Bebauungsplan Taubenäcker 1. Erweiterung in Holzgerlingen

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Transkript:

Bebauungsplan Taubenäcker 1. Erweiterung in Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz Teilaspekt des Plangebiets Tübingen 27.10.2017 Auftraggeber: Stadt Holzgerlingen Böblinger Str. 5-7 71088 Holzgerlingen Auftragnehmer: StadtLandFluss Plochinger Straße 14/3 72622 Nürtingen Bearbeitung: Stauss & Turni Gutachterbüro für faunistische Untersuchungen Vor dem Kreuzberg 28 72070 Tübingen Dr. Michael Stauss Dipl.-Biol. Maike Lauer

1 Rechtliche Grundlagen Im nationalen deutschen Naturschutzrecht (Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 [BGBl. IA. 2542], das seit 01. März 2010 in Kraft ist) ist der Artenschutz in den Bestimmungen der 44 und 45 BNatSchG verankert. Entsprechend 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG gelten die artenschutzrechtlichen Verbote bei nach 15 BNatSchG zulässigen Eingriffen in Natur und Landschaft sowie nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässigen Vorhaben im Sinne des 18 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG nur für die in Anhang IV der FFH-RL aufgeführte Tier- und Pflanzenarten sowie für die Europäischen Vogelarten (europarechtlich geschützte Arten). Im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung wird für diese relevanten Arten zunächst untersucht, ob nachfolgende Verbotstatbestände des 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind (vgl. auch Prüfschema in Abbildung 1): Gemäß 44 ist es nach Absatz 1 verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert. 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören. In den Ausnahmebestimmungen gemäß 44 Abs. 5 BNatSchG sind verschiedene Einschränkungen enthalten. Danach gelten die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des 44 Abs. 1 Nr. 1 (Tötungsverbot) nicht in Verbindung mit 44 Abs. 1 Nr. 3 (Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten), wenn sie unvermeidbar sind und die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.

Abbildung 1 Ablaufschema einer artenschutzrechtlichen Prüfung (Kratsch et al. 2010) Einige zentrale Begriffe des BNatSchG sind vom Gesetzgeber nicht abschließend definiert worden, so dass eine fachliche Interpretation und Definition der fraglichen Begrifflichkeiten zur Bewertung der rechtlichen Konsequenzen erforderlich wird. Die Verwendung dieser Begrifflichkeiten im vorliegenden Fachgutachten orientiert sich an den in der Fachliteratur vorgeschlagenen und diskutierten Definitionen (z. B. GUIDANCE DOCUMENT 2007, Kiel 2007, LANA 2009). Die Stadt Holzgerlingen beabsichtigt mit dem Bebauungsplan Taubenäcker - 1. Erweiterung die Ausweisung von Gewerbeflächen östlich der Tübinger Straße (Abb. 2). Damit sind möglicherweise Eingriffe in Lebensräume artenschutzrechtlich Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 3

relevanter Tierarten verbunden, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz verboten sind. Aufgrund des vorhandenen Habitatpotenzials sind vertiefte Untersuchungen für die Artengruppe der Vögel und Fledermäuse im Rahmen einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung notwendig. 2 Untersuchungsgebiet Das Plangebiet mit einer Größe von ca. 0,7 ha ist mit einzelnen Obstbäumen bestanden und wird als Grünland genutzt (Abb. 2, 3). Einzelne Bäume weisen Höhlungen auf (Abb. 3). Über den nördlichen Planbereich verläuft eine 20 kv Freileitung. Nördlich und westlich des Plangebiets befinden sich Gewerbeflächen, im Osten schließen weitere Obstbäume in Hanglage an (Abb. 2). Abbildung 2 Abgrenzung des Plangebiets Taubenäcker 1. Änderung in Holzgerlingen (Grundlage: LUBW Kartendienst) Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 4

Abbildung 3 Obstbäume im Plangebiet mit Baumhöhlen. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 5

