GoBD und Tax Compliance

Transkript

1 GoBD und Tax Compliance über 50 gute Gründe für uns WP/StB Kai-Uwe Göbel Bochum, 12. Juli 2018 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG

2 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 2 Agenda A. Ausgangssituation und Überblick B. Rechtliche Rahmenbedingungen D. Tax Compliance Management-Systeme E. Fazit

3 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 3 A. Ausgangssituation und Überblick endgültige Initialzündung zur Etablierung sog. Tax Compliance Management-Systeme (TCMS) durch Anwendungserlass des BMF zu 153 AO vom internes Kontrollsystem für Steuern wird als Indiz gesehen, welches gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann den Ausgangspunkt für TCMS bilden nicht zuletzt die vom BMF mit Schreiben vom formulierten Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)

5 Steuerhinterziehung Steuerverkürzung zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 5 B. Rechtliche Rahmenbedingungen Exkurs: Steuerstraftaten (Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung) objektive Tatbestandsmerkmale subjektive Tatbestandsmerkmale 370 Abs. 1 AO: wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden [ ] über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, oder pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt ( ) und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt 378 AO: wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eins Steuerpflichtigen eine der in 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertigt begeht Versuch ist strafbar! Vollendung erforderlich mindestens bedingter Vorsatz* STRAFTAT aber: grds. Strafbefreiung durch Selbstanzeige möglich grobe Fahrlässigkeit ORDNUNGS- WIDRIGKEIT aber: Bußgeldbefreiung durch Selbstanzeige möglich einfache Fahrlässigkeit *) Für-möglich-halten (Wissenskomponente) + billigende Inkaufnahme des Taterfolgs (Wollenskomponente)

6 Aber was hat das mit GoBD und einem Tax-Compliance-Management-System zu tun? zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 6

7 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 7 B. Rechtliche Rahmenbedingungen GoBD Sicht der Finanzverwaltung: BMF-Schreiben vom zu den GoBD: GoBD = Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff Vorgaben der Finanzverwaltung zur ordnungsgemäßen Belegführung, -sicherung und -aufbewahrung Kodifizierung: Außersteuerliche Rechtsnormen (z. B. GoB gem. 238, 239, 257, 261 HGB) Steuerliche Ordnungsvorschriften (insb AO) Andere Steuergesetze (z. B. 22 UStG, 4 Abs. 3 S. 5, Abs. 7 EStG) Für die Ordnungsmäßigkeit elektronischer und manuell erstellter Bücher und Aufzeichnungen gelten die gleichen Prinzipien!

8 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 8 B. Rechtliche Rahmenbedingungen Tax Compliance BMF-Anwendungserlass zu 153 AO vom : nicht jede objektive Unrichtigkeit legt den Verdacht einer Steuerstraftat oder einer Ordnungswidrigkeit nahe Einrichtung eines internen Kontrollsystems (IKS) kann Indiz dafür sein, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit spricht BGH-Urteil vom (1 StR 265/16): im Zweifelsfall hat die Finanzverwaltung die Tatsache zu berücksichtigen, dass ein effizientes Compliance-Management-System (CMS) existiert Implementierung von TCMS gesetzlich nicht vorgesehen, aber mögliche Indizwirkung zugunsten des Steuerpflichtigen!

10 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 10 Überblick: betriebliche Abläufe/Daten werden ganz oder überwiegend unter Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik abgebildet/verarbeitet BMF hat mit Scheiben vom Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) formuliert Geltungsbereich der GoBD umfasst den gesamten Prozess der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten; Umfang betrifft alle steuerrelevanten Prozesse, Daten und IT-Systeme (auch Vorsysteme) auf jeder Ebene und alle betroffenen Abteilungen durch die GoBD erlangt eine geordnete Belegablage eine besondere Bedeutung

11 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 11 Anforderungen: allgemeine Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit elektronischer Bücher und sonstiger erforderlicher elektronischer Aufzeichnungen Anforderungen an die elektronische Erfassung von Papierdokumenten; Besonderheiten bei elektronischen Rechnungen Anforderungen an die Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen, deren Aufbewahrung ( Archivierung ) und Festschreibung Vorgaben zum Datenzugriff, zur Datensicherheit und zum internen Kontrollsystem Notwendigkeit einer Verfahrensdokumentation Einhaltung der GoBD-Anforderungen erfordert Qualitätsbuchhaltung; Standardisierung/Optimierung von Prozessen als Notwendigkeit

