Aktuelles zu Rückstellungen
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- Ursula Seidel
- vor 7 Jahren
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1 Aktuelles zu Rückstellungen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Bilanz- und Steuerrecht Universität zu Köln 1
2 Übersicht Angeschaffte Rückstellungen Rückstellungsbewertung und Grundsatz der Maßgeblichkeit Rückstellungen für Passivprozesse 2
3 Angeschaffte Rückstellungen Zoff zwischen BFH und BMF handelsrechtliche GoB und mögliche Gesetzesänderung 3
4 Ausgangsbeispiel: Fall 1 Schuldübernahme ( 414, 415 BGB) Alt-Schuldner Rückstellungsbegründende Verbindlichkeit (z.b. 535 II BGB aus nachteiligem Mietvertrag) Gläubiger Zahlung eines Entgeltes für die Schuldübernahme ( Wegschaffungskosten ) Neu-Schuldner Schuldübernahme i.s. 414, 415 BGB Zahlungsverbindlichkeit gem. 535 II BGB (Schuldverhältnis i.e.s.) Kausalgeschäft (etwa Asset Deal oder auch gezielter Einzelverkauf einer Verbindlichkeit) 4
5 Abwandlung: Fall 2 Vertragsübernahme Rückstellungsbegründendes Schuldverhältnis i.w.s. (z.b. nachteiliger Mietvertrag) Alte Vertragspartei Gläubiger Zahlung eines Entgeltes für die Vertragsübernahme ( Wegschaffungskosten ) Neue Vertragspartei Vertragsübernahme ( 311 I BGB) Rückstellungsbegründendes Schuldverhältnis i.w.s. (z.b. nachteiliger Mietvertrag) Kausalgeschäft (etwa Asset Deal oder auch gezielter Einzelverkauf einer Verbindlichkeit) 5
6 Abwandlung: Fall 3 Schuldbeitritt Rückstellungsbegründende Verbindlichkeit (z.b. 6a- EStG-Verpflichtung) Schuldner Gläubiger Zahlung eines Entgeltes für die Schuldfreistellung ( Wegschaffungskosten ) Beitretender Verpflichtung zur Freistellung Schuldbeitritt (im Außenverhältnis Gesamtschuld) Kausalgeschäft (etwa Asset Deal oder auch gezielter Einzelverkauf einer Verbindlichkeit) 6
7 Abwandlung: Fall 4 Erfüllungsübernahme ( 329 BGB) Rückstellungsbegründende Verbindlichkeit (z.b. 6a- EStG-Verpflichtung) Schuldner Gläubiger Zahlung eines Entgeltes für die Erfüllungsübernahme ( Wegschaffungskosten ) (allein) interne Verpflichtung zur Freistellung Beitretender Kausalgeschäft (etwa Asset Deal oder auch gezielter Einzelverkauf einer Verbindlichkeit) 7
8 Zivilrechtliche Unterschiede Gegenstand Rechtsfolge Ökonomische Wirkung Erfüllungsübernahme Schuldverhältnis i.e.s. Schuldnerwechsel Schuldübernahme Vertragsübernahme Schuldverhältnis i.w.s. Wechsel der gesamten Vertragspartner -stellung Begründung einer neuen, zusätzlichen Schuld Gesamtschuld (Freistellender) Schuldbeitritt Begründung einer neuen, zusätzlichen Schuld Bloß interne Schuldfreistellung Bisheriger Schuldner wird entlastet, die Schuld wird (zumindest wirtschaftlich) vom Erwerber übernommen. 8
9 Problemstellung und Interessenlage Steuerbilanz Steuergesetzliche Ansatz- und Bewertungsvorbehalte (z.b. 5 IVa 1, 6a EStG) à stille Lasten in der Steuerbilanz Steuerwirksame Realisation der stillen Last im Wege der Veräußerung? 9
10 Problemstellung und Interessenlage Handelsbilanz Beispiel: Die A-AG gliedert Pensionsverbindlichkeiten auf eine Rentner-KG aus und gewährt der KG dafür Deckungsvermögen. Der Buchwertansatz der Verbindlichkeiten gem. 253 II HGB möge 95 GE betragen. Bei der Berechnung des Übernahmewerts der Verbindlichkeiten und des Deckungsvermögens legen die Beteiligten allerdings nicht den Bundesbankzins ( 253 II 4 HGB) zugrunde, sondern einen vorsichtiger kalkulierten Zinssatz. Danach beträgt der Übernahmewert 100 GE. 10
