommen. Innerhalb von sieben Werktagen ist im Rahmen einer Einschätzung durch das örtliche Jugendamt festzustellen, ob oder inwieweit eine Verteilung erfolgen kann. Diese Einschätzung umfasst die Alterseinschätzung, eine Gesundheitsuntersuchung und eine Kindeswohlprüfung, um den tatsächlichen Schutzbedarf festzustellen und zu klären, ob eine Weiterverteilung das Kindeswohl gefährdet. Die Verteilung erfolgt über eine landesinterne Stelle und das Bundesverwaltungsamt, welches das zuständige Bundesland bestimmt. Dabei soll eine landesinterne Umverteilung Vorrang haben. Während der vorläufigen Inobhutnahme ist eine vormundschaftliche Vertretung nicht zwingend vorgeschrieben. Die Notfallvertretung wird vom vorläufig in Obhut nehmenden Jugendamt sichergestellt. Nach der Verteilung beginnt dann der bekannte Ablauf der Inobhutnahme, wie bisher in 42 SGB VIII geregelt. Ggf. findet im Anschluss die Unterbringung in einem anderen Ort statt und damit eine zweite Verteilung. Für weitere Einzelheiten siehe Arbeitshilfe Umverteilung unter http://www.b-umf.de/. 5. BAföG-Änderungsgesetz Inkrafttreten: 01.01.2016 Zuständigkeit: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Das BAföG Änderungsgesetz wurde bereits im Dezember 2014 verabschiedet. Die für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge geltenden Regelungen sind erst zum 01.012016 in Kraft getreten. Seite 3/10

Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Der Anspruch auf BAföG besteht ab dem 01.01.2016 für Jugendliche und junge Heranwachsende mit einem Aufenthaltstitel oder einer Duldung bereits nach 15 Monaten. Heranwachsende mit einer Aufenthaltsgestattung bleiben weiter vom BAföG ausgeschlossen. 6. Gesetz zur Neubestimmung der Aufenthaltsbeendigung (Ausweisung) modifiziert am 17.03.2016 Inkrafttreten: 01.01.2016 Die Neuregelung der Ausweisungstatbestände war im Juli 2015 mit Wirkung zum 01.01.2016 beschlossen worden. Das Ausweisungsrecht 53 56 AufenthG ist neu geregelt. Siehe unter A.9. 7. Datenaustauschverbesserungsgesetz Inkrafttreten: 05.02.2016 Das Gesetz erleichtert den Datenaustausch zwischen allen mit Flüchtlingen befassten Behörden und Gerichten. Es sieht für jede illegal eingereiste Person eine umfassende Registrierung mit erkennungsdienstlicher Behandlung (ED-Behandlung) vor. Der hier erhobene Kerndatensatz beinhaltet dabei neben Fingerabdrücken und umfassenden Daten u.a. zu Familienhintergrund und Flucht auch Lichtbilder. Dabei werden von allen Flüchtlingen ab 14 Jahren Fingerabdrücke genommen. Alle Flüchtlinge unter 14 Jahren werden mit Foto gespeichert. Die Speicherung erfolgt im Ausländerzentralregister. Das Zugriffsrecht auf diese Daten haben neben den Ordnungsbehörden und dem BAMF auch Sozial- und Melde- und Gesundheitsbehörden, Jugendämter, Verwaltungsund Sozialgerichte sowie Strafverfolgungsbehörden. In Fällen, in denen die Betroffenen beabsichtigen Asyl zu beantragen, wird bei der Registrierung in der Erstaufnahmeeinrichtung ein sogenannter Ankunftsnachweis durch das BAMF ausgestellt. Dieser ersetzt die bisherige Bescheinigung über die Mitteilung als Asylsuchende/r (BüMA). Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden erkennungsdienstlich behandelt und mit einem Kerndatensatz und der Eigenschaft unbegleitete gespeichert. Da umf ausschließlich in die Zuständigkeit der Jugendhilfe fallen, wird kein Asylgesuch in einer Erstaufnahmeeinrichtung gestellt. Als Folge erhalten umf keinen Ankunftsnachweis. Dies wurde zum 06.08.2016 durch das Integrationsgesetz nochmals klargestellt (siehe 1.12). 8. Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (Asylpaket II) Inkrafttreten: 17.03.2016 Für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten sowie aus Staaten mit geringen Erfolgsaussichten wird ein beschleunigtes Asylverfahren eingeführt, welches innerhalb einer Woche entschieden werden soll. Eine Rechtsmitteleinlegung ist nur innerhalb einer Woche möglich, weil ein eingeschränkter Rechtsschutz besteht. Analog zum bereits in Deutschland bestehenden Flughafenverfahren sollen besondere Aufnahmeeinrichtungen geschaffen werden, in denen diese Personengruppe untergebracht wird. Diese Aufnahmeeinrichtungen dürfen faktisch nicht verlassen werden. Seite 4/10

