FRAGE 73. Rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung des Musterschutzes
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- Rolf Weiner
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1 FRAGE 73 Jahrbuch 1982/III, Seite 164 Geschäftsführender Ausschuss und Präsidentenrat von Moskau, April 1982 Q73 FRAGE Q73 Entschliessung Die IVfgR 1. bestätigt die Bedeutung des Musterschutzes sowohl auf nationaler wie internationaler Ebene, da dieser Schutz die schöpferische Tätigkeit und den Wettbewerb anregt, und stellt fest, daß diese Bedeutung noch im Steigen begriffen ist; 2. entscheidet, das Studium dieser Frage auf der Grundlage des Zusammenfassenden Berichts, des Berichts des Arbeitsausschusses und der Erörterung während der Sitzung des Geschäftsführenden Ausschusses fortzusetzen, und beauftragt den Arbeitsausschuß, in Verbindung mit dem Generalberichterstatter einen Fragebogen aufzustellen, der den Landesgruppen zugeschickt wird, deren Antworten einen Zusammenfassenden Bericht für den Pariser Kongreß ermöglichen sollen. * * * * * * * * * 1
2 FRAGE 73 Jahrbuch 1984/I, Seiten Kongress von Paris, Mai 1983 Q73 FRAGE Q73 Entschliessung Aufgrund des Beschlusses des Geschäftsführenden Ausschusses von Moskau, der Berichte der Landesgruppen und des Zusammenfassenden Berichts betreffend die Frage 73 (Jahrbuch 1983/III): I. Die IVfgR stellt fest, daß in praktisch allen vertretenen Ländern ein doppelter Schutz der Muster und Modelle durch Urheberrechts- und Spezialgesetzgebung vorherrscht. Dieser Doppelschutz ist indessen mit einigen Unzulänglichkeiten behaftet, namentlich - die Rechtsunsicherheit von Dritten wegen der fehlenden Hinterlegungsverpflichtung im Urheberrecht; - die für Muster und Modelle übermäßig lang erscheinende Schutzdauer des Urheberrechts. Die IVfgR erachtet es als notwendig, daß die Länder diese Unzulänglichkeit des doppelten Schutzes beseitigen. Dies könnte durch eine spezielle Regelung für die Muster und Modelle innerhalb des Urheberrechts erfolgen. Eine derartige Klärung des doppelten Schutzes, wie auch die Fragen der technischen Zeichnungen und der dreidimensionalen Reproduktion sollten durch die IVfgR weiter untersucht werden. II. Nationales Recht Die IVfgR vertritt die Auffassung, daß der Schutz der Muster und Modelle mittels einer besonderen Gesetzgebung neben dem Urheberrecht und dem Wettbewerbsrecht bestimmte Vorteile aufweist. Sie hält es daher für wünschenswert, daß jedes Land eine besondere Gesetzgebung für den Schutz von Mustern und Modellen vorsieht und 2
3 empfiehlt, daß die Länder zur Vereinheitlichung der unterschiedlichen nationalen Gesetzgebungen folgende Regeln einführen: 1. Schutzgegenstand a) Die anläßlich des Kongresses der IVfgR in Tokio formulierte Definition des Gegenstandes des Muster- und Modellschutzes soll beibehalten werden: Als gewerbliches Muster oder Modell kann das Aussehen eines gewerblichen Gegenstandes geschützt werden, wobei dieses Aussehen unter anderem aus einem Zusammenwirken von Linien oder Farben, aus der Form des Gegenstandes selbst oder seiner Verzierung herrühren kann. Der Ausdruck gewerblicher Gegenstand ist im weitesten Sinne zu verstehen und soll auch handwerkliche Produkte umfassen. b) Vom spezialgesetzlichen Schutz der Muster und Modelle sollen Gegenstände ausgeschlossen sein, deren Merkmale ausschließlich technisch bedingt sind. 2. Neuheit a) Die Neuheit ist Gültigkeitsvoraussetzung für die Muster und Modelle. Es ist eine absolute, das heißt zeitlich und räumlich unbeschränkte Neuheit erforderlich. b) Jedoch soll dem Urheber eine Schonfrist von sechs Monaten gewährt werden, innerhalb welcher er sein Muster oder Modell trotz vorheriger Bekanntgabe hinterlegen kann. 3. Formalitäten a) Es ist ein einfaches und billiges Hinterlegungsverfahren mit rascher