Die mikrobiologischen Richt- und Warnwerte der DGHM aus der Sicht eines Handelslabors

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1 Die mikrobiologischen Richt- und Warnwerte der DGHM aus der Sicht eines Handelslabors 1

2 Probenarten (ca /a) in unserem mikrobiologisch tätigen Handelslabor Proben direkt nach Herstellung vor Verlassen des Erzeugerbetriebes als Freigaben max.10% LM-Sicherheitskriterien (Salmonella, L.m.,STEC),präsumpt. B.cereus) max. 5% Prozess-Hygienekriterien/ nach DGHM (z.b. Produktionsstart etc.) zur retrospektiven Prozesskontrolle (Verifizierung GHP / HACCP-System) ca. 25% Prozess-Hygienekriterien/ nach DGHM / nach Spezifikation Rohstoffkontrollen/ Hygienemonitoring (L.m./Sal.) / Hygienekontrollen R+D ca. 25% Handelsproben aus dem Markt, meist am MHD/ Verbrauchsdatum ca. 30% Sonderproben:Ursachenerforschung Verderbnis / Havarie/ Challenge-/Lagerteste/ Infektkettenabklärung serologisch/genetisch (VNTR) ca. 5% 2

3 Anforderungen des Kunden an die mikrobiologische Beurteilung Möglichst alle Prüfberichte sollen eine Beurteilung enthalten Aussage zur hygienischen/gesundheitlichen Unbedenklichkeit und zur Erfüllung normativer Kriterien und damit zur Verkehrsfähigkeit Ggf. Einbeziehung (eines) Spezifikationswert(es) Gesetzliche - und Handelsaspekte sollen berücksichtigt sein Ggf. Abschätzung Lagerstabilität bis zum / am MHD bzw. Verbrauchsdatum Handlungsdirektive aktuell und zukünftig Soll Aussagekraft für Erzeuger bzw. Lieferant/ Produktionsbetrieb / Überwachung/ Handel haben 3

4 Aber die mikrobiologische Beurteilung ist i.d.r. nicht akkreditiert ( Meinungsäußerung ) und ist national und international über die gesetzlichen Eckwerte der EU VO 2073/ EU VO 178 hinaus nicht harmonisiert hängt von den Informationen (Deklaration/Zutaten) ab, die dem Beurteilenden vorliegen muss nicht zwangsläufig nach DGHM sein kann eine Fachmeinung auf Basis der VO 178 ( Sicherheit )/LFGB ( Verbrauchererwartung )/ Erfahrungswerten sein muss die Sensorik berücksichtigen bei RW-Überschreitung von Parametern ohne Warnwert Bezieht sich zunächst nur auf die Probe zum Untersuchungszeitpunkt Prognosen?? 4

5 Aber die mikrobiologische Beurteilung kann durch die Messunsicherheit beeinflusst sein die Grundlage der Beurteilung ist die Verlässlichkeit der Messwerte eine Beurteilung kann nur so gut und trennscharfsein, wie die Daten, die ihr zugrunde liegen (belastbare Daten) 5

6 Messunsicherheitsbetrachtung Der Anspruch kann sein sicheres Erkennen von Fehlproben innerhalb einer Partie / einer Charge mit hohem Sicherheitsniveau - immense, nicht realisierbare Stichprobenumfänge notwendig 6

7 Messunsicherheit mikrobiologischer - Stichprobenumfänge Mindeststichprobenumfänge zur Beurteilung unendlich großer Grundgesamtheiten in Abhängigkeit vom tolerierten Schlechtstückenanteil sowie dem Fehlentscheidungsrisiko ß (Fehler 2.Art); Rückweisezahl d 1 RQL 1-ß , , , , RQL: Anteil (%) fehlerhafter Einheiten, der in einem Los toleriert wird 1-ß: Sicherheit (%), mit der eine fehlerhafte Charge erkannt werden soll 7

8 Betriebs und Umwelthygiene Teil der Eurofins Scientific-Gruppe Messunsicherheit mikrobiologischer Einfluss der Matrix Clusterung von Proben gem. ihrer Inhomogenität gem. ISO/ TS 19036:2006(E) -stückige Proben (Fleisch, Fisch, Aufschnitt etc.) = Kategorie IV -getrocknete Früchte / Nüsse (ganz) / Gewürze = Kategorie III -gut gemischte stückige Proben (Hackfleisch) = Kategorie II -Flüssige homogene Proben (Milch) = Kategorie I Erweiterte Messunsicherheit I IV: gering mäßig hoch sehr hoch 8

9 Betriebs und Umwelthygiene Teil der Eurofins Scientific-Gruppe Messunsicherheit mikrobiologischer Einfluss der Matrix Standard deviations for aerobic mesophilic flora- ISO/TS Laboratory code Food Category S IS S R S res S cond 2 frozen minced veal meat ii 0,07 0,25 0,24 0,06 10 packed green salad iii 0,10 0,45 0,17 0,41 42 milk powder i 0,02 0,05 0,04 0,02 11 pate iv 0,72 0,78 0,10 0,29 9

