Länderanalyse Philippinen
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1 Mai 2012 Länderanalyse Philippinen 1. Strukturdaten Fläche: km² Bevölkerung: 95,9 Mio. Einw. (2011) Bevölkerungsdichte: 320 Einwohner/ km² Hauptstadt: Manila BIP pro Kopf ca USD (2011) Währung: Philippinischer Peso (PHP) Wechselkurs: USD/PHP = 42,62 (April 2012) EUR/PHP = 56,04 2. Politische Lage Die Staatsform der Philippinen ist eine präsidiale Demokratie mit einem Zwei- Kammer-Parlament, dem Senat und dem Repräsentantenhaus, auf Basis der im Jahr 1987 in Kraft getretenen Verfassung. Dabei wird der Präsident für eine einmalige Amtszeit von 6 Jahren vom Volk gewählt und nimmt als Staatsoberhaupt auch gleichzeitig das Amt des Regierungschefs ein. Er ist somit mit einer umfangreichen Machtfülle ausgestattet. Darüber hinaus weist das politische System der Philippinen weitere institutionelle Schwächen auf, die Korruption und Klientelwirtschaft begünstigen. Zum einen spielen Parteien in der weitgehend vom Einfluss von Einzelpersonen und Familiendynastien geprägten politischen Landschaft kaum eine Rolle. Zum anderen werden die Parlaments- und Senatsmitglieder überwiegend über Persönlichkeitswahl bestimmt. Aus den turnusmäßigen Präsidentschaftswahlen im Mai 2010 ging der für die Liberale Partei angetretene Senator Benigno Aquino III, Sohn der früheren Präsidentin Corazon Aquino, als klarer Sieger hervor. Der neue Präsident hat die Umsetzung sozialer und politischer Reformen zur Bekämpfung der Armut und Korruption ins Zentrum seiner Regierungspolitik gestellt. Darüber hinaus sollen über eine Verbesserung der Infrastruktur die notwendigen Rahmenbedingungen für höhere ausländische Kapitalzuflüsse geschaffen werden. Inwieweit eine Umsetzung der notwendigen Reformen angesichts einer fehlenden Regierungsmehrheit sowohl im Parlament als auch im Senat möglich ist, bleibt abzuwarten. Positiv zu werten ist, dass die Regierung Aquinos bisher von Korruptionsvorwürfen frei geblieben ist.
2 Länderanalyse Philippinen 2 Die größte innenpolitische Herausforderung neben der Armuts- und Korruptionsbekämpfung liegt weiterhin in den seit Jahren schwelenden Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und separatistischen Rebellengruppen im Süden des Landes. Trotz der im Februar 2011 wieder aufgenommenen Friedensgespräche ist eine Lösung des Konflikts gegenwärtig nicht in Sicht. Die philippinische Außenpolitik ist vor allem von wirtschafts- und sicherheitspolitischen Aspekten geprägt. Eine bedeutende Rolle spielen in diesem Zusammenhang insbesondere die enge Zusammenarbeit mit den pazifischen Nachbarstaaten im Rahmen der Südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN sowie die guten Beziehungen zu den USA als zweitwichtigstem Handelspartner hinter Japan sowie engem Verbündeten im Kampf gegen terroristische Gruppen. So haben die USA gegenwärtig ca. 600 US-Soldaten im Rahmen eines gegenseitigen Verteidigungsabkommens im Land stationiert. Die engen Beziehungen zu islamisch geprägten Staaten spielen insbesondere vor dem Hintergrund der Friedensverhandlungen mit moslemischen Rebellen eine bedeutende Rolle. Das außenpolitische Verhältnis zur Volksrepublik China stellt sich dagegen kontrovers dar. Zwar haben beide Länder in den letzten Jahren die Handelsbeziehungen miteinander deutlich intensiviert, jedoch kühlte sich das Verhältnis zwischen beiden Ländern auf politischer Ebene in den letzten Monaten deutlich ab. Größte Konfliktpunkte sind nach wie vor die Gebiete um das Scarborough-Riff und die Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer, in dem große Öl- und Erzvorkommen vermutet werden, und auf die neben China und den Philippinen auch Malaysia, Taiwan, Vietnam und Brunei territoriale Ansprüche erheben. Die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung erscheint gegenwärtig jedoch unwahrscheinlich. 