Zentrales Datenmanagement als übergreifendes Controllinginstrument der Grundwassersanierung Dipl.-Geol. Katharina Jankowicz, Dipl.-Geol. Axel Lutz, Tauw GmbH 1. Einführung Seit 1995 wird im Ökologischen Großprojekt Industriegebiet Spree (im Folgenden ÖGP) ein regionales Grundwassermonitoring mit anfänglich 61 Messstellengruppen durchgeführt. Das Überwachungsmessnetz des Großprojektes ist zwischenzeitlich auf rund 560 Messstellengruppen mit 1.150 Einzelpegeln angewachsen. Mit diesem Instrument wird die Überwachung der Grundwasserbeschaffenheit zwischen ehemaligen Eintragsflächen und den Rezeptoren (Brunnengalerien, Wasserwerke) ermöglicht. Die bei den halbjährlich durchgeführten Monitorings erhobenen Daten werden kontinuierlich in einer Datenbank erfasst. Die Erfassung beschränkte sich bis 2003 / 2004 jedoch auf die Ergebnisse des übergeordneten Grundwassermonitorings (regionale Trennung in Los 1 und Los 2), da die Datenverwaltung aus den standortspezifischen Maßnahmen (zusätzlich 500 Messstellengruppen mit 1.100 Einzelpegeln) in unterschiedlicher Weise durch die jeweiligen Projektmanager (im Folgenden PM) erfolgte. Für übergreifende Betrachtungen (z.b. Planung und/oder Kontrolle hydraulischer Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen) wurden daher in der Vergangenheit bei Bedarf die Daten aus unterschiedlichen Projekten punktuell zusammengefasst und für die weitere Bearbeitung vorbereitet. Besonders im Rahmen von Planungen und Steuerungsleistungen in den Transferpfadbereichen entstand ein wachsender Bedarf an kurzfristig verfügbaren Daten, die unterschiedliche Teilprojekte berücksichtigen. Als Beispiel für eine grundstücksunabhängige und übergreifende Betrachtungsweise eines Schadensfalls in einem Transferpfad können die festgestellten Eintragsbereiche für LCKW und FCKW im Bezirk Oberschöneweide genannt werden. In diesem Fall konnten zwei Grundstücke (Samsung, TGS) als Quellbereiche für Grundwasserbelastungen durch LCKW und ein weiterer Standort (Steffelbauerstraße) als Eintragsbereich für FCKW festgestellt werden. Bedingt durch die geographische Nähe der Standorte zueinander sowie den Förderbetrieb der Fassungen des Wasserwerks Wuhlheide (Westgalerie) haben sich zwei Schadstofffahnen ausgebildet, die sich bereits innerhalb der Grundstücksgrenzen überlagern (siehe Abb. 1). Abstromig werden auch Standorte durch die Kontaminanten durchströmt, auf denen nur untergeordnet ein zusätzlicher Eintrag erfolgt ist (BAE). Um auch in diesem Fall eine kurzfristige Bewertung der Belastungssituation zu ermöglichen und eine effiziente Steuerung der auf den Grundstücken TGS und Steffelbauerstraße sowie der in den Transferpfadbereichen betriebenen Grundwasserreinigungsanlagen zu gewährleisten, ist in jedem Fall der Zugriff auf die Daten aus den Grundwassermonitorings der Einzelgrundstücke sowie des übergeordneten Monitoringteils Los 1B erforderlich. Dieser Zugriff wurde durch die Erstellung der Datenbank PC-Nord bereits wesentlich vereinfacht.
Legende WW Wuhlheide TGS BAE Steffelbauerstr. Sp re e Samsung Abbildung 1: Darstellung standortübergreifende und überlagernde Grundwasserverunreinigungen TSG 3, Los 1B Um eine überschlägige Abschätzung von Sanierungszeiträumen vornehmen zu können, wurde in 2007 eine Schadstofftransportmodellierung unter Berücksichtigung der Wirkung mikrobiologischer Abbauprozesse durchgeführt. Auch hier hat sich die bestehende Datenbank mit Angaben zur Grundwasserbeschaffenheit und der Hydrodynamik auf den Grundstücken wie in dem Transferpfad zur Westgalerie des Wasserwerks Wuhlheide bewährt. 2. Ziele Das maßgebliche Ziel sämtlicher Maßnahmen im ÖGP stellt die Beseitigung von Gefährdungen für das Schutzgut Grundwasser, hier den Zustrom auf die Wasserfassungen der Wasserwerke Wuhlheide und Johannisthal, dar. Zu diesem Zweck wurden auf der Grundlage umfangreicher Erkundungsmaßnahmen an verschiedenen Stellen des ÖGP Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen aufgenommen.
