Crashkurs: Theoretische Grundfragen der Soziologie (SS 2014)
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- Ingelore Otto
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1 Crashkurs: Theoretische Grundfragen der Soziologie (SS 2014) Katrin Kreismayr Katrin Walch Ines Wiesinger Studienvertretung Soziologie - soz@oeh.jku.at 1
2 Was wird passieren 1. Vorstellung 2. Wie lern' ich Theorie Tipps und Tricks 3. Überblick der Theoretiker 1. Die Formung der sozialen Welt 2. Stellenwert von Handlung und Struktur 4. Klausurfragen Beispiele 5. Abschließende Fragerunde 2
3 und wenn ihr was nicht versteht: FRAGEN, FRAGEN, FRAGEN.. Es gibt keine dummen Fragen 3
4 Soziologie ist die Kunst, eine Sache, die jeder versteht und die jeden interessiert, so auszudrücken, dass sie keiner mehr versteht und sie keinen mehr interessiert. Hans-Joachim Schoeps deutscher Historiker und Religionswissenschaftler ( ) 4
5 Wie lern ich Theorie? Lesen, lesen, lesen Ja, das muss sein da hilft leider nix Nachdenken Reflektieren Vergleichen Darüber reden, diskutieren, sich gegenseitig erklären 5
6 I. Die Frage nach der Formung der sozialen Welt Welche Dynamiken stehen hinter der historischen Entwicklung von Gesellschaft? Hat Geschichte eine Richtung oder folgt sie einer Logik? Welche Kräfte wirken hier? zentrale Fragen der frühen Soziologie im 19. Jhd. Soziologie als Wissenschaft war gerade im Entstehen Ziel: ein Naturgesetz der Geschichte und somit auch der gesellschaftlichen Entwicklung zu entdecken 6
7 Historische Hintergründe Wissenschaft Fülle an naturwissenschaftlichen Entdeckungen im 17. Jhd. Faszination für die naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten der göttlichen Ordnung auf die Spur kommen Darwin'sche Evolutionstheorie Gesellschaft Zerfall der mittelalterlichen Weltordnung (Gott & Kaiser) Französische Revolution (Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit) neues Konzept von Gesellschaft Entwicklung des Bürgertums Einsetzen der Industrialisierung 7
8 Auguste Comte ( ) Drei-Stadien-Gesetz: Comte verband die geschichtliche Entwicklung mit der geistigen Entwicklung der Menschen (Wissen und Wissensgewinn) Jedes Stadium ist durch eine spezifische Form von Naturkenntnis gekennzeichnet, welche sich immer mehr von der Unterordnung unter Phantasie und Spekulation löst und der exakten Beobachtung folgt positiv wird I) theologisch-fiktives Stadium II) methapysisch-abtraktes Stadium III) wissenschaftlich-positives Stadium Ablauf erfolgt zwingend gesetzmäßig! 8
9 Herbert Spencer ( ) Fortschritt ist der Wandel von unzusammenhängender Homogenität zu zusammenhängender Heterogenität Gesellschaftliche Evolution soziale Ausdifferenzierung primitiver Gesellschaftstyp Gesellschaft besteht aus kleinen, in sich geschlossenen homogenen Einheiten, die voneinander unabhängig sind. militärischer Gesellschaftstyp Einheiten beginnen sich intern auszudifferenzieren und treten miteinander in Verbindung (meist durch Krieg & Eroberungen) industrieller Gesellschaftstyp Heterogene Einheiten leben friedlich miteinander Kooperationen untereinander erfolgen freiwillig Kein zwangsläufiger Prozess durch Kriege kann der industrielle wieder zum militärischen Gesellschaftstyp werden. 9
10 II. Karl Marx Nicht das Bewusstsein bestimmt das Leben, sondern das Leben bestimmt das Bewusstsein. 10
11 Historischer Materialismus Alle existierenden Dinge sind Resultate und Ausgangspunkt zugleich Dialektik Gesetz des Denkens These Antithese Synthese Hitze Kälte Temperatur Motor der gesellschaftlichen Entwicklung Hegel Ideen, der absolute Geist Marx Produktion des materiellen Lebens Hegel idealistische Geschichtsauffassung Marx materialistische Geschichtsauffassung 11
