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Rahmenbedingungen bei der Einführung und Ausgestaltung Modernes Ideenmanagement Carsten Brachmann Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner, Ogletree Deakins International LLP, Berlin Irene K. Menzel Rechtsanwältin, Wirtschaftsmediatorin (CVM), Ogletree Deakins International LLP, Berlin Der Begriff Ideenmanagement wird häufig als die modernere Bezeichnung für das betriebliche Vorschlagswesen verwendet. Mittlerweile versteht man in der Praxis unter einem modernen Ideenmanagement eine Kombination aus dem betrieblichen Vorschlagswesen und dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP). Während das betriebliche Vorschlagswesen jedem einzelnen Beschäftigten von sich aus die Möglichkeit bietet, über die Erbringung seiner Arbeitsleistung hinaus spontan Verbesserungsideen im Rahmen eines geordneten Systems einzubringen, werden beim KVP im Rahmen von Gruppen fortwährend kleine Verbesserungen zu bestimmten Themen meist während der Arbeitszeit entwickelt und aktiv Mitarbeiterideen angeregt. Letztlich kann unter einem Ideenmanagement ein integriertes Konzept, welches verschiedene Instrumente der Ideenfindung, -erfassung, -bearbeitung und -umsetzung vereint, verstanden werden (vgl. Jeberien/Stephan/Schneider, Management von Ideen, Universität Marburg, Januar 2013, S. 6 f.). Ein funktionierendes Ideenmanagement-System stellt eines der effektivsten Mittel für Unternehmen zur Prozessoptimierung und Kostensenkung bei gleichzeitiger Mitarbeitermotivation und -bindung dar. Für eine erfolgreiche Implementierung müssen die Verantwortlichen auch die Rahmenbedingungen im Blick haben, vor allem in Bezug auf die betriebliche Mitbestimmung. 1 Was ist Ideenmanagement? Mitarbeiter haben angesichts ihrer täglichen praktischen Erfahrungen und ihres fachlichen Detailwissens meist die besten Ideen zur Verbesserung der Arbeitsabläufe, der Wirtschaftlichkeit und der Arbeitsbedingungen. I. d. R. handelt es sich um kleine Verbesserungsvorschläge, die einem Unternehmen in ihrer Summe jedoch einen erheblichen Nutzen bringen können. Studie zum Gesamtnutzen Nach einer repräsentativen Studie des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft aus dem Jahr 2013 erzielten die befragten 145 Unternehmen im Jahr 2012 einen Gesamtnutzen i. H. v. 1,15 Milliarden Euro (Pressemitteilung DEKRA zum dib-report 2013). Info 2 Ziele und Themenbereiche Mit einem modernen Ideenmanagement verfolgen Arbeitgeber wirtschaftliche und mitarbeiterorientierte Ziele in gleichem Maße. Unter den wirtschaft lichen Aspekten stehen regelmäßig die Verbesserung der bestehenden betrieblichen Zustände, Arbeitsabläufe, Prozesse, Methoden, die Kostensenkung, die Qualitätssicherung, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und die Erhöhung der Kundenzufriedenheit im Vordergrund. Daneben trägt es dazu bei, die Belegschaft aktiv zum Mitdenken und damit zur Teilnahme an der Gestaltung der Arbeit und der Entwicklung des Betriebs anzuregen. Dadurch steigert man die Motivation sowie das Betriebsklima, die Wertschätzung und die Identifikation mit dem Unternehmen (vgl. Jeberien/Stephan/Schneider, S. 24, 26). Ausgerichtet an diesen Zielen sind die typischen Themenbereiche von angestrebten Verbesserungen insbesondere Mitarbeiterideen zur: Vereinfachung von Arbeitsverfahren, -abläufen oder -methoden und der betrieblichen Zusammenarbeit, Reduzierung der Durchlaufzeiten bzw. der Kundenbearbeitungszeiten, Verbesserung des Informations- und/oder Materialflusses, Reduzierung von Kosten durch z. B. Einsparen von Zeit, Energie, Material, Hilfs-, Verbrauchs-, Betriebsstoffen, Steigerung der Qualität der Produkte und Dienstleistungen, Reduzierung von Fehlern und Ausschuss, Verbesserung des Betriebsklimas, des Kundendienstes und der Kundenzufriedenheit sowie des Unternehmensimages, des Marketings, Erhöhung des Gesundheits- und Umweltschutzes, der Arbeitssicherheit und Verhütung von Unfällen. 632 Arbeit und Arbeitsrecht 11 / 14