11 Ausgangspunkt Maßgebend für Bilanzierung beim Erwerber ist der Sachverhalt, der bei ihm gegeben ist (zutr. BFH, I R 28/11, Tz. 41; BFH, I R 69/11, Tz. 27) Beispiele: Im Fall 1: E folgt nicht in den schwebenden Vertrag nach, sondern nur in das Schuldverhältnis i.e.s. è bei E kein Fall des 249 I 1, 2. Alt. HGB, 5 IVa EStG! In den Fällen 3 und 4 liegt aus Sicht des E keine Pensionsrückstellung vor, so dass 6a EStG bei ihm bereits tatbestandlich nicht einschlägig ist 11
12 Schuldübernahme, Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme (1) Zivilrecht Bilanz Veräußerer Echter Schuldnerwechsel Ausbuchung Sicherung Außenverhältnis: Gesamtschuld; Innenverhältnis: Sicherung bezweckt Unverändert Passivierung der Schuld; etwaige Avalprovision ist aufwandswirksam. Schuldbeitritt Freistellend Außenverhältnis: Gesamtschuld; Innenverhältnis: Freistellung Schuldübernahme Erfüllungsübernahme Allein interne Freistellung Wenn infolge Freistellung bei V die (relevante) Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme zu verneinen ist: Dann Ausbuchung der Rückstellung (und des Deckungsvermögens); ein etwaiges Delta ist aufwandswirksam ( Per Rückstellung und Aufwand an Deckungsvermögen ; BFH, IV R 43/09; str.). 12
13 Schuldübernahme, Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme (2) Bilanz Erwerber Einbuchung Sicherung 251 HGB oder 249 HGB (je nach Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme) Schuldbeitritt Freistellend Schuldübernahme Erfüllungsübernahme Passivierung der gesamtschuldnerischen Verpflichtung zur Freistellung gegen das übernommene Deckungsvermögen (erfolgsneutrale Anschaffung). Bei E kein Fall des 6a EStG; kein Fall des 5 IVa EStG! 13
14 Nochmals: Fall 4 Rückstellungsbegründende Verbindlichkeit (z.b. 6a- EStG-Verpflichtung) Schuldner Gläubiger Zahlung eines Entgeltes für die Erfüllungsübernahme ( Wegschaffungskosten ) Beitretender (allein) interne Verpflichtung zur Freistellung Kausalgeschäft (etwa Asset Deal oder auch gezielter Einzelverkauf einer Verbindlichkeit) Annahmen: Buchwert der Rückstellung in der StB gem. 6a EStG: 70 Zeitwert: 100 Deckungsvermögen: 100 Buchwert HB gem. 253 II HGB: 95 14
15 Meinungsstand BMF (BStBl. I 2011, 627) (1) Bei Schuldübernahme: Zwar erfolgsneutrale Einbuchung bei der Zugangsbewertung ( Deckungsvermögen an Rückstellung 100 ); aber erfolgswirksame Abstockung der übernommenen Rückstellung in der ersten Schlussbilanz ( Rückstellung an Ertrag (BMF, a.a.o., Tz. 3 f.; zust. Siegel, FR 2012, 388 ff.; ders., FR 2011, 781, 786) è phasenverschobener Erwerbsgewinn! 15
16 Meinungsstand BMF (BStBl. I 2011, 627) (2) Bei Freistellung (Schuldbeitritt und Erfüllungsübernahme, Fall 4): Passivierung der Freistellungsverpflichtung als neue Schuld (BMF, a.a.o., Tz. 6, 8). Bewertung nach den allgemeinen Regeln, d.h. insbes. Abzinsung (wodurch sich wiederum ein Erwerbsgewinn ergeben kann). 16
17 Meinungsstand BFH BFH (I R 102/08; I R 72/10; jüngst: BFH, I R 69/11 und I R 28/11): Sowohl bei Freistellung (Fälle 3+4) als auch bei Schuld- und Vertragsübernahme (Fälle 1+2) erfolgsneutrale Behandlung bei Zugangs- und Folgebewertung. Kein fiktiver one day gain. Problem: Sonderregime für angeschaffte Rückstellungen? Gelten für angeschaffte Rückstellung nicht mehr die allgemeinen Regeln? Teleologische Reduktion der besonderen Bewertungsvorschriften? 17