Diese umfassen neben klassischen pump and treat Maßnahmen auch Ölphasenabsaugungen, mikrobiologische Grundwassersanierungen und Bodenaustauschmaßnahmen. Von außerordentlicher Bedeutung für die zielgerichtete Planung, die Steuerung und Optimierung sowie die Kontrolle der Nachhaltigkeit hydraulischer Maßnahmen ist die kurzfristige Verfügbarkeit belastbarer Ergebnisse von Grundwasseruntersuchungen. Ziel des Datenmanagements stellt somit die effiziente Erfassung von Daten aus unterschiedlichen Quellen und die Bereitstellung von Datengrundlagen unter Berücksichtigung wechselnder Anforderungen dar. Das Datenmanagement kann dadurch als übergreifendes Controllinginstrument der Grundwassersanierung genutzt werden. 3. Randbedingungen Ein wesentliches Kennzeichen des ÖGP ist neben dem großen Umfang des Messstellennetzes v. a. die Vielzahl der Altlastengrundstücke, auf denen nach Abschluss umfangreicher Erkundungsmaßnahmen Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen geplant und umgesetzt wurden. Deren Sicherungswirkung und die Nachhaltigkeit des Sanierungserfolgs ist durch anschließende (Nachsorge-)Monitorings periodisch zu prüfen. Um die Komplexität des ÖGP zu verdeutlichen, wurden in der nachfolgenden Tabelle 1 die wichtigsten Größen zusammengefasst. Grundstücke Grundwassermessstellen (-gruppen) PC-Nord 12 ÖGP: 450 (180) Standorte: 600 (300) PC-Süd 11 ÖGP: 690 (280) Standorte: 510 (200) Messwerte Datenbank Analytik Sicherungs-/ Sanierungsmaßnahmen gesamt (davon aktiv) 250.000 Transferpfade: 5 (3) Standorte: 7 (3) 350.000 Transferpfade: 1 (1) Standorte: 7 (5) Sonstiges - lfd. Bodensanierungen - horizontierte Beprobungen Grundwasser Tabelle 1: Zusammenfassung Randbedingungen 4. Aktuelle Situation Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgt durch die Projektcontroller Nord und Süd eine separate Datenerfassung aus dem übergreifenden Grundwassermonitoring, den standortbezogenen Maßnahmen sowie den Sicherungs-/ Sanierungsmaßnahmen unter Verwendung des gleichen Datenmanagementsystems. Die Pflege einer gemeinsamen Datenbank ist derzeit nicht zwingend erforderlich, da bedingt durch die Lage der Altlastengrundstücke und die vorherrschenden hydrodynamischen Verhältnisse (Lage Vorflut Spree, Wirkung Fassungen Wasserwerke Wuhlheide und Johannisthal) eine gegenseitige Beeinflussung zwischen den
Bereichen nördlich und südlich der Spree nicht zu erwarten ist. Aufgrund der weitgehend identischen Datenstruktur ist es jedoch möglich, übergreifende Betrachtungen anzustellen, wie dies mit der Übersichtskarte zu der Grundwasserbeschaffenheit, basierend auf den Ergebnissen der Beprobungskampagne Mai 2007, nachgewiesen wurde. Durch SenGesUmV (Landesgeologie) wird daneben eine Datenbank betrieben, in die anhand einer Vielzahl von Grundwassermessstellen die Daten zur Beobachtung der allgemeinen Grundwasserbeschaffenheit erfasst werden. Für die Datenerfassung und -verwaltung auf Basis einer Datenbank im Format MS Access bzw. Oracle ist in beiden Fällen die Software GeODin im Einsatz. Die Kartenerstellung erfolgt unter Verwendung der GIS-Software ArcView / ArcGIS. Zur effizienten Durchführung des Grundwassermonitorings wurden als Funktionalitäten des verwendeten Datenbanksystems (Dokumentenverwaltung, Layout) die Erstellung von Messstellenkarten vorgenommen. Folgende Informationen werden in den Unterlagen messstellenspezifisch zusammengestellt und den Laboren oder anderen Projektbeteiligten sowohl digital als pdf-dokumente als auch als Ausdrucke zur Verwendung im Feld zur Verfügung gestellt (s. Messstellenkarte in Abbildung 2): Bohrprofil, Ausbauplan GWMS, Koordinaten Höhe / Lage Vorgaben Probenahme im Rahmen Umsetzung Ringraumkonzept (Förderrate, -dauer, - menge) Zeitreihen Grundwasserstände und Konzentrationsverläufe ausgewählter Kontaminanten Foto Grundwassermessstelle mit Umfeld Lageplan Grundwassermessstelle
Seite 1 Seite 2 Abbildung 2: Muster Messstellenkarte Ende April 2008 konnte nach intensiven Abstimmungen innerhalb SenGesUmV (Abteilung Altlasten, vertreten durch den PC und die Landesgeologie) die Erstellung eines gemeinsamen Aufschlusstypen realisiert werden. Dieser bildet die Grundlage für eine weitere Zusammenführung der Datenbanken PC-Nord / PC-Süd und der Datenbank Geo (SenGesUmV, Landesgeologie, siehe Abschnitt 6). 5. Datenbankstruktur 5.1 Datentypen
