Gewöhnliche Differentialgleichungen/Höhere Mathematik III. PD Dr. Swanhild Bernstein, TU Bergakdemie Freiberg, Wintersemester 2007/08

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3 Inhaltsverzeichnis Kapitel 1. Einfuhrung 5 1. Was ist eine gewohnliche Dierentialgleichung? 5 2. Wo kommen gewohnliche Dierentialgleichungen vor? 6 Kapitel 2. Gewohnliche Dierentialgleichungen 1. Ordnung 9 1. Richtungsfelder 9 2. Euler-Polygonzugverfahren Elementare Integrationsmethoden fur Dierentialgl. 1. Ordnung Trennbare Dierentialgleichungen Lineare Dierentialgleichungen 1. Ordnung Exakte Dierentialgleichungen Losungsverfahren fur exakte Dierentialgleichungen Methode des integrierenden Faktors Integration durch Substitution Explizite Dierentialgleichung Ahnlichkeitsdierentialgleichung Bernoulli-Dierentialgleichung Riccati-Dierentialgleichung Zusammenfassung 32 Kapitel 3. Theorie der Anfangswertaufgaben Existenzsatz von Peano Eindeutigkeit der Losung des AWPs Existenz und Eindeutigkeit Picard-Iteration Stetige Abhangigkeit von den Anfangswerten und der rechten Seite Beispiel Aufgaben zum Nachdenken Newtonsches Abkuhlungsgesetz Wann ist der Kaee kuhler? Newton versus Stefan Zusammenfassung 50 Kapitel 4. Spezielle Dierentialgleichungen 2. Ordnung Lineare Dierentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koezienten Komplexizierung Dierentialgleichungen mit komplexwertigen Funktionen Komplexe e-funktion 55 3

4 4 INHALTSVERZEICHNIS 1.2. Fundamentalsystem fur die homogene lineare Dierentialgleichung Losung der inhomogenen Dierentialgleichung Variation der Konstanten Spezielle Ansatze Lineare mechanische Schwingungen Existenz- und Eindeutigkeitssatz fur Anfangswertprobleme von Dierentialgleichungen 2. Ordnung Fundamentalsystem Dierentialgleichungen vom Typ y = f(x, y ) Dierentialgleichungen vom Typ y = f(y, y ) Anwendung: Nichtlineare Schwingungen ẍ = f(x, ẋ). 72 Kapitel 5. Lineare Dierentialgleichungen n-ter Ordnung Veranderliche Koezienten Homogene Dierentialgleichung mit konstanten Koezienten Inhomogenene lineare Dierentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koezienten 80 Kapitel 6. Losung mittels Potenzreihenansatz Potenzreihenansatz Modizierter Ansatz und Gleichungen 2. Ordnung mit veranderlichen Koezienten 87 Kapitel 7. Systeme von Dierentialgleichungen 1. Ordnung Grundsatzliches Lineare DGL-Systeme Losungsstruktur Losungsmenge des homogenen DGL-Systems Lineare DGL-Systeme mit konstanten Koezienten Hauptvektoren Berechnung von Hauptvektoren Matrix-Exponentialfunktion Allgemeine Losung und Fundamentalsysteme Losungsbasis Das inhomogene lineare DGL-System Eliminationsmethode 117 Kapitel 8. Autonome Systeme Ebene autonome Systeme, die Phasen-DGL Stabilitat Schwingendes Pendel Konkurrierende Spezies Rauber-Beute-Modelle Chaos und seltsame Attraktoren: Lorenz-Gleichungen 138

5 KAPITEL 1 Einführung 1. Was ist eine gewöhnliche Differentialgleichung? Bei einer gewohnlichen Dierentialgleichung ist eine Funktion einer Variablen gesucht im Gegensatz zur partiellen Dierentialgleichung, wo die gesuchte Funktion von mehreren Variablen abhangt. Definition 1. Es seien k N, D R R k+1, G R R k und F : D R bzw. f : G R. Dann heit eine Bestimmungsgleichung fur y = y(x) der Form F (x, y, y, y,..., y (k) ) = 0 (1) in der neben der Variablen x und der gesuchten Funktion y auch deren Ableitung bis zur k-ten Ordnung auftreten, implizite gewohnliche Dierentialgleichung k-ter Ordnung. Hat (1) die spezielle Form y (k) = f(x, y, y, y,..., y (k 1) ), (2) ist also die gewohnliche Dierentialgleichung mit einer geeigneten Funktion f nach der hochsten Ableitung aufgelosbar, so spricht man von einer expliziten gewohnlichen Dierentialgleichung k-ter Ordnung. Beispiel 1. y = xy 2 ist eine explizite DGL erster Ordnung. ist eine implizite DGL 5. Ordnung. (yy (5) ) 2 + xy + ln y = 0 Unter der Losung einer gewohnlichen Dierentialgleichung verstehen wir: Definition 2. Eine k-mal dierenzierbare Funktion y : I R heit (explizite) Losung von (1) bzw. (2) auf dem oenen Intervall I R, wenn fur alle x I gilt: } (x, y(x), y (x),..., y (k) (x)) D und fur F (x, y(x), y (x),..., y (k) (1), (x)) = 0 bzw. } (x, y(x), y (x),..., y (k) (x)) G und y (k) (x) = f(x, y(x), y (x),..., y (k) (x)) 5 fur (2).

6 6 1. EINFUHRUNG 2. Wo kommen gewöhnliche Differentialgleichungen vor? Die grundlegende Frage hier ist, welche Vorgange/Ablaufe der realen Welt lassen sich mit Hilfe von gewohnlichen Dierentialgelichungen beschreiben. Diese " Beschreibung\ stellt dabei im Allgemeinen eine Idealisierung dar, es werden " unwesentliche\ Eekte gegenuber den wesentlichen Eekten vernachlassigt. Insgesamt geht es hierbei also um die mathematische Modellierung. Beispiel 2. Pendelbewegungen konnen durch gewohnliche Dierentialgleichungen 2. Ordnung beschrieben werden. Dabei unterscheidet man je nach Idealisierungsgrad das physikalische und das mathematische Pendel. Die DGL fur das mathematische Pendel ist y + ω 2 y = 0. Allgemeiner ist die gewohnliche Dierentialgleichung, die das sogenannte physikalische Pendel beschreibt: y + 2γy + ω 2 y = 0. Dabei bezeichnet man γ als Dampfungskonstante, da dieser Faktor das Abklingen der Auslenkung des Pendels bewirkt. Bemerkung 1. In vielen Buchern steht anstelle von y usw., der Ausdruck ÿ usw., da Ableitungen nach der Zeit haug durch einen Punkt uber der Funktion anstelle des Strichs dargestellt werden. Weitere mathematische Modelle und ihre Anwendungen: Beispiel 3. Die gewohnliche Dierentialgleichung y = ay, hier ist also die Anderung der Funktion y proportional zum Ist-Zustand der Funktion y, erfasst so verschiedenartige Dinge wie: Radioaktiver Zerfall (Anfangliche) Entwicklung einer Bakterienkultur Luftdruck in Abhangigkeit von der Hohe (Barometrische Hohenformel) Zellwachstum stetige Verzinsung Beispiel 4. Dagegen beschreibt die Dierentialgleichung ay + by + cy = f(x) im Allgemeinen Schwingungsvorgange: Schwingendes Federpendel

7 2. WO KOMMEN GEWOHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN VOR? 7 Schwingung von Atomen und Molekulen Elektromagnetische Schwingkreise aber auch ein Modell zur Diabetis-Erkennung (GTT). Neben Vorgangen, die durch gewohnliche Dierentialgleichungen beschrieben werden konnen, gibt es auch solche, die durch Systeme von gewohnlichen Dierentialgleichungen beschrieben werden. Dazu folgendes Beispiel: Beispiel 5. Das System gewohnlicher Dierentialgleichungen erster Ordnung y 1 = ay 1 by 1 y 2 y 2 = cy 1 y 2 dy 2 beschreibt: (kontinuierliches) Rauber-Beute-Modell Einsatz von Insektenvernichtungsmitteln Zwei Parteien, die unabhangig voneinander existieren, treten in Konkurrenz und schadigen sich gegenseitig. Ein etwas komplizierteres Beispiel ist das folgende System dreier gew ohnlicher Dierentialgleichungen Beispiel 6. Das System y 1 = ay 1 y 2 y 2 = ay 1 y 2 by 2 y 3 = by 2 beschreibt einen Epidemie-Verlauf (z.b. Grippe), dabei bezeichnet y 1 den Anteil der anfallig fur die Krankheit ist, y 2 die Menge der Inzierten (mit oder ohne Symptomen) und y 3 die Menge derer, die immun (geworden) sind, tot sind (und damit auch nicht mehr krank werden konnen) sowie die, die isoliert sind und deshalb nicht krank werden konnen.

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9 KAPITEL 2 Gewöhnliche Differentialgleichungen 1. Ordnung 1. Richtungsfelder Mit einer expliziten Dierentialgleichung 1. Ordnung y = f(x, y), (x, y) D R 2, wird eine in D verlaufende dierenzierbare Kurve y = y(x) gesucht, deren Tangentenanstieg tan ϕ = y (x) in jedem Kurvenpunkt gleich f(x, y) ist. φ 1 φ 2 Zeichnet man in jedem Punkt (x, y) D eine kurze Strecke (ein Linienelement ) mit Steigung tan ϕ = f(x, y), so entsteht das sogenannte Richtungsfeld der Dierentialgleichung. Es ist y = y(x) genau dann eine Losungskurve der Dierentialgleichung, wenn sie eine Feldlinie dieses Richtungsfeldes ist; d.h., wenn in jedem Kurvenpunkt das dort zugeordnete Linienelement tangential verlauft. Die praktische Durchfuhrung wird mit den durch f(x, y) = c, c R, bestimmten Isoklinen des Richtungsfelds erleichtert, denn langs einer Isoklinen haben alle Linienelemente denselben Anstieg c. Hinreichend viele Isoklinen mit zugehorigen Linienelementen vermitteln einen guten optischen Eindruck vom Verlauf der Losungskurven. 9

10 10 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG 2. Euler-Polygonzugverfahren Aus der geometrischen Beschreibung durch Richtungsfelder liest man eine sehr einfache Methode zur naherungsweisen Bestimmung einer Losung direkt ab. Man legt eine positive Schrittweite h fest. Dann startet man " irgendwo\ und geht dann jeweils in der am schon erreichten Punkt vorgegebenen Richtung ein St uck { der Lange h in x-richtung { geradlinig weiter: Durch Vorgabe eines " Startwertes\ (x 0, y 0 ) erhalt man so einen Polygonzug durch die Punkte (x n, y n ), wobei x n := x 0 + nh, y n+1 = y n + f(x n, y n )h, n N Elementare Integrationsmethoden für Differentialgl. 1. Ordnung 3.1. Trennbare Differentialgleichungen. Voraussetzungen: Es seien I 1, I 2 R Intervalle. f : I 1 R stetig und g : I 2 R stetig mit g(y) 0 fur y I 2. Eine trennbare Differentialgleichung hat die Gestalt y (x) = f(x) g(y). Wegen g(y) 0, kann man durch g(y) dividieren: y (x) g(y) = f(x), (3) und integriere gema der Substitutionsregel, dann erhalt man x x 0 η (x) g(η(x)) dx = y y 0 dη g(η) = x x 0 f(ξ) dξ, mit y 0 = η(x 0 ) und y = η(x). (Man uberzeuge sich von der Gleichheit indem man beide Seiten nach x dierenziert und beachte, dass y = y(x) ist.) Ist dy G(y) := g(y) eine Stammfunktion, so ist G(y) = G(y 0 ) + x x 0 f(ξ) dξ. Da g(y) 0 und stetig ist, ist g(y) und damit auch 1 g(y) entweder immer positiv oder immer negativ auf I 2. Daraus folgt, dass die Funktion G(y) entweder streng monoton wachsend oder streng monoton fallend ist, auerdem ist G(y) stetig dierenzierbar. Deshalb ist G als Abbildung I 2 I 3 mit I 3 := G(I 2 ) (I 3 ist die Bildmenge von I 2

11 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 11 unter der Abbildung G.) bijektiv und damit existiert die Umkehrfunktion G 1 : I 3 I 2 stetig dierenzierbar und streng monoton (im gleichen Sinne wie G). Damit erhalt man die Losungsformel y(x) = G 1 (G(y 0 ) + ) f(ξ) dξ x 0 x mit G(y) := dy g(y). (4) Dadurch sind alle Losungen y(x) gegeben, fur die g(y(x)) 0 fur alle x I 1 ist. Ist dagegen g(y 0 ) = 0, so ist y(x) y 0 eine weitere, so genannte singulare Losung. Satz 1. (Existenz und Eindeutigkeitssatz für trennbare Differentialgleichungen) Es seien I 1 und I 2 Intervalle mit x 0 I 1 und y 0 I 2. Weiterhin seien f : I 1 R und g : I 2 R stetige Funktionen. Dann ist das Anfangswertproblem y = f(x)g(y), y(x 0 ) = y 0 lokal eindeutig losbar, wenn a: g(y 0 ) 0 oder b: g(y) L y y 0 in einer Umgebung von y 0 mit einer Konstanten L > 0. Der Beweis zu (a): ergibt sich aus obiger Herleitung, insbesondere (4), (b): ist ein Spezialfall des allgemeinen Existenz- und Eindeutigkeitssatzes (siehe sp ater). Losungsverfahren fur trennbare Dierentialgleichungen: 1. Man bestimme die Nullstellen y k, g(y k ) = 0 von g(y). Dann ist y(x) y k eine (singulare) Losung. 2. Man integriere unbestimmt dy G(y) := g(y) = f(x) dx =: F (x). Die allgemeine implizite Losung lautet dann G(y) F (x) = C = const. Bemerkung 2. Aufgrund der obigen theoretischen Betrachtungen ist die implizite Losung in den Bereichen " zwischen\ den Nullstellen von g(y) (dort ist G(y) invertierbar!) nach y auosbar.

12 12 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Beispiel 7. y = x y, y > 0. Es ist I 1 = R, f(x) = x, g(y) = 1 und nach Voraussetzung I y 2 = (0, ). Dann bestimmen wir die implizite Losung aus y dy = x dx 1 2 y2 = 1 2 x2 + c y 2 + x 2 = C, C 0. Hieraus ergibt sich eine explizite Losung durch Wurzelziehen: y(x) = C x 2 fur x ( C; C). Beispiel 8. y = y. Wir haben I 1 = R, f(x) = 1, g(y) = y und wir mussen eine Fallunterscheidung machen, je nachdem ob y > 0 oder y < 0 sein soll. Auerdem existiert eine partikulare Losung, namlich y = 0, da g(y) = 0 ist fur y = Fall y > 0 : Dann ist y = y und wir haben dy = dx 2 y = x + C 1 2 y x = C 1. y Hieraus ergibt sich eine explizite Losung durch Quadrieren: y = 1 4 (x + C 1) 2, mit x ( C 1 ; ).

13 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG Fall. Analog erhalt man fur y < 0 : y = y und damit dy = dx 2 y = x + C 2. y Auch hieraus ergibt sich die explizite Losung durch Quadrieren: y = 1 4 (C 2 + x) 2 y = 1 4 (C 2 + x) 2 fur x ( ; C 2 ). Wenn man sich einige Losungskurven zeichnet sieht man, dass man die " lokalen\ Losungen fortsetzen kann, d.h. Definition 3. Ist y : I R eine lokale Losung (d.h. fur alle x I erfullt y(x) die Dierentialgleichung und ist hinreichend oft dierenzierbar), dann sucht man ein moglichst groes Intervall J, das I umfasst, und eine Losung ỹ : J R, die auf I mit y ubereinstimmt (ỹ(x) = y(x) fur alle x I). Man sagt dann, ỹ ist eine Forsetzung von y auf J. Bemerkung 3. Diese Fortsetzung muss nicht eindeutig sein. Beispiel 9. Auf diese Weise konnen wir jede Losung des vorigen Beispiels auf die gesamte reelle Achse fortsetzen. Als Gesamtlosung der Dierentialgleichung erhalt man so fur α(= C 2 ) x β(= C 1 ) : y α;β := 1(x 4 α)2, x < α, 0, α x β, 1 4 β)2, x > β. Samtliche Losungen erhalt man hieraus durch Einschrankung. Insbesondere existieren fur a R und jedes Intervall I mit a I unendlich viele Losungen durch den Punkt (a, 0). Diese liegen zwischen den Losungen { 0, x a, y max (x) := 1 (x 4 a)2, x a, und y min (x) := { 1 4 (x a)2, x a, 0 x a. Man spricht in einem solchen Fall gelegentlich von einem " Trichter\ von Losungen. Lokal hat man also keine Eindeutigkeit, obwohl eine explizite Dierentialgleichung vorliegt, ihre rechte Seite stetig ist und diese nur von y abhängt. Ein weiteres Beispiel, dass noch einmal unterstreicht, dass " harmlose\ Dierentialgleichungen kein " einfaches\ Losungsverhalten besitzen mussen.

14 14 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Beispiel 10. y = 1 + y 2. Es ist wiederum I 1 = R, f(x) = 1, g(y) = 1 + y 2, I 2 = R. Es gibt keine partikularen Losungen, da g(y) keine (reellwertigen) Nullstellen besitzt. Wir erhalten dy 1 + y = dx arctan y = x + C. 2 Die Hauptwerte des Arcustangens liegen im Intervall ( π; π ), d.h. 2 2 Arctan : R ( π 2 ; π 2 ), d.h. fur x + C ( π; π ) konnen wir die Umkehrfunktion Tangens anwenden 2 2 und erhalten y(x) = tan(x + C) fur x ( π 2 C; π ) 2 C. Diese Losungen haben individuelle beschrankte maximale Existenzintervalle, die nicht direkt aus der Dierentialgleichung ablesbar sind Lineare Differentialgleichungen 1. Ordnung. Lineare Dierentialgleichungen 1. Ordnung sind von der Form y + a(x)y = f(x), mit auf einem Intervall I erklarten Funktionen a(x) und f(x). Ist f(x) 0, so bezeichnen wir die Dierentialgleichung als homogen, andernfalls als inhomogen. Satz 2. Die vollstandige allgemeine Losung der homogenen linearen Differentialgleichung 1. Ordnung lautet: mit einer Stammfunktion A(x) = a(x) dx. y h (x) = ce A(x), c R, (5) Beweis: Fur y 0 ist die Dierentialgleichung y + a(x)y = 0 trennbar: dy y = a(x)y y = a(x) dx ln y = A(x) + C y = e A(x) e C = c e A(x), wobei A(x) eine Stammfunktion von a(x) ist. Die singulare Losung y = 0 ist in (5) fur c = 0 mit enthalten. #

15 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 15 Deutung: Die Zeitfunktion x(t) beschreibt einen Wachstumsprozess (Anzahl der Individuen, Masse einer Substanz). Wird die relative Anderung x(t) x(t 0 ) x(t 0 ) im Intervall [t 0, t] (mit x(t 0 ) 0 ) auf die Zeiteinheit bezogen: x(t) x(t 0 ) x(t 0 ) t t 0, so fuhrt, das fur t t 0 zur momentanen Anderungsrate x(t) x(t 0 ) 1 a(t 0 ) := lim = ẋ(t 0) t t0 x(t 0 ) t t 0 x(t 0 ). Freies Wachstum mit bekannter, i. Allg. zeitabhangiger Anderungsrate a(t) wird folglich von der homogenen linearen Dierentialgleichung ẋ(t) = a(t) x(t) beschrieben. In der inhomogenen linearen Dierentialgleichung f ur eine Zeitfunktion x(t) ẋ(t) = a(t)x(t) + f(t) stellt f(t) die auere Einwirkung auf die Anderung ẋ dar. In diesem Sinne wird f(t) auch als Steuerungsfunktion bezeichnet. Satz 3. (Lösung der linearen Differentialgleichung 1. Ordnung) Die lineare Dierentialgleichung y + a(x)y = f(x) mit auf dem Intervall I stetigen Funktionen a(x) und f(x) besitzt auf I die vollstandige allgemeine Losung ( x ) y(x) = e A(x) e A(ξ) f(ξ) dξ + c, c R, (6) x 0 wobei A(x) := x x 0 a(ξ) dξ und x 0 I beliebig (aber fest) gewahlt ist. Beweis: mittels Variation der Konstanten Dabei setzt man die Losung in der Form y(x) = c(x)y h (x)

16 16 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG mit einer Losung y h (x) 0 der zugeordneten homogenen Dierentialgleichung an. Der Ansatz in die Dierentialgleichung eingesetzt ergibt f(x) = y + a(x)y(x) = c (x)y h (x) + c(x)y h(x) + a(x) c(x) y h (x) = c (x)y h (x) + c(x)(y h(x) + a(x) y h (x)) = c (x)y h (x), da y h (x) Losung der zugeordneten homogenen Dierentialgleichung ist. Hieraus folgt, dass c(x) = x 1 f(ξ) dξ + c x 0 y h (ξ) ist und mit y h (x) = e A(x) ergibt sich die Behauptung. # Bemerkung 4. Die lineare gewohnliche Dierentialgleichung 1. Ordnung ist keine exakte Dierentialgleichung, aber mit dem integrierenden Faktor m(x) = e A(x) ergibt sich eine exakte Dierentialgleichung, die genau dieselben Losungen besitzt, da e A(x) 0 ist. Folgerungen: Fur eine Losung der homogenen Gleichung gilt: Ist y(x) nicht konstant gleich Null, so ist y(x) stets von Null verschieden. Satz 4. Globale Existenz und Eindeutigkeit. Fur beliebigen Anfangswert y 0 R, auf einem Intervall I R stetige Funktionen a(x) und f(x) und x 0 I gilt: Die Losung des Anfangswertproblems y + a(x)y = f(x), y(x 0 ) = y 0, ist eindeutig und global fur alle x I bestimmt durch x ) x y(x) = e (y A(x) 0 + e A(ξ) f(ξ) dξ, A(x) = a(ξ) dξ. x 0 x 0

17 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 17 Satz 5. Struktur der allgemeinen Lösung. Die vollstandige allgemeine Losung der inhomogenen Dierentialgleichung (5) ist: y(x) = y p (x) + y h (x) = y p (x) + c e A(x), c R. Dabei ist y p (x) eine (beliebige) partikulare Losung der inhomogenen Dierentialgleichung und y h (x) die allgemeine Losung der zugeordneten homogenen Dierentialgleichung. Der Beweis folgt aus obiger Herleitung bzw. aus der Tatsache, dass die Dierenz zweier Losungen von (5) stets eine Losung der homogenen Dierentialgleichung ist. Satz 6. Superpositionsprinzip. Mit α, β R gilt } y 1 + a(x)y 1 = f 1 (x) y 2 y = αy 1 + βy 2 ist Losung von + a(x)y 2 = f 2 (x) y + a(x)y = αf 1 (x) + βf 2 (x). Spezielle Ansätze. Ist a(x) = a = const. und die rechte Seite f(x) von der Form p(x), p(x) e k x, p(x) sin(kx) + q(x) cos(kx), p(x), q(x) Polynome, (7) so fuhrt ein Ansatz vom Typ der rechten Seite mit unbestimmten Koef- zienten oft am schnellsten auf eine partikulare Losung von (5). Fur die Losung der linearen gewohnlichen Dierentialgleichung ergibt sich damit folgendes Verfahren:

18 18 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Losungverfahren fur y + a(x)y = f(x), f, a C 0 (I). (1) Man berechne eine Stammfunktion A(x) = a(x) dx, dann ist die Losung der zugeordneten homogenen Dierentialgleichung y h (x) = c e A(x), c R. (2) Man bestimmt entweder durch Ansatz vom Typ der rechten Seite, wenn a(x) = a =const. und f(x) vom Typ (7) ist, Variation der Konstanten, direkt mit (6) eine partikulare Losung y p (x). (3) Die allgemeine Losung ist y(x) = y p (x) + y h (x). Beispiel 11. Wir betrachten die Dierentialgleichung y + 1 x y = x3, x > Schritt: A(x) = 1 dx = ln x + C = ln x + C, x y h (x) = ce ln x = c 1. x 2. Schritt: Variation der Konstanten: da x > 0 siehe oben. und y p (x) = c(x) 1 x c (x) 1 x c(x) 1 x x c(x) 1 x = x3 c (x) = x 4 und damit ist c(x) = x 4 dx = 1 5 x5 + C und man erhalt die partikulare Losung: y p (x) = 1 5 x4 und die allgemeine Losung y(x) = c 1 x x4. Beispiel 12. (RL-Stromkreis): Induktivitat (der Spule) L = const, Widerstand R = const, Spannung U und die Stromstarke I. Fur die Stromstarke I = I(t) gilt LI(t) + R I(t) = U(t). Fur U(t) = erhalt man die homogene Dierentialgleichung: I(t) + R I(t) = 0. L

19 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 19 Sie beschreibt das Abklingen der Stromstarke bis zum Wert Null nach dem Abschalten der Spannungsquelle. Die Losung der homogenen Gleichung ist di I = R L dt ln I = R L t + C I h(t) = c e R L t, c R. Inhomogene Gleichung: 1. Fall:Gleichspannung U(t) = U 0 = const. Eine partikulare Losung erhalt man durch einen Ansatz vom Typ der rechten Seite, die rechte Seite ist ein Polynom nullten Grades, also eine Konstante, deshalb setzen wir eine unbestimmte Konstante A als Losung an und erhalten: L da dt + RA = RA = U 0 A = U 0 R und eine partikulare Losung ist y p (x) = R U 0. Damit ergibt sich die Losung des AWP mit I(0) = I 0 : I(t) = U 0 + c R e R L t unter Berucksichtigung der Anfangsbed. zu I(0) = U 0 + c = I R 0 c = I 0 U 0 und damit R I(t) = U ( ) 0 R U0 R I 0 e R L t. Unabhangig von I 0 ist lim t I(t) = U 0. R 2. Fall: Wechselspannung: U(t) = U 0 cos ωt. Die allgemeine Losung der homogenen Gleichung haben wir bereits bestimmt. Um eine partikulare Losung zu bestimmen, machen wir wieder einen Ansatz vom Typ der rechten Seite, dabei ist zu beachten, dass auch wenn nur cos ω auftaucht, immer ein Ansatz in Cosinus und Sinus gemacht werden muss, d.h. wir machen den Ansatz I p (t) = c 1 cos ωt + c 2 sin ωt, c 1, c 2 R und setzen dies in die Dierentialgleichung ein: L( c 1 ω sin ωt + c 2 ω cos ωt) + R(c 1 cos ωt + c 2 sin ωt) = U 0 cos ωt Sortieren nach Cosinus und Sinus ergibt: (Rc 1 + ωlc 2 ) cos ωt + (Rc 2 ωlc 1 ) sin ωt = U 0 cos ωt. Ein Koezientenvergleich liefert ein Gleichungssystem fur c 1 und c 2 : mit der Losung Rc 1 + ωlc 2 = U 0 und Rc 2 ωlc 1 = 0. c 1 = U 0 R R 2 + ω 2 L 2, c 2 = ωu 0 L R 2 + ω 2 L 2

20 20 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG und damit wegen = U 0 I p (t) = (R cos ωt + ωl sin ωt) R 2 + ω 2 L2 ( ) U 0 R ωl cos ωt + R2 + ω 2 L 2 R2 + ω 2 L2 R2 + ω 2 L sin ωt, 2 ( ) 2 ( ) 2 R ωl + = 1 R2 + ω 2 L 2 R2 + ω 2 L 2 kann man setzen: cos δ := R R2 + ω 2 L 2 und sin δ := ωl R2 + ω 2 L 2 und mit Hilfe des Additionstheorems cos(x y) = cos x cos y + sin x sin y erhalt man: I p (t) = und damit ergibt sich die Losung: U 0 cos(ωt δ) R2 + ω 2 L2 I(t) = c e R L t U 0 + cos(ωt δ). R2 + ω 2 L2 Durch die Anfangsbedingung I(t 0 ) = I 0 wird c eindeutig bestimmt. Fur t { in der Praxis nach einer Einschwingzeit, die proportional von L abhangt { R misst man nur noch den gegen U(t) phasenverschobenen Wechselstrom gleicher Frequenz I(t) I p (t) = U 0 cos(ωt δ). R2 + ω 2 L2 Beispiel 13. Bestimmung des Todeszeitpunkts. Bei der Untersuchung zu Unfalltod, Mord oder Totschlag ist es oftmals wichtig, den genauen Todeszeitpunkt zu ermitteln. Aus experimentellen Beobachtungen ist bekannt, dass sich die Oberachentemperatur eines Objekts θ(t) proportional zur Dierenz zwischen der Temperatur des Objekts θ und der Umgebungstemperatur T andert (Newtonsches Gesetz des Warmeubergangs), also dθ = k(θ T ), (8) dt wobei k > 0 ein Proportionalitatsfaktor ist. Das Minuszeichen bedeutet, falls das Objekt warmer als seine Umgebung ist (θ > T ), so kuhlt es sich mit der Zeit ab. Wir nehmen nun an, dass die Leiche zum Zeitpunkt t = 0 gefunden wird und die gemessene Korpertemperatur der Leiche θ 0 ist. Weiterhin nehmen wir

21 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 21 an, dass die Korpertemperatur θ d zum Todeszeitpunkt t d gerade den normalen Wert 37 C hatte. Falls die Gleichung (8) die Situation richtig wiedergibt, konnen wir nun t d bestimmen. Die Losung des Anfangswertproblems dθ dt = k(θ T ), θ(0) = θ 0, lautet θ(t) = T + (θ 0 T ) e kt. (9) Der Abkuhlungskoezient k, der in diesem Ausdruck auftritt, ist bislang noch unbekannt. Er lasst sich aus einer zweiten Messung der Korpertemperatur zu einem spateren Zeitpunkt t 1 bestimmen. Es sei θ(t 1 ) = θ 1 fur t 1 > t 0 = 0. Dann gilt θ(t 1 ) = θ 1 = T + (θ 0 T ) e kt e kt = θ 1 T θ 0 T und deshalb k = 1 ln θ 1 T t 1 θ 0 T, wobei θ 0, θ 1, T und t 1 bekannte Groen sind. Um t d zu bestimmen, setzen wir t = t d und θ = θ d in (9) ein und losen nach t d auf θ d = T + (θ 0 T ) e kt d e kt d = θ d T θ 0 T und damit t d = 1 k ln θ d T θ 0 T. (10) Beispiel 14. Zahlenbeispiel. Die Korpertemperatur der Leiche betrug 29, 4 C, als sie gefunden wurde, und 23, 3 C zwei Stunden spater, wobei die Umgebungstemperatur 20 C betrug. Dann folgt aus der Gleichung (9) k = 1 23, 3 20 ln 0, 523h , 4 20 und aus Gleichung (10) ergibt sich der Todeszeitpunkt zu t d = ln 1, 132h. 0, , 4 20 Wir konnen daraus folgern, dass die Leiche ungefahr 1 Stunde und 8 Minuten nach Eintritt des Todes entdeckt wurde.

