SGB II (Hartz IV)-Ratgeber 2014



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Transkript:

SGB II (Hartz IV)-Ratgeber 2014 von Martin Staiger, Esslingen 1

Inhalt I. Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II ( 7-9 SGB II) 3 II. Die Bedarfsgemeinschaft ( 7, 9 SGB II) 4 III. Die Vermögensfreigrenzen ( 12 SGB II) 5 Grundfreibetrag und Anschaffungsfreibetrag 5 Freibeträge für die Altersvorsorge 6 Nicht zu berücksichtigende Vermögensgegenstände 7 IV. Der Bedarf 7 1. Die Regelbedarfe ( 20, 23 SGB II) 8 2. Bedarfe für Unterkunft und Heizung ( 22 SGB II) 8 3. Die Mehrbedarfe ( 21 SGB II) 13 4. Zuschüsse zu Versicherungsbeiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung ( 26 SGB II) 15 V. Die Anrechnung von Einkünften ( 11, 11a, 11b SGB II, 6 Arbeitslosengeld II-Verordnung) 17 VI. Einmalige Leistungen ( 24 SGB II) 28 VII. Rückzahlung von Darlehen und weitere Rückforderungen ( 42a, 43 SGB II) 30 VIII. Leistungen für Bildung und Teilhabe ( 28 SGB II) 32 IX. Sanktionen bei Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen ( 31, 31a, 31b, 32 SGB II) 34 X. Vergünstigungen 36 1. Befreiung von Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung ( 62 SGB V) 36 2. Befreiung von den Rundfunk- und Fernsehgebühren 37 3. Befreiung von den Kostenbeiträgen für Kindertageseinrichtungen oder Tagespflege ( 90 SGB VIII) 37 4. Freiwillige Leistungen der Kommunen 37 XI. Der Rechtsweg 38 2

I. Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II ( 7-9 SGB II) Ob Sie Arbeitslosengeld II (Alg II) erhalten oder nicht, hängt von verschiedenen Voraussetzungen ab. Das erste Kriterium ist die so genannte Hilfebedürftigkeit. Sie gelten dann als hilfebedürftig, wenn Sie Ihren Bedarf durch Ihre eigenen Einkünfte oder die Einkünfte der mit Ihnen in Bedarfsgemeinschaft ( S. 4) Lebenden nicht decken können und Ihr Vermögen gewisse Grenzen nicht überschreitet. Zu den Einnahmen gehören auch Zuwendungen von Angehörigen und andere Sozialleistungen, die gegenüber den Leistungen nach Sozialgesetzbuch II vorrangig sind (z.b. Unterhalt, Arbeitslosengeld I, Wohngeld, Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss). Um Arbeitslosengeld II zu erhalten, müssen Sie erwerbsfähig sein. Als erwerbsfähig gelten Sie, wenn es Ihr Gesundheitszustand zulässt, dass Sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein können und wenn Sie mindestens 15 und höchstens 65 Jahre und 3 Monate alt sind. Die obere Altersgrenze wird sich in den nächsten Jahren stetig erhöhen. Sie steigt 2015 auf 65 Jahre und 4 Monate. Um Arbeitslosengeld II erhalten zu können, müssen Sie außerdem Ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Besonderheiten gelten für in 7, Abs. 1, Satz 2 SGB II definierte Migrantengruppen. So erhalten zum Beispiel Migrantinnen und Migranten, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, kein Arbeitslosengeld II. Im Zweifelsfall sollten Sie sich beraten lassen! Anspruchsvoraussetzungen Schließlich erhalten Sie Arbeitslosengeld II nur auf Antrag. Den Antrag stellen Sie bei dem für Ihren Aufenthaltsort zuständigen Jobcenter. Sie können den Antrag grundsätzlich auch bei jeder anderen Sozialleistungsbehörde stellen. In einigen Landkreisen ist es so geregelt, dass die Gemeinden Ihren Antrag entgegennehmen. 3

