Financial Services aktuell
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- Jutta Diefenbach
- vor 8 Jahren
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1 Banken, Fonds, Real Estate, Versicherungen Das Bankentestament Neuregelung der Bankeninsolvenz bzw. -restrukturierung Die starke Verflechtung der Finanzmärkte hat seit der Finanzkrise deutlich gemacht, dass sich Finanzschocks weit über die Grenzen eines Institutes oder eines einzelnen Landes ausbreiten können. Damit verbunden hatten nationale und europäische Behörden Probleme diesen Dominoeffekt in den Griff zu bekommen. So wurde man 2010 auf europäischer Ebene aktiv, um die Finanzmarktstabilität zu wahren, indem das Vertrauen der Bürger und der Märkte gestärkt werden soll. Ziel ist, zukünftig zu vermeiden, dass öffentliche Gelder wieder zur Bankensanierung aufgewendet werden müssen. Zum Erreichen dieses Ziels wurden Sanierungs- und Abwicklungspläne ins Auge gefasst, die eine präventive Krisenplanung der Banken und der Aufsicht, sowie die Möglichkeit frühzeitiger Eingriffe gewährleisten. Seit Juni 2012 liegt nun ein Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission 1 vor, welcher sich derzeit beim Europäischen Parlament in Begutachtung befindet. Neben Regelungen zum Bankentestament, also der Abwicklung eines Instituts, sind dabei auch weitreichende Sanierungs- und Frühinterventionsmaßnahmen geplant, die bis anzuwenden sein werden. Für Unternehmen des Finanzsektors, die keine Banken sind, hat die europäische Kommission kürzlich eine Konsultation zum Thema Sanierungs- und Abwicklungspläne veran- 1) Vorschlag für Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, abrufbar unter: eur-lex.europa.eu/lexuriserv/lexuriserv. do?uri=com:2012:0280:fin:de:pdf Auf einen Blick Österreichischer Gesetzesentwurf sieht für Institute ab 2014 eine Erstellungspflicht von Sanierungsund Abwicklungsplänen vor Frühinterventionsmaßnahmen sollen FMA umfangreiche Befugnisse gewähren EBA finalisiert derzeit Anforderungen an Sanierungspläne Im EU-Kommissionsvorschlag zur Bankensanierungs- und -abwicklungsrichtlinie sind darüber hinausgehende Maßnahmen vorgesehen
2 lasst und ein Gesetzesvorschlag zu Krisenmanagement und Abwicklung wird noch in diesem Jahr vorgelegt. In welchem Umfang diese Initiativen Versicherungsunternehmen und andere Finanzdienstleister betreffen werden und ob bzw. in welcher Form es analog zu den Banken auch ein Versicherungstestament geben wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Im Mai 2013 passierte der österreichische Gesetzesentwurf zu einem Bankeninterventions- und restrukturierungsgesetz (BIRG) den Ministerrat. Es soll ab 2014 also vor der EU-RL - in Kraft treten und sieht im Kern die Erstellung eines Bankentestaments vor. Institute müssen Sanierungs- und Abwicklungspläne vorlegen und der FMA ermöglicht der Gesetzesentwurf Frühinterventionsmaßnahmen. Die drei Eckpfeiler des Gesetzes Das BMF hat den Gesetzesentwurf eingebracht, mit der Intention schon auf Gefahrensituationen vorbereitet zu sein, bevor die Richtlinienumsetzung der EU erfolgt. In seinem Anwendungsbereich richtet sich der Gesetzesentwurf an Kreditinstitute isd BWG und (gemischte) Finanzholdinggesellschaften. Innerhalb einer Gruppe hat die Erstellung eines Gruppensanierungsplans zu erfolgen, der einen Plan für die Gruppe als Ganzes, für das übergeordnete Institut, sowie für jedes wesentliche nachgeordnete Institut zu enthalten hat. Der Begriff wesentlich wird noch von der FMA in einer Verordnung definiert werden. Das BIRG besteht aus folgenden drei Eckpfeilern: 1 Sanierungsplan Institute trifft die Pflicht zur Erstellung eines Sanierungsplans. Im Entwurf ist vorgesehen, dass ein Institut den Antrag stellen kann geringeren