Jahresgutachten 215/16 Zukunftsfähigkeit in den Mittelpunkt Lars P. Feld Universität Freiburg, Walter Eucken Institut und Sachverständigenrat Münster, 25. November 215
I. Konjunkturelle Erholung, expansive Geldpolitik 2
Konjunktur Deutschland und Euro-Raum: Prognose 6 Dies stützt die Konjunktur im Euro-Raum und in Deutschland, insbesondere durch Stärkung von privatem Konsum und Außenhandel. % Prozentpunkte 6 4 4 2 2-2 21 11 12 13 14 15 216 BIP-Wachstum Deutschland Deutschland: (rechte Skala) BIP-Wachstum Euro-Raum Außenbeitrag Prognosezeitraum Konsumausgaben Bruttoinvestitionen -2 3
Magisches Viereck Deutschland Wirtschaftliche Eckdaten für Deutschland Einheit 213 214 215 1 216 1 Bruttoinlandsprodukt %,3 1,6 1,7 1,6 Bruttoinlandsprodukt je Einwohner %, 1,1 1,3 1,1 Leistungsbilanzsaldo % 6,4 7,4 8,4 8,3 Erwerbstätige Tausend 42 328 42 73 43 21 43 333 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Tausend 29 713 3 197 3 83 31 257 Registriert Arbeitslose Tausend 2 95 2 898 2 81 2 891 Arbeitslosenquote % 6,9 6,7 6,4 6,6 Verbraucherpreise % 1,5,9,3 1,2 Finanzierungssaldo des Staates %,1,3,7,2 4
Konjunktur Deutschland: BIP Prognose Voraussichtliche Entwicklung in Deutschland Bruttoinlandsprodukt 74 72 7 68 66 64 62 Mrd Euro % Veränderung zum Vorjahr in % 3,7,4,3 1,6 1,7 1,6 211 212 213 214 215 216 2, 1,5 1,,5 -,5-1, verkettete Volumenwerte Veränderung zum Vorquartal (rechte Skala) Jahresdurchschnitte Prognosezeitraum 5
Konjunktur Deutschland: Arbeitsmarkt 3 2 1 % % 9, 8,5 8, -1-2 -3 In Deutschland sank die Arbeitslosenquote weiter, und die Löhne legten angesichts der fast geschlossenen Output-L ücke zu. Prognosezeitraum 21 11 12 13 14 15 216 Reallohn Output-Lücke Arbeitslosenquote (rechte Skala) 7,5 7, 6,5 6, 6
Entwicklung des Arbeitsmarkts und des Bruttoinlandsprodukts in Deutschl Der Arbeitsmarkt hat sich seit Mitte der 2er- Arbeitslosigkeit und Erwerbstätigkeit Jahre deutlich verbessert 1 Wachstums Veränderung 12 % 25 = 1 11 6 % 1 15 4 8 6 4 1 95 9 2-2 -4 2 85-6 197 75 8 85 9 95 5 1 215 Erwerbslosenquote 2 Erwerbstätige 4 (rechte Skala) nichtkonjunkturelle Arbeitslosenquote (NAWRU) 3 8-8 1992 95 Arbeitsproduk geleistete Arb je Erwerbstät 7
Konjunktur Deutschland: Fiskalimpuls Nach Zusammensetzung Prozentpunkte,6,5,4,3,2,1 215 216 öffentlicher Konsum öffentliche Investitionen Transfers Wachstumsbeitrag für den gesamten Stimulus 8
Mittelfristprognose Deutschland Produktionspotenzial 3, Prozentpunkte 2,5 2, 1,5 1,,5 -,5 1991 95 5 1 15 22 Arbeitsvolumen Kapitalstock Totale Faktorproduktivität Potenzialwachstum (%) 9
Konjunktur Deutschland und Euro-Raum: Prognose Reales Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote im Euro-Raum Land/Ländergruppe Gewicht in % Bruttoinlandsprodukt Verbraucherpreise Arbeitslosenquote Veränderung zum Vorjahr in % % 214 215 216 214 215 216 214 215 216 Euro-Raum 1,9 1,6 1,5,4,1 1,1 11,6 11, 1,5 darunter: Deutschland 28,8 1,6 1,7 1,6,8,2 1,2 5, 4,6 4,6 Frankreich 21,,2 1,1,9,6,1,8 1,3 1,6 1,7 Italien 16,,4,7,8,2,2 1,2 12,7 12,2 11,5 Spanien 1,4 1,4 3,2 3,,2,5 1, 24,5 22,4 2,6 Niederlande 6,5 1, 2, 1,3,3,3 1,5 7,4 6,9 6,6 Belgien 4, 1,3 1,3 1,4,5,6 1,3 8,5 8,7 8,7 Österreich 3,3,4,8 1, 1,5,9 1,6 5,6 5,7 5,5 Finnland 2,,4,2,8 1,2,2,5 8,7 9,5 9,9 Irland 1,9 5,2 6,4 4,4,3,1 1,1 11,3 9,6 8,5 Griechenland 1,8,7,2,4 1,4 1,1,2 26,6 25,4 24,3 Portugal 1,7,9 1,7 1,8,2,6 1,1 14,1 12,6 11,1 Euro-Raum ohne Deutschland 71,2,6 1,5 1,4,3,1 1, 14, 13,3 12,6 1
