Von der Verpflichtung des Betreuers, Vermögenswerte des Betreuten hinreichend zu versichern
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- Clemens Falk
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1 Von der Verpflichtung des Betreuers, Vermögenswerte des Betreuten hinreichend zu versichern Der Betreuer erhält vom Vormundschaftsgericht in einem Betreuungsverfahren den Aufgabenkreis Vermögenssorge übertragen. Zum Vermögen des Betreuten gehört ein mittlerweile nach dessen Umzug in ein Heim leerstehendes Einfamilienhaus. Der Betreuer unterlässt es, dieses Einfamilienhaus gegen Leitungs- und Elementarschäden zu versichern. Es kommt wie es kommen muss: Ein Leitungsrohrbruch verursacht einen Schaden von mehreren ,-, der zum Totalschaden des Hauses führt. Durch eine entsprechende Versicherung wäre der Schaden gedeckt gewesen. Es stellt sich die Frage, ob die Übertragung des Aufgabenkreises Vermögenssorge die Verpflichtung des Betreuers, die Vermögenswerte des Betreuten hinreichend zu versichern, beinhaltet und er bei Unterlassen dem Betreuten zum Schadensersatz verpflichtet ist. Die Pflichten des Betreuers ergeben sich, soweit keine Spezialregelungen eingreifen, aus 1901, 1902 BGB. Danach hat der Betreuer alle Tätigkeiten vorzunehmen, die erforderlich sind, um innerhalb seines Aufgabenkreises die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen. Er hat die Angelegenheiten so zu besorgen, wie es dem Wohl des Betreuten entspricht. Dabei ist den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer die Berücksichtigung zumutbar ist 1. Im Rahmen des ihm übertragenen Aufgabenkreises führt der Betreuer die Betreuung selbständig und eigenverantwortlich, sofern nicht bindende gesetzliche Bestimmungen oder gerichtliche Anordnungen vorliegen; dabei steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu 2. 1 Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Auflage, 1901 Nr BayObLG, Beschluss vom 8. September 1999, Az. 3 Z BR 260/99, FamRZ 2000, 565.
2 Der Betreuer hat das Recht und die Pflicht, im Aufgabenkreis Vermögenssorge für das Vermögen des Betreuten zu sorgen, insbesondere es zu verwalten und zu vermehren 3. Die Pflicht des Betreuers erschöpft sich jedoch nicht darin, das vorhandene Vermögen des Betreuten lediglich ordnungsgemäß zu verwalten und vorteilhaft anzulegen 4. Da das Vermögen auch durch das Entstehen von Verbindlichkeiten des Betreuten gemindert werden kann, erstreckt sich die Pflicht des Betreuers zur Vermögenssorge vielmehr auch darauf, einer derartigen Beeinträchtigung des Vermögens zu begegnen 5. Der Aufgabenkreis Vermögenssorge umfasst somit die ordnungsgemäße Verwaltung des Vermögens des Betreuten, dieses je nach den Umständen des Einzelfalles und abhängig von der Größe bestmöglich anzulegen und zu verwalten, es andererseits aber auch vor Schädigungen und vermeidbarer Schmälerung zu schützen. Die Vermögensbetreuungs- und Vermögensschutzpflicht des Betreuers ist demnach umfassend. Eine ausdrückliche Verpflichtung des Betreuers, Vermögenswerte des Betreuten gegen Schäden zu versichern, kennt das Gesetz nicht. Dem Betreuer steht bei der Frage, ob ein erheblicher Vermögenswert des Betreuten zu versichern ist, ein Gestaltungsspielraum zu: Er hat das Für und Wider einer Maßnahme pflichtgemäß abzuwägen. Eine Richtlinie für sein Handeln ist dabei aus dem skizzierten Inhalt des Aufgabenkreises Vermögenssorge und weiteren zivilrechtlichen Vorschriften abzuleiten. Das Gesetz sieht in 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1837 Abs. 2 Satz 2 BGB den Abschluss einer eigenen Haftpflichtversicherung des Betreuers zur Absicherung von Schäden, die der Betreuer dem Betreuten zufügt, bei einer entsprechenden gerichtlichen Anordnung vor. Die 1908 i BGB i.v.m ff. BGB normieren besondere Schutzvorschriften für die Verwaltung des Betreutenvermögens. Weitere Rechtsvorschriften gebieten den Abschluss von Versicherungen zum Schutz vor möglichen Schäden. Das Nießbrauchsrecht sieht in 1045 Abs. 1 BGB die Verpflichtung des 3 Bienwald, Betreuungsrecht, 1896 S BGH, Urteil vom 4. Juni 1980, Az. IV b ZR 514/80, NJW 1980, 2249, 2249 f.. 5 BGH, Urteil vom 4. Juni 1980, Az. IV b ZR 514/80, NJW 1980, 2249,