Anforderungen zu unterliegen, jedoch erst im Rahmen der Einreichung, was teilweiseauf Kritik gestoßen ist. Auch eine gänzliche Ausnahme von der Erstellungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen soll möglich sein. Im aktuellen Entwurf ist festgelegt, wann eine solche Ausnahme jedenfalls nicht vorliegen soll (alternativ): Das Institut/Gruppe hat ein oder mehrere Tochterunternehmen oder wesentliche Zweigstellen in anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern Bilanzsumme ist größer als EUR 5Mrd. Verhältnis Bilanzsumme Institut/ Gruppe zu BIP übersteigt 3 % Die Institute sind gefordert spezielle Auslöseereignisse qualitativer als auch quantitativer Art zu definieren und wann welche Sanierungsmaßnahmen im jeweiligen Fall einzusetzen sind. Die Informationen, die im Sanierungsplan enthalten sein sollen, sind in der Anlage zum Gesetzesentwurf genannt und betreffen v.a. eine Zusammenfassung des Plans, Kommunikationsstrategien wie man mit negativen Marktreaktionen umzugehen gedenkt und umfassende Sanierungsoptionen. Ziel ist es die finanzielle Stabilität wiederherzustellen und in der Krise schnell und effizient reagieren zu können. Die Anforderungen werden noch von der EBA durch Regulatory Technical Standards spezifiziert, wobei aktuelle Consultation Papers aus 2013 vorliegen. 2 Die Institute sind gefordert den Sanierungsplan mindestens jährlich zu aktualisieren. Die FMA prüft diese Pläne und kann Verbesserungsaufträge erteilen. Bei Nichtbefolgung eines solchen Auftrages hat die FMA folgende Anordnungsmöglichkeiten: Verringerung des Risikoprofils Rekapitalisierungsmaßnahmen durchführbar machen Änderung der Finanzierungsstrategie Änderung der Governance-Struktur 2 Abwicklungsplan Wie der Sanierungsplan ist auch der Abwicklungsplan nach oben genannten Grundsätzen vom Institut zu erstellen. 3 Die Informationen, die darin enthalten sein müssen, sind ebenfalls in der Anlage zum Gesetzesentwurf genannt. Die anzuordnenden Maßnahmen der FMA zur Beseitigung eines Hindernisses für die Abwickelbarkeit sind weitreichend: Abschluss von Dienstleistungsvereinbarungen zur Gewährleistung kritischer Funktionen Begrenzung der Risikopositionen verstärkte Informationspflichten Veräußerung von bestimmten Vermögenswerten Einschränkung/Unterlassen von der Entwicklung neuer Geschäftsbereiche oder Produkte und von bestehenden oder geplanten Tätigkeiten Änderungen in der rechtlichen oder operativen Struktur Gründung einer Finanzholding Begebung von nachrangigen Schuldtiteln oder Darlehen 2) abrufbar unter: und europa.eu/publications/consultation-papers/all-consultations/2013/eba-cp aspx 3) Nach dem RL-Vorschlag wären die Behörden zuständig einen Abwicklungsplan zu erstellen 2
3 3 Frühinterventionsmaßnahmen Nach dem Entwurf soll auch das BWG dahingehend geändert werden, dass bei Verletzung der BIRG- Vorschriften oder einer (drohenden) Nichterfüllung der in der RL 4 genannten Kapital- und Liquiditätsanforderungen Frühinterventionsmaßnahmen seitens der FMA zu treffen sind. Drohende Nichterfüllung soll demnach insbesondere vorliegen, wenn die Eigenmittel (CRR-Maßstab) weniger als - 8,625 % Gesamtkapitalquote oder - 5 % harte Kernkapitalquote betragen oder das Institut beharrlich Pflichten aus dem BIRG verletzt. Folgende Frühinterventionsmaßnahmen kann die FMA anordnen: Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen des Sanierungsplans; die unverzügliche Erstellung eines Sanierungsplans, falls das Institut bisher davon ausgenommen war Verbesserungen/Verstärkungen im Risikomanagement Einberufung einer Hauptversammlung (allenfalls von der FMA selbst) bzw. die Aufnahme von Tagesordnungspunkten, für die Vornahme bestimmter Beschlüsse Erstellung eines Verhandlungsplans, der