22 22 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG 3.3. Exakte Differentialgleichungen. Voraussetzungen: Es sei G ein Gebiet (oene und zusammenhangende Menge) im R 2 und f 1, f 2 : G R stetige Funktionen. Die Dierentialgleichung heit exakt, falls das zugehorige Vektorfeld ( ) f 1 (x, y) V (x, y) := f 2 (x, y) f 1 (x, y) + f 2 (x, y)y = 0 (11) eine Stammfunktion (Potential) besitzt, d.h. es gibt eine C 1 -Funktion F (x, y) (Stammfunktion) mit f 1 (x, y) = F x (x, y) und f 2 (x, y) = F y (x, y). Unter Verwendung der Stammfunktion F lasst sich die exakte Dierentialgleichung umformen zu f 1 (x, y) + f 2 (x, y)y = F x (x, y) + F y (x, y)y = F x + F y y = d (F (x, y(x))) = 0. dx Folglich sind die Losungen der Dierentialgleichung (11) gegeben durch die implizite Gleichung F (x, y(x)) = C = const. Satz 7. Ist die Dierentialgleichung (11) mit stetigen Funktionen f 1, f 2 : G R exakt und F : G R eine Stammfunktion von f 1 (x, y) und f 2 (x, y) dann gilt: a): y = y(x) ist auf dem Intervall I R genau dann eine Losung, wenn F (x, y(x)) = const auf I ist. b): Fur alle (x 0, y 0 ) G mit f 2 (x 0, y 0 ) 0 ist das AWP f 1 (x, y) + f 2 (x, y)y = 0, y(x 0 ) = y 0 lokal eindeutig losbar. Die Losungskurve liegt auf F (x, y) = F (x 0, y 0 ). Beweis: zu a): Mit der Kettenregel und F x = f 1, F y = f 2 ist y = y(x) auf dem Intervall I genau dann eine Losung, wenn (x, y(x)) G und 0 = f 1 (x, y) + f 2 (x, y)y = F x (x, y) + F y (x, y)y = d (F (x, y(x))), fur alle x I. dx D.h., wenn F (x, y(x)) = C = const. zu b): Die Niveaulinie durch (x 0, y 0 ) ist F (x, y) = F (x 0, y 0 ). Wegen F y (x 0, y 0 ) =

23 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 23 f 2 (x 0, y 0 ) 0 existiert nach dem Satz uber die implizite Funktion " lokal\ genau eine Funktion y = y(x) mit F (x, y(x)) = F (x 0, y 0 ). # Sind die Funktionen f 1 und f 2 nicht nur stetig, sondern mehr noch stetig dierenzierbar, dann liefert der 2. Hauptsatz fur Kurvenintegrale (Wegunabhangigkeit) eine praktisch leicht uberprufbare Charakterisierung exakter Dierentialgelichungen: Satz 8 (Exaktheitstest). Sei G R 2 ein einfach zusammenhangendes Gebiet und f 1, f 2 : G R 2 einmal stetig dierenzierbar. Dann ist die Dierentialgleichung f 1 (x, y) + f 2 (x, y)y = 0 genau dann exakt auf G, wenn die Integrabilitatsbedingung fur alle (x, y) G erfullt ist. f 1 (x, y) y = f 2(x, y) x 3.4. Lösungsverfahren für exakte Differentialgleichungen. Wir betrachten die Dierentialgleichung f 1 (x, y) + f 2 (x, y)y = 0, mit einmal stetig dierenzierbaren Funktionen f 1 (x, y), f 2 (x, y). Losung mittels Kurvenintegrals 2. Art 1. Exaktheitstest: Man bestatige, dass die Integrabilitatsbedingung erfullt ist: f 1 (x, y) y = f 2(x, y). x 2. Man wahle einen festen Punkt (x 0, y 0 ) in G und integriere entlang einer (beliebigen) stuckweise stetig dierenzierbaren Kurve C, die innerhalb von G von (x 0, y 0 ) (Anfangspunkt der Kurve) nach (x, y) (Endpunkt der Kurve) verlauft: F (x, y) = f 1 du + f 2 dv. Meistens wahlt man fur die praktische Berechnung " Hakenkurven\, d.h. F (x, y) = x C x 0 f 1 (ξ, y 0 )dξ + Die allgemeine implizite Losung ist F (x, y) = const. y y 0 f 2 (x, η) dη.

24 24 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Beispiel 15. Wir betrachten die gewohnliche Dierentialgleichung: y 2 cos x + 2y(sin x)y = 0, G = R Uberprufen der Integrabilitatsbedingung: Die Integrabilitatsbedinung ist erfullt. (f 1 ) y = 2y cos x = (f 2 ) x. 2. Wir wahlen (x 0, y 0 ) = (0, 0) und integrieren nach (x, y) entlang eines Hakens\, d.h. wir " berechnen: F (x, y) = x 0 f 1 (ξ, 0)dξ + y 0 f 2 (x, η) dη = Die implizite Losung ist folglich x 0 0 dξ + y 2 sin x = C = const. Wovon man sich mittels d dx (y2 sin x) = 2y y sin x + y 2 cos x = d dx C = 0. leicht uberzeugt. y Die zweite Methode ist die sogenannte Ansatzmethode: 0 2η(sin x) dη = η 2 sin x y 0 = y2 sin x. Losung mittels Ansatzmethode 1. Exaktheitstest: Man bestatige, dass die Integrabilitatsbedingung erfullt ist: f 1 (x, y) y = f 2(x, y). x 2. Uber den Ansatz F x = f 1, F y = f 2 bestimmt man eine Stammfunktion wie folgt: (a): f 1 unbestimmt nach x integrieren: F (x, y) = f 1 (x, y) dx + c(y). (b): F partiell nach y dierenzieren und mit f 2 gleichsetzen: ( ) F y (x, y) = f 1 (x, y) dx + c (y) = f 2 (x, y). (c): c(y) durch Integration nach y bestimmen. y Die allgemeine implizite Losung ist F (x, y) = const.

25 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 25 Beispiel 16. Wir betrachten wiederum: y 2 cos x + 2y(sin x)y = 0, G = R Uberprufen der Integrabilitatsbedingung: Die Integrabilitatsbedinung ist erfullt. Ansatz F x = y 2 cos x, F y = 2y sin x (f 1 ) y = 2y cos x = (f 2 ) x. (a): f 1 unbestimmt nach x integrieren: F (x, y) = y 2 cos x dx = y 2 sin x + c(y). (b): F partiell nach y dierenzieren und mit f 2 gleichsetzen: F y (x, y) = 2y sin x + c (y) = 2y sin x c (y) = 0. (c): c(y) durch Integration nach y bestimmen: c(y) = c = const. Die implizite Losung ist damit wie auch schon oben: y 2 sin x = C = const. Bemerkung 5. Bei der Ansatzmethode sieht es so aus als wurde man die Integrabilitatsbedingung gar nicht benotigen. Dem ist aber nicht so. Beim Auosen im Schritt (b) nach c (y) darf in keinem Ausdruck mehr x vorkommen! Dies ergibt sich aus der Integrabilitatsbedingung. Beispiel 17. Wir betrachten die Dierentialgleichung (1 + 2xy + y 2 ) + (x 2 + 2xy)y = 0. Wir wollen sie mit Hilfe der Ansatzmethode losen: 1. Uberprufen der Integrabilitatsbedinung: Die Integrabilitatsbedingung ist erfullt. (f 1 ) y = 2x + 2y = (f 2 ) x. Ansatz F x = 1 + 2xy + y 2, F y = x 2 + 2xy (a): f 1 unbestimmt nach x integrieren: F (x, y) = 1 + 2xy + y 2 dx = x + x 2 y + xy 2 + c(y) (b): F partiell nach y dierenzieren und mit f 2 gleichsetzen: F y (x, y) = x 2 + 2xy + c (y) = x 2 + 2xy c (y) = 0. (c): c(y) durch Integration nach y bestimmen: c(y) = c = const.

26 26 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Die implizite Losung ist: x(1 + y 2 ) + y 2 x = C Methode des integrierenden Faktors. Ist nun aber die Dierentialgleichung f 1 (x, y) + f 2 (x, y)y = 0 nicht exakt, dann kann man versuchen eine Funktion m(x, y) 0, so zu bestimmen, dass die mit m(x, y) multiplizierte Gleichung exakt wird. m(x, y) f 1 (x, y) + m(x, y) f 2 (x, y)y = 0 (12) Gelingt dies, so heit m(x, y) ein integrierender Faktor fur die Dierentialgleichung. Um einen geeigneten integrierenden Faktor zu nden, untersuchen wir die Integrabilitatbedingung fur die Gleichung (12): x (m f 2) y (m f 1) = m x f 2 + m f 2 x m y f 1 m f 1 y = 0 ( m x f 2 m ) ( y f f2 1 + m x f ) 1 = 0. (13) y In den folgenden beiden Fallen lasst sich diese partielle Dierentialgleichung fur m(x, y) auf eine gewohnliche Dierentialgleichung reduzieren: 1. Fall: Die Funktion ( f2 x f )/ 1 f 2 y hange nur von x ab. In diesem Fall dividieren wir die Gleichung (13) durch f 2 und erhalten ( m x m ) ( y f1 f2 + m f 2 x f )/ 1 f 2 = 0. (14) y }{{} hangt nur von x ab! Setzt man nun voraus, dass die Funktion m nur von x abhangt und nicht von y, d.h. m = m(x), so kann man m aus der sich aus (14) ergebende linearen, gewohnlichen Dierentialgleichung {( dm dx = f2 x f )/ } 1 f 2 m(x). y bestimmen. 2. Fall: Die Funktion ( f2 x f )/ 1 f 1 y

27 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 27 hange nur von y ab. In diesem Fall dividieren wir die Gleichung (13) durch f 1 und erhalten ( m x f2 m ) ( f2 + m f 1 y x f )/ 1 f 1 = 0. (15) y }{{} hangt nur von y ab! Setzt man nun voraus, dass die Funktion m nur von y abhangt und nicht von x, d.h. m = m(y), so kann man m aus der sich aus (15) ergebende linearen, gewohnlichen Dierentialgleichung {( dm dy = f2 x f )/ } 1 f 1 m(y). y bestimmen. Beispiel 18. Die Dierentialgleichung ist nicht exakt, da (1 xy) + (xy x 2 )y = 0 (16) f 2 x f 1 = y 2x ( x) = y x 0. y Nun ist aber ( f2 x f )/ 1 f 2 = y x y xy x = 1 2 x, hangt also nur noch von x und nicht mehr von y ab. Damit suchen wir einen integrierenden Faktor m, der nur noch von x abhangt, also m = m(x), der die gewohnliche Dierentialgleichung dm dx = 1 x m(x) erfullt. Dies ist eine trennbare Dierentialgleichung (siehe spater), die man wie folgt losen kann: dm dx = 1 x m(x) dm m = dx ln m = ln x + C x ln m x = C m x = e C. Eine spezielle Losung ist damit m(x) = 1 x. Multiplizieren wir die Dierentialgleichung (16) mit m(x) = 1, so erhalten wir x die Dierentialgleichung ( ) 1 x y + (y x)y = 0, x 0. Diese ist exakt da (f 1 ) y = 1 = (f 2 ) x.

28 28 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Wir losen die Dierentialgleichung mit der Ansatzmethode 1. Die Integrabilitatsbedingung ist erfullt. 2. Ansatz F x = 1 x y, F y = y x (a): f 1 unbestimmt nach x integrieren: 1 F (x, y) = y dx = ln x yx + c(y) x (b): F partiell nach y dierenzieren und mit f 2 gleichsetzen: F y (x, y) = x + c (y) = y x c (y) = y. (c): c(y) durch Integration nach y bestimmen: c(y) = 1 2 y2 + c. Die implizite Losung ist: ln x yx y2 = C. Bemerkung 6. Im Allgemeinen ist die Bestimmung eines integrierenden Faktors " Probierkunde\. In der Literatur ndet man Hinweise wie man fur bestimmte Typen von gewohnlichen Dierentialgleichungen integrierende Faktoren nden kann Integration durch Substitution Explizite Dierentialgleichung. Die explizite Dierentialgleichung kann mit der Substitution y = f(ax + by + c), b 0, v(x) := ax + by(x) + c und in die trennbare Dierentialgleichung v = a + bf(v) uberfuhrt werden Ahnlichkeitsdierentialgleichung. Die in x y homogene explizite Differentialgleichung ist von der Form ( y y = f, x 0, x) mit einer Funktion f einer Veranderlichen; d.h. x, y treten in der rechten Seite (nach evtl. vorhergehender Umformung) nur in der Kombination y x auf. Mit der Substitution und daraus folgend v(x) = y(x) x, x 0, f(v) = y = (xv) = v + xv

29 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 29 erhalt man die trennbare Dierentialgleichung v = 1 (f(v) v), x 0. x Bemerkung 7. Ist y = η(x) eine Losungskurve, dann ist es auch αy = η(αx), α 0, die durch die Ahnlichkeitsabbildung x αx, y αy entsteht. Daher heit die Dierentialgleichung Ahnlichkeitsdierentialgleichung. Insbesondere ist mit α = 1, y = η(x) Losung fur x > 0, ebenfalls y = η( x) Losung (fur x < 0) und damit y( x) = y(x), x 0. Losungsverfahren fur die Ahnlichkeitsdierentialgleichung: (1) Man bestimme alle Nullstellen ν I von f(ν) ν = 0. y(x) = xν ist jeweils eine partikulare Losung. (2) Man bestimme die allgemeine Losung v(x) der trennbaren Dierentialgleichung v = 1 (f(v) v) in x > 0. x (3) y(x) = xv( x ) ist die allgemeine Losung von y = f ( y x) fur x > 0 und x < 0. Beispiel 19. y = y x 1 y x, x 0, y x f(v) = v 1 v. Wir bestimmen die Nullstellen von f(v) = v v 1 v = v 1 v = 0 v = 1; d.h. y = x ist eine partikulare Losung. 2. Wir losen die trennbare Dierentialgleichung: v = 1 x (f(v) v) = 1 x (v 1 v v) = x 1 1 v. dv dx = 1 v x 2 1 v = ln x + C, x > 0, C R, v(x) = (ln x + C)2, x > 0, C R. 3. y = x ( (ln x + C)2), x > 0, C R, ist allgemeine ( nicht vollstandige) Losung, sowohl fur x > 0 als auch fur x < 0. Man beachte, dass y = x eine singulare Losung ist, die mit keinem C der allgemeinen Losung darstellbar ist!

30 30 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Das AWP y = y 1 y, y(x x x 0) = x 0 0, ist nicht eindeutig losbar, da y(x) = x und y(x) = x (1 14 ) (ln x + C)2 mit C = ln x 0 zwei verschiedene Losungen sind Bernoulli-Dierentialgleichung. y + a(x)y = b(x)y α mit stetigen Funktionen a(x), b(x) und mit einer reellen Zahl α 0, 1 geht nach Multiplikation mit (1 α)y α und der Substitution η(x) = y(x) 1 α wegen η = (1 α)y α y uber in die lineare Dierentialgleichung η + (1 α)a(x)η = (1 α)b(x). Man bestimmt die allgemeine Losung η = η(x) dieser Dierentialgleichung und macht dann die Substitution mittels y(x) = η 1 1 α ruckgangig Riccati-Dierentialgleichung. y = a(x)y + b(x)y 2 + f(x). (17) Sie stellt fur a, b > 0 ein Modell fur naturliches Wachstum dar, dass durch die Steuerfunktion f(x) von auen beeinusst wird. Im allgemeinen gibt es kein explizites Losungsverfahren fur diese Dierentialgleichung. Kennt man aber eine partikulare Losung y 0 (x), so fuhrt die Substitution auf: v(x) = 1 y(x) y 0 (x) v 1 (x) = (y(x) y 0 (x)) 2 (y (x) y 0(x)) bzw. y(x) = y 0 (x) + 1 v(x) = v 2 (x) (a(x)y + b(x)y 2 + f(x) a(x)y 0 (x) b(x)y 2 0 f(x) ) = v 2 (x) (a(x)(y y 0 ) + b(x)(y y 0 )(y y 0 + 2y 0 )) ( ( )) = v (x) a(x) + b(x) v(x) v(x) + 2y 0(x) und man erhalt damit die lineare Dierentialgleichung: v (x) + (a(x) + 2y 0 (x)b(x))v(x) + b(x) = 0. Von Euler stammt die Beobachtung, dass (17) mit der Substitution z(x) := e b(x)y(x) in eine homogene lineare Dierentialgleichung 2. Ordnung ubergeht. Es ist z (x) = e b(x)y(x) ( b(x)y(x)) und

31 3. ELEMENTARE INTEGRATIONSMETHODEN FUR DIFFERENTIALGL. 1. ORDNUNG 31 z (x) = e b(x)y(x) ( b(x)y(x)) 2 + e b(x)y(x) ( b (x)y(x) b(x)y (x)) = e b(x)y(x) ( b 2 (x)y 2 (x) b (x)y(x) b(x)(a(x)y b(x)y 2 f(x)) ) also insgesamt = e ( b(x)y(x) (b 2 (x) b 2 (x))y 2 (x) (b (x) + a(x)b(x))y b(x)f(x) ) ( ) = e b b(x)y(x) (x) b(x)y(x) b(x) + a(x) b(x)f(x)e b(x)y(x) z (x) ( ) b (x) b(x) + a(x) z (x) + b(x)f(x)z(x) = 0.

32 32 2. GEW OHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG 4. Zusammenfassung Dierentialgleichung 1. Ordnung y = f(x, y). geometrische Interpretation In jedem Punkt (x, y) G gibt f(x, y) den Anstieg der Losung y(x) an. Euler-Polygonzug-Verfahren: x n = x n 1 + h n, quady n = y n 1 + h n f(x n, y n ), n = 1, 2,..., h n Schrittweite. Exakte Dierentialgleichungen Idee: totales Dierential F (x, y(x)) df (x, y(x)) = F dx x + F x y = f 1 (x, y) + f 2 (x, y)y. Existiert ein Potential/Stammfunktion? Exaktheitstest: f 1 y = f 2 x. Wie bestimmt man das Potential/Stammfunktion? Nachdem die Exaktheit der Dgl. durch den Exaktheitstest bestatigt wurde, hat man folgende Moglichkeiten: 1. Kurvenintegral 2. Art F (x, y) = C f 1 (x, y) dx + f 2 (x, y) dy Dabei verlauft die Kurve C vollstandig im Gebiet G. Spezialfall: " Hakengebiet\ F (x, y) = x x 0 f 1 (ξ, y 0 ) dξ + y y 0 f 2 (x, η) dη. Ergebnis: allgemeine implizite Losung: F (x, y) = const. 2. Ansatzmethode: 2.1. Integration: F (x, y) = f 1 (x, y)dx + c(y) 2.2. Dierentation: F y (x, y) = ( f ( x, y)dx ) y + c (y) = f 2 (x, y) c(y) Ergebnis : allgemeine implizite Losung: F (x, y) = const.

33 4. ZUSAMMENFASSUNG 33 Trennbare Dierentialgleichung: y = f(x)g(y), Idee: Dierentation verketteter Funktionen Singulare Losungen y(x) = y k ergeben sich aus den Nullstellen g(y k ) = 0. y g(y) dy = f(x) dx G(y) = H(x) + C allgemeine implizite Losung ist G(y) H(x) =const. Substitutionsmethoden: z.b. Ahnlichkeits-, Bernoulli- und Riccati- Dierentialgleichung. Lineare Dierentialgleichung y + a(x)y = f(x) Idee: Fur a = const, gilt d dx eax = a e ax. (1) Struktur der Losung: y(x) = y h (x) + y p (x). (2) y h (x) = Ce a(x)dx, C = const. (3) Methoden zur Bestimmung einer speziellen Losung y p (x) : Spezielle Ansatze Variation der Konstanten Losungsformel " intelligentes Raten\

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35 KAPITEL 3 Theorie der Anfangswertaufgaben In diesem Abschnitt geht es um eine allgemeine theoretische Untersuchung von Anfangswertaufgaben der Form: Anfangswertproblem: Dabei ist y (x) = f(x, y(x)), y(x 0 ) = y 0. f : G R, G R R n, eine vorgegebene Funktion, die sogenannte rechte Seite der Dierentialgleichung. Auerdem sei G oen und enthalte den Anfangspunkt (x 0, y 0 ). (18) In vielen Fallen lasst sich eine Losung nicht explizit angeben. Deshalb interessieren uns die folgenden Frage: (1) (Existenz einer lokalen Lösung) Existiert eine Losung y(x) in einer Umgebung x 0 x < ε von x 0? (2) (Eindeutigkeit) Ist diese Losung eindeutig bestimmt? (3) (Fortsetzbarkeit) Wie lasst sich die Losung fortsetzen? Gibt es eine globale Losung (fur alle x R)? (4) (Stabilität) Wie verandert sich die Losung bei Storungen der Anfangsdaten (x 0, y 0 ) oder der rechten Seite f(x, y)? 1. Existenzsatz von Peano Satz 9. (Existenzsatz von Peano) Sei f(x, y) auf dem Gebiet G R n+1 stetig und sei (x 0, y 0 ) G. Dann gibt es ein ε > 0, so dass das AWP (18) im Intervall x x 0 < ε eine Losung besitzt. 35

36 36 3. THEORIE DER ANFANGSWERTAUFGABEN Beweisskizze: Man konstruiert eine Naherungslosung mittels Euler-Polygonzug- Verfahren: x i+1 := x i + h i, y i+1 := y i + h i f(x i, y i ), i =..., 2, 1, 0, 1, 2,... Man konstruiert nun eine Folge von Polygonz ugen indem man die (maximale) Schrittweite h i immer kleiner macht. Unter den angegebenen Voraussetzungen kann man nun zeigen, dass die Folge der Polygonzuge eine konvergente Teilfolge besitzt, die gegen eine Losung des AWP konvergiert. Beispiel 20. Beim AWP y = y, y(0) = 1 ist f(x, y) = y eine auf ganz R 2 stetige Funktion und y = y eine lineare Dierentialgleichung mit der vollstandigen allgemeinen Losung y(x) = Ce x, C R und damit besitzt das AWP die eindeutig bestimmte Losung y(x) = e x. Beispiel 21. Auch bei y = 2 y, y(0) = 0, ist f(x, y) = 2 y eine in R 2 stetige Funktion. Aber die Dierentialgleichung y = 2 y ist eine trennbare Dierntialgleichung mit der Losung: 1. singulare Losung: y(x) = 0 (Nullstelle von 2 y = 0.) 2. allgemeine Losung, 1. Fall: y = 2 y, y > 0. y = 2 dy y 2 y = dx y = x + c Fall: y = 2 y, y < 0. y = 2 y y = (x + c 1 ) 2 fur x c 1. dy 2 y = y = (x + c 2 ) 2 fur x c 2. dx y = x + c 2 0 Die allgemeine Losung ist folglich: (x α) 2 fur x α, y(x) = 0 fur β x α, (x β) 2 fur x β. Fur die Losung des Anfangswertproblems berucksichtigen wir die Anfangsbedingung. Oensichtlich erfullt y(x) = 0 die Anfangsbedingung. Alle Lösungen (19) mit β 0 α sind Lösung des Anfangswertproblems. Dagegen hat das AWP y = 2 y, y(0) = 1, die eindeutige Losung y(x) = (x + 1) 2 fur x 1. (19)

