Arbeitsskript Seminar Evidenzbasierte Medizin
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- Lilli Kalb
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1 Arbeitsskript Seminar Evidenzbasierte Medizin Stand Arbeitsgruppe EBM Frankfurt Institut für Allgemeinmedizin Fachbereich Medizin, J. W. G.-Universität Frankfurt am Main
2 2 0 ALLGEMEINES Organisatorisches Seminarablauf Tutoren Scheinvergabekriterien 4 1 MEDIZINISCHE INFORMATION Herangehensweisen an klinische Problemstellungen Suche medizinischer Informationen Medizinische Datenbanken Suchmaschinen PubMed Boole sche Operatoren limits tags MeSH (Medical Subject Headings) clinical queries Cochrane Collaboration / cochrane library Identifikationszeile einer Studie Vom abstract zum Volltext myub Internetsuche am Fallbeispiel A (Kleingruppe Tag 2) Internetsuche am Fallbeispiel B Internetsuche am Fallbeispiel C Internetsuche (Mustersuche) 15 2 DIAGNOSE Struktur von diagnostischen Studien Gliederung Tabellen Nullhypothese Was ist eine Nullhypothese? Validität Was ist Validität? Goldstandard (=Referenzstandard) Anwendung Beeinflussung Geeignetes Patientenspektrum Studientypen / levels of evidence von Diagnosestudien Relevanz Vierfelder-Tafel odds vs. probability pre-test probability post-test probability / positiver prädiktiver Wert negativer prädiktiver Wert Sensitivität Spezifität positive likelihood ratio Übertragbarkeit auf den Patienten Verfügbarkeit Einschätzung des Patienten Anwendbarkeit Kleingruppenarbeit Validität der Ergebnisse Relevanz Übertragbarkeit auf den Patienten 25
3 3 3 3 THERAPIE / INTERVENTION Struktur von Therapiestudien Validität der Ergebnisse Randomisation / Kontrollgruppe Repräsentative Studienpopulation / Ähnlichkeit der Gruppen Ein-/Ausschlusskriterien Verblindung follow-up Gleiche Behandlung intention-to-treat Primärer / sekundärer Endpunkt adverse effects / Nebenwirkungen Studientypen / levels of evidence von Therapiestudien Relevanz Konfidenzintervall p- Wert Subgruppenanalyse CER (=control event rate) EER (=experimental event rate) ARR (=absolute risk reduction) RRR (=relative risk reduction) NNT (=number needed to treat) Übertragbarkeit Übertragbarkeit Durchführbarkeit Vorstellungen des Patienten Kleingruppenarbeit Validität Relevanz Übertragbarkeit 33 4 JOURNAL CLUB / SYSTEMATISCHE ÜBERSICHTS-ARBEITEN / LEITLINIEN Die fünf Schritte der Evidenzbasierten Medizin journal club im Seminar EbM Einführung systematische Übersichtsarbeiten Einführung Leitlinien Weiterführende Seminare/Kurse Weiterführende Literatur 36
4 4 0 Allgemeines Liebe Studierende, Herzlich willkommen zum Seminar Evidenzbasierte Medizin (EbM) im Querschnittsbereich I. Durch die zunehmende Informationsflut ist es notwendig geworden, valide und relevante medizinische Informationen zu erkennen und nur diese in den eigenen klinischen Alltag zu übernehmen. Dieser gedankliche Prozess wird durch die Evidenzbasierte Medizin beschrieben. Die Grundlagen dafür werden Sie in den 4 Seminareinheiten erarbeiten. Diese sind von uns so angelegt, dass Sie durch einen hohen praktischen Anteil die Inhalte eher begreifen als nur erlernen sollen. Die Anwendbarkeit steht dabei im Vordergrund. Ein wichtiger Inhalt der Evidenzbasierten Medizin ist die eigene Evaluation, die selbstkritische Bewertung. Zudem können Sie uns jederzeit gerne konstruktive Kritik entgegenbringen. Das ist uns wichtig, da es uns die Möglichkeit zur Verbesserung gibt. Wir wünschen Ihnen jetzt viel Spaß und Erfolg beim Seminar Evidenzbasierte Medizin. 0.1 Organisatorisches Seminarablauf Das Seminar ist in 4 Unterrichtseinheiten (Tag 1-4) unterteilt. Beginn ist jeweils um 17.00h s.t. im Haus 9, 3.OG Raum 304. Das Seminar ist so konzipiert, dass Ihre aktive Teilnahme Vorraussetzung ist. Sie werden alleine und in kleinen Gruppen klinische Problemstellungen analysieren und lösen. Es ist Ihre Aufgabe, die nicht gelösten Probleme aus dem Unterricht zwischen den Seminarterminen nachzubearbeiten. Der Unterricht ist so gestaltet, dass die Probleme in der verfügbaren Zeit lösbar sind. Dabei wird Literatur in englischer Sprache zu bearbeiten sein. Das Seminar wurde inhaltlich gemäß des Curriculum EbM des Deutschen Netzwerkes Evidenzbasierte Medizin e.v. erstellt. Sie haben damit nach erfolgreichem Abschluss des Seminars die Möglichkeit, Aufbauseminare der Evidenzbasierten Medizin zu besuchen Tutoren Während der gesamten Seminarzeit stehen Ihnen Tutoren und Seminarleiter bei Problemen zur Seite. Auch außerhalb den Seminarzeiten stehen wir zur Klärung von organisatorischen Schwierigkeiten zur Verfügung. Die entsprechenden Kontaktmöglichkeiten können Sie unserer Homepage ( siehe Link Kontakte ) entnehmen. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, bei Unklarheiten und Problemen persönlich das Büro der EBM Frankfurt zu kontaktieren. Das Büro befindet sich im Haus 10-A, 1. OG, Raum 142, Tel.: Scheinvergabekriterien Es besteht Anwesenheitspflicht an allen Seminarterminen. Sie haben aktive Teilnahme im Seminar zu zeigen. Die detaillierten Scheinvergabekriterien können Sie ebenfalls unserer Homepage entnehmen ( Link Seminar Scheinvergabekriterien ). Bitte scheuen Sie sich nicht, bei Fragen oder Unklarheiten den Seminarleiter anzusprechen.