3. Gesamtwirtschaftliche Entwicklung Die Philippinen haben in den letzten Jahren erfolgreich den Wandel von einer von der Landwirtschaft dominierten Wirtschaft hin zu einer hauptsächlich auf dem Dienstleistungs- und Elektroniksektor basierenden Wirtschaftsentwicklung vollzogen. Seit der Jahrtausendwende wuchs das reale Bruttoinlandsprodukt durchschnittlich mit einer jährlichen Rate von 4,7%. Auch zeigte sich die philippinische Volkswirtschaft in vorangegangenen Krisen trotz der politischen Unsicherheit äußert robust. Zwar verzeichnete der speziell auf Elektronikgüter fokussierte Exportsektor aufgrund einer schwächeren globalen Nachfrage im Zuge der internationalen Finanzmarktkrise deutliche Wachstumseinbußen mit negativen Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung, ein Abgleiten in die Rezession konnte jedoch verhindert werden. So wuchs das Bruttoinlandsprodukt in den Jahren 2008 und 2009 real um durchschnittlich 2,7%. Tragende Säule der Wirtschaft war in den vergangenen Jahren neben der Elektronikindustrie der Dienstleistungssektor, der mehr als 50% zur Entstehung des Bruttoinlandsproduktes beigetragen hat. Nach einem Wachstum von 3,7% im vergangenen Jahr dürfte die philippinische Wirtschaft 2012, ge-
3 Länderanalyse Philippinen 3 tragen von einer stärkeren Binnennachfrage sowie staatlicher Infrastrukturinvestitionen, mit 4,2% wieder kräftiger expandieren. In den kommenden Jahren dürften die Philippinen dann wieder auf ihren langjährigen Wachstumspfad zwischen 4,5 und 5,0% zurückkehren. Trotz der verbesserten makroökonomischen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren stellt die Arbeitslosigkeit weiterhin ein zentrales Problem dar. Die Ursachen hierfür liegen zum einen in dem starken Bevölkerungswachstum sowie in Rigiditäten am Arbeitsmarkt. Zwar verzeichnete das Beschäftigungsniveau im Jahr 2011 ein deutliches Plus und auch die Arbeitslosenquote war im Jahresdurchschnitt mit 7,0% leicht rückläufig (Zahl der Arbeitslosen 2011: 2,8 Mio.). Kritisch zu sehen sind jedoch insbesondere der starke Anstieg der Unterbeschäftigung auf 19,3% (darunter fallen Erwerbspersonen, die teilzeitbeschäftigt sind, aber eine Vollzeitstelle suchen) sowie das hohe Niveau der Jugendarbeitslosigkeit. Mit 1,42 Mio. entfällt mehr als die Hälfte aller als arbeitslos gemeldeten Personen auf die Altersgruppe der Jährigen. Die strukturellen Probleme am Arbeitmarkt werden vor allem auch mit Blick auf den hohen Anteil jugendlicher Hochschulabsolventen ohne Beschäftigung deutlich. Dieser lag Ende 2011 bei mehr als 20%. Aufgrund der mangelnden Beschäftigungsmöglichkeiten verlassen jährlich mehr als 1 Mio. Menschen das Land, um im Ausland vorzugsweise in den USA sowie im Mittleren Osten Arbeit zu suchen. Ende 2011 lag die Zahl der offiziell registrierten Arbeitsmigranten ( Overseas Filipino Workers ) bei knapp 9 Millionen. Die tatsächliche Zahl dürfte jedoch deutlich höher liegen. Die Rücküberweisungen der Gastarbeiter in die Philippinen betrugen im Jahr 2011 mehr als 21 Mrd. USD und leisten einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung und zur Stabilisierung des Peso. Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass vor allem qualifizierte Arbeitnehmer auswandern, was zu einem Fachkräftemangel im Inland führt. Die Inflationsrate betrug Ende 2011 etwa 4,8% und lag damit am oberen Ende der tolerierten Bandbreite von 3-5%. Die rückläufigen Verbraucherpreise in Verbindung mit der Gefahr einer sich abschwächenden inländischen Nachfrage haben die Zentralbank der Philippinen dazu veranlasst den Leitzins zu Jahresbeginn 2012 um 50 Basispunkte auf gegenwärtig 4% zu senken. In den kommenden Monaten dürfte die Zentralbank ihre akkomodierende Geldpolitik weiter fortsetzen, wenngleich weitere Leitzinssenkungen gegenwärtig nicht zu erwarten sind. Dafür spricht auch, dass die Teuerung im Jahresverlauf weiter nachlassen sollte.