Wie viel Lohn muss sein? Zur Orientierung der Beschäftigten sollte man die konkreten Bereiche, die im besonderen Fokus für Optimierungen stehen, beispielhaft nicht abschließend benennen. 3 Wesentliche Elemente eines Ideenmanagements Um das erhebliche Potenzial erfolgreich umzusetzen, ist es empfehlenswert, die Rahmenbedingungen verständlich und transparent schriftlich zu fixieren. In Betrieben ohne Betriebsrat kann dies mittels einer einfachen Richtlinie erfolgen. In solchen mit Arbeitnehmervertretungen bedarf die wirksame Einführung eines Ideenmanagements angesichts der zwingenden Mitbestimmung des Gremiums nach 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung. Zum Vermeiden von Missverständnissen über das Verfahren der Ideenbehandlung und die Belohnung von Ideen bietet sich die Regelung der folgenden Aspekte an: einbezogener Personenkreis, Bereiche/Gebiete der Ideen, Konzeption (ständiges Vorschlagswesen und/oder KVP, Qualitätszirkel), Verfahren, Organisation, Organe, Aufgaben, Anreiz-/Belohnungssystem. Die Vorteile einer solchen systematischen Ausgestaltung liegen zum einen in der kontinuierlichen Anregung von Mitarbeiterideen und zum anderen in der Gewährleistung einer transparenten, nachvollziehbaren, gerechten und gleichmäßigen Behandlung selbiger. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung eines systematischen Ideenmanagements macht es Sinn, dass der Arbeitgeber auf ein je nach Branche (Industrie, Dienstleistung) und Unternehmensgröße weitestmöglich unkompliziertes, schnelles und unbürokratisches Verfahren achtet, da langwierige und starre Prozesse zumeist die Kreativität der Mitarbeiter unterbinden. Die modernen Systeme zur Ideenförderung, -einreichung, -bewertung sind mittlerweile überwiegend software- und intranetbasiert und haben das klassische Vorschlagswesen mit seinen Formularen, starren Entscheidungswegen, Briefkästen, Gremiensitzungen etc. weitgehend abgelöst. Zunehmend kommen auch interaktive Technologien als Ideenplattformen zum Einsatz, in denen die Mitarbeiter ihre Verbesserungsideen dokumentieren, kommentieren, gemeinsam weiterentwickeln und systematisch auswerten können. Ein kontinuierliches Engagement der Geschäftsleitung und der Führungskräfte, eine schnelle Reaktionszeit auf eingebrachte Ideen, eine zeitnahe Umsetzung und Kommunikation erfolgreicher Ideen sowie ein attraktives Anreiz- und Belohnungsmodell sind weitere wesentliche Erfolgsfaktoren für ein funktionierendes Ideenmanagement. Von Dr. Christopher Hilgenstock, RA LL.M., Wellington 2014. XVI, 198 Seiten. Kartoniert 35, ISBN 978-3-406-67243-9 Das neue Mindestlohngesetz bringt zum 1. Januar 2015 den allgemeinen Mindestlohn von 8,50 Euro für ganz Deutschland. Dieses Werk bietet eine kompakte und anschauliche Einführung in das neue Recht. Erläutert sind alle prexisrelevanten Punkte wie die Anwendung des Mindestlohngesetzes auf die einzelnen Beschäftigungsgruppen, Ausnahmen und Sonderregelungen, die Anrechnung von Vergütungsbestandteilen sowie die Haftung des Auftraggebers bei Verstößen. Dargestellt wird auch die Zusammensetzung und Arbeitsweise der Mindestlohnkommision. Der Abdruck des Mindestlohngesetzes sowie der Gesetzes begründung rundet die Darstellung ab. Erhältlich im Buchhandel oder bei: beck-shop.de Verlag C.H.BECK ohg 80791 München bestellung@beck.de Preise inkl. MwSt. 163249 Arbeit und Arbeitsrecht 11 / 14 633

4 Das betriebliche Vorschlagswesen nach BetrVG Ist ein Betriebsrat vorhanden, stellt das BetrVG die wesentliche rechtliche Grundlage für die Einführung eines Ideenmanagements dar. Er hat gem. 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG über die Grundsätze des betrieblichen Vorschlagswesens mitzubestimmen. 87 BetrVG Mitbestimmungsrechte Vorschrift (1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb; 2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage; 3. vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit; 4. Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte; 5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird; 6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen; 7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften; 8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; 9. Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen; 10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung; 11. Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren; 12. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen; 13. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt. (2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Vorschrift 75 BetrVG Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen (1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt. (2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern. Diesen Erfordernissen genügt der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung am besten dadurch, dass er für die Behandlung von Verbesserungsvorschlägen ein geordnetes System und eine Organisation zur Verfügung stellt (BAG, Beschl. v. 28.4.1981 1 ABR 53/79, BAGE 35, S. 205). Zum betriebsverfassungsrechtlichen Begriff des betrieblichen Vorschlagswesens gehören alle Systeme und Methoden, durch die Vorschläge der Mitarbeiter zur Vereinfachung und Verbesserung der betrieblichen Arbeit angeregt, gesammelt, ausgewertet und belohnt werden (ErfK/Kania, BetrVG, 87 Rdnr. 129). Betriebsverfassungsrechtlich wird für den Begriff Idee konkretisierend der Begriff des Verbesserungsvorschlags verwendet, worunter jede Anregung technischer, kaufmännischer, sozialer und organisatorischer Art verstanden wird, die darauf gerichtet ist, den Ist- Zustand des Betriebs zu verbessern. Bloße Kritik oder Problembeschreibungen ohne konkret umsetzbare Lösungsvorschläge sind danach noch keine relevanten Verbesserungsvorschläge (Fitting, BetrVG, 87 Rdnr. 539 f.). Nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen die dienstlichen Verbesserungsvorschläge, d. h. solche, die ein Arbeitnehmer aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung (z. B. als Mitarbeiter des Qualitätsmanagements, der Forschungs- und Entwicklungsabteilung) zu erbringen hat. Mitbestimmt sind insofern nur die freien Verbesserungsvorschläge, die Beschäftigte freiwillig über ihre Arbeitspflicht hinaus erbringen und die eine zusätzliche Leistung darstellen (BAG, Urt. v. 20.1.2004 9 AZR 393/03). Verbesserungsvorschlag Definition Verbesserungsvorschläge i. S. d. 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG sind jede freien, über die Arbeitspflicht hinausgehenden Ideen, Anregungen technischer, sozialer, kaufmännischer oder organisatorischer Art, die bei ihrer Umsetzung eine Verbesserung des betrieblichen Ist-Zustands bewirken würden. Die Einführung eines systematischen Ideenmanagements kann nur gemeinsam mit dem Betriebsrat erfolgen. Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, die Behandlung der betrieblichen Verbesserungsvorschläge so zu gestalten, dass diese für die Arbeitnehmer durchschaubar werden. Es dient dem Mitarbeiterschutz, indem es die Berücksichtigung ihrer Initiativen und Leistungen ordnet, durchschaubar macht und damit dazu beiträgt, dass sie insoweit gleichmäßig und nach Recht und Billigkeit ( 75 BetrVG) behandelt werden. Der Einleitungssatz des 87 Abs. 1 BetrVG begrenzt die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung besteht. Abschließende tarifliche Regelungen zum Vorschlagswesen sind nicht weit verbreitet. Jedoch enthält das Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG) abschließende Vorschriften für Erfindungen, die patent- oder gebrauchsmusterfähig nach 2 ArbnErfG sind. Für Erfindungen i. S. d. ArbnErfG betreffende Mitarbeitervorschläge besteht mithin keine Regelungskompetenz der Betriebsparteien. 634 Arbeit und Arbeitsrecht 11 / 14

