Gute Praxis in einem Warenhaus (Berlin)

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Transkript:

Gute Praxis in einem Warenhaus (Berlin)

Die Ausgangslage Warenhäuser gelten, aufgrund der starken Orientierung auf Service und Beratung, als Arbeitgeber, die weiterhin qualifiziertes Personal mit vergleichsweise hohen Vollzeitanteilen beschäftigten. Der Konzern, zu dem das Warenhaus gehört, befindet sich seit Jahren in der Sanierung. Auf Basis einer Konzernstrategie soll das Unternehmen wettbewerbsfähig werden, etwa durch Umstellungen in den Sortimenten, den Vertrieb neuer Marken oder die Modernisierung der Verkaufsflächen. Hierzu zählt auch die Schließung oder Ausgliederung ganzer Abteilungen. Der Druck auf die Beschäftigung ist insgesamt hoch, seit Jahren schon: aktuell soll erneut eine erhebliche Menge an Vollzeitstellen bis 2014 eingespart werden. Dies kann möglicherweise ohne betriebsbedingte Kündigungen geschehen: so wurde eine Gesamtbetriebsvereinbarung für die Altersteilzeit ausgehandelt und auch für die Jüngeren wurde in einer Turbo-Regelung festgeschrieben: hier erhalten Schnellentschlossene, die bis zum 31. Dezember 2012 das Unternehmen verlassen, eine Abfindungssumme. Das Warenhaus in Berlin wurde 2009 neu eröffnet und verfügt über 24.000 m² Verkaufsfläche mit 301 Beschäftigten. Von diesen sind rund 73% weiblich. Ungünstige Altersstruktur, hoher Anteil Schwerbehinderter Die Altersstruktur im Betrieb ist denkbar ungünstig und liegt bei 48,2 Jahren im Durchschnitt. Bereits heute sind 38,1% der weiblichen und 50,6% der männlichen Beschäftigten älter als 50 Jahre alt. Dies ist, wie in anderen Filialen des Unternehmens, auch eine Folge der Nachwuchspolitik: in den vergangenen Jahren wurden wenige junge Kräfte ausgebildet und noch weniger wurden nach der Ausbildung übernommen. Sehr hohe Altersschnitte zeigen sich in den Funktionen Erste Kräfte (Kasse: Ø 55,7 Jahre; ohne Zuordnung Ø 56,3 Jahre); Warenannahmefachleute (Ø 56,0 Jahre), Schauwerbegestaltende (Ø 53,8 Jahre) sowie den Lagerarbeiterinnen und Lagerarbeitern (Ø 50,7 Jahre). Hinzu kommt, dass 15% der weiblichen und 17% der männlichen Beschäftigten schwerbehindert sind. Besonders hoch ist der Anteil der Schwerbehinderten bei der Warenbereitstellung (15 von 32 Beschäftigten). Die Krankenstände sind allenthalben hoch. Die altersstrukturelle Lage wird weiter verschärft durch die Turbo-Regelung zum freiwilligen Ausscheiden, welche vornehmlich von jüngeren Beschäftigten in Anspruch genommen wird. Damit steigen die Belastungen der verbliebenen Beschäftigten. Abbildung 1 Altersstruktur der Beschäftigten im Warenhaus im Vergleich zu den Beschäftigten im Bundesland 2012 Quelle: BA- Beschäftigtenstatistik (= alle sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse), Stichtag 30.06.2012; Personaldaten Warenhaus Berlin. Hinweis: In der Altersverteilung für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Berlin werden die Altersgruppen älter ab 66 Jahre gezählt: d.h. zzgl. 5,2% dieser Gruppe. Gute Arbeit für Frauen! Branchenorientierte Chancengleichheitspolitik und gezielte Förderung 2