3 Avifaunistische Untersuchungen 3.1 Datenerhebung und Methoden Die Bestandserfassungen der Vogelarten wurden an folgenden Terminen durchgeführt (28.05., 09.06 und 23.06.2016 sowie 23.03., 11.04., 28.04. und 18.05.2017). Die Kartierungen erfolgten während der frühen Morgen- und Vormittagsstunden bzw. in den Abend- und Nachtstunden bei günstigen Witterungsbedingungen. Alle visuell oder akustisch registrierten Vögel wurden in eine Gebietskarte eingetragen und der Status der Vogelarten durch die jeweiligen Aktivitätsformen protokolliert (Südbeck et al. 2005). Aus diesen Daten wurde für jede Art ein Gebietsstatus festgelegt. 3.2 Ergebnisse Im Plangebiet und dem angrenzenden Kontaktlebensraum wurden insgesamt 16 Vogelarten nachgewiesen. Eine Gesamtartenliste der im Gebiet nachgewiesenen Vogelarten mit Angaben zum Status, Bestandstrend in Baden-Württemberg, rechtlichen Schutzstatus und zur Gilde (Neststandorte) ist in Tabelle 1 dargestellt. Arten mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Relevanz sind in einer der folgenden Schutzkategorien zugeordnet in einem Anhang der EU-Vogelschutzrichtlinie streng geschützt nach BArtSchV in der landesweiten oder bundesweiten Roten Liste in der landesweiten oder bundesweiten Vorwarnliste Für 3 Vogelarten liegen ausreichende Hinweise auf ein Brutvorkommen im Plangebiet vor (Tab. 1). Brutvogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung ist der Feldsperling als Art der landesweiten Vorwarnliste. Die Bestände dieser Art sind landesweit im Zeitraum von 1985 bis 2009 um mehr als 20 % zurückgegangen, aber aktuell noch nicht gefährdet (Bauer et al. 2016). Der Feldsperling ist mit einem Revier auf der Streuobstfläche vertreten (Abb. 4). Der Star ist in Baden-Württemberg nicht gefährdet, bundesweit ist der Star jedoch in der Roten Liste als gefährdet eingestuft (RL 3). Der Star brütet mit einem Brutpaar in einem Obstbaum des Plangebiets (Abb. 4). Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 6

Von den ubiquitären Vogelarten wurde im Plangebiet ein Revier der Blaumeise festgestellt (Tab. 1). Der Kontaktlebensraum wird von weiteren ubiquitären Arten besiedelt (Tab. 1). Amsel, Buchfink, Elster, Hausrotschwanz, Kohlmeise, Stieglitz und Wacholderdrossel nutzten das Plangebiet ausschließlich zur Nahrungssuche (Tab. 1). Tabelle 1 Liste der nachgewiesenen Vogelarten im Plangebiet und angrenzenden Kontaktlebensraum. Artenschutzrechtlich hervorgehobene Brutvogelarten sind grau hinterlegt. Art Abk Status Status Gilde Trend Rote Liste Rechtlicher Schutz PG Kontakt in B.-W. B.-W. D EU-VSR BNatSchG Amsel A N B zw +1 b Blaumeise Bm B B h +1 b Buchfink B N B zw -1 b Buntspecht Bs N h 0 b Eichelhäher Ei N zw 0 b Elster E N N zw +1 b Feldsperling Fe B h -1 V V b Hausrotschwanz Hr N B g 0 b Kohlmeise K N B h 0 b Mönchsgrasmücke Mg B zw +1 b Rotkehlchen R B b 0 b Star S B B h 0 3 b Stieglitz Sti N B zw -1 b Sumpfmeise Sum B h 0 b Wacholderdrossel Wd N zw -2 b Zaunkönig Z B b 0 b Erläuterungen: Status: B Brutvogel Abk. Abkürzungen der Artnamen N Nahrungsgast Rote Liste D Gefährdungsstatus Deutschland (Grüneberg et al. 2015) Rote Liste B.-W. Gefährdungsstatus Baden-Württemberg (Bauer et al. 2016) 1 vom Aussterben bedroht 2 stark gefährdet 3 gefährdet Gilde: b Bodenbrüter V Vorwarnliste f Felsbrüter nicht gefährdet g Gebäudebrüter EU-VSR EU-Vogelschutzrichtlinie h/n Halbhöhlen-/ I in Anhang I gelistet Nischenbrüter nicht in Anhang I gelistet h Höhlenbrüter Z Zugvogelart nach Art. 4 Abs. 2 r/s Röhricht-/ BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz Staudenbrüter b besonders geschützt zw Zweigbrüter s streng geschützt Trend in B.-W. Bestandsentwicklung 1985-2009 (Bauer et al. 2016) +2 Bestandszunahme > 50 % +1 Bestandszunahme zwischen 20 und 50 % 0 Bestandsveränderung nicht erkennbar oder < 20 % -1 Bestandsabnahme zwischen 20 und 50 % -2 Bestandsabnahme > 50 % Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 7