Für einfache technische Verbesserungsvorschläge ist nach 3, 20 Abs. 2 ArbnErfG die Regelungsbefugnis für die Tarifparteien und die Betriebsparteien eröffnet. Bei qualifiziert technischen Verbesserungsvorschlägen besteht nach 3, 20 Abs. 1 ArbnErfG eine abschließende Regelung i. S. d. 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG nur hinsichtlich der Vergütung, so dass diesbezüglich die Mitbestimmung gesperrt ist. Für alle anderen Regelungen ist die Mitbestimmung eröffnet (vgl. Fitting, BetrVG, 87 Rdnr. 542 ff.). Jetzt 3 Ausgaben gratis testen! 20 ArbnErfG Technische Verbesserungsvorschläge Vorschrift (1) Für technische Verbesserungsvorschläge, die dem Arbeitgeber eine ähnliche Vorzugsstellung gewähren wie ein gewerbliches Schutzrecht, hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf angemessene Vergütung, sobald dieser sie verwertet. Die Bestimmungen der 9 und 12 sind sinngemäß anzuwenden. (2) Im übrigen bleibt die Behandlung technischer Verbesserungsvorschläge der Regelung durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung überlassen. Digitales Mini-Abo im kostenfreien Download 5 Initiativrecht des Betriebsrats Die Errichtung eines betrieblichen Vorschlagswesens beruht in der Praxis nicht selten auf der Initiative des Betriebsrats. Nach der Rechtsprechung steht dem Gremium auch bei der Einführung eines betrieblichen Vorschlagswesens d. h. bereits bei der Frage des Ob ein Initiativrecht zu, sobald für eine allgemeine Regelung ein Bedürfnis besteht (BAG v. 28.4.1981, a. a. O.). Der Betriebsrat hat hier nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob eine betriebliche Regelung zum Schutz der Mitarbeiter sinnvoll ist. Ein Bedürfnis wird regelmäßig dann vorliegen, wenn bereits in der Vergangenheit wie bei den meisten Unternehmen Mitarbeitervorschläge angenommen und umgesetzt wurden. Bei der Einführung spielt es auch keine Rolle, ob mit der Organisation Kosten verbunden wären oder das Unternehmen keine finanziellen Mittel zur Verfügung stellen will (BAG v. 28.4.1981, a. a. O.). Da der Betriebsrat im Regelfall die Errichtung eines betrieblichen Vorschlagswesen notfalls über den Spruch einer Einigungsstelle erzwingen kann, sollten Arbeitgeber spätestens bei einer Initiierung durch das Gremium mit diesem gemeinsam ein maßgeschneidertes Ideenmanagement ausgestalten. Ob hingegen der Arbeitnehmervertretung auch ein Mitbestimmungsrecht bei der Frage über das Ob der Einführung von dem weiteren Bestandteil eines modernen Ideenmanagements, dem KVP oder bei sonstigen Qualitätszirkeln und Kreativteams zusteht, ist um stritten (vgl. für ein Mitbestimmungsrecht: DKKW-Klebe, BetrVG, 87 Rdnr. 364; gegen eine generelle Mitbestimmung: GK-Wiese, BetrVG, 87 Rdnr. 1021). Nach unserer Ansicht ist richtigerweise wie folgt zu differenzieren: Dem Betriebsrat steht bei der Frage der Einführung eines während der Arbeitszeit stattfindenden KVP kein Mitbestimmungsrecht zu. Er kann die Einführung eines KVP nicht erzwingen, da diese während der Arbeitszeit der organisatorischen Unternehmerfreiheit unterliegt. Hat der Arbeitgeber die Entscheidung zur Einführung eines KVP getroffen, greift sodann das Mitbestimmungsrecht über die Grundsätze des betrieblichen Vorschlagswesens ein, da auch im Rahmen des KVP regelmäßig freie und keine dienstlichen Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden. Gratis-Download hier: www.arbeit-und-arbeitsrecht.de/ digitale-magazin-ausgaben-gratis Das digitale Mini-Abo enthält die aktuellen 3 Ausgaben der Zeitschrift Arbeit und Arbeitsrecht. Arbeit und Arbeitsrecht 11 / 14 635

6 Reichweite der Mitbestimmung Neben der Einführung bezieht sich das Mitbestimmungsrecht auf die Aufstellung von Grundsätzen, d. h. auf die allgemeinen Regelungen zur Durchführung des betrieblichen Vorschlagswesens. Angesichts dieser Beschränkung ist eine Beteiligung des Betriebsrats bei den konkreten Ausführungen des Ideenmanagements im Einzelfall grundsätzlich nicht notwendig. Zu den mitbestimmungspflichtigen Grundsätzen gehören Fragen hinsichtlich des einbezogenen Personenkreises (alle Mitarbeiter, bestimmte Gruppen), der Bereiche/Gebiete der Ideen (Definition der Verbesserungsvorschläge), des Verfahrens (Einzelheiten zum Einreichungs-, Bewertungs-, Entscheidungs- und Beschwerdeprozess, d. h. in welcher Form, bei wem, Fristen), der