Konjunktur Deutschland und Euro-Raum: Prognose Arbeitslosenquoten 3 % 25 2 15 1 5 28 9 1 11 12 13 14 215 Euro-Raum Deutschland Frankreich Italien Spanien Quelle: Eurostat Sachverständigenrat SVR-15-334 11
II. Die Lage in Europa 12
Konjunktur Europa: Geldpolitik 13
Konjunktur Europa: Sonderfaktoren Die lockere Geldpolitik, fallende Energiepreise und die Abwertung des Euro wirken expansiv. 4 %p.a. Jan 21 = 1 15 3 1 2 95 1 9 85-1 21 11 12 13 14 215 Rendite 1-jähriger Bundesanleihen Beitrag Energiepreise zum VPI im Euro-Raum realer effektiver Wechselkurs (rechte Skala) 8 14
EZB Geldpolitik Zinsbänder geldpolitischer Regeln im Vergleich zum Leitzins und impliziten Terminkursen 2, 1,75 1,5 1,25 1,,75,5,25 -,25 -,5 % Leitzins Änderungsregel 29 1 11 12 13 14 15 216 impliziter Terminkurs am: 5.12.214 23.1.215 2.4.215 26.1.215 Prognosezeitraum 16
Negative Realzinsen gab es schon öfter In DE, JP und den USA waren bereits lange vor 21, 212 und 213 negative Werte zu beobachten Ex post realer Geldmarktzinssatz für Zwölfmonatsgeld 1 % 14 12 1 8 6 4 2-2 -4-6 1953 56 59 62 65 68 71 74 77 8 83 86 89 92 95 98 1 4 7 1 13 214 Deutschland Euro-Raum Japan Vereinigte Staaten 1 Für Deutschland und Euro-Raum: EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate), für Japan und die Vereinigten Staaten: LIBOR (London Interbank Offered Rate) abzüglich der jeweiligen Inflationsrate des Folgejahres. Quelle: eigene Berechnungen auf Basis der Daten von EZB, Fed und Financial Times SVR-15-145
Einstellung der Konsolidierungsanstrengungen im Euro-Raum 1-1 -2-3 -4-5 -6-7 -8 Struktureller Finanzierungssaldo % Frankreich Prognosezeitraum 21 11 12 13 14 15 216 Euro-Raum Spanien Griechenland, Irland und Portugal Deutschland Italien sonstige Länder des Euro-Raums Quelle: IWF Sachverständigenrat SVR-15-388 18
7 Bruttozinsmarge %p.a. 5 Rückgang der Margen von Banken im Neugeschäft 7 6 5 Zinssätze für Kredite und Einlagen sowie Bruttozinsmarge %p.a. 6 4 3 2 1 23 5 7 9 11 13 4 3 2 1 Bestandsgeschäft: Kreditzins Einlagenzins Bruttozinsmarge Neugeschäft: Kreditzins Einlagenzins Bruttozinsmarge 23 5 7 9 11 13 215 Bestandsgeschäft: Neugeschäft: Sinkender Kreditzins Kreditzins Kreditzins im Neugeschäft wirkt zunehmend auf den Bestand Einlagenzins durch Einlagenzins Einlagenzins Bruttozinsmarge kann kaum Bruttozinsmarge weiter sinken Zinsänderungsrisiken in Eigenkapitalregulierung berücksichtigen 19
Niedrigzins bislang kaum in den Bankbilanzen sichtbar Zinserträge, Zinsaufwendungen und Zinsspanne 1 7 %p.a. 6 5 4 3 2 1 1995 97 99 1 3 5 7 9 11 13214 Zinserträge Zinsaufwendungen Zinsspanne 2
Neugeschäft deutscher Lebensversicherer Neugeschäft 1 %p.a. 8 6 4 2 1987 92 97 2 7 12 215 Höchstrechnungszins Umlaufrendite Trotz Absenkung des Höchstrechnungszinses auf mittlerweile 1,25 % liegt dieser seit 211 oberhalb der Umlaufrendite: Höchstrechnungszins weg! 21