Veröffentlichung vorzusehen. b) Es kann entweder der Gegenstand selbst oder seine Abbildung hinterlegt werden. c) Die Hinterlegung soll bei einer zentralen staatlichen Behörde erfolgen. d) Es soll keine materielle Prüfung stattfinden. e) Sammelhinterlegungen sollen zulässig sein, wenn ein gewisser Zusammenhang zwischen den hinterlegten Gegenständen besteht. f) Eine versiegelte Hinterlegung während einer kurzen Zeitdauer, die aber mindestens ein Jahr betragen soll, soll möglich sein. g) Die Veröffentlichung der Hinterlegung soll eine Darstellung des Schutzgegenstands enthalten. h) Es soll die Klassifikation von Locarno angewendet werden, jedoch ohne daß dadurch der Schutzumfang des Muster- und Modellschutzes eingeschränkt wird. i) Auf die Hinterlegung darf, muß aber nicht auf den nach dem Muster oder Modell hergestellten Produkten hingewiesen werden. 3
4 4. Art und Umfang des Muster- und Modellschutzes a) Das Recht am Muster oder Modell ist exklusiv und schließt jede Benutzung aus, die nicht durch den Schutzrechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung erfolgt. b) Es handelt sich um ein Monopolrecht, das jede gewerbliche Benutzung durch Dritte verbietet, auch wenn diese das hinterlegte Muster oder Modell nicht kannten. c) Eine unzulässige Nachahmung liegt dann bereits vor, wenn die wesentlichen Merkmale des Musters oder Modells übernommen worden sind. d) Eine Nachahmung soll zivilrechtlich und allenfalls strafrechtlich wirksam unterbunden werden können. e) Die Hinterlegung schafft eine widerlegbare Gültigkeitsvermutung für das Muster oder Modell. f) Eine Nichtnutzung führt nicht zum Untergang des Rechts am Muster oder Modell. 5. Schutzdauer Die Dauer des Muster- oder Modellschutzes soll mindestens 15 Jahre betragen, allenfalls aufgeteilt in mehrere Schutzperioden. Wünschenswert wäre eine Schutzdauer, die mindestens derjenigen des Patentrechts entspricht. III. Internationales Recht Revision der Pariser Verbandsübereinkunft. Die IVfgR wünscht eine Verlängerung der Prioritätsfrist von sechs Monaten auf ein Jahr. IV. Die IVfgR beschließt, die Studien hinsichtlich der folgenden Punkte fortzusetzen: 1. Wie können die Unzulänglichkeiten behoben werden, welche in den Ländern mit doppeltem Schutz durch die Anwendung des Urheberrechts auf die gewerblichen Muster und Modelle entstehen? Wie ist namentlich die Frage der technischen Zeichnungen und der danach hergestellten dreidimensionalen Gegenstände zu lösen? 2. Wie kann der internationale Schutz verbessert werden, namentlich durch Änderung des Haager Musterabkommens oder die Schaffung einer neuen internationalen Übereinkunft oder regionaler Schutzsysteme? * * * * * * * * * 4
5 FRAGE 73 Jahrbuch 1985/III, Seiten Geschäftsführender Ausschuss von Rio de Janeiro, Mai 1985 Q73 FRAGE Q73 Entschliessung Nach Erörterung der Resolution des Pariser Kongresses, der nationalen Berichte und des Zusammenfassenden Berichts über die Frage 73 (Jahrbuch 1985/I) I. und in Anbetracht der Vorteile, aber auch der Nachteile, welche der Doppelschutz der Muster und Modelle durch Urheberrecht und Spezialgesetzgebung mit sich bringt, betrachtet es die IVfgR als wünschenswert, dass jene Länder, welche den Doppelschutz kennen, ohne für den Urheberrechtsschutz ein gewisses Mass an schöpferischer Leistung zu verlangen, diesen Schutz wie folgt gestalten: 1. Die urheberrechtliche Gesetzgebung sollte eine spezielle Regelung für die gewerblichen Muster und Modelle schaffen, welche als gewerbliche Objekte im weiteren Sinn zu definieren sind, so dass sie auch die kunstgewerblichen Objekte erfassen. 2. Der Urheberrechtsschutz sollte derartigen Werken für einen verringerten Zeitraum gewährt werden, welcher auf 25 Jahre angesetzt werden könnte. 3. Der spezialgesetzliche Schutz sollte derart gestaltet werden, dass er nicht über den urheberrechtlichen Schutz hinausgeht. 4. Die Übertragung von Urheberrechten erfasst ohne weiteres auch die spezialgesetzlichen Rechte und umgekehrt. Gleichermassen soll eine urheberrechtliche Lizenz auch eine Lizenz für die spezialgesetzlichen Rechte miteinschliessen und umgekehrt. Diese Regeln betreffen nicht das Urheberpersönlichkeitsrecht. II. Die IVfgR, nach Studium der von gewissen Ländern aufgeworfenen Frage zur Beziehung zwischen dem Schutz der technischen Zeichnungen und jenem der danach hergestellten dreidimensionalen Gegenstände, 5