10 Betriebs und Umwelthygiene Teil der Eurofins Scientific-Gruppe Stichprobenpläne VO2073/DGHM: Obligat Pathogene Ja/ Nein-Teste attributiver Zwei-Klassen-Plan gut/ schlecht qualitative Presence/Absence-Teste M = Entscheidungsgrenze n = Stichprobenzahl (VO 2073: Soll n=5 Ist i.d.r. n=1//dghm n=1 mit 25g-250g) c* = wie viele Proben dürfen > M liegen = 0 (*Reduktionsfaktor des Fehlentscheidungsrisikos einer unberechtigten Ablehnung z.b. aufgrund der Messunsicherheit) 10

11 Betriebs und Umwelthygiene Teil der Eurofins Scientific-Gruppe Stichprobenpläne VO2073/DGHM nicht/fakultativ Pathogene - quantitative Teste - attributiver Drei-Klassen-Plan gem. ICMSF gut/annehmbar/schlecht m = unterer Grenz-/ Richtwert M = oberer Grenz-/ Warnwert n = Stichprobenzahl VO Soll 5 üblich 1 / DGHM 1 c* = VO 2073 bei n=5 i.d.r 2 Proben > m < M / DGHM c = 0 c = 0 bei amtl. Ziehung mit n = 1 id. DGHM > m RW: Hinweis Kontrolluntersuchung / MHD-Kalkulation/ Rohstoffe > M WW: Beanstandung. 11

12 Beurteilungsgrundlagen mikrobiologischer Messergebnisse LM-Sicherheitskriterien (VO2073ff) Physiochemie (ph-/ aw-wert)/ Sensorik Meinung der Sachverständigen - gremien (DGHM-RWW/ ALS/ ALTS) Messwert KbE/g Presence/ Absence/ xg Spezifikationswerte Prozess- Hygienekriterien (VO2073ff) Basis VO178 Spezielle EU-VO weitere internat. & nat. Kriterien (Diät VO/ Vorzugsmilch VO/ Trinkw. VO etc.) Fachmeinung (Deklaration: Zutatenliste/ Zubreitungsempfehlung/Verbrauchergruppe) 12

13 Beurteilungskriterien-Gültigkeitsebenen allgemein Basis VO178 / spezielle EU-VO/ VO2073 LM-Sicherheitskriterien/ LFGB o Sicherheit o Verbrauchererwartung (Wertminderung) auf Produktionsebene VO 2073 Prozesshygienekriterien, spezielle EU-VO o Verifizierung des HACCP-System o Verifizierung der Guten Hygienepraxis des Herstellers auf Handelsebene bis zum MHD/ Verbrauchsdatum LM-Sicherheitskriterien VO2073/ DGHM-RW-W / amtl. ALS/ALTS-Beschlüsse o Verbrauchersicherheit o Verbrauchererwartung o Mikrobieller Status gem. State of the Art Zielwertbetrachtung 13

14 2.1 Rohes und gewürztes oder mariniertes Rindfleisch a) (ausgenommen Innereien), 2014 Richtwert (KbE*/g) Enterobacteriaceae 1 x x10 5 Escherichia coli 5x10 2 5x10 3 Präsumptive Pseudomonas 1x Koagulase-positive Staphylokokken 5x10 2 5x10 3 Warnwert (KbE*/g) Salmonella --- n.n. ** in 25g Listeria monocytogenes --- 1x10 2 GKZ/Lacto: abhängig von Kurz- / Langreifung Enterobacteriaceen-Gehalt: verlässlicher Stabilitätsparameter gerade bei Kurzreifung Beachtung STEC/VTEC nicht für Teilstücke/Rohstoffe 14

15 3.1. Brühwurst, Kochwurst sowie Sülzen und Aspikwaren (ST = Stückware, ganze Stücke mit Clipp ohne Anschnitt; A = Aufschnittware, Scheiben und Stücke mit Anschnitt auch Bedienungsware und Brühwürstchen im Sinne des Leitsatzes Handling nach Brühung) auf Handelsebene a), 2011 Ware Richtwert (KbE*/g) Warnwert (KbE*/g) Aerobe mesophile Koloniezahl b) Enterobacteriaceae Escherichia coli Milchsäurebakterien c) ST A ST A ST A ST A 5 x x x x x x x x x x 10 6 Hefen A 1 x Sporen sulfidreduziernder Clostridien Salmonella Listeria monocytogenes d) ST A ST A ST A 1 x x n.n.** in 25 g x

