Prof. Dr. Alexander Windoffer

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3: Verwaltungsprozessrecht: Einstweiliger Rechtsschutz I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO II. Einstweilige Anordnung gemäß 123 VwGO III. Exkurs: Einstweilige Anordnung gemäß 47 VI VwGO 2 2

I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO Systeme des einstweiligen Rechtsschutzes 80-80b VwGO gerichtet auf Anordnung/ Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bzw. Anordnung/Aussetzung der Vollziehung wenn in Hauptsache Anfechtungsklage 123 VwGO gerichtet auf einstweilige Anordnung wenn in Hauptsache Verpflichtungsklage allg. Leistungsklage Feststellungsklage 47 VI VwGO gerichtet auf einstweilige Anordnung wenn in Hauptsache Normenkontrolle 3 3

I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO Fall 22: Bauherr B beabsichtigt, sein Wohngebäude um einen Anbau zu erweitern. a) B errichtet den Anbau. Da er keine Baugenehmigung eingeholt hat und der Anbau jenseits der im Plan festgesetzten Baugrenze liegt, erlässt die Bauaufsichtsbehörde eine Beseitigungsanordnung und ordnet die sofortige Vollziehung an. B legt Widerspruch ein und beantragt beim VG die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. b) Die Behörde erlässt die Beseitigungsanordnung auf Antrag des Nachbarn, ordnet jedoch nicht die sofortige Vollziehung an. Der Nachbar beantragt diese beim VG. c) B wird für den Anbau eine Baugenehmigung erteilt. Der Nachbar legt hiergegen Widerspruch ein und beantragt beim VG die Aussetzung der Vollziehung. 4

I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO Ausgangspunkt 80 I VwGO: Suspensiveffekt Vollziehbarkeitstheorie: Vollziehbarkeit gehemmt ( Wirksamkeitstheorie) Ausnahme: Ausschluss des Suspensiveffekts ( 80 II 1 VwGO) Kraft Gesetzes (Nr. 1 3) Kraft behördlicher Anordnung der sof. Vollziehung (Nr. 4) 5

I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO Behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung Anordnung der sof. Vollziehung ( 80 II 1 Nr. 4 VwGO) Formelle Anforderungen - Zuständigkeit Ausgangs-/WiBehörde - Schriftl. Begründung des besonderen Vollziehungsinteresses ( 80 III) - Keine Anhörung, da kein VA (str.) - Bei Verstoß Wiederherstellung d. a. W. Materielle Anforderungen - Interessenabwägung: Aufschub- vs. Vollziehungsinteresse ( 80 V VwGO) - Fall 22 a/b: Neg. Vorbildwirkung, beharrl. Schwarzbauer, Gefahren durch Bauwerk vs. erheblicher irreparabler wirtschaftl. Schaden des Bauherrn 6

I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO Behördliche und gerichtliche Maßnahmen des einstw. Rechtsschutzes Einstweiliger Rechtsschutz in Anfechtungsfällen Behördliche Maßnahmen - Bipolare Verhältnisse: Aussetzung der Vollziehung ( 80 IV) - VA mit Drittwirkung: Anordnung/Aussetzung der Vollziehung ( 80a I, II VwGO) Gerichtliche Maßnahmen - Bipolare Verhältnisse: Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ( 80 V VwGO) - VA mit Drittwirkung: Anordnung/Aussetzung Vollziehung ( 80a III VwGO) 7

I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO Gerichtliche Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes Je nach Konstellation gerichtet auf (Wieder-) Herstellung oder Beseitigung der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen Fall 22a: Auf Antrag des B: Wiederherstellung der a.w. ( 80 V 1 Alt. 2 VwGO), falls sofortige Vollziehung durch Behörde angeordnet Fall 22b: Auf Antrag des Nachbarn: Anordnung der sofortigen Vollziehung ( 80a III i. V. m. 80a II VwGO) Fall 22c: Auf Antrag des Nachbarn: Aussetzung der Vollziehung ( 80a III i.v.m. 80a I Nr. 2 VwGO) Baugenehmigung kraft Gesetzes sofort vollziehbar 8

I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO Prüfungsschema Antrag 80 V VwGO I. Zulässigkeit 1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs 2. Statthaftigkeit, wenn in HS Anfechtungsklage statthaft ( 80 I, V, 123 V) 3. Antragsbefugnis ( 42 II analog): Mögl. der Rechtsverl. durch Hauptsache-VA 4. Rechtsschutzbedürfnis a) Keine offensichtliche Aussichtslosigkeit eines HS-Rechtsbehelfs, z. B. wegen Bestandskraft VA b) Keine vorherige Einlegung Anfechtungsklage notwendig ( 80 V 2) (ebenso Widerspruch: erst zum gerichtl. Entscheidungszeitpunkt erforderlich) c) Falls eingelegt: Keine aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs ( 80 II) d) Kein vorheriger behördlicher Aussetzungsantrag notw. (Ausn. 80 VI) e) Sonstiges, z. B. anderweitig wirksamer Vollstreckungsschutz (Zusage etc.) 5. Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache ( 80 V 1) 6. Ordnungsgemäße Antragstellung ( 81, 82 analog) 7. Beteiligten-, Prozess-, Postulationsfähigkeit ( 61, 62, 67) 8. Pass. Prozessführungsbefugnis (analog 78 I Nr. 2 VwGO i. V. m. 8 II BbgVwGG) 9 9 9

