mit Höhenminderung und 90% der Bandscheiben mit einer Vorwölbung > 4 mm sowie vier subligamentäre Prolabierungen konnten hier nachgewiesen werden.

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1 107 7 Zusammenfassung In der vorliegenden Arbeit wird versucht, spezifische Befunde an der LWS mittels Kernspintomographie herauszuarbeiten. Auf diese Weise sollen Prädiktoren ermittelt werden, die eine prognostische Aussage für bandscheibenbedingte Rückenschmerzen zulassen. Grundlage der Bewertung der Bandscheiben bildet ein in Anlehnung an Videman entwickelter Punkte-Score zur Bandscheibendegeneration [Videman, 1995]. Die kernspintomographischen Bandscheibenbefunde werden anschließend mit ossären LWS-Befunden, manuellen Untersuchungsergebnissen und Angaben über Rückenschmerzen korreliert. In den Jahren 1995 bis Mitte 1996 wurden bei 139 Auszubildenden im Steinkohlebergbau im Alter von 16 bis 22 Jahren MRT-Aufnahmen der LWS angefertigt. Die Aufnahmen wurden im Rahmen eines Projektes zum Kraftund Flexibilitätstraining für den Rückenbereich angefertigt. Vor Durchführung der Kernspintomographie erfolgte eine differenzierte Schmerz-anamnese und eine manuelle Untersuchung der LWS auf facetten- und muskeldruckschmerzhafte Segmente sowie auf hyper- und hypomobile Wirbelkörper. Die Schmerzanamnese dokumentiert bei 53% der Probanden eine mindestens einmalige Rückenschmerzerfahrung. Keiner der Betroffenen benötigte jedoch gezielt medizinische Betreuung. Am häufigsten traten Rückenbeschwerden beim Bücken (31%) und beim Heben schwerer Lasten (19%) auf. 10% der Befragten gaben an, zum Zeitpunkt des Interviews Rückenschmerzen zu verspüren. Diese Zahlen stimmen mit den Angaben über die Häufigkeit von Rückenschmerzen bei Kindern und Jugendlichen in der Literatur überein [Balague, 1988; Olsen, 1992; Raspe, 1993]. Allerdings muß bei unseren Zahlen berück-

2 108 sichtigt werden, daß Jugendliche mit bekannten, schweren Rückenbeschwerden sich nicht für einen Beruf mit hoher LWS-Belastung entscheiden. Desweiteren ist zu beachten, daß durch die betriebärztliche Einstellungsuntersuchungen eine Selektion stattgefunden hat. Aus diesem Grund sind die oben angegebenen Häufigkeiten nicht auf die allgemeine Bevölkerung mit einem vergleichbaren Altersdurchschnitt zu übertragen. Einen Zusammenhang zwischen relativem Gewicht und Rückenbeschwerden konnten wir nicht feststellen. Mit zunehmender Größe treten Rückenschmerzen nach dem morgendlichen Aufstehen auf und werden Beschwerden beim Bücken wahrscheinlicher. Keine der anamnestischen Rückenschmerzangaben zeigte eine signifikante Korrelation zu den im Rahmen der manuellen Untersuchung ermittelten auffälligen Befunden. Die manuelle Untersuchung dokumentiert bei 28% der Untersuchten mindestens ein Segment mit Facettendruckschmerz. Das Auftreten von Facettendruckschmerz hat keine Beziehung zu anamnestischen Rückenschmerzangaben oder zur Größe, b.z.w. zum Gewicht. Die für Druck schmerzhaften Facetten waren gehäuft im unteren LWS-Bereich lokalisiert. Muskeldruckschmerz in mindestens einem Segment mit bevorzugter Lokalisation an der oberen LWS fand sich bei 54% der Probanden. Mit abnehmenden Gewicht, b.z.w. abnehmenden Body Mass Index steigt die Wahrscheinlichkeit für druckschmerzhafte Muskeln. Wahrscheinlich wurde bei dieser Untersuchung der Palpationsdruck nicht dem Körperfett und Muskelmantel entsprechend angepasst. Hyper- oder Hypomobilität der Bewegungssegmente konnten bei 60% der Probanden nachgewiesen werden, ohne daß eine Korrelation zur Größe, b.z.w. Gewicht oder den Angaben über Rückenschmerzen errechnet

3 109 werden konnte. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die manuelle Untersuchung eine Vielzahl an auffälligen Befunden aufzeigt, die jedoch nicht zu den subjektiven Beschwerden der Probanden in Bezieh-ung gesetzt werden können. Die hohe Prävalenz von pathologischen Befunden an der LWS bei asymptomatischen Personen und der Mangel an Prädiktoren, die eine prognostische Aussage für bandscheibenbedingte Rückenschmerzen zulassen, veranlaßte uns einen Score zur Bewertung der Bandscheibendegeneration für die Kernspintomographie zu entwickeln. Die Ergebnisse unserer Untersuchung demonstrieren eine hohe Prävalenz der Bandscheibenverschleiß schon bei Jugendlichen. 53% der Untersuchten zeigten an mindestens einer Bandscheibe Zeichen der Degeneration. Bei 13% dieser Probanden waren deutliche degenerative Veränderungen an mindestens einer Zwischenwirbelscheibe nachzuweisen. Das quantitative und qualitative Maximum der auffälligen Befunde war in den unteren beiden lumbalen Segmenten lokalisiert. Hier fanden sich 71% aller höhergradig verschlissenen Bandscheiben. 59% aller Bandscheiben mit nicht mehr nachweisbarer Signalintensität und nicht abgrenzbarem Bandscheibenkern, 81% der Zwischenwirbelscheiben mit Höhenminderung und 90% der Bandscheiben mit einer Vorwölbung > 4 mm sowie vier subligamentäre Prolabierungen konnten hier nachgewiesen werden. Bemerkenswert ist die Tatsche, daß für den thorakolumbalen Übergang ebenfalls eine Häufung auffälliger Befunde dokumentiert werden konnte. Es waren 30% der Bandscheiben mit nicht abgrenzbarem Kern und nicht nachweisbarer Signalintensität in diesem Segment lokalisiert, jedoch fand sich bei keiner Bandscheibe eine Vorwölbung.