37 1. EXISTENZSATZ VON PEANO 37 Um die Eindeutigkeit der Losung des AWP im allgemeinen zu sichern, bedarf es also starkerer Voraussetzungen. Definition 4. Die Funktion f(x, y) erfullt im Gebiet G R n+1 eine Lipschitz-Bedingung bzgl. y, wenn es eine Konstante L 0 gibt, so dass fur alle (x, y 1 ), (x, y 2 ) G gilt: f(x, y 1 ) f(x, y 2 ) L y 1 y 2. Beispiel 22. Oenbar erfullt die Funktion f(x, y) = y eine Lipschitz- Bedingung in R 2 mit L = 1. Dagegen erfullt f(x, y) = y langs y = 0 keine Lipschitz-Bedingung, da f(0, y) f(0, 0) y 0 = 1 fur y 0. y Bemerkung 8. Ist f : G R stetig partiell nach y dierenzierbar, dann erfullt f in jedem Quader Q = {(x, y) R n+1 : x x 0 a, y y 0 b}, der ganz in G liegt, eine Lipschitz-Bedingung mit der Konstanten L = max{ f y (x, y) : (x, y) Q}. Durch Integration lasst sich das Anfangswertproblem (18) in die aquivalente Intergralgleichung y(x) = y 0 + x x 0 f(ξ, y(ξ)) dξ (20) umwandeln. Diese Integralgleichung ermoglicht es, schnell Abschatzungen zu erhalten: Satz 10. (Gronwall-Lemma) Sei ϕ : [a, b] R stetig und L 0. Gilt mit einer Konstante C > 0 0 ϕ(x) C + L dann ist Aus 0 ϕ(x) L folgt stets ϕ(x) = 0 fur alle x. x a ϕ(t) dt, x [a, b] (21) ϕ(x) Ce L(x a), x [a, b]. (22) x a ϕ(t) dt, fur a x b

38 38 3. THEORIE DER ANFANGSWERTAUFGABEN Beweis: Wegen ϕ 0, C > 0 und L 0 ist und aus (21) folgt C + L x [ C + L x a ϕ(t) dt] C + L x a ϕ(t) dt = a ϕ(t) dt > 0 Lϕ(x) C + L x L. ϕ(t) dt a Beidseitige Integration von a bis x ergibt ( x ) ln C + L ϕ(t) dt ln C L(x a) C + L a und nochmalige Anwendung von (21) ergibt ϕ(x) C + L x a x ϕ(t) dt Ce L(x a). a ϕ(t) dt Ce L(x a) Aus der Voraussetzung folgt (21) fur beliebiges C > 0. Durch den Grenzubergang C 0 in (22) ergibt sich ϕ(x) = 0 fur jedes x [a, b]. # 2. Eindeutigkeit der Lösung des AWPs Satz 11. (Eindeutigkeitssatz) Die Funktion f erfulle auf dem Gebiet G eine Lipschitz-Bedingung (bzgl. y). Sind y 1 (x) und y 2 (x) auf dem Intervall I zwei Losungen des AWP so gilt y 1 (x) = y 2 (x) fur alle x I. y (x) = f(x, y), y(x 0 ) = y 0, (x, y) G, Beweis: Aus y 1(x) y 2(x) = f(x, y 1 (x)) f(x, y 2 (x)) folgt durch Integration y 1 (x) y 2 (x) = x x 0 f(ξ, y 1 (ξ)) f(ξ, y 2 (ξ)) dξ und mit der Lipschitzbedingung fur ϕ(x) = y 1 (x) y 2 (x) die Abschatzung 0 ϕ(x) L x x y 1 (ξ) y 2 (ξ) dξ = L ϕ(ξ) dξ. x 0 x 0

39 3. EXISTENZ UND EINDEUTIGKEIT 39 Aus dem Gronwallschen Lemma folgt nun, dass ϕ(x) = 0 bzw. y 1 (x) = y 2 (x) fur alle x I gilt. # Damit konnen wir nun den folgenden Existenz- und Eindeutigkeitssatz beweisen: 3. Existenz und Eindeutigkeit Satz 12. (Satz von Picard und Lindelöf) Die Funktion f(x, y) sei stetig auf dem Quader Q = {(x, y) R n+1 : x x 0 a, y y 0 b}. Ferner gelte mit Konstanten M, L > 0 f(x, y) M, fur alle (x, y) Q, f(x, y 1 ) f(x, y 2 ) L y 1 y 2, fur alle (x, y 1 ), (x, y 2 ) Q. Dann gilt: Das Angangswertproblem (18) besitzt eine eindeutig bestimmte Losung y(x), die zumindest im Intervall [x 0 ε, x 0 + ε], ε := min ( a, b M ) deniert ist. Beweis: Durch Integration lasst sich das Anfangswertproblem (18) in die aquivalente Intergralgleichung (20) umwandeln. Die Losung des AWP wird nun durch das Verfahren der sukzessiven Approximation iteriert. y 0 (x) := y 0, y k+1 (x) := y 0 + x x 0 f(ξ, y k (ξ)) dξ, k = 0, 1, 2,.... Zunachst sieht man, dass alle Iterierten y k (x) auf dem Intervall x x 0 ε erklart sind und ganz im Quader verlaufen: Es gilt x y k+1 (x) y 0 = f(ξ, y k (ξ)) dξ M x x 0 b, wenn x x 0 ε. x 0 Die Lipschitz-Bedingung ergibt: x y k+1 (x) y k (x) = (f(ξ, y k (ξ)) f(ξ, y k 1 (ξ))) dξ x 0 L x x 0 y k (ξ) y k 1 (ξ) dξ

40 40 3. THEORIE DER ANFANGSWERTAUFGABEN Wir wollen nun die rechte Seite abschatzen. Es ist und damit y 2 (x) y 1 (x) L x y 1 (x) y 0 (x) M x x 0 x 0 y 1 (ξ) y 0 (ξ) dξ L M Durch induktive Fortsetzung erhalt man x ξ x 0 dξ = M L x x 0 2 x 0 2 y k (x) y k 1 (x) M L k 1 x x 0 k. k! Damit besitzt die unendliche Reihe y 0 + (y k (x) y k 1 (x)) (23) ein absolut konvergente Majorante, namlich y 0 + M (Lε) k = y 0 + M ( e Lε 1 ). L k! L k=1 k=1 Folglich ist die Reihe (23) absolut und gleichmaig konvergent gegen eine stetige Funktion y(x). Oder anders ausgedruckt, wenn man die Folge der Partialsummen der Reihe (23) betrachtet: n s n := y 0 + y k (x) y k 1 (x) = y 0 + y n (x) y n 1 (x) + y n 1 (x) y n 2 (x) ±... y 1 y 0 k=1 = y 0 + y n (x) y 0 = y n (x). Die Funktionenfolge {y k (x)} k 1 konvergiert auf dem Intervall x x 0 ε absolut und gleichmaig gegen y(x). Die Eindeutigkeit der Losung ergibt sich bereits aus dem Eindeutigkeitssatz. # Aus dem Satz von Picard und Lindelof ergibt sich nun der. Satz 13. (Existenz- und Eindeutigkeitssatz) Die Funktion f(x, y) sei auf dem Gebiet G R n+1 stetig und erfulle dort eine lokale Lipschitz- Bedingung bzgl. y, d.h. es gibt zu jedem Punkt von G eine Umgebung U, in der f(x, y) eine Lipschitz-Bedinung bzgl. y erfullt (die Lipschitz- Konstante hangt also von der Umgebung U ab). Dann gibt es zu jedem (x 0, y 0 ) G fur das Anfangswertproblem y = f(x, y), y(x 0 ) = y 0, eine eindeutige Losungskurve y = y(x), die sich beidseitig bis an den Rand von G erstreckt.

41 3. EXISTENZ UND EINDEUTIGKEIT 41 ohne Beweis. Bemerkung 9. Der Satz von Picard und Lindelof lasst sich folgendermaen modizieren: Erfullt f(x, y) auf [a, b] R n ( " Vertikalstreifen\) eine Lipschitz-Bedingung, so besitzt das AWP (18) mit x 0 [a, b] eine eindeutig bestimmte Losung, die auf ganz [a, b] erklart ist (globale Existenz). Zur Erlauterung des Unterschieds zwischen der Aussage des Existenz- und Eindeutigkeitssatzes und der globalen Existenz einer Losung: Der Ausdruck " beidseitig bis zum Rand des Gebietes G\ besagt, dass die Losung nicht innerhalb von G beginnt oder endet, sie besagt aber nicht, dass fur alle x in G eine Losung geben muss. Oder anders gesagt, wachst die Losung des AWP stark, so " verschwindet sie gegen Unendlich\ und verlat damit das Gebiet G. Wir wollen das mit den folgenden 2 Beispielen weiter erlautern: Beispiel 23. Das AWP y = sin y, y(x 0 ) = y 0, besitzt fur alle x R genau eine Losung. Diese berechnen sich aus der trennbaren Dierentialgleichung y = sin y, die die singularen Losungen y(x) = kπ, k Z, besitzt (Nullstellen von sin y) und die allgemeine implizite Losung: tan y(x) = e x c, c R. 2 Diese implizite Losung lasst sich lokal auosen zu y(x) = 2 arctan e x c, kπ < y < (k + 1)π. Das die Losung fur alle x R existiert und eindeutig ist, ergibt sich daraus, dass fur die partielle Ableitung nach y von f(x, y) = sin y gilt f y = cos y 1 und daher ist L = 1 die Lipschitz-Konstante bzgl. y fur alle (x, y) R 2. Beispiel 24. Gegenbeispiel: Das AWP besitzt die Losung y = y 2, y(0) = y 0 > 0, y(x) = y 0 1 y 0 x,

42 42 3. THEORIE DER ANFANGSWERTAUFGABEN die nur fur x < 1 y 0 deniert ist. Das liegt daran, dass f(x, y) = y 2 zwar lokal eine Lipschitz-Bedingung erfullt: y 2 1 y 2 2 = y 1 + y 2 y 1 y 2 und die Lipschitz-Konstante wird aus der Abschatzung von y 1 +y 2 gewonnen. Das ist aber auf [a, b] R ( " Vertikalstreifen\) nicht moglich, da fur y 1, y 2 R der Betrag y 1 + y 2 beliebig gro werden kann. Bemerkung 10. Das zum Beweis benutzte Verfahren der sukzessiven Approximation stellt eine explizite Methode zur Approximation von Losungen des AWP (18) dar. 4. Picard-Iteration Beispiel 25. Die bekannte Losung des AWP y = xy, y(0) = 1, wird mittels Picard-Iteration approximiert (f(x, y) = xy, x 0 = 0, y 0 = 1) : y 0 (x) = 1, y 1 (x) = 1 + y 2 (x) = 1 + y 3 (x) = 1 + y 4 (x) = 1 + allgemein : x 0 x 0 x 0 x 0 ξ y 0 (ξ) dξ = 1 + ξ y 1 (ξ) dξ = 1 + ξ y 2 (ξ) dξ = 1 + x 0 x 0 x 0 ξ dξ = 1 + x2 2, ) ξ (1 + ξ2 dξ = 1 + x x4 2 4, ) ξ (1 + ξ2 2 + x4 8 ξ y 3 (ξ) dξ = 1 + x2 2 + x x x y n (x) = n k=0 x 2k 2 k k!. Man erkennt, dass y n (x) mit n gegen die Losung konvergiert. y(x) = e x2 2 = k=0 x 2k 2 k k! dξ = 1 + x2 2 + x x , 5. Stetige Abhängigkeit von den Anfangswerten und der rechten Seite Die stetige Abhangigkeit der Losung von den Anfangswerten besagt, dass sich zwei Losungen auf einem beschrankten Intervall [a, b] wenig unterscheiden, wenn nur die beiden Anfangswerte hinreichend nahe beieinander liegen.

43 5. STETIGE ABHANGIGKEIT VON DEN ANFANGSWERTEN UND DER RECHTEN SEITE 43 Satz 14. (Stetige Abhängigkeit von den Anfangswerten) Erfullt die stetige Funktion f(x, y) im Gebiet G R n+1 eine Lipschitz-Bedingung (bzgl. y) mit der Konstanten L > 0, dann gilt fur zwei in G verlaufende Losungen y 1 (x) und y 2 (x) die Abschatzung: y 1 (x) y 2 (x) y 1 (x 0 ) y 2 (x 0 ) e L x x 0 Beweis: Fur x 0 x und ϕ(x) := y 1 (x) y 2 (x) gilt unter Verwendung der Integralgleichung (20) y i (x) = y i (x 0 ) + x x 0 f(ξ, y i (ξ)) dξ, i = 1, 2, liefert die Dreiecksungleichung die Abschatzung 0 ϕ(x) = (f(t, y 1 (t)) f(t, y 2 (t))) dt + y 1 (x 0 ) y 2 (x 0 ) x 0 x y 1 (x 0 ) y 2 (x 0 ) + L x x 0 ϕ(t) dt, und die Abschatzung folgt mit C := y 1 (x 0 ) y 2 (x 0 ) aus dem Gronwall-Lemma. # Deutung: Eine " Storung\ (ungenaue Messung, Rundung) in den Anfangswerten y 1 (x 0 ) y 2 (x 0 ) ε panzt sich hochstens exponentiell fort: y 1 (x) y 2 (x) ε e L x x 0. Die stetige Abhangigkeit von der rechten Seite bedeutet dagegen, dass eine kleine Anderung der rechten Seite f bei gleicher Anfangsbedingung auch nur eine kleine Anderung der Losung bewirkt.

44 44 3. THEORIE DER ANFANGSWERTAUFGABEN Satz 15. (Stetige Abhängigkeit von der rechten Seite) Erfullt die stetige Funktion f auf dem Gebiet G eine Lipschitz-Bedingung (bzgl. y) mit der Lipschitz-Konstanten L und unterscheidet sich g auf G von f nur um ε, d.h. f(x, y) g(x, y) < ε fur alle (x, y) G, dann gilt fur Losungen y(x) von y = f(x, y) und ỹ(x) von ỹ = g(x, ỹ) mit derselben Anfangsbdingung im Intervall die Abschatzung y(x 0 ) = ỹ(x 0 ) = y 0 x 0 x x 0 + δ y(x) ỹ(x) εδ e L x x Beispiel Wir wollen die theoretischen Aussagen an folgendem Beispiel erlautern. Dazu betrachten wir das AWP: y = 1 y 2, y 1, mit den Anfangswerten: Welche allgemeinen Aussagen konnen wir machen? a) y(0) = 0 b) y(0) = 1. (1) Existenz (mindestens) einer Losung? Die rechte Seite f(x, y) = 1 y 2 ist in R [ 1, 1] stetig. Nach dem Satz von Peano gibt es folglich fur alle x R eine stetige Losung. (2) Eindeutigkeit der Losung? Dazu untersuchen wir die Lipschitz-Bedingung bzgl y, es gilt: 1 y1 2 1 y2 2 = 1 y1 2 (1 y 2 2) 1 y y2 2 y 1 + y 2 = 1 y y2 2 y 1 y 2 Folglich erfullt f(x, y) = 1 y 2 eine Lipschitz-Bedingung bzgl. y auf jedem Gebiet, dass vollstandig in R ( 1 + ε, 1 ε) mit 1 > ε > 0 liegt, mit der Lipschitz-Konstanten L = 1 2ε+ε 2 1. Hier ist nach dem Satz von ε Picard und Lindelof die Losung eindeutig bestimmt.

45 Ist dagegen y 1 = 1 so haben wir 1 + y 2 lim y y2 2 = 6. BEISPIEL 45 und folglich erfullt f(x, y) langs y = 1 (und analog langs y = 1) keine Lipschitz-Bedinung. (3) Stabilitat: Da f(x, y) = 1 y 2 im Gebiet R ( 1+ε, 1 ε) mit 1 > ε > 0 einer Lipschitz-Bedingung bzgl. y genugt, hangt die Losung dort stetig von den Anfangswerten ab. Wir wollen nun diese theoretischen Aussagen an der Losung validieren. Als nachstes betrachten wir die Dierentialgleichung: y = 1 y 2 fur y 1. Wegen 1 y 2 > 0 fur 1 < y < 1 muss die Losung y(x) in R ( 1, 1) streng monoton wachsend sein! Nun zur Losung der Dierentialgleichung. Dies ist eine trennbare Dierentialgleichung und wir bestimmen zunachst die singularen Losungen (Nullstellen von 1 y 2 ) und erhalten y(x) = 1 und y(x) = 1 fur alle x R. Nun bestimmen wir die allgemeine Losung: dy = dx arcsin y = x + C, fur π 1 y 2 2 x + C π 2, C R. Hieraus erhalten wir die explizite Losung y = sin(x + C) fur π 2 x + C π 2, C R. Diese Losungen lassen sich auf ganz R wie folgt fortsetzen: 1, fur x π C, 2 y(x) = sin(x + C), fur π 2 C x π C, C R. 2 π 1, fur C x, 2 Die Losung des AWP y = 1 y 2, y(x 0 ) = y 0, y 0 1, ist damit 1, fur x π arcsin y x 0, y(x) = sin(x + arcsin y 0 x 0 ), fur π 2 arcsin y 0 + x 0 x π arcsin y x 0, π 1, fur arcsin y x 0 x. Weiterhin existieren fur y(x 0 ) = 1 bzw. y(x 0 ) = 1 auerdem noch die Losungen y(x) = 1 bzw. y(x) = 1. Insbesondere fur die Anfangsbedingung y(0) = 0 erhalten wir die Losung

46 46 3. THEORIE DER ANFANGSWERTAUFGABEN 1, fur x π, 2 y(x) = sin x, fur π 2 x π, 2 π 1, fur x. 2 Dagegen gibt es fur die Anfangsbedingung y(0) = 1 zwei Losungen, namlich 1, fur x π, y 1 (x) = sin x, fur π x 0, 1, fur 0 x. und y 2 (x) = 1. Dass liegt daran, dass entlang y = 1 die Funktion f(x, y) = 1 y 2 keine Lipschitz- Bedinung (bzgl. y) erfullt.

47 7. AUFGABEN ZUM NACHDENKEN Aufgaben zum Nachdenken Typische Probleme mit die gewohnlichen Dierentialgleichungen 1. Ordnung beschrieben werden konnen, sind Wachstums- bzw. Zerfallsprobleme oder aber eben auch Abkuhlungs- bzw. Warmeprozesse Newtonsches Abkühlungsgesetz. Dieses beschreibt wie sich ein Korper abkuhlt, wenn der Warmeleitkoezient fur das Material gerade k ist: u = k(u a), u(0) = u 0. Dabei ist a die Umgebungstemperatur und u 0 die Temperatur des Korpers zum Startzeitpunkt (in der Regel t = 0.) Dieses Anfangswertproblem besteht aus einer linearen (inhomogenen) Dierentialgleichung 1. Ordnung mit konstanten Koezienten und der Anfangsbedingung, die Losung ist: du u a = k dt ln u a = kt + c u(t) = a + e kt C Anfangsbedingung: u(0) = u 0 = a + e 0 C = a + C, also C = u 0 a, 7.2. Wann ist der Kaffee kühler? Annahmen: u(t) = a + (u 0 a)e kt Die Abkuhlung erfolgt nach dem Newtonschen Abkuhlungsgesetz. Die Temperatur einer Mischung von einer Flussigkeitsmenge p mit der Temperatur T 0 und einer Flussigkeitsmenge q mit einer Temperatur T 1 fuhrt sofort dazu, dass die Mischungsmenge p + q die Temperatur pt 0+qT 1 hat. p+q Die Temperatur der Milch ist geringer als die Zimmertemperatur (=Umgebungstemperatur). Wann ist der Kaee kuhler? (1) Der Kaee kuhlt zunachst 10 Minuten ab und die Milch wird dann hinzugegeben. (2) Die Milch wird sofort in den Kaee geschuttet und die Mischung kuhlt dann 10 Minuten ab. Was glauben Sie? Gehen wir mathematisch vor. Im Fall 1) ist ist die Temperatur des Kaees mit Milch nach t 1 = 10 Minuten: T (t 1 ) = a + (T 0 a ) e kt 1 wird der Kaee nun mit der Milch gemischt, so ist die resultierende Temperatur: p(a + (T 0 a)e kt 1 + qt 1. p + q

48 48 3. THEORIE DER ANFANGSWERTAUFGABEN Dagegen gilt im 2. Fall, dass die Anfangstemperatur der Mischung gerade pt 0+qT 1 p+q ist und zum Zeitpunkt t 1 nun gerade a + (( pt0 + qt 1 p + q ) ) a e kt 1 ist. Welche Temperatur ist groer bzw. kleiner? Dazu betrachten wir die Dierenz: p(a + (T 0 a)e kt 1 (( ) ) + qt 1 pt0 + qt 1 a + a e kt 1 p + q p + q = q ( ) p + q T 1(1 e kt 1 + a(1 e kt 1 p ) p + q 1 = (1 e kt 1 ) (qt 1 qa) p + q = q p + q (1 e kt 1 )(T 1 a) Dieser Ausdruck ist negativ, wenn T 1 < a gilt, d.h. der Kaee ist bei Methode 1) (erst kuhlt der Kaee ab und dann wird die Milch dazugegeben) kuhler als bei der Methode 2), wenn die Temperatur der Milch kleiner als die Umgebungstemperatur ist Newton versus Stefan. Ein kompliziertes Abkuhlungsgesetz wurde (Jozef Stefan, slowenischer Physiker) entwickelt: u = C(u 4 a 4 ), u(0) = u 0. Was ist die Losung dieses Anfangswertproblems? Wegen u 4 a 4 = (u 2 a 2 )(u 2 + a 2 ) = (u a)(u + a)(u 2 + a 2 ) und der entsprechenden Partialbruchzerlegung: A u a + B u + a +Cu + D u 2 + a = 1 2 A(u+a)(u2 +a 2 )+B(u a)(u 2 +a 2 )+(Cu+D)(u 2 a 2 ) = 1 erhalt man nach Koezientenvergleich die Losung: Damit kann man nun integrieren: 1 4a A = 1 4a, B = 1 3 4a, C = 0, D = 1 3 2a a 3 u a 1 1 4a 3 u + a 1 1 du = Ct + K 2a 2 u 2 + a2 1 1 ln u + a 4a3 2a 2 a arctan u a = Ct + K 3 ln u a 1 ln u a u + a 2 arctan u a = 4a3 Ct + K die allgemeine implizite Losung der Dierentialgleichung. Wie verhalt sich die Losungen der unterschiedlichen Modelle zueinander? Im folgenden sind Anfangswertproblem mit k = Ca 3 betrachtet worden:

49 7. AUFGABEN ZUM NACHDENKEN 49 ln(abs((y-2)/(y+2)))-2arctan(y/2) y = -64x + ln((pi-2)/(pi+2)) Lösungen zu den Anfangswertproblemen: y' = 64(2-y), y(0)=π, Newtonsches Abkühlungsgesetz y' = k(a-u) mit k=64=4a 3 C und a=2, und y' = 2(16-y 4 ), y(0)=π x Stefansches Abkühlungsgesetz y'=c(a 4 -y 4 ) mit C=2 und a= a Umgebungstemperatur, Temperaturen in Kelvin (Der untere Ast beim Stefanschen Gesetz kommt vom plotten der impliziten L osung, oensichtlich ist aber nur der " obere Ast\ die Losung.) Oensichtlich stimmen beide Losungen nahe der Anfangsbedingung und fur u nahe a gut uberein. Um das zu sehen betrachten wir die Dierenz der rechten Seiten: 4a 3 C(u a) C(u 4 a 4 ) C u a 4a 3 u 3 u 2 a ua 2 a 3 C u a a 3 u 3 + a(a 2 u 2 ) + a 2 (a u) C (u a) 2 a 2 + au + u 2 + a 2 + au + a 2 = C (u a) 2 ((a + u) 2 + 2a 2 ) Die Nahe von u zu a geht in die Abschatzung quadratisch ein und nicht nur linear! Deshalb wahlt man auch k = a 3 C und beide male C bzw. k! Wie kommt man aber auf diese Variante? Dass liegt daran, dass die beste lineare Approximation aus der Taylorreihe kommt durch Vernachlassigung des Restglieds. In unserem Fall heit das: f(u) = f(u 0 ) + f (u 0 )(u u 0 ) + Restglied. u 4 a 4 = f(u) u 4 0 a 4 + 4u 3 0(u u 0 ). Wir wollen, dass die Naherung fur u nahe a gut ist, deshalb setzen wir u 0 = a und erhalten als lineare Funktion: also k = 4a 3 C. a 4 a 4 + 4a 3 (u a) = 4a 3 (u a),

50 50 3. THEORIE DER ANFANGSWERTAUFGABEN 8. Zusammenfassung Dierentialgleichung: y Anfangswertproblem mit der = f(x, y), und den Anfangswerten: y(x 0 ) = y 0. Wo betrachten wir die Dierentialgleichung? Im Gebiet x (a, b), y (c, d). G = (a, b) (c, d) R R, Existenz der Losung: Satz von Peano. Voraussetzung: f(x, y) stetig in G. lokale Aussage : Existenz fur x x 0 < ε. Eindeutigkeit der Losung: Lipschitz-Bedingung bzgl. y. f(x, y 1 ) f(x, y 2 ) L y 1 y 2. Existenz und Eindeutigkeit: Satz von Picard und Lindelof Voraussetzungen: (1) f(x, y) stetig in G, (2) f erfullt eine Lipschitz-Bedingung bzgl. y (hinreichend lokale Aussage: Existenz und Eindeutigkeit fur x x 0 < ε. Folgerung: Existenz- und Eindeutigkeitssatz: Existenz und Eindeutigkeit im Gebiet. f(x,y) y C). Stabilitat des AWP: Stetige Abhangigkeit von den Anfangswerten und der rechten Seite. " Kleine Anderungen in den Anfangswerten oder der rechten Seite verursachen nur geringe Anderungen in der Losung.\ Sukzessive Approximation (Picard-Approximation) Das AWP ist aquivalent zur Integralgleichung Sukzessive Approximation: y n (x) = y 0 + x y = f(x, y), y(x 0 ) = y 0, y(x) = y 0 + x x 0 f(ξ, y) dξ. x 0 f(ξ, y n 1 ) dξ, n = 1, 2,..., y 0 (x) = y 0.