5 5 5 1 Medizinische Information Lernziele: Einteilige, 2-teilige, 3-teilige und 4-teilige Fragen Verschiedene medizinische Datenbanken Verschiedene Suchoberflächen Verschiedene Suchmethoden/-hilfen (MeSH, tags etc.) Identifikationszeile einer Studie Eigenständige Internetrecherche 1.1 Herangehensweisen an klinische Problemstellungen Art der Frage einteilige Frage Patient/Erkrankung 2-teilige Frage.. Patient/Erkrankung.. Intervention (generell) 3-teilige Frage (Diagnose).. Patient/Erkrankung.. Intervention.. Ziel 4-teilige Frage (Therapie).. Patient/Erkrankung.. Intervention 1.. Intervention 2.. Ziel Beispiel Was ist eine Lungenembolie? Was sind die Diagnose-Optionen bei einer Lungenembolie? Ist bei dem 64-jährigen Herrn P. mit akut aufgetretenen Brustschmerzen und Tachykardie und bekannter KHK (HF: 106/ min, EKG + Trop T Schnelltest o.p.b.) ein thorakaler Ultraschall eine geeignete Methode, um eine Lungenembolie auszuschließen? Ist bei dem 64-jährigen Herrn P. mit einer diagnostisch gesicherten Lungenembolie in der rechten Pulmonalarterie eine Thrombolyse mittels Fibrinolytika oder eine direkte Embolektomie geeigneter, um eine geringere kardiovaskuläre Mortalität zu erreichen? Aufbau 4-teilige Frage: Patientenbeschreibung Krankheitsbeschreibung Intervention 1 (Standard) Intervention 2 (experimentell) genaue Zielbeschreibung Die vierteilige Frage muss so exakt wie nur möglich formuliert werden, da Sie anhand dieser Frage sowohl die Internetrecherche durchführen als auch die Relevanz überprüfen sollen. Denken Sie daran, das die Zielbeschreibung bei Therapie-Studien ausschlaggebend für die Definition des negativen Ereignisses ist, welches Sie zur Berechnung der Relevanz zugrunde legen müssen.
6 6 1.2 Suche medizinischer Informationen Medizinische Datenbanken Medizinische Datenbanken sammeln publizierte medizinische Informationen, wie Studienergebnisse, Übersichtsartikel und Expertenkommentare und stellen diese in mehr oder weniger gekürzter Form im Internet zur Verfügung. Meist werden nur die Zusammenfassungen (abstracts) in den Datenbanken abrufbar gespeichert Suchmaschinen Suchmaschinen sind Hilfsmittel, die die Suche von Informationen in medizinischen Datenbanken erleichtern. Alle wichtigen Web-Adressen zur Internetrecherche, z.b. ein Deutsch-Englisch/ Englisch-Deutsch-Wörterbuch sowie die Online-Ausgabe des Roche-Lexikons finden Sie auf unserer Homepage: PubMed PubMed ist eine englischsprachige textbasierte Datenbank mit medizinischen Artikeln bezogen auf Biotechnologie der nationalen medizinischen Bibliothek der Vereinigten Staaten (National Library of Medicine, NLM). Entwickelt wurde die Datenbank durch das nationale Zentrum für Biotechnologische Informationen (National Center for Biotechnology Information, NCBI). PubMed ist die kostenfreie Version der Datenbank MEDLINE. PubMed selbst dokumentiert medizinische Artikel in Fachzeitschriften und ist mit Links auf Volltextzeitschriften ausgestattet. Es handelt sich um eine bibliografische Referenzdatenbank. Das Sachgebiet umfasst Medizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin, öffentliches Gesundheitswesen, Psychologie, Biologie, Genetik, Biochemie, Zellbiologie, Biotechnologie, und Biomedizin. Verzeichnet sind etwa biomedizinische Zeitschriften. Jährlich wächst PubMed um rund Dokumente. Die Verschlagwortung erfolgt nach Medical Subject Headings (MeSH). Jeder Eintrag in der PubMed ist einer PubMed-ID (PMID) zugeordnet. Über diese Suchoberfläche kann man durch verschiedene Suchmethoden wie MeSH, tags, clinical queries etc. abstracts/studien finden. Einzelne Suchmethoden werden im Folgenden erklärt.