Abbildung 4 Revierzentren artenschutzrechtlich hervorgehobener Brutvogelarten im Plangebiet. Fe - Feldsperling, S - Star. 3.3 Artenschutzrechtliche Bewertung nach 44 BNatSchG Alle europäischen Vogelarten sind europarechtlich geschützt und unterliegen den Regelungen des 44 BNatSchG. Die Ermittlung der Verbotstatbestände nach 44 (1) in Verbindung mit Abs. 5 erfolgt unter Berücksichtigung von Vermeidungsoder Ausgleichmaßnahmen. Nahrungshabitate unterliegen nicht den Bestimmungen des 44 BNatSchG, unter der Voraussetzung, dass sie keinen essenziellen Habitatbestandteil darstellen. 3.3.1 Verbot nach 44 (1) 1 BNatSchG Es ist verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Wirkungsprognose Durch eine Rodung von Gehölzen während der Brut- und Aufzuchtzeit der vorgefundenen Vogelarten, können unbeabsichtigt auch Vögel und ihre Entwicklungs- Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 8

stadien (Eier, Nestlinge) getötet oder zerstört werden. Damit wäre der Verbotstatbestand nach 44 (1) 1 BNatSchG erfüllt. Das Eintreten des Verbotstatbestands lässt sich vermeiden, indem Gehölzrodungen außerhalb der Brutzeiten, in den Herbst- und Wintermonaten (Anfang Oktober bis Ende Februar) durchgeführt werden. Adulte Tiere können aufgrund ihrer Mobilität flüchten. Die Verbotstatbestände des 44 (1) 1 BNatSchG werden unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erfüllt (Kap. 3.4.1). 3.3.2 Verbot nach 44 (1) 2 BNatSchG Es ist verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Wirkungsprognose Für die im Kontaktlebensraum nachgewiesenen Brutvögel ergeben sich sowohl während der Bauausführung als auch nach Fertigstellung von Gewerbebauten dauerhafte Störungen durch Lärm und visuelle Effekte (z. B. Baustellenverkehr, Bautätigkeiten, Verkehrslärm, anthropogene Nutzung), die den Reproduktionserfolg mindern bzw. Vergrämungseffekte entfalten können. Bewertung Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes ist dann zu prognostizieren, wenn sich als Folge der Störung die Populationsgröße oder der Reproduktionserfolg entscheidend und nachhaltig verringert. Für die im Kontaktlebensraum vorkommenden ubiquitären Arten, die regelmäßig auch Siedlungsbereiche als Brutlebensraum nutzen, ist von einer relativ großen Toleranz gegenüber solchen Störungen auszugehen. Störungen stellen somit für in ihren Beständen nicht gefährdete Arten keinen relevanten Wirkfaktor dar (Trautner & Jooss 2008). In ihrer Dimension sind die Störungen nicht geeignet, die Erhaltungszustände der lokalen Populationen der nachgewiesenen Brutvogelarten zu verschlechtern. Für die Nahrungsgäste ist das Plangebiet kein essenzielles Nahrungshabitat. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 9