51 7. AUFGABEN ZUM NACHDENKEN 51

52

53 KAPITEL 4 Spezielle Differentialgleichungen 2. Ordnung 1. Lineare Differentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten Sie haben die Form y + ay + by = f(x) (24) mit Konstanten a, b R, und einer Stor- oder Steuerungsfunktion f uber einem oenen Intervall I R. Man die Dierentialgleichung homogen, wenn f = 0, sonst inhomogen. Fur lineare Dierentialgleichungen 2. Ordnung gilt ebenfalls das Superpositionsprinzip y 1 + ay 1 + by 1 = f 1 (x) y 2 + ay 2 + by 2 = f 2 (x) } y(x) := c 1y 1 (x) + c 2 y 2 (x) ist fur alle c 1, c 2 R Losung von y + ay + by = c 1 f 1 (x) + c 2 f 2 (x). Hieraus konnen wir eine wesentliche Folgerung fur homogene Dierentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koezienten gewinnen. Satz 16. Die Losungsmenge L := {y(x) : I R : y + ay + by = 0} der homogenen Dierentialgleichung y + ay + by = 0 (25) ist ein (reeller) Vektorraum. Man nennt L den Lösungsraum der Dierentialgleichung (25) und bezeichnet eine Basis von L als Losungsbasis oder Fundamentalsystem von (25). Die Dimension des Losungsraumes einer homogenen linearen Dierentialgleichung ist stets gleich der Ordnung der Dierentialgleichung. Das bedeutet, das dim L = 2. Also gilt 53

54 54 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG Es gibt stets 2 linear unabhangige Losungen y 1 (x) und y 2 (x) von (25). Die allgemeine Losung von (25) ist y h (x) = c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x), c 1, c 2 R. Dabei heien y 1 (x), y 2 (x) linear unabhängig auf I, wenn gilt α 1 y 1 (x) + α 2 y 2 (x) = 0 fur alle x I α 1 = α 2 = 0. Sie sind linear abhängig auf I, wenn mit einer Konstante α y 1 (x) = αy 2 (x) fur alle x I oder y 2 (x) = αy 1 (x) fur alle x I Komplexifizierung Dierentialgleichungen mit komplexwertigen Funktionen. Fassen wir die Dierentialgleichung (24) als eine fur die komplexwertige Funktion y(x) = u(x) + iv(x) der reellen Veranderlichen x auf, und lassen auch komplexwertige Storfunktionen f(x) = g(x) + ih(x) zu, dann ergibt ein Vergleich von Real- und Imaginarteil: Satz 17. Fur a, b R und u, v : I R gilt y(x) = u(x) + iv(x) ist Losung von y + ay + by = g(x) + ih(x) u + au + bu = g(x) und v + av + bv = h(x). Bemerkung 11. (Spezialfall: homogene Differentialgleichung) Insbesondere ist z(x) = u(x) + iv(x) genau dann komplexe Losung der homogenen Dierentialgleichung, wenn Re z(x) = u(x) und Im z(x) = v(x) reelle Losungen der homogenene Dierentialgleichung sind. In manchen Fallen ist es gunstiger, eine komplexizierte Dierentialgleichung zu betrachten als die Gleichung sofort zu losen. Beispiel 26. Zur reellen Dierentialgleichung y 4y + 13y = cos x, (26) betrachtet man wegen cos x = Re e ix = Re (cos x + i sin x) (Eulersche Formel) die Dierentialgleichung y 4y + 13y = e ix

55 1. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 55 im Komplexen. Diese fuhrt mit dem Ansatz auf y(x) = ce ix, c R, y (x) = c (cos x + i sin x) = ic (cos x + i sin x) = ie ix und analog fur die zweite Ableitung auf die Gleichung c( i) 2 e ix 4ice ix +13e ix = e ix c( 1 4i+13) = 1 c = 3 + i 4(3 + i)(3 i) = 3 + i 40. Damit erhalt man als Losung der komplexwertigen Dierentialgleichung ( (3 + i) y(x) = e ix (3 + i) 3 = (cos x + i sin x) = cos x 1 ) ( 1 40 sin x +i 40 cos x + 3 ) 40 sin x. Folglich ist die Losung der reellwertigen Dierentialgeichung (26) y(x) = 3 40 cos x 1 sin x Komplexe e-funktion. Nutzliche Formeln fur das Rechnen mit der komplexen e-funktion lassen sich leicht aus der Eulerschen Formel sowie den de Moivre- Formeln gewinnen: (1) Fur jedes z = x + iy C, x, y R ist e z = e x e iy = e x (cos y + i sin y). Fur y = 0 ist dies die reelle e-funktion und fur x = 0 die Euler- Formel. (2) Funktionalgleichung (3) Ableitungsregel e w+z = e w e z, w, z C, d dx ewx = w e wx, w C, x R, (4) Charakterisierung durch Dgl.: dz dx = z = w z z(x) = ce wx, c C, x R Fundamentalsystem für die homogene lineare Differentialgleichung. y + ay + b = 0, a, b R. Wir hatten bereits festgestellt, dass der Losungsraum L zweidimensional ist. Wie ndet man eine geeignete Basis fur den Losungsraum = linear unabhangige Losungen?

56 56 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG Die Ableitungsformel der komplexen e-funktion motiviert den komplexwertigen Losungsansatz Durch Dierenzieren erhalten wir y(x) = e λx, λ C. y (x) = λe λx, y (x) = λ 2 e λx und folglich ist e λx genau dann Losung, wenn λ 2 e λx + a λe λx + b e λx = ( λ 2 + a λ + b ) e λx = 0 fur alle x R gilt, d.h. wenn λ die charakteristische Gleichung χ(λ) := λ 2 + a λ + b = 0 erfullt. Fur die Nullstellen dieser quadratischen Gleichung sind (allgemein) λ 1,2 = a 2 ± 1 2 a2 4b. 1. Fall: λ 1, λ 2 R, λ 1 λ 2, ergibt zwei reelle, linear unabhangige Losungen y 1 (x) = e λ 1x, y 2 (x) = e λ 2x. 2. Fall: λ 1 = λ 2 R. In diesem Fall erhalten wir zunachst nur eine Losung: y 1 (x) = e λ 1x. Wie kann man eine weitere Losung erhalten? Durch Variation der Konstanten. Wir machen den Ansatz y(x) = c(x)e λx, λ = λ 1 = λ 2. Einsetzen in die Dierentialgleichung liefert: c (x)e λx + 2c (x)λe λx + c(x)λ 2 e λx + a(c (x)e λx + c(x)λe λx ) + bc(x)e λx = c(x) ( λ 2 e λx + aλe λx + be λx) + der Ausdruck in der Klammer ist Null, da e λx die Dgl. erfullt, + (2λ + a) c (x) + c (x) der Ausdruck in der Klammer ist Null, da λ = λ 1 = λ 2 = a 2 gilt, Es verbleibt somit die Gleichung zu losen, was auf +c (x) = 0. c (x) = 0 c(x) = c 1 x + c 2, c 1, c 2 R

57 1. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 57 fuhrt. Insbesondere sind dadurch zwei linear unabhangige reelle Losungen bestimmt: y 1 (x) = e λ1x, y 2 (x) = x e λ1x. 3. Fall: Die Nullstellen sind konjugiert komplexe Zahlen: λ 1 = α + iβ, λ 2 = α iβ, α, β R, β 0. Der Ansatz fuhrt auf zwei komplexe Losungen e λ1x = e αx (cos βx + i sin βx) und e λ2x = e αx (cos βx i sin βx), deren Real- und Imaginarteil sind dann reelle, linear unabhangige Losungen: y 1 (x) = e αx cos βx und und y 2 (x) = e αx sin βx. Losung der homogenen linearen Dierentialgleichung y + ay + by = 0, a, b R. Die charakteristische Gleichung χ(λ) = λ 2 + aλ + b = 0 aus der Dierentialgleichung ablesen und die Nullstellen bestimmen. Als Losungsbasis nehme man y 1 (x) y 2 (x) λ 1, λ 2 R, λ 1 λ 2 e λ 1x e λ 2x λ 1 = λ 2 R e λ 1x xe λ 1x λ 1 = α + iβ, λ 2 = α iβ e αx cos βx e αx sin βx Die vollstandige allgemeine Losung lautet y(x) = c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x), c 1, c 2 R

58 58 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG 1.3. Lösung der inhomogenen Differentialgleichung. Die vollstandige allgemeine Losung der inhomogenen Dierentialgleichung ist y + ay + by = f(x), a, b R, f : R I R. y(x) = y p (x) + y h (x) = y p (x) + c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x), wobei y p (x) eine partikulare Losung der inhomogenen Dierentialgleichung ist und y h die vollstandige Losung der homogenen Dierentialgleichung. Eine partikulare Losung der inhomogenen Gleichung lasst sich mittels folgender Methoden gewinnen: (1) Variation der Konstanten, (2) Ansatz vom Typ der rechten Seite, (3) Ansatz mit Potenzreihen, (4) Laplace-Transformation (wird nicht behandelt) Variation der Konstanten. Wie auch im Fall der Dierentialgleichungen 1. Ordnung ist der Ausgangspunkt der Uberlegungen die vollstandige Losung der homogenen Dierentialgleichung, die sich mit Hilfe des Fundamentalsystems zu c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x) ergibt. Als " Variation der Konstanten\ werden nun wiederum die Konstanten c 1 und c 2 als Funktionen angesetzt, d.h. man macht den Ansatz: y(x) = c 1 (x)y 1 (x) + c 2 y 2 (x). Wir berechnen die erste und die zweite Ableitung: y (x) = c 1(x)y 1 (x) + c 1 (x)y 1(x) + c 2y 2 (x) + c 2 (x)y 2(x) y (x) = c 1(x)y 1 (x) + 2c 1(x)y 1(x) + c 1 (x)y 1(x) + c 2y 2 (x) + 2c 2y 2(x) + c 2 (x)y 2(x) Einsetzen in die Dierentialgleichung ergibt: c 1(x)y 1 (x) + c 1(x)y 1(x) + c 1(x)y 1(x) + c 2(x)y 2 (x) + c 2(x)y 2(x) + c 2(x)y 2(x)+ ( +c 1 (x) y 1(x) + ay 1(x) + by 1 (x) }{{} +a (c 1(x)y 1 (x) + c 2(x)y 2 (x)) + ) ( + c 2 (x) y 2(x) + ay 2(x) + by 2 (x) }{{} = 0 = 0 ) = f(x) Schaut man sich die verbleibenden Ausdrucke scharf an, so sieht man, dass die " roten Ausdrucke\ gerade die Ableitung der blauen Ausdrucke\ sind. Stellt man " nun die

59 1. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 59 Zusatzforderung: c 1(x)y 1 (x) + c 2(x)y 2 (x) = 0, so folgt daraus zunachst, dass auch die roten Ausdrucke\ (insgesamt) gleich Null " sind, also c 1(x)y 1 (x) + c 1(x)y 1(x) + c 2(x)y 2 (x) + c 2(x)y 2(x) = 0. Damit ergibt sich die Gleichung c 1(x)y 1(x)+c 2(x)y 2(x) = f(x). Insgesamt ist damit, ein Gleichungssystem fur c 1(x) und c 2(x) zu losen: { ( ) ( ) ( ) c 1 (x)y 1 (x) + c 2(x)y 2 (x) = 0 y 1 (x) y 2 (x) c 1(x) 0 c 1(x)y 1(x) + c 2(x)y 2(x) = f(x) y 1(x) y 2(x) c = (27) 2(x) f(x). Dieses lineare Gleichungssystem ist genau dann eindeutig losbar, wenn gilt: ( ) y 1 (x) y 2 (x) det y 1(x) y 2(x) = y 1 (x)y 2(x) y 2 (x)y 1(x) 0 fur alle x I. Wie man leicht nachrechnet, ist dass aber fur die Funktionen y 1 (x), y 2 (x) des Fundamentalsystems in allen 3 Fallen so. Deshalb ist mit der Wronski-Determinante W (x) := y 1 (x)y 2(x) y 2 (x)y 1(x) die eindeutig bestimmte Losung des Gleichungssystems nach der Cramerschen Regel: c 1(x) = 1 W (x) y 2(x)f(x), c 2(x) = 1 W (x) y 1(x)f(x). Ist f(x) stetig, so wird durch Integration eine Stammfunktion von c 1 und c 2 bestimmt und man erhalt eine partikulare Losung y p (x) = y 1 (x) x x 0 y 2 (ξ) f(ξ) W (ξ) dξ + y 2 (x) x x 0 y 1 (ξ) f(ξ) W (ξ) mit W (ξ) := y 1 (ξ)y 2(ξ) y 2 (ξ)y 1(ξ) und festem x 0 I der inhomogenen linearen Dierentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koezienten. dξ Beispiel 27. y 6y + 5y = ln x Wir bestimmen das Fundamentalsystem: 1. charakteristische Gleichung aufstellen und losen: χ(λ) = λ 2 6λ + 5 = 0 λ 1/2 = 3 ± 9 5 = 3 ± 2 und wir erhalten λ 1 = 1 und λ 2 = 5. Das ergibt das Fundamentalsystem y 1 (x) = e x und y 2 (x) = e 5x.

60 60 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG 2. Mittels Variation der Konstanten eine partikulare Losung bestimmen: Wir bestimmen zunachst die Wronski-Determinante: W (x) := y 1 (x)y 2(x) y 2 (x)y 1(x) = e x 5 e 5x e 5x e x = 4 e 6x. Dann hat das Gleichungssystem zur Bestimmung von c 1(x) und c 2(x) die Gestalt: mit der Losung c 1(x) e x + c 2(x) e 5x = 0 c 1(x) e x + 5 c 2(x) e 5x = ln x c 1(x) = 1 4 e 6x e 5x ln x = 1 4 e x ln x und c 2(x) = 1 4 e 6x e x ln x = 1 4 e 5x ln x. Da es zu e αx ln x keine elementare Stammfunktion gibt, ist die partikulare Losung der inhomogenen Dierentialgleichung: y p (x) = 1 4 ex x x 0 e ξ ln ξ dξ e5x 3. Die vollstandige allgemeine Losung ist damit x x 0 e 5ξ ln ξ dξ. y(x) = y p (x) + c 1 e x + c 2 e 5x, c 1, c 2 R Spezielle Ansatze. Fur Dierentialgleichungen, die die Form y + ay + by = p m (x)e wx (28) mit einem Polynom p m (x) = a 0 + a 1 x + a 2 x a m x m, a i C vom Grad m und w C kann man mit Hilfe der Variation der Konstanten eine Losung explizit berechnen. Als Ergebnis erhalt man Losungen vom Typ der rechten Seite\. " Anstatt diese Rechnungen durchzufuhren, setzt man die Losungen vom Typ der rechten Seite mit unbestimmten Koezienten an und bestimmt die unbekannten Koezienten durch Einsetzen des Ansatzes in die Dierentialgleichung. D.h. man macht den Ansatz: y(x) = P m (x)e wx mit P m (x) = A 0 + A 1 x + A 2 x A m x m, A i C, und der Grad von P m ist gleich dem Grad von p m. Einsetzen in die Dierentialgleichung liefert: y (x) = P m(x) e wx + P m (x) w e wx, y (x) = P m(x) e wx + 2P m(x) w e wx + P m (x) w 2 e wx Einsetzen in die Dierentialgleichung fuhrt auf: P m(x) e wx + (2w + a) P m(x) e wx + P m (x) ( w 2 + aw + b ) e wx = p m (x)e wx

61 1. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 61 Wir konnen e wx ausklammern ( P m(x) + (2w + a) P m(x) + P m (x) ( w 2 + aw + b )) e wx = p m (x)e wx Wir bestimmen nun die Koezienten von P m (x) durch Koezientenvergleich: ( P m(x) + (2w + a) P m(x) + P m (x) ( w 2 + aw + b )) = p m (x). (29) Das klappt aber nur, wenn χ(w) = (w 2 + aw + b) 0 ist! Ist namlich χ(w) = 0, so entfallt der " rote Anteil\ und auf der linken Seite steht ein Polynom vom Grad m 1, wogegen p m (x) ein Polynom vom Grad m ist! Wie man leicht sieht kann man aber im Fall χ(w) = (w 2 + aw + b) = 0 einen Ansatz der Form y(x) = xp m (x)e wx, falls χ(w) = 0 und χ (x) 0. Ist χ (x) = 2w + a = 0, dann entfallen in (29) sowohl der " rote Anteil\ als auch der " blaue Anteil\ und auf der linken Seite steht ein Polynom vom Grad m 2 wogegen auf der rechten Seite p m ein Polynom vom Grad m ist. In diesem Fall muss man den folgenden Ansatz wahlen: y(x) = x 2 P m (x)e wx, falls χ(w) = 0 und χ (x) = 0. Zusammenfassen bedeutet das: Als Ansatz vom Typ der rechten Seite fur (28) wahlt man mit χ(λ) = λ 2 + aλ + b : P m (x) e wx, falls χ(w) 0, y p (x) = x P m (x) e wx, falls χ(w) = 0, χ (w) 0, x 2 P m (x) e wx, falls χ(w) = 0, χ (w) = 0. mit P m (x) = A 0 + A 1 x + A 2 x A m x m, A i C, und der Grad von P m ist gleich dem Grad von p m. Beispiel 28. Wir betrachten: y 3y + 2y = 5e 2x. 1. Bestimmung des Fundamentalsystems: λ 2 3λ + 2 = 0 hat die Losungen λ 1 = 1 und λ 2 = 2, damit ist die vollstandige Losung der homogenen Gleichung gerade y h (x) = c 1 e x + c 2 e 2x. 2. Zur Bestimmung einer partikularen Losung benutzen wir den Ansatz y p (x) = Ce 2x, da auf der rechten Seite ein Polynom vom Grad Null mit einer e-funktion mit Exponenten 2x multipliziert steht. Die Untersuchung des charakteristischen

62 62 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG Polynoms fur w = 2 zeigt sofort, dass dieser Ansatz nicht zielfuhrend ist, wir wollen dies hier aber zunachst zeigen, es ist: y p(x) = 2Ce 2x und y p(x) = 4Ce 2x. Setzen wir das in die Dierentialgleichung ein, so ergibt sich 4Ce 2x 3 2Ce 2x + 2Ce 2x = 0 5e 5x, was nicht verwunderlich ist, da e 2x eine Losung der homogenen Gleichung ist. Wir nehmen deshalb den vorgesehenen Ansatz und erhalten y p (x) = Cxe 2x, y p(x) = C e 2x + 2C x e 2x und y p(x) = 4Ce 2x + 4C x e 2x. Setzen wir dies nun in die Dierentialgleichung ein, so ergibt sich 4Ce 2x + 4C x e 2x 3(C e 2x + 2C x e 2x ) + 2Cxe 2x = C e 2x = 5 e 2x und damit ist C = 5. Die allgemeine Losung der inhomogenen Dierentialgleichung ist folglich y(x) = y h (x) + y p (x) = c 1 e x + c 2 e 2x + 5x e 2x. Bemerkung 12. Oftmals taucht in der rechten Seite aber nicht e wx, sondern sin kx oder cos mx. Auch in diesem Fall ist eine entsprechender Ansatz moglich. Man setzte jetzt einfach (C 1 sin kx + C 2 cos kx) bzw. (C 1 sin wx + C 2 cos wx) mit unbestimmten reellen Konstanten C 1 und C 2 an. Man beachte, dass man immer C 1 sin kx + C 2 cos kx ansetzen muss, auch wenn nur ein Sinus- oder nur ein Cosinus-Term auftritt Lineare mechanische Schwingungen. Eine von auen durch F (t) angeregte, gedampfte Schwingung genugt unter Voraussetzung, dass die ruckstellende Federkraft proportional zur Auslenkung x = x(t) und die Dampfung proportional zur Geschwindigkeit ẋ ist, der Bewegungsgleichung mẍ + dẋ + cx = F (t) (c Federkonstante, d Dampfungsfaktor). Mit 2α := d 0, m ω2 0 := c > 0 und m f(t) = 1 F (t) entsteht die gewohnliche Dierentialgleichung m ẍ + 2αẋ + ω 2 0x = f(t). 1. Eigenschwingungen (Eigenmoden): Losung der homogenen Dierentialgleichung ẍ + 2αẋ + ω 2 0x = 0. Das charakteristische Polynom hat die Nullstellen: λ 2 + 2αλ + ω 2 0 = 0 λ 1,2 = α ± α 2 ω 2 0.

63 1. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 63 In Abhangigkeit von den Nullstellen ergeben sich unterschiedliche Losungen: a) Aperiodischer Fall: α ω 2 0 > 0 (starke Dampfung). Mit β := α 2 ω 2 0 erhalt man die allgemeine Losung: x h (t) = c 1 e ( α+β)t + c 2 e ( α β)t, c 1, c 2 R. Fur jeden Anfangszustand x h (t 0 ) = x 0 und ẋ h = x 1, aus denen c 1, c 2 zu bestimmen sind, gilt derselbe qualitative Ablauf: Es ndet keine " echte\ Schwingung statt: x h (t) " kriecht\ gegen Null. b) Aperiodischer Grenzfall: α = ω 2 0(> 0). Die moglichen Eigenbewegungen haben die Gestalt x h (t) = (c 1 + c 2 t) e αt. Hier liegt qualitativ das gleiche Losungsverhalten wie im aperiodischen Fall vor, es tritt keine Schwingung auf. c) Periodischer Fall: α ω 2 0 < 0 (schwache Dampfung). Es treten Schwingungen auf mit der Eigenfrequenz ω 1 = ω 2 0 α 2 : x h (t) = e αt (c 1 cos ω 1 t + c 2 sin ω 1 t) ( = e αt c c 2 2 c 1 cos ω 1 t + c c 2 2 c 2 sin ω 1 t c c 2 2 = e αt C (cos δ cos ω 1 t + sin δ sin ω 1 t) = Ce αt cos(ω 1 t δ), C, δ R. Die Amplitude der Schwingung wird mit dem Faktor e αt gedampft. Die Bewegung klingt bei α > 0 fur t ab. Man beachte, dass die Eigenfrequenz ω 1 mit zunehmender Dampfung d abnimmt. Die beiden Grenzfalle sind: d = 0 keine Dampfung: Dann ist ω 1 = ω 0 und es liegen harmonische Schwingungen vor: x h (t) = C cos(ω 0 t δ). d = 2 mc: kritische Dampfung: Das ist der aperiodische Grenzfall. 2. Erzwungene Schwingungen. Die allgemeine Losung mit f(t) 0 lautet x(t) = x h (t) + x p (t) mit einer partikularen Losung x p (t) und den Eigenschwingungen des Systems. Mit der Dampfung α > 0 gilt in jedem Fall x h (t) 0 fur t, so dass sich nach einer Einschwingzeit t 1 praktisch die vom Anfangszustand unabhangige Losung einstellt. x(t) x p (t), t t 1 )

64 64 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG Sonderfall der harmonischen Anregung f(t) = A cos ωt, Ansatz x p (t) = C 1 cos ωt + C 2 sin ωt und erhalten ω 0. Wir machen den ẋ p (t) = ωc 1 sin ωt + ωc 2 cos ωt, ẍ p (t) = ω 2 C 1 cos ωt ω 2 C 2 sin ωt Einsetzen: ω 2 C 1 cos ωt ω 2 C 2 sin ωt + 2α ( ωc 1 sin ωt + ωc 2 cos ωt) +ω 2 0 (C 1 cos ωt + C 2 sin ωt) = A cos ωt ( ) ( ) C 2 (ω0 2 ω 2 ) 2αωC 1 sin ωt + C1 (ω0 2 ω 2 ) + 2αωC 2 cos ωt = A cos ωt { C 2 (ω0 2 ω 2 ) 2αωC 1 = 0 C 1 (ω0 2 ω 2 ) + 2αωC 2 = A ergibt C 1 = (ω2 0 ω 2 ) C 2 2αω und damit ergibt sich die zweite Gleichung: ( ) ( ) (ω 2 0 ω 2 ) 2 (ω 2 + 2αω C 2 = 0 ω 2 ) 2 + 4α 2 ω 2 C 2 = A. 2αω 2αω Damit erhalten wir C 2 = C 1 = 2Aαω (ω0 2 ω2 ) 2 +4α 2 ω 2 A(ω0 2 ω2 ) (ω0 2 ω2 ) 2 +4α 2 ω 2 und es ergibt sich die Losung ( ) A (ω0 2 ω 2 ) 2αω x p (t) = cos ωt + sin ωt (ω 2 0 ω 2 ) 2 + 4α 2 ω 2 (ω 2 0 ω 2 ) 2 + 4α 2 ω 2 (ω 2 0 ω 2 ) 2 + 4α 2 ω2 mit A = cos(ωt ϕ), (ω 2 0 ω 2 ) 2 + 4α 2 ω2 ϕ = arctan 2αω ω 2 0 ω 2. Diese Schwingung hat die gleiche Frequenz ω wie die Anregung f(t), sie ist fur α > 0 stets phasenverschoben und hat eine Amplitude, die wie die Phase von ω abhangt. Man nennt das Verhaltnis der Amplituden von x p (t) und f(t) den Verstarkungsfaktor 1 V (ω) = (ω 2 0 ω 2 ) 2 + 4α 2 ω. 2 Wegen V (ω) 0 mit ω sind Anregungen mit sehr hoher Frequenz ω praktisch ohne Wirkung. 3. Resonanz. Die Verstarkung hat fur ω = ω ein Maximum, wenn der Nenner

65 1. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 65 dort ein Minimum hat. fur diese sogenannte Resonanzrequenz der Amplituden- Verstarkung ergibt sich deshalb die notwendige Bedingung (ω ) 2 = ω 2 0 2α 2. Resonanz tritt also nur fur kleine α auf, d.h. α < 1 2 ω 0. In diesem Fall erhalten wir (ω 2 0 (ω ) 2 ) 2 + 4α 2 (ω ) 2 = (ω 2 0 ω α 2 ) 2 + 4α 2 (ω 2 0 2α 2 ) = 4α 4 8α 4 + 4α 2 ω 2 0 = 4α 2 (ω 2 0 α 2 ) = 4α 2 ω 2 1 und es gibt eine Resonanzfrequenz ω = ω0 2 2α 2 = ω1 2 α 2 mit V (ω ) = max V (ω) = 1. ω 2αω 1 Ist α sehr klein, dann liegt die Resonanzfrequenz ω nahe bei der Eigenfrequenz ω 1. Fuhrt das Anwachsen der Amplitude zu Schaden im System (Einsturz von Brucken, Bruch eines Tragugels, usw.), so spricht man von einer Resonanzkatastrophe. Andererseits kann Resonanz (ω ω, bzw. ω ω 1 ) durchaus als Verstarkereekt erwunscht sein Existenz- und Eindeutigkeitssatz für Anfangswertprobleme von Differentialgleichungen 2. Ordnung. Satz 18. Das Anfangswertproblem mit y + a(x)y + b(x)y = f(x), y(x 0 ) = y 0, y (x 0 ) = y 0, und auf dem oenen Intervall I stetigen Funktionen a(x), b(x) und f(x) besitzt genau eine Losung, die auf dem gesamten Intervall I existiert. Der Beweis ergibt sich aus dem Existenz- und Eindeutigkeitssatz f ur Anfangswertprobleme von Systemen von Dierentialgleichungen 1. Ordnung Fundamentalsystem. Wir gehen nun der Frage nach, ob es Konstanten c 1 und c 2 derart gibt, dass y = c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x) das Anfangswertproblem mit lost. y + a(x)y + b(x)y = 0, y(x 0 ) = y 0, y (x 0 ) = y 0

66 66 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG Die Anfangsbedingungen ergeben, dass fur c 1 und c 2 die folgenden Gleichungen erfullen: y(x 0 ) = c 1 y 1 (x 0 ) + c 2 y 2 (x 0 ) = y 0, y (x 0 ) = c 1 y 1(x 0 ) + c 2 y 2(x 0 ) = y 0. Die Losung dieses Gleichungssystems fur c 1 und c 2 ist nach der Cramerschen Regel c 1 = y 0 y 2 (x) y 0 y 2(x), c 2 = y 1 (x) y 2 (x) y 1(x) y 2(x) y 1 (x) y 0 y 1(x) y 0. y 1 (x) y 2 (x) y 1(x) y 2(x) Folglich sind c 1 und c 2 nur dann eindeutig bestimmt, wenn die Wronski-Determinante W = y 1 (x) y 1(x) y 2 (x) y 2(x) = y 1(x 0 )y 2(x) y 1(x)y 2 (x) ungleich Null ist. Satz 19. Es seien y 1 (x) und y 2 (x) zwei Losungen der Dierentialgleichung y + a(x)y + b(x)y = 0, deren Wronski-Determinante W = y 1 y 2 y 1y 2 ungleich Null ist an der Stelle x 0, an der die Anfangsbedingungen y(x 0 ) = y 0, y (x 0 ) = y 0 gegeben sind. Dann gibt es Konstanten c 1 und c 2, so dass das Anfangswertproblem lost. y = c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x)

67 1. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 67 Folgerung 1. Es seien y 1 und y 2 zwei Losungen der Dierentialgleichung y + a(x)y + b(x)y = 0. Gibt es eine Stelle x 0, an der die Wronski-Determinante von y 1 und y 2 ungleich Null ist, so enthalt die Losungsschar samtliche Losungen. y = c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x) Beweisidee: Es sei ϕ eine beliebige Losung. Wir berechnen und betrachten das Anfangswertproblem mit y 0 = ϕ(x 0 ), y 0(x 0 ) = ϕ (x 0 ) y + a(x)y + b(x)y = 0, y(x 0 ) = y 0, y (x 0 ) = y 0. Dann ist ϕ oensichtlich eine Losung und jede Losung (also auch ϕ) lasst sich als c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x) darstellen. Im nachsten Satz wird gezeigt wie man ein Fundamentalsystem ndet, also wie man zwei Funktionen y 1 und y 2 so bestimmt, dass sich alle Losungen der Dierentialgleichung y + a(x)y + b(x)y = 0 als Linearkombination von y 1 und y 2 darstellen lassen. Satz 20. Wir betrachten y + a(x)y + b(x)y = 0, mit a(x), b(x) stetig auf dem oenen Intervall I. Weiterhin sei x 0 ein beliebiger Punkt aus I. Ist y 1 die Losung der Dierentialgleichung, die auch die Anfangsbedingungen y(x 0 ) = 1, y (x 0 ) = 0 genugt, und ist y 2 die Losung der Dierentialgleichung, die auch die Anfangsbedingungen y(x 0 ) = 0, y (x 0 ) = 1 genugt.

