Eine Rezension von Daniel Klose, Oguz Yilmaz und Nursin Karadeniz
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- Kajetan Becker
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1 Jutta Standop, Werteerziehung Einführung in die wichtigsten Konzepte der Werteerziehung, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 2005, 157 Seiten, ISBN: , 18,90 Eine Rezension von Daniel Klose, Oguz Yilmaz und Nursin Karadeniz Erste Orientierung Bei der Betrachtung des Schulfaches Ethik findet sehr schnell eine Assoziation mit den Begriffen Werte und Normen statt. Dies mag aber nicht nur daran liegen, dass in manchen Bundesländern das Fach mit dem Namen Werte und Normen statt Ethik betitelt ist, sondern diese zwei Begriffe für den Großteil des Inhaltes dieses Faches stehen. Doch was sind eigentlich Werte, wozu braucht der Mensch sie und wieso sollen diese in der Schule unterrichtet werden? Dies sind, neben der vierten Frage, wie Werte in der Schule erlernt werden können, die grundlegenden Ansatzpunkte, die in dem Buch von Jutta Standop behandelt werden. Entsprechend ist dieses Buch in vier Kapitel aufgegliedert und lässt seinen roten Faden anhand eben gestellter Fragen erkennen. So geht es von der allgemeinen Betrachtung von Werten über den Zweck von Werten hin zur Behandlung von Werten innerhalb der Schule. Dabei stößt der Leser nicht nur auf reinen Fließtext, sondern begegnet immer wieder Tabellen, Kästen, Stichpunkten, Zitaten und am Seitenrand Schlagworten, die Auskunft über den Inhalt eines Absatzes geben. Das Cover ist im Gegensatz zu dieser Vielzahl an inhaltlichen Darstellungen schlicht gehalten, wobei hier vorweggenommen werden muss, dass das auf dem Cover abgebildete Foto über die Aktualität des Buches hinwegtäuschen kann. Einführung in das Konzept Beim Lesen des Titels Werteerziehung Einführung in die wichtigsten Konzepte der Werteerziehung, bekommt der Leser schon einen sehr guten Eindruck darüber, was ihn inhaltlich erwarten wird, auch wenn dabei das grundlegende Konzept des Buches noch verschlossen bleibt. So beginnt die Autorin auf den ersten 25 Seiten mit der theoretischen Grundlegung zum Thema Werte. Dabei geht sie zunächst auf den Begriff Werte ein, fährt dann mit einer Unterscheidung von Werte und Normen fort, um 1
2 schließlich auf grundlegende Werte, Wertesysteme, den Pluralismus, den Werterelativismus, den Wertewandel und die moralische Urteilsfähigkeit einzugehen. Dadurch verschafft sie einen guten Überblick bezüglich der zentralen Aspekte des Themas. Im zweiten Kapitel des Buches, welches 26 Seiten umfasst, stellt die Autorin den Bezug des Themas zum Individuum her. Dazu geht sie zunächst auf die Funktionen von Werten und Wertesystemen ein, knüpft mit der Entwicklung von Wertehaltungen bei Kindern und Jugendlichen an und gelangt über die Kapitelabschnitte Modelle zur Entwicklung des Denkens über Moral, Kohlbergs Stufentheorie des moralischen Urteilens, dem entwicklungstheoretischen Ansatz von Gilligan und der Bedeutung der Erziehung für das Wertebewusstsein des Individuums zur Erziehung zur Achtung vor dem Anderen. Das darauffolgende dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Werteerziehung in der Schule und geht dabei auf den nächsten 33 Seiten auf die vier Unterkapitel Warum Werteerziehung in der Schule?, Pädagogische Grundmodelle zur Werteerziehung, Schulische Aufgaben für eine erfolgreiche Werteerziehung und Werteerziehung im Unterricht ein. Dabei ist jedes dieser Unterkapitel nochmals in drei bis vier Abschnitte unterteilt, die sich z.b. mit dem Zusammenhang von Bildung, Erziehung und Werten (S.65-69) oder dem Lehrer als Persönlichkeit (S.84f.) auseinandersetzten. Das mit 47 Seiten längste und letzte Kapitel setzt sich schließlich mit der Frage auseinander Wie