Da die zu erwartenden Beeinträchtigungen keine Verschlechterung der Erhaltungszustände bewirken, führen sie nicht zu einer erheblichen Störung im Sinne von 44 (1) 2 BNatSchG, so dass der Verbotstatbestand nicht erfüllt wird. 3.3.3 Verbot nach 44 (1) 3 BNatSchG Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Wirkungsprognose Durch die Beseitigung von Gehölzen werden Fortpflanzungs- und Ruhestätten für die im Gebiet nachgewiesenen Höhlenbrüter zerstört. Betroffen ist jeweils ein Brutpaar von Blaumeise, Feldsperling und Star. Bewertung In den Ausnahmebestimmungen gemäß 44 Abs. 5 BNatSchG sind verschiedene Einschränkungen enthalten. Danach gelten die artenschutzrechtlichen Bestimmungen des 44 Abs. 1 Nr. 1 (Tötungsverbot) nicht in Verbindung mit 44 Abs. 1 Nr. 3 (Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten), wenn sie unvermeidbar sind und die ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Zur Vermeidung der Verbotstatbestände nach 44 (1) 3 BNatSchG können grundsätzlich CEF-Maßnahmen im Vorgriff auf das Bauvorhaben durchgeführt werden. Höhlenbrüter Durch Gehölzrodungen von Obstbäumen mit Höhlen werden Fortpflanzungs- und Ruhestätten für die Arten Blaumeise, Feldsperling und Star beansprucht. Für Höhlenbrüter ist das Angebot geeigneter Baumhöhlen sehr häufig ein limitierender Faktor für eine Besiedlung von ansonsten geeigneten Lebensräumen. Es ist nicht davon auszugehen, dass in der näheren Umgebung ausreichend adäquate und unbesetzte Fortpflanzungsstätten vorhanden sind. Um die kontinuierliche ökologische Funktionalität von Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiter zu gewährleisten, ist daher die Anbringung von künstlichen Nisthilfen erforderlich. Eine Erfüllung des Verbotstatbestandes nach 44 (1) Nr. 3 BNatSchG ist unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zu erwarten (Kap. 3.4.2). Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 10

Der Kontaktlebensraum wird von weiteren ubiquitären Arten besiedelt (Tab. 1). Die Fortpflanzungs- und Ruhestätten dieser Vogelarten werden durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt und können weiterhin genutzt werden. Die ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten bleibt im räumlichen Zusammenhang für diese Arten gewahrt. Die Verbotstatbestände des 44 (1) 3 BNatSchG werden somit nicht erfüllt. 3.4 Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen 3.4.1 Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung Der geeignete Zeitraum für die Baufeldbereinigung (Gehölzrodung) zur Vermeidung einer unbeabsichtigten Tötung oder Störung von Brutvögeln ist Anfang Oktober bis Ende Februar. 3.4.2 Maßnahmen zum vorgezogenen Funktionsausgleich Um für die betroffenen Höhlenbrüter eine Erfüllung der Verbotstatbestände nach 44 (1) 3 BNatSchG zu vermeiden, bedarf es geeigneter CEF-Maßnahmen. Folgende Maßnahmen zur Sicherung der kontinuierlichen ökologischen Funktionalität (vorgezogene Ausgleichmaßnahmen i. S. v. 44 Abs. 5 BNatSchG) sind für das geplante Vorhaben erforderlich und bis zum Frühjahr vor Baubeginn durchzuführen, um eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Populationen zu vermeiden: Feldsperling, Blaumeise: Anbringen von 6 Nisthöhlen mit einer Einflugöffnung von 34 mm (z. B. Schwegler Nisthöhle 3SV, 34 mm) in der Umgebung (bevorzugt im nordöstlich an das Plangebiet angrenzenden Streuobstgebiet). Star: Anbringen von 3 Nisthöhlen mit einer Einflugöffnung von 45 mm (z. B. Schwegler Nisthöhle 3SV, 45 mm) in der Umgebung (bevorzugt im nordöstlich an das Plangebiet angrenzenden Streuobstgebiet). Die Nisthilfen müssen zu Beginn der auf die Rodung folgenden Brutperiode (also spätestens Ende Februar) zur Verfügung stehen. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 11