In nachstehender Aufstellung sind die für das ÖGP relevanten Datentypen zusammengefasst, die in geeigneter Form in die Datenbank aufgenommen werden müssen: Aufschlüsse Aufschlussbohrungen (Schichtenverzeichnisse) Ausbaudaten Grundwassermessstellen und Brunnen Koordinaten der Messpunkte (Lage und Höhe) Fotodokumentationen von z. B. GWMS Lagepläne Für die Erfassung der Schichtenverzeichnisse und Ausbaudaten der GWMS steht den ausführenden Bohrunternehmen eine funktionsreduzierte und kostenfreie Version der Software GeODin zur Verfügung. Alternativ besteht auch die Möglichkeit des Imports von Daten im Format SEP3. Messwerte Grundwasseruntersuchungen /-monitoring (Analytik, Probenahme) Daten aus dem Betrieb von hydraulischen Sicherungs-/Sanierungsmaßnahmen (z. B. Analytik Roh-/ Reinwasser, Fördermengen) Ergebnisse aus der Durchführung von in-situ Erkundungen und aus der horizontierten Beprobung des Grundwassers Stichtagsmessungen der Grundwasserstände Ergebnisse bohrlochgeophysikalischer Untersuchungen Um eine möglichst effektive Datenerfassung aus o. g. Maßnahmen zu erzielen, wurden shuttle-dateien auf der Basis von MS Excel entwickelt, die im Vergleich zur Möglichkeit der direkten Eingabe in die verwendeten Datenbanksysteme eine größere Akzeptanz durch die Labore und Projektmanager erfahren haben. Die Dateien bieten zum einen die Möglichkeit zur Berechnung der abzupumpenden Wasservolumina (Umsetzung Ringraumkonzept gemäß DVWK-Merkblatt 245/1997), der Darstellung des Beprobungs-/ Analysenumfangs für die jeweilige Beprobungskampagne sowie die Eingabe der Werte aus der Probenahme und den Ergebnissen der laboranalytischen Untersuchungen. Die Daten können anschließend, ggf. nach Übersendung durch die PM, nach geringfügigen Vorbereitungen direkt in die Datenbank importiert werden. 5.2 Datenerfassung und -nutzung Entsprechend den in dem vorangegangenen Abschnitt aufgeführten Datentypen sind an der Datenerfassung und Datenbankpflege folgende Stellen mit unterschiedlichen Aufgaben beteiligt: Datenbereitstellung/ -erfassung Labore Bohrunternehmen Vermessungsbüros Geophysik Datenaufbereitung Projektmanager Projektcontroller Datennutzer, Bewertung Projektmanager
Projektcontroller Ordnungsbehörden Bauunternehmen (Tiefbau) Betreiber Wasserwerke Betreiber Grundwasserreinigungsanlagen In der folgenden Abbildung 3 finden sich o. g. Beziehungen graphisch aufgearbeitet, wobei zwischen Datenerzeugung (Pfeil in Richtung Datenbank) und Datennutzung (Pfeil von Datenbank ausgehend) unterschieden wird. Tiefbaumaßnahmen Planung Durchführung Grundwassermonitoring Modellrechnungen übergreifende Bewertung Grundwasserbeschaffenheit zentrale Datenbank Errichtung Grundwassermessstellen und Brunnen Betrieb und Steuerung hydr. Sicherungs-/ Sanierungsmaßnahmen Betriebsweise Fassungen Wasserwerke Datenerzeugung/ -nutzung wesentlich sekundär untergeordnet Abbildung 3: Darstellung Funktionen Datenbanknutzung Um die Beziehungen der Projektbeteiligten weiter zu verdeutlichen, werden diese in dem nachfolgenden Flussdiagramm an dem Beispiel der Planung, Durchführung und Auswertung von Grundwassermonitorings visualisiert. Die Pfeile symbolisieren dabei den Datenfluss von der Datenerzeugung zur Datenbank.
zentrale Datenbank (perspektivisch) Import der Daten, Export mit spez. Kriterien PC/ PM- Nord Koordination PC/ PM -Süd Plausibilitätsprüfung Datenübermittlung PM (23 Standorte) Datenerfassung in shuttle-datei 23 Labore (erfolgreiche Teilnehmer Ringversuch BAM) Probenahme/ Analytik, Datenerzeugung übergreifendes Grundwassermonitoring (Los 1A/B, Los 2A/B) Grundwassermonitorings standortbezogen (ÖGP/ 60:40) Abbildung 4: Datenfluss Grundwassermonitoring 6. Ausblick Mit der Erstellung des gemeinsamen Aufschlusstypen (GeODin) wurden die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusammenführung der Daten aus dem ÖGP mit denen der Landesgeologie geschaffen. In einem weiteren Schritt ist zunächst der detaillierte Abgleich der Datenbestände geplant, in dessen Rahmen z. B. die Datensätze doppelt geführter Lokationen vereinigt werden müssen. Weiterhin muss eine Arbeitsroutine entwickelt werden, durch die eine kurzfristige Synchronisierung der dezentral geführten Datenbanken PC-Nord und PC-Süd mit der zentralen Datenbank möglich wird. Perspektivisch sind auch Möglichkeiten zu prüfen, inwieweit ein Datenmanagement ausschließlich auf der Grundlage der Datenbank Geo unter Beachtung datenschutzrechtlicher Aspekte realisiert werden kann.