Werteerziehung in der Schule erfolgreich stattfinden kann?. Hierzu wurde das Kapitel in acht Unterpunkte aufgegliedert, die die Überschriften Didaktische Prinzipien, Wege der Vermittlung, Handlungsleitlinien, Messung von Moralkompetenz, Die Konstanzer Methode der Dilemmadiskussion, Die Gestaltung des Schullebens, Möglichkeiten der Realisierung im Klassenraum am Beispiel des Child Development Projects CDP und Weitere Hinweise für die praktische Umsetzung tragen. Dabei widmet die Autorin dem Unterpunkt der Dilemmadiskussion besondere Aufmerksamkeit. Neben diesen vier Kapiteln, die alle bis auf das letzte mit einer guten Zusammenfassung enden, findet der Leser auf den letzten Seiten des Buches ein Literaturverzeichnis und ein Sachregister, welche für weitere Nachforschungen sinnvoll sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Sachbüchern weist dieses Buch nicht nur reinen Fließtext und eventuelle Schaubilder auf. Vielmehr begegnen dem Leser neben Fließtext auch grauunterlegte Kästen (S.25), schwarz umrandete Kästen (S.43), Tabellen (S.20), 2
3 Stichpunkte (S.57), Anschauungsmodelle (S.39), eingerückte Zitate (S.66) und Schlagworte neben jedem Absatz. Dadurch erscheint die Gestaltung des Buches zunächst sehr unübersichtlich und uneinheitlich zu sein, doch tut diese Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten dem Verständnis des Buches keinen Abbruch, da die Wahl der Gestaltung beim Lesen Sinn ergibt und das Buch ohnehin in einer sehr verständlichen Sprache geschrieben ist. Lediglich die Schlagworte an den Seitenrändern lassen ihren Sinn nicht erkennen. So sind sie als Suchhilfe unbrauchbar, zumal es neben dem Inhaltsverzeichnis das oben genannte Sachregister gibt. Und auch als Zusammenfassung eines Absatzes dienen sie nicht, da dazu statt eines Schlagwortes ein ganzer Satz benötigt werden würde. Daher kann ihnen ihre einzige Funktion darin zugesprochen werden, dass der Leser vor dem Lesen erfährt, worum es im nächsten Absatz geht und dass dieser bei Desinteresse gegenüber dem Schlagwort den Absatz gegebenenfalls überspringen kann. Fachdidaktische Diskussion Die von der Autorin in den ersten beiden Kapiteln aufgeführten Grundlagen bilden eine wichtige und zugleich kompakt und verständlich geschriebene Basis, um sich sinnvoll mit dem Thema und den darauf folgenden Ausführungen auseinanderzusetzen. So wird unter Rückgriff auf Werke von Lind (S.29ff.), Kohlberg (S.43ff.) und Gilligan (S.52ff.) aufgezeigt, was der Leser unter den oben genannten Punkten wie moralischer Urteilsfähigkeit usw. zu verstehen hat und wie diese mit dem Individuum zusammenhängen. Allerdings werden dabei nur drei der ersten fünfzehn Unterkapitel anhand der eben genannten Autoren behandelt, sodass die restlichen zwölf eine Verbindung aus eigenen und fremden Gedanken und Erklärungen aufweisen. Dabei zeigen die behandelten Punkte ein sehr kompaktes, geschlossenes, nachvollziehbares und inhaltlich sinnvolles Bild, sodass diese zwei Kapitel als fachdidaktisch wertvoll und korrekt bezeichnet werden können und eine gute Ausgangsposition für den roten Faden des Buches bilden. Denn so ist auch der Aufbau des Buches selbst ein didaktisch sinnvoller, da sofort erkennbar ist, dass von einem theoretischen Ausgangspunkt des Themas über das Individuum zur theoretischen Grundlage der Werteerziehung in der Schule schließlich zur Praxis übergegangen wird. Folglich behandelt das dritte Kapitel zunächst die normativen Fragen, wozu Werteerziehung und wie diese unterrichtet werden soll, während eine genaue Antwort auf die Frage, was innerhalb dieser gelehrt werden soll, zwar nicht explizit aufgeführt 3
