Die Agrar und Ernährungswirtschaft in der Öffentlichkeit Eine Analyse der deutschen Qualitätspresse auf Basis der Framing Theorie



Ähnliche Dokumente
Die Ernährungswirtschaft im Web - Erste Ergebnisse einer Kommunikationsanalyse

Die wachsende nationale und internationale Bedeutung von CSR im Agribusiness

78 Prozent der Deutschen wollen kein Genfood. Umfrage des Meinungsforschungsinstituts FORSA für SLOW FOOD Deutschland. 19.

Österreich Land der Vegetarier?

Orientierungsverhalten der Konsumenten bei gesunden Lebensmitteln April 2008

Thema 1: Obst und Gemüse große Auswahl von nah und fern

Umfrage. Social Media Monitoring

Zukunftsforum - Veredlungsland Sachsen Zukunftsforum. Sächsischer Landeskontrollverband e.v.

Vertrauen in Medien und politische Kommunikation die Meinung der Bürger

Perspektiven der Grünen Gentechnik: Eine realistische Bestandsaufnahme

Im Bereich der Ernährung kannst du an drei wirkungsvollen Rädchen drehen:

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

Gentechnikfreie Futtermittel. Ein Erfolgsrezept für die Zukunft

PHIMEA MITARBEITERZUFRIEDENHEIT. Erkennen. Verstehen. Handeln. Mitarbeiter sind das Kapital in Ihrem Unternehmen

Bedienungsanleitung für den Online-Shop

Die ABL Montag, 3. August 2009 Letzte Aktualisierung Mittwoch, 27. Juli 2011

I N F O R M A T I O N

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Second-Screen: Hype oder Realität? Quantitative Einordnung eines Medien-Phänomens

Beschäftigte in der BioBranche

Tourismus Online Monitor Kurzfassung -

Universität Passau. Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Internationales Management Prof. Dr. Carola Jungwirth. Bachelorarbeit Netzwerkservices

Auslobung Ohne Gentechnik Marktbedeutung und Mitwirkungsmöglichkeiten

BEFRAGUNG SOLARKRAFT ILMENAU

Industrie 4.0 in Deutschland

Social Media-Trendmonitor

Die GAP ist... Die GAP ist nicht... Europäische Kommission Landwirtschaft und ländliche Entwicklung

WEBTEXTEN. Tipps und Tricks rund um das Webtexten. Version 1 / April 2014 gutgemacht.at Digitalmarketing GmbH

Umsatz-Kosten-Treiber-Matrix Woodmark Consulting AG

Herausforderungen 2013 der Marketingentscheider in B2B Unternehmen


Nachhaltigkeits-Check

Budgetplanungen für digitales Marketing

Der Vortrag besteht aus 27 Seiten! Ich habe 15 Minuten. + 1 Minute Diskussion Passt!

Die Wirtschaftskrise aus Sicht der Kinder

Dialogforum Corporate Social Responsibility

Gründe für fehlende Vorsorgemaßnahmen gegen Krankheit

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

Freunde, Fans und Faszinationen: Das Potenzial von Social Media

SPECTRA ist ein Full Service Institut, das das gesamte Spektrum der klassischen Markt- und Meinungsforschung anbietet.

Spielregeln des Internets verstehen und und zum eigenen Vorteil nutzen nutzen

NACHHALTIGKEIT ANERKENNUNG DER ARBEIT - TIERWOHL GESUNDE LEBENSMITTEL

IAB Brand Buzz by BuzzValue Segment: Online- & Direktbanken

Ettinger Frühlingserwachen 2014: Rückblick

Qualitätsmanagement an beruflichen Schulen in Deutschland: Stand der Implementierung. Diplomarbeit

Gesunde Ernährung. Erhebungszeitraum: 12. bis 14. August 2014 statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte

IAB Brand Buzz by BuzzValue Segment: Banken

Die Bedeutung von Breitband als Standortfaktor für Unternehmen

9 Auto. Rund um das Auto. Welche Wörter zum Thema Auto kennst du? Welches Wort passt? Lies die Definitionen und ordne zu.

Welchen Markt brauchen Bauer und Bäuerin? Prof. Dr. Mathias Binswanger

Die Bedeutung des Konzepts Long Tail of Marketing für KMU und seine Umsetzung durch Social Commerce

Blumen-bienen-Bären Academy. Kurzanleitung für Google Keyword Planer + Google Trends

Auswertung JAM! Fragebogen: Deine Meinung ist uns wichtig!

