Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. FES-Tagung Zukunft der Automobilindustrie, 25. November 2010

Transkript

1 FES-Tagung Zukunft der Automobilindustrie, 25. November 2010 Gewerkschaftliche Anforderungen für eine zukunftsfähige Automobilindustrie Referent: Hartmut Meine, Bezirksleiter, IG Metall /Sachsen-Anhalt

2 Bedeutung des Automobilsektors für die Beschäftigung in Deutschland in Deutschland mit 11,5 % besonders hoher Anteil von Beschäftigung im Verarbeitenden Gewerbe abhängig von Autoindustrie (Hersteller und Zulieferer), das sind ca Beschäftigte in einzelnen Regionen wie Niedersachsen, Bayern und BaWü noch wesentlich höher hinzu kommen Multiplikatoreffekte von 2,2; insgesamt sind in Deutschland ca. 1,7 Mio. Beschäftigte abhängig von Automobilproduktion zusätzlich arbeiten noch über Erwerbstätige im Kfz- Handwerk 2

3 Wettbewerbstätigkeit und Beschäftigungssicherung Angesichts der globalen Standortkonkurrenz: Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherung als gleichwertige Unternehmensziele Wettbewerbsfähigkeit nicht durch Tarifdumping, sondern durch Innovation 3

4 Beschäftigungsfolgen nicht nur aus veränderter Mobilität Überkapazitäten Starke Produktivitätszuwächse über Produktionssteigerungen hinaus = abnehmendes Arbeitsvolumen Standortkonkurrenz v.a. zwischen West- und Osteuropa Begrenztes Marktvolumen in Westeuropa Einzelne Unternehmenskrisen Weitere Restrukturierungen auch bei OEM s Aufstieg neuer Hersteller (u.a. China/Indien) und neuer Märkte (BRIC-Staaten) Technische Entwicklung/Innovation (Klimaschutz und Verringerung Rohstoffabhängigkeit) Weitere Konzentration im Zuliefererbereich 4

5 Beschäftigungssicherung Zielsetzung der IG Metall und der Betriebsräte in der Automobil- und Zuliefererindustrie: Beschäftigungssicherung! Bei (fast) allen OEM s Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen zur Beschäftigungssicherung: Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. 5

6 Herausforderungen aus der Gestaltung zukünftiger Mobilität öffentlicher Nah- und Regionalverkehr wird in Ballungsräumen eine zentrale Rolle spielen Umweltaspekte und Energiekosten werden sowohl für Herstellungsprozess als auch für Käuferentscheidung immer wichtiger alternative Antriebe und neue Werkstoffe erfordern neue Kompetenzen bei Herstellern, Zulieferer und Werkstätten durch den Systemwandel stellt sich Frage nach sog. Kernkompetenzen bei OEMs und Zulieferern Elektromobilität (Batteriesysteme, Elektro-Motor, Leistungselektronik) 6

7 Antriebskonzepte Verbrauchsoptimierte Verbrennungsmotoren Hybridantriebe Elektroantriebe mit Batteriesystemen Elektroantriebe mit Brennstoffzellen 7

8 Strukturveränderungen durch E-Mobilität Strukturbruch oder Systemwechsel: spezifische Komponenten (Verbrennungsmotor) entfallen - Komponenten des E- Antriebes kommen hinzu Was fällt weg? Was wird stark verändert? Was kommt hinzu? Verbrennungsmotor mit Motorblock, Kolben, Dichtungen, Ventilen, Nockenwelle, Ölwanne, Ölfilter, Lager etc.einspritzanlage Abgasanlage Tanksystem Kupplung Nebenaggregate wie Ölpumpe, Turbolader, Lichtmaschine Getriebe Radaufhängung (?) Kraftübertragung Klimaanlage / Heizung Kühlwasserpumpe Wärmedämmung Elektromotor und weitere Antriebselemente Batteriesystem Leistungselektronik, Batteriemanagementsystem, Ladegerät (Plugin), DC/DC-Wandler Quelle: IMU Institut

9 Komplexität reduziert sich drastisch Kfz mit Verbrennungsmotor: ca Teile im Antriebsstrang (Motor und Getriebe) 140 mechanische Einzelteile (6-Zyl.) Elektroantrieb: ca. 210 Teile im Antriebsstrang (Elektromotor und Getriebe) 14 Bauteile E-Motor Quelle: Bain 2010 / MMC

10 1.320 Motoren- und Getriebewerke (Pkw) Deutschland Opel, Bochum (+ Getriebe) Beschäftigte (Stand: 2009) Ford, Köln (+ Getriebe) Opel, Rüsselsheim (Getriebe) VW, Kassel (Getriebe) Opel, Kaiserlautern Daimler, Berlin- Marienfelde (2.740) ZF, Saarbrücken (Getriebe) ZF, Brandenburg (Getriebe) Getrag, Ludwigsburg (Getriebe) Getrag, Neuenstein (Getriebe) Getrag, Rosenberg (Getriebe) Daimler, Kölleda VW, Chemnitz VW, Salzgitter (16.415) Daimler, Rastatt (Getriebe) Daimler, Gaggenau (Getriebe) Daimler, Stuttgart-Untertürkheim (+ Getriebe) Porsche, Zuffenhausen (5.639) BMW, München (26.583) 10

11 Tarifvertrag zur Steigerung der Innovationsdynamik Beantragung Anschubfinanzierung 6 westdeutsche VW-Werke regelt Innovationsfonds I (seit 2007) Schwerpunkt: Automobile Innovationen Innovationsfonds II (seit 2009) Schwerpunkt: Neue Geschäftsfelder Innovationsteam + Paten Innovationsausschuss Vorstand Beispiel: Projekt Elektrotraktion Werk Kassel Gestufte Projektbewertung Projektbewilligung Gewährung Anschubfinanzierung Projektdurchführung Tarifvertrag Beschäftigungssicherung Anschlussfinanzierung 11

12 Volkswagen Salzgitter: Blockheizkraftwerk Ein Ergebnis des Innovationsfonds: Entwicklung und Vermarktung von Block-Heizkraftwerken. VW-Motorenwerk in Salzgitter 12

13 Gestaltung des Strukturwandels: Blockheizkraftwerk bei VW Salzgitter 1995: Entstehung der Idee, Präsentation durch IGM auf Standortsymposien 1998 und : Zusage für Machbarkeitsstudie von BHKW auf Basis der VW-Motorenpalette 09/2009: Beginn der Kooperation mit Energieversorger Lichtblick; Nov Kundenaufträge Nov 2009: Planung für Bau von bis zu Einheiten im Jahr 2015 bis 300 Beschäftigte in Salzgitter und Sarajewo im Jahr

14 Gestaltung des Strukturwandels Kulturelle Muster und Infrastrukturen sind autogeprägt und nicht kurzfristig veränderbar existierende Antriebs- und Fahrzeugkonzepte werden nur schrittweise verändert; völlig neue Nutzungsformen wachsen nur langsam Umstellung auf neue Antriebstechnologien wie Elektromobilität nur sinnvoll mit erneuerbaren Energien; keine Begründung für längere AKW-Nutzung Batterien von Elektrofahrzeugen als kollektiver Speicher. Wichtig für pulsierende Energieversorgung bei Solar- und Windenergie 14

15 Gestaltung des Strukturwandels Chance zu geregeltem Strukturwandel wegen schrittweiser Umstellung Fortführung von industriepolitischen Dialogen auf EU- Ebene, im nationalen Rahmen und in Bundesländern unter Beteiligung der Gewerkschaften Strukturwandel ist nur beherrschbar durch Mitbestimmung der Gewerkschaften und der Betriebsräte 15