7 Boole sche Operatoren Suchmaschinen verwenden verschiedene, sog. Boole sche (sprich: buhlsche ) Operatoren, mit deren Hilfe man die Suche gestalten kann. Der Boole sche oder boolean -Modus ist die effektivste Art, eine Suche zu gestalten. Auf die Großschreibung der Operatoren ist zu achten! Operator Funktion Beispiel AND verknüpft zwei Begriffe thoracic AND ultrasound (der Artikel muss thoracic und ultrasound enthalten) OR Auswahl thoracic OR ultrasound (der Artikel muss thoracic oder ultrasound enthalten) NOT NEAR...[MeSH] einer von zwei Begriffen zwei Begriff müssen nahe beieinander stehen durchsucht eine Gruppe von Begriffen (...) Klammern fassen mehrere Begriffe zusammen thoracic NOT ultrasound (der Artikel muss thoracic, darf aber nicht ultrasound enthalten) thoracic NEAR ultrasound (der Artikel muss thoracic und ultrasound enthalten, wobei die beiden Begriffe nahe beieinander stehen müssen) ultrasound [MeSH] (durchsucht werden die Begriffe, die im MeSH-tree unter ultrasound stehen) (pulmonary OR embolism) AND ultrasound (es werden alle Artikel durchsucht, die ultrasound und pulmonary oder ultrasound und embolism enthalten) * Asterisk embol* (durchsucht werden Artikel nach Begriffen, die embol... enthalten, z. B. embolism, embolectomy)? Platzhalter in manchen Suchmaschinen hat man anstelle des * ein Fragezeichen. Die Funktion ist die gleiche limits Die Suche kann erheblich eingeschränkt werden durch die Verwendung von sog. limits :
8 tags Mit tags (= Markierung ) kann man die Suche weiter eingrenzen. Eine Liste der wichtigsten Tags in alphabetischer Reihenfolge und ein Anwendungsbeispiel finden sich hier (die runden Klammern im Suchterm weglassen!): Tag Bedeutung Verwendung [au] author durchsucht die MEDLINE nach einem bestimmten Autor [edat] entrez date bezeichnet das Datum, wann die Publikation in die NLM- Datenbank aufgenommen wurde (benutztes Format: YYYY/MM/DD [edat]) [ip] issue Ausgabenummer eines Journals; es wird lediglich in dieser Ausgabe gesucht [ta] journal title Name des Journals bzw. seine ISSN-Nummer; es wird nur in diesem Journal nach Artikeln gesucht (BMJ [ta]) [la] language definiert die Sprache der Artikel, die gefunden werden (english [la]) [dp] publication date Publikationsdatum eines Artikels (benutztes Format: YYYY/MM/DD [dp]) [pt] publication type nach bestimmten Publikationstypen suchen (review [pt] oder clinical trial [pt] etc [ti] title sucht im Titel nach den ausgesuchten Wörtern und Zahlen [vi] Volume die Nummer der Ausgabe eines Journals, in der gesucht wird Eine genaue Auflistung aller Tags finden Sie auf der PubMed-Homepage unter dem Link Help/FAQ Search Field Descriptions and Tags MeSH (Medical Subject Headings) All MeSH Categories Diseases Category Respiratory Tract Diseases Lung Diseases Pulmonary Embolism All MeSH Categories Diseases Category Cardiovascular Diseases Vascular Diseases Embolism and Thrombosis Embolism Pulmonary Embolism
9 clinical queries Cochrane Collaboration / cochrane library Die Library der Cochrane Collaboration (die so genannte Cochrane-Library) versammelt systematische Übersichtsarbeiten auf englisch seit 1992 und ist auf fast zweitausend Arbeiten angewachsen. Darüber hinaus enthält sie ein Register mit Zitaten klinischer Studien (ca Einträge), das über die Bestände herkömmlicher Datenbanken (Medline, EMBASE) hinausgeht. Durch ihre elektronische Verbreitung (vierteljährlich aktualisiert im Internet und auf CD-ROM mit einer umfassenden Suchfunktion) hat sie die EbM zu einer allgemein anerkannten Grundlage alltäglicher medizinischer Arbeit gemacht. In der jüngsten Zeit wird versucht, die Library multilingual zu machen, indem Artikel auf italienisch, spanisch und chinesisch automatisch oder per Hand regelmäßig übersetzt und andererseits auch in diesen Sprachen alle anderssprachigen Artikel (insbesondere englisch) verfügbar gemacht werden. Die Cochrane Collaboration sieht die Einbeziehung der Patientenmeinung in die Gesundheitsversorgung als grundlegend an. Daher gibt es zu jeder systematischen Übersichtsarbeit eine laienverständliche Kurzzusammenfassung (plain language summary).
10 Identifikationszeile einer Studie Mathis G et.al., Chest Sep; 128(3): Autor Journal / Zeitschrift Erscheinungsdatum Band (Heft): Seitenzahlen PMID: PubMed- Identifikationsnummer Vom abstract zum Volltext Mit der Identifikationszeile einer Studie in PubMed erhält man nur den abstract dieser Studie. Um jedoch zum Volltext zu kommen, muss man über die Online- Zeitschriftenbibliothek (Link unter auf das jeweilige medizinische Journal zugreifen. Schritt 1 Bei PubMed wurde die Studie mit Identifikationszeile und abstract gefunden. Schritt 2 Online-Zeitschriftenbibliothek unter aufrufen und Name der medizinischen Zeitschrift aus der Identifikationszeile eingeben.