Die derzeit beschäftigten Auszubildenden können nicht annähernd den rentenbedingten Abgang ausgleichen. Ein Beispiel: Bereits für 2013 gilt, dass im Verkauf sechs Auszubildende (davon im 3. Lehrjahr: eine) 5 Kräften gegenüberstehen, die mindestens 63 Jahre alt sind. Sofern keine Einstellungen in den kommenden Jahren stattfinden, gehen in den nächsten zehn Jahren mehr als 35% der Belegschaft in Rente. Vor diesem Hintergrund verblieben in 2023 in der Altersgruppe bis 30 Jahre nur noch 2,2% der Belegschaft. Großer Handlungsbedarf bei der Besetzung von Führungspositionen durch Frauen Es bestehen insgesamt 63 Führungspositionen, die zu knapp 43% von männlichen Beschäftigten, zu gut 57% von weiblichen Beschäftigten ausgeübt werden. Damit besteht sich ein erhebliches Ungleichgewicht: Obwohl weit mehr als doppelt so viele Frauen wie Männer beschäftigt sind, üben gut 33% der männlichen, aber nur gut 16% der weiblichen Beschäftigten Führungstätigkeiten aus. Frauen stellen also das Gros des Personals, sind ebenso gut qualifiziert, erreichen aber nur halb so oft Führungspositionen wie die männlichen Kollegen. Position 2012 Führungskräfte gesamt Gesamt Männlich (N= 81) Männeranteil gem. an der männlichen Belegschaft in% Weiblich (N=220) Frauenanteil gem. an der weiblichen Belegschaft in% 63 27 33,3 36 16,4 Erste Kräfte 44 19 23,5 25 11,4 Abteilungsleitung 13 4 4,9 9 4,1 Substitute 5 3 3,7 2 0,9 Teamleitung 1 1 1,2 0 0,0 Abbildung 2 Verteilung von Frauen und Männern auf Führungspositionen Betriebliche Weiterbildung zeigt hohe Ungleichheit zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten Im Betrieb werden mehrheitlich Warenkunde-Schulungen, Firmenschulungen und Fernlehrgänge angeboten. Dem Betriebsrat liegen zur Weiterbildungsquote und zur Teilhabe der verschiedenen Gruppen im Betrieb Frauen und Männer, Funktionen und Abteilungen keine Informationen vor. Eine vom Betriebsrat initiierte Beschäftigtenbefragung ergab einen erheblichen Gender Gap: 58,5% der weiblichen Befragten, aber 86% der männlichen Befragten haben bereits an einer betrieblichen Weiterbildung teilgenommen. Hinzu kommt, dass die Weiterbildungen der männlichen Befragten im Durchschnitt eine längere Dauer hatten. Balance von Arbeit und Privatleben ein Top Thema in diesem Betrieb vor allem im Zusammenhang mit dem Gesunderhalt der Beschäftigten Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie gibt es einschlägige Regelungen im Manteltarifvertrag Einzelhandel des Bundeslandes und für alle Beschäftigten gilt die Gesamtbetriebsvereinbarung zur verbesserten Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus dem Jahr 2005. Gute Arbeit für Frauen! Branchenorientierte Chancengleichheitspolitik und gezielte Förderung 3

Das hohe Durchschnittsalter der Beschäftigten weist darauf hin, dass inzwischen die Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung (Kita) keine allzu große Rolle mehr spielen wird. Doch wie verhält es sich mit der Pflege von Angehörigen? Wie groß ist die Gruppe in der Belegschaft, die mit diesen Aufgaben konfrontiert ist? Es geht in diesem Haus jedoch nicht allein um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie: vor dem Hintergrund der ungünstigen Altersstruktur und des hohen Anteils von Schwerbehinderten bei häufig langen Arbeitszeiten (71% der Belegschaft arbeitet in Vollzeit oder vollzeitnah, das heißt mit einem Stundenvolumen von 160 bis 121 Stunden pro Monat) geht es ebenso um den Gesunderhalt der Beschäftigten durch eine Balance von Arbeit und Privatleben, denn auch die Belastungen in dem neuerbauten Gebäude durch Zugluft etc. sind hoch. Gerade im Verkauf ist die Arbeit von zunehmender Arbeitsverdichtung gekennzeichnet. Um das Beschäftigungspotential der großen Gruppe älterer Frauen im Verkauf zu erhalten, ist es zwingend, den hohen psychischen und physischen Belastungen durch wirksame betriebliche Gesundheitsförderung zu begegnen. Der gleichstellungspolitische Aktionsplan Aktivitäten für die drängendsten Probleme Aus der Altersstruktur, der zunehmenden Arbeitsverdichtung und der hohen Quote Schwerbehinderter ergibt sich eine Vielzahl von Handlungsanforderungen für die betriebliche Interessenvertretung, die konzertiert und unter größtmöglicher Beteiligung der Beschäftigten bearbeitet werden müssen. Um hier nur zwei Beispiele zu nennen: Die Einstellungs- und Weiterbildungspolitik muss in Zusammenhang mit der Wissensweitergabe von alt nach jung organisiert werden. Die Nachfolge von Führungspositionen muss künftig stark auf die weiblichen Beschäftigten konzentriert werden, denn hier besteht nicht nur ein erhebliches Ungleichgewicht sondern der Betrieb kann angesichts seiner Personalstruktur keinesfalls auf die bisher unzureichend genutzten Managementqualitäten der weiblichen Beschäftigten verzichten. Um dieser Vielzahl von Herausforderungen adäquat begegnen zu können, muss sich der Betriebsrat weitere Informationen erschließen. Zu diesem Zweck ließ der Betriebsrat eine grundständige Altersstrukturanalyse durchführen, darauf aufbauend eine schriftliche, anonyme Befragung der Beschäftigten. Die Altersstruktur wurde von der Wert.Arbeit GmbH analysiert, ebenso die Beschäftigtenbefragung. Anschließend wurden die Ergebnisse der Altersstrukturanalyse und der Befragung mit dem Betriebsrat ausgewertet. Das Feedback der weiblichen Beschäftigten Schlaglichter Das Interesse der weiblichen Beschäftigten an der Befragung war hoch: knapp 19% der weiblichen Belegschaft beteiligte sich an der Befragung trotz Weihnachtsgeschäft. Zum wichtigen Feld Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ergab die Befragung, dass 20% der Befragten aktuell oder in Zukunft betroffen sind. Ausschließlich weibliche Befragte gaben dies an! 44% der weiblichen Befragten finden, das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege sei bisher nicht ausreichend im Betrieb thematisiert. Zu den von den weiblichen Beschäftigten genannten Unterstützungswünschen zählen vor allem Verständnis von Vorgesetzen (72,7% interessiert mich ), Arbeitsbefreiung in akuten Fällen sowie der Wunsch nach schriftlichen Informationen. Im Themenfeld bestehende gesundheitliche Belastungsfaktoren gaben die weiblichen Befragten eine Vielzahl an: Diese reichen von Zugluft, ungünstiger Beleuchtung über Wärme bis hin zu geringer Personaldichte. Daher Gute Arbeit für Frauen! Branchenorientierte Chancengleichheitspolitik und gezielte Förderung 4

