Reaktions- und Rührtechnik
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- Angela Grosser
- vor 7 Jahren
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1 1 Voraussetzungen Mag Dipl-Ing Katharina Danzberger Für die Durchführung dieses Übungsbeispiels sind folgende theoretische Grundlagen erforderlich: a Verweilzeitverhalten von verschiedenen Reaktortypen b Stoff- und Massenbilanzen erstellen c Grundlagen des Wärmetransports d Gefahrenpotenial der Edukte, der Reaktion und der Produkte e Grundlagen der Vorlesung aus Verfahrenstechnik I 2 Zielsetzung Im Rahmen der Übung Reaktionstechnik soll durch eine chemische Reaktion Calciumcarbonat hergestellt werden Die Reaktion wird in einem kontinuierlichen Rührkessel durchgeführt Ziel dieses Beispiels ist die Erstellung einer Massenbilanz, die Berechnung der Verweilzeit und des Wärmeübergangs sowie die Reaktionsführung eines Ansatzes im Technikumsmaßstab 3 Theoretische Grundlagen 31 Verweilzeit von Reaktoren Typisch für die chemische Industrie ist der Einsatz kontinuierlich durchströmter Reaktoren Dabei wird dem jeweiligen chemischen Reaktor am Eingang ein konstanter Volumenstrom V EIN in der technologisch erforderlichen Größe, Zusammensetzung und Temperatur zugeführt Am Ausgang wird der konstante Volumenstrom V AUS entnommen Dessen Größe ist so einzustellen, dass im Reaktor das technologisch vorgegebene Volumen VR für die Reaktionsmasse zeitlich konstant bleibt Bei Prozessen ohne Volumenänderung sind die Volumenströme am Eingang und am Ausgang des chemischen Reaktors gleich groß Unabhängig von der Konstruktion des chemischen Reaktors lässt sich als Quotient aus dem Volumen der Reaktionsmasse im Reaktor und dem Volumenstrom am Eingang des Reaktors eine mittlere Aufenthaltsdauer, die sogenannte Raumzeit τ (mittlere technologische Verweilzeit, hydrodynamische Verweilzeit) definieren als: V τ = V R EIN Institut für Verfahrenstechnik 1 RRT VT1PR_SS15
2 Die den Reaktor durchströmenden einzelnen Teilchen oder Volumenelemente der Reaktionsmasse weisen jedoch keine einheitliche Verweilzeit, sondern je nach Art des Reaktors und der Strömungsbedingungen typische Verteilungen ihrer individuellen Verweilzeiten auf 32 Wärmeleitung Wärmeleitung ist der Wärmetransport innerhalb eines Stoffes hervorgerufen durch Stöße schwingender Moleküle, wobei die Moleküle ihre Lage zueinander nicht verändern Ein wärmeres Molekül überträgt jeweils einen Anteil seiner kinetischen Energie unmittelbar auf ein kälteres (Impulsaustausch) Dieser molekulare Wärmetransport ist in Feststoffen verwirklicht, während in Fluiden in der Kernströmung der Wärmetransport durch Konvektion vorherrscht Lediglich in ruhenden oder laminar strömenden Fluidschichten der Dicke-Größenordnung < 1 mm tritt Wärmeleitung vorherrschend auf zb in PRANDTL-Grenzschichten an Phasengrenzflächen fest/flüssig, fest/gasförmig und flüssig/flüssig oder in dünnen Flüssigkeitsfilmen Die Wärmeleitzahl λ - auch Wärmeleitfähigkeit oder Wärmeleitkoeffizient genannt gibt die Wärmemenge an, die in der Zeiteinheit durch eine Platte der Flächen und Dickeneinheit bei 1 K Temperaturdifferenz der Plattenoberflächen hindurchgeht Sie stellt eine charakteristische physikalische, vom Druck praktisch unabhängige Größe der Materialschicht dar 33 Konvektion Unter Konvektion versteht man den Transport von fluiden Aggregaten oder Schichten fluider Medien zur Wärmeübertragungsfläche Man unterscheidet zwischen freier und erzwungener Konvektion Freie Konvektion entsteht durch Strömungsvorgänge, die allein durch Dichteunterschiede in einem Temperaturfeld