4 Fledermäuse 4.1 Methoden Die Erfassung des Artenspektrums und der Aktivität erfolgte anhand von 6 Detektorbegehungen an folgenden Terminen: 17.07.2016: 21:30-23:20 Uhr, 24-18 C 11.08.2016: 20:45-22:30 Uhr, 17-15 C, 13.08.2016: 20:45-22:35 Uhr, 23-19 C 15.08.2016: 20:40-22:20 Uhr, 22-21 C 20.05.2017: 21:20-22:30 Uhr, 14-12 C 23.05.2017: 21:00-22:15 Uhr, 19 18 C Die Fledermausrufe sowie GPS-Daten und die Temperatur wurden mittels Batlogger M (Firma Elekon) aufgezeichnet, die Rufanalyse erfolgte mithilfe des Programms Batexplorer. Abbildung 5 Untersuchungsgebiet für die Erfassung der Fledermäuse. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 12

4.2 Ergebnisse 4.2.1 Artenspektrum, Aktivitätsschwerpunkte Im Untersuchungsraum wurden insgesamt drei Fledermausarten nachgewiesen (Tab. 2). Die aufgezeichneten Rufe stammen dabei fast ausschließlich von der Zwergfledermaus. Zwei einzelne Aufnahmen sind der Rauhautfledermaus zuzuordnen, eine Aufnahme einer Myotis-Art, wahrscheinlich Wasserfledermaus oder Große bzw. Kleine Bartfledermaus. Alle Arten sind im Anhang IV der FFH- Richtlinie aufgelistet und demzufolge national streng geschützt (Tab. 2). Tabelle 2 Fledermausarten im Untersuchungsgebiet Art Wissenschaftl. Name Deutscher Name FFH RL B-W RL D Pipistrellus nathusii Rauhautfledermaus IV s i * Pipistrellus pipistrellus Zwergfledermaus IV s 3 * Myotis spec. IV s Erläuterungen: Rote Liste D Gefährdungsstatus in Deutschland (Meinig et al. 2009) BW Gefährdungsstatus in Baden-Württemberg (Braun et al. 2003) 2 stark gefährdet 3 gefährdet i gefährdete wandernde Tierart G Gefährdung anzunehmen, aber Status unbekannt D Daten defizitär, Einstufung nicht möglich V Vorwarnliste * nicht gefährdet FFH Fauna-Flora-Habitatrichtlinie II Art des Anhangs II IV Art des Anhangs IV Schutzstatus nach Bundesartenschutzverordnung in Verbindung mit weiteren Richtlinien und Verordnungen s streng geschützte Art Das Artenspektrum ist damit außerordentlich gering. Das Plangebiet wurde zur Jagd genutzt, allerdings nur in geringer bis mittlerer Intensität. Die Tiere nutzten das Gebiet relativ homogen, geringfügig höhere Jagdkonzentrationen konnten im Nahbereich der Obstbäume festgestellt werden. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 13

