Schriftliche Reifeprüfung aus Deutsch 8B/8E Haupttermin 2010/11. Digital-Natives Web 2.0 Junge Menschen im virtuellen Netz
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- Victoria Kruse
- vor 7 Jahren
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Transkript
1 1. Problembehandlung mit Textgrundlagen Digital-Natives Web 2.0 Junge Menschen im virtuellen Netz Boris Breyer, Im Dschungel der Gefühle. Aus: SPIEGEL ONLINE vom , (Auszug), Beilage 1 Isabel Russ, Experten fordern Web 2.0 als Schulfach. Aus: Der Standard vom (Auszug), Beilage 1 Die Digital-Natives leben als erste Generation Jugendlicher oft mehr in Cyberräumen als in der realen Welt. Gehe auf die vorgegebenen Textstellen ein, indem du dich mit den Inhalten und dargelegten Perspektiven aufgrund deines Wissens und eigener Erfahrungswerte kritisch auseinandersetzt. Welche Auswirkungen hat diese digitale Durchdringung des Alltags auf das Leben junger Menschen? Welchen Risken sind Jugendliche deiner Meinung nach in virtuellen Parallelwelten ausgesetzt und welche Chancen eröffnen ihnen zugleich diese digitalen Räume? Inwiefern ist die Sensibilisierung für einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Medium Internet für Eltern, Schule und Gesellschaft eine Herausforderung?
2 2. Werbetextanalyse: Österreich liest Werbeplakat des Büchereiverbandes anlässlich einer österreichweiten Lesewoche, Beilage 2 Die österreichische Regierung hat 2011 zum Jahr der Bildung erklärt und in der aktuellen Bildungsdebatte insbesondere der Lesekompetenz einen hohen Stellenwert eingeräumt. Analysiere und interpretiere das Zusammenspiel von verbalen und nonverbalen Komponenten sowie die Codes, die in dieser Bild-Text-Werbung eingesetzt werden. Lege dar, welche Anliegen und Wünsche das Werbeplakat transportiert und welche Zielgruppe es anspricht. Wie beurteilst du die Werbewirksamkeit dieser Seite? Inwiefern verstärkt und unterstützt der Text die Bildaussage? Auf welche Weise erfolgt die Kontaktaufnahme mit dem Adressaten? Zeige auf, weshalb die Kulturkompetenz Lesen als Schlüsselfunktion für die persönliche Entwicklung und das berufliche Fortkommen eines Menschen zu werten ist.
3 3. Textinterpretation An deiner Sprache erkenne ich dich. 1 Sprache und Identität Peter Wehle, Statt einem Nachwort: Red ma wieder wienerisch! (Auszug), Beilage 3 Elias Canetti, Kindheit und Sprache (Auszug), Beilage 3 Die beiden Autoren Elias Canetti und Peter Wehle setzen sich in ihren Texten Kindheit und Sprache und Red ma wieder wienerisch mit dem sprachlichen Zuhause eines Menschen auseinander. Interpretiere Inhalt und Intention der vorgegebenen Texte! Wie reflektieren Canetti und Wehle ihre Erfahrungen und Empfindungen in Bezug auf Sprache und Identität? Welche Funktion und Bedeutung schreiben sie der sprachlichen Sozialisation zu? Inwiefern ist Sprache Ausdruck von Kultur und Tradition und auch maßgeblich für den Erhalt kultureller Vielfalt? Welche persönlichen sprachlichen Erfahrungen prägen deine Identität? Was bedeutet für dich Muttersprache und wie beurteilst du in diesem Kontext das oben genannte Zitat von Peter Handke An deiner Sprache erkenne ich dich? 1 Aus: Peter Handke, Vor dem Sturm. Berlin: Suhrkamp 2010.
4 Beilage 1: Boris Breyer, Im Dschungel der Gefühle. Aus: SPIEGEL ONLINE vom (Auszug) Die "Digital Natives" sind anders als frühere Generationen. Und ob man sie nun mit Furcht, Hoffnung oder Bewunderung betrachtet, eines ist sicher: Die Kluft zwischen ihnen und ihren Eltern könnte größer kaum sein. Technisch hoch gerüstet, können sie sich ein Leben ohne Netz kaum noch vorstellen. Ein Satellit liefert ihnen die Wegbeschreibung zur nächsten Eisdiele nutzerfreundlich aufs Handy, das immer mehr zum Computer im Hosentaschenformat wird. Die Schüler von heute lesen eher Blogs als Zeitung und lernen einander oft erst online kennen, ehe sie sich persönlich begegnen. Sie verschicken lieber schnell eine Instant Message, als sich mit ihren Freunden telefonisch zu verabreden. ( ) Teenager heute. Ihre Kultur, ihre Sozialkontakte, YouTube Freundschaften und Freizeitaktivitäten - alles ist digital geprägt. Isabel Russ, Experten fordern Web 2.0 als Schulfach. Aus: Der Standard vom (Auszug) Rund der Hälfte aller Kinder (44 Prozent) wird der richtige Umgang mit dem Internet nicht beigebracht, so eine Studie, die in Auftrag gegeben wurde. Dr. Barbara Brüning, Professorin für Erziehungswissenschaft/Didaktik der Philosophie und Ethik an der Universität Hamburg, fordert ein Schulfach oder zumindest einen Lernbereich, in dem Kinder über Gefahren und Chancen des Internets aufgeklärt werden. Das Fach könne beispielsweise "Informatik und Medien" heißen und im Alter von elf bis zwölf Jahren stattfinden. ( ) Dabei soll es aber weniger um die Technik rund um den Computer gehen, im Mittelpunkt soll die Ethik stehen.