12 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 12 Umsetzung: Warum?: Erfüllung der Vorgaben der Finanzverwaltung aber auch im Interesse der steuerverantwortlichen Personen im Unternehmen Qualitätsbuchhaltung Standardisiert und aktuell - und ordnungmäßig! Stammdatenpflege... in allen Bereichen trägt zur Qualität der Buchführungsprozesse bei Vorbereitung auf das ersetzende Scannen als organisatorische Voraussetzung für das Umstellen auf digitale Belege Dokumentation der kaufmännischen Prozesse Verfassen einer Verfahrensdokumentation

13 Kriterien zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 13 Umsetzung: Wie?: Ausgehend von den steuerrelevanten IT-Systemen, Prozessen und Daten wird die Einhaltung der vielfältigen GoBD-Kriterien analysiert und umgesetzt Prozesse Systeme Vor- und Hauptsysteme Kasse Beschaffung /Warenwirtschaft Anlagenbuchführung Debitorenbuchhaltung Kreditorenbuchhaltung Lohnbuchhaltung Fakturierung Zahlungsverkehr Finanzbuchführung Belegeingang bzw. entstehung (Belegfunktion) Belegsicherung und -aufbewahrung Buchung (Journal- und Kontenfunktion) Auswertung (USt-VA, Reporting) Archivierung und maschinelle Auswertbarkeit Nachvollziehbarkeit, Nachprüfbarkeit (N) Vollständigkeit (V) Richtigkeit (R) Zeitgerechte Buchung und Aufzeichnung (Z) Ordnung (O) Unveränderbarkeit (U)

14 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 14 geordnete Belegablage als Voraussetzung: Geltungsbereich der GoBD umfasst den gesamten Prozess der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten; Umfang betrifft alle steuerrelevanten Prozesse, Daten und IT-Systeme (auch Vorsysteme) auf jeder Ebene und alle betroffenen Abteilungen durch die GoBD erlangt eine geordnete Belegablage besondere Betonung, da die Funktion der Grundbuchaufzeichnungen auf Dauer auch durch eine geordnete und übersichtliche Belegablage erfüllt werden kann ( 239 (4) HGB, 146 (5) AO) geordnete Belegablage ist Grundlage für den Nachweis einer konventionellen oder IT-gestützten Buchhaltung oder sonstiger handels- und/oder steuerrechtlicher Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten geordneten Belegablage kommt besondere Bedeutung zu; Folgen fehlender Ordnungsmäßigkeit sind weitreichend

15 Anforderungen an geordnete Belegablage: Formattreue ist Urversion des Belegs elektronisch, ist diese auch elektronisch zu archivieren ersetzendes Scannen zulässig Papierbelege können aber elektronisch archiviert und dann vernichtet werden Ausnahmen für Dokumente mit besonderer Bedeutung notariell beurkundete Verträge,unterzeichnete Jahresabschlüsse,... Aufrechterhaltung der Auswertbarkeit von Daten durch Speicherung/Aufbewahrung darf maschinelle Auswertbarkeit der Daten nicht reduziert werden (kein downgrade ) zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 15

16 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 16 Verfahrensdokumentation: Dokumentation des Buchführungsprozesses in organisatorischer und technischer Hinsicht Darlegung zur Einhaltung der Ordnungsvorschriften und damit Einhaltung der GoBD-Anforderungen Weitere Dokumentationserfordernisse im Hinblick auf Umgang mit elektronischen Belegen, Kontrolle der Unveränderbarkeit, Datensicherung und internes Kontrollsystem Verfahrensdokumentation bei ersetzendem Scannen unverzichtbar mangelnde Nachvollziehbarkeit und -prüfbarkeit (Dokumentation) stellt formalen Mangel dar, der zur Verwerfung der Buchführung führen kann

17 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 17 Verfahrensdokumentation (Mindestinhalte): Organisation des Belegeingangs und der Belegidentifikation Sicherstellung der Vollständigkeit Festlegung des Ordnungssystems und Ort(e) der Belegablage (Belegablageplan) Organisation des Nebeneinanders von Papierbelegen und digitalen Belegen Schutz des Ablageortes vor Zugriffen Unbefugter und vor Verlust Festlegung der Zugriffs- und Sortierrechte (Berechtigungskonzept) Festlegung des Zeitpunkts der IT-mäßigen Erfassung

18 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 18 Verfahrensdokumentation (Aufbau/Änderung/Aufbewahrung): Beschreibung, wie Belege empfangen, erfasst, verarbeitet, ausgegeben und auf- bewahrt werden Verfahrensdokumentation kann aus einem Hauptdokument bestehen und zur Beschreibung der Anwender-, Betriebs- und technischen Systemdokumentation auf bereits vorhandene Dokumente im Unternehmen verweisen Verfahrensdokumentation ist bei Änderungen zu versionisieren (nachvollziehbare Änderungshistorie) Verfahrensdokumentation ist über die Dauer der Aufbewahrungsfrist in der jeweils gültigen Fassung (historisiert) aufzubewahren Das in der Praxis eingesetzte Verfahren muss mit Verfahrensdokumentation übereinstimmen!