Bedarfsgemeinschaft II. Die Bedarfsgemeinschaft ( 7, 9 SGB II) Bei der Beurteilung der Frage, ob Sie Arbeitslosengeld II erhalten, wird immer die gesamte Bedarfsgemeinschaft betrachtet. Zur Bedarfsgemeinschaft (BG) gehören folgende Personen: erwerbsfähige Leistungsberechtigte (zwischen 15 und 65 + 3 Monate; mindestens drei Stunden am Tag erwerbsfähig) der/die nicht dauernd getrennt lebende Ehepartner/ Ehepartnerin der/die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner/Lebenspartnerin (nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz) der/die nicht gesetzlich angetraute im gleichen Haushalt lebende Partner/Partnerin (unter gewissen Voraussetzungen) die im Haushalt lebenden unverheirateten Kinder unter 25 (soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst erwirtschaften können) 7, Abs. 3, Ziffer 1 SGB II 7, Abs. 3, Ziffer 3a) SGB II 7, Abs. 3, Ziffer 3b) SGB II 7, Abs. 3, Ziffer 3c) Abs. 3a SGB II 7, Abs. 3, Ziffer 4 SGB II Wenn Sie mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin weder nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch noch nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verheiratet sind, bilden Sie dennoch unter gewissen Voraussetzungen eine BG. Die Voraussetzungen sind dann erfüllt, wenn nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser wechselseitige Wille wird vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. 4 Eine Vermutung ist jedoch keine Gewissheit. Und so gibt es zu der Frage, ob unter unverheiratet Zusammenlebenden eine BG besteht, umfangreiche Rechtsprechung. Eine vertiefende Information hierzu finden Sie im Leitfaden Arbeitslosengeld II, Hrsg. Arbeitslosenprojekt TuWas ( S. 40). Aus der Konstruktion der BG ergeben sich auch verfassungsrechtliche Pro-

Vermögensfreigrenzen bleme. Zieht zum Beispiel ein erwerbstätiger Mann zu seiner nicht erwerbstätigen und auf Alg II-Leistungen angewiesenen Partnerin und deren Kind, wird spätestens nach einem Jahr vermutet, dass die drei eine BG bilden. Dass der Mann mit seinem Einkommen auch für das Kind seiner Partnerin aufkommen muss, obwohl er nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht unterhaltspflichtig ist, lässt sich kaum nachvollziehen. Dennoch hat das Bundessozialgericht die Rechtmäßigkeit dieser Vorschrift bestätigt. Wenn Sie ein Kind haben, das seinen Lebensunterhalt selbst erwirtschaften kann, gehört Ihr Kind nicht zur BG. Wenn ein Kind über das Kindergeld hinausgehende Einnahmen hat, sollte deswegen bei der Bedarfsberechnung der Bedarf des Kindes zunächst gesondert berechnet werden ( S. 25). Wenn eines Ihrer im Haushalt lebenden Kinder schwanger ist oder ein unter sechsjähriges Kind betreut, bildet es (mit seinem Kind) eine eigene BG. III. Die Vermögensfreigrenzen ( 12 SGB II) Leistungen nach Sozialgesetzbuch II werden nur erbracht, wenn die in 12 bestimmten Vermögensfreigrenzen nicht überschritten werden. Grundfreibetrag und Anschaffungsfreibetrag Jedes Mitglied einer BG hat einen Grundfreibetrag von 150 pro vollendetem Lebensjahr, mindestens jedoch 3.100. Wenn Sie in einer Partnerschaft leben, wird Ihr Vermögen und das Ihres Partners/Ihrer Partnerin zusammengerechnet und der Summe Ihrer Vermögenfreibeträge gegenübergestellt. Beispiel: Partner 1 (40 Jahre alt) besitzt ein Vermögen von 9.000, das Vermögen von Partner 2 (38 Jahre alt) beläuft sich auf 1.200. Der gemeinsame Grundfreibetrag beträgt 40 x 150 + 38 x 150 = 11.700. Die Summe des Vermögens in 5

Vermögensfreigrenzen Höhe von 10.800 liegt unter diesem Betrag und steht einem Bezug von Arbeitslosengeld II nicht im Wege. Eine Übertragung der Grundfreibeträge für Erwachsene auf ihre Kinder oder von Kindern auf ihre Eltern ist jedoch nicht zulässig. Jedes Mitglied der BG hat darüber hinaus einen Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750. Der Anschaffungsfreibetrag wird für die gesamte BG zusammengerechnet und dem Vermögen gegenübergestellt. Bei Kindern ohne eigenem Vermögen können die Anschaffungsfreibeträge also den Eltern zugerechnet werden und umgekehrt. Beispiel: In einer dreiköpfigen BG besitzt der Vater (40) kein Vermögen, das Vermögen der Mutter (40) beträgt 7.000, das Kind besitzt 5.000. Die Eltern haben einen bei weitem nicht ausgeschöpften Grundfreibetrag in Höhe von 12.000 (40 x 150 + 40 x 150). Das Vermögen des Kindes überschreitet jedoch seinen Grundfreibetrag von 3.100. Da die Eltern ihren Grundfreibetrag nicht ausgeschöpft haben, können ihre beiden Anschaffungsfreibeträge auf das Kind übertragen werden. Der Gesamtfreibetrag des Kindes beträgt damit: Grundfreibetrag 3.100 + Anschaffungsfreibetrag Kind 750 + vom Vater übertragener Anschaffungsfreibetrag 750 + von der Mutter übertragener Anschaffungsfreibetrag 750 Gesamtfreibetrag 5.350 6 Läge das Vermögen des Kindes über 5.350, bekäme es keine Leistungen und müsste von seinem Vermögen leben. Wenn das Vermögen bis zu einem Betrag von 5.350 aufgebraucht wäre, bekäme es Leistungen. Freibeträge für die Altersvorsorge In einen Riester-Rentenvertrag eingezahltes Geld ist in voller Hohe geschützt. Andere (Versicherungs-)Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, sind nur dann bis zur Höhe von 750 pro Lebensjahr geschützt, wenn Sie mit der Versicherung unwiderruflich vereinbart haben, dass Ihnen von dem angesparten