eine freiwillige Restrukturierung von Verbindlichkeiten des Kreditinstituts mit seinen Gläubigern vorsieht Vor-Ort-Prüfung durch die OeNB 4) RL 2006/48/EG oder 2006/49/EG RL 2006/48/EG oder 2006/49/EG Verhältnis der Pläne und Maßnahmen untereinander Eskalation möglicher Maßnahmen Frühinterventionsmaßnahmen Auslöseereignis gem. Sanierungsplan Scheitern des Instituts Sanierungsmaßnahmen Maßnahmen FMA 70, 71f BWG Konkursverfahren 81 ff BWG oder Abwicklung gem. Abwicklungsplan Restrukturierung Liquidation Zunächst sind entsprechende Sanierungsmaßnahmen bei den genannten Auslöseereignissen anzuwenden, mit welchen eine Eskalation von Problemen verhindert und das Risiko eines Bankausfalls verringert werden soll. Erfolgt jedoch eine signifikante Verschlechterung der Finanzlage des Instituts, stehen die Frühinterventionsmaßnahmen zur Verfügung. Besteht nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht mehr mit anderen Maßnahmen den Ausfall zu verhindern, ist mit der Abwicklung zu beginnen. Der RL-Vorschlag sieht in der Abwicklung nach dem Abwicklungsplan eine Alternative zum üblichen Insolvenzverfahren und bietet Mittel und Wege für die Restrukturierung oder Liquidation einer Bank. 3
4 Was bedeutet das für betroffene Institute? Obwohl sich das Gesetz nur im Entwurfsstadium befindet, ist zu erwarten, dass das BIRG in dieser oder ähnlicher Form in Kraft treten wird. Kreditinstitute sollten sich mit diesem Thema auseinandersetzen und in Abhängigkeit der Komplexität des Geschäftsmodells rechtzeitig mit der Arbeit beginnen, da es bis zur Umsetzung sonst knapp werden könnte. Der Entwurf sieht vor, dass Sanierungspläne bis spätestens und Abwicklungspläne bis Ende 2015 erstellt werden müssen. Bei großen Instituten verschieben sich die Fristen um ein Jahr nach vorne. Die Frühinterventionsmaßnahmen können voraussichtlich ab in Kraft treten des Gesetztes Anfang 2014 angewandt werden. Neben den verschiedenen Projektphasen, die es zu durchlaufen gilt, bedarf es bei Gruppen auch der Zustimmung von nachgelagerten Unternehmen bzw. der Absprache mit Eigentümern, die nachschusspflichtig werden könnten. Wichtig ist die bestmögliche Integration der neuen gesetzlichen Vorgaben in bestehende Systeme und Prozesse wie Risikomanagement, Steuerungssowie Managementinformationssysteme. Somit werden Reaktionszeiten auf Planänderungen verkürzt und die Maßnahmen können auch zur Förderung der Transparenz im Unternehmen und zum Aufzeigen von Schwachstellen des Geschäftsmodells genutzt werden. Durch Anpassung von Geschäftsstrategien und Strukturen können auch Möglichkeiten zur Verringerung von Eigenkapitalanforderungen erreicht werden. Möglicher Projektablauf und -struktur für die Erstellung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen Projektphasen Unterstützung PwC Arbeitsvolumen Scoping & Konzept I II Regulatorische Vorgaben Regulatorische Anforderungen Sanierungsplan Abwicklungsplan Framework Detaillierung RRP Scope und Projektplanung Mapping der Anforderungen der unterschiedlichen Regulatorien Grundstruktur und Vorgaben Inhalte Sanierungs- / Abwicklungspläne Integration in Governance/ Organisation Informationserhebung und Erstellung Plan L -M H Ausarbeitung III Analyse / Transparenz IV Synthese / Massnahmen Qualitätssicherung / Durchsicht der Inhalte Planung Integration in bestehende Systeme und Prozesse Konsolidierung Nachverfolgung Änderungen und Anpassungen Genehmigung V Finalisierung Abstimmung und Genehmigung Einbindung aller relevanten Entscheidungsträger VI Implementierung Verankerung in Organisation und Systemen Aktualisierungen 4
