Beugesehnenverletzung. Behandlungsstandard. Version 1.2

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Transkript:

Beugesehnenverletzung Behandlungsstandard Version 1.2 17.10.2016

Primäre Beugesehnenverletzungen alle Zonen (Zone I - V) Einschluss: Ausschluss: INDIKATION Beugesehnenverletzungen mit Nervenbeteiligung Beugesehnenverletzungen mit Gefäßbeteiligung aufgehobene Beugefunktion Primärversorgung innerhalb 24 h Sekundäre Beugesehnenverletzungen Beugesehnenverletzungen mit Komplikationen, die anderem Nachbehandlungsschema folgen Beugesehnenverletzungen mit Revaskularisierung AKUTVERSORGUNG DIAGNOSTIK OP-TECHNIK MEDIKATION Klinische Untersuchung Röntgen 4-Strang-Naht (fiber loop) (fakultativ) 2-Strang-Naht (Kessler-Naht) und Epitendinose (fakultativ) Fadenstärke 3.0 oder 4.0 als Kernnaht Bedarfsadaptiert (postoperativ) RÖNTGENKONTROLLE --- PROCEDERE - NACHBEHANDLUNG FADENZUG 12. Tag postoperativ RÖNTGENKONTROLLE --- RUHIGSTELLUNG ÜBUNGSSTABILITÄT BELASTUNGSSTABILITÄT 1. - 6. Woche postoperativ früh-dynamische Nachbehandlung Ruhigstellung definiert als: passive Bewegung in Entlastungsstellung erlaubt ohne Nervenbeteiligung: keine Ruhigstellung, sofortiges Beüben erlaubt mit Nervenbeteiligung: maximal 2 Wochen Ruhigstellung mit Ringbandbeteiligung: 6 Wochen Ruhigstellung mit Ringbandschutz (Thermoplastring) ohne Nervenbeteiligung: ab 1. Tag postoperativ mit Nervenbeteiligung: ab 15. Tag postoperativ Quengelbehandlung (7. - 8. Woche postoperativ) Teilbelastungsstabilität: ab 8. Woche postoperativ; aktives Aufbelasten erlaubt Vollbelastung: ab 13. Woche postoperativ VORSCHLAG FÜR ICF-BASIERTES ASSESSMENT ZEITPUNKT t 0 Aufnahme Patient Diagnosestellung (innerhalb von 24 h) ZEITPUNKT t 1 Ende 6. Woche (Ende Ruhigstellung) ZEITPUNKT t 2 Ende 12. Woche (Abschluss Quengelung; Aufbelastung) ZEITPUNKT t 3 Ende 24. Woche (Nachuntersuchung)

RUHIGSTELLUNG s730 Muskeln/Sehnen Vermeidung von Sehnenverklebungen und -verwachsungen; optimales Sehnengleiten Sehnengleiten b280 Schmerz Reduktion zur Ermöglichung einer optimalen Therapiedurchführung Medikation Erhalt der vollen der betroffenen und angrenzenden durch Kontrakturvermeidung und Prävention von Sehnenverklebungen Extension aller unter Entlastung (aktiv und passiv) Passiv endgradige Flexion (4 Strang Naht: aktiv) Therapeutische Anleitung zur Kontrakturprophylaxe der angrenzenden Reizlose, stabile, verschiebliche Narbenverhältnisse Narbenpflege Entlastung der Sehnennaht Anfertigung individuell angepasster thermoplastischer Schiene Fakultativ: Ringbandschutz PF Personbezogene Faktoren Compliance erreichen Information und Aufklärung zum Behandlungsschema 1 Das Erreichen des Behandlungsziels wird bis zum Ende der jeweiligen Behandlungsphase angestrebt

