Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Freistaates Bayern
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- Hans Maus
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1 Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Freistaates Bayern zu TOP 4 Auswirkungen von Solvency II und Basel III auf die Unternehmensfinanzierung von KMU der Amtschefkonferenz am 19. November 2013 in Berlin und Wirtschaftsministerkonferenz der Länder am 11./12. Dezember 2013 in Dresden I. Sachstand Im Juni 2013 wurden die Capital Requirements Regulation (CRR) und die Capital Requirements Directive (CRD IV) in der EU verabschiedet und im europäischen Amtsblatt zur Anwendung ab veröffentlicht. Ein Kernbestandteil der neuen Regelungen ist eine Verbesserung der Qualität und Quantität des bankaufsichtlichen Eigenkapitals. Die neuen Eigenkapitalforderungen werden schrittweise bis zum Jahr 2019 eingeführt. Die Kreditinstitute in Deutschland haben in den vergangenen Jahren bereits Kapitalerhöhungen in einem deutlichen Umfang vorgenommen, wobei ein erheblicher Teil dieser Kapitalerhöhungen aus der Nutzung von Bewertungs- und Beurteilungsspielräumen resultiert. Für größere Kreditinstitute könnte sich durch die in Kürze erfolgende Prüfung der Bankbilanzen vor der Übertragung der Bankenaufsicht auf die EZB bzw. der Bereinigung von Altlasten ein weiterer Kapitalbedarf ergeben. Von besonderer Bedeutung für den Bankensektor sind die sich aus den neuen stufenweise ab dem Jahr 2015 einzuführenden Liquiditätsstandards ergebenden Risiken. 1 Problematisch ist insbesondere die am aktuellen Marktvolumen gemessene außerordentliche Höhe des künftigen Refinanzierungsbedarfs der Banken. Die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA) geht in ihrem jüngsten Basel III Monitoring Report von einem durch die strukturelle Refinanzierungs- 1 Die Liquiditätsstandards umfassen die Liquiditätsdeckungskennziffer (Liquidity Coverage Ratio, LCR) und die strukturelle Finanzierungskennziffer (Net Stable Funding Ratio, NSFR).
2 kennziffer (Net Stable Funding Ratio; NSFR) ausgelösten Refinanzierungsbedarf i.h.v. 1,23 Bill. EUR aus. Die Deutsche Bundesbank hat in ihrer im September 2013 veröffentlichten Untersuchung per sowohl für die Gruppe 1-Banken als auch die Gruppe 2-Banken in Deutschland ebenfalls einen hohen Bedarf an Refinanzierungsmitteln festgestellt. 2 Hierbei ist anzumerken, dass die Gruppe-2-Institute mit einer LCR von 114,9 % die Mindestanforderungen im Mittel bereits erfüllen, wenn auch die Einhaltung der Kennziffer auf Einzelinstitutsebene einer deutlichen Streuung unterliegt. Die Mindestanforderungen der mittelfristigen Finanzierungskennziffer NSFR wurden von keinem Gruppe-1-Institut erfüllt, während bereits die Hälfte der teilnehmenden Gruppe-2-Institute eine Kennziffer von mehr als 100 % erreicht. Die Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen sowie der sehr hohe Bedarf an Refinanzierungsmitteln werden voraussichtlich zu spürbaren Auswirkungen auf die Höhe der Refinanzierungskosten der Banken führen. In Anbetracht der über einen mehrjährigen Zeitraum erfolgenden schrittweisen Einführung der neuen aufsichtsrechtlichen Regelungen und gegebenenfalls von den Banken vorzunehmender Anpassungs- bzw. Kostensenkungsmaßnahmen kann gegenwärtig nicht mit hinreichender Sicherheit abgeschätzt werden, inwieweit sich mittelbare Auswirkungen auf die Kreditvergabefähigkeit und Konditionengestaltung der Banken im Bereich Unternehmensfinanzierungen ergeben könnten. Zu beachten ist auch: Die in Folge der neuen aufsichtsrechtlichen Regelungen eintretende Verbesserung der Stabilität und Sicherheit des Bankensystems sollte sich auch in einer Absenkung der Risikoprämien, die Banken bei der Aufnahme von Eigenkapital und Refinanzierungsmitteln aufbringen müssen, widerspiegeln und damit die Entscheidungen von Anlegern, sich im Bankensektor zu 2 a.a.o., S. 3 Abs. 2: Der deutsche Teilnehmerkreis umfasst sieben Gruppe-1- sowie 35 Gruppe-2-Institute. Zur Gruppe 1 werden diejenigen gezählt, die ein Kernkapital gemäß Basel II von mindestens 3 Mrd. aufweisen und international aktiv sind. Die übrigen Institute werden der Gruppe 2 zugeordnet. a.a.o. S. 29 Abs. 3: Der Refinanzierungsbedarf zur Erfüllung der NSFR ist nicht additiv zu jenem der LCR zu verstehen, da beispielsweise eine Verringerung des Bedarf an liquiden Aktiva auch zu einer Verringerung des Bedarfs an stabilen Refinanzierungsmitteln führen kann. Institute, welche die NSFR bisher nicht erfüllen, können bis 2018 die Mindestanforderungen erreichen, indem sie beispielsweise die Fälligkeit ihrer Refinanzierungsmittel erhöhen, die Fristentransformation verringern oder Geschäftstätigkeiten zurückführen, die in Stresszeiten besonderen Liquiditätsrisiken ausgesetzt sind.