5 PwC hat weitreichende internationale Projekterfahrung beim Erstellen von Sanierungs- und Abwicklungsplänen in Europa und den USA und hat Kreditinstitute in allen Phasen der Sanierungs- und Abwicklungsplanung unterstützt. Von Spekulationen auf geringere Anforderungen bzw. eine gänzliche Ausnahme von der Erstellungspflicht eines Sanierungsplans bei nicht systemrelevanten Instituten sollte abgesehen werden. Derzeit liegt nur eine Definition vor, wann eine gänzliche Ausnahme nicht zulässig ist. Der Antrag kann erst mit In-Kraft- Treten des Gesetzes gestellt werden, womit eine Ablehnung aus heutiger Sicht das Risiko einer Verletzung der Erstellungspflicht bergen könnte. Dadurch würde sich in Folge ein großer Zeitdruck für die Erstellung der Pläne ergeben. Der österreichische Gesetzesentwurf lehnt sich sehr stark an den RL-Vorschlag der Europäischen Kommission an, unterscheidet sich von diesem aber auch in nicht unwesentlichen Punkten. Abwicklungsinstrumente wie z.b. Bail-In werden erst nach der EU Richtlinie zu berücksichtigen sein, da im BIRG nicht enthalten. In Punkten wie der Eigenmittelunterschreitung und den vorgesehenen Geldstrafen von bis zu EUR bei Verletzung der Erstellungspflicht präzisiert das BIRG wiederum die EU RL. Nach dem Richtlinienvorschlag wären die Behörden zuständig Abwicklungspläne zu erstellen, hier werden in Österreich die Banken in die Pflicht genommen. Der vorliegende Gesetzesentwurf, der vor der RL in Kraft treten wird, ist sohin als erster Schritt zur Regulierung einer einheitlichen Bankeninsolvenz bzw. -restrukturierung zu sehen, auf welchen noch weitere folgen werden. 5
6 Ihr Ansprechpartner Autorenteam Vidak Saric Advisory, FS Consulting Regulatory vidak.saric@at.pwc.com Patrick Majcen Wirtschaftsprüfung, FS Banking patrick.majcen@at.pwc.com Sanierungs- und Abwicklungsplanung Georg Ogrinz Director Advisory, FS Consulting georg.ogrinz@at.pwc.com PwC Wien Erdbergstraße 200, 1030 Wien Carina Runge-Mathis Advisory, FS Consulting carina.runge-mathis@at.pwc.com In der nächsten Ausgabe Ausblick auf die vierte Geldwäscherichtlinie Am 5. Februar 2013 hat die Europäische Kommission zwei Vorschläge veröffentlicht, mit dem Ziel die Bestimmungen in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie den Geldtransfer neu zu regeln. Beide Vorschläge bauen auf den Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) auf und gehen in bestimmten Bereichen sogar noch weiter. Die vierte Geldwäscherichtlinie bringt eine Fülle an Änderungen mit sich. Es werden beispielsweise die Regelungen für den risikobasierten Ansatz und die Behandlung von PEP verschärft. In der nächsten Ausgabe berichten wir im Detail über den Änderungsvorschlag der Europäischen Kommission. Medieninhaber und Herausgeber: PwC Österreich GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Erdbergstraße 200, 1030 Wien Für den Inhalt verantwortlich: StB Mag. Thomas Strobach, thomas.strobach@at.pwc.com Für Änderungen der Zustellung verantwortlich: Nicole Schön, nicole.schoen@at.pwc.com, Tel.: , Fax: Der Inhalt dieses Newsletters wurde sorgfältig ausgearbeitet. Er enthält jedoch lediglich allgemeine Informationen und spiegelt die persönliche Meinung des Autors wider, daher kann er eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. PwC übernimmt keine Haftung und Gewährleistung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der enthaltenden Informationen und weist darauf hin, dass der Newsletter nicht als Entscheidungsgrundlage für konkrete Sachverhalte geeignet ist. PwC lehnt daher den Ersatz von Schäden welcher Art auch immer, die aus der Verwendung dieser Informationen resultieren, ab. PwC bezeichnet das PwC-Netzwerk und/oder eine oder mehrere seiner Mitgliedsfirmen. Jedes Mitglied dieses Netzwerks ist ein selbstständiges Rechtssubjekt. Weitere Informationen finden Sie unter
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