Bewertungsgrundlagen, -kriterien und -methoden, der Organisation (z. B. Aufbauorganisation, Vorgesetzten-Modell, zentrales Modell, gemischtes Modell) und der Organe, deren Zusammensetzung und Aufgaben (z. B. Ideenmanager, Beauftragter, [paritätisch besetzte] Bewertungskommission, Gutachter) (vgl. BAG v. 28.4.1981, a. a. O.; Beschl. v. 16.3.1982 1 ABR 63/80, BB 1983, S. 963). Bezüglich der konkreten personellen Besetzung der Organmitglieder besteht hingegen kein Mitbestimmungsrecht. Ferner sind die Annahme eines Verbesserungsvorschlags, dessen Begutachtung und Bewertung im Einzelfall sowie dessen Verwertung mitbestimmungsfrei. Diese Entscheidungen trifft allein der Arbeitgeber (BAG v. 16.3.1982, a. a. O.). Unternehmen können frei entscheiden, ob sie einen Vorschlag annehmen und tatsächlich umsetzen. Diese Freiheit sollte man im Regelfall auch nicht in einer Betriebsvereinbarung einschränken, so dass z. B. einem etwaig vorgesehenen Bewertungsausschuss nur ein Vorschlagsrecht eingeräumt werden sollte. 7 Mitbestimmung bei Anreiz- und Belohnungssystemen Ein erfolgreiches Ideenmanagement lebt von der möglichst kontinuierlichen Einbringung neuer Ideen. Neben dem Engagement von Führungskräften und bspw. regelmäßigen Kreativzeiten, Ideen-Workshops stellt ein attraktives Belohnungssystem ein zentrales Element dar, um Anreize zu schaffen. Betriebsverfassungsrechtlich unterliegt die Entscheidung, ob und in welcher Höhe überhaupt Mittel zur Prämierung von Verbesserungsvorschlägen zur Verfügung gestellt werden, nicht der erzwingbaren Mitbestimmung (BAG v. 16.3.1982, a. a. O.). Zu beachten ist, dass nach der Rechtsprechung unabhängig vom Bestehen eines betrieblichen Vorschlagswesens und dem Bereitstellen von Mitteln Arbeitnehmer einen individualrechtlichen Anspruch auf eine angemessene Vergütung für tatsächlich vom Arbeitgeber verwertete freie Verbesserungsvorschläge haben, wenn sie ihm einen nicht unerheblichen Vorteil bringen (BAG, Urt. v. 20.1.2004 9 AZR 393/03). Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich regelmäßig, eine rechtssichere und angemessene Prämienregelung in eine Betriebsvereinbarung mit aufzunehmen. Vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sind hingegen die Grundsätze der Prämienbemessung erfasst, d. h. die Methoden der Berechnung, die anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe, die Grundsätze über Art und Höhe einer Prämie sowie Regelungen über die Verteilung bei Gruppenvorschlägen oder über die Ermittlung des Nutzens eines Verbesserungsvorschlags. Eine Regelung, nach welcher eine Prämie einen bestimmten Prozentsatz vom Jahresnutzen eines Vorschlags betragen soll, lässt sich hingegen nicht erzwingen. Auch über die konkrete Bewertung eines Verbesserungsvorschlags und die konkrete Vergütungshöhe im Einzelfall entscheidet der Arbeitgeber allein. Schließlich kann das Gremium nicht erzwingen, dass für nicht verwendete Verbesserungsvorschläge eine Anerkennungsprämie zu zahlen ist (vgl. BAG v. 28.4.1981, a. a. O.; v. 16.3.1982, a. a. O.). 8 Mögliche Gestaltung eines Anreiz- und Belohnungssytems Zur Förderung des Ideenflusses und zur Belohnung von Ideen beinhalten moderne Anreiz- und Belohnungssysteme zwei Komponenten: eine immaterielle Komponente in Form von Anerkennungen und eine materielle Komponente in Form von z. B. Geldprämien, Sachbezügen, bezahltem Sonderurlaub oder sonstigen Aufmerksamkeiten. Eine explizite immaterielle Anerkennung für eine wertvolle Idee ist für die Mitarbeitermotivation angesichts der damit zum Ausdruck gebrachten Wertschätzung nicht zu unterschätzen und sollte stets Bestandteil eines Belohnungssystems sein. Beispiele Als Anerkennungsformen kommen etwa Urkunden, ausdrückliches Lob der Geschäftsführung, Veröffentlichung der verwerteten Ideen unter namentlicher Nennung des Ideengebers am schwarzen Brett oder im Intranet, Bezeichnungen als Idee des Monats, Kreativ-Team des Monats etc. in Betracht. Sämtliche immaterielle Anerkennungen entfalten zeitnah vorgenommen und kommuniziert am besten