68 68 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG Beweis: Die Existenz einer Losung und damit der Funktionen y 1 und y 2 ist nach Satz 18 gesichert. Folglich muss nur noch nachgeweisen werden, dass an einer Stelle x 0 die Wronski-Determinante ungleich Null ist. Als x 0 wahlen wir die Stelle, an der die Anfangsbedingungen gestellt wurden: W (y 1, y 2 )(x 0 ) = y 1 (x 0 ) y 2 (x 0 ) y 1(x 0 ) y 2(x 0 ) = = 1 0. # Um zu zeigen, dass ein Fundamentalsystem eine Losungsbasis darstellt, mussen wir noch nachweisen, dass das Fundamentalsystem aus linear unabhangigen Funktionen besteht. Satz 21. Es seien f und g dierenzierbare Funktionen auf einem oenen Intervall I. Ist W (f, g)(x 0 ) 0 fur einen beliebigen Punkt x 0 in I, so sind f und g linear unabhangig auf I. Sind dagegen f und g linear abhangig auf I, dann ist W (f, g)(x) = 0 fur jedes x aus I. Beweis: Wir betrachten die Linearkombination k 1 f(x 0 ) + k 2 g(x 0 ) und nehmen an, dass diese gleich Null auf dem gesamten Intervall I ist. Dann ist oensichtlich auch die Ableitung der Linearkombination identisch Null auf I und wir erhalten die Gleichungen: k 1 f(x 0 ) + k 2 g(x 0 ) = 0, k 1 f (x 0 ) + k 2 g (x 0 ) = 0. Die Determinante der Koezientenmatrix ist gerade die Wronski-Determinate an der Stelle x 0 und laut Voraussetzung ungleich Null. Folglich ist das homogene Gleichungssystem eindeutig losbar, d.h. k 1 = k 2 = 0 und f und g deshalb linear unabhangig. Den zweiten Teil des Satzes beweisen wir durch Gegenannahme, d.h. wir setzen voraus, dass f und g linear abhangig sind und die Wronski-Determinante nicht uberall auf I gleich Null ist. Sei W (f, g)(x 0 ) 0, dann folgt aber aus dem ersten Teil des Satzes, dass f und g linear unabhangig sind. Das ist ein Widerspruch und der Satz damit bewiesen. # Im folgenden Satz bestimmen wir die Wronski-Determinante:

69 1. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 69 Satz 22. Es seien y 1 und y 2 Losungen der Dierentialgleichung y + a(x)y + b(x)y = 0, wobei a und b stetige Funktionen auf den oenen Intervall I sind. Dann ist die Wronski-Determinante W (y 1, y 2 )(x) gegeben durch W (y 1, y 2 )(x) = ce [ a(x) dx], wobei c eine bestimmte Konstante ist, die von y 1 und y 2 aber nicht von x abhangt. Beweis: Da y 1 und y 2 Losungen der Dierentialgleichung sind gilt: y 1 + a(x)y 1 + b(x)y 1 = 0, y 2 + a(x)y 2 + b(x)y 2 = 0. Wir multiplizieren die erste Gleichung mit y 2 und die zweite mit y 1 und addieren die erhaltenen Gleichungen: Es ist (y 1 y 2 y 1y 2 ) + a(x)(y 1 y 2 y 1y 2 ) = 0. (30) W (x) = W (y 1, y 2 ) = y 1 y 2 y 1y 2 und W (x) = y 1 y 2 y 1y 2. Damit lasst sich (30) schreiben als W + a(x)w = 0. Die Losung dieser trennbaren (homogenen linearen) Dierentialgleichung ist W (x) = c e a(x) dx. # Sind y 1 und y 2 Losungen der Dierentialgleichung y + a(x)y + b(x)y = 0, wobei a und b stetig auf dem oenen Intervall I sind, so sind die folgenden 4 Aussagen aquivalent: (1) Die Funktionen y 1 und y 2 bilden ein Fundamentalsystem von Losungen. (2) Die Funktionen y 1 und y 2 sind linear unabhangig auf I. (3) W (y 1, y 2 )(x 0 ) 0 fur beliebiges x 0 I. (4) W (y 1, y 2 )(x 0 ) 0 fur alle x 0 I.

70 70 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG Beispiel 29. Zeigen Sie, dass y 1 (x) = x 1/2 und y 2 (x) = x 1 ein Fundamentalsystem von Losungen von bilden. 2x 2 y + 3xy y = 0, x > 0, Wie man leicht nachrechnet sind beide Funktionen Losungen der Dierentialgleichung und es gilt fur die Wronski-Determinante x 1/2 x 1 W = = 3 2 x 3/2 0 fur x > x 1/2 x 2 Beispiel 30. Man berechne die Wronski-Determinante von y 1 (x) = x 1/2 und y 2 (x) = x 1 als Losung der Dierentialgleichung 2x 2 y + 3xy y = 0, x > 0. Um den Satz 22 anwenden zu konnen, mussen wir die Dierentialgleichung so umformen, dass der Koezient vor y gerade 1 ist, d.h. wir betrachten Daher ist a(x) = 3 2x und y + 3 2x y 1 2x 2 y = 0. W (x) = c e a(x) dx = c e 3 2x dx = c e 3 2 ln x = c x 3/2. Fur die vorgegebenen Funktionen ist c = 3 2 zu wahlen. Satz 23. Sind Y 1 und Y 2 zwei Losungen der inhomogenen Dierentialgleichung y + a(x)y + b(x)y(x) = g(x), dann ist ihre Dierenz Y 1 (x) Y 2 (x) Losung der dazugehorigen homogenen Dierentialgleichung. Bilden y 1 und y 2 ein Fundamentalsystem der dazugehorigen homogenen Dierentialgleichung, so gilt auerdem wobei c 1 und c 2 Konstanten sind. Y 1 (x) Y 2 (x) = c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x), Beweis folgt aus Folgerung 1.

71 2. DIFFERENTIALGLEICHUNGEN VOM TYP y = f(x, y ). 71 Folgerung 2. (Lösungsstruktur.) Die allgemeine Losung der nichthomogenen Dierentialgleichung kann in der Form y + a(x)y + b(x)y(x) = g(x), y(x) = c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x) + Y (x) geschrieben werden, wobei y 1 und y 2 ein Fundamentalsystem von Losungen der zugehorigen homogenen Dierentialgleichung bilden und c 1 und c 2 beliebige Konstanten sind (allgemeine Lösung der homogenen Differentialgleichung), und Y eine spezielle Lösung der inhomogenen Differentialgleichung ist. 2. Differentialgleichungen vom Typ y = f(x, y ). y tritt nicht explizit auf, es liegt eine Dierentialgleichung erster Ordnung fur u := y vor: u = f(x, u). Ist u = u(x, c), c R, die allgemeine Losung dieser Dierentialgleichung, so erhalt man die allgemeine Losung der gegebenen Dierentialgleichung durch Integration: y(x) = u(x, c) dx + c 2, c, c 2 R. Beispiel 31. y = 2xy. Mit u = y wird daraus die lineare Dierentialgleichung 1. Ordnung u = 2xu mit der partikularen Losung u = 0 und du u = 2 x dx ln u = x 2 + c u = Ce x2, und y(x) = c 1 e x2 dx + c 2, c 1, c 2 R. C R (Die partikulare Losung u = 0 ist fur c 1 = 0 mit enthalten.)

72 72 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG 3. Differentialgleichungen vom Typ y = f(y, y ). Da x nicht explizit auftritt, nimmt man y als unabhängige Variable und bestimmt y als Funktion v von y. Mit der Kettenregel folgt: y = d dx v(y) = d dy v(y)dy dx = v (y) v(y). Man erhalt somit die Dierentialgleichung erster Ordnung f ur v = v(y) : v = 1 f(y, v), falls v 0. v Ist v = v(y, c 1 ) die allgemeine Losung dieser Dierentialgleichung, so bedeutet y = dy dx = v(y, c 1) eine trennbare Dierentialgleichung fur y. Allgemeine implizite Losung von y = f(y, y ) ist also y dη v(η, c 1 ) = x + c 2, c 1, c 2 R. y Anwendung: Nichtlineare Schwingungen ẍ = f(x, ẋ).. Diese autonome (= von der Zeit t unabhangige) Dierentialgleichung tritt z.b. immer dann auf, wenn die Zustandsanderung ẍ einer skalaren Groe x nur vom Zustand (x, ẋ) und nicht von der Zeit t abhangt. Losungsverfahren fur die autonome Dierentialgleichung: ẍ = f(x, ẋ), x(t 0 ) = x 0, ẋ(t 0 ) = v Schritt: Samtliche Nullstellen η von f(η, 0) = 0 bestimmen. x(t) = η ist jeweils partikulare Losung (Ruhelage). 2. Schritt Substitution ẋ = v, ẍ = v v ergibt fur v(x) die Dierentialgleichung: v v = f(x, v). 3. Schritt: Die allgemeine Losung v(x) = v(x, c 1 ), c 1 R, bestimmen. 4. Schritt: Anfangswertproblem: c 1 aus v 0 = v(x 0, c 1 ) berechnen. 5. Schritt: Allgemeine implizite Losung ist dξ t + c 2 = v(ξ, c 1 ). 6. Schritt: Anfangswertproblem: Implizite Losung ist t t 0 = x x 0 dξ v(ξ, c 1 ).

73 3. DIFFERENTIALGLEICHUNGEN VOM TYP y = f(y, y ). 73 Beispiel 32. Mathematisches Pendel. ẍ + ω 2 sin x = 0, x(0) = x 0, ẋ(0) = Schritt: Ruhelagen: sin x = 0 x(t) = kπ, k Z. 2. Schritt: ẋ = v, ẍ = v v v v = ω 2 sin x 3. Schritt v dv = ω 2 sin x dx v2 2 = ω2 cos x + c 1 ẋ = v = ±ω 2 cos x + 2c Schritt: v 0 = ẋ(0) = 0 = v(x 0, c 1 ) ergibt d.h. 0 = v(x 0, c 1 ) = ±ω 2 cos x 0 + 2c 1 c 1 = cos x 0, ẋ = ±ω 2 cos x 2 cos x Schritt: Allgemeine implizite Losung ist: dξ t + c 2 = ±ω 2(cos ξ cos x 0 ). 6. Schritt: Anfangswertproblem t t 0 = t = t(x) = ± 1 ω x x 0 dξ 2(cos ξ cos x0 ). Zur Auosung nach x(t) benotigt man die sogenannten elliptischen Funktionen. Die Schwingungsdauer T, das ist viermal die Zeit, die das Pendel von x 0 bis 0 benotigt, ergibt sich aus durch die Substitution T = 4t(x) := 4 ω 0 x 0 dξ 2(cos ξ cos x0 ) und damit und und damit ist sin ξ 2 = sin x 0 2 sin ϕ = k sin ϕ ( d sin ξ ) = cos ξ dξ = d(k sin ϕ) = k cos ϕ dϕ 2 cos ξ 2 = 1 sin 2 ξ 2 = 1 k 2 sin 2 ϕ dξ = 2k cos ϕ dϕ 1 k2 sin 2 ϕ.

74 74 4. SPEZIELLE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 2. ORDNUNG Auerdem ist sin 0 = k sin ϕ fur ϕ = 0 und sin x 0 2 = k sin ϕ fur sin ϕ = 1 und damit ϕ = π und wir erhalten fur die Schwingungsdauer: 2 T = 4 ω π k cos ϕ dϕ 4k2 (1 sin 2 ϕ) 1 k2 sin 2 ϕ = 4 ω π 2 0 dϕ 1 k2 sin 2 ϕ. Diese Formel gilt nur fur kleine Auslenkungen x 0. Exakt fur x 0 0, ist wie beim linearen Pendel T 2π ω. mit wachsender Amplitude x 0 nimmt T monoton zu. Fur x 0 = π ist k = 1 und das Integral ist uneigentlich und divergiert (T = ).

75 KAPITEL 5 Lineare Differentialgleichungen n-ter Ordnung 1. Veränderliche Koeffizienten Analog zu den linearen Dierentialgleichungen 2. Ordnung gilt: 75

76 76 5. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN n-ter ORDNUNG Form Standardform Anfangsbedingungen A n (x)y (n) (x) + A n 1 (x)y (n 1) A 1 (x)y + A 0 (x)y = G(x), wobei A n, A n 1,..., A 1, A 0 und G stetige, reellwertige Funktionen auf einem Intervall α < x < β sind und A n (x) auf diesem Intervall nirgends Null ist. y (n) (x) + a n 1 (x)y (n 1) a 1 (x)y + a 0 (x)y = g(x), wobei a n 1,..., a 1, a 0 und g stetige, reellwertige Funktionen auf einem Intervall α < x < β sind. y(x 0 ) = y 0, y (x 0 ) = y 0,..., y (n 1) (x 0 ) = y (n 1) 0. Wronski- Determinante W (y 1, y 2,..., y n ) = y 1 y 2... y n y 1 y 2... y n.. y (n 1) 1 y (n 1) 2... y n (n 1). linear unabhangig W (y 1, y 2,..., y n )(x 0 ) 0 an einer Stelle α < x 0 < β. linear abhangig W (y 1, y 2,..., y n )(x) = 0 fur alle x mit α < x < β. Losungsbasis der homogenen Dierentialgl. Losungsstruktur Fundamentalsystem (jede Losung der homogenen Dgl. lasst sich als Linearkombination darstellen) von n linear unabhangigen Losungen y(x) = c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x) +... c n y n (x) + Y (x), wobei c 1 y 1 (x) + c 2 y 2 (x) die allgemeine Losung der homogenen Differentialgleichung und Y (x) eine spezielle der inhomogenen Dierentialgleichung ist. Satz 24. (Existenz- und Eindeutigkeitssatz.) Es seien die Funktionen a 0, a 2,..., a n 1 und g stetig auf dem oenen Intervall I, dann existiert genau eine Losung y(x) der inhomogenen Dierentialgleichung, die die Anfangsbedingungen erfullt. Diese Losung existiert auf dem gesamten Intervall I.

77 1. VERANDERLICHE KOEFFIZIENTEN 77 Satz 25. (Allgemeine Lösung der homogenen Differentialgleichung) Es seien a 0, a 2,..., a n 1 und g stetig auf dem oenen Intervall I. Sind die Funktionen y 1 (x), y 2 (x),..., y n (x) Losungen der zugehorigen homogenen Dierentialgleichung und ist W (y 1, y 2,..., y n ) 0 in mindestens einem Punkt x 0 aus I, so kann jede Losung der homogenen Dierentialgleichung als Linearkombination der Losungen y 1 (x), y 2 (x),..., y n (x) ausgedruckt werden. Beispiel 33. Die Funktionen x, x 2 und 1 x x 3 y + x 2 y 2xy + 2y = 0, x 0. bilden eine Losungsbasis fur Dazu muss man zeigen, dass die angegebenen 3 Funktionen Losungen der angegebenen linearen Dierentialgleichung 3. Ordnung sind und linear unabhangig. Es gilt (x) = 1, (x) = 0, ( x 2) = 0 und damit und weiterhin x x 2 0 2x 1 + 2x = 0, ( x 2 ) = 2x, ( x 2 ) = 2, ( x 2 ) = 0 und damit x x 2 2 2x 2x + 2x 2 = 0 sowie ( ) 1 = 1 ( ) 1 x x, = 2 ( ) 1 2 x x, = 6 3 x x 4 und damit x 3 ( 6x ) ( ) 2 + x 2 2x ( 1x ) x = 0. x 3 Nun soll die lineare Unabhangigkeit mit Hilfe der Wronski-Determinante nachgewiesen werden: y 1 y 2 y 3 x x 2 1 W (y 1, y 2, y 3 ) = y 1 y 2 y 3 x = 1 2x 1 y (2) 1 y (2) 2 y (2) x = x 2 x 2 = x 3 Eine spezielle Losung der inhomogene Dierentialgleichung kann man wiederum versuchen mit Hilfe der Methode der Variation der Konstanten zu berechnen, der Ansatz ergibt sich aus der Basislosung: Y (x) = c 1 (x)y 1 (x) + c 2 (x)y 2 (x) c n (x)y n (x).

78 78 5. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN n-ter ORDNUNG Das ist aber nur eine Bedingung, wir brauchen insgesamt n Bedingungen und mussen deshalb n 1 weitere nden. Diese erhalten wir dadurch, dass wir fordern, dass die k-te Ableitung Y (k) (x) = c 1 y (k) 1 (x) + c 2 y (k) 2 (x) c n y (k) n (x), k = 1, 2,..., n 1, (31) ist, d.h. wir erhalten die folgenden n 1 Gleichungen: c 1(x)y (i) 1 (x) + c 2(x)y (i) 2 (x) c n(x)y (i) n (x) = 0, i = 0, 1, 2,..., n 2. Wir erinnern daran, dass Y eine Losung der inhomogenen Dierentialgleichung muss. Ersetzen wir die Ableitungen von Y durch die Ausdrucke in (31) und erinnern daran, dass die y 1, y 2,..., y n Losungen der homogenen Dierentialgleichung sind, so erhalt man c 1(x)y (n 1) 1 (x) + c 2(x)y (n 1) 2 (x) c n(x)y (n 1) (x) = f(x), d.h. wir erhalten das Gleichungssystem c 1(x)y 1 (x) + c 2(x)y 2 (x) c n(x)y n (x) = 0, c 1(x)y (1) 1 (x) + c 2(x)y (1) 2 (x) c n(x)y (1) n (x) = 0, c 1(x)y (2) 1 (x) + c 2(x)y (2) 2 (x) c n(x)y (2) n (x) = 0, c 1(x)y (n 2) 1 (x) + c 2(x)y (n 2) 2 (x) c n(x)y (n 2) n (x) = 0, c 1(x)y (n 1) 1 (x) + c 2(x)y (n 1) 2 (x) c n(x)y n (n 1) y 1 y 2 y 3... y n y 1 y 2 y 3... y n.... y (n 2) 1 y (n 2) 2 y (n 2) 3... y n (n 2) y (n 1) 1 y (n 1) 2 y (n 1) 3... y n (n 1). c 1 c 2. n c n 1 c n (x) = f(x), = f(x) Dieses Gleichungssystem fur c 1(x), c 2(x),..., c n(x) ist genau dann eindeutig losbar, wenn die Koezientenmatrix eine Determinante besitzt, die ungleich Null ist. Da die auftretende Determinante die Wronski-Determinante ist und die Funktionen y 1, y 2,..., y n eine Losungsbasis bilden, ist das Gleichungssystem eindeutig losbar und mit Hilfe der Cramerschen Regel erhalt man c m(x) = f(x)w m(x), m = 1, 2,..., n, W (x) wobei W (x) = W (y 1, y 2,..., y n )(x) und W m (x) diejenige Determinante, die man aus W (x) erhalt, wenn man die m-te Spalte durch (0, 0,..., 0, 1) T ersetzt. Mit dieser Schreibweise ergibt sich die partikulare Losung Y (x) = n y m (x) m=1 x x 0 f(ξ)w m (ξ) W (ξ) dξ..

79 2. HOMOGENE DIFFERENTIALGLEICHUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN Homogene Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten Die homogene lineare Dierentialgleichung n-ter Ordnung lautet in Standardform: y (n) + a n 1 y (n 1) a 1 y + a 0 y = 0, mit reellwertigen oder auch komplexwertigen Koezienten a n 1,..., a 1, a 0. Der Ansatz ist wieder der λ-ansatz: y(x) = e λx, λ C. Dann geht die Dierentialgleichung in des charakteristische Polynom χ(λ) = λ n + a n 1 λ n a 1 λ + a 0 = 0 uber. Jenachdem ob eine Nullstelle einfach reell, k-fach reell oder einfach komplex bzw. k-fach komplex vorliegt, ergeben sich die folgenden Basislosungen: Losung der charakteristischen Gleichung λ R, einfach reell Basislosung e λx λ R, k-fach reell e λx, x λx,... x k 1 e λx, λ = a ± bi, einfach komplex e ax cos(bx), e ax sin(bx), λ = a ± bi, k-fach komplex e ax cos(bx), xe ax cos(bx),..., x k 1 e ax cos(bx), als Beispiel 34. Man zeige, dass die allgemeine Losung von geschrieben werden kann. Man bestimme die Losung, welche y (4) y = 0 y(x) = c 1 cos x + c 2 sin x + c 3 sinh x + c 4 cosh x y(0) = 0, y (0) = 0, y (0) = 1, y (4) (0) = 1 e ax sin(bx), xe ax sin(bx),..., x k 1 e ax sin(bx). erfullt. Warum ist es gunstiger, anstelle von e x und e x die Losungen cosh x und sinh x zu verwenden. Als erstes stellen wir das charakteristische Polynom auf: λ 4 1 = 0 (λ 2 1)(λ 2 + 1) = 0.

80 80 5. LINEARE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN n-ter ORDNUNG Oensichtlich hat diese Gleichung die Losungen: λ 1 = 1, λ 2 = 1, λ 3 = i, λ 4 = i. Das ergibt die allgemeine Losung der homogenen Dierentialgleichung y(x) = c 1 cos x + c 2 sin x + C 3 e x + C 4 e x. Nun ist aber cosh x = 1 2 ( e x + e x), sinh x = 1 2 ( e x e x) und damit C 3 e x + C 4 e x = 1 2 (C 3 C 4 ) ( e x + e x) (C 3 + C 4 ) ( e x e x) = c 3 cosh x + c 4 sinh x bzw. y(x) = c 1 cos x + c 2 sin x + c 3 sinh x + c 4 cosh x. Diese Darstellung ist gunstiger, da (sinh x) = cosh x, (cosh x) = sinh x und sinh 0 = 0, cosh 0 = 1. Zu Losung des Anfangswertproblems betrachten wir y(0) = c 1 cos 0 + c 2 sin 0 + c 3 sinh 0 + c 4 cosh 0 = c 1 + c 4 = 0, y (0) = c 1 sin 0 + c 2 cos 0 + c 3 cosh 0 + c 4 sinh 0 = c 2 + c 3 = 0, y (0) = c 1 cos 0 c 2 sin 0 + c 3 sinh 0 + c 4 cosh 0 = c 1 + c 4 = 1, Mit der Losung y (0) = c 1 sin 0 c 2 cos 0 + c 3 cosh x + c 4 sinh 0 = c 2 + c 3 = 1. c 1 = c 2 = 1 2, c 3 = c 4 = 1 2. D.h. die Losung des Anfangswertproblems ist y(x) = 1 2 cos x sin x 1 2 sinh x 1 cosh x Inhomogenene lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten. Hier empehlt es sich, wenn moglich einen Ansatz vom Typ der rechten Seite zu machen. Fur die partikulare Losung von a n y (n) + a n 1 y (n 1) +... a 1 y + a 0 y = f(x) kann man fur die entsprechenden rechten Seite die folgenden Ansatze wahlen:

81 2. HOMOGENE DIFFERENTIALGLEICHUNG MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 81 f(x) Y (x) P m (x) = b m x m +b m 1 x m x s (B m x m + B m 1 x m B 0 ) b 0 P m (x)e αx sin(βx) P m (x)e αx cos(βx) x s (B m x m + B m 1 x m B 0 ) e αx x s [(B m x m + B m 1 x m B 0 ) e αx cos(βx) + (B m x m + B m 1 x m B 0 ) e αx sin(βx)], dabei ist s die Vielfacht von 0 bzw. α bzw. α+iβ als Nullstelle der charakteristische Gleichung.

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83 KAPITEL 6 Lösung mittels Potenzreihenansatz 1. Potenzreihenansatz Man nimmt an, dass die Dierentialgleichung F (x, y, y, y,..., y (n) ) = 0 eine Losung y(x) besitzt, die sich um x = x 0 als Potenzreihe y(x) = a n (x x 0 ) n darstellen lasst. Es gibt zwei Methoden wie man die Koezienten a n bestimmt. n=0 1. Fortgesetzte Differentation Da das Verfahren sehr aufwendig ist, erlautern wie es am Beispiel: Wir betrachten das Anfangswertproblem y = f(x, y), y(x 0 ) = y 0. Mit der Taylorformel (Entwicklung der Funktion y(x) in eine Taylorreihe um x 0 und Koezientenvergleich mit der Potenzreihe) gilt a n = y(n) (x 0 ). n! Durch fortgesetzte Dierentation der Gleichung y = f(x, y(x)) bei x = x 0 bestimmt man nacheinander die Koezienten: a 0 =y(x 0 ) = y 0 a 1 =y (x 0 ) = f(x 0, y 0 ) 2!a 2 =y (x 0 ) = f x (x 0, y 0 ) + f y (x 0, y 0 )y (x 0 ) = f x (x 0, y 0 ) + f y (x 0, y 0 )a 1 3!a 3 =y (x 0 ) = [f xx + f xy y + (f yx + f yy y )y + f y y ] (x0,y 0 ) = [f xx + f xy a 1 + (f yx + f yy a 1 )a 1 + f y 2!a 2 ] (x0,y 0 ) usw. usf. Beispiel 35. Fur die Losung y(x) = a n x n n=0 83

84 84 6. L OSUNG MITTELS POTENZREIHENANSATZ des AWP der Riccati-Dierentialgleichung erhalt man auf diese Weise Somit ist a 0 =y(0) = 1 a 1 =y (0) = 1 y = y 2 x 2, y(0) = 1, 2!a 2 =y (0) = 2x + 2yy (0) x=0 = 2x + 2ya 1 x=0;y=1 = 2 3!a 3 =y (0) = [f xx + f xy a 1 + (f yx + f yy a 1 )a 1 + f y 2!a 2 ] (0,1) = [ (0 + 2a 1 )a 1 + 2y2!a 2 ] (0,1) = = 8 usw. usf. 2. Koeffizientenvergleich Man geht mit dem Ansatz und den Ableitungen y (x) = y(x) = 1 + x + x ! x y(x) = a n (x x 0 ) n n=0 (n + 1)a n+1 (x x 0 ) n, y (x) = n=0 (n + 2)(n + 1)a n+2 (x x 0 ) n,... in die Dierentialgleichung und ordnet nach Potenzen von (x x 0 ) : n=0 0 = F (x, y(x), y (x),..., y (n) (x)) = b n (x x 0 ) n mit Koezienten b n = b n (a 0, a 1, a 2,...), die von a 0, a 1, a 2,... abhangen. Ein Koef- zientenvergleich ergibt ein (unendliche) Gleichungssystem aus dem man (in g unstigen Fallen) die a n ermitteln kann. Man kann in der Regel darauf vertrauen, dass die so gefundene Potenzreihe im Konvergenzintervall x 0 R < x < x 0 + R eine Losung darstellt, sofern sie einen Konvergenzradius R > 0 besitzt. Meist sind die ersten Koezienten durch die Anfangsbedingungen n=0 a 0 = y(x 0 ), a 1 = y (x 0 ),..., (n 1)!a n 1 = y (n 1) (x 0 ) vorgegeben; andernfalls treten sie als freie Parameter in der Losung auf.