6 1. stellt fest, dass die in gewissen Ländern aufgetauchten Schwierigkeiten aus den Bedingungen entstanden sind, unter welchen die Rechtsprechung das Urheberrecht für den Schutz rein funktioneller Gegenstände anwendet, welche aufgrund technischer Zeichnungen hergestellt wurden, und dass diese Frage auf nationaler Ebene gelöst werden muss; 2. erinnert daran, dass gemäss der vom Pariser Kongress gutgeheissenen Resolution die Zeichnungen mit ausschliesslich durch technische Notwendigkeit bestimmten Merkmalen nicht durch die muster- und modellrechtliche Spezialgesetzgebung geschützt werden sollten; der Schutz durch andere rechtliche Bestimmungen bleibt vorbehalten (z.b. durch Gesetzgebung über den unlauteren Wettbewerb); 3. gibt die folgenden Empfehlungen: eine technische Zeichnung kann als solche durch das nationale Urheberrecht geschützt werden, wenn sie die allgemeinen Voraussetzungen dieses Gesetzes erfüllt. Aber der Schutz einer technischen Zeichnung allein soll nicht dazu führen, dass auch die Herstellung eines danach gestalteten Gegenstandes verboten werden kann, denn dies wäre mit der Gefahr von Konflikten mit den allgemeinen Voraussetzungen der Gesetze über Patente, Gebrauchsmuster sowie Muster und Modelle verbunden. III. Die IVfgR bestätigt die Notwendigkeit eines verbesserten Schutzes der Muster und Modelle auf internationaler Ebene und kommt zu folgendem Ergebnis: 1. Allem voran wird hervorgehoben, dass die Erweiterung und Verbesserung des internationalen Muster- und Modellschutzes durch eine Harmonisierung der nationalen Systeme sehr gefördert würde. Die IVfgR bezieht sich auf jenen Punkt der Resolution des Pariser Kongresses, der ein Statut des Schutzes von Mustern und Modellen vorsieht. 2. Man sollte das Haager Abkommen in seiner neuesten Fassung verbessern (Fassung von 1960, in Kraft getreten 1984), um die Zahl der Mitglieder zu erhöhen. Wege zu dieser Verbesserung, welche sowohl durch Änderung der Übereinkunft selbst wie auch ihrer Anwendungsvorschriften herbeigeführt werden können, sollten in folgenden Richtungen gesucht werden: a) Erhöhung (beispielsweise auf 18 Monate) der Frist, innerhalb welcher die Länder mit Vorprüfung ihre Schutzverweigerung gegenüber Hinterlegungen bekanntmachen können, die im Bulletin der OMPI veröffentlicht wurden; b) Möglichkeit zur formellen Berichtigung gewisser Angaben der Hinterlegung vor der Veröffentlichung; c) Senkung der Gebühren, deren Höhe abschreckend wurde. 3. Unabhängig von der Haager Übereinkunft sind die interessierten Länder eingeladen, die Möglichkeiten zu prüfen, um eine regionale Übereinkunft zu schaffen auf ähnlicher Grundlage wie das Europapatent. 6
7 IV. Das Studium der Frage 73 hat viele Probleme erkennen lassen, die sich aus der Existenz unterschiedlicher Mittel und Systeme für den Schutz gewerblicher Muster und Modelle ergeben, und hat zu der Folgerung geführt, dass eine vertiefte Überprüfung der gesamten Frage unter allen Gesichtspunkten notwendig ist und namentlich ein Studium aller möglichen Schutzsysteme, um die geeignetsten Mittel und Wege zum Schutz der Muster und Modelle zu finden. Deshalb beschliesst die IVfgR, das Studium der Frage fortzusetzen. * * * * * * * * * 7
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