3 engagieren, positiv beeinflussen. Dies könnte sich dämpfend auf die Kosten im Bankensektor auswirken. Bei der Konzeption der CRD IV-Regelungen wurde die besondere volkswirtschaftliche Bedeutung von kleinen und mittleren Unternehmen wie auch die Bedeutung der Kreditversorgung von KMUs hervorgehoben und durch spezifische Regelungen berücksichtigt. So wird die Eigenkapitalunterlegung für KMU-Kredite auf dem Niveau der Basel II-Regelungen stabil gehalten, zusätzliche Belastungen für Unternehmen sollen vermieden werden. Erleichterungen für den KMU-Sektor ergeben sich durch die Erhöhung der Retailkreditschwelle von 1 Mio. EUR auf 1,5 Mio. EUR. Die Thematik Auswirkungen von Basel III auf die Mittelstandsfinanzierung wurde von der Länderarbeitsgruppe im Rahmen der vom Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein- Westfalen am in Berlin anberaumten Expertenanhörung mit Fachleuten intensiv diskutiert. Die in dieser Veranstaltung erzielten Ergebnisse sind in dem Bericht an die Wirtschaftsministerkonferenz eingearbeitet und werden bei der Begleitung der Umsetzung der weiteren Elemente von Basel III berücksichtigt. II. Problemstellungen Risikogerechte Eigenkapitalunterlegung von KMU-Krediten Für kleine und mittlere Unternehmen stellen Bankkredite vor allem im langfristigen Bereich auch weiterhin die wichtigste Form der Fremdfinanzierung dar. Alternative Finanzierungsformen wie z.b. Schuldscheindarlehen, Mezzanine, Beteiligungsfinanzierungen etc., stellen für KMUs aufgrund ihrer spezifischen Finanzierungskonditionen und strukturellen Voraussetzungen (z.b. Finanzierungsvolumina) zwar Ergänzungen zum klassischen Bankkredit dar, dürften aber auf absehbare Zeit nicht geeignet sein, Bankkredite in einem größeren Umfang substituieren zu können.
4 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Vielzahl von Unternehmen in Deutschland die in den vergangenen Jahren bestehende gute konjunkturelle Lage dazu genutzt hat, den Anteil der Fremdfinanzierungsmittel zu reduzieren und ihr Eigenkapital insbesondere im Wege der Selbstfinanzierung aus einbehaltenen Gewinnen zu erhöhen. Die Abhängigkeit der Unternehmen von Bankkrediten hat sich hierdurch reduziert. Untersuchungen zeigen, dass trotz der in die CRD IV-Regelungen aufgenommenen Entlastungen für KMUs Kredite an größere Unternehmen regulatorisch bevorzugt werden. D.h. trotz der Festlegung eines Anrechnungskorrekturfaktors i.h.v. 0,7619, mit dem die Auswirkungen aus der Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen neutralisiert werden sollen, erfolgt im Hinblick auf das den KMU- Krediten zugrunde liegende Risiko eine zu hohe Risikoanrechnung bzw. zu hohe Eigenkapitalunterlegung. 3 Diese nicht risikoadäquate bzw. zu hohe Eigenkapitalunterlegung benachteiligt in erster Linie die im Kreditgeschäft mit mittelständischen Unternehmen engagierten Sparkassen, Kreditgenossenschaften sowie kleinen und mittleren Privatbanken. Erklärt werden kann diese Widersprüchlichkeit mit unterschiedlichen Strukturen der mittelständischen Wirtschaft in Europa. Während sich obige Aussagen auf den Mittelstand in Deutschland beziehen, gelten die Eigenkapitalanforderungen für alle EU-Mitgliedstaaten. Durch das EU-Aufsichtsrecht erfolgt bisher keine Differenzierung nach Wirtschaftsräumen. Prüfvorbehalt für KMU-Korrekturfaktor Gemäß Art. 501 Absatz 4f. CRR soll die EU-Kommission, mit Unterstützung durch die EBA, bis zum einen Bericht vorlegen, in dem die Auswirkungen der Eigenmittelanforderungen auf die Kreditvergabe an KMU und natürliche Personen dargestellt werden. Der Bericht soll folgende Punkte umfassen: die Analyse der Entwicklungen der Tendenzen und Konditionen bei der Kreditvergabe an KMU die Analyse der tatsächlichen Risikobehaftung von KMU im Verlauf eines gesamten Konjunkturzyklus 3 Prof. Dr. Christoph Kaserer, TU München, Lehrstuhl für Finanzmanagement und Kapitalmärkte; Sitzung der Länderarbeitsgruppe Basel III am
