Artenvielfalt und Artenschutz in Nordrhein- Westfalen - alles im grünen Bereich? Veranstaltung am 12. September 2015, Haus Ripshorst, Oberhausen Dipl.-Biol. Michael Gerhard - 1 -
Biodiversitätsstrategie NRW Ziel der Landesregierung: Gegen das fortschreitende Artensterben wird eine NRW-Biodiversitätsstrategie auf Basis der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt entwickelt, mit konkreten Handlungs- und Zeitplänen sowie transparenten Indikatoren für eine erfolgreiche Umsetzung. (Koalitionsvertrag 2012-2017 zwischen der NRWSPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN NRW, S. 50) Zweck der Biodiversitätsstrategie: Die Biodiversitätsstrategie NRW ist eine Standortbestimmung des nordrhein-westfälischen Naturschutzes und zugleich eine Ausrichtung auf die künftigen Herausforderungen Auf der Basis der Biodiversitäts- Strategie wird dann ein neues Landesnaturschutzgesetz erarbeitet, das konkrete Umsetzungsschritte für den Naturschutz in Nordrhein-Westfalen entwirft und bündelt. (MKULNV NRW) - 2 -
Biodiversitätsstrategie NRW Leitziele für die Erhaltung der Biodiversität 1. Mehrzahl der Lebensräume & Arten im günstigen Erhaltungszustand 2. Schutzgebiete im guten Erhaltungszustand 3. Prozessschutz in einem Netz von (Schutz-)Gebieten 4. leistungs- und funktionsfähiger Naturhaushalt sichert Ökosystemdienstleistungen & nachhaltige Nutzungsfähigkeit der Naturgüter. Grüne Infrastruktur reduziert Degradierung und Fragmentierung von Ökosystemen 5. Bevölkerung unterstützt die Bewahrung unseres Naturerbes als zentrale Grundlage für lebenswerte Umwelt & hohe Lebensqualität - 3 -
Biodiversitätsstrategie NRW Darstellung von Ausgangslage, Leitbild, Zielen und Maßnahmen sowie Indikatoren zu diversen Handlungsfeldern, u.a. - Artenschutz - Schutzgebietssystem und Biotopverbund - Wald, Gewässer und Auen, Agrarlandschaft - Anpassung an den Klimawandel und Klimaschutz - Erzeugung erneuerbarer Energien und Naturschutz zur Umsetzung erfolgt Verweis auf verschiedene Instrumente: - Landesentwicklungsplan, Regionalpläne als Landschaftsrahmenpläne, Landschaftspläne - Schutzgebietsausweisung, Biotopverbund - Vertragsnaturschutz / Förderprogramme - Grunderwerb, Flächentausch - Gesetzliche, untergesetzliche Regelungen zum Biotop- und Artenschutz - Artenschutzprogramme u.a. - 4 -
Biodiversitätsstrategie NRW Ziele und Maßnahmen als Kernstück der Biodiversitätsstrategie: - dauerhaft einzuhaltende Ziele und durchzuführende Maßnahmen (ohne Zieljahr) und - kurzfristig (in ca. fünf Jahren), mittelfristig (in ca. zehn Jahren) sowie langfristig (in mehr als zehn Jahren) zu erreichende Ziele und umzusetzende Maßnahmen. Ca. 150 Maßnahmen, z.b.: Dauerhaft: Weiterentwicklung der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft unter Berücksichtigung der Ziele des Natur- und Bodenschutzes - 5 - Kurzfristig: Gesetzliches Verbot von Dauergrünlandumwandlung sowie der Anlage neuer Drainagen von Grünlandflächen
Biodiversitätsstrategie NRW Kritik Naturschutzverbände: - Bestandsanalyse umfasst nur Standardgruppen - Ursachenanalyse für Artenrückgänge unzureichend - keine Prüfung der Wirksamkeit der Umsetzungs-Instrumente u.a.: Defizite Landschaftsplanung NRW / Fachbeiträge Defizite Schutzgebiete (unzureichende Verbote, fehlende Puffer ) Leitfäden zum Artenschutz (Landwirtschaft, Windenergie...) Eingriffsregelung (Abbau von Standards durch ELES...) - nötige Sofortmaßnahmen ergänzen (u.a. Feldhamster, Knoblauchkröte) - bei Umsetzung der Strategie mit den Landnutzern/Eigentümern wird ausschließlich auf Kooperation und Vertragsnaturschutz gesetzt - Personal- und Finanzmittel ungeklärt > Konkrete Umsetzungsfahrpläne erforderlich! - 6 -
