Coping und Resilienz bei Kindern
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- Heinz Ursler
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1 Coping und Resilienz bei Kindern Prof. Dr. Albert Lenz Diplom-Psychologe Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen Abteilung Paderborn Leostraße Paderborn Telefon :
2 Coping und Resilienz bei Kindern Implikationen für Prävention, Beratung und Therapie 1. Prävalenz psychischer Störungen 2. Ergebnisse der Risikoforschung 3. Resilienz und Schutzfaktoren 4. Coping und Resilienz 5. Multimodales Interventionsprogramm
3 Psychische Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter Ergebnisse der Bella-Studie (2007): Bei ca. 22 % der untersuchten Kinder und Jugendlichen liegen Hinweise auf psychische Auffälligkeiten vor, wobei ca. 10 % als behandlungsbedürftig eingeschätzt werden müssen.
4 Psychische Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter Am häufigsten treten Störungen des Sozialverhaltens (10 %), Ängste (7,6 %) und Depressionen (5,6 %) auf, Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) wurden bei 2 % der Kinder festgestellt (am häufigsten die Diagnose überwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ ), die Persistenz beträgt ca. 50 % bei 2 bis 5 Jahren, 10 % der Auffälligkeiten verlaufen chronisch (Ihle & Esser, 2002).
5 Risikofaktoren für psychische Auffälligkeiten* Frühkindliche Entwicklungsverzögerungen Schwierigkeiten in der Emotionsregulation Vernachlässigung Psychische Störung der Eltern Substanzmissbrauch in der Familie Exposition gegenüber Aggressionen, Gewalt Schulversagen/schulische Demoralisierung
6 Risikofaktoren für psychische Auffälligkeiten* Dysfunktionales Erziehungsverhalten Geringer Bildungsstand der Eltern Familien- bzw. Partnerschaftskonflikte/familiäre Gewalt Belastende Lebensereignisse Körperliche Erkrankung *WHO (2004): Evidenz-basierte Risikofaktoren
7 Kumulative Wirkung der Risikofaktoren Einzelne Risikofaktoren besitzen nur eine begrenzte prognostische Aussagekraft Summe von mehreren Risikofaktoren führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer psychischen Auffälligkeit Vulnerabilität
8 Resilienz und Schutzfaktoren Die Resultate der klassischen Kauai- Studie (Werner & Smith, 1982) zeigen, dass selbst kumulative signifikante Entwicklungsrisiken keine lineare Prognose für Entwicklungsauffälligkeiten zulassen.
9 Empirische Studien zu Resilienz Kauai-Längsschnittstudie von Werner & Smith Bielefelder Invulnerabilitätsstudie von Lösel u.a. Mannheimer Risikokinderstudie von Laucht u.a.
10 Kauai- Studie (Werner & Smith, 1982) vollständige Geburtsjahrgangskohorte bestehend aus 698 Kindern, ein Drittel der Gesamtkohorte musste einer Hochrisiko-Gruppe zugerechnet werden, zwei Drittel der Hochrisiko-Gruppe nahm eine ungünstige Entwicklung, ein Drittel der Hochrisiko-Gruppe (ca. 10% der Gesamtkohorte) entwickelte sich zu relativ psychisch gesunden und kompetenten Erwachsenen.
11 Resilienz und Schutzfaktoren So genannte protektive Faktoren in der Person und in der Umwelt eines Kindes, können die Wirkung von Risikofaktoren moderieren und die Wahrscheinlichkeit für die Herausbildung von Störungen senken.
12 Resilienz und Schutzfaktoren Resilienz ist die Fähigkeit, personale (kindbezogene), familiäre und soziale Schutzfaktoren im Sinne eines Puffereffektes einsetzen zu können (Schneider & Pickartz, 2004).
13 Resilienz und Schutzfaktoren Resilienz stellt keine zeitlich stabile, situationsübergreifende Eigenschaft dar. Personen können vielmehr zu einem Zeitpunkt gegenüber Belastungen bzw. aversiven Erfahrungen resilient sein, später aber gegenüber ähnlichen oder anderen Belastungen vulnerabel sein.