Social Media Einsatz in saarländischen Unternehmen. Ergebnisse einer Umfrage im Mai 2014

Flüchtlingskinder in Deutschland Eine Studie von infratest dimap im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes e.v.

IT-Governance und Social, Mobile und Cloud Computing: Ein Management Framework... Bachelorarbeit

o Red Bull Geschichte o Red Bull Ursprung

26. GIL Jahrestagung

Kundenbefragung als Vehikel zur Optimierung des Customer Service Feedback des Kunden nutzen zur Verbesserung der eigenen Prozesse

Kundenzufriedenheit mit Strom- und Gasanbietern

tegut gute Lebensmittel

Kaufkräftige Zielgruppen gewinnen

Zur Kennzeichnung des Einsatzes von gentechnisch veränderten Organismen in der Lebensmittelproduktion

Politikverständnis und Wahlalter. Ergebnisse einer Studie mit Schülern und Studienanfängern

Klimawandel und Klimaschutz


Tagesgeld-Studie. Auswertung der Online-Abschlüsse von Tagesgeldkonten über CHECK24 von 2011 bis 2013 nach Alter und Geschlecht

Lesbische und schwule UnternehmerInnen in Wien - eine empirische Bestandsaufnahme. Regine Bendl/Thomas Köllen/Sabine Steinbacher

Expertenstudie Social Media

BUND Position Biomasse

Windkraft Österreichische Bevölkerung. Eine Studie von Karmasin.Motivforschung Juli/ August 2011

Insbesondere Befragte ab 60 Jahren würden am ehesten für die Welternährung bzw. die Bekämpfung des Welthungers spenden.

Umgang mit Schaubildern am Beispiel Deutschland surft

Befragung von Absolventen und Absolventinnen des OSZ IMT zu ihrem Verbleib vom Juli/August 2013

Hautkrebsscreening. 49 Prozent meinen, Hautkrebs sei kein Thema, das sie besorgt. Thema Hautkrebs. Ist Hautkrebs für Sie ein Thema, das Sie besorgt?

Strompreise, Kaufkraft und Primärenergiekosten

Inhalt. Ökologischer Landbau in Berufs- und Fachschulen. Agrarpolitisches Forum des Agrarbündnis , Köln Berufsausbildung in Grünen Berufen

64% 9% 27% INFORMATIONSSTATUS INTERNET. CHART 1 Ergebnisse in Prozent. Es fühlen sich über das Internet - gut informiert. weniger gut informiert

Mobile Intranet in Unternehmen

Tierschutz und bäuerliche Landwirtschaft: Tierkomfort oder Tierwohl? Die Diskussion um die Haltungsformen

Welcome to Trend Micro Leitfaden Deal-Registration

Studie zum Einsatz und Nutzen von strategischem IT-Benchmarking. Katharina Ebner Prof. Dr. Stefan Smolnik

Komparativer Vorteil: Die Grundlage von Handelsbeziehungen

Glaubwürdigkeit der Medien. Glaubwürdigkeit der Medien. Eine Studie im Auftrag des WDR

S P E C T R A K T U E L L FREIE WAHL DER KRANKENVERSICHERUNG: SORGENVOLLER BLICK IN DIE ZUKUNFT 8/00. I:\PR-ARTIK\Aktuell00\08\Krank_neu.

Markus Mauritz 4BBW 97/98 BET - Referat. ABC Analyse (Kostenschwerpunktanalyse)

Ergebnisse der Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterbefragung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena zum Thema Mitarbeitergespräche

Machen Sie Ihre Kunden zu Botschaftern Ihrer Marke! Real Bau

Die Bedeutung von Facebook für Unternehmen. Ergebnisse für den deutschen Mittelstand (10 bis 499 Mitarbeiter)

Nachhaltigkeit und Animal Welfare aus Sicht der Konsumenten

Der MEISTERKREIS-Index 2013 (Ausgabe 1)

Ernährungssouveränität

Methodik. Wimbledon 2015 in Google News Onlinemedien Schweiz

Social Media Analyse Manual

Anmeldung und Zugang zum Webinar des Deutschen Bibliotheksverbandes e.v. (dbv)

Tagesgeld-Testsieger im Langzeitvergleich seit 2008

Der monatliche Tarif für ein Handy wurde als lineare Funktion der Form f(x) = k x + d modelliert (siehe Grafik).