I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO II. Begründetheit 1. Passivlegitimation 2. Formelle RM behördl. Vollziehungsanordnung (Zuständigkeit, Begründung 80 III) 3. Interessenabwägung: Vollziehungsinteresse vs. Aufschubinteresse a) Voraussichtliche Erfolgsaussichten in der Hauptsache b) Weitere Abwägungsgesichtspunkte, insb. (Nicht-) Vollziehungsfolgen 10 10 10

Entscheidung des Gerichts I. Rechtsschutz gemäß 80 ff. VwGO Beschluss ( 80 VII) mit Begründung ( 122 II 2 VwGO) Inhalt: Ausschließlich o. g. Maßnahmen betreffend aufschiebende Wirkung Ausnahme: 80 V 3 VwGO Ausnahme auch bei sog. faktischer Vollziehung, d. h. Vollziehung des VA durch Behörde entgegen Suspensiveffekt: - Hier Feststellung, dass VA aufschiebende Wirkung hat, und - Aufhebung von Vollziehungsmaßnahmen entsprechend 80 V 3 VwGO - A. A.: Rückgängigmachung der Vollziehung über 123 I VwGO Rechtsmittel: Gegen Beschlüsse des VG Beschwerde gemäß 146 VwGO, gegen Beschlüsse des OVG kein weiteres Rechtsmittel ( 152 I VwGO) 11

II. Einstweilige Anordnung gemäß 123 VwGO Arten einstweiliger AnO Sicherungsanordnung ( 123 I 1) - Defensiv: Sicherung status quo - Insb. Abwehr-/Unterlassungsansprüche - Bsp.: Vorläufige Unterlassung ehrverletzender Äußerungen straßenbaulicher Maßnahmen Ernennung Konkurrent (Beamte) Vollziehung GV-Beschluss vor Durchführung Bürgerbegehren Regelungsanordnung ( 123 I 2) - Offensiv: Erweiterung Rechtskreis - Bsp.: Vorläufige Zulassung Marktbeschicker, politische Partei, Studienbewerber Vorläufige staatliche Geldleistung 12

II. Einstweilige Anordnung gemäß 123 VwGO Beachte: Abgrenzung beider Arten von e. A. nicht stets eindeutig (insbes. in Praxis, da rechtlich keine Unterschiede) Z. B. Zulassung einer Partei zur Stadthalle: Statt Regelungsanordnung gleichermaßen vertretbar: Sicherungsanordnung zur Sicherung des (ggf. rechtswidrig abgelehnten) Zulassungsanspruchs aus 12 I KVerf 13

II. Einstweilige Anordnung gemäß 123 VwGO Prüfungsschema Antrag 123 I VwGO I. Zulässigkeit 1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs 2. Statthaftigkeit, wenn in HS keine Anfechtungsklage ( 123 V), d. h. Verpflichtungsklage, allg. Leistungsklage, Feststellungsklage 3. Antragsbefugnis ( 42 II analog): a) Bzgl. Anordnungsanspruchs: Möglw. Recht/Anspruch in Hauptsache b) Bzgl. Anordnungsgrunds: Möglw. drohender Rechtsverlust/Notwendigkeit vorläufiger Regelung (s. 123 I 1, 2) 4. Rechtsschutzbedürfnis a) Fehlt, wenn nicht zuvor Behörde mit Angelegenheit befasst (z. B. Antragstellung) b) Keine vorherige/gleichzeitige Hauptsacheklage notwendig ( 123 I 1) c) Sonstiges, z. B. Unmöglichkeit der Zielerreichung infolge Unanfechtbarkeit, Irreversibilität eingetretener Folgen 5. Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache ( 123 II) 6. Ordnungsgemäße Antragstellung ( 81, 82, 123 III VwGO i. V. m. 920 I, III ZPO) 7. Beteiligten-, Prozess-, Postulationsfähigkeit ( 61, 62, 67) 8. Pass. Prozessführungsbefugnis (ggf. analog 78 I Nr. 2 VwGO, 8 II BbgVwGG) 14 14 14

II. Einstweilige Anordnung gemäß 123 VwGO II. Begründetheit 1. Anordnungsanspruch: Materielles Recht der Hauptsache 2. Anordnungsgrund: Eilbedürftigkeit (s. 123 I 1 oder 2: Sicherungs- oder Regelungsanordnung) 3. Inhalt der Anordnung: Grds. keine Vorwegnahme der Hauptsache (alt.: Prüfung unter Rechtsschutzbedürfnis ) 15 15 15

II. Einstweilige Anordnung gemäß 123 VwGO Vorwegnahme der Hauptsache Fall 23: Ein weiteres Opfer des Konsumrauschs? [nach OVG Münster KommJur 2007, 454] Gemeinde G beabsichtigt die Ansiedlung eines Einkaufszentrums, dem das dort befindliche alte Rathaus zum Opfer fallen müsste. Eine Bürgerinitiative sammelt Unterschriften für einen Bürgerentscheid mit der Frage Soll das Alte Rathaus erhalten bleiben?. Das eingereichte Bürgerbegehren wird jedoch durch die Gemeindevertretung abgelehnt, was der Bürgermeister den Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens mit Bescheid mitteilt. Diese beantragen eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel, G zu verpflichten, 1. den beantragten Bürgerentscheid durchzuführen, 2. hilfsweise, das Bürgerbegehren vorläufig für zulässig zu erklären, 3. höchst hilfsweise, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens den Erlass eines Aufstellungsbeschlusses für einen Bebauungsplan betreffend das Einkaufszentrum zu unterlassen. 16