12 Produktion bei Marx Die erste geschichtliche Tat Gesellschaftliche Aneignung von Natur Mensch bildet und formt sich in der Auseinandersetzung mit der Natur Produktion ist ein Verhalten zum Mitmenschen Arbeit ist gesellschaftlich organisiert Produktion ist die materielle Basis Produktivkräfte Effektivität der Naturaneignung Produktionsverhältnisse Wer verfügt über die Produktionsmittel? Politik, Religion, etc. als ideologischer Überbau der materiellen Basis Überbau wird von der Basis bestimmt und ist daher von ihr abhängig. Das Sein bestimmt das Bewusstsein. 12
13 Die Geschichte der Gesellschaft als eine Geschichte von Klassenkämpfen In der Geschichte standen sich immer Klassen mit unterschiedlichen ökonomischen Interessen gegenüber Klassen verfügen über eine gemeinsame ökonomische sowie soziale Lage Urgesellschaft Keine Klassen Sklavenhaltergesellschaft SklavenhalterInnen vs. Sklaven und Sklavinnen Feudalismus FeudalherrInnen vs. Leibeigene Kapitalismus KapitalistInnen vs. ProletarierInnen Diktatur des Proletariats Klassenlose Gesellschaft Durch den Untergang einer Klasse erlangt eine neue Klasse Macht und verändert somit die Gesellschaft 13
14 III. Max Weber und der Geist des Kapitalismus Das Selbstverständliche wird am wenigsten gedacht. 14
15 III. Max Weber und der Geist des Kapitalismus Frage nach Entstehung des Kaptialismus Anderer Denkansatz als bei Marx Weber: Kulturelle Bedeutung des Kapitalismus Marx Ökonomische Erklärung; Weber Kulturelle Bedeutung des Kapitalismus streng materialistische Argumentation Frage nach Entstehung der rationalen Lebensführung 15
16 Entstehung des Kapitalismus bei Weber Rational-kapitalistische Organisation der freien Arbeit Voraussetzung: Rationales Recht Rationale Verwaltung Internalisierung des methodisch-rationalen Handels 16
17 Kontext von Webers Theorie 19. Jhd. Deutschland Aufgeklärtes deutsches Bürgertum Deutschland entwickelte sich zum Nationalstaat Webers Blick auf Rationalisierung der Lebensführung verdrängte den dynamisch, politischen Klassenbezug marxscher Theorien. 17
18 Ausgangsfragen von Weber populärstes Werk Webers Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus (1920) Warum ist der Kapitalismus gerade im europäischen Westen entstanden? Neue Wirtschaftsgesinnung Kapitalismus entwickelte sich vor allem in protestantischen Ländern (z.b. England, Niederlanden) sehr stark Geist des Kapitalismus hat religiösen Ursprung 18
19 Wirtschaftsgesinnung des Kapitalismus Gewinn des Gewinnes Willen Rationale Organisation der freien Arbeit Systematischer Arbeitslauf Bestmögliche Ausnützung der menschlichen Arbeitskraft Trennung von Betrieb und Haushalt Zweckrationale Handlungsorientierung Rationalisierung in Verwaltung und Recht 19
20 Calvinismus Protestantische Strömung Weber hebt 2 Punkte hervor: Menschen sind Gottes Werkzeug auf Erden Tüchtigkeit im Beruf Prädestinationslehre: Tüchtiges Leben ist Zeichen für Eintritt in Himmelreich Erfolg im Beruf, Verzicht auf Genuss, Zeit nicht Verschwenden 20
21 Fazit zu Webers Calvinismus Kritik an Weber: Calvinismus ist an vielen Orten jünger als Kapitalismus Weber bringt Ursache und Wirkung durcheinander Fruchtbares der Weber-Analyse Webers-Kritik am Messen des Wert der Arbeit im Kapitalismus 21
22 Rationalisierungsthese Prozess der Rationalisierung greift auf alle Lebensbereiche über Rationalisierung: mittel-zweck-orientierte, kalkulierte, systematische geplante Handlungsform Auch in Recht und Verwaltung - Bürokratie Weber: kaltes unmenschliches Gehäuse der Hörigkeit 22
23 IV. Norbert Elias Menschen sind nicht in der Lage, den Tod abzuschaffen. Aber sie sind ganz gewiß [sic!] in der Lage, das gegenseitige Töten abzuschaffen. 23
