Zur Frage der Konsistenz von Fehlermustern in der Bruchrechnung
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- Elisabeth Dresdner
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1 Zur Frage der Konsistenz von Fehlermustern in der Bruchrechnung Gerald Wittmann Pädagogische Hochschule Freiburg Mathematikdidaktisches Kolloquium, Universität Koblenz-Landau
2 Gliederung Empirische Studie 1 Fehlermuster von der Theorie zur Forschungsfrage 2 Konzeption und Durchführung 3 Ergebnisse von Daten zu Folgerungen Einordnung 4 Fehleranalysen in der Bruchrechung qualitative und quantitative Forschung 2
3 1 Fehlermuster Von der Theorie zur Forschungsfrage
4 4 Wie alles begann...
5 5 Wie alles begann...
6 Wie alles begann... (Prediger & Wittmann 2009) 6
7 Wie alles begann... (Prediger & Wittmann 2009) 7
8 Terminologie Terminologie erste Hinweise auf die Konsistenz typische Fehler : überindividuell (Padberg 1986) systematische Fehler : individuell (Padberg 1986) Terminologie Hinweise auf die Fehlerursachen Fehlerstrategie, systematische Fehlerstrategie (Herden & Pallack 2000) Bezeichnung als Strategie ist kritisch zu sehen andere Bedeutung in der Psychologie (vgl. Zimbardo 1992) Im Folgenden: Fehlermuster ausgehend von Phänomenen 8
9 Fehlermuster Umfassende Dokumentation von Fehlermustern Brüche (Hennecke 1999, Padberg 2008, ) Dezimalbrüche (Heckmann 2006, Padberg 2008,...) Fehlermuster... sind ein Rechnen in Analogie zu anderen Verfahren, sind Versatzstücke anderer Verfahren, sind teilweise vereinfachte oder verkürzte Verfahren, sind strukturell einfacher und intuitiver als richtige Verfahren, können teilweise zu richtigen Ergebnissen führen (und fallen dann nicht als Fehler auf). 9
10 Empirische Befunde Generalisierende Angabe von Lösungsquoten (Padberg 2008) 10
11 Empirische Befunde Schwierigkeitsmerkmale erlauben die Vorhersage von Lösungsquoten (Lörcher 1982) 11
12 Empirische Befunde Rechengraphen zeigen vollständige Lösungswege (Hennecke 1999): Vielzahl individueller Lösungswege, Einfluss von Zahlbeziehungen 12
13 Empirische Befunde Faktoren- und Clusteranalysen (Herden & Pallack 2000) Addition und Subtraktion von Brüchen sind verschiedene Cluster bzw. getrennte Faktoren Bruchrechnung zerfällt in eine Vielzahl von Aufgabenklassen, es gibt keine Hinweise auf latente Variablen Einfache lineare Gleichungen (Tietze 1988) erwartungswidrig richtige / falsche Lösungen Lineare Gleichungen (Stahl 2000) 6x = 9 ist fehlerträchtiger als 6x = 9 geringe Konsistenz von Fehlern bei der Umformung der Gleichung 6x = 9, die teilweise zweimal auftritt 13
14 Theoretisches Modell Algebra Schema-Theorien bug-repair-theory (Tietze 1988) Wahrnehmung (Malle 1993) 14
15 Empirische Befunde (Wartha & Wittmann 2009) 15
16 Forschungsfragen und Hypothesen Forschungsfrage 1: Wie weiträumig (oder kleinräumig) sind die Fehlermustern zugrunde liegenden Aufgabentypen zu fassen? In welcher Weise lassen sich diese Aufgabentypen jeweils charakterisieren oder gegeneinander abgrenzen? Hypothese 1: Die Aufgabentypen sind relativ eng zu fassen; insbesondere haben die gegebenen Zahlen Einfluss auf die Fehlermuster und die Häufigkeit ihres Auftretens. Forschungsfrage 2: In welchem Umfang sind Fehlermuster auf individueller Ebene konsistent? Hypothese 2: Bezogen auf einzelne Schülerinnen und Schüler sind die Fehlermuster nicht konsistent; die Wahl der Lösungswege hängt von vielen Einflussfaktoren ab und kann nicht nur durch den Aufgabentyp erklärt werden, selbst wenn dieser eng gefasst wird. 16
17 2 Konzeption und Durchführung
18 Testaufgaben Aufgabensets mit je 6 Aufgaben Addition Bruch/Bruch Subtraktion Bruch/Bruch Addition Bruch/natürliche Zahl Multiplikation Bruch/Bruch Aufgaben eines Sets unterscheiden sich... in der Größe der gegebenen Zahlen durch geringe Variationen (z. B. auch gleichnamige Brüche) Methodische Grenzen Wechselseitige Beeinflussung von Lösungen; begrenzte Zahl von ähnlichen Aufgaben. Der notierte Rechenweg muss nicht der ursprüngliche sein. 18
19 Testbögen und Testdurchführung Testbogen mit 21 Aufgaben 3 Aufgabensets mit je 6 Aufgaben (in jedem Testbogen fehlt ein Aufgabenset) 3 sonstige Aufgaben als Füllaufgaben Rotationsdesign zur... Vermeidung von Serieneffekten Dekontextualisierung der Aufgaben (von jedem Testbogen gibt es 9 Versionen, insgesamt 36) Testdurchführung (Juli 2011) Werkrealschule und Realschule (18 Klassen, N = 428) Gelegenheitsstichprobe 19