14 Resilienz und Schutzfaktoren Die Schutzfaktoren werden in Individual- und Umfeldressourcen unterschieden, die weiter differenziert werden können in personale, familiäre und soziale Ressourcen (siehe beispielsweise WHO, 2004).
15 Resilienz und Schutzfaktoren Personale Ressourcen Positives Selbstkonzept Hohe Selbstwirksamkeitserwartungen Problemlösefähigkeiten Stressbewältigungsfähigkeiten Soziale Kompetenz und Anpassungsfähigkeit
16 Resilienz und Schutzfaktoren Familiäre Ressourcen Emotional sichere und stabile Bindungserfahrungen Elterliche Wärme Interesse der Eltern am Leben des Kindes Kohäsion und Anpassungsfähigkeit der Familie Zugewandtes, akzeptierendes und zugleich normiertes, angemessen forderndes Erziehungsverhalten
17 Resilienz und Schutzfaktoren Soziale Ressourcen Soziale Unterstützung durch Familie und Freunde Stabile Beziehungen zu fürsorglichen Erwachsenen (Großeltern, andere Verwandte und Erzieher bzw. Lehrer) Einbindung in unterstützendes und anregendes Peer- Netzwerk Integration in Gruppen, Vereine oder religiöse Vereinigungen
18 Resilienz und Schutzfaktoren Ergebnisse der Bella-Studie Familiäre Schutzfaktoren wirken sich hinsichtlich psychischer Auffälligkeit deutlich protektiv aus, das heißt sie verringern stark die Wahrscheinlichkeit für psychische Störungen, beeinflussen auch deutlich das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität der Kinder in wichtigen Bereichen wie der Schule (Ravens- Sieberer et al., 2007).
19 Kohärenzgefühl ein übergreifender Schutzfaktor Kohärenzgefühl eine affektiv-kognitive Orientierung, die das Ausmaß ausdrückt, in dem jemand ein durchgehendes, überdauerndes und dennoch dynamisches Gefühl der Zuversicht hat (Antonovsky, 1997).
20 Kohärenzgefühl ein übergreifender Schutzfaktor Ein stark ausgeprägtes Kohärenzgefühl führt dazu, dass ein Mensch flexibel auf Anforderungen reagiert und die für diese spezifischen Situationen angemessenen Ressourcen aktivieren kann
21 Kohärenzgefühl ein übergreifender Schutzfaktor Konsistente Erfahrungen das heißt die Erfahrungen treten nicht willkürlich, widersprüchlich und unvorhersehbar auf, sondern können eingeordnet und strukturiert werden (fördern die Komponente Verstehbarkeit).
22 Kohärenzgefühl ein übergreifender Schutzfaktor Belastungsbalance Balance zwischen Überlastung und Unterforderung (fördert die Komponente Handhabbarkeit bzw. Bewältigbarkeit)
23 Kohärenzgefühl ein übergreifender Schutzfaktor Partizipation in der konkreten Realität Einfluss- bzw. Gestaltungsmöglichkeiten (fördert die Komponente Sinnhaftigkeit bzw. Bedeutsamkeit)
24 Resilienz und Schutzfaktoren Die Resilienzforschung verlagert ihren Schwerpunkt zunehmend von der Identifizierung allgemeiner Schutzfaktoren zur Identifizierung differentieller Entwicklungsprozesse und geht der Frage nach, ob es spezielle Schutzfaktoren für unterschiedliche Problemfelder gibt.
25 Resilienz und Schutzfaktoren Spezifische Schutzfaktoren für Kinder psychisch kranker Eltern (Mattejat et al., 2000) Alters- und entwicklungsadäquate Informationsvermittlung und Aufklärung der Kinder über die Erkrankung und Behandlung des Elternteils Adäquate individuelle und familiäre Krankheitsbewältigung
26 Coping und Resilienz Ob Belastungen zu Störungen führen, hängt entscheidend von der Art und Weise des Umgangs mit den Belastungen (Coping) und der Verfügbarkeit und Mobilisierung von Bewältigungsressourcen (Schutzfaktoren) ab (Seiffge-Krenke & Lohaus, 2007).