16 5.2. Süßwasserfische (ganze Fische), 2010 Richtwert (KbE*/g) Warnwert (KbE*/g) Aerobe mesophile Koloniezahl 1 x Enterobacteriaceae 1 x x 10 5 Escherichia coli 1 x x 10 2 Pseudomonaden 1 x Salmonella --- n.n.** in 25g Listeria monocytogenes x 10 2 Filetierte Ware keine Gauß sche Verteilung über die Fischarten feststellbar filetierte Ware (Pangasius / Viktoriabarsch) zeigen i.d.r. eine höhere Belastung Beurteilung im Sinne einer Fachmeinung ohne DGHM-Bezug 16

17 6.2. Instantprodukte a), 2014 Richtwert (KbE*/g) Warnwert (KbE*/g) Aerobe mesophile Koloniezahl 1 x Enterobacteriaceae 1 x x 10 3 Escherichia coli 1 x x 10 2 Schimmelpilze 1 x Koagulase positive Staphylokokken 1 x x 10 2 Präsumtive Bacillus cereus 1 x x 10 3 Salmonella --- n.n. ** in 25g Differenzierung zwischen kaltem Anrühren oder heißen Übergießen und Auf- /Durchkochen (Kochprodukte) Zubreitungshinweis? Verzehrsgewohnheiten? Konsumentengruppe (YOPI?) im Einzelfall schwierige Zuordnung Fachmeinung 17

18 7.1. Sandwiches, belegte Brötchen, 2010 Richtwert (KbE*/g) Warnwert (KbE*/g) Escherichia coli 1 x x 10 3 Hefen a) 1 x 10 5 Schimmelpilze a) 1 x Koagulase positive Staphylokokken 1 x x 10 3 Präsumtiver Bacillus cereus 1 x x 10 3 Salmonella --- n.n. ** in 25g Listeria monocytogenes b) 1 x 10 2 Keine RW Gesamtkeimzahl möglich / Kein RW/WW Enterobacteriaceen möglich: Zutaten mit Reifeflora (Aufstriche wie Quark / Yoghurt etc.)! Rohe Gemüse! Zutatenliste! Kombiprodukte (z.b. Lachs auf Frischkäse!) 18

19 14.1 Speiseeis, lose Abgabe an den Verbraucher, 2013 Richtwert (KbE*/g) Warnwert (KbE*/g) Aerobe mesophile Koloniezahl 1 x Enterobacteriaceae 5 x x 10 2 Escherichia coli 1 x x 10 2 Koagulase positive Staphylokokken 1 x x 10 2 Präsumtive Bacillus cereus 1 x x 10 3 Salmonella --- n.n. ** in 25g Listeria monocytogenes c) x 10 2 Ort der Probenahme - Enterobacteriaceen Ende der Produktion und mit Milchanteil = VO2073 (m = 10 M = 100) Verkaufsbereich (Garnituren/Portionierer!) = DGHM 19

20 8.1 Feinkostsalate, 2006 (in Revision) Mayonaisensalate (ph-stabilisierung) Diff. ohne!! Aerobe mesophile Koloniezahl / Reifeflora? Richtwert (KbE*/g) Warnwert (KbE*/g) 1 x Enterobacteriaceae 1 x x 10 4 Escherichia coli 1 x x 10 2 Milchsäurebakterien / Reifeflora? 1 x Hefen 1 x Koagulase positive Staphylokokken 1 x x 10 3 Präsumtive Bacillus cereus 1 x x 10 3 Salmonella --- n.n. ** in 25g Listeria monocytogenes c) x

21 Verfahrensauswahl in Zusammenhang mit Nutzung der DGHM-RW-Werte keine Festlegung einer Methode durch die Kommission akkreditierte Norm- oder normähnlicher Verfahren in gültiger Version Beachtung der Vorgaben der ISO zur Validierung (selbst entwickelte Verf.) bzw. Verifizierung (vor Nutzung eines Normverf.) STEC/ VTEC: CEN ISO/ TS (ASU L ) Verifizierung für verschiedene Matrices Campylobacter Detektion qual. / quant. (ggf. zukünftiges Prozesshygienekriterium) Zuverlässigkeit immunologischer Verfahren z.b. bei Campylobacter lari) Toxin - Produktionsvermögen / Toxin Nachweise im Produkt (präs.b.cereus) 21

22 Zusammenfassung Anwendung verlässlicher akkreditierter und validierte/verifizierter Verfahren Anwendung der DGHM- und anderer normativer Werte im korrekten Kontext (Produktgruppe / Beurteilungsebene etc.) Messunsicherheitsbetrachtung Beachtung des Wesens des attributiven 3-Klassenplans Sensorik / Physikochemie / Zubereitungshinweis / Deklaration einer Probe denn eine Beurteilung kann: Handelsbeziehungen stärken oder (zer-) stören - Augenmaß Nachuntersuchungen mit größerem Stichprobenumfang. 22

23 Danke für Ihre Aufmerksamkeit 29/06/2016 confidential