Steckbriefe der Fledermausarten im Untersuchungsgebiet Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) Die Rauhautfledermaus ist eine typische Waldart, die in strukturreichen Landschaften mit einem hohen Wald- und Gewässeranteil vorkommt. Besiedelt werden Laub- und Kiefernwälder, wobei Auwaldgebiete in den Niederungen größerer Flüsse bevorzugt werden. Als Jagdgebiete werden vor allem insektenreiche Waldränder, Gewässerufer und Feuchtgebiete in Wäldern aufgesucht. Als Sommer- und Paarungsquartiere werden Spaltenverstecke an Bäumen bevorzugt, die meist im Wald oder an Waldrändern in Gewässernähe liegen. Genutzt werden auch Baumhöhlen, Fledermauskästen, Jagdkanzeln, seltener auch Holzstapel oder waldnahe Gebäudequartiere. Die Paarung findet während des Durchzuges von Mitte Juli bis Anfang Oktober statt. Dazu besetzen die reviertreuen Männchen individuelle Paarungsquartiere. Die Rauhautfledermaus wird in der Roten Liste Baden-Württembergs als gefährdete wandernde Art eingestuft, die in Baden-Württemberg nicht reproduziert, obwohl zumindest im Bodenseegebiet einzelne Reproduktionen nachgewiesen wurden. Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) Zwergfledermäuse sind Gebäudefledermäuse, die in strukturreichen Landschaften, vor allem auch in Siedlungsbereichen als Kulturfolger vorkommen. Als Hauptjagdgebiete dienen Gewässer, Kleingehölze sowie aufgelockerte Laub- und Mischwälder. Im Siedlungsbereich werden parkartige Gehölzbestände sowie Straßenlaternen aufgesucht. Die Tiere jagen in 2-6 m Höhe im freien Luftraum oft entlang von Waldrändern, Hecken und Wegen. Die individuellen Jagdgebiete können bis zu 2,5 km um das Quartier liegen. Als Wochenstuben werden fast ausschließlich Spaltenverstecke an und in Gebäuden aufgesucht, insbesondere Hohlräume hinter Fensterläden, Rollladenkästen, Flachdächer und Wandverkleidungen. Baumquartiere sowie Nistkästen werden nur selten bewohnt, in der Regel nur von einzelnen Männchen. Ab Mitte Juni werden die Jungen geboren. Ab Anfang/Mitte August lösen sich die Wochenstuben wieder auf. Gelegentlich kommt es im Spätsommer zu Invasionen, bei denen die Tiere bei der Erkundung geeigneter Quartiere zum Teil in großer Zahl in Gebäude einfliegen. Die Zwergfledermaus wird in der Roten Liste der Säugetiere Baden-Württembergs (Braun et al. 2003) als gefährdet eingestuft. 4.2.2 Quartiere Bei keiner der Begehungen konnte eine Nutzung der wenigen Baumhöhlen durch Fledermäuse beobachtet werden. Dies wird auch durch das weitgehende Fehlen von Rufaufnahmen baumhöhlennutzender Fledermausarten belegt. Auch aus den Ausflugbeobachtungen im Gehölzbestand sowie durch indirekte Nachweise der Höhlungen (Kotpellets, verfärbte Einfluglöcher, Geruch, Parasiten) ergab sich kein Quartiernachweis. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 14

4.3 Artenschutzrechtliche Bewertung nach 44 BNatSchG 4.3.1 Verbot nach 44 (1) 1 BNatSchG Es ist verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Einzelne Obstbäume im Plangebiet bieten in geringem Umfang Quartiermöglichkeiten für Fledermäuse, allerdings liegen keine Hinweise auf ein Wochenstubenquartier oder ein Einzelquartier vor. Grundsätzlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass dennoch einzelne Individuen der nachgewiesenen Fledermausarten die vorhandenen Höhlungen im Sommer sporadisch als Tagesquartier nutzen. Zur Vermeidung der Verletzung oder Tötung im Zuge von Gehölzrodungen müssen deshalb geeignete Zeiten berücksichtigt werden. Der geeignete Zeitraum ist Anfang November bis Ende Februar. Die Verbotstatbestände des 44 (1) 1 BNatSchG werden unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erfüllt (Kap. 4.4.1). 4.3.2 Verbot nach 44 (1) 2 BNatSchG Es ist verboten, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Störungen von Fortpflanzungs- und Ruhestätten (Wochenstube, Tagesquartiere) sind nicht zu erwarten, da hierfür im Plangebiet und dem angrenzenden Kontaktlebensraum keine Hinweise vorliegen. Frostgeschützte Winterquartiere sind ebenfalls nicht vorhanden. Das Plangebiet wurde in geringer bis mittlerer Intensität, nahezu ausschließlich von der Zwergfledermaus, als Jagdhabitat genutzt. Von der Rauhautfledermaus und einer unbestimmten Myotis-Art konnten lediglich vereinzelte Rufe aufgezeichnet werden. Dem Plangebiet kommt daher insgesamt nur eine geringe Bedeutung als Nahrungshabitat zu. Den nachgewiesenen Fledermausarten stehen in den angrenzenden Lebensräumen ausgedehnte weitere Nahrungshabitate zur Verfügung. Insgesamt ist davon auszugehen, dass erhebliche Störungen, die geeignet wären, den Erhaltungszustand der lokalen Fledermaus-Populationen zu verschlechtern, nicht zu erwarten sind. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 15