27 Coping und Resilienz Bewältigungsstrategien im Kindesalter Problemlösende Strategien Suche nach sozialer Unterstützung Emotionsregulierende Strategien (konstruktive und destruktive Regulation) Problemmeidung (Beyer & Lohaus, 2007)
28 Coping und Resilienz Bewältigungsstrategien von Kindern und Jugendlichen (Compas et al., 2001; Lohaus & Beyer, 2007): Problemlösende Bewältigung, die als direkte Strategie auf die Beeinflussung der Ursachen von Belastungen abzielt. Emotionsregulierende Bewältigung, die als internale Strategie das primäre Ziel hat, die Beanspruchung auf Seiten des betroffenen Kindes zu regulieren. Die Suche nach sozialer Unterstützung besitzt sowohl problemlösende als auch emotionsregulierende Funktion
29 Coping und Resilienz Situationsangemessenheit der Bewältigungsstrategien Bestimmte Bewältigungsstrategien sind nicht per se günstig und andere ungünstig. Entscheidend ist vielmehr die Passung zwischen Merkmalen der Situation und dem Bewältigungsverhalten (Klein-Heßling & Lohaus, 2002).
30 Familiäre Resilienz Die Schutzfaktoren und Bewältigungshandlungen wirken in einem komplex vernetzten Prozess aufeinander ein und beeinflussen sich durch die vielfältigen Wechselwirkungen gegenseitig. Aus einer systemischen Perspektive spricht man von der familiären Resilienz (Walsh, 2003).
31 Implikationen für Interventionen Grundlage für wirksame Prävention, Therapie und Beratung Förderung der familiären Resilienz (d.h. personaler, familiärer und sozialer Schutzfaktoren sowie konstruktiver Bewältigungsstrategien) (Lenz, 2008).
32 Multimodales Präventionsprogramm Ressourcen fördern (Lenz, in Vorbereitung) Basismodule 1. Kooperation zwischen den Systemen der Kinder- und Jugendhilfe und der Psychiatrie 2. Kinder als Angehörige Wahrnehmung der Kinder und Einbeziehung in die Behandlung des erkrankten Elternteils
33 Multimodales Präventionsprogramm Ressourcen fördern (Lenz, in Vorbereitung) Interventionsmodule 1. Diagnostische Einschätzung der Belastungen und Ressourcen 2. Förderung der familiären Kommunikation 3. Förderung der Problemlösekompetenz der Kinder und Jugendlichen 4. Förderung sozialer Ressourcen der Kinder und Familien 5. Psychoedukation für Kinder und Jugendliche
34 Förderung der Problemlösekompetenz Problemlösekompetenz stellt eine übergreifende Form des Bewältigungshandelns dar, verbessert die Anpassungsfähigkeit der Kinder in akuten Belastungssituationen und befähigt, in neuen oder bislang ungewohnten Belastungssituationen mit Anforderungen besser fertig zu werden.
35 Förderung der Problemlösekompetenz Wirksame Bewältigung ist gekennzeichnet durch die Passung zwischen Merkmalen der Anforderungssituation: problemlösungsorientierte Strategien in kontrollierbaren Situationen, emotionsregulierende Strategien in unkontrollierbaren Situationen, vermeidende Strategien in unkontrollierbaren Situationen, in denen keine soziale Unterstützung verfügbar ist.
36 Interventionen Förderung der Problemlösekompetenz anhand alltäglicher Problemsituationen: z.b. Zwei Jungen haben von der Krankheit deiner Mutter (deines Vaters) erfahren. Sie ziehen dich damit andauernd auf und machen sich über deine Mutter (deinen Vater) lustig.
37 Literatur in Vorbereitung Albert Lenz (2010): Ressourcen fördern Materialien für die Arbeit mit Kindern psychisch kranker Eltern und ihren Familien. Göttingen: Hogrefe Verlag
38 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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