ihre Wirkung. Neben der Anerkennungskomponente enthält der Großteil der Ideenmanagementsysteme eine materielle Komponente zur Belohnung. Weit verbreitet sind hier vor allem Prämiensysteme, welche je nach Budget, Branche, Unternehmensgröße und -kultur differenziert ausgestaltet sind. Häufig wird bei der Prämierung zwischen verwerteten und nicht verwerteten Ideen und zwischen Ideen mit rechnerisch messbaren und rechnerisch nicht messbaren finanziellen Vorteilen unterschieden: Bei rechnerisch ermittelbaren finanziellen Vorteilen (bspw. Einsparen von Material, Energie, Zeit oder Gemeinkosten) berechnet man die Prämie oft anhand eines bestimmten Prozentsatzes der zu erwartenden Jahresnettoersparnis. Für verwertete Ideen ohne errechenbaren finanziellen Nutzen (z. B. Verbesserungen des Arbeits- oder Gesundheitsschutzes, Arbeitsbedingungen, Mitarbeiterzufriedenheit) wird die Höhe häufig in das Ermessen des Unternehmens gestellt oder nach abgestuften Richtwerten (z. B. geringer, mittlerer oder hoher Nutzen) und diesen zugeordneten Fixbeträgen oder nach Punkten bemessen. 636 Arbeit und Arbeitsrecht 11 / 14

Interessant in diesem Zusammenhang kann die Nutzung der monatlichen Freigrenze des 8 Abs. 2 Satz 11 EStG für steuer- und sozialabgabenfreie Sachbezüge i. H. v. derzeit 44 Euro in Form von Gutscheinen sein. Vorteilhaft hierbei ist, dass die Belohnung einer Idee mittels eines Sachbezugs in Form einer Gutscheinkarte bei den Mitarbeitern zu einem höheren Nettonutzen im Vergleich zu einer entsprechenden Brutto-Prämienzahlung führt und zugleich die Unternehmensliquidität schont. Mittlerweile existieren zahlreiche Gutscheinkartensysteme, die die Möglichkeit einer variablen Wiederaufladung der Karte, eines Ansparens und das Einkaufen in verschiedensten Geschäften vorsehen. Je nach der bspw. mittels eines Punktesystems ermittelten Prämienhöhe kann etwa eine kleine, nicht messbare und verwertete Idee monatlich i. H. v. bis zu 44 Euro und eine gute, nicht verwertete Idee i. H. v. 20 Euro prämiert werden. Größere Ideen könnte man bei Nutzung des derzeitigen Freibetrags für Sachbezüge mit bis zu 528 Euro im Jahr prämieren, wobei die Auszahlung dann auf 12 Monate zu jeweils 44 Euro aufzuteilen wäre. Zu beachten ist, dass sämtliche Sachbezüge eines Arbeitnehmers nur innerhalb der monatlichen Freigrenze von 44 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei sind, so dass man im Vorfeld zwingend eruieren muss, welche weiteren Sachbezüge die Beschäftigten bereits erhalten. Zur Vermeidung von unliebsamen steuerlichen Nachteilen ist stets eine abschließende steuerrechtliche Prüfung einschließlich der jeweils aktuellen Höhe der Sachbezugsfreigrenze erforderlich. Um die Belegschaft für die Ideeneinbringung nachhaltig zu aktivieren, gibt es zunehmend freiwilig auch Anerkennungsprämien für nicht umgesetzte Verbesserungsvorschläge. Bei der Gestaltung solcher aktivierender Prämien sollten Arbeitgeber ausdrücklich klarstellen, dass auch diese nur für echte, freie Verbesserungsvorschläge und nicht nur für bloße Kritik, und bis zur Höhe eines maximal festgelegten Pauschalbetrags gezahlt werden können. Auf eine rechtssichere und ausgewogene inhaltliche Gestaltung einer Prämienregelung in einer Betriebsvereinbarung ist besonderes Augenmerk zu legen. Man sollte dort die genauen Voraussetzungen, die Berechnungsgrundsätze für die Prämienarten sowie die Höchstgrenzen detailliert regeln. 9 Fazit Richtig und modern ausgestaltete Ideenmanagement-Systeme finden bei allen Beteiligten große Akzeptanz. Sie können erheblichen wirtschaftlichen und motivierenden Nutzen bringen. Zu beachten ist, dass die Einführung nur gemeinsam mit dem Betriebsrat erfolgen kann. Bei der Ausgestaltung einer Betriebsvereinbarung ist auf ein an die jeweiligen unternehmensspezifischen Belange angepasstes unkompliziertes, schnelles und unbürokratisches Verfahren sowie auf ein faires und transparentes Anreiz- und Belohnungssystem besonderer Wert zu legen. Cartoon Thomas Plaßmann Arbeit und Arbeitsrecht 11 / 14 637