11 11 11 Schritt 3 Passende Zeitschrift auswählen. Dabei beachten: rot = kein Zugang, gelb = Zugang nur über Rechner der Universität Frankfurt, grün = uneingeschränkter Zugang. Sonstige Zugangsbedingungen sind unter Readme nachzulesen Schritt 4 Auf der Seite des Journals passende Ausgabe, danach die passende Studie auswählen. Schritt 5 Volltext (vorzugsweise HTML-/ oder PDF-Datei) der Studie aufrufen und ausdrucken myub Es gibt auch die Möglichkeit, über das myub-system der Universität Frankfurt am Main auf die ejournals zuzugreifen: Step 1: Step 2: login mit Goethe-Card-Nr./ Bibliotheksausweis-Nr. und Passwort Step 3: Zugriff auf ejournals
12 Internetsuche am Fallbeispiel A (Kleingruppe Tag 2) Nach eingehender Diagnostik haben Sie festgestellt, dass Ihr Patient Herr P. keine Lungenembolie hatte. Vielmehr handelte es sich um eine Interkostalneuralgie, welche mit einer psychogenen Tachykardie einherging. Inzwischen sind zwei Wochen vergangen und plötzlich sehen Sie Herrn P. wieder, welcher gerade von einem RTW in die medizinische Notaufnahme Ihres Krankenhauses eingeliefert wird. Herr P. habe nach eigenen Angaben seit etwa drei Stunden Brustschmerzen, Atemnot und Schweißausbrüche. Da Sie die kardiale Vorgeschichte des Patienten kennen, entschließen Sie sich, sofort ein EKG zu schreiben und Herzenzyme (Kreatinkinase MB, Troponin T) zu bestimmen. Das EKG zeigt lediglich unspezifische T-Wellenveränderungen, welche im EKG vor zwei Wochen bereits zu sehen waren. Während Sie auf die Laborwerte der Herzenzyme warten, fragen Sie sich, ob die Messung der Kreatinkinase MB in Kombination mit einem kontinuierlichen EKG-Monitoring ausreicht, um innerhalb einer Zeitspanne von ca. sechs Stunden einen myokardialen Schaden ausschließen zu können. 3-teilige Frage Suchoberfläche PubMed cochrane library sonstige: Suchstrategie boolean limits tags MeSH clinical queries Suchterm (inklusive limits, tags, MeSH-Term etc.) Trefferzahl Titel Autor Identifikationszeile PMID
13 Internetsuche am Fallbeispiel B Sowohl das EKG-Monitoring als auch die Herzenzyme sprechen bei Herrn P. gegen ein kardiales Geschehen. Der Pfleger der Notaufnahme teilt Ihnen in diesem Augenblick mit, dass die axillär gemessene Körpertemperatur bei Herrn P C beträgt. Sie auskultieren daraufhin die Lungen und hören im rechten unteren Lungenfeld mittel- bis feinblasige Rasselgeräusche. Nach nochmaliger detaillierter Anamnese stellen Sie fest, dass Herr P. seit ca. einer Woche an einer hartnäckigen Erkältung leide, welche sich in den letzten Tagen verschlechtert habe. Zur Unterstützung Ihrer Verdachtsdiagnose lassen Sie ein Thorax- Röntgen anfertigen. Auf dem nun erstellten Bild sehen Sie im rechten Unterlappenbereich der Lunge dichte Verschattungen. Nach sorgfältigem Abwägen der möglichen Differentialdiagnosen stellen Sie zusammen mit Ihrem Oberarzt die Diagnose einer Pneumonie. Bei der Wahl der Antibiose lässt Ihnen der Oberarzt die Entscheidungsfreiheit, ob sie Azithromycin plus Ceftriaxon oder die Kombination Ceftriaxon und Clarithromycin/Erythromycin ansetzen. Da Sie nichts dem Zufall überlassen wollen, machen Sie sich auf die Suche nach Evidenzen, welche der Kombinationsmöglichkeiten am effektivsten ist 4-teilige Frage Suchoberfläche PubMed cochrane library sonstige: Suchstrategie boolean limits tags MeSH clinical queries Suchterm (inklusive limits, tags, MeSH-Term etc.) Trefferzahl Titel Autor Identifikationszeile PMID
14 Internetsuche am Fallbeispiel C Nach etwas mehr als einem halben Jahr treffen Sie Herrn P. erneut auf Station an. Seine bekannte KHK hat sich deutlich verschlechtert. Dieses Mal wurde er mit dem Verdacht eines akuten Koronarsyndroms eingewiesen. Dem diagnostischen Prozedere schloss sich eine perkutane transluminale Koronarangiographie an. Da der Ramus interventricularis anterior (RIVA) um mehr als 80% stenosiert war, wurde Herrn P. ein Stent eingesetzt. Um eine Restenosierung zu verhindern, schließt sich nun eine standardmäßige Kurzzeit-Therapie mit Clopidogrel an. Sie erinnern sich jedoch daran, dass während der letzten Fortbildung die (sechsmonatige) langzeit-gabe von Clopidogrel vom Referenten als sehr Erfolg versprechend propagiert wurde. Als behandelnder Arzt von Herrn P. überlegen Sie, ob eine standardmäßige kurzzeitige oder eine langzeitige Gabe von Clopidogrel weitere kardiale Komplikationen verhindern könnte... 4-teilige Frage Suchoberfläche PubMed cochrane library sonstige: Suchstrategie boolean limits tags MeSH clinical queries Suchterm (inklusive limits, tags, MeSH-Term etc.) Trefferzahl Titel Autor Identifikationszeile PMID
15 Internetsuche (Mustersuche) 3-teilige Frage Ist bei dem 64-jährigen Herrn P. mit akut aufgetretenen Brustschmerzen und Tachykardie und bekannter KHK (HF: 150/ min, EKG + Trop T-Schnelltest o.p.b., D-Dimere positiv) ein thorakaler Ultraschall eine geeignete Methode, um eine Lungenembolie auszuschließen? Suchoberfläche PubMed X cochrane library sonstige: Suchstrategie boolean X limits tags MeSH clinical queries Suchterm (inklusive limits, tags, MeSH-Term etc.) pulmonary AND embolism AND thoracic AND ultrasound AND (CT pulmonary angiography) Trefferzahl 13 Titel Thoracic ultrasound for diagnosing pulmonary embolism: a prospective multicenter study of 352 patients Autor Mathis G, Blank W, Reissig A, Lechleitner P, Reuss J, Schuler A, Beckh S Identifikationszeile Chest Sep;128(3): PMID
16 16 2 Diagnose Lernziele: Struktur und Aufbau diagnostischer Studien Validitätskriterien diagnostischer Studien Relevanzkriterien diagnostischer Tests wie z.b.: Positiver / negativer prädiktiver Wert, post / pre test probability, likelihood ratio, Spezifität, Sensitivität Anwendbarkeit diagnostischer Studien 2.1 Struktur von diagnostischen Studien Gliederung 1. abstract / Zusammenfassung 2. introduction / Einleitung 3. material & methods / Material und Methoden 4. results / Ergebnisse 5. discussion / Diskussion Vorletzter / letzter Satz der Einleitung: Ziel / Objektiv der Studie Tabellen Table 1: Patientencharakteristika Table 2/3: results / outcomes 2.2 Nullhypothese Was ist eine Nullhypothese? Die Nullhypothese postuliert bei der Evaluation von diagnostischen und therapeutischen Verfahren, dass zwischen den zu vergleichenden Vorgehensweisen (z.b. oraler thorakaler Ultraschall versus CT-gesteuerte PA) kein Unterschied besteht. Diese Postulation gilt es zu widerlegen.