Des Weiteren wird der Familiennachzug zu subsidiär schutzberechtigten Flüchtlingen, denen nach dem 17.03.2016 ihre Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, bis zum 16.03.2018 ausgeschlossen. Es bleibt offen, ob die Ausschlussfrist verlängert wird. Das Abschiebungshindernis Gefährdung der Gesundheit wird abgeschwächt. Grundsätzlich wird von einer Abschiebefähigkeit und einer gesundheitlichen Teilversorgung im Heimatland ausgegangen, es sei denn, die abzuschiebende Person beweist das Gegenteil. Damit gibt es eine Umkehr der Beweislast nun muss der Erkrankte seine Erkrankung nachweisen. Unklar ist, ob und inwieweit ein umfassender Nachweis im Rahmen der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz überhaupt möglich ist. Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: UmF sind nicht im beschleunigten Asylverfahren. Eine Unterbringung ist weiterhin ausschließlich im Rahmen der Jugendhilfe möglich. Der Familiennachzug (Eltern und Geschwister) zu subsidiär schutzberechtigten Minderjährigen, denen nach dem 17.03.2016 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, ist ebenfalls bis zum 16.03.2018 ausgesetzt. In der politischen Diskussion wurde aber auf die Möglichkeit der Familienzusammenführung zu Minderjährigen aufgrund von völkerrechtlichen und humanitären Gründen nach 22 Satz 1 AufenthG verwiesen. 9. Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern Inkrafttreten: 17.03 2016 Die Verschärfung des Ausweisungsrechts wird mit den kriminellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015/2016 begründet. Eine Ausweisung ist demnach bei allen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum und bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, bei einer Strafe von mindestens einem Jahr möglich. Dies gilt auch, wenn die Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird und sowohl für eine Freiheitsstrafe nach Erwachsenenstrafrecht als auch für eine Jugendstrafe. Das Gesetz modifiziert die zum 1.01.2016 eingeführten neuen Ausweisungstatbestände. Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Seit dem 1.01.2016 ist der Bezug von Jugendhilfeleistungen kein Ausweisungsgrund mehr. Allerdings können seit dem 1.01.2016 auch Jugendliche vom Staat überwacht werden und mit Auflagen zum Aufenthalt belegt werden. Dabei ist eine zwingende Beteiligung des Jugendamts nicht vorgesehen.. Seit dem 17.03.2016 gelten Jugendstrafen ab einem Jahr als Grundlage für eine Ausweisung. 10. Zahlungskontengesetz Inkrafttreten: 18. 06.2016 Zuständigkeit: Bundesministerium der Finanzen (BMF) und Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) Das Gesetz passt deutsche Regelungen dem Recht der EU an. Die Europäische Union verpflichtet die Mitgliedstaaten, jeder Person - unabhängig von einem Nachweis über Wohnsitz oder Meldeadresse - die Eröffnung eines Kontos zu ermöglichen. Der Anspruch auf Kontoeröffnung wird in 31 Zahlungskontengesetz ZKG für anerkannte Flüchtlinge, Aufenthaltsgestattete und Geduldete verbindlich festgeschrieben. Es löst eine weniger verbindliche Übergangsregelung ab, die seit dem 28.08.2015 galt. Seite 5/10

Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Die bestehenden Gesetze werden so angepasst, dass jeder Mensch in Deutschland einen Anspruch auf eine Kontoeröffnung hat. Dies gilt auch für geduldete Minderjährige. 11. Integrationsgesetz Inkrafttreten: 06.08.2016 und Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Die Integration von neu ankommenden sowie anerkannten Flüchtlingen wird neu geregelt. Die Ausstellung einer Ausbildungsduldung wird präzisiert und zur Verpflichtung: Sie ist grundsätzlich unabhängig vom Alter und Herkunftsland des Antragstellenden für eine qualifizierte Berufsausbildung zu erteilen, allerdings nur, wenn noch keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bevorstehen. Für die ankommenden Flüchtlinge wird bei dem Zugang zu Integrations- und Ausbildungsmaßnahmen zwischen Personen bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist und anderen unterschieden. Es werden Sanktionsmechanismen für sogenannte fehlende Integrationswilligkeit eingeführt. Eine Wohnsitzauflage von maximal drei Jahren wird für anerkannte Flüchtlinge, die Sozialleistungen beziehen, eingeführt. Bei Arbeits- und/oder Ausbildungsaufnahme wird sie aufgehoben. Die Frist für den Erhalt eines unbefristeten Aufenthalts für anerkannte Flüchtlinge wird von drei auf fünf Jahre erhöht. Die verpflichtende Ausstellung eines Ankunftsnachweises nach einer Asylantragsstellung wird klarstellend geregelt. Die Unzulässigkeitsprüfung von Asylanträgen ist neu geregelt. Neben den Dublin-Fällen ist ein Asylantrag unzulässig, wenn der Antragstellende in einem sicheren Drittstaat oder einem anderen sicheren Staat sicher vor Verfolgung war. Im Fall einer Dublin-Rückschiebung ist vorab zu prüfen, ob Abschiebeverbote nach 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vorliegen. Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Nach 60a Abs. 2 Satz 4f AufenthG ist einem Jugendlichen und jungen Erwachsenen, unabhängig von Alter und Herkunftsland, eine Duldung für eine qualifizierte Ausbildung zu erteilen. Damit erhalten auch Jugendliche und junge Erwachsene aus sogenannten sicheren Herkunftsländern eine Ausbildungsduldung, wenn sie keinen Asylantrag stellen und somit nicht unter das Beschäftigungsverbot nach 60a Abs. 6 AufenthG fallen (siehe 1.4). Problematisch ist, dass vorgeschaltete Förder- und Schulungsmaßnahmen nicht unter diese Regelung fallen. Ebenfalls problematisch ist die Auslegung von bevorstehenden aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Insbesondere Bayern nimmt hier eine sehr weite Auslegung vor. UmF erhalten keinen Ankunftsnachweis, solange ihr rechtlicher Vertreter keinen Asylantrag gestellt hat. 55 Abs. 1 AsylG stellt klar, dass der Antrag die Voraussetzung für die Ausstellung ist. Dies findet sich zudem auch in der Gesetzesbegründung, die davon ausgeht, dass eine Duldung ausgestellt werden muss. 12. Rücknahmeübereinkommen Afghanistan Inkrafttreten: 03.10.2016 und Europäische Union (EU) Die Europäische Union hat am 02.10.2016 mit dem Staat Afghanistan eine Rücknahmeerklärung unterzeichnet (Joint Way Forward). Die Bundesrepublik Deutschland hat daraufhin am 03.10.2016 Seite 6/10

ebenfalls eine Erklärung zur Rücknahme von ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen mit dem Staat Afghanistan unterzeichnet. Es ist dabei unklar, inwieweit die Erklärung ein rechtlich verbindliches Dokument darstellt. Dem BumF e.v. liegt der Text der afghanisch-europäischen Erklärung vor, an dem sich nach Presseangaben das deutsche Übereinkommen orientiert. Demnach soll eine Rückführung unter bestimmten Voraussetzungen auch für besonders schutzbedürftige Personengruppen möglich sein. Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: UmF können zurückgeführt werden, wenn im konkreten Fall die sorgeberechtigte Familie gefunden wurde und/oder konkrete Schutzmaßnahmen in Afghanistan installiert sind. ACHTUNG: Aufgrund des Anschlags am 31.05.2017 wurden Abschiebungen nach Afghanistan bis September 2017 ausgesetzt. Mit Stand vom 18.09.2017 sind Abschiebungen nach Afghanistan für drei Personengruppen möglich: Straffällige, Gefährder/innen und Personen, die sich nachhaltig und schuldhaft den Mitwirkungspflichten an ihren eigenen Asylverfahren entziehen. Die freiwillige Ausreise ist dabei ebenfalls wieder bzw. weiter möglich. 