Stand: Dezember 2010 Wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Tätigkeiten I. Steuerliche Abgrenzung von Forschungsvorhaben 1. Überblick über die steuerliche Abgrenzung der Forschung von sonstigen Tätigkeiten an Hochschulen Steuerlich wird im Bereich der Forschung unterschieden zwischen der hoheitlichen Eigenbzw. Grundlagenforschung, der Auftrags- oder Ressortforschung und den Tätigkeiten ohne Forschungscharakter. Die Eigen- bzw. Grundlagenforschung begründet aufgrund ihres hoheitlichen Charakters weder eine Körperschaftsteuerpflicht noch eine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft. Es handelt sich um nichtwirtschaftliche Tätigkeiten. Auftragsforschung und Tätigkeiten ohne Forschungscharakter stellen keine hoheitlichen Tätigkeiten dar, da diese der Hochschule nicht eigentümlich und vorbehalten sind. Diese Tätigkeiten sind wirtschaftliche Tätigkeiten und begründen unter den weiteren Voraussetzungen des 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) einen Betrieb gewerblicher Art und die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft im Sinne des 2 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UstG). Die Auftragsforschung der Hochschule ist von der Körperschaftsteuer befreit. Nicht von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sind: die auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse gerichteten Tätigkeiten die Übernahme von Projektträgerschaften wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungscharakter. Diese unterliegen der Körperschaftsteuer und auch der Gewerbesteuer, wenn die Tätigkeiten in Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt werden. Ungeachtet der im Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuergesetz vorgesehenen Befreiungen unterliegen jedoch auch die Leistungen im Bereich der Auftrags- und Ressortforschung der Umsatzsteuer mit der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs. 2. Abgrenzung der Bereiche 2.1 Grundlagen- bzw. Eigenforschung Die Grundlagen- bzw. Eigenforschung ist steuerlich betrachtet als hoheitliche Tätigkeit anzusehen, soweit die Ergebnisse erkennbar der Allgemeinheit zugute kommen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ergebnisse zeitnah veröffentlicht werden. Zahlungen an die Hochschule, die in Zusammenhang mit Forschungsprojekten und auf der Grundlage der folgenden Bestimmungen erfolgen, führen im Regelfall nicht zu einer entgeltlichen Auftrags- bzw. Ressortforschung:
2 a. Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-GK), Anlage 3 der VV zu 44 BHO b. Besondere Nebenbestimmungen für Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98) c. Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung auf Kostenbasis (ANBest-P-Kosten), Anlage 4 der VV zu 44 BHO d. Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen Förderung (AN- Best-I), Anlage 1 der VV zu 44 BHO e. Finanzstatut für Forschungseinrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.v. (FinSt-HZ) Hinweis: Im Einzelfall ist dennoch zu prüfen, ob durch zusätzliche Auflagen des Zuwendungsgebers ein Leistungsaustausch und damit auch eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des 4 Abs. 1 KStG begründet wird. Dies kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Tätigkeiten zu den Ressortaufgaben des Zuwendungsgebers gehören. Als Indiz hierfür können folgende Auflagen gelten: Vorbehalt von Verwertungsrechten Zustimmungsvorbehalte des Zuwendungsgebers für die Veröffentlichung der Ergebnisse Fachliche Detailsteuerung durch den Zuwendungsgeber. 2.2 Verwertung von Forschungsergebnissen Durch die Novellierung des 42 Arbeitnehmererfindungsgesetz ist es den Hochschulen seit 2002 ermöglicht worden, Erfindungen ihrer Mitglieder schutzrechtlich zu sichern und wirtschaftlich zu verwerten. Nach derzeitiger Sicht der Finanzverwaltung stellt die Verwertung von Forschungsergebnissen in der Gestalt, dass entsprechende Patente oder Lizenzen einem Dritten entgeltlich überlassen werden, eine vermögensverwaltende und daher sowohl ertrag- als auch umsatzsteuerlich nicht relevante Tätigkeit dar. In diesem Zusammenhang sollte jedoch auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 15. April 2010 hingewiesen werden, wonach dem Begriff der Vermögensverwaltung umsatzsteuerlich für die Unternehmerstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts keine Bedeutung zukommt. 2.3 Auftrags- bzw. Ressortforschung Erhält eine Hochschule im Rahmen einer, in der Regel auf privatrechtlicher Grundlage vereinbarten, Auftrags- oder Ressortforschung Zahlungen eines Dritten (Private oder die öffentliche Hand), wobei sich der Dritte in irgendeiner Form Exklusivrechte für die Verwertung einräumen lässt, so handelt es sich um wirtschaftliche Tätigkeiten, die insbesondere bei Überschreiten der 30.678 -Grenze zu einem Betrieb gewerblicher Art führen. Indizien für eine "private" Auftragsforschung sind neben dem Vorbehalt von Exklusivrechten insbesondere folgende Merkmale: Der Auftrag entspricht gezielt den Interessen des Drittmittelgebers Die Hochschule übernimmt einen nach Art und Umfang genau beschriebenen Forschungs- und Entwicklungsauftrag.