3 Nießbrauchers vor, eine Sache für die Dauer des Nießbrauchs gegen Brandschäden und sonstige Unfälle auf seine Kosten zu versichern, wenn die Versicherung einer ordnungsgemäßen Wirtschaft entspricht. 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG bestimmt, dass zu einer dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung insbesondere die Feuerversicherung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Haus- und Grundstückshaftpflichtversicherung gehören. Verwiesen werden kann auch auf die regelmäßigen Aufforderungen, die im Rahmen einer Zwangsverwaltung ergehen. In diesen Beschlüssen wird der Zwangsverwalter ermächtigt, sich den Besitz des beschlagnahmten Objektes selbst zu verschaffen. Dabei wird er auch verpflichtet, hergeleitet aus 21, 23, 148, 152, 153 ZVG, das Zwangsverwaltungsobjekt insbesondere gegen Feuer-, Sturm- und Leitungswasserschäden und Haftpflichtgefahren, die vom Grundstück und Gebäude ausgehen, zu versichern. Eine der ersten Maßnahmen des Zwangsverwalters ist demgemäß die Überprüfung bzw. der Abschluss von Versicherungen gegen Schäden. Ein solcher Hinweis wird von den Vollstreckungsgerichten regelmäßig erteilt. Das Vermögen des Betreuten ist, so lässt sich folgern, besonders zu schützen, werthaltige Vermögensgegenstände sind im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung besonders zu versichern. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Betreuer dann zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung zur Absicherung des Betreuten verpflichtet ist, wenn besondere Eigenschaften und Lebensverhältnisse des Betreuten dies erfordern, wenn sie ihn in besonderem Maße der Gefahr aussetzen, sich durch Schädigungen Dritter haftpflichtig zu machen 6. Diese Rechtssprechung ist zu übertragen auf die Frage, wann Vermögensgegenstände des Betreuten im Bereich der Vermögenssorge besonders zu versichern sind. Wenn besondere Eigenschaften und Lebensverhältnisse des Betreuten es erfordern, so ist der Abschluss einer 6 BGH, Urteil vom 4. Juni 1980, Az. IV b ZR 514/80, NJW 1980,
4 solchen Versicherung notwendig. Als solche besonderen Umstände kommen namentlich gefahrerhöhende Merkmale und eine besondere Werthaltigkeit der Vermögensgegenstände in Betracht. Je größer die Gefahren, die dem Vermögen des Betreuten drohen, und je werthaltiger der Vermögensgegenstand, desto notwendiger ist der Abschluss einer Schadenversicherung. Je nach Umfang der Erforderlichkeit reduziert sich der Gestaltungsspielraum des Betreuers dabei bis auf Null. So ist bei kalter Witterung der Eintritt von Leitungsschäden in einem unbewohnten Haus wahrscheinlich, das Leerstehen eines Hauses und der einsetzende Frost sind gefahrerhöhende Merkmale, so dass die Notwendigkeit zum Abschluss einer Versicherung zu bejahen ist. Handelt es sich um ein besonders altes Haus, das verkauft werden soll, und unternimmt der Betreuer das ihm Mögliche, um ein Einfrieren der Leitungen zu verhindern, so soll nach zu bestreitender Ansicht des Oberlandesgerichts Nürnberg bei Abwägung des Für und Wider der Abschlusses einer Versicherung zur Absicherung des Restwertes nicht erforderlich sein 7. Wertvolle Haushaltsgegenstände sind mit einer Hausratsversicherung zu sichern, werthaltige Kraftfahrzeuge sind durch eine Kaskoversicherung zu schützen. Nur die Wahrnehmung der Vermögenssorge in diesem Umfang bewirkt den umfassenden Schutz des Vermögens des Betreuten. Hausratsversicherungen, Kaskoversicherungen sowie Versicherungen zum Schutz vor Leitungsschäden sind in der Bevölkerung auch in einem Ausmaß verbreitet, dass von allgemein üblichen und nahe liegenden Vorsichtsmaßnahmen gesprochen werden kann. Solche Versicherungen sind zudem nicht von einer solchen Kostenintensität, dass wirtschaftliche Argumente bei der Abwägung des Für und Wider gegen den Abschluss sprechen könnten. Der Betreuer hat auch als gesetzlicher Vertreter des Versicherungsnehmers die notwendigen Versicherungen zum Vermögensschutz abzuschließen, 1902 BGB. Er ist verpflichtet, für den 7 OLG Nürnberg, Beschluss vom 31. August 2006, Az. 13 U 1466/06, nicht veröffentlicht. 4
