ERA-Einführung in der Metall- und Elektroindustrie Oliver Burkhard - Düsseldorf, 26. September 2007
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1 WSI-Tariftagung 2007 ERA-Einführung in der Metall- und Elektroindustrie Oliver Burkhard - Düsseldorf, 26. September 2007
2 Verhältnis Fläche/Betrieb Tarifpolitik verlagert sich zunehmend auf die betriebliche Ebene Umsetzung von Tarifergebnissen (Einmalzahlungen, zweiten Erhöhungsstufe) Pforzheim -Prozess ERA-Einführung ERA ist keine bundesweite Einheitslösung Summarik / Analytik Zahl und Struktur der neuen Entgeltgruppen Überleitungsvereinbarungen (Besitzstand, Regelüberleitung) ERA lässt sich nicht schematisch umsetzen Konzentration auf bezirksübergreifende Koordinierung in Grundfragen Höhe und Bandbreite der Eckentgelte Finanzierung Einführungszeitpunkte innerbetriebliche Beteiligungsprozesse müssen organisiert werden 2
3 Grundlegende Voraussetzungen für die ERA-Einführung Die Rahmenverträge aus den 60er und 70er Jahren passen nicht mehr zur veränderten Arbeitswelt. Viele Tätigkeiten von Arbeitern und Angestellten haben sich einander angeglichen. Der Unterschied besteht oft nur noch in der Bezahlung. Die Kriterien für die bisherigen Eingruppierungen benachteiligen insbesondere Frauen und Facharbeiter. Von den Arbeitgebern geforderte Faktoren wie Flexibilität des Einsatzes, Selbstständigkeit der Aufgabenerfüllung und Verantwortung werden nicht berücksichtigt. Die zunehmende Entwertung tariflicher Normen durch die betriebliche Realität bedroht die Bindekraft von Flächentarifverträgen und damit letztendlich auch die Tarifautonomie. 3
4 Zeitpunkt der ERA-Einführung in den Betrieben 60% 50% 40% 60% bis Ende 2007 bis Juni % 20% 20% 15% 10% 5% 0%
5 Überschreiter/Unterschreiter Großteil der neuen Eingruppierungen ist noch nicht durchgeführt endgültige Aussagen können erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden Berichte über Konflikte (viele Überschreiter) sind nicht unbedingt repräsentativ für den Gesamtprozess Die Problematik der Überschreiter scheint betrieblich ein größeres Ausmaß zu haben als tariflich (vgl. Zwischenbericht NRW) Arbeitgeber verfolgen offen die Strategie, ERA möglichst früh in den Betrieben einzuführen, wo sie sich Kostensenkungseffekte versprechen - also dort, wo es wahrscheinlich viele Überschreiter geben wird. Sie wollen die Einführung in den Betrieben möglichst weit nach hinten schieben, wo sie Mehrkosten erwarten (wo mit vielen Unterschreitern zu rechnen ist). 5
6 Überschreiter/Unterschreiter 26% 34% 39% Unterschreiter Überschreiter Keine Veränderung Quelle: IG Metall-Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt (Basis: 23 Betriebe) 6
7 Strategie der Arbeitgeber differiert von Verband zu Verband, von Betrieb zu Betrieb rücken von der Vereinbarung ab, dass ERA zu systembedingten Mehrkosten von 2,79 Prozent führt bis Ende 2007 bis Juni 2008 teilweise: Missbrauch von ERA zur Kostensenkung Eingruppierung nach Wortlaut gewachsene und betrieblich erkämpfte Entgeltstrukturen werden angegriffen untere Entgeltgruppen sollen (wieder) besetzt werden Konfliktfälle bei der Eingruppierung Facharbeiter, kaufmännische Assistenz, Meister, Hochqualifizierte keine Erkenntnisse, dass die Arbeitgeber diese Ziele in nennenswertem Umfang erreicht haben 7
8 Erfahrungen / erste Konsequenzen ERA-Einführung ist komplizierter, erheblich aufwändiger und konfliktreicher als anfänglich angenommen Für jeden Betrieb muss eine Strategie entwickelt werden, die über eine tariftechnische Umsetzung hinausgeht 8