24 IV. Norbert Elias Keine normale akademische Laufbahn Interesse liegt nicht nur auf den Veränderungen, sondern auch auf den Strukturen des sozialen Wandels Zentrale Begriffe Prozessmodell Synthese bei Untersuchungen von sozialen Phänomenen Figuration wechselseitige Abhängigkeiten zwischen den Menschen Gegen historischen Determinismus Die höfische Gesellschaft 24
25 Prozess der Zivilisation I Zivilisationsprozess Langfristigen Verhaltensänderungen der Individuen und der gesellschaftlichen Beziehungsgeflechte Psychognese Körperliche, physische, soziale Entwicklungen der Individuen Soziogenese Gesellschaftliche Hierarchien und Machtverhältnisse 25
26 Prozess der Zivilisation II Übergang von mittelalterlichen feudalen System in Westeuropa zum System des absolutistischen Nationalstaates Wandel der Figurationsstrukturen Differenzierung und Verlängerung der Interdependenzketten Wandel in den individuellen Strukturen Triebe und Affekte kontrollieren Fremdzwang wird zu Selbstzwang 26
27 V. Kritische Theorie Je simpler die offizielle Ideologie, um so komplizierter heute ihre Ableitung. Diese Einsicht besagt, daß [sic!] das Denken aus der Mode kommt. (Max Horkheimer) 27
28 Horkheimer Traditionelle und kritische Theorie I Theorie als Form der gesellschaftlichen Praxis Traditionelle Theorie autonom und unabhängig von gesellschaftlicher Wirklichkeit Theorie ist von ihrem Objekt getrennt Die Umwelt (Produktionsweise, Arbeitsteilung) wird als gegeben hingenommen. Kritische Theorie Wissenschaftliche Aussagen sind nicht unabhängig von der Gesellschaft sind selbst gesellschaftliche Tatsachen Theorie als eine Form von gesellschaftlicher Praxis ist in der Lage gesellschaftliche Wirklichkeit zu verändern 28
29 Horkheimer Traditionelle und kritische Theorie II Das Verhältnis von Sein und Sollen Traditionelle Theorie trennt zwischen Feststellung von sozialen Fakten und den normativen Aspekten der Anwendung PolitikerInnen sind dafür verantwortlich Kritische Theorie Zielt auf Emanzipation und Aufklärung ab Weist über das bloß Faktische hinaus alle Gesellschaftsgruppen (auch die Wissenschaft) sollen an ökonomischen und politischen Prozessen teilnehmen Traditionelle Theorie ist distanziert und objektivierend. Kritische Theorie ist engagiert und selbstreflexiv. 29
30 Herbert Marcuse Das Denken von Marx und Freud Wie wirken sich gesellschaftliche Verhältnisse auf die psychische Struktur aus? Lustprinzip vs. Realitätsprinzip Menschliche Urhorde: patriarchalistisches Gesetz Triebunterdrückung durch Kultur Kulturfeindschaft des Menschen als historische Tatsache grundlegende vs. zusätzliche Unterdrückung Herrschende Klasse: wenig Arbeit grundlegende Unterdrückung Unterdrückte Klasse: mehr Arbeit zusätzliche Unterdrückung 30
31 Jürgen Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Wir beziehen uns in drei Modi auf die Welt und erheben dabei unterschiedliche Geltungsansprüche Auf die objektive Welt der Tatsachen mit dem Anspruch auf Wahrheit Auf die soziale Welt mit dem Anspruch auf normative Richtigkeit Auf die subjektive Welt mit dem Anspruch auf Wahrhaftigkeit Handlungstypen nach Habermas Handlungsorientierung Handlungssituation erfolgsorientiert verständigungsorientiert nicht-sozial instrumentelles Handeln sozial strategisches Handeln kommunikatives Handeln Ideale Sprechsituation Zwangloser Zwang des besseren Argumentes 31 31
32 Jürgen Habermas Die Kolonialisierung der Lebenswelt System vs. Lebenswelt Gesellschaftssystem Lebenswelt Ausdifferenzierung in Berei che Wi rts chaft, Staat Privatsphäre, Öffentlichkeit Steuerungsmedium zur Handl ungs koordi nati on Gel d, Macht Sprache, Interakti on System und Lebenswelt entwickeln sich konflikthaft zueinander Kolonialisierung der Lebenswelt fortschreitender Prozess der Versachlichung der Gesellschaft 32