85 1. POTENZREIHENANSATZ 85 Potenzreihenlosung der Dierentialgleichung F (x, y, y,..., y (n) ) = Schritt: Den Ansatz y(x) = a n (x x 0 ) n n=0 und die Ableitungen y (x) = (n + 1)a n+1 (x x 0 ) n, y (x) = n=0 (n + 2)(n + 1)a n+2 (x x 0 ) n,... n=0 in die Dierentialgleichung einsetzen. 2. Schritt: Rechnen und ordnen. Potenzen y 2 (x), y 3 (x),... mit der Cauchy-Produktformel berechnen und alles nach wachsenden (x x 0 )-Potenzen ordnen. 3. Schritt: Der Koezientenvergleich. Fur n = 0, 1, 2,..., stellt man durch Vergleich der Koezienten bei (x x 0 ) n ein Gleichungssystem fur a 0, a 1, a 2,... auf. 4. Schritt: Mit den Losungen geht man nun zum Ansatz zuruck; evtl. den Konvergenzradius bestimmen. Beispiel 36. Die Laguerresche Dierentialgleichung. xy + (1 x)y + my = 0, m R. 1. Ansatz: y(x) = und die Ableitungen y (x) = a n (x x 0 ) n n=0 y (x) = n a n (x x 0 ) n 1, n=1 n (n 1)a n (x x 0 ) n 2, n=2

86 86 6. L OSUNG MITTELS POTENZREIHENANSATZ als Ansatz in die Dgl. einsetzen. 2. Ordnen: 0 = xy + (1 x)y + my = ma 0 + a Koezientenvergleich: 0 = a 1 + ma 0, ( ) (m n)an + (n + 1) 2 a n+1 x n. n=1 0 = (m n)a n + (n + 1) 2 a n+1, n = 1, 2, Ausrechnen: a 0 R frei wahlbar, rekursiv weiterrechnen: a 1 = ma 0, a 2 = m 1 a = m 2 a 3 = m 2 a = m 3 a n = ( 1) n m n Diese Reihe konvergiert fur alle x R. a 0 n! xn. a 0 2, a 0 6,..., Bemerkung 13. Ist m N, so bricht die Reihe bei n = m ab und man erhalt fur a 0 = 1 das sogenannte Laguerresche Polynom L m (x) vom Grad m. Man rechnet leicht nach, dass L m (x) = ex m! d m dx m ( x m e x), m = 0, 1, 2,.... Auerdem bilden die Laguerreschen Polynome bzgl. der Gewichtsfunktion e x uber dem Intervall [0, ) eine Menge orthogonaler Polynome, da 1, n = m, L n (x) L m (x) e x dx = 0 0, n m. Bemerkung 14. Die Dierentialgleichung hat bei x = 0 eine Singularitat. Setzt man x = 0 in die Dierentialgleichung ein, so erhalt man statt einer Bestimmungsgleichung fur y (0) eine Einschrankung fur die Anfangswerte: y (0) + my(0) = 0.

87 2. MODIFIZIERTER ANSATZ UND GLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT VERANDERLICHEN KOEFFIZIENTEN 87 Nur fur diese Wahl der Anfangswerte existieren Losungen des AWP, namlich die oben berechnete einparametrige Schar. Alle weiteren Losungen sind in x = 0 singular, sie werden durch diesen Potenzreihenansatz nicht erreicht. 2. Modifizierter Ansatz und Gleichungen 2. Ordnung mit veränderlichen Koeffizienten Allgemein fuhrt der Potenzreihenansatz um x 0 zu einer nichttrivialen Losung bei Dierentialgleichungen vom Typ p(x)y + q(x)y + r(x)y = 0, (32) wenn die Funktionen q(x) und r(x) p(x) p(x) um x = x 0 in Taylor-Reihen entwickelbar sind. Eine besondere Rolle spielen hierbei oensichtlich die Nullstellen von p(x). Definition 5. Man nennt x 0 einen singularen Punkt oder eine Singularitat der Dierentialgleichung (32), wenn p(x 0 ) = 0 gilt. Man nennt x 0 eine regulare Singularitat, wenn p(x) = (x x 0 ) 2 p 0 (x), q(x) = (x x 0 )p 1 (x), r(x) = p 2 (x) gilt mit Funktionen p i (x), i = 0, 1, 2, die um x 0 entwickelbar sind, und zusatzlich p 0 (x 0 ) 0 ist. in eine Taylorreihe Fur Dierentialgleichungen vom Typ (x x 0 ) 2 p 0 (x)y + (x x 0 )p 1 (x)y + p 2 (x)y = 0 mit der regularen Singularitat x 0 fuhrt ein Ansatz y(x) = (x x 0 ) r P (x) zum Ziel, wenn r eine Nullstelle der Indexgleichung r(r 1)p 0 (x 0 ) + rp 1 (x 0 ) + p 2 (x 0 ) = 0 und P (x) eine Potenzreihe der Gestalt P (x) = a n (x x 0 ) n n=0 ist. Beispiel 37. Bessel-Dierentialgleichung x 2 y + xy + (x 2 α 2 )y = 0

88 88 6. L OSUNG MITTELS POTENZREIHENANSATZ hat in x = 0 eine regulare Singularitat, da p(x) = x 2 = (x 0) 2 1, q(x) = x = (x 0) 1, und r(x) = x 2 α 2. Die Indexgleichung lautet r(r 1)p 0 (x 0 ) + rp 1 (x 0 ) + p 2 (x 0 ) = r(r 1) 1 + r α 2 = r 2 α 2 = 0, mit den Nullstellen r 1 = α und r 2 = α, die mogliche Werte fur den Ansatz sind. Man beachte, dass im Ansatz (evtl. nur x > 0) zugelassen ist. Es sei α = m N. Der Ansatz und damit xy = y(x) = x α P (x) mit α > 0 nur x 0, y(x) = x m n=0 a n x n = (n + m)a n x n+m, x 2 y = n=0 a n x n+m n=0 (n + m 1)(n + m)a n x n+m in die Dierentialgleichung eingesetzt und Umordnen fuhrt auf (n + m 1)(n + m)a n x n+m + (m + n)a n x n+m + a n x n+m+2 m 2 n=0 n=0 n=0 n=0 n=0 a n x n+m = ( (m 1)m + m m 2) a 0 x m + ( (1 + m 1)(1 + m) + (1 + m) m 2) a 1 x m + (( + ) ) (n + m 1)(n + m) + (n + m) m 2 a n + a n 2 x n+m = 0. n=2 Der Koezientenvergleich ergibt nun a n 2 a 0 beliebig, a 1 = 0, a n = (n + m) 2 m, n 2. 2 Mittels vollstandiger Induktion erhalt man hieraus: Die Reihe a 2n 1 = 0, a 2n = ( 1) n a 0 4 n n! (m + 1)(m + 2) (m + n), n 1. y(x) = a 0 x m n=0 ( 1) n x 2n m! 4 n n! (m + n)! Mit a 0 = 1 erhalt man die spezielle Losung 2 m m! J m (x) = xm ( 1) n x 2n 2 m 4 n n! (m + n)!. n=0 J m (x) heit Bessel-Funktion 1. Art der Ordnung m.

89 2. MODIFIZIERTER ANSATZ UND GLEICHUNGEN 2. ORDNUNG MIT VERANDERLICHEN KOEFFIZIENTEN 89 Es gibt eine weitere Losung der Dierentialgleichung der Gestalt Y m (x) = cj m (x) ln x + 1 x m P 2(x), wobei c R und P 2 (x) eine Potenzreihe um x = 0 bezeichnet. Y m (x) heit Bessel-Funktion 2. Art der Ordnung m, sie hat bei x = 0 eine singulare Stelle. J m und Y m bilden eine Losungsbasis der Besselschen Dierentialgleichung.

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91 KAPITEL 7 Systeme von Differentialgleichungen 1. Ordnung 1. Grundsätzliches In vielen Anwendungen sind zeitlich variable Groen x 1 (t), x 2 (t),..., x n (t) in der Weise gekoppelt, dass der " momentane Zuwachs\ ẋ i (t) nicht nur von x i (t) und t abhangt, sondern auch von den restlichen Funktionen besteht ein Zusammenhang der Form v i : R n+1 D R ẋ i = v i (t, x 1,..., x n ), 1 i n. Dieses Dierentialgleichungssystem 1. Ordnung besitzt in vektorieller Schreibweise die Gestalt x = v(t, x). Definition 6. Eine auf dem oenen Intervall I R erklarte vektorwertige Funktion (parametrisierte Kurve) x : I R n heit Losung oder Losungskurve des Dierentialgleichungssystems, wenn (t, x(t)) D und x = v(t, x(t)) fur alle t I gilt. Verlauft eine Losung zur " Zeit\ t = t 0 I durch den Punkt x 0 R n, so ist sie eine Losung des Anfangswertproblems x = v(t, x), x(t 0 ) = x 0. Wie im eindimensionalen Fall spricht man von einer allgemeinen Losung, wenn sie n freie Parameter enthalt und nennt eine allgemeine Losung vollstandig, wenn damit samtliche Losungen erfasst. Geometrische Deutung Eine Kurve besitzt in x(t) den Tangentenvektor x(t). Ist v von t unabhangig (autonome Systeme), so stellen die Losungen von x = v( x) 91

92 92 7. SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG genau die Feldlinien des Vektorfeldes v( x) dar. Differentialgleichungen n-ter Ordnung und Systeme von DGL 1. Ordnung Wir betrachten die explizite Dierentialgleichung n-ter Ordnung: Setzt man nun x (n) (t) = f(t, ẋ, ẍ,..., x (n 1) ). (33) x 1 := x, x 2 := ẋ,..., x n := x (n 1), so lasst sich die explizite Dierentialgleichung in ein aquivalentes Dierentialgleichungssystem 1. Ordnung verwandeln: ẋ 1 = x 2, ẋ 2 = x 3,. (34) ẋ n 1 = x n, ẋ n = f(t, x 1, x 2,..., x n ). Beispiel 38. Die lineare Dierentialgleichung n-ter Ordnung x (n) + a n 1 (t)x (n 1) a 1 (t)ẋ + a 0 (t)x = b(t) ist aquivalent zum System 1. Ordnung: x = a 0 a 1 a 2... a n 2 a n 1 x b(t), x := x ẋ ẍ. x (n 2) x (n 1).(35) Oenbar gilt: Satz 26. x(t) ist Losung der Dierentialgleichung n-ter Ordnung (33) x(t) = (x(t), ẋ, ẍ,..., x (n 1) ) T Losung des Dierentialgleichungssystems 1. Ordnung (34) ist.

93 Beispiel 39. Van der Pol-Dierentialgleichung 1. GRUNDSATZLICHES 93 ẍ (α βx 2 )ẋ + x = 0 beschreibt die Anderung der Gittervorspannung in der Triodenschaltung. Das aquivalente Dierentialgleichungssystem lautet ẋ = y, ẏ = (α βx 2 )y x. Die bekannten Satze uber die Existenz und Eindeutigkeit der Losung lassen sich auf Dierentialgleichungssysteme 1. Ordnung ubertragen: Satz 27. (Satz von Peano) Das AWP x = v(t, x), x(0) = x 0 mit einem auf dem Gebiet G R n+1 stetigen Vektorfeld v : G R n besitzt fur (t 0, x 0 ) G wenigstens eine Losung. Die Eindeutigkeit erhalt man wieder aus der Lipschitz-Bedingung: v(t, x) v(t, x ) L x x, L 0. Satz 28. (Existenz- und Eindeutigkeitssatz für Systeme) Ist das Vektorfeld v(t, x) R n fur a < t < b und x aus dem Gebiet D R n stetig partiell nach x 1, x 2,..., x n dierenzierbar, dann gibt es zu jedem t 0 (a, b) und jedem x 0 D genau eine maximale Losung des AWP x = v(t, x), x(t 0 ) = x 0 (36) Dabei heit die Losung x : I R n maximal, wenn sie sich nicht mehr zu einer Losung auf einem groeren Intervall fortsetzen lat. Satz 29. Erfullt das Vektorfeld v(t, x) R n auf dem " Streifen\ a t b, x R n eine (globale) Lipschitzbedingung, so hat das AWP (36) fur jedes x 0 R n genau eine auf dem ganzen Intervall a t b denierte Losung.

94 94 7. SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Bemerkung 15. Obige Satze gelten in angepasster Weise auch fur Dierentialgleichungen n-ter Ordnung. 2. Lineare DGL-Systeme Die einfachsten und zugleich wichtigsten DGL-Systeme sind linear, d.h. sie lassen sich in der Form x = A(t) x + b(t) (37) bringen, mit x R n, einer Koezientenmatrix A(t) = (a ij (t)) R n n und einer Stor- oder Steuerfunktion b(t). Dabei sind die Funktionen a ij (t) und b j (t) uber einem gemeinsamen Intervall I R deniert. Das System heit homogen, wenn b(t) = 0 fur alle t I ist, ansonsten heit es inhomogen. x = A(t) x (38) ist das dem DGL-System zugeordnete homogene DGL-System Lösungsstruktur. Die allgemeine Losung des inhomogenen DGL-Systems (37) hat die Gestalt x(t) = x p (t) + x h (t) mit der partikularen Losung x p von (37) und der allgemeinen vollstandigen Losung x h (t) von (38) Lösungsmenge des homogenen DGL-Systems. Die Losungsmenge L := { x : I R n ; x(t) = A(t) x(t), t I} ist ein reeller Vektorraum, der sogenannte Losungsraum. Fur n (nicht notwendig verschiedene) Losungen x 1 (t), x 2 (t),..., x n (t) von (37) bezeichnet X(t) := ( x 1 (t), x 2,..., x n (t)) W (t) := det X(t) die Losungsmatrix, die Wronski-Determinante. Es ist nicht einfach die Losungsmatrix X(t) aus A(t) abzulesen, dagegen kann man W (t) leicht aus A(t) ablesen. Satz 30. Fur beliebiges, aber festes t 0 I ist ( t ) W (t) = W (t 0 ) exp spur A(s) ds. t 0

95 2. LINEARE DGL-SYSTEME 95 Beweis: Fur W (t) ergibt sich eine trennbare Dierentialgleichung: d dt W (t) = det ( x 1, x 2,..., x n ) +... det ( x 1, x 2,..., x n ) = det (A x 1, x 2,..., x n ) +... det ( x 1, x 2,..., A x n ) = (spur A(t))W (t). Wir begrunden zunachst den ersten Teil. Fur n = 2 haben wir d x 11 x 12 = d dt x 21 x dt (x 11x 22 x 21 x 12 ) = ẋ 11 x 22 + x 11 ẋ 22 ẋ 21 x 12 x 21 ẋ ẋ 11 x 12 x 11 ẋ 12 = +. ẋ 21 x 22 x 21 ẋ 22 Fur eine n n-matrix gilt x 11 x x 1n d x 21 x x 2n = d ( ) x11 X 11 x 21 X 21 + x 31 X ( 1) n 1 x n1 X n1 dt dt x n1 x n2... x nn d = ẋ 11 X 11 + x 11 dt X d 11 ẋ 21 X 21 x 21 dt X ( 1) n 1 ẋ n1 X n1 + ( 1) n 1 d x n1 dt X n1 ẋ 11 x x 1n x 11 x ẋ 1n ẋ 21 x x 2n x 21 x ẋ 2n = , ẋ n1 x n2... x nn x n1 x n2... ẋ nn dabei sind die X ij die entsprechenden Unterdeterminanten. Die verbleibende Beziehung ergibt sich aus det [(λe A)X] = det (λe A) det X = [λ n λ n 1 spur A ( 1) n det A] det X nach dem Determinanten-Multiplikationssatz und der Berechnung der speziellen Determinante det (λe A), und einem Koezientenvergleich mit det [(λe A)X] = det (λ x 1 A x 1, λ x 2 A x 2,..., λ x n A x n ) = λ n det X λ n 1 [det (A x 1, x 2,..., x n ) det ( x 1, x 2,..., A x n )] ( 1) n det A det X,

96 96 7. SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG da die Determinante linear in Spalten ist. Folglich gen ugt W (t) der (skalaren) linearen Dierentialgleichung d W (t) (spur A(t))W (t) = 0 dt und das Anfangswertproblem hat die Losung ( t ) W (t) = W (t 0 ) exp spur A(s) ds. # t 0 Beispiel 40. Es sei x = 1 t Fur die beiden Losungen x 1 (t) = 1 2t2 0 1 t 0 x, x R 2, t > 0. und x 2 = t3 t ist Dasselbe ergibt sich mit und t t 3 W (t) = = t 2 0, falls t > 0. 0 t spur 1 t 1 2t2 0 1 = 2 t t t 3 W (1) = = t 2 0 t t=1 D.h. fur W (t) gilt d dt W (t) 2 W (t) = 0, W (1) = 1 t und ergibt die Losung W (t) = K exp(ln t 2 ) und K wird aus W (1) = 1 bestimmt, d.h. W (t) = t 2. Aus der Berechnung von W (t) folgt unmittelbar t=1 = 1. W (t) 0 fur alle t I W (t 0 ) 0 fur ein t 0 I.

97 2. LINEARE DGL-SYSTEME 97 Definition 7. Man nennt m Funktionen x k, k = 1, 2,..., m, linear unabhangig auf I, wenn gilt α 1 x 1 + α 2 x α m x m = 0 fur alle t I α 1 = α 2 =... = α m = 0. Satz 31. Sind x 1 (t), x 2 (t),..., x n (t) Losungen des homogenen DGL- Systems (38)auf I, so gilt mit W (t) = det ( x 1 (t), x 2 (t),..., x n (t)) der W-Test x 1, x 2,..., x n sind linear unabhangig auf I W (t 0 ) 0 fur ein t 0 I. Satz 32. (Lösungsraum) (1) Die Losungsmenge L = { x(t) : I R n, ẋ(t) = A(t) x(t), t I} des homogenen linearen Dierentialgleichungssystems (38) ist ein n-dimensionaler Vektorraum. (2) n Losungen X(t) = ( x 1 (t), x 2 (t),..., x n ) bilden genau dann eine Basis des Losungsraumes (genannt Losungsbasis oder Fundamentalsystem), wenn W (t) 0 fur ein (und damit alle) t I. In diesem Fall ist x(t) = c 1 x 1 (t) + c 2 x 2 (t) c n x n (t) die allgemeine und vollstandige Losung des homogenen linearen Dierentialgleichungssystems (38). Beweis: Es sei a, b I, a < b. Die (vektorwertige) Funktion A(t) x(t) ist auf a < t < b, x 1 stetig und nimmt deshalb ihr Maximum und Minimum an. Also gilt ( ) 1 A(t) x(t) x(t) L, fur alle t [a, b], x(t) 0 und es folgt A(t)( x y) L x y.

98 98 7. SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Deshalb garantiert der Existenz- und Eindeutigkeitssatz zu jedem t 0 I und 1 i n die Existenz genau einer Losung y i (t) mit y i (t 0 ) = e i (i-ter Basisvektor des R n ). Nach dem W -Test sind diese Losungen aufgrund von W (t 0 ) = det ( y 1 (t 0 ), y 2 (t 0 ),..., y n (t 0 )) = det E = 1 linear unabhangig. Ist nun x(t) irgendeine Losung mit x 0 (t 0 ) = a = (a 1, a 2,..., a n ) T, so ist auch y(t) := a 1 y 1 (t)+a 2 y 2 (t)+...+a n y n (t) eine Losung mit y 0 (t) = a. Aus der Eindeutigkeit folgt x(t) = y 0 (t). Somit bilden die y i (t), 1 i n, eine Basis und die Dimension des Losungsraumes ist folglich n. Der Rest folgt aus dem W -Test und den allgemeinen Eigenschaften einer Basis. # Die Losungsbasis wird wird gleichzeitig als Matrix dargestellt: X(t) = ( x 1 (t), x 2 (t),..., x n (t)), die Spalten von X(t) sind gerade die Losungsvektoren eines Fundamentalsystems, deshalb nennt man X(t) Fundamentalmatrix. In kompakter Matrixschreibweise lautet die allgemeine Losung des homogenen Dierentialgleichungssystems und die eindeutige Losung des AWP x(t) = X(t) c, c R n, x = A(t) x x(t 0 ) = x 0, besitzt die Darstellung x(t) = X(t)X 1 (t 0 ) x 0. Dabei verwendet man, dass die Fundamentalmatrix f ur alle t I invertierbar ist. Bemerkung 16. Bisher wurde nur die Existenz einer Fundamentalmatrix nachgewiesen. Die explizite Berechnung gelingt leider nur in Sonderfallen, z.b. wenn A(t) = const ist. Die Variation der Konstanten ist eine Methode, partikulare Losungen des inhomogenen Dierentialgleichungssystems (37) zu bestimmen, falls man eine Fundamentallosung X(t) des zugeordneten homogenen Systems (38) kennt.

99 2. LINEARE DGL-SYSTEME 99 (Variation der Konstanten) Ansatz: x p (t) = X(t) c(t) fuhrt auf AX(t) c(t) + b(t) = x p (t) = Ẋ(t) c(t) + X(t) c(t) = AX(t) c(t) + X(t) c(t) (39) b(t) = X(t) c(t) c(t) = X 1 (t) b(t) dt, (40) wobei das Integral komponentenweise zu bestimmen ist. Satz 33. Die vollstandige allgemeine Losung von x = A(t) x + b(t) lautet [ t ] x(t) = X(t) X 1 (τ) b(τ) dτ + c, c R n. t 0 Dabei ist X(t) eine Fundamentalmatrix von x = A(t) x und t 0 I (beides beliebig, aber fest). Fur c = X 1 (t 0 ) x 0 erfullt x(t) das AWP x(t 0 ) = x 0.

100 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Grundprinzipien fur lineare Dierentialgleichungssysteme: homogen x = A(t) x (A : I R n n stetig) (1) Alle Losungen sind auf dem oenen Intervall I R deniert. (2) Der Losungsraum ist n dimensional. (3) Real- und Imaginarteil einer komplexen Losung sind ebenfalls Losungen. (4) Existenz des Fundamentalsystems: Zu jeder Basis B = ( v 1,..., v n ) des R n und t 0 I gibt es ein Fundamentalsystem X(t) = ( x 1 (t), x 2 (t),..., x n (t)) mit X(t 0 ) = B. (5) Die vollstandige allgemeine Losug lautet: x(t) = X(t) c. (6) Das AWP mit x(t 0 ) = x 0 hat die eindeutig bestimmte Losung x(t) = X(t)X 1 (t 0 ) x 0. (7) W -Test: X(t) = ( x 1 (t), x 2 (t),..., x n (t)) Fundamentalsystem W (t) = det X(t) 0 fur ein t I und damit alle t I. inhomogen x = A(t) x + b(t) (A : I R n n, b : I R n stetig) (1) Alle Losungen sind auf dem Intervall I R deniert. (2) Die Losungsstruktur ist x(t) = x p (t) + x h (t). (3) Es gilt das Superpositionsprinzip. (4) Variation der Konstanten: Ansatz x p (t) = X(t) c(t). (5) In Spezialfallen gibt es bestimmte Ansatze fur x p (t). 3. Lineare DGL-Systeme mit konstanten Koeffizienten Fur lineare Dierentialgleichugssysteme mit konstanten Koezienten x = A x + b(t) ist die Koezientenmatrix A = (a ij ) n i,j=1 nicht von der Zeit t abhangig. In diesem Fall ist es (leicht) moglich ein Fundamentalsystem des zugehorigen homogenen Dierentialgleihcungssystems x = A x anzugeben, dazu bedarf es aber einiger Kenntnisse aus der Matrizenrechnung Hauptvektoren. Ziel ist die Bestimmung eines Fundamentalsystems.

101 3. LINEARE DGL-SYSTEME MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 101 Definition 8. Ein Vektor v C n heit Hauptvektor der Stufe l N zum Eigenwert λ der Matrix A, wenn (A λe) l v = 0 und (A λe) l 1 v 0. Beispiel 41. Jeder Eigenvektor u von A ist Hauptvektor der Stufe 1, da (A λe) u = 0 und u = (A λe) 0 u 0. Beispiel 42. Die Matrix A = besitzt den Eigenwert λ = 1 mit der algebraischen Vielfachheit 3 (Bestimmung der Eigenwerte als Nullstellen des charakteristischen Polynoms): 1 λ 1 1 det (A λe) = 0 1 λ 1 = (1 λ) 3 = λ und (Bestimmung der Eigenvektoren zu λ = 1 und des dazugehorigen Eigenraumes): x y + z 0 (A λe) = y = z = 0 y = z = 0 und x R, z d.h. der Eigenraum ist V (1) = t 0, t R und hat die Dimension 1. 0 Somit ist die geometrische Vielfachheit des Eigenwerts λ = 1 gleich 1. Weiterhin gilt (A E) e 1 = 0, (A E) e 2 = e 1, (A E) 2 e 2 = 0, (A E) e 3 = e 1 + e 2, (A E) 2 e 3 = e 1, (A E) 3 e 3 = 0.