Biodiversitätsstrategie NRW Zahlreiche Bedenken/ Anregungen der Naturschutzverbände zu Zielen und Maßnahmen z.b. Kap. 5.3 Agrarlandschaft Enthaltene Maßnahme: Mittelfristig Neuentwicklung von 2.000 ha artenreicher magerer Flachlandmähwiesen (FFH-Lebensraumtyp 6510) Kritik: zu geringer Flächenumfang, räumliche Schwerpunkte und erforderliche Finanzmittel benennen Geforderte Maßnahme: Kurzfristig: Überprüfung aller Grünland-Schutzgebietsverordnungen und Festsetzungen, ob alle für Schutzweck erforderlichen Ver- und Gebote enthalten sind - 7 -
Rahmenvereinbarung vom Dez. 2014 Mit der vorliegenden Rahmenvereinbarung verständigen sich die Vertragspartner darauf, soweit wie möglich auf der Grundlage des Kooperationsprinzips nachhaltige Beiträge zur Förderung der Biodiversität in Nordrhein-Westfalen zu leisten. - 8 -
Rahmenvereinbarung vom Dez. 2014 Artenreiche Flachlandmähwiesen Aus ökologischer Sicht ist die Ausweitung des FFH-Lebensraumtyps Artenreiche Flachlandmähwiesen um ca. 2.000 ha ein wichtiges Ziel. Aufgrund der Kostensituation sind für die Förderung der Entwicklung und Bewirtschaftung von Flachlandmähwiesen spezifische Vertragsangebote erforderlich. Das Land wird ein Vertragsangebot für die Entwicklung von extensiv bewirtschafteten Flachlandmähwiesen im Rahmen des NRW-Programms Ländlicher Raum anbieten. - 9 -
Landesnaturschutzgesetz Entwurf 2015-10 14.12.2015 -
Gute fachliche Praxis bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung 5 Abs. 2 BNatSchG zusätzlich verboten, s. 4 Abs. 1 LNatSchG-E standortangepasste Bewirtschaftung, nachhaltige Bodenfruchtbarkeit keine Beeinträchtigung der Ausstattung der Nutzfläche über das erforderliche Maß hinaus Erhalt von Landschaftselementen, die zur Vernetzung von Biotopen erforderlich sind, ausgewogenes Verhältnis von Tierhaltung und Pflanzenbau Grünlandumbruch ist an erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten zu unterlassen Dünge- und Pflanzenschutzmittel nach Fachrecht anzuwenden - 11 - Dauergrünland oder Dauergrünlandbrachen umzuwandeln Absenken des Grundwasserstandes in Nass- und Feuchtgrünland/-brachen Feldgehölze, Hecken, Säume und Kleingewässer zu beeinträchtigen Bestimmte Dauergrünlandpflegemaßnahmen* auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, die als ges. geschützte Biotope eingestuft sind, bei der Mahd auf Dauergrünlandflächen ab 1 Hektar von außen nach innen zu mähen *z. B. Drill,- Schlitz- oder Übersaat
Grünlandschutz im LNatSchG-E - Umwandlungsverbot 4 Landwirtschaft (zu 5 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes) (1) Abweichend von 5 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes ist bei der landwirtschaftlichen Nutzung zusätzlich verboten, 1. Dauergrünland und Dauergrünlandbrachen umzuwandeln, - 12 -