17 Validität Was ist Validität? Die Validität ist das Ausmaß, in dem ein Studienergebnis die Wirklichkeit widerspiegelt und frei von systematischen Fehlern (sog. bias) ist. Dabei kommt einer sorgfältigen Studienmethodik und einer repräsentativen Studienpopulation besondere Bedeutung zu. Da Validität auf viele verschiedene Arten ausgedrückt werden kann, gibt es keine spezielle Kenngröße für Validität. Mit den folgenden Fragen wollen wir versuchen, die wichtigsten Fehler zu entdecken Goldstandard (=Referenzstandard) Der Goldstandard ist das Verfahren, das allgemein als die beste Methode für den jeweiligen Zweck akzeptiert ist, und an dem neue bzw. alternative Methoden gemessen werden. Bei der Beschreibung der Testeigenschaften von neuen diagnostischen Verfahren wird die neue Maßnahme an der genauesten und zuverlässigsten zur Verfügung stehenden Methode, dem jeweiligen Goldstandard, gemessen. Aus methodischen Gründen nehmen wir an, dass der Goldstandard die gesicherte Auskunft gibt, ob ein Patient tatsächlich krank oder gesund ist! Was ist der Goldstandard in unserem Beispiel? Anwendung Wurde jeder Studienteilnehmer sowohl mit dem neuen Test als auch mit dem Goldstandard ( Referenzstandard ) getestet? War vor dem zweiten Test das Ergebnis des ersten Tests bekannt?
18 Beeinflussung Haben sich Goldstandard und der zu überprüfende Test gegenseitig beeinflusst? Geeignetes Patientenspektrum Wurde ein geeignetes Patientenspektrum verwendet (so wie im praktischen Leben)?
19 Studientypen / levels of evidence von Diagnosestudien A B levels of evidence 1a 1b 1c 2a 2b Studientypen Systematischer review über 1b Kohortenstudien Validierende Kohortenstudie mit gutem Goldstandard Absolute Tests (absolute SpPins und SnNouts) Systematischer review über 2b oder bessere Kohortenstudien Exploratorische Kohortenstudie mit gutem Goldstandard Systematischer review über 3b 3a Level oder bessere diagnostische Studien Nicht konsekutive Studie oder nicht C 3b konstant angewendeter Goldstandard Fall-Kontroll- Studie, 4 unzureichender oder nicht unabhängiger Goldstandard D 5 Expertenmeinung Beschreibung Systematische Zusammenfassung von 1b Kohortenstudien Eine Patientengruppe mit bestimmten Merkmalen wird über einen definierten Zeitraum mit dem neuen diagnostischen Test und dem Goldstandard untersucht Validierend: Überprüfung der diagnostischen Tests in einer weiteren (!) Studie mit gleichem Aufbau zur Überprüfung der Ergebnisse SpPin: Spezifität des Tests ist so hoch, dass man durch ein positives Ergebnis des neuen Tests sicher die Diagnose erstellen kann. SnNout: Sensitivität des Tests ist so hoch, dass ein negatives Ergebnis des neuen Tests die Diagnose ausschließt Systematische Zusammenfassung von 2b und evtl. 1b Kohortenstudien. Eine Patientengruppe mit bestimmten Merkmalen wird über einen definierten Zeitraum mit dem neuen diagnostischen Test und dem Goldstandard untersucht. Exploratorisch: diagnostischer Test wird erstmalig untersucht Systematische Zusammenfassung von 3b und evtl. 2b und 1b Studien Nicht fortlaufend durchgeführte Studien oder Studien, bei denen der Goldstandard nicht bei allen Patienten angewendet wurde Retrospektiver (=rückblickender) Vergleich von Patienten mit Kontrollgruppe, z.b. aus den Daten des Archivs Unzureichend: Goldstandard stellt die Diagnose nicht mit ausreichender Sicherheit Nicht unabhängig: Goldstandard, der beispielsweise nur bei positivem Test angewandt wird Meinung einer Person oder Gruppe ohne wissenschaftliche Belege Übersetzt aus: Oxford Centre of Evidence-based Medicine (OCEBM) Levels of Evidence (05/2001)
20 Relevanz Vierfelder-Tafel Aus: Mathis G et.al., Chest Sep;128(3): Goldstandard (CT-PA) Krank Gesund Summe Neuer Test Thorax-US Test positiv Test negativ a c b d g = a+b 152 h = c+d 200 Summe e = a+c 194 f = b+d 158 i = a+b+c+d 352 a c b d odds vs. probability Der Unterschied von probabilities zu odds ist eigentlich nur der, dass probabilities die Wahrscheinlichkeiten und odds die Chancen angeben. Gehen wir davon aus, dass ein anämischer Patient eine pre test probability von 50% besitzt an einer Eisenmangelanämie zu leiden, dann besitzt der gleiche Patient eine pre test odds von 50:50 oder besser von 1:1. Merke: Während probabilities die Wahrscheinlichkeiten angeben, geben odds die Chancen an. Die Umrechnung ist dabei wie folgt: probability = odds/(1 + odds) Beispiel 1: probability 1/4 = 0,25 => odds = 1:3 = 0,33 Beispiel 2: probability 4/7 = 0,57 => odds = 4:3 = 1,33 Für die Engländer ist das Rechnen mit odds genauso normal, wie für uns das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten. Da die EbM von den Kanadiern stammt und diese wiederum auch das englische System benutzen, werden in Studien die Angaben häufig in odds gemacht.