3 2.4 Nicht ertragsteuerlich begünstigte Tätigkeiten Tätigkeiten ohne Forschungscharakter sind von den Steuerbefreiungen des Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuergesetzes ausgenommen. Dies bedeutet, dass diese Tätigkeiten sowohl der Ertrags-, als auch der Umsatzbesteuerung unterliegen. Tätigkeiten ohne Forschungscharakter sind insbesondere solche, die der Weiterentwicklung bzw. der Verfeinerung von Forschungsergebnissen oder der Entwicklung und Vermarktung marktfähiger Produkte dienen, bzw. die sich als schlichte Beratungstätigkeit unter Vorgabe individueller und konkreter Zielsetzungen darstellen. Weiter ist nicht begünstigt die Übernahme der Projektträgerschaft, z.b. die Planung und administrative Betreuung von Forschungsvorhaben. 2.5 Abgrenzung der unterschiedlichen steuerlichen Sphären Die Abgrenzung der Bereiche `Eigenforschung - Auftrags-/Ressortforschung - ertragsteuerlich nicht begünstigte Tätigkeiten` erweist sich in der Praxis oft als schwierig. Vor diesem Problem steht auch die Finanzverwaltung, die mit einer Vielzahl unterschiedlicher Tätigkeiten auf den Gebieten unterschiedlicher Forschungsdisziplinen konfrontiert ist. Es hat sich in der Praxis als hilfreich erwiesen, durch die verantwortlichen Wissenschaftler/innen Expertisen anfertigen zu lassen, aus denen sich ergibt, ob es sich um eine auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse gerichtete Forschungstätigkeit oder um die Anwendung gesicherter Erkenntnisse handelt. Im Allgemeinen folgen die Finanzbehörden diesen Einschätzungen auch für steuerliche Zwecke. 3. Beurteilungseinheit Betrieb gewerblicher Art" Umsatzsteuerpflichtig sind die Hochschulen insbesondere, soweit sie Leistungen aus ihren Betrieben gewerblicher Art erbringen. Deshalb kommt der Beurteilung, ob - unter Berücksichtigung insbesondere der Umsatzgrenze der jeweiligen Einrichtung - ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, auch für die Folgerungen hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht erhebliche Bedeutung zu. Bezüglich der Beurteilungseinheit, auch hinsichtlich der Umsatzgrenze von 30.678 Jahresumsatz, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Die Finanzverwaltung hat sich in der Verfügung der Oberfinanzdirektion Rheinland vom 29.09.2009 zu dieser Frage wie folgt geäußert: Als organisatorische Einheit, für die die jeweilige Umsatzgrenze zu prüfen ist, ist im Falle der Auftragsforschung regelmäßig darauf abzustellen, ob an der Hochschule Fachbereiche bzw. Institute eingerichtet wurden. Bei der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe gilt als kleinste organisatorische Einrichtung das Institut. Entsprechend ist daher auf den jeweiligen Jahresumsatz des einzelnen Instituts abzustellen, den dieses aus der Gesamtheit der Auftragsforschung erzielt. II. Hinweise des Hochschulausschusses der Kultusministerkonferenz zur Unterscheidung im Sinne des Gemeinschaftsrahmens Seit 2007 ist in der EU mit dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation die grundsätzliche Privilegierung von nicht gewinnorientierten Hochschul- und Forschungseinrichtungen weggefallen. Hochschulen unterliegen somit dem Beihilferecht. Die staatliche Finanzierung von wirtschaftlicher Tätigkeit unterfällt dem Beihilfeverbot, während die staatliche Finanzierung der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zulässig ist.
