Rezidivprophylaxe und medikamentöse Therapiestrategien nach Operationen an der Schilddrüse
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- Ulrike Glöckner
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1 Rezidivprophylaxe und medikamentöse Therapiestrategien nach Operationen an der Schilddrüse Joachim Feldkamp 1, Hans-D. Röher 2, Werner A. Scherbaum 1 Schlüsselwörter: Schilddrüse, Operation, Rezidivstruma, Prophylaxe, Medikation Die Häufigkeit von Rezidiven nach Schilddrüsenoperationen macht in der Regel eine postoperative Prophylaxe notwendig. Die Entscheidung für Levothyroxin, Jod oder eine Kombination aus beidem wird bei der endemischen Struma von der Größe und Funktionsfähigkeit der verbliebenen Restschilddrüse abhängig gemacht. Eine Key words: Thyroid, operation, recurrent goitre, prophylaxis, medication In iodine-deficient areas postoperative recurrence after goitre resection is frequent. Usually, prophylactic treatment after surgery is necessary. The decision to use levothyroxine, iodide or a combination of both is dependent on the size and ZUSAMMENFASSUNG vollständig suppressive Behandlung mit Schilddrüsenhormonen ist nur noch beim Schilddrüsenkarzinom indiziert. Bei allen anderen gutartigen Erkrankungen der Schilddrüse reicht nach weitgehender Resektion des Organs eine substitutive Behandlung mit Schilddrüsenhormonpräparaten. Hierdurch können unerwünschte Nebenwirkungen vermieden werden. SUMMARY function of the thyroid remnant. Only in thyroid carcinoma, thyroxine should be given at a dosage able to suppress TSH. In all other cases of benign thyroid diseases a substitutive dose of thyroid hormones is sufficient after thyroid surgery. Side effects of medical therapy can be minimalized using this therapy regime. Nach Schilddrüsenoperationen herrscht oft Unklarheit darüber, ob und mit welchen Medikamenten eine Rezidivprophylaxe und/oder Substitutionstherapie beziehungsweise Suppressionstherapie durchgeführt werden soll. Im folgenden wird versucht, die wissenschaftlich begründbaren Therapiestrategien nach einer Schilddrüsenoperation darzustellen und Therapieempfehlungen für die Praxis zu geben. Neben der Rezidivprophylaxe der endemischen Struma wird auch das medikamentöse Therapieregime nach Operationen seltener auftretender Schilddrüsenerkrankungen diskutiert. Schilddrüsenoperationen gehören in Deutschland zu den vier am häufigsten durchgeführten operativen Eingriffen. Ursächlich für die hohe Zahl an Schilddrüsenoperationen ist im wesentlichen der in Deutschland weiter bestehende Jodmangel (16, 17, 23, 39). Folgen des langjährigen Jodmangels sind diffuse und knotige Schilddrüsenvergrößerungen (15, 17). Je länger solche Veränderungen bestehen, um so höher ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten autonomer Funktionsstörungen (3, 36). Bei funktionell inaktiven Arealen der Schilddrüse ( kalte Knoten ) muß immer auch an die Möglichkeit einer Struma maligna gedacht werden. Bei rechtzeitigem Erkennen einer Jodmangelstruma sind die morphologischen Veränderungen, insbesondere im jungen Lebensalter, noch umkehrbar zu machen (4, 10, 18). Aber auch im höheren Lebensalter kann eine Besserung erzielt oder zumindestens die Progredienz der Erkrankung verhindert werden (6). Kommt es jedoch zu lokalen Verdrängungszeichen wie Einflußstauung, Verlagerung der Trachea oder Schluckstörungen, so ist eine operative Maßnahme oft nicht zu vermeiden. Eine Indikation zur Operation ist in jedem Fall bei Verdacht auf maligne Veränderungen und häufig auch bei autonomen Funktionsstörungen gegeben (12). 