Vermögen vor Eintritt in den Ruhestand nichts ausbezahlt werden darf. Eine Kapitallebensversicherung, die vor Ablauf der Laufzeit gekündigt oder beliehen werden kann, genügt dieser Vorschrift nicht. Für eine solche Versicherung gelten die Bestimmungen des Grundfreibetrages. Bedarf Nicht zu berücksichtigende Vermögensgegenstände Nicht zu berücksichtigen ist u.a. angemessener Hausrat, ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der BG lebende erwerbsfähige Person sowie eine angemessene selbst genutzte Eigentumswohnung. Was angemessen ist, ist vom Einzelfall abhängig. Es gilt folgende Faustregel: Für einen 1-Personenhaushalt in einer Eigentumswohnung sind 60 qm angemessen. Für jede weitere Person kommen 20 qm hinzu. (Für Mietwohnungen gelten dagegen die wohnungsrechtlichen Bestimmungen der Länder. Die von Bundesland zu Bundesland verschiedenen Werte sind geringer [45 50 qm für einen 1-Personenhaushalt, 15 qm für jede weitere Person]). Bei Fahrzeugen liegt die Angemessenheitsgrenze bei einem Wert von 7.500. Vermögensgegenstände, deren Verwertung unwirtschaftlich ist, müssen nicht verwertet werden. So wird nach den Fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit ( Internetadresse S. 40) bei einer Kapitallebensversicherung erst im letzten Fünftel der Laufzeit geprüft, ob sie beliehen werden muss oder nicht. IV. Der Bedarf Liegt Ihr verwertbares Vermögen unter den Grenzen des 12 SGB II, sollten Sie zunächst Ihren Bedarf nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches II berechnen. Es wird zwischen laufendem Bedarf und einmaligen Bedarfen unterschieden. Der laufende Bedarf setzt sich zusammen aus den Regelbedarfen und den Bedarfen für Unterkunft und Heizung. Hinzu kommen eventuell Mehrbedarfe und Kosten der Versicherungsbeiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung. 7

Bedarf Bei der Berechnung des Bedarfes ist immer der Bedarf der gesamten BG zu berücksichtigen. 1. Die Regelbedarfe ( 20, 23 SGB II) Die Regelbedarfe werden in 20 SGB II folgendermaßen definiert: Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben Sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Folgende Regelbedarfe gelten im Jahr 2014: Alleinstehende, Alleinerziehende, Leistungsberechtigte mit minderjährigem 391 Partner Volljährige Partner innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft je 353 18 bis 24-jährige (auch bis 24-jährige, die ohne Zusicherung 313 des Jobcenters umziehen) 14 bis 17-jährige 295 6 bis 13-jährige 260 0 bis 5-jährige 226 8 2. Bedarfe für Unterkunft und Heizung ( 22 SGB II) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. So lautet der erste Satz des Paragraphen 22, in dem die Höhe der zu übernehmenden Wohnkosten geregelt ist. Der Begriff Unterkunft ist weit auszulegen. Mietwohnungen, auch selbstgenutztes Wohneigentum, eine Obdachlosenunterkunft, ein Zimmer in einer Pension oder ein Wohnwagen sind Unterkünfte im Sinne des SGB II (nicht jedoch ein Zelt). Die laufenden Bedarfe der Unterkunft und Heizung setzen sich zusammen aus der Kaltmiete, den kalten Betriebskosten (Wasser, Abwasser, Müllabfuhr,