18 Exkurs: Relevanz der Rechtsprechung des BFH für die Handelsbilanz BFH legt in den fraglichen Fällen handelsrechtliche GoB aus (Beisse, BB 1980, 637 ff.; Schulze-Osterloh, ZGR 2000, 594, 598; ders., ZGR 2001, 497, 513; Wüstemann/Wüstemann, ZfB 79 (2009), 31, 35) Art. 95 III GG i.v.m. RsprEinhG IDW PS 201 Tz. 8, 13: HB auf der Grundlage einer BFH-Rechtsprechung führt nicht zu Beanstandungen des Abschlussprüfers 18
19 IDW RS HFA 30 Tz. 104: Der Freistellungsanspruch des übertragenden Rechtsträgers und die Freistellungsverpflichtung des übernehmenden Rechtsträgers sind nach allgemeinen Grundsätzen zu bewerten. Auch wenn siech die Bewertung an der auszugleichenden Verpflichtung orientieren wird, sind damit Abweichungen vom Wert der beim übertragenden Unternehmen bilanzierten Verpflichtung nicht ausgeschlossen. (Hervorhebung nicht im Original) 19
20 IDW RS HFA 42 Tz. 56: Rückstellungen sind mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag ( 253 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 HGB) anzusetzen. (Zur Verteilung der Anschaffungskosten auf die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden beim übernehmenden Rechtsträger im Falle einer Verschmelzung) 20
21 Realisationsprinzip und Neutralität von Anschaffungsvorgängen Aus dem Realisationsprinzip folgt, dass Anschaffungsvorgänge erfolgsneutral zu behandeln sind. (so zutr. BFH, a.a.o., und ganz h.l.; a.a. Siegel, FR 2012, 388 ff.) Hier: Anschaffung von Deckungsvermögen; Verbindlichkeiten sind Teil des Entgelts Verbuchung eines Erwerbsgewinns bei E würde gegen das Realisationsprinzip verstoßen 21
22 Exkurs: Beurteilung im Konzernabschluss 301 I 3 HGB: Rückstellungen sind nach 253 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 [...] zu bewerten. Ratio legis: Vereinfachung der Kapitalkonsolidierung, Vermeidung sonst notwendiger Anpassungsbuchungen (!) (BT-Drucks. 16/12407, S. 90; Gelhausen/Fey/Kämpfer, Rechnungslegung und Prüfung nach dem BilMoG, 2000, Abschn. Q Rn. 207) 22
23 Alternative Lösungsmöglichkeit Bewertung der angeschafften Rückstellungen (bei Zugangs- und Folgebewertung) nach den allgemeinen Regeln è HB: nach 253 II HGB Gewährleistung des Realisationsprinzips durch Passivierung eines Ausgleichspostens (Korrekturposten des Fremdkapitals) Vgl. Ley, DStR 2007, 589, 591 f.; im Ergebnis ebenfalls für Erfolgsneutralität, technisch aber über eine Gegenbuchung unter erhaltene Anzahlungen : Bareis, FR 2012, 385 ff.; wieder anders in der Technik Hoffmann/Lüdenbach, StuB 2012, 3 (prap). 23
24 prap als Alternative? Merkmal bestimmte Zeit? à h.l.: imparitätische Auslegung; Bestimmbarkeit durch Anwendung mathematischer Verfahren genügt (str.). Zeitraumbezogenheit der Leistung? (-), Anschaffungsgeschäft ist mit Übernahme der Freistellungsverpflichtung abgeschlossen (vgl. BFH, I R 72/10 [Tz. 15 f.]; auch BFH, I R 28/11, [Tz. 38]; aus der Lit. namentlich Schlotter, BB 2012, 951, 953) 24
25 Passiver Ausgleichsposten 265 V 2 HGB lässt zusätzliche Posten zu. Notwendig zur Gewährleistung des Realisationsprinzips Rechtsgedanke des 301 I 3 HGB In vergleichbaren Fällen zur Vermeidung eines sachwidrigen Anschaffungsgewinns anerkannt (s. BFH, I R 49, 50/04, Tz. 30 ff. [zum Badwill beim Unternehmenserwerb]) 25
26 Folgerungen (1) Bilanzierung in der HB im Beispiel (Folie 15): Zugangsbewertung: Deckungsvermögen 100 an Rückstellung 95 an passiven Ausgleichsposten 5! Folgebewertung der Rückstellung nach den allgemeinen Regeln; sukzessive Auflösung des Ausgleichsposten gegen die Zuführung der Rückstellung 26