19 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 19 Verfahrensbeschreibungen Verweis auf Unterdokumente Verfahrensdokumentation zur Belegablage der Muster GmbH Version: V.1.0. Stand Änderungshistorie Verweis auf Unterdokumente Arbeitsanweisungen Technische Unterlagen und Handbücher zu den eingesetzten Systemen Hauptdokument inkl. Anlagen Verträge, Protokolle

20 GoBD Prozess System zuständig zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 20 Belegeingang und - weitergabe (Belegfunktion) Belegsicherung, Barcodevergabe, Belegprüfung Scannen Buchung, Auswertung, (Journal- und Kontenfunktion) Festschreibung Übertragung Zahlungsverkehr, Freigabe durch GF Archivierung und maschinelle Auswertbarkeit Papier Papierablage Warenwirtschaftssystem Finanzbuchführungssystem Finanzbuchführungssystem Papier Datei-/ Produktivsystem - Archivierung Sekretariat Sekretariat, Einkauf, Geschäftsbereich zur sachlichen Prüfung Rechnungswesen Rechnungswesen Geschäftsführung Einkauf, Rechnungswesen, externer Dienstleister für -Archivierung Nachvollziehbarkeit, Nachprüfbarkeit (N) Vollständigkeit (V) Richtigkeit (R) Zeitgerechte Buchung und Aufzeichnung (Z) Ordnung (O) Unveränderbarkeit (U)

22 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 22 D. Tax-Compliance-Management-Systeme Tax Compliance : Implementierung und Pflege eines Systems zur Sicherstellung der Befolgung steuehrlicher Gesetze und Vorgaben der Finanzverwaltung unter Einbeziehung steuergestalterischer Möglichkeiten bei gleichzeitiger Vermeidung/Minimierung von Risiken für das Unternehmen und dessen Organe/Mitarbeiter Tax Compliance ist Risikomanagement

23 D. Tax-Compliance-Management-Systeme Mögliche Risiken: Finanzielle Risiken Steuernachzahlungen, Hinterziehungszinsen, Verspätungszuschläge, Geldbußen für das Unternehmen ( 30, 130 OWiG) Strafrechtliche Risiken und persönliche Haftung für Organe/Mitarbeiter Stichwort: Mitwirkung an Steuerhinterziehung Geschäftsrisiken z.b. Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen Reputationsrisiken Stichwort: Steuerhinterziehung in der öffentlichen Diskussion zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 23

24 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 24 D. Tax Compliance Management-Systeme Steuerliches Risikomanagement: Steuerliches Risikomanagement Analyse und Risikomatrix Analyse der Ist-Prozesse Erstellung Risikomatrix Entwicklung Soll-Prozess Prozess-Bestandteile IKS-Bausteine IT-Komponenten Implementierung Soll-Prozess Aufbau des Workflows Abbildung der maßgeblichen Regelwerke Implementierung des Kontrollumfelds Erstellung Tax Handbuch Tax Handbuch = Verfahrensdokumentation des Steuer-IKS; GoBD als Ausgangspunkt

26 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG 26 E. Fazit Zusammenfassung der Kernaussagen: Gestiegenes Anforderungsprofil an die Einrichtung kaufmännischer Prozesse durch Digitalisierung Nutzen der Einhaltung von GoBD-Vorschriften und Tax-CMS sind Prozessoptimierung und Standardisierung der kaufmännischen Unternehmensabläufe Der Vorwurf, sich nicht compliant zu verhalten, ist für Unternehmen im Zweifel deutlich teurer, als der Aufbau eines Kontrollsystems Ein wirksames Tax-CMS unterliegt systemimmanenten Grenzen, wesentliche Regelverstöße möglicherweise nicht zu verhindern oder aufzudecken

27 zeptrum Dr. Adamsen PartG mbb WPG/StBG Vielen Dank! Ihre Fragen?