33 VI. Die Frage nach dem Stellenwert von Handlung und Struktur Inwieweit sind wir kreative Akteure, die die Bedingungen für ihr eigenes Leben aktiv kontrollieren? Oder ist das meiste von dem, was wir tun, das Ergebnis allgemeiner sozialer Kräfte jenseits unserer Kontrolle? (Anthony Giddens) Struktur Handlung 33
34 Charles Lemert Struktur Soziale Strukturen sind oftmals unmerkbar wirksame soziale Tatsachen, die einer Anzahl von anderen sozialen Dingen eine Ordnung geben, die über eine gewisse Zeit hinweg andauert. Somit verfügen sie über drei Eigenschaften: 1) Schaffen Ordnung II) Bringen Dauerhaftigkeit in sozialen Beziehungen III) Sind nicht unmittelbar sichtbar. Wir erkennen sie erst an den Konsequenzen 3 Arten von Sozialen Strukturen: I) Strukturen des Prestiges Verteilt Ansehen und Wohlstand an unterschiedliche soziale Gruppen und ihre Mitglieder. II) Struktur der Autorität Stellen Gehorsam und Anpassung her. Wird meist erst bei Verstoß sichtbar. III) Klassenstrukturen Organisieren die sozialen Möglichkeiten, regeln den Zugang zu knappen Ressourcen. 34
35 Robert. K. Merton Struktur Strukturen haben zwei Funktionen Manifeste Funktionen Folgen sind bekannt und beabsichtigt subjektiv angestrebte Ziele stimmen mit den objektiven Folgen überein Latente Funktionen Folgen sind nicht bekannt bzw. nicht bewusst objektive Folgen weichen von den subjektiv angestrebten Zielen ab 35
36 Max Weber Handlung Soziologie Wissenschaft, die soziales Handeln deutend verstehen will Rückt somit das individuelle Handeln in den Mittelpunkt Verstehen aktuelles Verstehen (was?) motivationsmäßiges Verstehen (warum?) zweckrational wertrational affektuell traditional Handeln Tun, mit welchem ein subjektiver Sinn verbunden ist; unterscheidet sich vom Sich-Verhalten Soziales Handeln der gemeinte Sinn der Handlung ist auf das Verhalten anderer bezogen Webers Handlungsbegriff ist vor allem auf das Fremdverstehen ausgerichtet. Wie der subjektive Sinn bei den Handelnden selbst gebildet wird und handlungswirksam wird bleibt sekundär. 36
37 Alfred Schütz Handlung Wie erzeugen Handelnde den Sinn ihres Tuns selbst? Schütz stellt somit die Perspektive des Akteurs in den Mittelpunkt. Auslöser einer Handlung Handlungsentwurf die Antizipationen eines zukünftigen Zustandes Motive Um-zu-Motive verweisen auf die Zukunft Weil-Motive verweisen auf die Vergangenheit 37
38 VII. Anfänge der Soziologie in den USA 38
39 VII. Anfänge der Soziologie in den USA I Historische Bedingungen Einwanderungsgesellschaft Individualismus Keine fixen Grenze Fortschrittsoptimismus Pragmatismus Philosophische Richtung Denken und Handeln vom Standpunkt des praktischen Nutzen 39
40 Die ersten Vertreter der amerikanischen Soziologie William G. Sumner Gesellschaft als natürlicher Evolutionsprozess 4 Grundmotive menschlicher Handlungen Hunger Sexualität Eitelkeit Furcht Lester F. Ward Gesellschaft als ein Evoluationsprozess der auf wissenschaftliche fundierte Zivilisation hinausläuft. Charles H. Cooley Menschliche Natur ist Produkt der Kommuniakation 40
41 VII. George Herbert Mead ( ) "Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern die Vorstellungen von den Dingen." 41
42 VII. George Herbert Mead Wissenschaft als selbstreflexive Form von Erkenntnis Ausgangspunkt = social act = Gruppenaktivität Im Mittelpunkt steht die Kommunikation Soziale Persönlichkeit durch Prozess von Interaktion und Kommunikation Individuation und Sozialisation als Prozess 42
43 Das Individuum ist ein Andere, bevor es es Selbst ist I Symbol = Zeichen Wichtigste Symbolsystem ist die Sprache Symbolisches Denken Können kommunizieren, auch wenn die Dinge nicht wahrnehmbar oder abwesend sind Signifikante Symbole Rufen bei beiden Akteur_Innen gleiche Interpretation/Reaktion hervor 43