5 Beilage 2: Werbeplakat des Büchereiverbandes anlässlich einer österreichweiten Lesewoche
6 Beilage 3: Peter Wehle, Statt einem Nachwort: Red ma wieder wienerisch! Aus: P.W., Sprechen Sie wienerisch? Von Adaxl bis Zwutschkerl. Wien: Ueberreuter 2003, S (Auszug) 1 Einerseits gilt der Dialekt allgemein als unfein und ungebildet, ist eine Abweichung von der Norm, erschwert die Sprachbehandlung durch Computer und könnte nationalistische Tendenzen fördern. Andererseits ist er für die meisten Menschen das sprachliche Zuhause, er ist biologischer 5 Gedankendünger im Gegensatz zur Hochsprache, die durch Kunstdünger zu wilden Wucherungen angeregt wird. ( ) Ja, und drittens eben: wias halt wirklich is ist der Dialekt, den wir in der Volksschule geredet haben, immer noch das beste Transportmittel für unsere Emotionalität, das natürlichste Purgans 1 für den seelischen Stoffwechsel und der bequemste Schaukelstuhl für den Ganglienurlaub. 10 Logotherapie sollte eigentlich nur im Dialekt durchgeführt werden. Hochsprache ist schwarzweiß, Dialekt ist Farbe. Dialekt ist ein wesentliches Ingrediens der Lebensqualität. ( ) Red ma doch wieder wienerisch, wir, die wir diesen besonders reizvollen Dialekt als Muttermilch und Vater-Heurigen eingesogen haben. 1 Purgans: Abführmittel Peter Wehle, geb in Wien, begann bereits während seines Jus-Studiums zu schreiben. Er arbeitete als Kabarettist und für namhafte Künstler/innen als Texter und Komponist. Elias Canetti, Kindheit und Sprache. Aus: E.C., Die gerettete Zunge. Geschichten einer Jugend. Frankfurt/M.: Fischer 1995, S. 17. (Auszug) 1 Ich kann kein Buch mit Balkanmärchen in die Hand nehmen, ohne manche von ihnen auf der Stelle zu erkennen. Sie sind mir in allen Einzelheiten gegenwärtig, aber nicht in der Sprache, in der ich sie gehört habe. Ich habe sie auf Bulgarisch gehört, aber ich kenne sie deutsch, diese geheimnisvolle Übertragung ist vielleicht das Merkwürdigste, was ich aus meiner Jugend zu 5 berichten habe, und da das sprachliche Schicksal der meisten Kinder anders verläuft, sollte ich vielleicht etwas darüber sagen. Meine Eltern untereinander sprachen deutsch, wovon ich nichts verstehen durfte. Zu uns Kindern und zu allen Verwandten und Freunden sprachen sie spanisch. Das war die eigentliche Umgangssprache, allerdings ein altertümliches Spanisch, ich hörte es auch später oft und habe es nie verlernt. Die Bauernmädchen zu Hause konnten nur Bulgarisch, 10 und hauptsächlich mit ihnen wohl habe ich es auch gelernt. Aber da ich nie in eine bulgarische Schule ging und Rustschuk mit sechs Jahren verließ, habe ich es sehr bald vollkommen vergessen. Alle Ereignisse jener ersten Jahre spielten sich auf Spanisch oder Bulgarisch ab. Sie haben sich mir später zum größten Teil ins Deutsche übersetzt. ( ) Alles übrige, also das meiste, und ganz besonders alles Bulgarische wie die Märchen trage ich deutsch im Kopf. Wie 15 das genau vor sich ging, kann ich nicht sagen. Ich weiß nicht, zu welchem Zeitpunkt, bei welcher Gelegenheit dies oder jenes sich übersetzt hat. Ich bin der Sache nie nachgegangen, vielleicht hatte ich eine Scheu davor, das Kostbarste, was ich an Erinnerung in mir trage, durch eine methodisch und nach strengen Prinzipien geführte Untersuchung zu zerstören. Ich kann nur eines mit Sicherheit sagen: Die Ereignisse jener Jahre sind mir in aller Kraft und Frische gegen- 20 wärtig, mehr als sechzig Jahre habe ich mich von ihnen genährt. Elias Canetti, geb in Rustschuk/Bulgarien als Kind spaniolischer Eltern, übersiedelte 1911 mit den Eltern nach Manchester, 1913 nach dem Tod des Vaters nach Wien. Er besuchte die Schule in Zürich und Frankfurt/M. und studierte danach Chemie in Wien emigrierte er über Paris nach London.
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