4 110 Bei einem Vergleich unserer Ergebnisse mit den Befunden anderer Studien ist zu beachten, daß die Bandscheibe Th 12/ L 1 wegen ihrer randständigen Lage in den MRT-Aufnahmen nur ungenügend genau beurteilt werden konnten. Unsere Ergebnisse demonstrieren die besondere Vulnerabilität der Bandscheiben der Übergangsregionen und weisen nach, daß sich hier schon frühzeitig degenerative Veränderungen manifestieren. Die Bandscheibendegeneration war - im Durchschnitt über die gesamte LWS gesehen - im wesentlichen durch eine Abnahme des Bandscheibenkerns (63% der Probanden zeigten an mindestens einer Bandscheibe einen mindestens gering reduzierten Nucleus pulposus Anteil) und eine verminderte Signalintensität (68% der Probanden wiesen an mindestens einer Bandscheibe mindestens eine geringe Signalabschwächung auf) verursacht. Der Verschleiß der Zwischenwirbelscheibe war nur mittelgradig durch die Bandscheibenvorwölbung/- prolabierung und noch geringer durch die Höhenminderung der Bandscheibe bedingt. Segmentbezogen konnte sich die Gewichtung der einzelnen Parameter zuein-ander und damit ihr Einfluß auf die Bandscheibendegeneration verändern. Es konnte kein Einfluß des relativen Gewichts (Body Mass Index) auf den Zwischenwirbelverschleiß festgestellt werden. In keinem Segment der LWS bestand eine signifikante Korrelation zu einem der Bandscheibendegenerationszeichen. Zunehmende Körpergröße - und in einer schwächeren Abhängigkeit auch das zunehmende Gewicht - beeinträchtigen mit nur mäßigem Einfluß den Zustand der unteren beiden lumbalen Bandscheiben. Einen deutlichen Zusammenhang zwischen den anthropometrischen Daten und den Bandscheibenveränderungen an der LWS konnten wir nicht feststellen. Ebensowenig war der Einfluß einer LWS-Hyperlordose auf die frühzeitige Ausbildung von

5 111 Bandscheibendegenerationszeichen nachzuweisen. Es fanden sich keine signifikant unterschiedlichen Befunde zu den Probanden mit normaler LWS-Form. Es fehlte ebenfalls eine signifikante Beziehung der Bandscheibendegenerationszeichen zu den manuellen Ergebnissen. Der Bandscheiben-Score zeigte weder segmentbezogen noch in der Summe über der gesamten LWS eine signifikante Beziehung zu den Rückenschmerzangaben. Es konnten weder einzelne Degenerationszeichen oder eine bestimmte Höhenlokalisation noch ein spezifischer Punkte-Score als Prädiktor ermittelt werden, der eine prognostische Aussage für bandscheibenbedingte Rückenschmerzen zulassen würde. Die kernspintomographische Untersuchung der ossären Anteile des Bewegungssegments dokumentierte bei 39% der Probanden osteophytäre Wirbelkantenausziehungen. Arthosezeichen an den Gelenkfacetten der Wirbelbogengelenke waren bei 27% der Untersuchten festzustellen. Bei sieben Probanden war kernspintomographisch eine Spondylolyse nachzuweisen. Es konnte keine signifikante Beziehung zum Bandscheiben-Score, LWS-Form, Osteophyten, Wirbelgelenkarthrose, manuellen Befunden oder Rückenschmerzangaben festgestellt werden. Kein Befund an den ossären Anteilen des Bewegungssegments zeigt eine signifikante Beziehung zum Bandscheibenverschleiß, dem Auftreten von Rückenschmerzen, den anthropometrischen Daten oder den Ergebnisse der manuellen Untersuchung. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß in der Kernspintomographie eine Reihe von auffälligen Befunden sowohl an den Bandscheiben wie auch an den knöchernen Anteilen der Bewegungssegmente der LWS nachweisbar

6 112 sind. Anhand des in dieser Studie verwendeten Bandscheiben-Scores konnten jedoch keine spezifische Prädiktoren erarbeiten werden, die eine prognostische Aussage für bandscheibenbedingte Rückenschmerzen zulassen. Es wäre wünschenswert weitere Kontrolluntersuchungen im Längs-schnitt durchzuführen. Auf diese Weise kann die Wertigkeit des Bandscheiben-Scores zur Früherfassung von pathologischen Wirbelsäulenbefunden differenzierter eruiert werden.