27 Folgerungen (2) Bilanzierung in der Steuerbilanz im Beispiel: Zugang: Deckungsvermögen 100 an Rückstellung 70 an passiven Ausgleichsposten 30 (bei Anwendung des 6a EStG auf die angeschaffte Pensionsrückstellung). 27
28 Ausblick: Nichtanwendungsgesetz? BMF-Vorschlag einer Missbrauchsvermeidung 5 Abs. 7 EStG-E: (7) Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer oder dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären. Dies gilt in Fällen der Erfüllungsübernahme nach 329 BGB und des Schuldbeitritts mit Schuldfreistellung im Innenverhältnis für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß. 4f EStG-E (Konzernklausel): Gehören in den Fällen des 5 VII der ursprünglich Verpflichtete und der aus diesen Rechtsgeschäften Verpflichtete zu demselben Konzern im Sinne des 4h III 5 und 6, ist die hieraus resultierende Gewinnminderung beim ursprünglich Verpflichteten oder dessen Rechtsnachfolger nicht zu berücksichtigen. In diesen Fällen bleibt die aus der Anwendung des 5 Absatz 7 resultierende Gewinnerhöhung außer Ansatz. 28
29 Kritik Kein Missbrauch, vielmehr im Gegenteil systematisch richtige[n] Anknüpfung an handels- und steuerbilanzielle Grundsätze (BFH, I R 69/11, Tz. 27) Fiktion eines Erwerbsgewinns verstößt gegen das Realisationsprinzip Realisationsprinzip als Eckpfeiler auch des Steuerbilanzrechts 29
30 Rückstellungsbewertung und Grundsatz der Maßgeblichkeit BilMoG als fiskalische Wundertüte? 30
31 Unterschiede HB vs. StB (1) Handelsrechtliche Bewertung der Rückstellung 253 Abs. 1 Satz 2 HGB: in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags. 253 Abs. 2 Satz 1 HGB: mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Steuerrechtliche Bewertung der Rückstellung 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. f EStG: Striktes Stichtagsprinzip. 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e Satz 2 EStG: Für die Abzinsung von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen ist der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend. Prof. Dr. J. Hennrichs 31
32 Unterschiede HB vs. StB (2) Abzinsungszeitraum Zinssatz Abzinsungsbetrag HGB: bis zum Ende der Erfüllung (IDW ERS HFA 34 Tz. 39; IDW RH HFA Tz. 9). EStG: bis zum Zeitpunkt des Beginns der Erfüllung ( 6 Abs. 1 Nr.3a lit. e Satz 2 EStG). HGB: durchschnittlicher Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre ( 253 Abs. 2 Satz 1 HGB). EStG: typisierend 5,5 % ( 6 Abs.1 Nr. 3a lit. e Satz 1 EStG). HGB: Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostenänderungen (IDW ERS HFA 34 Tz. 24f.). EStG: keine Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen ( 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. f EStG). Prof. Dr. J. Hennrichs 32
33 OFD Rheinland und OFD Münster 2-Stufen-Modell: 1. Stufe: Bewertung nach Maßgabe 6 I Nr. 3a EStG 2. Stufe: Vergleich mit dem handelsrechtlichen Wertansatz. Ist dieser niedriger als das steuerrechtliche Zwischenergebnis der ersten Stufe, ist der Handelsbilanzansatz maßgebend Begründung (s. auch Meurer BB 2012, 2807 f.): Höchstens im Einleitungssatz des 6 I Nr. 3a EStG Entstehungsgeschichte zum StEntlG 1999/2000/2002 So nun wohl auch BFH, I R 66/11, Tz. 14 (handelsrechtlicher Wertansatz als Höchstwert ) 33
34 Praktische Relevanz der Problematik Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen Rückstellungen für bergrechtliche Verpflichtungen im Tagebau Möglicherweise künftig allgemein, wenn Marktzinsen über 5,5 % steigen sollten Prof. Dr. J. Hennrichs 34
