Der Mord und sein Verhältnis zu den 212, 28 StGB

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Transkript:

Der Mord und sein Verhältnis zu den 212, 28 StGB Sabine Tofahrn juracademy.de 1

Aufbau des Mordes, 211 StGB Objektiver Tatbestand Eintritt des Erfolges durch eine Handlung Kausalität und objektive Zurechnung Mordmerkmale der 2. Gruppe: heimtückisch, grausam, gemeingefährliche Mittel Subjektiver Tatbestand Vorsatz Mordmerkmale der 1 und 3 Gruppe: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, niedrige Beweggründe Ermöglichungs- oder Verdeckungsabsicht Rechtswidrigkeit Schuld juracademy.de 2

Mordmerkmale der 2. Gruppe grausam heimtückisch gemeingefährliche Mittel P Dem Opfer werden aus gefühlloser und unbarmherziger Gesinnung heraus Schmerzen zugefügt, die über das Normalmaß einer Tötung hinaus gehen Vorbereitende Grausamkeit (+), wenn der Täter dabei bereits den Willen hat, später zu töten P Definition Mittel, dessen Einsatz in der konkreten Tatsituation geeignet ist, eine Vielzahl anderer Menschen zu gefährden und dessen Auswirkung der Täter nicht sicher beherrscht juracademy.de

Der Haustyrann Der gewalttätige A misshandelt bereits seit Jahren seine Ehefrau E und zunehmend auch seine beiden Kinder X und Y. Nach einem besonders heftigen Ausbruch, bei dem X mit mehreren Brüchen im Krankenhaus behandelt werden musste, ergreift E eines nachts die Schusswaffe, die A sich zugelegt hat und gibt 6 Schüsse auf den schlafenden A ab, zwei davon treffen den A tödlich. Strafbarkeit der E? juracademy.de 4

Heimtücke Bewusstes Ausnutzen der muss zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens vorliegen setzt Fähigkeit zum Argwohn voraus kann bei schutzbereitem Dritten vorliegen kann mit in den Schlaf genommen werden Arglosigkeit BGH P Feindliche Willensrichtung Rechtsfolgenlösung 49 I Nr. 1 StGB analog normativer Heimtückebegriff und der darauf beruhenden Restriktionen? Wehlosigkeit Lit Verwerflicher Vertrauensbruch Negative Typenkorrektur juracademy.de 5

Der Erpresser X hat erfahren, dass A mit Raubkopien handelt und erpresst ihn deswegen seit einiger Zeit. Am Tattag sucht er zusammen mit seinem Cousin C den A auf und fordert ihn auf, ihm seinen Anteil zu übergeben. Als A sich weigert, tritt X zunächst ein CD Regal um und droht A alsdann mit weiterer Gewalt, wenn er nicht pariere. A holt daraufhin das Geld aus seinem Schlafzimmer und übergibt es C. Dann tritt er hinter den mit den Händen in den Hosentaschen ersichtlich entspannt im Zimmer stehenden X und zieht ein Messer über seine Kehle. X verblutet und C läuft panisch weg, wobei er das Geld zurücklässt. Strafbarkeit des A? juracademy.de 6

Mordmerkmale der 1. Gruppe Mordlust Befriedigung des Geschlechtstriebs Habgier Niedrige Beweggründe der Täter tötet um des Töten willens der Täter sucht seine Befriedigung in der Tötung oder an der Toten oder tötet zur Ermöglichung der Sexualität der Täter strebt rücksichtslos und ungehemmt nach Gewinn um jeden Preis es reicht das Streben nach wirtschaftlicher Entlastung liegt nicht vor bei Durchsetzung eines Anspruchs stehen sittlich auf tiefster Stufe sind hemmungslos eigensüchtig unerträgliches Missverhältnis zwischen Anlass und Tat erfordern eine ausführliche Gesamtwürdigung juracademy.de 7

Mordmerkmale der 3. Gruppe Ermöglichungs absicht Verdeckungs absicht Der Täter beabsichtigt zur Durchsetzung künftiger Ziele (Begehung einer Straftat) über Leichen zu gehen Der Täter beabsichtigt zu verhindern, dass eine eigene oder fremde, tatsächliche oder irrig angenommene, andere Straftat entdeckt wird (-) bei bloßer Verfolgungsvereitelung (+) bei nur außerstrafrechtlichem Verdeckungszweck möglich bei dolus eventualis bzgl des Todeseintritts Einschränkung über die Gesamtwürdigung niedriger Beweggrund juracademy.de 8

Meinungsstand BGH 211 212 216 Eigenständige Delikte Qualifikation 211 Literatur Grundtatbestand 212 Privilegierung 216 Stellung Wortlaut Stellung betont die besondere Bedeutung der Norm Wortlaut stammt aus der NS Zeit 211 setzt die Verwirklichung des 212 voraus: Töten eines Menschen juracademy.de 9

Auswirkungen auf Teilnehmerstrafbarkeit BGH Literatur 28 I Die persönlichen Mordmerkmale (1./3. Gruppe) sind strafbegründend Die Akzessorietät wird nicht durchbrochen, nur Strafrahmenverschiebung Bei unterschiedlichen Mordmerkmalen: gekreuzte Mordmerkmale 28 II Die persönlichen Mordmerkmale (1./3. Gruppe) sind strafschärfend Die Akzessorietät wird durchbrochen, es kommt zur Tatbestandsverschiebung Jeder wie er es verdient juracademy.de

Wer ist was? Grundkonstellation: A tötet seine Eltern X und Y, seine Freundin F besorgt ihm die Waffe. 1. A tötet seine Eltern heimtückisch, F weiß nichts von der Heimtücke. 2. A tötet seine Eltern aus Habgier, F weiß nicht von der Habgier und hat selber kein Motiv. 3. A tötet seine Eltern aus Habgier, F weiß um das Motiv des A hat selber aber keines. 4. A tötet seine Eltern ohne Motiv, F handelt aus Habgier. 5. A tötet seine Eltern, um eine Straftat zu verdecken, F handelt aus Habgier 6. Abwandlung: F hält die Eltern fest während A sie ersticht. A handelt aus Habgier, F hat kein Motiv. juracademy.de 11