Unterkunftsbedarf Grund steuer, Gebäudeversicherung, Gartenpflege, Allgemeinstrom ) und den Kosten für Heizung und Warmwasserbereitung. Ebenfalls zu den Bedarfen der Unterkunft gehören eventuelle Zuschläge, die gelegentlich, zum Beispiel für Möblierung, einen Kfz-Stellplatz oder Gebühren für Kabelfernsehen erhoben werden. Sind diese oder ähnliche Zuschläge unabtrennbarer Bestandteil des Mietvertrages, gehören sie zu den Bedarfen der Unterkunft und Heizung. Gibt es zum Beispiel für einen Kfz-Stellplatz einen separaten Vertrag, gehört dieser nicht zum Unterkunftsbedarf. Angemessenheit Ob die Kosten angemessen sind, bemisst sich zunächst an der Kaltmiete. Fast überall gibt es nach Größe der Bedarfsgemeinschaften gestaffelte Angemessenheitsgrenzen. Liegt Ihre Kaltmiete innerhalb dieser Grenzen, wird sie in voller Höhe übernommen. Liegt sie darüber, wird sie zu Beginn des Arbeitslosengeld II-Bezuges für bis zu sechs Monate in voller Höhe übernommen. Während (oder spätestens nach) dieser Frist erhalten Sie in diesem Fall eine Aufforderung, die Kosten zu senken und Ihre Bemühungen um eine Kostensenkung nachzuweisen. Gelingt weder eine Kostensenkung noch der Nachweis der Bemühungen, wird nur noch der angemessene Teil der Kaltmiete übernommen. Der unangemessene Teil wird auch dann weiter übernommen, wenn Sie trotz kontinuierlicher und konsequenter Suche nach einer angemessenen Wohnung keine finden und dies dem Jobcenter nachvollziehbar dokumentieren. Falls das Jobcenter Ihnen mitteilt, dass Ihre Mietkosten unangemessen sind, sollten Sie sich von einer Sozialberatungsstelle oder einem Rechtsanwalt/einer Rechtsanwältin beraten lassen. Bei Wohneigentum prüft das Jobcenter, ob die Finanzierungskosten im Rahmen des Angemessenen liegen. Berücksichtigt werden nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes in aller Regel nur die Schuldzinsen. Den Tilgungsanteil der Kreditrate müssen Sie separat aufbringen. Die kalten Betriebskosten Die kalten Betriebskosten werden in aller Regel in voller Höhe anerkannt. Bitte achten Sie darauf, über alle kalten Nebenkosten beim Jobcenter Nachweise einzureichen. Wenn Sie zur Miete wohnen, sind meist die gesamten kalten Be- 9

Unterkunftsbedarf triebskosten in der Nebenkostenvorauszahlung an Ihren Vermieter enthalten. Unter Umständen haben Sie jedoch auch weitere Nebenkosten, die nicht mit der Betriebskostenvorauszahlung abgedeckt sind. So haben viele Mieter einen eigenen Vertrag mit ihrem Abfallwirtschaftsbetrieb, manche bezahlen auch Wasser bzw. Abwasser separat. Reichen Sie auch diese Nachweise beim Jobcenter ein. Werden Ihre Betriebskosten nicht in voller Höhe übernommen, sollten Sie Widerspruch einlegen ( Rechtsweg, S. 38). Wenn Sie in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus wohnen, müssen Sie sehr viele Belege beim Jobcenter einreichen (z.b. Nachweise über Kosten für Kaltwasser/Abwasser, Bescheid über Müllgebühren, Grundsteuerbescheid, Nachweise über Gebäudeversicherungen, Nachweis über die Höhe des Hausgeldes etc.). Auch Kosten für erforderliche Reparaturen und Aufwendungen für die Instandhaltung werden bei Wohneigentümern auf Antrag übernommen. Kosten für Heizung und Warmwasserbereitung Kosten für Heizung und Warmwasserbereitung werden, sofern ein regelmäßiger Abschlag an den Vermieter oder das Energieversorgungsunternehmen bezahlt werden muss, in der Regel in voller Höhe anerkannt. Etwas anders sieht es aus, wenn Sie Ihren Brennstoff, zum Beispiel Öl, Kohle oder Holz, selbst kaufen müssen. Für diese Fälle haben viele Jobcenter jährliche Obergrenzen festgelegt. Die Festsetzung pauschaler Obergrenzen ist jedoch nicht zulässig. Sollte Ihr Jobcenter Ihren Brennstoffbedarf nicht in voller Höhe anerkennen, sollten Sie deshalb Widerspruch einlegen ( Rechtsweg, S. 38). Die Übernahme der Kosten für Heizung und Warmwasserbereitung darf nur nach einer Kostensenkungsaufforderung und wenn tatsächlich verschwenderisches Heizverhalten nachgewiesen werden kann, eingeschränkt werden. Sofern Ihre Heizkosten, ohne dass vom Jobcenter ein Kostensenkungsverfahren eingeleitet wird, nicht in voller Höhe anerkannt werden, sollten Sie gegen diese Entscheidung Widerspruch einlegen. 10