1 Medizinische Klinik und Poliklinik, Abteilung für Endokrinologie (Direktor: Prof. Dr. med. Werner A. Scherbaum), Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 2 Klinik für Allgemein- und Unfallchirurgie (Direktor: Prof. Dr. med. Hans-D. Röher), Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Rezidivprophylaxe der endemischen Struma Ohne prophylaktische Medikation kommt es im Jodmangelgebiet mit hoher Frequenz (20 bis 80 Prozent) zu Rezidiven (9, 21, 32, 37, 41). Eine positive Familienanamnese steigert dabei das Risiko, ein Rezidiv zu erleiden. In seltenen Fällen kann es jedoch trotz adäquater Therapie im Sinne einer Rezidivprophylaxe zur Notwendigkeit eines Zweiteingriffs kommen. Dieses Risiko dürfte anhand der vorliegenden Datenlage bei etwa 5 Prozent liegen und ist damit etwa vergleichbar der Rezidivrate von operierten Strumen aus Regionen mit ausreichender Jodversorgung (7, 11, 27). Das Rezidivrisiko hängt von der Radikalität des Ersteingriffs und von der Quantität und der Qualität der verbliebenen Restschilddrüse ab. Diese Parameter sind stark von der Operationstechnik und der persönlichen Erfahrung des Operateurs beeinflußt. In der Nachbetreuung von Schilddrüsenpatienten ist daher eine sonographische Beurteilung des Operationsergebnisses unabdingbar (7, A-2324 (44) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 38, 18. September 1998
2 Grafik Ausreichend Restgewebe (> 8-10 ml) 200 µg Jodid als Monotherapie Nach 6 Wochen Hormonkontrolle (Latente) Hypothyreose L-Thyroxin zugeben oder erhöhen Rezidivprophylaxe der endemischen Struma Operation Restgewebe (etwa 3-10 ml) L-Thyroxin µg Jodid (angestrebtes TSH 0,3-0,8 µu/ml) 3 Monate nach Operation Sonographie, Hormonkontrolle Euthyreose Therapie fortsetzen Minimales Restgewebe (< 3 ml) L-Thyroxin-Substitution (Latente) Hyperthyreose L-Thyroxin reduzieren 26). Diese Untersuchung kann Aufschluß über das vorhandene Restvolumen der Schilddrüse geben und eventuell verbliebene pathologische Veränderungen des Organs dokumentieren. Die postoperative Sonographie ist insofern von entscheidender Bedeutung, als sie über die Operation hinaus persistierende knotige Veränderungen erkennen kann. Werden diese erst zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt erkannt, können sie als Strumarezidiv mißdeutet werden und führen gelegentlich zum nicht indizierten Zweiteingriff. Drei Monate post operationem ist der optimale Zeitpunkt gegeben, die Sonographie der Schilddrüse durchzuführen. Zu dieser Zeit ist es bei nahezu allen Patienten zu einer ausreichenden Rückbildung ödematöser Veränderungen im Operationsgebiet und zur Resorption von Hämatomen gekommen. Wird vorher sonographiert, besteht das Risiko, das verbliebene Schilddrüsenvolumen als zu hoch einzuschätzen und falsch positive knotige Veränderungen zu diagnostizieren. In der frühen postoperativen Phase ist das Schilddrüsenparenchym deutlich echoärmer, was den Verdacht auf eine tatsächlich nicht existierende Autoimmunerkrankung lenken könnte. Der Beginn und die Einstellung einer Therapie nach erfolgter Schilddrüsenoperation erfordert eine möglichst genaue Information des Chirurgen an den weiterbehandelnden Arzt über die Gesamtmenge des verbliebenen Schilddrüsenrestes und über eventuell belassene pathologische Strukturen. Wie