21 21 21 Neuer Test pre-test probability Goldstandard Krank Gesund Summe Test positiv a 144 b 8 g 152 Test c d h negativ Summe e f i Formel Erklärung post-test probability / positiver prädiktiver Wert Formel Erklärung negativer prädiktiver Wert Formel Erklärung
22 Sensitivität Neuer Test Goldstandard Krank Gesund Summe Test positiv a 144 b 8 g 152 Test c d h negativ Summe e f i Formel Erklärung Spezifität Formel Erklärung Neuer Test SnNout: Besitzt ein Test eine hohe Sensitivität (Sn), dann schließt ein negatives Testergebnis (N) die Diagnose aus (out). Test positiv Test negativ Goldstandard Krank Gesund Summe Summe SpPin: Besitzt ein Test eine hohe Spezifität (Sp), dann schließt ein positives Testergebnis (P) die Diagnose ein (in). Neuer Test Test positiv Test negativ Goldstandard Krank Gesund Summe Summe
23 positive likelihood ratio Formel Erklärung Wahrscheinlichkeit, dass ein positives Testergebnis bei einer erkrankten Person auftritt, im Verhältnis zu der Wahrscheinlichkeit, dass ein positives Testergebnis bei einer gesunden Person auftritt. Neuer Test Goldstandard Krank Gesund Summe Test a b g positiv Test c d h negativ Summe e f i Übertragbarkeit auf den Patienten Wenn Sie eine valide systematische Übersicht bzw. Einzelstudie über einen diagnostischen Test gefunden und diesen Test aufgrund seiner ausreichenden Genauigkeit für nützlich gefunden haben, wie integrieren Sie dann die Evidenz zu dem Test mit Ihrer klinischen Erfahrung und wie wenden Sie sie dann auf Ihren Patienten an? Es gibt drei Fragen, die für die Lösung dieses Problems ausschlaggebend sind: Verfügbarkeit Ist dieser diagnostische Test verfügbar, bezahlbar, präzise und für Ihre Bedürfnisse geeignet? Einschätzung des Patienten Können Sie bei einem Patienten im Vorhinein die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung zuverlässig einschätzen (die Vortestwahrscheinlichkeit aus persönlicher Erfahrung, aus dem Artikel oder aus Datenerhebungen aus Ihrer Praxis)? Eine Erhöhung der pretest-probability ist auch aufgrund charakteristischer Symptome möglich Anwendbarkeit Würden Sie aufgrund des Testergebnisses die Diagnose stellen oder ausschließen, und würde Ihr Patient kooperieren?
24 Kleingruppenarbeit Validität der Ergebnisse Quellenangabe Frage Ja Nein Seite Spalte Absatz Kommentare Gab es einen Goldstandard ( Referenzstandard )? Wurde jeder Studienteilnehmer sowohl mit dem neuen Test als auch mit dem Goldstandard getestet? War vor dem zweiten Test das Ergebnis des ersten Tests bekannt? Haben sich Goldstandard und der zu überprüfende Test gegenseitig beeinflusst? Wurde Ihrer Meinung nach ein geeignetes Patientenspektrum verwendet? Weist die Studie Ihrer Einschätzung nach eine gute Validität auf?
25 Relevanz Goldstandard Krank Gesund Summe Neuer Test Test Positive Test negative Summe a b g = a+b = c d h = c+d = e = a+c = f = b+d = i = a+b+c+d = Wert Formel Berechnung pre test probability post test probability / positiver prädiktiver Wert negativer prädiktiver Wert Sensitivität Spezifität positive likelihood ratio Übertragbarkeit auf den Patienten Frage Ja Nein Kommentare Ist dieser diagnostische Test verfügbar, bezahlbar, präzise und für Ihre Bedürfnisse geeignet? Können Sie bei einem Patienten im Vorhinein die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung zuverlässig einschätzen (aus persönlicher Erfahrung, aus dem Artikel oder aus Datenerhebungen aus Ihrer Praxis)? Würden Sie aufgrund des Testergebnisses die Diagnose stellen oder ausschließen, und würde Ihr Patient kooperieren?
26 26 3 Therapie / Intervention Lernziele: Validitätskriterien einer Therapiestudie Relevanzkriterien für die Wichtigkeit einer Therapie: CER, EER, RRR, ARR, NNT Bias / Fehlerquellen Anwendbarkeit von Therapiestudien 3.1 Struktur von Therapiestudien Die Struktur therapeutischer Studien gleicht der Struktur diagnostischer Studien, wie bereits am vorherigen Seminartag besprochen. 3.2 Validität der Ergebnisse Nachdem wir einen brauchbaren Artikel gefunden haben, stellt sich uns ein weiteres Problem: Wie können wir sicher gehen, dass die Studienergebnisse nicht durch unsachgemäße Durchführung der Studie verfälscht sind? Mit den folgenden Fragen wollen wir versuchen, die wichtigsten Fehler zu entdecken. Im Folgenden werden die für das Bewerten von therapeutischen Problemen wichtigen Faktoren vorgestellt Randomisation / Kontrollgruppe confounding: Verdeckte Randomisation / concealment of allocation: Repräsentative Studienpopulation / Ähnlichkeit der Gruppen
27 Ein-/Ausschlusskriterien Verblindung follow-up attrition bias: Gleiche Behandlung intention-to-treat Primärer / sekundärer Endpunkt adverse effects / Nebenwirkungen
28 Studientypen / levels of evidence von Therapiestudien A B C levels of evidence 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b Studientypen Systematischer review über randomisierte kontrollierte Studien / Meta- Analyse Randomisierte kontrollierte Studie (RCT) Alle oder Keiner Systematischer review über Kohortenstudien Kohortenstudie outcomes - research Systematischer review über Fall- Kontroll-Studien Fall-Kontroll- Studie 4 Fall-Serie D 5 Expertenmeinung Beschreibung Systematische (=strukturierte) Zusammenfassung von randomisierten kontrollierten Studien Zuordnung der Patienten zu den verschiedenen Behandlungen nach dem Zufallsprinzip Alle: Bisher starben alle Patienten an einer Erkrankung, jetzt überleben einige. Keiner: Bisher starben einige Patienten, jetzt stirbt kein Patient mehr Systematische Zusammenfassung von Kohortenstudien Eine Patientengruppe mit bestimmten Merkmalen wird über einen definierten Zeitraum mit einer Kontrollgruppe verglichen. Es findet keine zufällige Zuteilung zu den Behandlungsgruppen statt ( KEINE Randomisation) Eine Patientengruppe mit bestimmten Merkmalen (z.b. kranke Patienten mit einer neuen Behandlung) wird über einen definierten Zeitraum beobachtet. Es gibt KEINE Vergleichsgruppe und KEINE Randomisation Systematische Zusammenfassung von Fall- Kontroll-Studien Retrospektiver (=rückblickender) Vergleich von Patienten mit einer Erkrankung und einer Behandlung mit einer Vergleichsgruppe von erkrankten Patienten mit einer anderen oder keiner Behandlung, z.b. aus den Daten des Archivs heraus Retrospektiver Bericht über eine Serie von Patienten Meinung einer Person oder Gruppe ohne wissenschaftliche Belege Übersetzt aus: Oxford Centre of Evidence-based Medicine (OCEBM) Levels of Evidence (05/2001) Erläuterungen zu Studientypen: mega-trial: mehr als 1000 Patienten insgesamt. Bei Übersichtsarbeiten ist entscheidend, dass eine systematische Suche nach einschlägigen Arbeiten durchgeführt worden ist, die das Risiko übersehener Publikationen minimiert. Ob die Ergebnisse einzeln referiert werden oder durch ein mathematisches Verfahren kombiniert werden (Meta-Analyse), ist zweitrangig.