13. Gesetz zur Umsetzung der EU Menschenhandelsrichtlinie und den damit verbundenen EU Rahmenbeschlüssen zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Verbesserung des Opferschutzes Inkrafttreten: 12.10.2016 Zuständigkeit: Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) Die Europäische Union hat die Mitgliedstaaten verpflichtet, gegen Ausbeutung und Menschenhandel vorzugehen und einen gesetzlichen Rahmen für die Opfer von Ausbeutung und Menschenhandel zu schaffen. Im Dezember 2015 wurde als erster Schritt das sog. 3. Opferschutzgesetz verabschiedet. Im Oktober 2016 wurden durch das aktuelle Gesetz die bestehenden Straftatbestände gegen Menschenhandel und Ausbeutung um andere besondere Formen der Ausbeutung erweitert und präzisiert. Mehr Informationen finden sich beim bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.v.: www.kok-gegen-menschenhandel.de Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Es wird die Verpflichtung zur Sensibilisierung aller mit Minderjährigen befassten Personen festgeschrieben. Begonnen mit der Bundespolizei, den Mitarbeitenden in der Jugendhilfe bis hin zu Ärzten und anderen Behörden, werden alle verpflichtet, einen möglichen Menschenhandelshintergrund in ihrer konkreten Arbeit zu berücksichtigen. Des Weiteren wird der bestehende Straftatbestand zu Menschenhandel um den Tatbestand Ausbeutung unter Ausnutzung einer Zwangslage oder der Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist und die Ausbeutungsformen (Arbeits-) Sklaverei, Leibeigenschaft oder Schuldknechtschaft, Betteltätigkeiten, Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen und erzwungene Organentnahme ausgeweitet. Das Schutzalter der ausgebeuteten Personen wird auf 18 bzw. 21 Jahre (vorher 14 Jahre) angehoben. Als Folge dessen muss bei allen Minderjährigen, die strafrechtlich in Erscheinung treten, zumindest ein möglicher Menschenhandelshintergrund geprüft und ggf. ausgeschlossen werden. 14. Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen Inkrafttreten: 21.07.2017 Zuständigkeit: Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) Ausgelöst durch Medienberichte von Ehen zwischen minderjährigen Flüchtlingen hat der Bundesrat am 07.07.2017 ein Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen verabschiedet. Seite 7/10

Das Gesetz sieht u.a. vor, dass im Ausland geschlossene Ehen von und mit Personen unter 16 Jahren in Deutschland automatisch unwirksam sind, unabhängig vom Recht des Staates, in dem die Ehe geschlossen wurde. Damit gelten die Personen in Deutschland als unverheiratet. Insgesamt wird das Alter, in dem in Deutschland eine Ehe geschlossen werden kann, auf 18 Jahre hochgesetzt. Die zuvor bestehende Ausnahme der Eheschließung von 16 und 17Jährigen mit Genehmigung des Familiengerichts wird gestrichen. Im Ausland geschlossene Ehen von 16 und 17jährigen Personen, sind regelmäßig aufzuheben, es sei denn, es kann eine besondere Härte nachgewiesen werden oder der/die inzwischen volljährige Ehepartner/in gibt an, an der Ehe festhalten zu wollen. Unter der Voraussetzung, dass der/die minderjährige Ehegatte/in sich in Deutschland aufhält, wird die Aufhebung der Ehe von einer deutschen Behörde oder dem/der minderjährigen Ehegatte/in vor einem deutschen Gericht beantragt. Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Dies kann in der Praxis die Minderjährigen betreffen, die mit einer/einem volljährigen Ehepartner/in eingereist sind. Je nach Kommune werden diese Minderjährigen nicht (automatisch) in Obhut genommen, sondern verbleiben als verdeckte umf in den Aufnahmeeinrichtungen, teilweise dauerhaft oder bis geklärt ist, ob die Ehe wirksam ist. Wurde die Ehe unter 16 Jahren geschlossen, ist der/die Minderjährige unverzüglich in Obhut zu nehmen und der/die Ehegatte/in als nicht-verwandt im Rahmen der Jugendhilfe zu bewerten. 15. Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht Inkrafttreten: 29.07.2017 Das Gesetz senkt die Voraussetzungen für Eingriffsmaßnahmen bei ausreisepflichtigen Personen ab. So ist bereits eine Ausreisepflicht in Verbindung mit anderen Voraussetzungen ausreichend, um eine elektronische Überwachung rechtlich zu ermöglichen (vorher musste die Person ausgewiesen sein). Zusätzlich ist das Ausreisegewahrsam von vier auf zehn Tage erweitert worden und die elektronische Fußfessel für mögliche Gefährder/innen wurde eingeführt. Des Weiteren ermöglicht der aktuelle Entwurf die Abschiebehaft in regulären Haftanstalten. Das Auslesen von Handydaten und Daten aus Sozialen Medien ist zur Identitätsermittlung möglich. Es wurden Regelungen zur Bekämpfung von missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennungen aufgenommen. So enthält das Bürgerliche Gesetzbuch nicht abschließende Regelbeispiele, bei denen (grundsätzlich) der Verdacht auf Missbrauch vermutet wird. Damit soll ein Verdacht u. a. immer dann vorliegen, wenn Mutter/Vater und Kind vollziehbar ausreisepflichtig sind oder als Asylantragsteller/innen aus einem sicheren Herkunftsland nach 29a AsylG sind. In Bezug auf umf wird das Jugendamt in Fällen von guter Bleibeperspektive zur Asylantragstellung verpflichtet. Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Jugendämter werden verpflichtet einen Asylantrag für umf zu stellen, wenn sie annehmen, dass ein Anspruch auf Asyl bzw. internationalen Schutz bestehen kann. Diese Pflicht entbindet das Jugendamt jedoch nicht von der asylrechtlichen Einzelfallprüfung gemeinsam mit Beteiligung des umf. Dabei ist zu beachten, dass bei sogenannten sicheren Herkunftsländern grundsätzlich nicht von einem Anspruch auf Asyl ausgegangen werden kann. Denn die Einstufung als sicheres Herkunftsland setzt ja gerade voraus, dass kein Schutzanspruch gegenüber dem Herkunftsland besteht. Mehr dazu unter http://www.bumf.de/images/2017_09_13_hinweise_zur_umsetzung_von 42_Abs._2_Satz_5_SGB_VIII Ver pflichtung_der_jugend%c3%a4mter_zur_asylantragstellung.pdf Seite 8/10

B. Gesetzgebungsverfahren für die neue Legislaturperiode Der neu gewählte Bundestag wird am 6.November 2017 seine (inhaltliche) Arbeit aufnehmen. Er wird sich dann auch mit offenen oder auch gescheiterten Gesetzesvorhaben der Vorgängerregierung befassen. Nicht alle Gesetzesvorhaben der alten Bundesregierung mündeten in Gesetzen, wobei einige Vorhaben nicht über das Planungsstadium hinauskamen. Es gab und gibt jedoch auch Gesetzgebungsverfahren, bei denen bereits konkrete Entwürfe als Grundlage für eine weitere Bearbeitung in der neuen Legislaturperiode verfasst wurden. Dazu gehören insbesondere die folgenden Verfahren 1. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen: Kinder und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) Zuständigkeit: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) offen: Die Zustimmung des Bundesrats Stand (Oktober 2017): Dieses Gesetz wurde am 29.06.2017 vom alten Bundestag beschlossen und muss noch vom Bundesrat verabschiedet werden. Dabei muss die Mehrheit der Bundesländer dem Gesetz zustimmen. Das Gesetzesvorhaben wurde bereits zweimal sehr kurzfristig von der Tagesordnung des Bundesrats genommen. Es wird vermutet, dass die Bundesländer dem Gesetz nicht zugestimmt hätten. Theoretisch ist es wohl möglich, das Gesetz auf einer der nächsten Bundesratssitzungen zur Abstimmung zu bringen. Ob und wie dies passiert, ist offen. Der Entwurf enthält neue Regelungen u. a. zum Pflegekinderwesen, zu den Leistungen der Kinderund Jugendhilfe und zum Kinderschutz. Außerdem wird die Einrichtung von Beschwerdestellen (Ombudsstellen) geregelt. Inhalt