WEMF / LINK Best Media for Best Agers. LINK Institut Juli 2011

Online-Werbung. Welche Möglichkeiten der Online-Annoncen gibt es? Google AdWords und Co.

Transkript:

Die Agrar und Ernährungswirtschaft in der Öffentlichkeit Eine Analyse der deutschen Qualitätspresse auf Basis der Framing Theorie SGA Tagung 2011 in Murten Session A1: Bild von außen Maike Kayser, Justus Böhm und Achim Spiller

2 2

Agenda DieErnährungswirtschaft imwandelder der Zeit Theoretischer Bezugsrahmen Analyse der Qualitätspresse Ergebnisse Limitationen und weiterer Forschungsbedarf

Die Ernährungswirtschaft im Wandel der Zeit

Erfolgsgeschichte Ernährungswirtschaft 1950konnte einlandwirt zehn Menschen ernähren, imjahr 2008 liegt dieser Faktor bei 148 Menschen die Hektarerträge von Kartoffeln stiegen von 224,1 dt im selben Zeitraum auf 440,6 dt die Ø Milchleistung einer Kuh erhöhte sich von 2.480 kg auf 6.827 kg die Mastleistung von Hühnern konnte sich in den vergangenen g 60 Jahren um das 4 fache beschleunigen (DBV 2009, EFSA 2010)

Strukturelle Folgen die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe sank alleine von 1999 bis 2007 um 20,7 % nur noch 2 % der Bevölkerung arbeitet direkt in der Landwirtschaft (STATISTISCHES( BUNDESAMT 2009) (DBV 2009) Ernährungswirtschaft ist als fünftstärkste Branche (Umsatz) in Deutschland ein volkswirtschaftlicher Faktor unter vielen (BVE 2009)

Gesellschaftliche Folgen 82 % der Berliner Grundschüler glauben, dass sich Schweine von Gras ernähren (ESSMANN 2001) nur 10 % der Schüler wissen, woraus Zucker gewonnen wird (ESSMANN 2001) stark romantisiertes Bild von der Agrar und Ernährungswirtschaft; unter anderem durch Werbung (KÖCHER 2009)

Medien als Informationsquelle Informationsquellen zum Milchstreik: 14 % persönliches es Gespräch 77 % Fernsehen (BÖHM & SCHULZE 2010) Erfahrung der Lebensmittelproduktion nur noch indirekt über die Medien (SPIEKERMANN( 2008) Ziel der Medien ist ausgeglichene Darstellung der Sachlage (DEUTSCHER PRESSERAT 2008, SOLOSKI 1989) ABER: Good news is no news. (Selektion nach Nachrichtenwertfaktoren ) (EMSLEY 2001) Evaluation des Bildes der Ernährungswirtschaft in den Medien

Theoretischer Bezugsrahmen

Framing Theorie Frames nach Dahinden (2006) besitzen zwei zentrale Funktionen: 1. Selektion der wahrgenommenen Realitätsaspekte (Sh ( Scheuklappen ) 2. Strukturierung dieser wahrgenommenen Aspekte ( Schubladen ): Problemdefinition Ursachenzuschreibung Bewertung des Problems Handlungsempfehlung zur Lösung

Framing Theorie Funktion von Frames in den Medien: Hervorhebung ausgewählter Aspekte in der Berichterstattung (SCHEUFELE & TEWKSBURY 2007) Beispiel: David gegen Goliath Frame gg (DAHINDEN 2006)

Konflikt Lebensmittelproduktion (verändert nach LANG & HEASMAN 2004)

Natürlichkeit Framingmatrix positiv negativ Produktivität

Analyse der Qualitätspresse

Zweistufige Methodik zur Framemessung Qualitative Vorstudie Ermittlung von 21 Themen durch manuelle Social Media Analyse Agrarlobby Konventionelle Tierhaltung Pflanzenschutz Agrarpolitik Landleben Skandale der Ernährungswirtschaft Alternative Nutztierhaltung Lebensmittelpreise Struktur der Landwirtschaft Erneuerbare Energien Lebensmittelsicherheit i h Traditionelle Züchtung Grüne Gentechnik Lebensmittelzusatzstoffe Umwelt und Landwirtschaft Industrielle Landwirtschaft Milchstreik Unternehmensnamen Klima und Landwirtschaft Neue Zuchtmethoden Welternährung