29 Relevanz Konfidenzintervall p- Wert N 0 wird akzeptiert N 0 wird verworfen N 0 ist richtig richtige Schlußfolgerung Fehler 1. Art (α) N 0 ist falsch Fehler 2. Art (β) richtige Schlußfolgerung Subgruppenanalyse
30 CER (=control event rate) Formel Erklärung EER (=experimental event rate) Formel Erklärung ARR (=absolute risk reduction) Formel Erklärung RRR (=relative risk reduction) Formel Erklärung NNT (=number needed to treat) Formel Erklärung
31 Übertragbarkeit Übertragbarkeit Ist Ihr Patient den Patienten aus der Studie ähnlich genug, sodass Sie die Ergebnisse aus der Studie auf Ihren Patienten übertragen können? Durchführbarkeit Ist die Therapie in Ihrem Falle durchführbar (Kosten, Verfügbarkeit)? Vorstellungen des Patienten Entsprechen Therapieziel und Therapieform den Vorstellungen Ihres Patienten und wäre er bereit, die Therapie anzunehmen? 3.6 Kleingruppenarbeit Validität Quellenangabe Frage Ja Nein Seite Spalte Absatz Kommentare Erfolgte die Zuordnung der Studienteilnehmer zu den Behandlungsmethoden durch Randomisation? Ist die Randomisation verdeckt ( concealment of allocation )? Ist die Größe der Studienpopulation Ihrer Meinung nach repräsentativ? Waren die Gruppen zu Beginn der Studie ähnlich? Wurden Ein- und Ausschlusskriterien beschrieben? Waren die Studienteilnehmer gegenüber der Therapie verblindet?
32 32 Frage Ja Nein Quellenangabe Seite Spalte Absatz Kommentare Waren die Behandelnden gegenüber der Therapie verblindet? Gab es Ihrer Meinung nach ein genügend langes und ausreichendes followup? Ist der Anteil der Studienteilnehmer, die das followup nicht abgeschlossen haben, >20%? Wenn ja, warum? Wurden die Studienteilnehmer (abgesehen von den zu untersuchenden Therapiemaßnahmen) gleich behandelt? Wurden alle Studienteilnehmer in den Gruppen analysiert, in denen sie randomisiert zugeordnet worden waren (intentionto- treat)? Wurden die (primären und evtl. sekundären) Endpunkte der Studie definiert? Sind Angaben über Nebenwirkungen und andere unerwünschte Effekte beschrieben? Wurden Angaben über Finanzierung / Interessenskonflikte gemacht? Weist Ihrer Einschätzung nach die Studie eine gute Validität auf?
33 Relevanz Ausgewählter negativer Endpunkt: CER EER ARR RRR NNT Erklären Sie in eigenen Worten den oben Zustande gekommenen Wert der NNT: Eine NNT von bedeutet, dass Übertragbarkeit Frage Ja Nein Kommentare Ist Ihr Patient den Patienten aus der Studie ähnlich genug, dass Sie die Ergebnisse aus der Studie auf Ihren Patienten übertragen können? Entsprechen das Therapieziel und die Therapieform den Vorstellungen ihres Patienten und wäre er bereit, die Therapie anzunehmen? Ist die Therapie in Ihrem Falle durchführbar (Kosten, Verfügbarkeit)?