5 die Angemessenheit der Eigenmittelanforderungen für das Ausfallrisiko von Risikopositionen an KMU. Die Institute müssen künftig den zuständigen Behörden (BaFin und Deutsche Bundesbank) quartalsweise den berechneten Gesamtbetrag über die Risikopositionen gegenüber KMUs melden. Anzumerken ist, dass sich die EBA im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens gegen die Absenkung des Risikogewichts für KMU-Kredite ausgesprochen und dem Mittelstand im Vergleich zu größeren Unternehmen eine grundsätzlich höhere Konjunkturanfälligkeit attestiert hat. 4 Dabei hat die EBA keine differenzierende Aussage zur Situation in verschiedenen EU-Staaten getroffen. Im Zusammenhang mit der Risikolage von kleinen und mittleren Unternehmen wird auf den Beschluss des Bundesrats zur Drucksache 510/12 vom hingewiesen, in dem die Bundesregierung um einen jährlichen Bericht über die Entwicklungen im Bereich der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen gebeten wurde (vgl. Pkt. 2.): 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, jährlich über den Stand und die im Berichtszeitraum eingetretenen Entwicklungen im Bereich der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen zu berichten sowie eine Prognose zu künftigen Entwicklungen in diesem Bereich abzugeben. Begründung (zu Ziffer 2): Die mittelständischen Unternehmen sind die tragende Säule der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland. Die Entwicklungen im Bereich der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen bzw. Veränderungen bei den dabei zu berücksichtigenden Rahmenfaktoren (wie z.b. Auswirkungen von Bankaufsichtsregelungen auf die Kreditvergabebereitschaft und Konditionengestaltung von Kreditinstituten) sind daher von hoher Bedeutung. Eine jährliche Berichterstattung durch die Bundesregierung, gegebenenfalls unter Einbeziehung der Expertisen der Deutschen Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, wird daher als erforderlich angesehen. 4 European Banking Authority Assessment of SME proposals for CRD IV/CRR vom. September 2012, S. 8 Abs. 3: Based on supervisory authorities data and Central Balance Sheet Office data we conclude that SMEs are a riskier sector than larger corporate, as the profitability ratio, activity ratio and ability to pay interest expenses are higher in larger corporations (20%, 21% and 31% respectively). Prudential data available at the EBA from IRB banks also show that the probability of default is on average 55% higher for the SME Retail portfolio than in the corporate one and 72% higher than in the entire asset class.
6 Die Vorlage eines ersten Berichts bis zur Wirtschaftsministerkonferenz am / wird als wünschenswert erachtet. Sicherung der Langfristfinanzierung Die neuen Liquiditätsvorschriften sehen vor, dass Banken erstklassige liquide Mittel vorhalten müssen, um ihren kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Darüber hinaus fordern die Liquiditätsstandards ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Fristenstrukturen von Aktiv- und Passivseite der Banken. Ziel ist die Absorptionsfähigkeit gegenüber Liquiditätsschocks zu verbessern und eine übermäßige Fristentransformation zu vermeiden. Hierbei erfolgt jedoch eine Verschiebung der Kreditvergabe hin zu kürzeren Laufzeiten. Es ist nicht auszuschließen, dass sich durch die neuen Liquiditätsanforderungen weitreichende Auswirkungen auf die Langfristkultur im Kreditgeschäft ergeben. Durch die strukturellen Änderungen wären in besonderem Maße Banken und Unternehmen in Deutschland betroffen. Der Bundesrat hat seine ablehnende Haltung zu den Vorschlägen über die Ausgestaltung der NSFR in den Beschlüssen zur Drucksache 424/11 Nr. 32 sowie 733/11 Nr. 10 explizit dargelegt. Zusammenwirken unterschiedlicher Regulierungsmaßnahmen Das Zusammenspiel neuer Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften und die Einführung der Leverage Ratio sowie die weiteren Regulierungsmaßnahmen im Finanzsektor schaffen einen großen Anpassungsbedarf bei Banken und Versicherungen. Die kumulierten Wirkungen und gegenseitigen Einflusskanäle können nicht mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden. Die jeweiligen Erfahrungen mit den Neuregelungen und Informationen über Problemstellungen mit einzelnen Regelungen bzw. über Interdependenzen werden erst im Zuge der Umsetzung vorliegen, d.h. wenn die Neuregelungen in den Instituten gelebt werden. Dieser Umsetzungszeitraum sollte daher auch als eine Konsolidierungsphase genutzt und soweit darstellbar nicht von neuen Regelungen überlagert werden.
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