Grünlandschutz im LNatSchG-E - Umwandlungsverbot 4 Landwirtschaft (zu 5 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes) (1) Abweichend von 5 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes ist bei der landwirtschaftlichen Nutzung zusätzlich verboten, 1. Dauergrünland und Dauergrünlandbrachen umzuwandeln, 4 Abs. 2 Satz 3 LNatSchG-E Von dem Verbot des Absatzes 1 Nummer 1 sind auf Antrag Ausnahmen zuzulassen, wenn Art und Umfang der Beeinträchtigungen im selben Naturraum funktional ausgeglichen werden. In Verfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz sind Ausnahmen vom Verbot des Absatzes 1 Nummer 1 durch die zuständige Flurbereinigungsbehörde zulässig, wenn dies zur Gewährleistung wertgleicher Landabfindungen unverzichtbar ist. Die Regelung greift faktisch nur die Dauergrünlanderhaltungsverordnung auf! - 13 -
Grünlandschutz im LNatSchG-E - Intensivierungsverbot 4 Landwirtschaft (zu 5 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes) (1) Abweichend von 5 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes ist bei der landwirtschaftlichen Nutzung zusätzlich verboten, 4. Dauergrünlandpflegemaßnahmen durch die Grasnarbe umbrechende Verfahren wie Pflügen oder umbruchlose Verfahren wie Drill-, Schlitz- oder Übersaat auf landwirtschaftlich genutzten Flächen, die als gesetzliche Biotope nach 30 Absatz 2 Nummer 2 des Bundesnaturschutzgesetzes sowie nach 42 Absatz 1 eingestuft sind, durchzuführen Die Regelung gilt für Magerwiesen und Magerweiden und andere Grünlandbiotope des gesetzlichen Biotopschutzes - 14 -
Grünlandschutz im LNatSchG-E - Intensivierungsverbot Welche Magerwiesen und Magerwieden unterliegen dem gesetzlichen Biotopschutz? Magergrünland ist nur dann gleichzeitig auch 62-Biotop, wenn eine ausreichende Anzahl an Magerkeitszeigern incl. weiterer qualifizierender Arten (Liste s.u.) vorhanden ist. Seit der Landschaftsgesetz-Novelle vom 05.07.2007 müssen mindestens 8 der aufgeführten Magerkeitszeiger wenigstens in der Summe über alle Magerkeitszeiger frequent und regelmäßig mit einem Deckungsgrad >1% auftreten. - 15 -
Grünlandschutz im LNatSchG-E - Intensivierungsverbot Welche Magerwiesen und Magerwieden unterliegen dem gesetzlichen Biotopschutz? - 16 -
Grünlandschutz im LNatSchG-E Mährichtungs-Regelung 4 Landwirtschaft (zu 5 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes) (1) Abweichend von 5 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes ist bei der landwirtschaftlichen Nutzung zusätzlich verboten, 5. bei der Mahd auf Dauergrünlandflächen ab 1 Hektar von außen nach innen zu mähen. - 17 -
MKULNV-Erlaß zur Sicherung der Qualität wertvoller Grünlandflächen in Naturschutzgebieten vom 24.4.2015 Hintergrund: seit 2010 wurden NSG-Verordnungen und Landschaftspläne für Grünland-NSG entschärft, um Geldzahlungen aus dem Vertragsnaturschutz nicht in Frage zu stellen daraufhin teils Herausnahme aller landwirtschaftl. Regelungen für die Schutzgebiete (insb. im Münsterland) Wegfall jeder Option einen nicht-vertragsnaturschutzwilligen Landwirt zu NSG-konformer Nutzung zu zwingen - 18 -
MKULNV-Erlaß zur Sicherung der Qualität wertvoller Grünlandflächen in Naturschutzgebieten vom 24.4.2015 Inhalte des Erlasses Darstellung vegetationskundlich wertvoller Grünlandflächen in den NSGen - was ist jeweils vegetationskundlich wertvoll? Umwandlungsverbot für die ganze NSG-Fläche - aber nur für FFH-Gebiete?! Verbot des Pflegeumbruchs in vegetationskundlich bedeutsamen Flächen Verbot der mehr als 2-maligen Mahd in veg-kdl. bed. Flächen Verbot der Nachsaat in veg-kdl. bed. Flächen - 19 -