hervorgerufen werden Die Wärmeübertragung durch freie Konvektion kommt in der Verfahrenstechnik nur selten vor Erzwungene Konvektion wird durch eine von außen aufgezwungene Fluidströmung (zb durch Rühren, Pumpen, Mischen, etc) erzeugt Unter Wärmeübergang versteht man den Wärmetransport von einer festen Oberfläche in ein angrenzendes Fluid bzw aus diesem an die feste Oberfläche Aus der Strömungslehre ist bekannt, dass die Strömungsgeschwindigkeit in unmittelbarer Wandnähe bedingt durch Reibung gleich null ist Sie steigt dann nahezu linear auf den Wert der Kernströmung an Nach der Grenzschichttheorie von Prandtl werden die Strömungen in zwei Bereiche unterteilt - die Strömung in der wandnahen Grenzschicht, in der die Zähigkeitskräfte von größter Bedeutung sind, und - die wandferne Strömung (Kernströmung), wo die Zähigkeitswirkungen Vernachlässigbar klein sind Institut für Verfahrenstechnik 2 RRT VT1PR_SS15
3 Die wandnahe Grenzschicht ist sehr schmal, ihre Dicke ist von der Zähigkeit des fluiden Mediums abhängig Die Temperatur des Fluids an der Wand kann der Wandtemperatur praktisch gleichgesetzt werden Das für die Wärmeübertragung zur Verfügung stehende Temperaturgefälle wird zum größten Teil für diese Schicht benötigt Es gilt: Q = α A( T W T M ) Wobei α die Wärmeübergangszahl auch Wärmeübergangskoeffizient darstellt, sie ist die Wärmemenge, die je Flächen- und Zeiteinheit bei 1 K Temperaturdifferenz zwischen Wand und Fluid übergeht Abb1: Temperaturprofil beim Wärmeübergang von einer festen Wand zu einem turbulent strömenden Medium Der Wärmeübergangskoeffizient ist eine Funktion der Gestalt der Wand, der Stoffeigenschaften, des Strömungs- und Temperaturfeld; vom Wandmaterial selbst ist er unabhängig Die maßgeblichen physikalischen Größen, wie Strömungsgeschwindigkeit, kennzeichnende Abmessungen des Systems, Dichte, dynamische Viskosität, Wärmeleitfähigkeitskoeffizient, spezifische Wärmekapazität, Volumenausdehnungszahl u a werden von diesem Koeffizienten erfasst Institut für Verfahrenstechnik 3 RRT VT1PR_SS15
4 Die Ermittlung dieser komplizierten Aufgabe stellt die eigentliche Aufgabe in der Lehre vom konvektiven Wärmetransport dar Die mathematische Lösung ist sehr schwierig, und geschlossene Lösungen des Differentialgleichungssystems sind nur in Ausnahmefällen möglich Damit bleibt als einzige Alternative der experimentelle Weg zur Erfassung der Abhängigkeiten Die Vielzahl der erforderlichen Messungen kann durch die Anwendung der Ähnlichkeitstheorie der Wärmeübertragung, die auf Nusselt zurückgeht auf ein vertretbares Maß reduziert werden 34 Chemische Reaktion In der ersten Stufe der Reaktion wird gebrannter Kalk mit Wasser zu Calciumhydroxid umgesetzt VORSICHT: Reaktion ist exotherm! CaO + H 2 O -> Ca(OH) 2 Durch Einleiten von Kohlendioxid wird aus der wässrigen Lösung von Calciumhydroxid Calciumcarbonat ausgefällt Diese Reaktion wird in einem kontinuierlich betriebenen Rührkessel durchgeführt Ca(OH) 2 + CO 2 -> CaCO 3 + H 2 O 4 Aufgabenstellung 1 Am Beginn der Übung ist eine Massenbilanz für den Prozess zu erstellen 2 Durchführung der Reaktion und kontinuierliche Kontrolle des Prozesses 3 Erstellung einer Kalibriergeraden zur Feststellung des erreichten Umsatzes 4 Berechnung des Wärmeübergangskoeffizienten des Rührkessels mit Hilfe des VDI-Wärmeatlas Vergleich des berechneten und des praktisch bestimmten Wärmeübergangskoeffizienten 5 Versuchsdurchführung 51 Beschreibung des Versuchsaufbaus Die Versuchsanlage besteht im Wesentlichen aus folgenden Komponenten: Der Vorlagebehälter, einem Rührkessel, einer Kohlendioxidflasche, mehreren Pumpen, einem Sammelbehälter und der dazugehörigen Messeinrichtung Institut für Verfahrenstechnik 4 RRT VT1PR_SS15