in Bezug auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Den Bundesländern können nach 78f Abs. 2 SGB VIII-E, die Kostenerstattung an die Kommunen für Jugendhilfeleistungen für umf, von sogenannten Rahmenvereinbarungen abhängig machen. Diese werden zwischen den obersten Landesjugendbehörden, den kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene, den Verbänden der Träger der freien Jugendhilfe und den Vereinigungen sonstiger Leistungserbringer geschlossen. Werden diese nicht abgeschlossen oder abgeschlossenen Vereinbarungen aus Sicht des Bundeslandes nicht eingehalten, kann die Kostenerstattung verweigert werden. Folglich kann die Kostenerstattung vollständig vom Abschluss eines Rahmenvertrags abhängig gemacht werden. Der BumF e.v. und viele Verbände befürchten eine Absenkung der Jugendhilfestandards für umf. Einzelheiten unter www.b-umf.de. 2. Stufe II Vormundschaftsrechtsreform Zuständigkeit: Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) offen: Vorlage eines Referentenentwurfs Stand (Oktober 2017). Am 18.08.2016 hat das BMJV einen Diskussionsteilentwurf zur Vormundschaftsrechtsreform vorgelegt. Der Entwurf sieht u. a. die Möglichkeit mehrerer rechtlicher Vertreter/innen vor, bspw. wenn einem/einer Vormund/in in bestimmten Bereichen die fachlichen Kenntnisse fehlen. Ursprünglich sollte noch vor Ende der Legislaturperiode ein Referentenentwurf vorgelegt werden. Seite 9/10

3. Gesetz zur Einstufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik u. a. als sichere Herkunftsstaaten offen: Eröffnung eines neuen Gesetzgebungsverfahrens Stand (Oktober 2017): Das Gesetz sollte die Liste der sicheren Herkunftsländer um die Länder Algerien, Marokko und Tunesien erweitern und wurde vom Bundesrat am 10.03. 2017 abgelehnt. Ziel des Gesetzes ist es, mit der Aufnahme der genannten Staaten in die Liste der sicheren Herkunftsländer, die Betroffenen im sogenannten beschleunigten Verfahren (siehe A.8 Asylpaket II) als offensichtlich unbegründet zu bescheiden und möglichst schnell auszuweisen. Die öffentlichen Äußerungen aus der Politik lassen vermuten, dass es einen weiteren Versuch zur Einstufung der genannten Staaten und möglicherweise auch weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten geben wird. 4. Rückführungsprojekt umf: Marokko Umsetzung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) offen: Stand unbekannt Stand (Oktober 2017): Seit Anfang 2017 wird auf Ebene der Bundesregierung an einem Projekt zur Rückführung für/von umf aus Marokko gearbeitet. Damit soll die Einreise weiterer marokkanischer Jugendliche nach Deutschland verhindert werden. Es sollen kindgerechte Unterbringungsmöglichkeiten für rückkehrende umf in Marokko geschaffen werden. Ziel ist sowohl die freiwillige als auch die erzwungene Rückkehr in diese Einrichtungen in Zusammenarbeit mit dem Staat Marokko. Zielgruppe ist insbesondere straffällige Jugendliche. Der aktuelle Stand ist unbekannt. 5. Datenaustauschverbesserungsfortentwicklungsgesetz offen: wird es weiterbetrieben? Stand (Oktober.2017): Im März gab es einen Arbeitsentwurf zur Verbesserung der Datenerfassung, der vom BumF e.v. kritisch kommentiert wurde. Es war u.a. eine Möglichkeit der Alterseinschätzung durch die Bundespolizei vorgeschlagen. Das Gesetzgebungsverfahren wird aktuell nicht weiterbetrieben. Allerdings hat der Bundesrat sich am 02.06.2017 mit einem Vorschlag des Bundeslandes Bayern befassen, das eine Aufhebung des Mindestalters für die Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorsieht dieses liegt aktuell bei der Vollendung des 14. Lebensjahrs. Es kam zu keinem Beschluss. Des Weiteren ist unklar, ob die Regelungen aus dem Datenaustauschverbesserungsfortentwicklungsgesetz in andere, zukünftige Gesetzgebungsverfahren einfließen werden Bundesfachverband umf, 16.10.2017 Seite 10/10