Da die zu erwartenden Beeinträchtigungen keine Verschlechterung der Erhaltungszustände bewirken, führen sie nicht zu einer erheblichen Störung im Sinne von 44 (1) 2 BNatSchG, so dass der Verbotstatbestand nicht erfüllt wird. 4.3.3 Verbot nach 44 (1) 3 BNatSchG Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Hinweise auf ein Wochenstuben- oder Paarungsquartier (Fortpflanzungsstätte) liegen nicht vor. Allerdings sind zumindest gelegentlich genutzte Einzelquartiere für die Rauhautfledermaus in den vorhandenen Höhlungen nicht auszuschließen. Bei einem Verlust von Ruhestätten sind die Einschränkungen des Verbots zu prüfen, die sich aus dem 44 (5) BNatSchG ergeben, wonach die ökologische Funktion der Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sein muss. Im vorliegenden Fall stehen der Rauhautfledermaus weitere geeignete Ruhestätten in den angrenzenden Kontaktlebensräumen im Siedlungsbereich bzw. in den angrenzenden Streuobstbeständen in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Die Verbotstatbestände nach 44 (1) 3 BNatSchG werden nicht erfüllt. 4.4 Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen 4.4.1 Vermeidungsmaßnahmen Um eine Tötung oder Verletzung von Individuen im Zuge der Baufeldfreimachung zu vermeiden, müssen Gehölzrodungen in der Zeit zwischen Anfang November und Ende Februar erfolgen. 4.4.2 Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF) Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen sind im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 16

4.5 Maßnahmenempfehlungen 4.5.1 Quartiere Durch die Rodung von Gehölzen gehen potentiell Einzelquartiere für Fledermäuse verloren. Das Anbringen von künstlichen Nisthilfen ist eine geeignete Maßnahme, um Beeinträchtigungen durch das Vorhaben zu mindern. Vorgeschlagen wird das Anbringen von 3 Fledermaushöhlen an geeigneten Bäumen im Umfeld des Plangebiets, bevorzugt im nordöstlich an das Plangebiet angrenzenden Streuobstgebiet (z. B. Schwegler Kleinfledermaushöhle 3FN). 4.5.2 Beleuchtung Für die geplanten Gewerbegebäude des Plangebiets ist die nächtliche Außenbeleuchtung auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken. Wo unumgänglich, sind insektenfreundliche Beleuchtungen sowie Beleuchtungskörper, die den Streulichteinfluss auf angrenzende Bereiche reduzieren, vorzusehen (empfohlen werden hier z. B. warmweiße LEDs und Leuchten mit Richtcharakteristik durch entsprechende Abschirmung; auch Bewegungsmelder sind denkbar). Anzumerken ist, dass mehrere umliegende Gewerbegebäude (Penny, Premio Räderhotel, Autohandel) sowie das Gelände von Eisenmann Anlagenbau GmbH & Co. nachts sehr stark beleuchtet sind und die Lampen weit ins Umfeld abstrahlen. Eine Verringerung der Beleuchtungsintensität sowie eine stärkere Ausrichtung auf den Boden wird empfohlen. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 17

Abb. 1: Der Parkplatz am Penny-Supermarkt ist nachts voll ausgeleuchtet und strahlt weit ins Umfeld. Abb. 2: Die Lampen am Premio Räderhotel sind sehr hell und nicht zum Boden ausgerichtet. 5 Sonstige artenschutzrechtlich relevante Arten Aufgrund fehlender oder ungeeigneter Lebensraumstrukturen und der Verbreitungssituation der einzelnen Arten ist ein Vorkommen folgender artenschutzrechtlich relevanter Arten bzw. Artengruppen einschließlich ihrer Entwicklungsformen nicht zu erwarten: - Säugetiere (mit Ausnahme der Fledermäuse) - Amphibien - Reptilien - Insekten - Weichtiere Im Hinblick auf die Verbotstatbestände des 44 (1) Nr. 1 bis 3 BNatSchG kann eine Betroffenheit für diese Arten bzw. Artengruppen ausgeschlossen werden. Weitere Untersuchungen im Rahmen einer artenschutzrechtlichen Prüfung sind daher nicht erforderlich. Stauss & Turni B-Plan Taubenäcker 1. Erweiterung,Holzgerlingen Faunistische Untersuchungen zum Artenschutz 18

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