in der Grafik dargestellt, sollte eine Rezidivprophylaxe mit 200 µg Jodid im Falle einer ausreichend großen Restschilddrüse erfolgen (7). Als sicher kann dabei ein Schilddrüsenvolumen ab 8 bis 10 ml gelten, sofern das Restgewebe nicht pathologisch verändert ist. Wegen des derzeit in Deutschland noch persistierenden Jodmangels ist diese Rezidivprophylaxe lebenslang durchzuführen. Ist aufgrund der gewählten Operationstechnik (zum Beispiel beidseitig subtotale oder sogenannte near-total - Resektion) eine postoperativ substitutionspflichtige Stoffwechsellage zu erwarten, so muß eine L-Thyroxintherapie, beginnend mit etwa 1,5 µg L- Thyroxin/kg Körpergewicht, eingeleitet werden. Wenn präoperativ eine euthyreote Stoffwechsellage bestand, kann bei fast allen Patienten direkt mit der vollen Substitutionsdosis begonnen werden. Lag präoperativ eine nur grenzwertig euthyreote Stoffwechsellage mit Suppression des TSH-Spiegels vor, so sollte in den ersten zwei postoperativen Wochen nur die halbe Dosis L-Thyroxin verordnet werden, um dem Patienten ein Wiederauftreten von Hyperthyreosesymptomen zu ersparen. Eine einschleichende L-Thyroxintherapie ist ansonsten nur bei vorbestehender ausgeprägter Hypothyreose, sehr alten Patienten oder Patienten mit hohem kardialen Risiko notwendig. Unter alleiniger Therapie mit Schilddrüsenhormonen sollte der dauerhaft anzustrebende TSH-Spiegel im Bereich von 0,3 bis 0,8 µu/ml liegen. Eine vollständige Suppression des basalen TSH-Wertes erhöht das Risiko für Nebenwirkungen. So kann eine TSH-suppressive Therapie bei postmenopausalen Frauen zu einem vermehrten Knochenmasseverlust führen. Auch das Risiko für die Entwicklung von Herzrhythmusstörungen ist besonders bei älteren Patienten deutlich erhöht (1, 23, 35, 42). Wird vom Chirurgen funktionsfähiges Schilddrüsenrestgewebe belassen, ist die Gesamtschilddrüse jedoch grenzwertig groß, um eine Euthyreose zu gewährleisten (Volumen von etwa 3 bis 10 g), so empfiehlt sich eine kombinierte Therapie mit L- Thyroxin in oben angegebener Dosis unter Zugabe von 100 bis 200 µg Jodid. Dies kann entweder mit einer getrennten Medikamenteneinnahme erfolgen oder mit fixen Kombinationspräparaten (14, 19, 28, 33, 38). Auch hier liegt der angestrebte TSH-Spie- Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 38, 18. September 1998 (45) A-2325
3 Tabelle Therapiestrategien nach Schilddrüsenoperation benigner Erkrankungen (ohne euthyreote Struma endemica) Diagnose Größe der Restschilddrüse Therapie/Prophylaxe anzustrebener TSH-Bereich Autonomien unifokal, multifokal < 8 10 ml*) Jodid 200 µ/die TSH im Normbereich 3 10 ml L-Thyroxin plus TSH 03 0,8 µu/ml µg Jodid disseminiert angestrebte Größe < 4 g L-Thyroxin TSH im Normbereich M. Basedow angestrebte Größe < 4 g L-Thyroxin TSH im Normbereich Thyreoiditis Hashimoto ausreichend Restgewebe keine Therapie subakute Thyreoditis (> 10 ml) TSH im Normbereich (De Quervain) } geringe Gewebsreste Funktionsminderung L-Thyroxin L-Thyroxin Riedelstruma Thyreoidektomie L-Thyroxin TSH im Normbereich *) die euthyreote Stoffwechsellage unter alleiniger Jodidmedikation muß dokumentiert werden gel im Bereich von 0,3 bis 0,8 µu/ml. Zeigt die postoperative Schilddrüsensonographie nach drei Monaten doch eine ausreichend große Schilddrüse, so kann in diesem Falle auf eine alleinige Jodprophylaxe mit 200 µg Jodid umgestellt werden. Auch im Falle einer Hemithyreoidektomie ist bei ausreichendem