besteht auch großes Interesse an betrieblichen Gesundheitsangeboten: allen voran Rückenschule und Stressvermeidung, wie nachfolgende Grafik zeigt: Abbildung 3 Interesse an betrieblichen Angeboten zur Gesundheitsförderung. Antworten der weiblichen Befragten in % Die Ableitungen des Betriebsrats Der Betriebsrat verfügt dank der Altersstrukturanalyse und der Befragung über umfangreiche Informationen. In einem ersten Schritt wurden die künftigen Aktivitäten priorisiert: Die höchste Relevanz für den Betriebsrat erhielt die Steigerung der betrieblichen Gesundheitsförderung für die weiblichen Beschäftigten, zweitens soll das Feld Weiterbildung angegangen werden und drittens Vereinbarkeit Beruf und Pflege. Über alles hinweg will der Betriebsrat bei den Nachbesetzungen von Führungspositionen darauf hinarbeiten, dass weibliche Kandidaten diese Positionen besetzen. > Betriebliche Gesundheitsförderung: praktisch mit dem Einzug in das neue Warenhaus begann der Betriebsrat in Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft, die technische Ausrüstung des Hauses zu prüfen und eine Nachrüstung zum Abbau der Belastungen zu fordern. Neben diesem permanenten Prozess werden nunmehr die Präventionsangebote der Krankenkassen zusammengestellt und den Beschäftigten zur Verfügung gestellt. Hierfür wurde im Betriebsrat ein zuständiges Mitglied benannt. Zusätzlich soll das Thema gesundheitliche Belastungen in die Verhandlungen zum Interessenausgleich und Sozialplan aufgenommen werden. > Betriebliche Weiterbildung: der Betriebsrat wird die einschlägigen Informationen zur Teilhabe an betrieblicher Weiterbildung beim Arbeitsgeber einholen und zukünftig die quantitative und qualitative Weiterbildungsaktivität beobachten mit dem Ziel, künftig eine chancengleiche betriebliche Weiterbildung zu etablieren. > Vereinbarkeit von Beruf und Pflege: Hier wird der Betriebsrat weitere Informationen zur tatsächlichen Betroffenheit der weiblichen Beschäftigten einholen, da die Befragung nicht die gesamte Belegschaft erreichte. Gleichzeitig stellt der Betriebsrat künftig eine Ansprechperson für erste Informationen zu Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Diese entwickelt einen Pflegeordner, der alle wichtigen Erstinformationen für die weiblichen Beschäftigten enthält. Gute Arbeit für Frauen! Branchenorientierte Chancengleichheitspolitik und gezielte Förderung 5

Was wurde für die weiblichen Beschäftigten erreicht? Die Altersstruktur, differenziert nach Qualifikation, Funktion und Abteilung liegt nunmehr vor. Die reale Verteilung von Frauen und Männern auf Führungspositionen in den verschiedenen Hierarchieebenen wurde offengelegt. Die Besetzungsverfahren werden künftig vom Betriebsrat auch in Hinblick auf die Erhöhung des Frauenanteils an Führungspositionen eng begleitet. Die Einschätzungen, Wünsche und der Bedarf der weiblichen Beschäftigten zur Balance von Arbeit und Privatleben, zur betrieblichen Weiterbildung sowie zu den gesundheitlichen Belastungen und Erwartungen an betriebliches Gesundheitsmanagement wurden gezielt eingeholt. Künftig wird ein Monitoring des Betriebsrats zur betrieblichen Weiterbildung aufgebaut. Im Betriebsrat gibt es nunmehr eine Zuständigkeit für den Aufbau eines Gesundheitsmanagements. In einem ersten Schritt werden die Präventionsangebote der Krankenkassen den Beschäftigten zugänglich gemacht. Im Betriebsrat gibt es nunmehr eine Ansprechperson für die Beschäftigten im Gremium. Diese entwickelt aktuell einen Pflegeordner, der alle wichtigen Erstinformationen für jene Beschäftigten enthält, die mit der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf konfrontiert sind. Gute Arbeit für Frauen! Branchenorientierte Chancengleichheitspolitik und gezielte Förderung 6