4 Infolgedessen müssen die Hochschulen beide Tätigkeitsformen in Bezug auf Kosten und Finanzierung eindeutig voneinander trennen, um Quersubventionierungen zu vermeiden. Der Gemeinschaftsrahmen geht davon aus, dass keine unzulässige Subvention vorliegt, wenn Marktpreise oder Entgelte auf der Grundlage einer kostendeckenden Kalkulation zzgl. Gewinnzuschlag verlangt werden. Von einer Kostendeckung des Forschungsvorhabens kann dabei nur in bestimmten Fällen abgesehen werden, wenn ein überwiegendes Interesse der Hochschule im Sinne des 41 Abs. 5 Satz 2 Landeshochschulgesetz (LHG) besteht. Dies gilt auch für Kooperationen mit Unternehmen sowie für Auftragsforschung. Die staatliche Finanzierung der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit einer Einrichtung, die sowohl wirtschaftliche als auch nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, fällt nicht unter das Beihilfeverbot, wenn die beiden Tätigkeitsformen und ihre Kosten und Finanzierung eindeutig voneinander getrennt werden können. Als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten sind die folgenden Hauptaufgaben von Hochschulen zu werten: - die Ausbildung von mehr und besser qualifizierten Humanressourcen - die unabhängige Forschung und Entwicklung, auch im Verbund, zur Erweiterung des Wissens und des Verständnisses - die Verbreitung der Forschungsergebnisse. Die wirtschaftliche Tätigkeit von Hochschulen erschließt sich über die Definition der nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten und bezieht sich auf die Ausübung von Nebenaufgaben der Hochschulen, z.b.: - Vermietung von Infrastruktur - Dienstleistungen für gewerbliche Unternehmen - Auftragsforschung. Als Vorschlag für ein Prüfschema sind folgende Prüffragen zu stellen: 1. Ist für das Produkt oder die Leistung ein Markt vorhanden? Gibt es Mitbewerber? 2. Für wen wird die Leistung erbracht? Für wen entsteht ein Nutzen? (Sobald die Leistungen für die Mitglieder der Hochschule erbracht werden, gelten sie als nichtwirtschaftliche Tätigkeit.) Grundsätzlich ist dort, wo Angebote sich in Konkurrenz zu anderen Angeboten befinden (insbesondere von privaten Anbietern), Markt und damit eine wirtschaftliche Tätigkeit anzunehmen.
5 Beispiele für die Einordnung typischer Leistungen von Hochschulen Lehre Ausbildung ( education ) Fortbildung ( further education ) Weiterbildung ( continual education ) Sonstige Arten von Bildung Lehre, Schulung oder Studium für einen künftigen Beruf Bildung, Schulung im Rahmen des zur Zeit ausgeübten Berufs Aktivitäten zur Erhaltung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten bzw. die Anpassung an die Entwicklung in einem Beruf, der zur Zeit nicht ausgeübt wird Nichtwirtschaftliche Tätigkeit Wirtschaftliche Tätigkeit 1 Wirtschaftliche Tätigkeit 1 Wirtschaftliche Tätigkeit Forschung Nichtwirtschaftlicher Bereich - die unabhängige FuE, auch im Verbund, zur Erweiterung des Wissens und des Verständnisses - die Verbreitung der Forschungsergebnisse - Kooperative Forschung, auch gemeinsam mit Unternehmen, wenn die Forschungsergebnisse frei zugänglich sind - Technologietransfer (z.b. Lizenzierung, Gründung von Spin-offs), sofern - interner Natur und - alle Einnahmen in die Haupttätigkeit der Forschungseinrichtung investiert werden. Wirtschaftlicher Bereich Auftragsforschung für Dritte, d.h. Forschungstätigkeit für Unternehmen (=Auftraggeber) - bei angemessenem Entgelt - Auftraggeber legt Konditionen für Dienstleistung fest Weitere Indizien - Auftraggeber erhält Rechte an Forschungsergebnissen - Auftraggeber trägt Risiko des Scheiterns Sonstige Dienstleistungen Nichtwirtschaftlicher Bereich Wirtschaftlicher Bereich Keine Beispiele. - Vermietung von Infrastruktur - Dienstleistungen für gewerbliche Unternehmen 1 Die Einordnung der wissenschaftlichen Fort- und Weiterbildung von Hochschulen als wirtschaftliche Tätigkeit wird differenziert gesehen. Es wird empfohlen, bei Angeboten der wissenschaftlichen Weiterbildung von Hochschulen dann, wenn die Zielgruppe beispielsweise Studierende oder die eigenen Hochschulangehörigen sind, von nichtwirtschaftlicher Tätigkeit auszugehen. In allen anderen Fällen sollte die wissenschaftliche Weiterbildung von Hochschulen der wirtschaftlichen Tätigkeit zugeordnet werden.