5 52 Verfahrensfließbild Vorlagebehälter In diesem Tank wird die Calciumhydroxid Lösung hergestellt Die eingebaute Zirkulationspumpe dient der Umwälzung der Suspension Rührkessel Der Kessel verfügt über ein Volumen von 60 l Er ist mit einem Rührwerk, Temperaturmessstellen und einer Füllstandsmessung ausgestattet Die Heizung/ Kühlung erfolgt über einen Doppelmantel In ihm wird die kontinuierliche Umsetzung von Calciumhydroxid zu Calciumcarbonat durchgeführt Kohlendioxidvorlage Sammelbehälter Mit Hilfe einer Schneckenpumpe wird kontinuierlich Reaktionslösung aus dem Rührkessel abgezogen und in den Sammelbehälter gefördert Dieser dient zur Lagerung der erzeugten Calciumcarbonat Suspension Institut für Verfahrenstechnik 5 RRT VT1PR_SS15
6 Peripheriegeräte Ein Kühlaggregat, welches sich im Keller befindet, muss 20 min vor Beginn der Versuche eingeschaltet werden Messeinrichtungen Wie aus dem Verfahrensfließbild ersichtlich ist besitzt die Anlage Temperatur-, Füllstand- und Durchflussmessgeräte Alle benötigten Messwerte können mit Hilfe dieser abgelesen werden 53 Versuchsauswertung 531 Bestimmung des Wärmeübergangskoeffizienten α beim Versuch Der Wärmedurchgangskoeffizient k kann aus der Gleichung (1) ermittelt werden Q = α A( T W T M ) (1) Der Wärmestrom Q ist mit Hilfe von Gleichung (2) zu bestimmen Q = V ρ c p ( T T ) (2) 542 Bestimmung des Wärmeübergangskoeffizienten α ein Zur theoretischen Bestimmung des Wärmeübergangskoeffizienten siehe VDI Wärmeatlas 10 Auflage 2006, Abschnitt Ma1 bis Ma Bestimmung des Umsatzes Zur Kontrolle des Umsatzes wird in kontinuierlichen Abständen eine Probe aus dem Rührreaktor entnommen und der ph-wert sowie die Leitfähigkeit gemessen Durch den Vergleich mit einer vorher erstellten Kalibrierkurve kann der Umsatz berechnet werden aus 6 Diskussion der Ergebnisse Die Diskussion der Ergebnisse ist im Protokoll auszuführen 7 Voraussetzungen zur Übungsdurchführung Grundvoraussetzung für die Übungsdurchführung ist die positive Absolvierung der Vorbesprechung zum Beispiel Diese hat spätestens einen Tag vor der geplanten Durchführung zu erfolgen Institut für Verfahrenstechnik 6 RRT VT1PR_SS15
7 Für eine positive Absolvierung sind die theoretischen Grundlagen aus der Vorlesung und die Kenntnis dieser Vorschrift Voraussetzung Protokollabgabe bis spätestens eine Woche nach praktischer Durchführung!!! Formelzeichen τ [s] Raumzeit, hydrodynamische Verweilzeit V R [m 3 ] Reaktorvolumen λ [W/(mK)] Wärmeleitfähigkeit α [W/(m 2 /K)] Wärmeübergangszahl A [m 2 ] Fläche T W [K] Wandtemperatur T M [K] Temperatur des Mediums δ [m] Schichtdicke V & [m 3 s -1 oder lh -1 ] Volumenstrom am Eingang ρ [kg/m 3 ] Dichte c p [J/(kgK)] mittlere spezifische Wärmekapazität Q [W] Wärmestrom Literatur Vorlesungsskriptum Verfahrenstechnik 1 SS 2007, Institut für Verfahrenstechnik,, Stoff- und Wärmetransport S 25ff P Grassmann, F Widmer, H Sinn: Einführung in die thermische Verfahrenstechnik, Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1997, S VDI-Wärmeatlas: Berechnungsblätter für den Wärmeübergang, 10 Aufl, Springer Verlag, Berlin Vauk Müller, Grundoperationen chemischer Verfahrenstechnik, 9 Auflage, Kapitel 6 Vereinigen der Stoffe, Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie,Leipzig 1992 Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, Bd 1 u Bd 2, Verlag Chemie, Weinheim 1972 Institut für Verfahrenstechnik 7 RRT VT1PR_SS15
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