44 Das Individuum ist ein Andere, bevor es es Selbst ist II Rollen und Rollenübernahmen Antizipation des Verhalten des Anderen Sich-Selbst-Zum-Objekt-Machen Das Individuum brauch ein Gegenüber um sich selbst zu erkennen. Entstehung des Selbst ist ein sozialer Lernprozess Play = Rollenspiel des Kindes Game = Gruppenspiel 44
45 Das Individuum ist ein Andere, bevor es es Selbst ist III I, Me und Self I Bezieht sich auf das Spontane, das Unkontrollierbar im Individuum Me Gesellschaftlich geformte, vergesellschaftete Seite des Individuums Self Identität, Wechselspiel zwischen I und Me 45
46 Chicago School of Sociology I 1892 gegründet Verbindung wissenschaftlicher Analyse und sozialer Reform Charakteristika der Chicago School Interesse an der Nutzung der Soziologie Settlement Bewegung 2 Erkenntniswege: Reformer und Reporter Interesse am Alltag der Mensch Ethnographie Interesse an konkreten sozialen Problemen 46
47 Symbolischer Interaktionismus Herbert Blumer 3 Grundprämissen Menschen handeln Dingen gegenüber auf der Grundlage der Bedeutung, die diese Dinge für sie haben Bedeutung der Dinge entsteht aus sozialen Interaktionen, die man mit seinen Mitmenschen eingeht Bedeutungen werden in einem interpretativen Prozess, den die Personen in ihrer Auseinandersetzung mit den ihr begegnenden Dingen benutzt und abgeändert 47
48 IX. Emile Durkheim Wir sind erst sicher, wenn wir sicher sind, daß [sic!] wir nicht allein sicher sind. 48
49 IX. Emile Durkheim Frankreich Verlor Sohn im WK1 Zentrale Stellung in öffentlichen Auseinandersetzungen Gymnasiallehrer Deutschlandaufenthalt (trifft auf Tönnies) 1887 Universität von Bourdeaux 1896 Lehrstuhl für Pädagogik und Sozialwissenschaften Begriff Sozialisation 49
50 Emile Durkheim und der Zwang der sozialen Tatbestände Faktoren, welche Freiheit des Handelns begrenzen Betont die Bedeutung und Macht der Strukturen Geben dem Handeln eine Richtung, sind Orientierungen Vater des strukturalistischen Denkens Versteht Soziale Realität als Soziale Tatsache (Struktur) 50
51 Studie zur Arbeitsteilung Solidarität: existiert, wenn gesellschaftliche Organisation und die Ausprägung des Moralsystem übereinstimmen Segmentierte Gesellschaft Arbeitsteilige Gesellschaft Organisation in Clans, Horden Großen Märkten und Städten Mechanische Solidarität Repressive Recht, Sühne Starker Kollektivbewusstsein Organische Solidarität wiederherstellendes Recht: Wiedergutmachung Resozialisierung Eigeninitiative und Reflexion 51
52 Sozialer Tatbestand Zentraler Gegenstand der Soziologie Pflichten als Schwester, sind äußerlich: selbst nicht erschaffen sondern erworben Erscheinung, welche von außen entgegen treten Soziales wird durch Soziales erklärt 52 52
53 Studie zum Selbstmord Soziale und kulturelle Faktoren haben Einfluss auf Suizidverhalten Ausgangspunkt: erstaunlich konstante Selbstmordraten in verschiedenen Regionen Betrachtungsweise: - Selbstmord als abhängige Variable von bestimmten Kollektivzuständen - soziale Tatsachen wie soziale Situation sind unabhängige Variable 53
54 Studie zum Selbstmord Selbstmordtyp Ursache Tritt häufig auf Egoistischer Selbstmord Individuelle starkes Ich Bei Ledigen Altruistischer Selbstmord Ich gehört nicht sich selbst Militär Anomischer Selbstmord Regel und Normlosigkeit Wirtschaftliche Krise 54
55 X. Anthony Giddens und die Dualität von Handlung und Struktur Man hat keine Wahl, außer zu wählen. 55