5 Betreuten die ihn betreffenden Obliegenheiten gegenüber der Versicherung zu erfüllen 8. Es lässt sich also festhalten, dass der Betreuer dann zum Abschluss einer Versicherung gegen Schäden an Vermögenswerten des Betreuten verpflichtet ist, wenn besondere Eigenschaften und Lebensverhältnisse des Betreuten dies erfordern, namentlich gefahrerhöhende Umstände oder die besondere Werthaltigkeit der Vermögensgegenstände erkennbar sind oder eintreten. Nur so ist der umfassende Schutz des Vermögens des Betreuten gewährleistet. Das Unterlassen des Abschlusses einer notwendigen Versicherung führt zu der für den Betreuer wichtigen Frage, ob er für einen eingetretenen Schaden haftet. Gemäß 1908 i Abs. 1 i.v.m Abs. 1 S. 1 BGB ist der Betreuer dem Betreuten für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt. Als Pflichtverletzung stellt sich jeder Verstoß gegen das Gebot einer treueund gewissenhaften Amtsführung dar 9. Sie kann in einem Tun oder Unterlassen liegen, in der Abgabe oder Nichtabgabe einer Willenserklärung, der Vornahme oder Nichtvornahme beliebiger Rechtshandlungen und Realakte 10. Das Unterlassen des Abschlusses einer notwendigen Versicherung für Vermögenswerte des Betreuten gegen Schäden stellt eine Pflichtverletzung des Betreuers dar. Der Betreuer hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, 276 Abs. 1 BGB. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, 276 Abs. 2 BGB. Zu berücksichtigen ist bei der Beurteilung der Fahrlässigkeit insbesondere, dass es sich bei Betreuern um spezialisierte Fachkräfte handelt, auf die ausdrücklich die rechtliche 8 Zur Pflicht der Anzeige einer Gefahrerhöhung gegenüber der Versicherung: OLG Nürnberg, Urteil vom 1. März 2000, Az. 8 O 3057/00, BtPrax 2004, BayObLG, Beschluss vom 11. Juli 1991, Az. BReg. 3 Z 79/91, FamRZ 1992, 108; OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. Juli 1980, Az. 8 W 302/80, FamRZ 1981, MünchKomm-Schwab, BGB, 3. Auflage, 1833, RdNr. 4. 5
6 Betreuung übertragen wurde. Auf dieses spezialisierte Wissen ist im Rahmen des 276 BGB bei der Frage des Verschuldens abzustellen. Es wird für jeden Vorsatz und jede Fahrlässigkeit gehaftet. Zur Beurteilung ist ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektiver abstrakter Sorgfaltsmaßstab anzuwenden. Der entscheidende Gedanke dafür ist der des Vertrauensschutzes. Im Rechtsverkehr muss sich jeder darauf verlassen können, dass der andere die für die Erfüllung seiner Pflichten erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt 11. Der Eintritt des Schadens für das Vermögen des Betreuten ist bei Unterlassen des Abschlusses einer notwendigen Versicherung für erhebliche Vermögensgegenstände für den Betreuer vorhersehbar. Er ist auch vermeidbar. Die Anforderungen sind an den Betreuer darüber hinaus erhöht, weil er die rechtliche Betreuung wahrnimmt und mit der Übertragung des Aufgabenkreises Vermögenssorge besonders dazu bestellt wird, das Vermögen des Betreuten zu betreuen. Die Verschuldenshaftung des Betreuers ist dabei nicht, wie etwa bei Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern, nach 1664 BGB begrenzt BGB verwendet ausdrücklich den Begriff des Verschuldens, der in 276 BGB definiert ist und nicht dem des 277 BGB entspricht, der lediglich die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten normiert. Es wird im Unterschied zu 1664 BGB, der auf 277 BGB verweist, im Rahmen des 1833 BGB für jeden Grad der Fahrlässigkeit gehaftet, 276 Abs. 1 BGB 12. Wenn der Betreuer mit eigenen Angelegenheiten sorglos umgeht, so ist dies seine Sache. Er hat jedoch in Bezug auf das Vermögen des Betreuten die erforderliche Sorgfalt an den Tag zu legen, um es umfassend zu schützen. Der Abschluss einer Schadenversicherung für erhebliche Vermögenswerte des Betreuten ist naheliegend. Eine Versicherung deckt den Schaden. Ein Schaden tritt für das Vermögen des Betreuten dann nicht ein. 11 Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Auflage, 276 Rdnr Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Auflage, 1833 Rdnr. 8. 6
7 Der Betreuer ist deshalb verpflichtet, je nach den Eigenschaften und Lebensverhältnissen des Betreuten, insbesondere bei Hinzutreten gefahrerhöhender Merkmale und für besonders werthaltige Vermögensgegenstände, Schadensversicherungen zum Schutz des Vermögens des Betreuten gegen mögliche Schäden abzuschließen. Wird der Abschluss einer danach notwendigen Schadensversicherung unterlassen, so hat der Betreuer dem Betreuten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Rechtsanwalt Dr. Andreas Scheulen Fachanwalt für Familienrecht Berufsbetreuer Nürnberg 7
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