4 wird, sich aber dennoch - auch aufgrund des theoretischen Vorbaus und der Tatsache, dass es sich hier um Fähigkeiten und Kompetenzen und nicht um Wissen handelt und so die Frage nach dem Was aus dem Wozu abgeleitet werden kann - beantworten lässt. Erstere beiden Fragen werden dagegen wieder einmal verständlich und nachvollziehbar behandelt, um anschließend z.b. damit fortzufahren, welche Voraussetzungen eine Schule und eine Lehrkraft erfüllen muss, um eine erfolgreiche Werteerziehung stattfinden zu lassen. Dabei werden nun auch immer wieder eigene, aber stets begründete Meinungen der Autorin vertreten. So postuliert sie z.b., dass der Lehrer immer ein Beispiel für die Lernenden ist, sodass ein wertneutraler Unterricht seitens des Lehrers nicht möglich ist bzw. den Lehrer in seiner Beispielfunktion unreflektiert und meinungslos erscheinen lässt (S.69ff.). Diese wie auch manch andere These der Autorin ruft sicherlich bei manch einem Leser einen Diskussionsbedarf hervor, doch kann der fachdidaktische Wert dadurch nicht unmittelbar abgesprochen werden. (Dafür bedürfte es erst fundierter praktischer Studien, die diese These(n) widerlegen würden.) Auch dem letzten Kapitel kann durchweg ein positives Urteil zugesprochen werden. Denn so lässt sich keiner der von ihr benannten praktischen Tipps und Hinweise, wie auch die zuvor behandelten didaktischen Prinzipien, Handlungsleitlinien, das ausführliche Aufzeigen der Dilemmadiskussion usw. als nichtssagend und fachdidaktisch verbesserungswürdig bezeichnen. Sicherlich kann der praktische Teil noch weiter ausgebaut werden, doch bildet er, wie der Rest des Buches, eine verständliche und sinnvolle Grundlage, um Werteerziehung in der Schule erfolgreich stattfinden zu lassen. Fachwissenschaftliche Aktualität Trotz der acht Jahre, die seit der Ersterscheinung des Buches vergangen sind, kann dem Buch auch heute eine fachwissenschaftliche Aktualität zugesprochen werden. Dies liegt nicht nur daran, dass in den ersten beiden Kapiteln über die Grundlagen des Themas geschrieben wurde und diese einen größtenteils in näherer Zukunft nicht überholten Inhalt darstellen, sondern auch daran, dass einerseits die (immer noch) aktuellen Standartwerke, wie z.b. Kohlbergs Stufentheorie des moralischen Urteilens, herangezogen werden, aber andererseits von der Autorin auch eigene Theorien formuliert werden, die bis heute ihre Daseinsberechtigung haben. So stellt sie z.b. die These auf, dass für die Werteerziehung die persönliche Beziehung eine entscheidende 4
5 Rolle spielt und dies daher von Lehrerinnen und Lehrern [ ] eine ständige Überprüfung sowohl ihres eigenen Selbstverständnisses als auch ihrer Fähigkeiten und Bereitschaft, dem Heranwachsenden einerseits sein Eigenrecht auf persönliche Entfaltung zuzubilligen [ ] und ihm andererseits entsprechende Hilfeleistung zukommen zu lassen, [verlangt]. (S.85). Aber z.b. auch die von H. Glöckel entworfene Pädagogik des Zutrauens, die die Autorin auf die Regelschule überträgt (S.142ff.), wie auch der zum Schluss vorgestellte Unterrichtsentwurf zum Themengegenstand des CO2-Ausstoßes (S.148ff.) weist auf die Aktualität des Buches hin. So kann festgehalten werden, dass das Buch sowohl in seinen theoretischen als auch in seinen praxisbezogenen Ausführungen aktuell ist. Abschließende Betrachtung Abgesehen von dem wenig ansprechenden Cover des Bucheskann keine negative Kritik über das Buch ausgesprochen werden. So schien zwar die Darstellungsweise zunächst etwas uneinheitlich, doch konnte diese dem Verständnis keinen Abbruch tun. Das in verständlicher Sprache gehaltene, inhaltlich wertvolle und einem roten Faden folgende Buch kann daher ohne Bedenken für Philosophie- und Ethiklehrer wie auch Studenten derselben Fachrichtung empfohlen werden. Ebenso kann auch Religionslehrern und Studenten ein Blick in das Buch nahegelegt werden. 5
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