20 Kodierung: Beispiel Multiplikation 0 Nicht bearbeitet 1 Richtiger Lösungsweg, im Kopf oder schriftlich (auch wenn dabei Einmaleins-Fehler auftreten) 3 Fehlermuster Nenner beibehalten (bei ungleichnamigen Brüchen: vorher gleichnamig gemacht) 9 Sonstiges (z. B. Fehlermuster mit dem Kehrbruch multipliziert ) 20
21 Kodierung: Beispiel Multiplikation Die Kodierung... erfolgt nach Lösungswegen, nicht nach richtig und falsch vernachlässigt Verfahrensfehler oder Einmaleinsfehler Die Kodierung folgt der Forschungsfrage. Die Kodierung ist eine Interpretation! Übereinstimmung von mehr als 99% Grenzfälle
22 3 Ergebnisse von Daten zu Folgerungen
23 23 Multiplikation (N = 315)
24 24 Multiplikation (gleiche Brüche; N = 315)
25 25 Multiplikation (N = 315)
26 26 Multiplikation (gleichnamige Brüche; N = 315)
27 27 Addition (N = 347)
28 28 Addition (N = 347)
29 29 Addition (N = 347)
30 30 Addition (N = 347)
31 31 Subtraktion (N = 309)
32 32 Subtraktion (N = 309)
33 33 Addition Bruch/natürliche Zahl (N = 313)
34 34 Addition Bruch/natürliche Zahl (N = 313)
35 35 Addition Bruch/natürliche Zahl (N = 313)
36 36 Addition Bruch/natürliche Zahl (N = 313)
37 Ergebnisse I Es gibt... jeweils wenige, häufig auftretende Fehlermuster, zahlreiche weitere, nur selten vorkommende Fehlermuster. Fehlermuster sind bei... einem kleinen Teil der Schüler(innen) konsistent, einem erheblichen Teil der Schüler(innen) nicht konsistent. Ein Fehlermuster tritt häufiger auf, wenn große Zahlen gegeben sind und das Fehlermuster das Rechnen einfacher gestaltet. Auch die Nichtbearbeitung ist eine Reaktion auf große Zahlen (z. B. wenn diese multipliziert werden müssen). 37 Gleichnamige bzw. gleiche Brüche werden bei allen Operationen von einem Teil der Schüler(innen) anders behandelt: Herausfallen aus einem Fehlermuster Hineinfallen in ein Fehlermuster Sonstiges, andere Fehler
38 Ergebnisse II Das Sehen einer Lösung (bei Alltagsbrüchen) spielt nur bei einem kleinen Teil der Schüler(innen) eine Rolle. Es treten sehr viele unterschiedliche Bearbeitungsmuster auf; die Annahme, dass Fehlermuster konsistent sind, klärt nur etwa die Hälfte aller Bearbeitungen durch Schüler(innen). Auch bei strukturell gleichen Aufgaben weicht ein Teil der Lösungswege ab. Zahl plus Bruch wird nicht anders behandelt als Bruch plus Zahl (auf der Ebene der Lösungswege); der Einfluss gegebener Zahlen ist bedeutender. 38
39 Folgerungen I Einzelne Aufgaben besitzen nur eine eingeschränkte Aussagekraft in Bezug auf die Kompetenzen einzelner Schülerinnen und Schüler (z. B. bei Vergleichsarbeiten). Fehlerquoten auf der Basis aller Bearbeitungen sind kritisch. Kompetenz (Weinert 2001) kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten motivationale und volitionale Bereitschaften und Fähigkeiten Lösungswege werden zumindest teilweise ad hoc gewählt oder generiert, auch in Reaktion auf die gegebenen Zahlen (falsche oder unkontrollierte Aufgabenadaptivität). Traditionelle Konzepte von Lösungsquoten oder Schwierigkeitsfaktoren sind zu einfach. 39
40 Folgerungen II Das bloße Rechnen von Aufgaben (im Sinne traditionellen Übens) kann die Leistung einzelner Schüler(innen) nicht steigern. Nötig sind ausgefeiltere Übungsformen: Gezielte Automatisierung (z. B. Einmaleinsaufgaben) Blick auf Aufgabenmerkmale und Lösungswege Einbeziehen auch von Sonderfällen Förderung des Zahlenblicks (Marxer & Wittmann 2011) 40
41 4 Fehleranalysen in der Bruchrechnung qualitative und quantitative Forschung
42 Fehleranalysen klassische Idealtypen Idealtyp I: Klassifizierung von Fehlerphänomenen Beschreibung in stoffdidaktischen Kategorien mit inhaltsnaher Terminologie Ziel: Differenzierungskonzepte, Gegenmaßnahmen Methode: Schriftliche Tests, Häufigkeitsanalysen Idealtyp II: Suche nach Fehlerursachen Beschreibung auf kognitionstheoretischer Basis Ziel: Suche nach Fehlerursachen; Modellierung des Denkens (Fehler lassen das Denken zutage treten) Methode: Interviews (Wellenreuther 1986; Lorenz 1987; Heink & Reitberger 1990) 42
43 Weiterentwicklung von Fehleranalysen Geänderte Sicht auf Lösungsprozesse (konstruktivistische Lerntheorien) Neue technische Möglichkeiten (Clusteranalysen, Darstellung von Graphen,...) Betrachtung auch von Nicht-Kalkülaufgaben (Grundvorstellungen als Norm) Betrachtung von Lösungsprozessen (nicht nur von Fehlern) Weiterentwicklung von Hintergrundtheorien Forschungsmethoden Forschungsgegenständen 43
44 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Diskussion, Fragen, Anmerkungen,
45 45
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