35 Kritik Wortlautargument nicht zwingend Entstehungsgeschichte: StEntlG 1999/2000/2002 spricht für OFD-Auffassung Aber: (jüngeres) BilMoG wollte Steuerneutralität Bewertungsvorbehalt ( 5 VI EStG): Steuerlich ein detailreiches, eigenes Abzinsungskonzept Meistbegünstigungsmaßgeblichkeit pro fisco ist nicht leistungsfähigkeitsgerecht Prof. Dr. J. Hennrichs 35
36 EStÄR 2012 (BStBl. I 2013, 276 ff.) Nach R 6.11 Abs. 2 wird folgender Abs. 3 angefügt: Mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen darf die Höhe der Rückstellung in der Steuerbilanz den zulässigen Ansatz in der Handelsbilanz nicht überschreiten. Für den Gewinn, der sich aus der erstmaligen Anwendung des BilMoG durch die Auflösung von Rückstellungen ergibt, die bereits in dem vor dem endenden Wirtschaftsjahr passiviert wurden, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage passiviert werden, die in den folgenden vierzehn Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Fünfzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum). [...] 36
37 Rückstellungen für Passivprozesse FG Schleswig-Holstein, 3 K 77/11 (Rev. beim BFH unter VIII R 45/12) 37
38 BZ v , S. 3: Rechtsstreite holen die Deutsche Bank ein Deutsche Bank muss wegen rechtlicher Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der US-Hypothekenkrise die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten um rund 600 Mio. EUR auf 2,4 Mrd. EUR aufstocken
39 Ausgangspunkt Wahrscheinlichkeit des Bestehens einer Verbindlichkeit (Prognose) 51%-Rechtsprechung des BFH: mehr Gründe für als gegen das Bestehen Bei Überschreiten der Wahrscheinlichkeitsschwelle für den Ansatz: Bewertung zu 100% des notwendigen Erfüllungsbetrags
40 Parameter für die Prognose nach IAS 37 / US-GAAP Stand des Verfahrens Auffassung der Anwälte Erfahrungen der Unternehmen aus vergleichbaren Fällen Beabsichtigte Reaktion der Gesellschaft (energisches Bestreiten oder Vergleich) Bring together the chief accountant and the lawyer and at the end of the day you have a number. (IASB)
41 FG Schleswig-Holstein, 3 K 77/11 1. Wird gegen den Steuerpflichtigen gerichtlich ein Anspruch geltend gemacht, hat der Steuerpflichtige eine Rückstellung zu bilden. Auf die Erfolgsaussichten der Klage kommt es nicht an, es sei denn die Klage ist dem Grunde und/oder der Höhe nach offensichtlich willkürlich oder erkennbar nur zum Schein erhoben worden. 2. Die Rückstellung ist grundsätzlich mit dem eingeklagten Betrag zu bewerten. 41
42 Auflösung von Rückstellungen BFH, IV R 95/96: eine Rückstellung wegen eines gerichtlich verfolgten Ersatzanspruches ist erst aufzulösen, wenn über diesen Anspruch rechtskräftig entschieden ist (s. außerdem BFH, I R 68/00; BGH, II ZR 172/88) 42
43 Anmerkungen Die Praxis verfährt so streng bei der (ersten) Passivierung bislang wohl nicht Klage belegt zwar Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme, aber für sich genommen nicht Wahrscheinlichkeit des Bestehens der Verbindlichkeit Sorgfältige Würdigung der Klageaussichten nach Maßgabe der o.g. Parameter sachgerecht Praktisch vielfältige Spielräume; immanente Grenze der Bilanzkontrolle
44 Kontakt Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Bilanz- und Steuerrecht Universität zu Köln Albertus-Magnus-Platz Köln Telefon: 0221 / joachim.hennrichs@uni-koeln.de 44
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