102 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Deshalb ist e 1 ein Eigenvektor = Hauptvektor der Stufe 1, e 2 Hauptvektor der Stufe 2 und e 3 Hauptvektor der Stufe 3. Die drei Hauptvektoren { e 1, e 2, e 3 } bilden eine Basis des R 3. Bemerkung 17. Ist v ein Hauptvektor der Stufe l zum Eigenwert λ, so sind v, (A λe) v, (A λe) 2 v,..., (A λe) l 1 v, stets l linear unabhangige Hauptvektoren der Stufen l, l 1,..., 1. Man nennt sie die durch v bestimmte Hauptvektor-Kette. Satz 34. Zu jedem k-fachen Eigenwert λ der Matrix A gibt es k linear unabhangige Hauptvektoren, d.h. Dim { x : (A λe) k x = 0} = k. r Hauptvektoren zu paarweise verschiedenen Eigenwerten der Matrix A sind linear unabhangig. Folgerungen: (1) Zu jeder komplexen oder reellen n n-matrix gibt es eine Basis des C n bzw. R n aus Hauptvektoren von A. (2) Jede Matrix genugt ihrer eigenen charakteristischen Gleichung, d.h. ist p(λ) = det (A λe) = a n λ n + a n 1 λ n a 1 λ + a 0 = 0 das chrakteristische Polynom der Matrix A, dann gilt a n A n + a n 1 A n a 1 A + a 0 E = Berechnung von Hauptvektoren. Hauptvektoren mussen nur dann bestimmt werden, wenn es keine n linear unabhangigen Eigenvektoren zur MAtrix A gibt. Das ist dann der Fall, wenn es mindestens einen Eigenwert gibt dessen geometrische Vielfachheit kleiner als die algebraische Vielfachheit ist. In diesem Fall geht man wie folgt vor (1) Bilde (A λe) 2 und bestimme den Kern dieses Operators, d.h. den Unterraum der Losungen des Gleichungssystems (A λe) 2 v = 0. Dieser Unterraum wird aufgespannt von den Eigenvektoren zum Eigenwert λ und den Hauptvektoren der Stufe 2 zum Eigenwert λ. Die Bedingung (A λe) v 0 schliet die Eigenvektoren wieder aus. (2) Hat man immer noch nicht genug Hauptvektoren, so bilde man den Kern von (A λe) 3 und erganze die Basis des Kerns von (A λe) 2 zu einer des

103 3. LINEARE DGL-SYSTEME MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 103 Kerns von (A λe) 3. Diese erganzenden Vektoren sind die Hauptvektoren der Stufe 3. (3) Hat man immer noch nicht genugend Hauptvektoren so werden sukzessive weitere Hauptvektoren bestimmt. Das Verfahren bricht nach endlich vielen Schritten ab. Beispiel 43. Wir betrachten wieder die Matrix A = Wie wir bereits ermittelt hatten, besitzt sie den Eigenwert λ = 1 mit der algebrischen Vielfachheit 3 und der geometrischen Vielfachheit 1. Der zum Eigenwert λ = 1 gehorige Eigenvektor (=Hauptvektor der Stufe 1) ist e 1 = 1 0. Wir benotigen also Hauptvektoren 2. Stufe. Hierzu bilden wir (A E) 2 = (A E)(A E) = Dann besitzt das Gleichungssystem t 1 0 (A E) 2 v = 0 die Losung v = s = t 0 + s 1, s, t R, da e Eigenvektor ist, ist e 2 Hauptvektor der Stufe 2. Anaolog ndet man, dass e 3 Hauptvektor der Stufe 3 ist. Einfacher erscheint (zumindest mir) das folgende Vorgehen. Wir hatten geshen, dass jeder Hauptvektor der Stufe l eine Hauptvektor-Kette erzeugt: v, (A λe) v,..., (A λe) l 1 v von Hauptvektoren der Stufe l, l 1,..., 1. Nun sieht das zunachst nicht konstruktiv aus, da man " nur herunter zahlen kann\. Geht man aber davon aus, dass es eine Basis von Hauptvektoren geben muss, so heit das, dass wenn es nicht genugend Eigenvektoren gibt, die " Lucke\ mit Hauptvektoren gefullt wird und diese folglich existieren. Schaut man sich die Hauptvektor-Kette nun vom Eigenvektor u = (A λe) l 1 v aus an, so berechnet sich der Hauptvektor der Stufe 2

104 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG w = (A λe) l 2 v aus der Gleichung (A λe) w = (A λe) l 1 v = u, der Hauptvektor der Stufe 3 berechnet sich analog aus dem Hauptvektor der Stufe 2, usw. usf. 1 Beispiel 44. In obigem Beispiel ist der Eigenvektor gerade e 1 = 0. 0 Der Hauptvektor der Stufe 2 ist nun die Losung von w 1 1 (A E) w = e w 2 = 0 w 2 + w 3 = 1 w 3 = w und wir erhalten als Losung t und damit als Hauptvektor der 0 0 Stufe 2 den Vektor e 2. Analog erhalt man als Hauptvektor der Stufe 3 den Vektor e 3. Bemerkung 18. Die so berechneten Hauptvektoren sind Losungen inhomogener GLeichungssysteme, deshalb muss jede (meist unnotige) Normierung in der gesamten Kette vorgenommen werden. Bemerkung 19. Man beachte, dass ein Hauptvektor k-ter Stufe nicht eindeutig bestimmt sind, sondern sich um Linearkombinationen von Hauptvektoren mit Stufen kleiner k unterscheiden Matrix-Exponentialfunktion. Ersetzt man in der Partialsumme r k=0 a k x k (a k R) einer Potenzreihe die Potenzen x k durch die Potenzen A k einer festen reellen Matrix A, so erhalt man fur jedes r N 0 eine n n-matrix r a k A k = a 0 E + a 1 A a r A r. (41) k=0 Der Grenzubergang r wird genauso wie fur Vektoren komponentenweise erklart: Die Matrizenreihe k=0 a k A k heit konvergent mit der Summe (dem Grenzwert) S = (s ij ) n i,j=1, wenn die (i, j)-te Komponente von (41) fur r gegen s ij konvergiert (1 i, j n). Mit der Exponentialreihe e x = x k k=0 erhalt man auf diese Weise k!

105 3. LINEARE DGL-SYSTEME MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 105 Satz 35. (Matrix-Exponentialfunktion) Es sei A eine reelle n n- Matrix, t R, dann konvergiert (1) (2) e A := e ta := k=0 k=0 1 k! Ak = E + A A ! A3 +..., t k k! Ak = E + ta + t2 2 A2 + t3 3! A3 +..., dabei ist die konvergenz in jedem beschrankten Intervall fur t gleichmaig. Beispiel 45. Ist A eine Diagonalmatrix λ λ A = λ n dann sind alle Potenzen A k ebenfalls Diagonalmatrizen λ k A k 0 λ k = λ k n und wie man leicht sieht ist e A = e λ e λ e λn. Beispiel 46. Ist A nilpotent, d.h. A k+1 = 0, also A n = 0 fur n > k, dann ist e A = E + A k! Ak.

106 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Beispiel 47. Es sei A = A 2 = , A 3 = dann ist , A 4 = ,... und e ta = 1 t2 2! + t t + t3... 4! 3! 0 + t t3 3! ±... 1 t2 2! + t4 4!... = cos t sin t sin t cos t. Rechenregeln fur die Matrix-Exponentialfunktion: Fur fur reelle n n- Matrizen A, B gilt (1) Spezialfall e 0 = E, 0 Nullmatrix, E Einheitsmatrix, (2) Funktionalgleichung: Gilt AB = BA, (sind A und B also vertauschbar, was i. Allg. fur Matrizen nicht gilt), dann ist e A e B = e B e A = e A+B, (3) Inverse: ( e A) 1 = e A, (4) Ableitungsregel: d dt eta = A e ta = e ta A, t R. Bemerkung 20. Ist AB BA, so ist i. Allg. e A e B e B e A e A+B. Beispiel 48. Gegenbeispiel: Es sei A = und B = dann ist AB = = BA

107 und e A = sowie B 2 = 3. LINEARE DGL-SYSTEME MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 107 e1 0 0 e Damit errechnet man = e A e B = e e B e A = e =, e 0 0 1, also e B = E + B = = = e e 0 1 e 1 0 1, und beide Matrizen sind voneinander verschieden. Weiterhin ist Es ist auerdem A + B = C 2 = und damit C k = (A + B) k = C = e A+B = E+ k=1 1 k! Ck = E+ k= k! C = Folglich haben wir e A e B e B e A e A+B. = = =: C., fur alle k 1. Damit ist + e 1 e = e e Beispiel 49. Es sei A = a b b a = a 0 0 a + 0 b b 0 = Ã + B.

108 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Da die beiden Matrizen in der Summe vertauschbar sind, kann man benutzen, dass e A = eãe B = ea 0 0 e a (Anwendung von Beispiel 47) ist, also e A = e a cos t sin t cos b sin b sin t cos t. sin b cos b ist Beispiel 50. Jordan-Kästchen. Es sei A = λe +N, N k+1 = 0, k N. Dann e A = e λe+n = e λe e N = e λ e N = e λ ( E + N k! N k ) Allgemeine Lösung und Fundamentalsysteme. Satz 36. Das homogene lineare Dierentialgleichngssystem mit konstanten Koezienten besitzt die vollstandige allgemeine Losung x = A x, A R n n, (42) x(t) = e ta c, c R n, sie ist fur alle t R deniert. Mit jeder invertierbaren Matrix C R n n ist X(t) = e ta C eine Fundamentalmatrix des Dierentialgleichungssystems (42). Die Losung des Anfangswertproblems lautet x = A x, x(t 0 ) = x 0 R n x(t) = e (t t 0)A x 0. Beweis: ist C = ( c 1 c 2... c n ) eine Basis des R n (und gleichzeitig eine invertierbare Matrix), dann sind x(t) = e ta c i, 1 i n, n linear unabhangige Losungen, denn durch Dierentation nach t sieht man sofort, dass sie Losungen sind und der W-Test ergibt mit t = 0 det (e ta c 1 e ta c 2... e ta c n ) t=0 = det ( c 1 c 2... c n ) 0, da C eine Basis bzw. invertierbare Matrix ist.

109 3. LINEARE DGL-SYSTEME MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 109 Bemerkung 21. Anwendung: Wir hatten bereits festgestellt, dass sich die Wronski-Determinante sehr leicht aus dem gegebenen Dierentialgliehcungssystem berechnen lat, es ist (siehe Satz 30): ( t ) W (t) = W (t 0 ) exp spur A(s)ds. t 0 Fur Systeme mit konstanten Koezienten und t 0 = 0, t = 1 ist und damit ist ( 1 ) W (1) = W (0) exp spur A ds = W (0) e spur A 0 = det ( e ta C ) t=1 = det ( e A C ) = det C det e A = W (0) det e A det e A = e spur A. Stellt t die Zeit dar, so beschreibt x = A x einen Entwicklungsproze, der im R n wirkt: Eine Figur D R n wird im Laufe der Zeit t in {e ta x; x D} transformiert. Die Abbildung x e ta x ist linear, sie besitzt den Volumenverzerrungsfaktor e t spur A. Ist insbesondere spur A = 0, dann ist die Abbildung volumentreu fur alle t. Bemerkung 22. Obwohl damit die Losung vollstandig beschrieben ist, bereitet es Schwierigkeiten die Losung zu berechnen, da man e ta benotigt Lösungsbasis. Wir hatten bereits erhalten, dass es zu jeder komplexen oder reellen n n-matrix eine Basis des C n bzw. R n aus Hauptvektoren von A gibt. Fur den Fall der reellen Matrix A benotigen wir fplgenden Hilfssatz: Lemma 1. Ist A R n n und v ein Hauptvektor von A zum (nicht reellen) komplexen Eigenwert λ, so sind Re v und Im v linear unabhangig. Nach Satz 36 hat man fur Dierentialgleichungssysteme stets eine Fundamentalmatrix e ta C, wenn nur die n n-matrix C invertierbar ist. Wahlt man C = ( v 1 v 2... v n ) mit einer Basis aus Hauptvektoren (und Eigenvektoren) von A, so ergeben sich in den Spalten die Fundamentallosungen x i (t) = e ta v i in Form von endlichen Summen:

110 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Satz 37. Fundamentallösungen von x = A x : (1) Fur jeden Eigenvektor u zum Eigenwert λ x(t) = e λt u, (2) fur jeden Hauptvektor v der Stufe l zum Eigenwert µ ( ) x(t) = e µt v + t(a µe) v + t2 2! (A µe)2 v tl 1 (l 1)! (A µe)l 1 v. (43) Beweis: Aus A u = λ u folgt e ta u = ( E + ta + 1 ) 2 t2 A u = u + ta u t2 A 2 u +... = u + λt u λ2 t 2 u +... = e tλ u und aus (A µe) l v = 0 folgt mit e ta = e tµe+t(a µe) = e tµ e t(a µe), d.h. e ta v = e tµ ( v + t(a µe) v Bemerkung 23. ) 1 (l 1)! tl 1 (A µe) l 1 v. # (1) Gibt es zu A eine Basis aus Eigenvektoren ( u 1 u 2... u n ), (z.b. fur symmetrische Matrizen) dann ist das Fundamentalsystem besonders einfach: X(t) = (e λ 1t u 1, e λ 2t u 2,..., e λnt u n ). (2) Synchronlösungen nennt man die Losungen vom Typ (1) (zum Eigenwert λ), ihre Komponenten andern sich " synchron\ mit der Zeit t. Fall 1. λ reell, dann liegt die Bahn der Synchronlosung e λt u auf dem Strahl von 0 aus in Richtung u. Fall 2. λ = α + iβ C, β 0, dann sind x 1 (t) = Re ( e λt u ) = e αt (cos βt a sin βt b), x 2 (t) = Im ( e λt u ) = e αt (sin βt a + cos βt b) mit a = Re u und b = Im u zwei linear unabhangige reelle Losungen. Ihre Bahnen sind Ellipsen (α = 0) oder logarithmische Spiralen in der von a und b in R n aufgespannten Ebene durch 0.

111 3. LINEARE DGL-SYSTEME MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 111 Losungsverfahren fur x = A x, A R n n. 1. Eigenwerte mit Vielfachheiten berechnen: 2. Die Einzelbasen von det (A λe) = ( 1) n (λ λ 1 ) k 1 (λ λ 2 ) k2 (λ λ r ) kr. (A λ i E) k i x = 0, i = 1, 2,..., r bestimmen. Zu Hauptvektor-Basis ( v 1, v 2,..., v n ) zusammenfugen. 3. Fur jedes v i mit (43) den Vektor x i = e At v i berechnen. Fundamentalmatrix ist: Allg. komplexe Losung ist X(t) = ( x 1 (t), x 2 (t),..., x n ). x(t) = X(t) c, c C n. 4. Reelle Losungsbasis: Ist x(t) Losung zu λ R, so sind Re x(t) und Im x(t) Basislosungen zu λ, λ. Bemerkung 24. Zur Bestimmung der Einzelbasen (2.) berechnet man zunachst alle Eigenvektoren und hat damit die Sychronlosungen. Fur mehrfache Eigenwerte bestimmt man dann zu jedem Eigenvektor u linear unabhangige Hauptvektoren der Stufe 2 aus (A λe) v = u, anschliessend Hauptvektoren der Stufe 3 usw. bis man n Basisvektoren vorliegen hat. Man beachte: (1) Die Hauptvektoren v, w usw. sind Losungen eines inhomogenen Gleichungssystems. Jede (in der Regel unnotige) Normierung ist stets mit dem gleichen Faktor an der ganzen Kette v, w,..., vorzunehmen. (2) Die Hauptvektoren v, w,..., sind nicht eindeutig bestimmt, da rang (A λe) < n ist. Zwei Losungen unterscheiden sich stets um einen Eigenvektor. Bei Paaren konjugiert komplexer Eigenwerte ist die Rechnung nur fur einen der beiden durchzufuhren. Ist A reell, so sind Real- und Imaginarteil einer Losung 0 stets linear unabhangig. Beispiel 51. x = x

112 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG 1. λ 1 1 det (A λe) = 2 3 λ 1 = λ(3 λ)(1 λ) (3 λ) λ + 2(1 λ) λ = λ 3 + 4λ 2 3λ λ = λ 3 + 4λ 2 5λ + 2 = (λ 2)( λ 2 + 2λ 1) = (λ 2)(λ 1) 2 = 0. Eigenwerte: λ 1 = 2 und λ 2 = 1 (doppelt). 2. Einzelbasen bestimmen, zunachst werden Eigenvektoren berechnet: λ 1 = 2 : (A 2E) v 1 = v 1 = Man erhalt v 1 = (0, 1, 1) T. λ 2 = 1 : (A E) v 1 = v 2 = 0. Man erhalt v 2 = (1, 1 0) T. Bestimmung des Hauptvektors 2. Stufe: (A E) v 3 = v v 3 = Man erhalt v 3 = (0, 0, 1) T. 3. Zunachst fur die Eigenvektoren: x 1 (t) = e 2t v 1, x 2 (t) = e t v 2 und fur den Hauptvektor der Stufe 2: 0 1 x 3 (t) = e At v 3 = e t ( v 3 + t(a E) v 3 ) = e t 0 + t

113 3. LINEARE DGL-SYSTEME MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 113 Damit erhalt man die allgemeine Losung 0 x(t) = c 1 x 1 + c 2 x 2 + c 3 x 3 = c 1 e 2t 1 + c 2e t c 3e t t Beispiel x = x λ det (A λe) = 0 λ 2 = λ λ 0 = λ 3 + 2λ 4 = λ Nun ist λ 3 + 2λ 4 = (λ + 2)(λ 2 + 2λ + 2) = (λ 2)(λ 1 i)(λ 1 + i) und damit sind λ 2/3 = 1 ± i. 2. Bestimmung der Eigenvektoren (dabei muss von λ 2 und λ 3 nur ein Eingenwert berucksichtigt werden, da die Matrix A reell ist) λ 1 = 2 : (A + 2E) v 1 = v 1 = und man erhalt v 1 = (1, 1, 1) T. λ 1 = 1 + i : (A (1 + i)e) v 1 = 1 i i i v 2 = 0 und man erhalt v 1 = (2 2i, 2, 1 + i) T. 3. Komplexe Losungsbasis: 1 x 1 (t) = e 2t 1, x 2(t) = x 3 (t) = e (1+i)t 1 2 2i i

114 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG 1 4. Reelle Losungsbasis ist: x 1 (t) = e 2t 1 und x 2 (t) = Realteil = e t cos t 2 sin t sowie 2 2 x 3 (t) = Imaginarteil = e t sin t 2 + cos t Beispiel 53. Die gewohnliche Dierentialgleichung 2. Ordnung ẍ + pẋ + qx = 0 ist aquivalent zu autonomen System 1. Ordnung das die Losung x(t) = ẋ ẏ x(t) y(t) = 0 1 q p x y, = e ta c, c R 2 besitzt. Jede dieser Losungen stellt eine ebene Kurve dar (Phasenbahn). Die Gesamtheit der Phasenbahnen wird als Phasenportrait bezeichnet. Die Eigenwerte ergeben sich aus der charakteristischen Gleichung mit den Losungen λ 1/2 = p 2 ± p 2 λ 2 + pλ + q = 0 4 q = p 2 ± 1 2 p2 4q. In Abhangigkeit von p 2 4q gibt es foglich 2 voneinander verschiedene reellwertige Losungen, eine (doppelte) reelle Losung oder ein Paar konjgiert komplexer Nullstellen. Damit ergeben sich verschiedene Fundamentalsysteme (Eigenvektoren), die wiederum die folgenden typischen Verlaufe der Phasenbahnen (Trajektorien) in Abhangigkeit von den Eigenwerten bzw. p 2 4q ergeben.

115 3. LINEARE DGL-SYSTEME MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN 115

116 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG 3.6. Das inhomogene lineare DGL-System. x = A x + b(t) mit konstanter Koezientenmatrix A R n n und Storfunktion b(t) 0. (1) Ein Fundamentalsystem X(t) der zugehorigen homogenen DGL bestimmen. (2) Eine partikulare Losung des inhomogenen Systems x p mittels eines Ansatz vom Typ der rechten Seite\ oder durch Variation der Konstanten bestimmen. " (3) Allgemeine Losung ist x(t) = x p (t) + X(t) c, c R n. (4) AWP x(t 0 ) = x 0. Vektor c = X(t 0 ) 1 [ x 0 x p (t 0 )] ausrechnen. Beispiel 54. x = x + e5t ; x(0) = Bestimmung von X(t) siehe Beispiel Mittels Ansatz: Der Faktor 5 im Exponenten von b(t) ist kein Eigenwert von A, daher der Ansatz x p (t) = e 5t d, d R 3. Einsetzen ergibt 5e 5t d = A(e 5t d) + e 5t (5E A) d = 1 2 1, und damit d = (0, 1, 0) T. 3. Allgemeine Losung ist: x(t) = e 5t c 1e 2t c 2e t c 3e t t

117 3. LINEARE DGL-SYSTEME MIT KONSTANTEN KOEFFIZIENTEN AWP: x(0) = 1 + c c c 3 0 = c c c 1 + c = c 2 = 1 1 = 0 c c Die Losung des Gleichungssystems ist c 1 = 0, c 2 = 0, c 3 = 2 und damit ist Losung des AWP. c 3 x(t) = ( 2te t, e 5t 2te t, 2e t ) T 3.7. Eliminationsmethode. Ist fur kleine n gut geeignet, fur groere n kann sie genutzt werden, wenn nur eine Komponente von x gefragt ist. Wir beschranken uns auf den Fall n = 2 : Es sei das folgende System gegeben: ẋ = αx + βy + b 1 (t), ẏ = γx + δy + b 2 (t). Durch Dierentation und Elimination entsteht: Dierentation der ersten Gleichung nach t: Einsetzen der zweiten Gleichung fur ẏ: ẍ = αẋ + βẏ + ḃ1(t) = = αẋ + β(γx + δy + b 2 (t)) + ḃ1(t) = erste Gleichung nach βy auosen und einsetzen: = αẋ + βγx + δ(ẋ αx b 1 (t)) + βb 2 (t) + ḃ1(t) und man erhalt die Dierentialgleichung 2. Ordnung fur x : Analog erhalt man fur y : ẍ (α + δ)ẋ + (αδ βγ)x = βb 2 (t) δb 1 (t) + ḃ1(t). ÿ (α + δ)ẏ + (αδ βγ)y = γb 1 (t) αb 2 (t) + ḃ2(t). Lost man z.b. die Dierentialgleichung fur x so ergibt sich im Fall β 0 fur y : y(t) = 1 β (ẋ(t) αx b 1(t)).

118 SYSTEME VON DIFFERENTIALGLEICHUNGEN 1. ORDNUNG Ist dagegen β = 0, so ist das Dierentialgleichungssystem entkoppelt, da in der ersten Gleichung y gar nicht vorkommt.

119 KAPITEL 8 Autonome Systeme haben die Form, Autonome Systeme x = v( x), x D R n, mit einer von t unabhangigen (autonomen) rechten Seite. Im folgenden sei v : R n D R n stets eine einmal stetig dierenzierbares Vektorfeld. Nach dem Existenz- und Eindeutigkeitssatz gibt es zu jedem a D eine maximale Losung, die zur Zeit t = t 0 durch a geht; wir bezeichnen sie mit x(t, a). Die Spur dieser Kurve heit Losungsbahn (Phasenbahn, Trajektorie, Integralkurve). Die Durchlaufrichtung der Bahn ist durch den Tangentenvektor x = v( x) bestimmt. Die Menge aller Phasenkurven wird als Phasenportrait bezeichnet. Satz 38. Verschiedene Phasenbahnen schneiden sich nicht. Beweis: Folgerung aus dem EE-Satz. # Definition 9. x(t) = a D heit Gleichgewichtslosung oder stationare Losung, wenn v( a) = 0 gilt. Die skalare konstante Funktion x(t) = a ist GGL der DGL x (n) = f(x, ẋ, ẍ,..., x (n 1) ), wenn f(a, 0,..., 0) = 0. Den Gleichgewichtspunkt a nennt man auch einen kritischen Punkt oder Gleichgewichtszustand. Beispiel 55. x = ẋ ẏ = y(x + y 1) x(1 x y). Neben x = 0 ist jeder Punkt der Geraden x + y = 1 kritisch. Wegen ẏ ẋ = x y beschreibt das Vektorfeld v ein Tangentenfeld an die Kreise x 2 + y 2 = const, d.h. die Spuren der nicht-stationaren Losungen liegen auf diesen Kreisen. 119

120 AUTONOME SYSTEME 1. Ebene autonome Systeme, die Phasen-DGL Im Fall n = 2 gibt es fur die Phasenkurven des autonomen Systems ẋ = f(x, y), ẏ = g(x, y), (x, y) D R 2 (44) neben der Parameterdarstellung x = x(t), y = y(t) auch die Moglichkeit, sie stuckweise explizit als Graph y = y(x) bzw. x = x(y) oder implizit in der Form F (x, y) = const darzustellen. Unter der Voraussetzung, dass x = x(t) uber einem t-intervall umkehrbar ist, t = t(x), ergibt sich fur y = y(t) = y(t(x)) durch Dierentation nach x mit der Kettenregel (auere Ableitung ist y = ẏ und die innere t t = 1 x x t = 1 ẋ :) y = dy dx = ẏ ẋ g(x, y) =, falls f(x, y) 0. f(x, y) Man diese Dierentialgleichung die Phasen- oder Bahnen-DGL von (44); die implizite Form ist g(x, y) f(x, y)y = 0. Bemerkung 25. Die explizite Losung (x(t), y(t)) von (44) gibt das Weg- " Zeit-Gesetz\ der durch (44) modellierten Bewegung an, die Losung der Phasen- DGL gibt dagegen nur die gesamte Bahn an, auf der diese Bewegung stattndet. Die durch den Tangentenvektor ẋ gegebene Durchlaufrichtung lasst sich ẏ aus der Phasen-DGL ablesen: Sie ist auerhalb der kritischen Punkte durch f(x, y) g(x, y) gegeben. Beispiel 56. Wir betrachten das autonome Dierentialgleichungssystem x = x. Dieses kann umgeschrieben werden zum System ẋ = y, ẏ = x. Die allgemeine Losung ergibt sich wie folgt: Eigenwerte bestimmen λ 1 det (A λe) = = λ = 0 λ 1 λ 1/2 = ±i.

121 1. EBENE AUTONOME SYSTEME, DIE PHASEN-DGL 121 Der zu λ = i gehorige Eigenvektor ist v = i 1 und man erhalt daraus die komplexe Losung: z(t) = e it i 1 = (cos t + i sin t) i 1 0 deren Real- und Imaginarteil die allgemeine Losung des DGL-Systems ergibt: x(t) = c 1 sin t + c 2 cos t cos t sin t = c 1 sin t + c 2 cos t c 1 cos t + c 2 sin t Gibt man noch eine bestimmte Anfangsbedingung vor, z.b. x(0) = erhalt man eine spezielle Losung, in unserem Fall x(t) = x(t) y(t) = sin t + 2 cos t cos t + 2 sin t. 2 1, so Wie man leicht sieht hat man also das Weg-Zeit-Gesetz\ der Bewegung erhalten. Was besagt nun die Phasen-DGL? " y = ẏ ẋ = x y. Diese Dierentialgleichung ist trennbar und hat die Losung y dy = y dx y2 2 = x2 2 + C x2 + y 2 = const. Die Phasenbahnen sind also Kreise, wie man durch explizites Nachrechnen leicht uberpruft: x 2 (t) + y 2 (t) = ( c 1 sin t + c 2 cos t) 2 + (c 1 cos t + c 2 sin t) 2 = c c 2 2. > > > Gema dem Tangentialvektor x = y x erfolgt der Durchlauf der Kurve

122 AUTONOME SYSTEME entgegen dem Uhrzeigersinn. Um dies zu uberprufen, trage man im Punkt (x 0, y 0 ) eines Kreises den Tangentialvektor mit den Komponenten f(x, y) g(x, y) an. So erhalt man z.b. im Punkt (2, 1) den Tangentialvektor = y 0 x 0 y 0 x 0 = ẋ = ẏ 1 2 dieser zeigt in in negativer x-richtung und in positiver y-richtung, also entgegen dem Uhrzeigersinn. Da die Kurven geschlossen sind, kommt man nach einem Umlauf wieder am Ausgangspunkt an und das bedeutet, dass die Losung des Dierentialgleichungssystems periodisch ist. Bemerkung 26. Gewohnliche Dierentialgleichungen 2. Ordnung besitzen ein aquivalentes Dierentialgleichungssystem und wir konnen die Phasenbahn, das Phasenportrait auch fur gewohnliche Dierentialgleichungen n-ter Ordnung untersuchen. 2. Stabilität Wir untersuchen das Verhalten von Losungen in der Nahe von stationaren Losungen (Gleichgewichtslagen). Man nennt diese stabil, wenn jede L osung, die einmal hinreichend nah an sie herankommt, auch f ur alle weitern Zeiten in der Nahe bleibt. Genauer: Definition 10. Eine Gleichgewichtslage a von x = v( x) heit (1) stabil, wenn es fur jedes ε > 0 ein δ > 0 gibt, so dass fur jede Losung gilt x(0) a < δ x(t) a < ε fur alle t > 0, (2) asymptotisch stabil, wenn es ein δ > 0 gibt, so dass fur jede Losung gilt x(0) a < δ lim t x(t) = a, (3) instabil, wenn sie nicht stabil ist. Bemerkung 27.