34 34 4 journal club / systematische Übersichtsarbeiten / Leitlinien 4.1 Die fünf Schritte der Evidenzbasierten Medizin 1. Schritt 2. Schritt 3. Schritt 4. Schritt 5. Schritt 4.2 journal club im Seminar EbM Sie haben die Aufgabe, Ihre angefertigte Seminararbeit in einer Kleingruppe zu präsentieren. Eine genaue Beschreibung bezüglich der Durchführung des journal clubs entnehmen Sie unserer Homepage ( Link Seminar journal club ). 4.3 Einführung systematische Übersichtsarbeiten Systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen über qualitativ hochwertige Einzelstudien gelten als höchster Evidenzlevel, wenn es um die Entscheidung über den Einsatz therapeutischer oder diagnostischer Interventionen geht. Nicht verwunderlich nimmt die Zahl der veröffentlichten Übersichtsarbeiten ständig zu. Das wiederum gibt dem Mediziner die Möglichkeit, schnell und weniger aufwendig die Studienlandschaft zu einem speziellen Themengebiet zu überschauen. Durch die methodische Überprüfung von systematischen Übersichtsarbeiten durch Mediziner wird gewährleistet, dass nur aussagekräftige Studienergebnisse Einfluss auf die Behandlung der Patienten haben. Klassische oder narrative Übersichtsarbeiten geben Empfehlungen zu medizinischen Interventionen aufgrund der klinisch-wissenschaftlichen Erfahrung der Autoren häufig mit dem Verweis auf einzelne gut durchgeführte Studien ab. Für eine systematische Übersichtsarbeit hingegen wird die gesamte Literatur auf Grundlage einer gezielten Fragestellung durchsucht und bewertet. Nach methodischen Kriterien werden alle hochwertigen Studien genauer untersucht und zu einer qualitativen Analyse eingeschlossen. Das Ergebnis ist die Empfehlung für oder gegen eine Intervention. Die Meta-Analyse selbst ist eine Methode um die Zahlenergebnisse mehrerer einzelner Studien quantitativ zusammenzufassen. Dabei werden die Zahlenergebnisse der untersuchten Einzelstudien zusammengefasst und noch einmal statistisch ausgewertet. Der Endpunkt ist die Empfehlung für oder gegen eine Intervention,
35 35 35 diesmal auf Grundlage einer errechneten Maßzahl. Wird diese Methode in einer systematischen Übersichtsarbeit eingesetzt, spricht man auch bei der gesamten Arbeit von einer Meta-Analyse. 4.4 Einführung Leitlinien Medizinische Leitlinien sind "systematisch entwickelte Entscheidungshilfen über die angemessene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen" und damit eine Orientierungshilfe im Sinne von "Handlungs- und Entscheidungskorridoren", von der in begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar muss. Sie sind systematisch entwickelte, wissenschaftlich begründete und praxisorentierte Handlungsempfehlungen und stellen den fachlichen Entwicklungsstand einer Profession (state of art) dar. Sie geben den Angehörigen dieser Profession Orientierung im Sinne von Entscheidungs- und Handlungskorridoren, von denen in begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar muss. Die Umsetzung liegt also im Ermessensspielraum des Arztes oder der Ärztin bei der fallspezifischen Betrachtung. Weiterhin dienen Leitlinien zur Unterstützung des Patienten in seiner Rolle als Partner in dem medizinischen Entscheidungsprozess. Zudem werden Leitlinien in der Gegenwart für die angemessene Nutzung begrenzter Ressourcen durch Vermeidung unnötiger diagnostischer und therapeutischer Verfahren verwendet und steuern so zur Optimierung der Versorgungsqualität in einem Gesundheitssystem bei. Dabei ist jedoch zu beachten, dass auch Leitlinien nicht immer frei von Interessenskonflikten und systematischen Fehlern sind. Die Notwendigkeit, auch die Leitlinien kritisch und wissenschaftlich zu hinterfragen, ist wie bei allen anderen medizinischen Informationen nach wie vor unumgänglich. Folgende Entwicklungsstufen von Leitlinien sind zu beachten: 1. Stufe: Handlungsempfehlungen von Expertengruppen (S1-Leitlinie) 2. Stufe: Konsensbasierte Leitlinie (S2k-Leitlinie) Evidenzbasierte Leitlinie (S2e-Leitlinie) 3. Stufe: Evidenz- und konsensbasierte Leitlinie (S3-Leitlinie) Bei einer evidenz- und konsensbasierten Leitlinie (S3) handelt es sich um den nach einem definierten, transparent gemachten Vorgehen erzielten Konsens multidisziplinärer Expertengruppen zu bestimmten Vorgehensweisen in der Medizin (klinischer Algorithmus, Entscheidungsanalyse, outcome-analyse etc). Grundlage dieses Konsenses ist die systematische Recherche und Analyse der wissenschaftlichen Evidenz aus Klinik und Praxis. In Deutschland werden ärztliche Leitlinien primär von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF, und der ärztlichen Selbstverwaltung (Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung) entwickelt und verbreitet. Informationen über und Zugang zu internationalen Leitlinien- Projekten und -Agenturen bietet das Guidelines International Network (GIN, mit der weltweit umfangreichsten Leitlinien-Datenbank.
36 Weiterführende Seminare/Kurse Für Interessierte, die ihr Wissen und ihre Fertigkeiten auf den Gebieten der Diagnostik, der Intervention, der systematischen Übersichtsarbeiten/Metaanalysen oder der Leitlinien weiter vertiefen wollen, bieten wir Aufbaukurse, Didaktikkurse und Train-the-Teacher-Kurse an. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage unter dem Link Train-the-Teacher. 4.6 Weiterführende Literatur 1. Evidence Based Medicine: How to practice and teach Evidence-based Medicine. (2000) Sackett DL, Richardson WS, Rosenberg WMC, Haynes RB. 2 nd ed. London: Churchill Livingstone 2. Lehrbuch Evidenzbasierte Medizin in Klinik und Praxis, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. (2007) R. Kunz, G. Ollenschläger, H. Raspe, G. Jonitz, N. Donner-Banzhoff. Deutscher Ärzte- Verlag 3. Evidence-based Medicine: What it is and what it isn t. (1996) Sackett DL, Gray JAM, Haynes RB, Richardson WS. British Medical Journal 312: 71-2 Korrespondenzadresse: Dieses Skript wurde erstellt von Martin Bergold und Reinhard Strametz. Bei Fragen und Anregungen (besonders auch bei Kritik) schreiben Sie bitte an: EBM Frankfurt Fachbereich Medizin der J. W. G.-Universität Frankfurt am Main Institut für Allgemeinmedizin (IfA) Haus 10 Hr. Martin Bergold Theodor Stern-Kai 7, Frankfurt am Main M@il: martin.bergold@ebmfrankfurt.de Web:
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