Zweistufige Methodik zur Framemessung Qualitative Vorstudie Systematisierung mitspezifischen Suchwörtern Beispiel: Skandale der Ernährungswirtschaft Keywords (eingeschränkt): Skandal, Skandale, Skandalen wenn Lebensmittel, Lebensmitteln Keywords (uneingeschränkt): Gammelfleisch", Formschinken", Analogkäse

Zweistufige Methodik zur Framemessung Quantitative Auswertung Analyse von 5.903Artikeln der deutschen Qualitätspresse Qualitätspresse : 2207Artikel 2.207 (37,4 %) 1.215 Artikel (20,6 %) 1.203 Artikel (20,4 %) 1.003 Artikel (17,0 %) 154 Artikel (2,6 %) 121 Atikl Artikel (2,0 %) (GERHARDS ET AL. 1998)

Zweistufige Methodik zur Framemessung Quantitative Auswertung Untersuchungszeitraum: vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2009 Semantische Analyse mit SPSS Text Analytics 3.0 (n = 3.000) Kategorisierung auf Basis geframter Begriffe 48,5 % aller Beiträge konnten zugeordnet werden Absicherung durch qualitative i Sih Stichproben

Ergebnisse

Top 10 der diskutierten Themen Grüne Gentechnik Landwirtschaft/Umweltschutz Agrarpolitik Landwirtschaft/Klima Welternährung Struktur der Landwirtschaft Agrarlobby Skandale der Ernährungswirtschaft Unternehmensnamen Alternative Nutztierhaltung 0 100 200 300 400 500 600 700

140 Themenverlauf Milchstreik lh Verbot MON810 120 Anza ahl der aufg genommen nen Artikel 100 80 60 40 Teller vs. Tank 20 0 Kalenderwochen 27 32 37 42 47 52 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 3 8 13 18 23 28 33 38 43 48 2007 2008 2009

Anteile an den Frames Natürlichkeit negativ 13 % Ntülihkit Natürlichkeit positiv 29 % Produktivität negativ 43 % Produktivität positiv 15 %

Anteile an den Frames Natürlichkeit positiv 29 % Produktivität negativ 43 % ~ 70 % negativ

Komponenten der Frames P o s i t i v P r o d u k t i v i t ä t Ökonomisch (48) Neue Technologie (29) Keine Gefahr (25) Billige Lebensmittel (22) Neue Produkte (20) Neue Sorten (16) N T h ik(16) Naturschutz (139) ursprünglich (65) Biobauern (59) Bäuerliche Landwirtschaft (54) Nachhaltigkeit (50) Bioprodukte (46) Ök l i h L db (40) Neue Technik (16) Ökologischer Landbau (40) Pestizide (245) Genmais (100) Keine Gentechnik (84) Massentierhaltung (75) Gentechnikfrei (72) Gentechnik Gegner (61) Monokulturen (59) N e g a t i v Hohe Preise (120) Hunger in der Welt (33) Teure Lebensmittel (25) Hohe Kosten (21) Welthunger (16) Teure Produkte (12) Teure Milch (11) N a t ü r l i c h k e i t (...) = Häufigkeiten

Zeitreihe der Frames 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 1 2007 2008 2009 Produktivität negativ Natürlichkeit positiv Produktivität positiv Natürlichkeit negativ

Fazit Kommunikation über die Ernährungswirtschaft nimmtzu 48,5 % der untersuchten Artikel konnten den beiden Frames zugeordnet werden negative Darstellung der aktuellen Ausrichtung auf Produktivität im Verhältnis 70/30 Verhältnis der Framessehr sehr stabil

Limitationen und weiterer Forschungsbedarf

Limitationen explorativer Charakterder Studie halbautomatische quantitative Analysemethoden Frames sehr schematisch semantische Analysen noch in der Entwicklung rhetorische ht h Stilmittel itt l nicht ihterfassbar (z.b. Ironie, Metaphern) (COHEN & HERSCH 2005)

Weiterer Forschungsbedarf Nutzung einer präziseren und besser getesteten Auswahl Einbeziehung weiterer Theorien wie z.b. Agenda Setting vertiefende Analysen der gesammelten Daten Analyse von Einzelthemen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Maike Kayser, M. Sc. Georg August Universität Göttingen Lehrstuhl "Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte" Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung Platz der Göttinger Sieben 5, D 37073 Göttingen Tel: +49 (0) 551/39 7985; Fax: +49 (0) 0551/39 12122 mkayser@uni goettingen.de