Wie informiert sich die Gesellschaft? Thesen und Befunde zu Informationsrepertoires im medialen Wandel
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- Helene Böhmer
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1 Wie informiert sich die Gesellschaft? Thesen und Befunde zu Informationsrepertoires im medialen Wandel Stuttgarter Medienkongress 17. November 2015 Prof. Dr. Uwe Hasebrink
2 Konvergierende Medienumgebungen bedeuten verschwimmende Grenzen zwischen: verschiedenen Übertragungswegen und Endgeräten, die jeweils für ganz unterschiedliche Dienste genutzt werden können, verschiedenen Angebotsgattungen, die mit einem und demselben Endgerät genutzt werden können, verschiedenen Ebenen der Öffentlichkeit: von der öffentlichen Kommunikation bis zu individualisierten Diensten, verschiedenen Sphären des Alltags: Freizeit und Beruf, Öffentlichkeit und Privatheit. Hasebrink: Informationsrepertoires 2
3 Konvergierende Medienumgebungen werfen verschiedene Fragestellungen auf: Wie verändern sich die Voraussetzungen für die freie und individuelle Meinungs- und Willensbildung in der Gesellschaft? Wie kann angesichts fortschreitender Ausdifferenzierung der Kommunikationssysteme gesellschaftliche Integration gesichert werden? Welchen Einfluss haben verschiedene alte und neue Akteure für die gesellschaftliche Information? Welche Rolle kommt künftig dem professionellen Journalismus zu und wie lässt sich dieser finanzieren? Hasebrink: Informationsrepertoires 3
4 Perspektive der Mediennutzung Mögliche Konsequenzen für das Informationsverhalten: Zunehmende Rolle der Onlinemedien in der Informations- und Meinungsbildung Zurückgehende Nutzung der etablierten Medien mit sich daraus ergebenden Schwierigkeiten bei der Finanzierung von (Qualitäts-)Journalismus. Erhöhte Selektivität der Nutzer, also der Orientierung an individuellen Bedürfnissen und Interessen bei der Suche nach Informationen mit ambivalenten Konsequenzen: Wissenszuwachs durch passgenaue Informationen Fragmentierung der Öffentlichkeit Hasebrink: Informationsrepertoires 4
5 Empirische Basis: Reuters Institute Digital News Survey Jährliche Online-Befragung zur Nachrichtennutzung in Deutschland sowie in zahlreichen anderen Ländern (u.a. Brasilien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Spanien und USA) Koordinator: Reuters Institute for the Study of Journalism, University of Oxford Kooperationspartner Deutschland: Hans-Bredow-Institut mit Unterstützung durch die Landesmedienanstalten und das Zweite Deutsche Fernsehen Befragungsinstitut: YouGov Repräsentativ für Bevölkerung ab 18 Jahren mit Internetzugang Erhebungszeitraum: Januar 2015 Hasebrink: Informationsrepertoires 5
6 Regelmäßig genutzte Nachrichtenkanäle 2015 Klassisches Fernsehen ist weiterhin die häufigste Quelle für Nachrichten. Soziale Netzwerke holen im Vergleich zum Vorjahr auf (+2), Print verliert (-7). Fernsehnachrichten Radionachrichten 24h-TV-Nachrichtensender Gedruckte Zeitungen Zeitungen online Soziale Netzwerke Nachrichtenmagazine online Gedruckte Zeitschriften TV- und Radioanbieter online andere Nachrichtenquellen online TV 82% Radio 50% Print 45% Online 60% SNS/Blogs 28% Reuters Institute Digital News Survey 2015 / Hans-Bredow-Institut Frage Q3: Welche der folgenden Kanäle haben Sie letzte Woche als Quelle für Nachrichten benutzt? (Basis=1969, Angaben in Prozent) Hasebrink: Informationsrepertoires 6
7 Regelmäßig genutzte Nachrichtenkanäle 2015 Die etablierten Medien erzielen bei den älteren Gruppen höhere Reichweiten, die Online-Medien bei den Jüngeren. Aber: Fast drei Viertel der jüngsten Altersgruppe nutzen Fernsehnachrichten; und mehr als die Hälfte der ältesten Gruppe das Internet TV Radio Print Online Reuters Institute Digital News Survey 2015 / Hans-Bredow-Institut Frage Q3: Welche der folgenden Kanäle haben Sie letzte Woche als Quelle für Nachrichten benutzt? (Basis=1969, Angaben in Prozent) Hasebrink: Informationsrepertoires 7