Bestandsgeschäft deutscher Lebensversicherer Bestand 5, %p.a. 4,5 4, 3,5 3, 28 9 1 11 12 13 214 durchschnittlicher Höchstrechnungszins laufende Verzinsung von Lebens- und Rentenversicherungen Im Vergleich dazu sind der Höchstrechnungszins im Bestand und die laufende Verzinsung nur geringfügig gesunken 22
Entprivilegierung: Vorschlag Risikogemäße Großkreditgrenzen und Risikogewichte für Forderungen gegenüber Staaten Standard & Poor's Ratings Mitgliedstaaten Basel-Risikogewicht für Staaten Großkreditgrenze % Basel-Risikogewicht für Unternehmen AAA DE, LU 1 2 AA+/ AA/ AA AT, FI, NL/ BE, FR/ EE A+/ A/ A IE/ SK/ LT, LV, SI 2 9 5 BBB+/ BBB/ BBB MT/ ES/ IT 5 75 1 BB+/ BB/ BB / PT/ 1 5 B+/ B/ B CY/ / 15 CCC+/ CCC/ CCC / / GR 15 25 23
Entprivilegierung: Großkreditgrenzen Forderungen oberhalb risikogemäßer Großkreditgrenzen 21 Mrd Euro % 14 18 12 15 1 12 8 9 6 6 4 3 2 DE DE st. pr. IT ES NL BE FR PT GR AT IE FI LU Forderungen gegenüber Sitzland Forderungen gegenüber anderen EU-Staaten gesamte überschüssige Forderungen in % der Staatsverschuldung (rechte Skala) 24
Entprivilegierung: EK Unterlegung Zusätzlicher Eigenmittelbedarf von Banken 12 Mrd Euro % 12 1 1 8 8 6 6 4 4 2 2 DE IT ES NL BE FR PT GR AT IE FI LU zusätzlicher Eigenmittelbedarf zusätzlicher Eigenmittelbedarf in % der Eigenmittel (rechte Skala) 25
III. Bewältigung der Flüchtlingsmigration 26
Flüchtlingsmigration: Asylbewerber in Europa Asylbewerber 7 Tausend Personen 6 5 4 3 2 1 28 9 1 11 12 13 14 215 1. Hj. 215 Deutschland Ungarn Frankreich Italien Schweden Österreich Griechenland sonstige Mitgliedstaaten 27
Flüchtlingsmigration: Asylbewerber in Europa Asylbewerber je Tausend Einwohner 7 Personen 6 5 4 3 2 1 HU AT SE DE GR IT FR sonstige 1. Halbjahr 215 1. Halbjahr 214 28
Flüchtlingsmigration: Arbeitsmarktintegration Stufen der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen Exemplarische Darstellung des Verlaufs einer Kohorte nach Einreise Ablehnungen, Abbrüche, eventuell Folgeantrag Keine Antragstellung, Weiter-/ Rückreise, Doppelregistrierung Geduldete Folgemigration Dauer bis Asylantrag: 1 bis > 4 Monate Dauer des Asylverfahrens: 1 bis > 8 Monate Integrationsprozess: > 5 Jahre bei Einreise im Verfahren bei Anerkennung mittelfristig Erwerbstätige Erwerbslose in Qualifikation inaktiv nicht im erwerbsfähigen Alter 29
Flüchtlingsmigration: Asylgewährung Flüchtlingszuwanderung und Asylgewährung 1 2 1 Tausend Personen +2 %im Szenario mit höherer Zuwanderung 8 6 4 2 215 16 17 18 19 22 zuwandernde Flüchtlinge Anerkannte Flüchtlinge: Basisszenario höhere Zuwanderung, langsamere Verfahren und Integration zügigere Verfahren, schnellere Integration höhere Ausgaben, bessere Integration 3
Flüchtlingsmigration: Arbeitsmarktintegration Szenarien zu Auswirkungen der Flüchtlingsmigration auf den Arbeitsmarkt Arbeitslosigkeit Erwerbstätigkeit 6 Tausend Personen 6 Tausend Personen 5 5 4 4 3 3 2 2 1 1 215 16 17 18 19 22 215 16 17 18 19 22 Basisszenario zügigere Verfahren, schnellere Integration höhere Zuwanderung, langsamere Verfahren und Integration höhere Ausgaben, bessere Integration 31