Gewebsvolumen der Gegenseite eine reine Jodid-Monotherapie möglich. Finden sich isoliert knotige Veränderungen im rechten Schilddrüsenlappen bei einer ansonsten nicht vergrößerten Schilddrüse, so resultiert nach Hemithyreoidektomie rechtsseitig nicht selten eine (latent) hypothyreote Stoffwechsellage, da der linke Schilddrüsenlappen bei den meisten Menschen anlagebedingt kleiner ist als der rechte Schilddrüsenlappen. Auch hier ist noch einmal auf die gute Dokumentation und zuverlässige Befundweitergabe der verbliebenen Restschilddrüsenmasse durch den Chirurgen hinzuweisen. Nach Einleitung einer Rezidivprophylaxe sind die ersten Hormonkontrollen frühestens nach vier Wochen sinnvoll. Im ersten postoperativen Jahr empfehlen sich Nachkontrollen nach 3, 6 und 12 Monaten. Unter alleiniger Jodidmedikation ist eine Hormonkontrolle nach etwa sechs Wochen anzuraten, um die Euthyreose zu sichern. Später sind jährliche Kontrollen mit Überprüfung des Hormonstatus und Sonographie ausreichend. Therapie nach OP von autonomen Funktionsstörungen Auch nach Resektion von autonomen Adenomen gelten die gleichen Grundsätze bei Therapie und Nachkontrollen wie bei der Rezidivprophylaxe der Struma ohne Autonomie. Bei einer guten szintigraphischen Vordiagnostik sollten alle klinisch relevanten Areale mit Autonomie dargestellt sein, so daß chirurgischerseits eine Resektion der betreffenden Schilddrüsenanteile erfolgen kann. Bereits vor etwa 10 Jahren konnte gezeigt werden, daß auch der Einsatz von Jod nach Schilddrüsenoperationen wegen Autonomie gefahrlos möglich ist (43). Im Falle einer operativen Sanierung einer disseminierten oder multifokalen Autonomie ergibt sich die Frage Jod oder Schilddrüsenhormon nicht, da hier eine beidseitige subtotale Resektion erfolgt und eine lebenslange Schilddrüsenhormonsubstitution notwendig ist. Therapie nach Basedow-Operation Mit thyreostatischer Therapie lassen sich beim Morbus Basedow nach 12- bis 18monatiger Behandlung in etwa 50 Prozent der Fälle Spontanremissionen erzielen. Führt eine konservativ über diese Dauer erfolglos behandelte Hyperthyreose beim Morbus Basedow zur Schilddrüsenoperation, hat dies für den Patienten in der Regel eine substitutionspflichtige Hypothyreose zur Folge. Bewußt wird weitgehend radikal reseziert, so daß die Rezidivgefahr so klein wie möglich gehalten wird (< 2 Prozent). Der Versuch, gerade soviel Schilddrüsengewebe zu belassen, daß eine euthyreote Stoffwechsellage resultiert, schlägt oft fehl und geht mit einer erhöhten Rezidivrate einher (8, 25). Ob eine Minimierung der Schilddrüsenreste oder sogar eine komplette Thyreoidektomie den zugrunde liegenden Autoimmunprozeß der Erkrankung durch eine verminderte Schilddrüsenautoantigenpräsentation beeinflussen können, muß zunächst noch offen bleiben (44). Die Substitutionstherapie hat bei Patienten mit Morbus Basedow eine euthyreote Stoffwechsellage mit normwertigem TSH-Spiegel zum Ziel. Da durch die präoperative Hyperthyreose die TSH-Spiegel unterschiedlich lange supprimiert sein können, muß die L-Thyroxindosis angepaßt werden. Als Anhaltspunkt für den Beginn einer Substitutionsbehandlung kann eine Dosis von 1,5 µg/l-thyroxin/kg Körpergewicht angegeben werden. Es empfehlen sich Hormonkontrollen nach sechs und zwölf Wochen. Liegen die Schild- A-2326 (46) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 38, 18. September 1998