8 Regelmäßig genutzte Nachrichtenkanäle 2015 (Online) Junge Nutzergruppen bevorzugen SNS, nutzen aber auch Online-Nachrichten traditioneller Anbieter Social Media und Blogs Zeitungen online Nachrichtenmagazin online TV- und Radioanbieter online Andere Nachrichtenquellen online Reuters Institute Digital News Survey 2015 / Hans-Bredow-Institut Frage Q3: Welche der folgenden Kanäle haben Sie letzte Woche als Quelle für Nachrichten benutzt? (Basis=1969, Angaben in Prozent) Hasebrink: Informationsrepertoires 8
9 Soziale Netzwerke als regelmäßige Nachrichtenquelle Diejenigen, die soziale Netzwerke als regelmäßige Nachrichten-Quelle angeben (gesamt: 25 %; 18-24: 52 %), nutzen mindestens auch: Gesamt TV 77 % 81 % Radio 41 % 36 % Print 42 % 35 % Zeitungen online 32 % 35 % Nachrichtenmag. online 31 % 37 % Rundfunkanbieter online 25 % 36 % keine anderen Quellen: 2% auch andere Quellen: 98% Hasebrink: Informationsrepertoires 9
10 Zahlverhalten und bereitschaft (2014) Letzte Woche eine gedruckte Zeitung gekauft? Letztes Jahr für digitale Nachrichten bezahlt? Ja 55 Ja 8 Davon: Zeitungskiosk 22 Davon: Einmalzahlung 47 Zeitungs-Abo 33 Abo 54 Nein 43 Nein 90 Zukünftige Zahlbereitschaft für digitale Nachrichten Gesamt Sehr/etwas wahrscheinlich Sehr/eher unwahrscheinlich Reuters Institute Digital News Survey 2014 / Hans-Bredow-Institut Frage Q6: Haben Sie in der letzten Woche eine gedruckte Zeitung gekauft? ; Frage Q7: Haben Sie im _letzten Jahr_ für DIGITALE Nachrichteninhalte bezahlt oder einen gebührenpflichtigen ONLINE- Nachrichtendienst in Anspruch genommen? ; (Basis=2063); Frage Q7a: Sie haben angegeben, dass Sie im letzten Jahr für DIGITALE Nachrichteninhalte bezahlt haben. Welche der folgenden Zahlungsarten haben Sie zur Zahlung DIGITALER Nachrichteninhalte im letzten Jahr genutzt, falls überhaupt? (Basis=175); Frage Q7b: Sie haben angegeben, dass Sie im letzten Jahr _nicht_ für digitale Nachrichteninhalte bezahlt haben. Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie IN ZUKUNFT einmal für Online-Nachrichten bezahlen, die aus Quellen stammen, die sie mögen?) (Basis=1852, Angaben in Prozent) Hasebrink: Informationsrepertoires 10
11 Klassifikation von Informationsbedürfnissen Konkrete Problemlösungsbedürfnisse Gruppenbezogene Bedürfnisse Thematische Interessen Ungerichtete Informationsbedürfnisse Hasebrink: Informationsrepertoires 11
12 Übertragbarkeit auf Nutzerkonzepte und Medientypen Nutzerkonzept Primärer Medientyp gezielt adressierbare Einzelpersonen Individualisierte Dienste geschlossene Nutzergruppen spezifische Ziel-/Interessengruppen Massenpublikum Social Networks Spartenprogramme, Special Interest Zeitschriften Vollprogramme, Zeitungen, Publikumszeitschriften Hasebrink: Informationsrepertoires 12
13 Verschiebung von Informationsrepertoires Bis 80er Jahre: Im Vordergrund ungerichtete Informationsbedürfnisse 90er Jahre: Verstärkte Ausrichtung an Themeninteressen (Spartenangebote) Heute: Zunahme gruppenbezogener Bedürfnisse und individueller Problemlösungen Hasebrink: Informationsrepertoires 13
14 Biographische Verschiebung von Informationsrepertoires Jugend: Gruppenbezogene Bedürfnisse (Identitätsbildung) Ausbildung/Studium: Verstärkte Ausrichtung an Themeninteressen (Qualifizierung) Beruf/Familie: Zunahme ungerichteter Informationsbedürfnisse (Integration)!!! Hasebrink: Informationsrepertoires 14
15 Fazit: Wie sich die Gesellschaft informiert Medien- und plattformübergreifend: Die Betrachtung von Einzelmedien bzw. von Online- versus Offlinemedien ist zweitrangig. Der Normalfall individueller Nutzung sind Informationsrepertoires, die verschiedene Nachrichtenquellen umfassen. Mit neuen Vermittlern: Persönliche Netzwerke Suchmaschinen, Aggregatoren und Netzwerkplattformen und ihre Algorithmen Mit geringer Zahlungsbereitschaft für Online-Informationen Mit vielfältigen Informationsbedürfnissen Hasebrink: Informationsrepertoires 15
16 Wie informiert sich die Gesellschaft? Thesen und Befunde zu Informationsrepertoires im medialen Wandel Stuttgarter Medienkongress 17. November 2015 Prof. Dr. Uwe Hasebrink
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