MKULNV-Erlaß zur Sicherung der Qualität wertvoller Grünlandflächen in Naturschutzgebieten vom 24.4.2015 Inhalte des Erlasses Verbot von Pflanzenschutzmitteln im ganzen Grünland des NSG Verbot nächtlicher Bewirtschaftung im ganzen Grünland des NSG Verbot von Schleppen und Walzen des Grünlands im NSG ab 15.3. (Tiefland) bzw. 1.4. (Bergland) in NSGen für Wiesenbrüter Umsetzung - für alle NSG-Verordnungen bis Ende 2018 (durch Bezirksregierung) - was ist mit den Landschaftsplan-NSG? (durch Kreise) - 20 -
Artenschutz in der Landwirtschaft - 21 -
Tötungsverbot nach 44 Abs. 1 BNatSchG Es ist verboten, (Nr. 1) wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, (Nr. 2) wild lebende Tiere der streng geschützte Arten und europäischen Vogelarten während der Fortpflanzung-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, (Nr. 3) Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, - 22 -
Aber: Reichweite des besonderen Artenschutzrechts ist stark eingeschränkt! Freistellung der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft von den Zugriffsverboten des 44 BNatSchG auch hinsichtlich europarechtlich geschützter Arten, wenn sie und die Verwertung der Erzeugnisse der guten fachlichen Praxis entsprechen und sich der Erhaltungszustand der lokalen Population nicht verschlechtert ( 44 Abs. 4 S. 1 u.2 BNatSchG) - 23 -
Reichweite des besonderen Artenschutzrechts stark eingeschränkt! zuständigen Behörde kann Bewirtschaftungsvorgaben treffen, damit sich der Erhaltungszustand europarechtlich geschützter lokaler Populationen nicht verschlechtert, wenn nicht andere Instrumente (Vertragsnaturschutz, Gebietsschutzmaßnahmen, Aufklärung, Artenschutzprogramme) dies absichern. Für Arten wie Feldlerchen, Kiebitz, Grauammer kann jede Beeinträchtigungen zur Verschlechterung der lokalen Populationen führen! Verhindern Gebietsschutz, Vertragsnaturschutz, Artenschutzprogramme eine Verschlechterung? Wenn nein, Verbesserungen im Gebietsschutz Ausreichend Vertragsnaturschutz Ansonsten: Bewirtschaftungsvorgaben! - 24 -
MKULNV Leitfaden Umsetzung Artenschutz gem. 44 Abs. 4 BNatSchG in der Landwirtschaft vom 5.7.2013 in Kooperation von MKULNV, LANUV & Landwirtschaftskammer entwickelt enthält für gefährdete Arten der Feldflur Vorschläge für Bewirtschaftungsmaßnahmen / Vertragsnaturschutz Ziel: ordnungsbehördliche Maßnahmen, die in 44 Abs. 4 BNatSchG vorgesehen sind, sollen nicht erforderlich werden! Merkblätter: Gefährdungen, Maßnahmen, Förderangebote - 25 -
MKULNV Leitfaden Umsetzung Artenschutz gem. 44 Abs. 4 BNatSchG in der Landwirtschaft vom 5.7.2013 Zuständig: Unteren Landschaftsbehörden / Landwirtschaftskammer Durch Umsetzung der Maßnahmen lässt sich sicherstellen, dass keine Bewirtschaftungsvorgaben i.s. 44 Abs. 4 angeordnet werden müssen - 26 - Vorrang der Freiwilligkeit Ablauf: sehr langer Weg über - Ursachenermittlung zu ungünstigem Erhaltungszustand / Verschlechterung - Information der Bewirtschafter - Einzelgespräche mit Bewirtschaftern zu Vertragsmaßnahmen (Laufzeit 5 Jahre) - wenn ULB feststellt, dass sich weitere Verschlechterung lokaler Population einstellen kann, Schutzkonzept durch Vertragsnaturschutz & Maßnahmen des Gebietsschutzes weiter optimieren - wenn alles nicht wirkt: Bewirtschaftungsauflagen Monitoring in Einführungsphase (3 Jahre)
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