4 drüsenhormonwerte und der TSH- Spiegel im euthyreoten Bereich, sind jährliche Kontrollen ausreichend. Auch hier gilt, daß eine zu hoch dosierte Behandlung mit Schilddrüsenhormonpräparaten insbesonders bei postmenopausalen Frauen zu einem verstärkten Knochenmasseverlust führen kann (42). Endokrine Therapie in der Nachsorge Die komplette Nachsorge von Patienten mit operiertem Schilddrüsenkarzinom kann an dieser Stelle nicht detailliert dargestellt werden. Grundprinzip beim differenzierten papillären und follikulären Schilddrüsenkarzinom ist die TSH-suppressive Medikation mit Schilddrüsenhormonpräparaten (siehe Textkasten). Der basale TSH-Spiegel sollte nicht meßbar oder zumindest kleiner als 0,1 µu/ml sein. Hiermit soll ein Wachstumsreiz beziehungsweise eine Proliferation verbliebener oder metastasierter Tumorzellen unterdrückt werden (5, 13, 31, 40). Offen ist, ob diese Therapieform grundsätzlich lebenslang durchgeführt werden muß oder ob nach 15 bis 20 Jahren Rezidivfreiheit auf eine reine Substitutionstherapie ohne umgestellt werden kann. In vielen Fällen mag dies gefahrlos möglich sein, andererseits sind jedoch noch neu aufgetretene Metastasen nach mehr als 15jährigem Krankheitsverlauf beschrieben. Auch bei zufällig entdecktem papillärem Mikrokarzinom (Durchmesser < 1 cm) bei jungen Menschen wird diskutiert, ob eine notwendig ist. Bevor neue Daten vorliegen, ist jedoch bei der Therapieempfehlung einer lebenslangen L-Thyroxinbehandlung in suppressiver Dosis zu bleiben. Für die meisten Patienten ist eine Medikation mit 150 bis 200 µg L-Thyroxin ausreichend. Es sollte für jeden Patienten die individuelle Dosis titriert werden, mit der gerade eine TSH- Suppression erzielt wird, um einerseits den gewünschten Effekt zur Verhinderung eines Rezidivs zu erreichen und andererseits die Nebenwirkungsrate möglichst gering zu halten. Von der Praxis einer starren hoch dosierten L-Thyroxinbehandlung sollte Abstand genommen werden. Das seltene Hürthle-Zell-Karzinom als Sonderform des follikulären Schilddrüsenkarzinoms sollte ebenso wie das papilläre und das follikuläre Schilddrüsenkarzinom TSH suppressiv behandelt werden. Auch beim anaplastischen Karzinom wird dieses Therapieregime ver- Medikamentöse Therapie nach operierten Schilddrüsentumoren Differenzierte Schilddrüsenkarzinome Papilläres Karzinom Follikuläres Karzinom Onkozytäres Karzinom (Hürthle-Zell-Karzinom) Medulläres (C-Zell-)Karzinom Anaplastisches Karzinom Resektion organfremder Metastasen Substitutionstherapie (individuell entscheiden) Substitutionstherapie treten, wenngleich die dedifferenzierten Zellen in der Regel der TSH-Kontrolle nicht mehr unterliegen. Da sowohl die Differenzierung einzelner Zellen wie auch ganzer Tumorareale unterschiedlich ausgeprägt sein kann, sollte zunächst von der Therapiemodalität der vollständigen TSH- Suppression nicht abgewichen werden (34). Eine Ausnahmestellung stellt das medulläre Schilddrüsenkarzinom dar. Es nimmt seinen Ursprung von den intrathyreoidal gelegenen C-Zellen, die nicht der TSH-Regulation unterliegen. Aus diesem Grund ist bei Patienten, die wegen eines medullären Schilddrüsenkarzinoms thyreoidektomiert wurden, lediglich eine reine Substitutionsbehandlung mit L- Thyroxin erforderlich (29). Dies gilt auch für Patienten, die sich einer Operation an der Schilddrüse wegen organfremder Metastasen unterziehen mußten (2). Operation bei Hashimoto-Thyreoiditis Die Hashimoto-Thyreoiditis mit ihrer lymphozytären Infiltration und