9 Konfliktebene 1: Metall-Arbeitgeberverbände Tarifauslegung und Beratung bei der Tarifanwendung Problem: Arbeitgeberverbände wollen gewachsene betriebliche Eingruppierungen mit der ERA Einführung nach unten bereinigen paritätische Kommissionen: Zuständigkeit und Konfliktlösungsverfahren Ausgleich betrieblicher Minderkosten Themen müssen überbetrieblich für die Fläche geregelt werden In den Bezirken der IG Metall unterschiedliche Strategien vom Schlichtungsverfahren bis zur gerichtlichen Klage 9
10 Konfliktebene 2: Betriebe Einführungsstrategie konfliktorisch / kooperativ strategische Grundorientierung konfliktvermeidende Regelüberleitung regulierte Aushandlungsprozesse einseitige Durchsetzung überbetrieblich erkennbare Tendenzen skandalisieren Rationalisierungsstrategien bei Facharbeit Kostensenkungsstrategien bei Überführung betrieblicher Entgeltstrukturen Handlungsorientierungen ( best practice ) Grundentgelt / Belastungen Leistungsentgelt betriebliche Entgeltpolitik 10
11 Bewertungskriterien für eine erfolgreiche ERA-Umsetzung Die ERA-Umsetzung ist gelungen, wenn unsere Mitglieder zufrieden sind der Kostenfaktor von 2,79% ausgeschöpft wird eine betrieblich positive Lohndrift bestehen bleibt das Einkommen dauerhaft gesichert ist und auch weiterhin Lohnzuwächse möglich sind nach der Einführung mehr Geld gezahlt wird die leistungspolitischen Möglichkeiten, die ERA bietet, in den Produktions- und DL-Bereichen im Sinne der Beschäftigten genutzt werden neue Mitglieder gewonnen werden konnten kein technischer, sondern gewerkschaftspolitischer Prozess 11
12 Voraussetzungen für Politisierung des Prozesses Wir müssen den Prozess politisieren, wenn der kostenneutrale Erhöhungsspielraum in Höhe von 2,79% nicht ausgeschöpft werden wird es Überschreiter geben wird Mitglieder nicht aktiv am Umsetzungsprozess beteiligt werden eine positive Lohndrift der vergangenen Jahre unberücksichtigt bleibt 12
13 Mitgliederentwicklung/ Resonanz bei Beschäftigten Grundkonflikt um den Wert der Arbeit in der modernen Industriegesellschaft ( Lohnfragen sind Machtfragen ) endgültige Aussagen zur Mitgliederentwicklung im Zuge von ERA können (noch) nicht getroffen werden schlechte Resonanz / Mitgliederverluste bei rein tariftechnischer Umsetzung ohne Beteiligung der Belegschaft gute Resonanz / Mitgliedergewinne bei Beteiligung der Belegschaft und bei Fähigkeit, Eingruppierungen im Konflikt durchzusetzen selbst dann, wenn das Ergebnis keine materielle Verbesserung darstellt Präsenz der IG Metall in diesen Betrieben ist gestiegen 13
14 Offensive Mitgliederwerbung Der Arbeitgeber nimmt die Eingruppierung vor. Wir korrigieren - im Sinne unserer Mitglieder! Emotionen aufgreifen: Hier soll der Lohn gedrückt werden Betriebsöffentlichkeit herstellen Flugblätter, Protestschreiben, Unterschriftensammlung Mitglieder-, Betriebsversammlungen Anschreiben an Mitglieder mit Unterstützungsangeboten Informationsveranstaltungen des Betriebsrats, Protestversammlungen eventuell Forderung nach einer Regelüberleitung 14
15 Ausschnitte aus METALL (Regional- und Lokalseiten) 15
16 Konsequenzen für die IG Metall In vielen Betrieben ist das Anrechnungsrisiko per Betriebsvereinbarung minimiert worden Best Practice -Beispiele publik machen Lokalseiten der METALLZEITUNG Bildungs- und Qualifizierungsangebote müssen dauerhaft verankert werden Struktur des ERA-Qualifizierungsprojekts beibehalten Vermittlung und Umsetzung gewerkschaftlicher Strategien in den Betrieben nötig Orientierung auf Fragen des Leistungsentgelts Broschüre zur ERA-Umsetzung (Juli 2007) 16
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