Flüchtlingsmigration: Mehrausgaben Direkte Ausgaben der öffentlichen Hand Mrd Euro im Jahr Basisszenario zügigere Verfahren, schnellere Integration höhere Zuwanderung, langsamere Verfahren und Integration höhere Ausgaben, bessere Integration 2 4 6 8 1 12 14 16 215 216 214 32
Flüchtlingsmigration: Fiskalimpuls Nach Verwendungszweck Prozentpunkte,6,5,4,3,2,1 215 216 öffentliche Mehrausgaben in Folge der Flüchtlingsmigration andere Fiskalstimuli Wachstumsbeitrag für den Stimulus infolge der Flüchtlingsmigration Wachstumsbeitrag für den gesamten Stimulus 33
IV. Voraussetzungen für mehr Wachstum in Deutschland 34
Kapitalstock Wachstumsbeiträge zur Veränderung des Kapitalstocks 3, Prozentpunkte 2,5 2, 1,5 1,,5 1991/ 95 1995/ 2/ 5 25/ 1 21/ 14 Ausrüstungen geistiges Eigentum Wohnbauten Nichtwohnbauten Kapitalstock insgesamt (%) 35
Unterschiedliche Entwicklungen auf den Arbeitsmärkten
1,4 Trend der gesamtwirtschaftlichen und der disaggregierten TFP % Deutschland: Produktivität 1,2 1,,8,6,4,2 1992 94 96 98 2 4 6 8 1 12 214 bereinigte TFP - gesamtwirtschaftliche Betrachtung bereinigte TFP - disaggregierte Betrachtung TFP - gesamtwirtschaftliche Betrachtung TFP - disaggregierte Betrachtung 37
Beiträge Stundenarbeitsproduktivität Verarbeitendes Gewerbe - Chemische Erzeugnisse - Metallerzeugung und -erzeugnisse - Elektrotechnik 2 Stundenarbeitsproduktivität Veränderung 25 gegenüber 1995 Veränderung 213 gegenüber 25 - Maschinenbau - Fahrzeugbau -2, -1, 1, 2, 3, 4, 5, 6, % -2, -1, 1, 2, 3, 4, 5, 6, % Arbeitsproduktivität Bruttowertschöpfung 3 Stundenrückgang 3 39
Wachstumsbeiträge Kapitalstock Keine deutliche Beziehung zwischen Arbeitsproduktivität und Veränderung des Kapitalstocks! Besondere Rolle Forschung und Entwicklung
Erklärungen Integration Geringqualifizierter in den Arbeitsmarkt Ende des Outsourcing: Protektionismus Geringes Produktivitätswachstum im Dienstleistungsbereich: hohe Regulierungsdichte Hohe Produkt- und Arbeitsmarktregulierung Hohe Energiekosten Geringe Gründungsaktivität 42
Politikimplikationen TTIP Steuerreformen Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik Wirtschaftsverträglicher Klimaschutz Effizienzsteigerung im Krankenhausbereich 43
Schlussbemerkung Deutschland geht es gut Die Lage in der Währungsunion bleibt fragil Die Flüchtlingsmigration als große Herausforderung Für die Schweiz bedeutet dies weiter eine Aufwertungstendenz des Franken mit den bekannten Schwierigkeiten für den Werkplatz Schweiz. 44
Anhang: Griechenland Schuldenstandsquote 35 % 3 25 2 15 1 5 214 2 25 3 35 4 45 5 55 26 Ausgangsszenario Quelle: Scheuering (215) Szenario halbes Wachstum Szenario niedrigere Primärüberschüsse Szenario Wachstumsrate 1 Prozentpunkt niedriger und Primärüberschüsse 1,5 % Sachverständigenrat SVR-15-32 45
Anhang: Griechenland Refinanzierungsbedarf 6 % 5 4 3 2 1 219 25 3 35 4 45 5 55 26 Ausgangsszenario Quelle: Scheuering (215) Szenario halbes Wachstum Szenario niedrigere Primärüberschüsse Szenario Wachstumsrate 1 Prozentpunkt niedriger und Primärüberschüsse 1,5 % Sachverständigenrat SVR-15-32 46