diffusen Organvergrößerung stellt für sich keine Operationsindikation dar. Manchmal wird jedoch die Diagnose der euthyreoten Form dieser Erkrankung erst bei der histologischen Untersuchung einer aus einem anderen Grund operierten Schilddrüse gestellt. In sehr seltenen Fällen können einmal Schilddrüsenschmerzen oder lokale Kompressionserscheinungen zu einer Operation Anlaß geben. Postoperativ ist nach ausgedehnten Resektionen mit zu erwartender hypothyreoter Stoffwechsellage lediglich eine Substitution mit L-Thyroxin in nicht suppressiver Dosis notwendig (Tabelle). Lagen präoperativ zusätzlich Knoten vor, die die Entwicklung einer Hashimoto-Thyreoiditis bei vorbestehender endemischer Struma nahelegen, so kann die L-Thyroxingabe durch Kombination mit 100 bis 150 µg Jodid ergänzt werden. Höhere Joddosen sollten nicht verabreicht werden, da tierexperimentelle und epidemiologische Daten Hinweise darauf geben, daß hoch dosiertes Jod Autoimmunprozesse der Schilddrüse triggern kann. Eine isolierte Hashimoto-Thyreoiditis bei euthyreoter Stoffwechsellage benötigt prinzipiell keine Therapie. Bei dieser Form der Struma ist eine Verkleinerung durch eine Therapie mit L-Thyroxin nicht zu erwarten (30). Riedelstruma Wenngleich die Riedelstruma in allen Lehrbüchern auftaucht, ist sie so selten, daß sie sogar für erfahrene Thyreologen eine absolute Rarität darstellt. Wegen des infiltrativen Prozesses, der auch die umgebenden Weichteile miterfassen kann, wird in der Regel eine Operation durchgeführt, die einer weitgehenden Thy- Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 38, 18. September 1998 (47) A-2327
5 /FÜR SIE REFERIERT reoidektomie entspricht (22). Postoperativ ist lediglich auf eine euthyreote Stoffwechsellage zu achten, das heißt, L-Thyroxin wird in allein substitutiver Absicht gegeben. Thyreoiditis de Quervain Das gleiche Therapieregime gilt für die Thyreoiditis de Quervain. Diese schmerzhafte Entzündung mit fast regelhaft einhergehender starker BSG-Beschleunigung ist nur bei chronisch rezidierendem Verlauf über Jahre eine Operationsindikation. Wird sie gestellt, so ist eine beidseitige near-total-resektion oder eine komplette Thyreoidektomie notwendig, um eine Persistenz oder ein Rezidiv der Erkrankung zu verhindern (45). Für die postoperative Therapie gelten die obengenannten Regeln der reinen Substitutionsbehandlung mit Schilddrüsenhormonpräparaten. Schlußfolgerung Die postoperative Therapie und Prophylaxe von Rezidivstrumen richtet sich nach der zugrunde liegenden Schilddrüsenerkrankung und der Größe und Funktionsfähigkeit der verbliebenen Restschilddrüse. Bei euthyreoter Funktionslage ist eine Rezidivprophylaxe mit 200 µg Jodid/Tag ausreichend. Bei kleineren Gewebsresten sollte Jodid in Kombination mit L-Thyroxin gegeben werden, und nur bei weitgehender funktioneller Athyreose ist eine alleinige Therapie mit Schilddrüsenhormonen sinnvoll. Die Nachsorge differenzierter Schilddrüsenkarzinome beinhaltet als wesentlichen Bestandteil die vollständige medikamentöse. Eine Ausnahme bildet lediglich das medulläre Schilddrüsenkarzinom. Hier reicht eine alleinige Substitution mit L-Thyroxin. Führen seltene Erkrankungen wie die Hashimoto-Thyroiditis oder die Thyreoiditis de Quervain zur Operation, so ist postoperativ lediglich die euthyreote Stoffwechsellage zu gewährleisten und entsprechend Schilddrüsenhormon zu substituieren. Zitierweise dieses Beitrags: Dt Ärztebl 1998; 95: A [Heft 38] Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über die Internetseiten (unter http: / erhältlich ist. Anschrift für die Verfasser Dr. med. Joachim Feldkamp Abteilung Endokrinologie Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße Düsseldorf Ausbruch multiresistenter Pneumokokken- Pneumonie in einem Pflegeheim Pneumokokken-Pneumonien treten bei Erwachsenen meist sporadisch auf, epidemische Ausbrüche sind bisher nur aus Institutionen wie Krankenhäusern, Militär-Einrichtungen, Obdachlosenheimen, Gefängnissen und Altenpflegeheimen bekannt geworden. Bei älteren Patienten sind diese Infektionen mit einer hohen Morbidität und auch Letalität verbunden, darüber hinaus wird bei den in den letzten Jahren immer häufiger auftretenden multiresistenten Stämmen eine empirische antibakterielle Behandlung zunehmend schwieriger. Autoren aus dem US-Bundesstaat Oklahoma berichten über einen Ausbruch von multiresistenten Pneumokokken- Pneumonien bei nichtgeimpften Bewohnern eines Altenpflegeheims. Von 84 Heimbewohnern erkrankten insgesamt elf an einer Pneumonie (13 Prozent), drei verstarben an ihrer Erkrankung. Multiresistente Pneumokokken (Streptokokkus pneumonia Serotyp 23 F) konnten bei den Erkrankten in 64 Prozent, bei den Nichterkrankten in 23 Prozent sowie bei 2 von 69 Angestellten (3 Prozent) nachgewiesen werden. Obwohl 73 Prozent der Heimbewohner gegen Influenza geimpft worden waren, hatten nur drei Heimbewohner (4 Prozent) eine Pneumokokkenimpfung erhalten. Die hohe Infektionsrate sei auf die hohe Prävalenz der Kolonialisierung des virulenten Keims in einer Population ohne Impfschutz zurückzuführen. In Zukunft sollten Risikogruppen umfassender gegen Pneumokokken geimpft werden. acc Dysplasie in Short-Segment-Barrett Je nach Länge des Zylinderzell- Segments wird ein Long-Segment- (über 3 cm) und ein Short-Segment- Barrett (unter 3 cm) unterschieden. Das Risiko, eine schwere Dysplasie oder ein Adeno-Karzinom zu entwickeln, wird beim Long-Segment- Barrett-Ösophagus mit etwa 10 Prozent angenommen. Daten über die Dysplasiehäufigkeit einer kurzstrekkigen Zylinderzell-Metaplasie liegen bislang nicht vor. Die Autoren beobachteten 59 Patienten mit einem Short-Segment-Barrett-Ösophagus über drei Jahre. Während dieses Beobachtungszeitraumes Nuorti JP et al.: An outbreak of multidrug-resistant pneumococcal pneumonia and bacteremia among unvaccinated nursing home residents. N Engl J Med 1998; 338: Dr. Butler, Respiratory Diseases Branch, MS C-23, Centers for Disease Control and Prevention, 1600 Clifton Rd., Atlanta, GA 30333, USA. entwickelte sich in einer Häufigkeit von 5,7 Prozent pro Jahr eine Dysplasie. In einem Fall kam es zu einem Adeno-Karzinom der Speiseröhre. Die Autoren folgern, daß auch bei einer Zylinderzell-Metaplasie von unter 3 cm Länge eine endoskopische Überwachung genauso wie bei dem Long- Segment-Barrett erforderlich ist. w Sharma P, Morales TH, Bhattacharyya A et al.: Dysplasia in short-segment Barrett s esophagus: a prospective 3-year follow-up. Am J Gastroenterol 1997; 92: Sections of Gastroenterology, Pathology and Haematology-Oncology, Arizona Health Sciences Center and Tucson VA Medical Center, Tucson, Arizona. A-2328 (48) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 38, 18. September 1998
Gültigkeit: MH ABT Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie Marienhospital Abteilung
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