4 Länderanalyse Philippinen 4 4. Außenwirtschaft Die Philippinen weisen seit Jahren defizitäre Außenhandelssalden auf. Aufgrund deutlich schwächerer Exportzahlen insbesondere bei Produkten der Elektrotechnik, die einen Anteil von ca. 50% an den philippinischen Ausfuhren ausmachen, dürfte sich das Defizit 2011 auf knapp 12 Mrd. USD deutlich ausgeweitet haben. Belastend auf die Exportentwicklung wirkten vor allem die mit den weltweit eingetrübten Konjunkturperspektiven einhergehende schwächere Auslandsnachfrage sowie Lieferengpässe bei den für den Produktionsprozess benötigten Vorprodukten infolge der Naturkatastrophen in Japan und Thailand. Dagegen legten die philippinischen Einfuhren, aufgrund stark steigender Ölimporte, leicht zu. Trotz der Handelsbilanzdefizite weist die Leistungsbilanz bedingt durch den hohen positiven Saldo der laufenden Übertragungen einen Überschuss aus. Hier schlagen insbesondere die hohen Einkommensüberweisungen von im Ausland arbeitenden Filipinos in ihr Heimatland zu Buche. Im Jahr 2011 belief sich der Leistungsbilanzüberschuss auf 5,8 Mrd. USD bzw. 2,7% gemessen am BIP. Die Zuflüsse an ausländischen Direktinvestitionen bewegen sich im Vergleich zu anderen Schwellenländern weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. So stagnierten die Nettozuflüsse an ausländischen Direktinvestitionen 2011 auf dem Niveau des Vorjahres (1,3 Mrd. USD). Hauptgründe für das Fernbleiben ausländischer Kapitalzuflüsse sind neben der politischen Unsicherheit vor allem umfangreiche Investitionsbeschränkungen für ausländische Investoren, Korruption sowie mangelhafte infrastrukturelle Rahmenbedingungen. Auch in den nächsten Jahren ist gegenwärtig nicht mit einer deutlichen Verbesserung zu rechnen, wenngleich erste Maßnahmen des neuen Präsidenten Aquino bereits zu einer moderaten Verbesserung des Investitionsklimas geführt haben. 5. Finanzstatus Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte (ohne Finanzsektor) konnte von 96% gemessen am BIP im Jahr 2003 auf 51,3% im Jahr 2011 sukzessive verringert werden. Problematisch bleibt allerdings weiterhin der relativ hohe Anteil der öffentlichen Verschuldung in Fremdwährung, der Ende 2011 etwa 15% gemessen am BIP betragen hat. Die Auslandsverschuldung weist, gemessen am BIP, über die letzten Jahre eine deutlich rückläufige Tendenz auf, was vor allem auf die erzielten Leistungsbilanzüberschüsse zurückzuführen ist. Ende 2011 lagen die Auslandsverbindlichkeiten bei etwa 78 Mrd. USD (= 37% des BIP). Der Rückgang der Staatsverschuldung dürfte sich auch im laufenden Jahr fortsetzen. Dafür spricht zum einen ein wieder höheres konjunkturelles Expansionstempo der philippinischen Wirtschaft. Zum anderen treibt die Regierung gegenwärtig die Konsolidierung des Staats-
5 Länderanalyse Philippinen 5 haushaltes weiter voran, nachdem sich das Haushaltsdefizit im Zuge einer expansiven Fiskalpolitik zur Stützung der Konjunktur während der globalen Finanzkrise in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet hatte (Defizit der Jahre 2009 und 2010: 3,7% bzw. 3,5% des BIP). Im Jahr 2013 wird ein Defizitziel in Höhe von 2% des BIP angestrebt. Für das laufende Jahr wird gemäß dem vorgestellten Haushaltsentwurf für 2012 jedoch noch mit einem Defizit in Höhe von 286 Mrd. PHP (= 2,6% des BIP) gerechnet. Der Finanzstatus der Philippinen wird auch durch die hohen Fremdwährungsreserven von zuletzt etwa 75 Mrd. USD gestützt, was fast dem Fünffachen der kurzfristigen Auslandsschulden entspricht. Im Länder-Kredit-Rating des Institutional Investor per März 2012 belegen die Philippinen mit 53,6 von 100 Punkten Platz 62 unter 179 Ländern. 6. Ausblick Das philippinische Wirtschaftswachstum dürfte, getragen von einer stärkeren Binnennachfrage sowie höheren staatlichen Investitionen, in den kommenden Jahren wieder stärker ausfallen. Positiv zu werten sind außerdem die rückläufige Staatsverschuldung sowie die Überschüsse in der Leistungsbilanz. Zu den größten Wachstumsrisiken gehören neben einer möglichen Belastung der Exportwirtschaft durch eine weltweite Konjunkturabschwächung die nach wie vor niedrigen Kapitalzuflüsse aus dem Ausland. Darüber hinaus ist die rasche Umsetzung sozialer und struktureller Reformen notwendig, um die zahlreichen Probleme des Landes (politische Instabilität, Korruption, Unterbeschäftigung und Armut, hohes Bevölkerungswachstum) zu lösen. Allgemeiner Hinweis Diese Publikation ist lediglich eine unverbindliche Stellungnahme zu den Marktverhältnissen und den angesprochenen Anlageinstrumenten zum Zeitpunkt der Herausgabe der vorliegenden Information am 11. Mai Die vorliegende Publikation beruht unserer Auffassung nach auf als zuverlässig und genau geltenden allgemein zugänglichen Quellen, ohne dass wir jedoch eine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der herangezogenen Quellen übernehmen können. Insbesondere sind die dieser Publikation zugrunde liegenden Informationen weder auf ihre Richtigkeit noch auf ihre Vollständigkeit (und Aktualität) überprüft worden. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit können wir daher nicht übernehmen. Die vorliegende Veröffentlichung dient ferner lediglich einer allgemeinen Information und ersetzt keinesfalls die persönliche anleger- und objektgerechte Beratung. Für weitere zeitnähere Informationen stehen Ihnen die jeweiligen Anlageberater zur Verfügung. Verfasser: Tim Reichart, Manuel Schimm Tel manuel.schimm@bayernlb.de Redaktion: RO Länderrisiko- und Branchenanalyse Geschäftsgebäude: Bayerische Landesbank Brienner Straße München Tel
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