ÜBUNGSSTABILITÄT ab 12. Tag (nach Fadenzug) Schwellung Reduktion der Schwellung zur Verbesserung der Beweglichkeit Kompression (Fingerlinge, Wickelung) s730 Muskeln/Sehnen Vermeidung Sehnenverklebungen und -verwachsungen; optimales Sehnen-gleiten Isoliertes, aktives Sehnengleiten Erreichen der vollen der betroffenen und angrenzenden durch Kontrakturvermeidung und Prävention von Sehnenverklebungen Aktive und passive Extension aller Endgradige aktive Flexion Reizlose, stabile, verschiebliche Narbenverhältnisse Narbenmassage Fakultativ: Silikonauflagen d440 Feinmotorischer Handgebrauch und Handeinsatz in allen Greifformen ohne Belastung Funktionelle Übungsbehandlung ohne Widerstände fakultativ b265 Tastsinn Wiedererlangen der Sensibilität Sensibilitätstraining (bei Stammnervenverletzung) Kontrakturvermeidung (aufgrund der ausfallenden Muskulatur) Versorgung mit dynamischen Schienen zur Erreichung der endgradigen Flexion Versorgung mit Ulnarisspange / Medianusschlaufe (bei Stammnervenverletzung)

BELASTUNGSSTABILITÄT TEILBELASTUNGSSTABILITÄT (AB 8. WOCHE POSTOPERATIV) s730 Muskeln/Sehnen Vermeidung Sehnenverklebungen und -verwachsungen; optimales Sehnengleiten Isoliertes, aktives Sehnengleiten Schwellung Reduktion der Schwellung zur Verbesserung der Beweglichkeit Kompression (Fingerlinge; Wickelung) Erreichen der vollen der betroffenen und angrenzenden durch Kontrakturvermeidung und Prävention von Sehnenverklebungen Aktive und passive Extension aller Endgradige aktive Flexion b730 Muskelkraft Steigerung der Kraft (moderat) Beginn der funktionellen Übungsbehandlung mit Widerständen Reizlose, stabile, verschiebliche Narbenverhältnisse Moderate Narbenmassage d430 Gegenstände anheben und tragen geringer Belastung moderatem Widerstand d440 Feinmotorischer Handgebrauch und Handeinsatz in allen Greifformen im Alltag mit geringer Belastung zunehmendem Widerstand d445 Hand- und Armgebrauch geringer Belastung moderatem Widerstand fakultativ b265 Tastsinn Wiedererlangen der Sensibilität Sensibilitätstraining (bei Stammnervenverletzung) Kontrakturbehandlung; Aufdehnen / Lösen von Sehnenverklebungen und - verwachsungen Versorgung mit individuell angepasster dynamisch/statisch redressierender Schiene zur Extension

BELASTUNGSSTABILITÄT VOLLBELASTUNG (AB 13. WOCHE POSTOPERATIV) s730 Muskeln/Sehnen Vermeidung Sehnenverklebungen und -verwachsungen; optimales Sehnengleiten Isoliertes, aktives Sehnengleiten Schwellung Reduktion der Schwellung zur Verbesserung der Beweglichkeit Kompression (Fingerlinge, Wickelung, Kompressionshandschuh) Volle der betroffenen und angrenzenden Aktive und passive Extension aller Endgradige aktive Flexion b730 Muskelkraft Maximale Kraft Krafttraining ggf. mit Geräten (z.b. Knete, Baltimore Therapeutic Equipment (BTE), power web, Digi-flex) Reizlose, stabile, verschiebliche Narbenverhältnisse Narbenmassage d430 Gegenstände anheben und tragen - aktiver Einsatz im Alltag mit Belastung maximalem Widerstand d440 Feinmotorischer Handgebrauch und Handeinsatz in allen Greifformen mit maximaler Belastung maximalem Widerstand d445 Hand- und Armgebrauch maximaler Belastung maximalem Widerstand d6 Häusliches Leben maximaler Belastung mit maximaler Belastung d849- d850 Arbeit und Beschäftigung Volle Arbeitsfähigkeit Berufsorientiertes Training fakultativ b265 Tastsinn Wiedererlangen der Sensibilität Sensibilitätstraining (bei Stammnervenverletzung) Kontrakturbehandlung; Aufdehnen / Lösen von Verklebungen und Verwachsungen Kontrolle, ggf. Anpassung vorhandener Schienen