56 X. Anthony Giddens und die Dualität von Handlung und Struktur Bisherige Theorienansätze: Homo oeconomicus Kosten- und Nutzen- Abwägung Homo sociologicus Gesellschaft ist Gefüge aus sozialen Rollen Weder Handlung noch Strukutr Zwei Seiten einer Medaille Für emprische Forschung fruchtbare Sozialtheorie 56
57 Zentrale Begriffe bei Giddens Soziale Pratiken Handlungsstrom Soziale Ordnung 57
58 Dimensionen des Handelns 1 These: soziale Praxis ist an menschliches Verhalten gebunden; Bewusstseinsfähige Steuerung ist möglich 2 These: Handeln ist nicht immer mit klaren Motiven und bewussten Intentionen verbunden; Dezentierung des Subjekts Routinehandeln Praktisches Bewusstsein Diskursives Bewusstsein 58
59 Dimension der Struktur Strukturen: Können modulieren Interaktion Mein Vortrag (Modalität) Struktur Normen, Regeln Umgang mit Wissen auf Universität 59
60 Fazit zu Giddens Struktur und Handlung sind unzertrennlich Aber nicht auf einander reduzierbar Struktur: Oberbegriff von Regeln und Ressourcen 60
61 XI. Pierre Bourdieu und der Habitus "Die Logik kann nur deshalb überall sein, weil sie in Wirklichkeit nirgendwo ist." 61
62 XI. Pierre Bourdieu und der Habitus Habitus Sind Denk-, Warhnehmungs-, Verhaltens- und Beurteilungsschemata eines Individuums Beruht auf Erfahrungen Wird im sozialen Kontext des Individuums wirksam Habitus als generatives Prinzip Möglichkeit der Subjekte, Äußerungen zu entwickeln, mit denen auf eine Situation reagiert werden kann Habitus als innere Grammatik Nicht angeboren, sondern aus Erfahrungen entstanden 62
63 Bourdieu und Strukturkategorien I Soziale Klasse Bezieht sich auf die vertikale soziale Ungleichheit Kritik an Marx Klassenlage strukturiert die Lebensführung eines Individuums Ausdifferenzierung des Kapitalbegriffs: Ökonomisches Kapital Kulturelles Kapital Soziales Kapital Symbolisches Kapital 63
64 Bourdieu und Strukturkategorien II Soziales Feld Funktional, differenzierte, arbeitsteilige Gliederung Spezifischer Einsatz in den Feldern Geschlecht Arbeitsteilung von Mann und Frau Strukturierungsprinzip und Herrschaftsverhältnis. 64
65 Beispielfrage 1 Welcher der folgenden Theoretiker konnte keine traditionelle akademische Laufbahn einschlagen? (a) Emile Durkheim (b) Norbert Elias (c) Anthony Giddens (d) Pierre Bourdieu Antwort (b) 65
66 Beispielfrage 2 Karl Marx bezieht sich in seinen Überlegungen auf die Dialektik von Hegel, entwickelt diesen Begriff aber weiter. Welche Aussage dazu ist richtig? (a) Im Gegensatz zu Hegel ist Marx der Ansicht, dass Ideen den materiellen Veränderungen folgen bzw. auf diese reagieren. (b) Marx löst Hegels Dialektik aus seinem materialistischen Zusammenhang und stellt es auf eine idealistische Grundlage. (c) Marx sieht im Gegensatz zu Hegel die Religion und die Kultur verantwortlich für gesellschaftliche Entwicklung. (d) Marx und Hegel sehen Arbeit und Wirtschaft als Basis jeder gesellschaftlichen Entwickelung. Antwort (a) 66
67 Beispielfrage 3 In Max Webers Handlungstheorie kommt das aus seiner Sicht anzustrebende Ziel der Soziologie zur Sprache. Welches Ziel führt er für die Soziologie an? (a) Die Soziologie soll sich zum Ziel setzen, soziales Handeln zu verstehen und kausal zu erklären. (b) Das Ziel der Soziologie soll laut Weber sein, Handlungen der Individuen mithilfe struktureller Faktoren zu kategorisieren und zu bewerten. (c) Die Unterscheidung von aktuellem Verstehen und motivationsmäßigem Verstehen als Idealtypen bildet den Mittelpunkt der Soziologie bei Weber. (d) Das Ziel der Soziologie besteht darin, beobachtbares Handeln auf die Persönlichkeitsstruktur von Individuen zurückzuführen. Antwort (a) 67
68 Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie. Kurt Lewin, Sozialpsychologe ( ) Danke für eure Aufmerksamkeit und viel Glück für die Klausur! 68
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