123 2. STABILITAT 123 (1) Eine asymptotisch stabile GGL ist stets auch stabil. Jede Losung die einmal der asymptotisch stabilen GGL hinreichend nahe kommt, bleibt nicht nur fur alle Zeiten in der Nahe dieses Punktes, sondern mundet schlielich in ihn ein. (2) Implizit in der Denition enthalten ist die Forderung, dass die betreffenden Losungen auch fur alle t 0 erklart sind. (3) Man nennt eine GGL a eines ebenen DGL-Systems ein Zentrum, wenn in einer Umgebung von a keine weitere GGL liegt und samtliche Bahnen geschlossen sind Satz 39. Stabilitätsatz für lineare Systeme. Die Art einer GGL a des linearen DGL-Systems x = A x ist durch die Eigenwerte λ 1, λ 2,... λ n von A R n n bestimmt: (1) Re λ k < 0 fur alle k a asymtotisch stabil, (2) Re λ k > 0 fur ein k a instabil, (3) Re λ k 0 fur alle k und falls Re λ k = 0, sind die algebraische und die geometrische Vielfachheit von λ k gleich a stabil. Der Beweis beruht auf der Losungsdarstellung. Bemerkung 28. Der Stabilitatssatz gilt nicht fur nicht-autonome Systeme x = A(t) x. Beispiel 57. ẋ = x + y + 2, ẏ = x y 4 x = Die GGLn sind die Losungen des Gleichungssystems x + y + 2 = 0, x y 4 = 0, dass die eindeutig bestimmte Losung a = x hat. Die Stabilitat ergibt sich den Eigenwerten der Systemmatrix A, λ 1/2 = 1 ± i. wegen Re λ 1/2 = 1 < 0 ist a ein asymptotischer Strudel (bzw. asymptotisch stabile GGL). Die Ubertragung des Stabilitatssatzes fur lineare Systeme (Satz 39) auf nichtlineare autonome Systeme gelingt uber die Jacobi-Matrix J v der rechten Seite v. In

124 AUTONOME SYSTEME einem stationaren Punkt gilt v( a) = 0, daher lautet die lineare Approximation: v( x) = 0 + J v ( a)( x a) + o( x a ). Satz 40. Stabilitätssatz für nichtlineare Systeme. Sei a R n, A R n n und g in einer Umgebung von a ein stetiges Vektorfeld, fur das g( x) g( a) = 0 und lim x a = 0, so gilt fur die GGL a des DGL-Systems x a x = A( x a) + g( x) (1) Re λ k < 0 fur alle k a asymtotisch stabil, (2) Re λ k > 0 fur ein k a instabil. ohne Beweis. Rechenschema fur die Stabilitat von x = v( x), x R n. (1) Alle GGLn a als Losungen von v( x) = 0 bestimmen. (2) Die Jacobi-Matrix berechnen v 1 v x x n J v ( x) = v n v x 1... n x n (3) Fur jedes a die Eigenwerte λ k von A := J v ( a) berechnen. (a) Re λ k < 0, fur alle k a asymptotisch stabil. (b) Re λ k > 0, fur (wenigstens) ein k a instabil. (c) (i) v( x) = A x + b (linear): Re λ k 0 fur alle k und zu jedem Eigenwert λ mit Re = 0 und Vielfachheit l ist der Rang von (A λe) gleich n l a stabil. (ii) Fur andere Systeme keine weitere Aussage. Bemerkung 29. Die zur Stabilitatsuntersuchung notigen Eigenwerte mussen nicht explizit berechnet werden. Die Frage, ob die Nullstellen eines Polynoms in der linken komplexen Halbebene liegen, kann nach dem Routh-Hurwitz- Kriterium bestimmt werden. Wir geben hier nur ein paar Spezielfalle an: Ein Polynom heit stabil, wenn alle seine Nullstellen negativen Realteil besitzen. (1) n = 2 : a 2 λ 2 + a 1 λ + a 0 ist stabil (a 2 > 0) a 0 > 0 und a 1 > 0.

125 2. STABILITAT 125 (2) n = 3 : a 3 λ 3 + a 2 λ 2 + a 1 λ + a 0 ist stabil (a 3 > 0) a 0 > 0, a 1 > 0 und det a 1 a 0 a 3 a 2 > 0. (3) n = 4 : a 4 λ 4 + a 3 λ 3 + a 2 λ 2 + a 1 λ + a 0 ist stabil (a 4 > 0) a 0 > 0, a 1 > 0, det a a 1 a a 0 > 0 und det a 3 a 2 a 1 a 3 a 2 > 0. 0 a 4 a 3 (4) Eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung ist die folgende. Haben samtliche Nullstellen der Gleichung λ n + a n 1 λ n a 1 λ + a 0 = 0 a k R negativen Realteil, dann gilt notwendig a k > 0 fur alle k. Beispiel 58. ẋ = x + y + 2, ẏ = y x x = v( x) = 1. GGLn: ( 2, 0), (1, 3). 2. J v ( x) = x 1 3. Nach dem Hurwitz-Kriterium sind die GGL instabil, da 1 λ 1 = λ 2 2λ x 2x 1 λ x + y + 2 y x und folglich a 1 = 2 < 0 ist. Man kann das genauso durch Ausrechnen der Eigenwerte bestatigen..

126 AUTONOME SYSTEME Stabilitätseigenschaften von linearen und fastlinearen Systemen für n = 2 Eigenwerte lineares System fastlineares System Typ Stabilitat Typ Stabilitat λ1 > λ2 > 0 Knoten instabil Knoten instabil λ1 < λ2 < 0 Knoten asymptotisch stabil Knoten asymptotisch stabil λ2 < 0 < λ1 Sattelpunkt instabil Sattelpunkt instabil λ1 = λ2 > 0 Knoten oder Gerade von Ruhelagen instabil Knoten oder Strudel instabil λ1 = λ2 < 0 Knoten (Gerade von Ruhelagen) asymptotisch stabil (stabil) Knoten oder Strudel asymptotisch stabil λ1, λ2 = α ± iβ α > 0 Strudel instabil Strudel instabil α < 0 Strudel asymptotisch stabil Strudel asymptotisch stabil λ1 = iβ, λ2 = iβ Zentrum stabil Zentrum oder Strudel unbestimmt

127 2. STABILITAT Schwingendes Pendel. Es sei ein Masse m am Ende einer starren aber gewichtslosen Stange der Lange l befestigt. Das andere Endeder Stange ist im Ursprung O befestigt. Das Pendel unterliegt der Schwerkraft und die Auslenkung x wird entgegen dem Uhrzeigersinn in der Ruhelage beginnend gemessen. Die Schwerkraft mg wirkt nach unten, wahrend die dampfende Kraft c dx dt, wobei c positiv ist, immer in die der Bewegung entgegengesetzte Richtung weist. O x l c dx dt l sin x m mg Mit Hilfe des Drehimpulserhaltungssatzes leitet man die Bewegungsgleichung f ur das gedampfte Pendel ab: ẍ + c mlẋ + g l sin x = 0, dabei sind m, l, g, c positive Konstanten. Die Gleichung fur das ungedampfte Pendel erhalt man fur c = 0. Wir untersuchen nun das Stabilitatsverhalten des zugehorigen Systems 1. Ordnung sowohl fur das ungedampfte als auch das gedampfte Pendel. Ungedampftes Pendel: In diesem Fall lautet das System: ẋ = y, ẏ = g l sin x. Die stationaren Punkte ergeben sich zu (kπ, 0), k Z. Zur Klassikation der stationaren Punkte benotigen wir die Jacobi-Matrix des Systems: J v = 0 1 g l cos x 0.

128 AUTONOME SYSTEME Wegen cos((2k +1)π) = 1 und cos(2kπ) = 1, haben wir zwei Falle zu untersuchen: 1. Alle stationaren Punkte ((2k + 1)π, 0). In diesem Fall gilt J v = 0 1 g 0 l und die charakteristische Gleichung lautet λ 2 g g l = 0 λ 1/2 = ± l, da g, l > 0. Da einer der Eigenwerte positiv ist, sind diese Gleichgewichtslagen instabil. 2. Alle stationaren Punkte (2kπ, 0). In diesem Fall gilt J v = 0 1 g l 0 und die charakteristische Gleichung lautet λ 2 + g g l = 0 λ 1/2 = ±i l, da g, l > 0. Da die Realteile Null sind, sind die Gleichgewichtslagen unbestimmt. Zur weiteren Untersuchung kann man die Phasendierentialgleichung heranziehen: y = ẏ ẋ = g l sin x y, die eine trennbare Dierentialgleichung mit der Losung y 2 = 2 g l cos x + C ist. Wie man leicht sieht impliziert y 2, dass 2 g cos x+c 0 sein muss. In Abhangigkeit von der Konstanten C ergibt das geschlossene Kurven oder auch nicht geschlos- l sene Kurven wie man dem Phasenportrait entnehmen kann. Daraus wird auch ersichtlich, dass die Gleichgewichtslagen Zentren sind. Gedampftes Pendel. Die Situation ist ahnlich aber nicht gleich der beim ungedampften Pendel, da ein Zusatzterm auftritt. Das System lautet in diesem Fall: ẋ = y, ẏ = g l sin x c ml y.

129 2. STABILITAT 129 Die stationaren Punkte ergeben sich wiederum zu (kπ, 0), k Z. Zur Klassikation der stationaren Punkte benotigen wir die Jacobi-Matrix des Systems: J v = 0 1 g l cos x Wegen cos((2k + 1)π) = 1 und cos(2kπ) = 1, haben wir auch hier zwei Falle zu untersuchen: 1. Alle stationaren Punkte ((2k + 1)π, 0). In diesem Fall gilt J v = 0 1 g l und die charakteristische Gleichung lautet λ 2 + c ml λ g l = 0 λ 1/2 = c c 2ml ± 2 4m 2 l + g 2 l, da g, l, c, m > 0. Da einer der Realteile der Eigenwerte positiv ist, sind diese Gleichgewichtslagen instabil. 2. Alle stationaren Punkte (2kπ, 0). In diesem Fall gilt J v = c ml c ml 0 1 g l c ml und die charakteristische Gleichung lautet. λ 2 + c ml λ + g l = 0 λ 1/2 = c 2ml ± c 2 4m 2 l 2 g l. c Falls 2 g 0 ist, so sind beide Eigenwerte kleiner Null und die Gleichgewichtslagen sind asymptotisch stabil. Gilt dagegen c2 g < 0, so ist der Real- 4m 2 l 2 l 4m 2 l 2 l teil der Eigenwerte kleiner Null und die Gleichgewichtslagen sind ebenfalls asymptotisch stabil. Wie man auch am Phasenportrait erkennen kann. Die Separatrix trennt Einzugsbereiche\, d.h. bendet sich das Pendel nicht exakt in einer der " instabilen Gleichgewichtslagen, so wird es fur t in eine asymptotisch stabile Gleichgewichtslage einmunden. Die Separatrix trennt nun die Bereiche, die in einer bestimmten asymptotisch stabilen Gleichgewichtslage enden voneinander.

130 AUTONOME SYSTEME

131 3. KONKURRIERENDE SPEZIES Konkurrierende Spezies Dieses Modell geht davon aus, dass in einer abgeschlossenen Umgebung zwei Spezies existieren, die sich um einen begrenzten Vorrat an Futter streiten; dies konnen zum Beispiel zwei Fischarten in einem Teich sein, die sich nicht gegenseitig fressen, jedoch um vorhandenes Futter kampfen. Ebenso konnte es sich um ein 2-Parteien-System handeln, so dass beide Parteien um Wahlerstimmen kampfen. Grundregel: " Des einen Gewinn ist des anderen Verlust.\ Mathematische Annahmen: Die Population der einen Spezies unterliegt in Abwesenheit der anderen der logistischen Gleichung, d.h. dx dt = x(ε 1 σ 1 x), dy dt = y(ε 2 σ 2 y). wobei ε 1, ε 2 die jeweiligen Wachstumsraten der beiden Populationen und ε 1 σ 1, ε 1 σ 1 die jeweiligen Sattigungsniveaus darstellen. Sind jedoch beide Arten gleichzeitig anwesend, so werden die beiden Spezies den verfugbaren Futtervorrat der jeweils anderen Spezies reduzieren. Die einfachste Moglichkeit, diese Reduzierung zu berucksichtigen besteht darin, den Wachstumsfaktor ε 1 σ 1 x in der ersten Gleichung durch ε 1 σ 1 x α 1 y zu ersetzen, wobei α 1 das Mass fur die Groe darstellt, mit der die Spezies y und die Spezies x in Wechselwirkung stehen. Damit ergibt sich folgendes System: dx dt = x(ε 1 σ 1 x α 1 y), dy dt = y(ε 2 σ 2 y α 2 x). Die Werte der positiven Konstanten ε 1, σ 1, α 1, ε 2, σ 2, α 2 hangen von der jeweils betrachteten Spezies ab und werden im allgemeinen aus Beobachtungen bestimmt. Wir sind nur an nichtnegativen Losungen interessiert, da der minimale Umfang einer Population Null ist. Beispiel 59. dx dt dy dt = y = x(1 x y), ( 3 4 y 1 ) 2 x Bestimmung der stationaren Punkte = GGL : dx = dy dt dt Losungen des algebraischen Gleichungssystem x(1 x y) = 0, ( 3 y 4 y 1 ) 2 x = 0, = 0, d.h. wir haben die

132 AUTONOME SYSTEME zu bestimmen. 1 Zone IV x nimmt ab, 1-x-y<0 Zone III y nimmt zu, 0,75-y-0,5x>0 y nimmt ab, 0,75-y-0,5x<0 Zone I x nimmt zu, 1-x-y>0 Zone II 1 Wir betrachten eine Gleichung (z.b. die erste) und bestimmen die Nullstellen: x(1 x y) = 0 fur x = 0 bzw. x = 1 y. Fur x = 0 erhalt man aus der zweiten Gleichung y = 0 oder y = 3, wir erhalten also als kritische Punkte (0, 0) und 4 (0, 3). 4 Setzt man x = 1 y in die zweite Gleichung ein, so ergibt sich y( 1 1y) = und man erhalt y = 0 und y = 1. Hieraus ergeben sich die beiden weiteren 2 kritischen Punkte (1, 0) und ( 1, 1). 2 2 Wir klassizieren nun die kritischen Punkte. Dazu benotigen wir den Jacobi- Matrix des Systems: J v ( x) = f x g x f y g y = 1 y 2x x 1 2 y 3 4 2y 1 2 x. Der erste kritischen Punkt (0, 0) entspricht dem Zustand, in dem beide Spezies aussterben. Hier ist J v ((0, 0)) = 1 y 2x x = 1y 3 2y 1x x=0, y= Diese Matrix hat oensichtlich die Eigenwerte λ 1 = 1 und λ 2 = 3, deren Realteile beide groer als Null sind. Folglich handelt es sich um eine instabile 4 GGL. Der Punkt (0, 3 ) entspricht dem Zustand, wo die Spezies y 4 uberlebt, die Spezies

133 3. KONKURRIERENDE SPEZIES 133 x aber ausstirbt. In diesem Fall lautet die Jacobi-Matrix: J v ((0, 3 4 )) = 1 y 2x x = 1y 3 2y 1x x=0, y= 3 4 und die Eigenwerte sind λ 1 = 1 > 0 und λ 4 2 = 3. Da der Realteil von λ 4 1 groer als Null ist, ist dies ebenfalls eine instabile Gleichgewichtslage. Analog entspricht der Punkt (1, 0) dem Zustand, wo die Spezies x uberlebt, die Spezies x aber ausstirbt. Die Jacobi-Matrix lautet: J v ((1, 0)) = 1 y 2x x = 1y 3 2y 1x x=1, y= und besitzt die Eigenwerte λ 1 = 1 und λ 2 = 1 > 0. Es handelt sich also 4 ebenfalls um eine instabile GGL. Betrachten wir nun den Punkt ( 1, 1 ). Dieser Punkt entspricht dem Zustand 2 2 eines gemischten Gleichgewichts bzw. einem Zustand der Koexistenz. F ur die Jacobi-Matrix gilt J v ((1, 0)) = 1 y 2x x = y 3 2y 1x x= 1 2, y= 1 2 und die Eigenwerte ergeben sich aus 1 λ = (λ λ 2 )2 1 8 = λ2 + λ = zu λ 1/2 = 1 ± GGL. < 0 und es handelt sich um eine asymptotisch stabile

134 AUTONOME SYSTEME

135 Fur das allgemeine System dx dt = x(ε 1 σ 1 x α 1 y), ergeben sich graphisch die folgenden Falle 4. RAUBER-BEUTE-MODELLE 135 dy dt = y(ε 2 σ 2 y α 2 x). 2 / 2 1 / 1 1 / 1 2 / 2 2 / 2 1 / 1 2 / 2 1 / 1 2 / 2 1 / 1 1 / 1 2 / 2 2 / 2 1 / 1 1 / 1 2 / 2 Eine Koexistenz beider Spezies ist oensichtlich nur in den beiden unteren F allen moglich. Damit dieser Zustand aber eintritt, muss der kritische Punkt=Schnittpunkt beider Geraden ein asymptotisch stabiler, uneigentlicher Knoten sein, dies ist nur fur σ 1 σ 2 α 1 α 2 > 0 der Fall und entspricht dem rechten unteren Bild. Im anderen Fall liegt ein Sattelpunkt vor wie man durch nachrechnen ermitteln kann. 4. Räuber-Beute-Modelle Der Standardfall hier ist, dass die eine Spezies (Rauber) die andere Spezies (Beute) frisst, wobei die Beute eine andere Nahrungsquelle hat. Interessanterweise kann man dieses Modell auch auf den sogenannten " Schweinezyklus\ anwenden, der die Abhangigkeit der Schweineproduktion vom Verkaufspreis beinhaltet. Hohe Preise fuhren zu einer hoheren Schweineproduktion, die wiederum die Preise sinken lasst, das lasst nun wiederum mit Verzogerung die Schweineproduktion sinken bis ein Mangel an Schweineeisch entsteht, der wiederum zu steigenden Preisen und als Folge davon zu einer hoheren Schweineproduktion fuhrt und dann fangt alles wieder von vorn an. Fur Rauber-Beute-Modelle werden fur die entsprechenden Populationen die folgenden Annahmen gemacht: (1) Bei Abwesenheit des Raubers wachst die Population der Beute proportional zur gegenwartigen Population; fur y = 0 gilt somit dx = ax mit a > 0. dt

136 AUTONOME SYSTEME (2) In Abwesenheit der Beute stirbt der Rauber aus; d.h. fur x = 0 gilt dy dt = cy mit c > 0. (3) Die Anzahl der Begegnungen zwischen Raubtier und Beutetier ist proportional zum Produkt ihrer Populationen. Jedes dieser Zusammentreen bedingt eine Wachstumszunahme des Raubers, wahrend das Wachstum der Beute abnimmt. D.h. die Wachstumsrate des Raubers nimmt um den Term γ x y zu, wogegen die Wachstumsrate der Beute um den Term αß, x y abnimmt, dabei sind γ und α positive Konstanten. Aus diesen Voraussetzungen ergibt sich das folgende System von gew ohnlichen Differentialgleichungen 1. Ordnung: dx dt = ax αxy = x(a αy), dy = cy + γxy = y( c + γx), dt dabei sind a, c, α und γ positive Konstanten; a ist die Wachstumsrate der Beute, c die Sterberate des Raubers und α sowie γ sind Messgroen fur die Wechselwirkung zwischen beiden Spezies. Diese Gleichungen werden auch Lotka-Volterra- Gleichungen genannt. Beispiel 60. Untersuchen Sie die Gleichgewichtslagen des Systems dx (1 dt = x 12 ) y = x 1 2 xy, dy dt = y( x) = 3 4 y xy fur nichtnegative x und y. x nimmt ab, 1-0,5y<0 Zone IV y nimmt ab, -0,75+0,25x<0 x nimmt ab, 1-0,5y<0 y nimmt zu, -0,75+0,25x>0 Zone III 2 Zone I y nimmt ab, -0,75+0,25x<0 x nimmt zu, 1-0,5y>0 y nimmt zu, -0,75+0,25x>0 Zone II x nimmt zu, 1-0,5y>0 3 Die kritischen Punkte sind der Ursprung (0, 0) und (3, 2). Zur Untersuchung

137 4. RAUBER-BEUTE-MODELLE 137 der Gleichgewichtslagen benotigen wir die Jacobi-Matrix des Systems: J v = 1 1y x 1 y 3 + 1x Fur den Ursprung erhalt man J v ((0, 0)) = 1 1y 1x 2 2 = 1 y 3 + 1x x=0,y= Diese Matrix hat die Eigenwerte λ 1 = 1 und λ 2 = 3 < 0, was bedeutet, dass 4 es sich um einen instabilen kritischen Punkt, einen Sattelpunkt handelt. F ur den anderen kritischen Punkt (3, 2) ergibt sich J v ((3, 2)) = 1 1y 1x 2 2 = y 3 + 1x x=3,y=2 In diesem Fall ergeben sich die Eigenwerte aus λ 3 2 = λ = 0 1 λ 2 zu λ 1/2 = ± i 3. Da die Eigenwerte rein komplex sind handelt es sich um ein 2 Zentrum (stabiler kritischer Punkt) oder einen Spiralpunkt (Strudel, instabiler kritischer Punkt). Um zu entscheiden was wirklich vorliegt, betrachten wir die Phasendierentialgleichung: y (x) = ẏ ẋ g(x, y) = f(x, y) y (x) = y ( 3 + 1x) 4 4 x ( 1 1y) 2. mit der impliziten Losung ( 1 1 y) 2 dy = y ( 3 + 1x) 4 4 dx x F (x, y) = ln y 1 2 y ln x x C = 0. Das dies geschlossene Kurven mit dem Zentrum (3, 2) sind ergibt der Plot bzw. eine Kurvendiskussion. Wir skizzieren die Kurvendiskussion: 1. Wo ist die implizit gegebene Kurve explizit nach y auosbar? Damit F (x, y) lokal auosbar ist, muss F y ungleich Null sein. Es gilt F y = F y = 1 y 1 2 = 0 fur y = 2.

138 AUTONOME SYSTEME Fur y > 2 bzw. y < 2 ist F (x, y) also nach y auosbar. 2. Monotonieverhalten. Durch implizites Dierenzieren bestimmt man die lokalen Extrema von y(x) : y (x) = F x F y = x y 2 = 0 fur x = Art des lokalen Extremums. Dazu bestimmen wir die 2. Ableitung an den stationären Stellen x 0 : y (x 0 ) = F xx F y = x y 2 Fur y > 2 liegt in x 0 = 3 ein lokales/globales Maximum vor und fur y < 2 liegt in x 0 = 3 ein lokales/globales Minimum vor. Dies wird durch den Plot der Kurven bestatigt:. 5. Chaos und seltsame Attraktoren: Lorenz-Gleichungen Im Prinzip lassen sich die dargestellten Methoden fur autonome Systeme zweiter Ordnung auch auf Systeme hoherer Ordnung ubertragen. Dabei treten die folgenden Probleme auf: (1) Wird die Ordnung des Systems groer so nimmt auch die Zahl der voneinander verschiedener Falle zu und die Dimension des Phasenraumes wird ebenfalls groer. (2) Es gibt Schwierigkeiten bei der Darstellung der Trajektorien im Phasenraum, wenn dessen Dimension groer als 2 ist.

139 5. CHAOS UND SELTSAME ATTRAKTOREN: LORENZ-GLEICHUNGEN 139 (3) Es treten neue Phanomene auf, die bei Systemen der Ordnung 2 keinerlei Rolle spielen. Hierzu geben wir ein Beispiel an. Beispiel 61. Lorenz-Attraktor. E. N. Lorenz hatte das Ziel mit Hilfe von Computern Wettermodelle fur die Wettervorhersage zu erstellen. So modellierte er durch trail-and-error ein System von 12 Gleichungen, dass das gleiche Verhalten wie das nach ihm benannte System hat. Es stellte sich namlich heraus, dass auch sehr kleine Abweichungen in den Ausgangsdaten groe Unterschiede in der Vorhersage erzeugen konnten. Mathematisch spricht man in so einem Fall von einem " schlecht gestellten\ oder " inkorrekt gestellten\ Problem. Praktisch bedeutet es, dass langfristige Wettervorhersagen unmoglich sind. Das was man Lorenz-Gleichungen nennt ist ein System von 3 gekoppelten nichtlinearen gewohnlichen Dierentialgleichungen: dx dt dy dt = σ( x + y) = f(x, y, z), = rx y xz = g(x, y, z), dz dt = bz + xy = h(x, y, z). Die 3 Parameter σ, r und b werden als reell und positiv vorausgesetzt. Wir werden uns auf einen Spezielfall konzentrieren namlich: σ = 3, b = 1 und r = 1+a 2 mit a > 0. Dies entspricht einem einfachen Modell fur Turbulenzen in der Erdatmosphare, wobei x(t) die konvektive Luftbewegung, y(t) die horizontale und z(t) die vertikale Temperaturanderung beschreibt. Wir bestimmen zunachst die Gleichgewichtslagen. Das sind die Nullstellen des nichtlinearen Systems. Aus der Gleichung x + y = 0 folgt x = y. Dies in die zweite Geleichung eingesetzt ergibt a 2 y yz = y(a 2 z) = 0 mit den Losungen y = 0 oder z = a 2. Im ersten Fall ergibt sich fur x = y = 0 aus der dritten Gleichung z = 0 und der kritische Punkt ist der Ursprung (0, 0, 0) T. Im anderen Fall erhalt man fur x = y und z = a 2 die Gleichung y 2 a 2 = 0 und damit y 1/2 = ±a mit a > 0. Die kritischen Punkte sind folglich: (a, a a 2 ) T und ( a, a, a 2 ) T. Die Jacobi-Matrix zum System ist J v ( x) = f x g x h x f y g y h y f z g z h z = a 2 z 1 x. y x 1

140 AUTONOME SYSTEME Fur die kritischen Punkte ergeben sich nun die folgenden Beziehungen J v ((0, 0, 0) T ) = 1 + a 2 z 1 x = 1 + a y x x=y=z=0 mit den Eigenwerten aus 3 λ a 2 1 λ 0 = λ 3 5λ 2 λ(4 3a 2 ) + 3a 2 = λ bzw. λ 3 + 5λ 2 + λ(4 3a 2 ) 3a 2 = 0 und nach dem Hurwitz-Kriterium ist wegen a 0 = a 2 < 0 der Ursprung ein instabiler kritischer Punkt. Fur die anderen beiden Gleichgewichtslagen ergibt sich J v ((0, 0, 0) T ) = 1 + a 2 z 1 x = 1 1 ±a y x 1 ±a ±a 1 x=y=±a, z=a 2 die Eigenwerte aus 3 λ λ ±a = λ 3 5λ 2 (4 + a 2 )λ 6a 2 = 0 ±a ±a 1 λ bzw. λ 3 + 5λ 2 + (4 + a 2 )λ + 6a 2 = 0. Oensichtlich sind a 0 = 6a 2 > 0 und a 1 = 4 + a 2 > 0. Fur das Hurwitz-Kriterium verbleibt zu untersuchen: a 1 a a 2 6a 2 = = a 2 6a 2 = 20 a 2 < 0 a 3 a fur a 2 > 20. Fur a 2 > 20 sind folglich auch die anderen kritischen Punkte instabil. In diesem Falle besitzt das DGL-System beschrankte, nicht-geschlossene Losungsbahnen, die die kritischen Punkte (a, a, a 2 ) T und ( a, a, a 2 ) T " chaotisch\ umkreisen, d.h. die Losungsbahnen springen unaufhorlich und scheinbar zufallig zwischen auslaufenden Spiralbahnen um die kritischen Punkte (a, a, a 2 ) T und ( a, a, a 2 ) T hin und her und nahern sich auch keiner geschlossenen Bahn.

141 5. CHAOS UND SELTSAME ATTRAKTOREN: LORENZ-GLEICHUNGEN 141 Die folgenden Abbildungen nden Sie unter In diesem Bild ist das Konvektionsmodell mit den zugeordneten Punkten im Phasenraum dargestellt. Im 3-dimensionalen Phasenraum hat die Trajektorie die typische Schmetterlingsgestalt.

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