Videoüberwachung. Dr. Sabine Stollhof. 14. Juni Jahresfachkonferenz DuD, Berlin. Agenda
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- Holger Kohler
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1 Videoüberwachung Dr. Sabine Stollhof 18. Jahresfachkonferenz DuD, Berlin Agenda 4. Exkurs: Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln (Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises) 2 1
2 1.1 Zulässigkeit der Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen gemäß 6b BDSG 6b Absatz 1 BDSG: Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie 1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen, 2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder 3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen Zulässigkeit der Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen gemäß 6b BDSG Beobachtung: setzt gewisse Dauer voraus, Zweck der Beobachtung nicht entscheidend Öffentlich zugängliche Räume (= Bereiche): Eigentumsverhältnisse nicht relevant, Widmung für öffentlichen Verkehr oder erkennbar zugelassene Nutzung durch nicht vorher bestimmten Personenkreis. Nein: abgeschlossene Wohnung, abgegrenztes (Privat-)Grundstück, Büros ohne Publikumsverkehr, Produktionshallen, Lagerräume, Keller, private TG, Treppenhaus und Fahrstuhl im MFH. Ja: Warenhaus, Kino, Theater, Banken, Ausstellungsräume, Treppenhaus MFH mit Publikumsverkehr (z.b. bei Arztpraxen im Gebäude, zumindest während der Öffnungszeiten). 4 2
3 1.1 Zulässigkeit der Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen gemäß 6b BDSG Optisch-elektronische Einrichtungen: Beobachtungsgeräte jeder Art keine Attrappen (hier Abwehransprüche nach Zivilrecht) Zweck der Videoüberwachung: - Wahrnehmung des Hausrechts: Berechtigung des Inhabers, Störer zu verweisen und Hausverbot auszusprechen; endet an der Grundstücksgrenze, geringfügiges Übergreifen wird i.d.r. geduldet - Wahrnehmung berechtigter Interessen: grds. jedes vernünftige rechtliche oder tatsächliche Interesse - Gefährdungslage - Zweck ist vorab zu dokumentieren Zulässigkeit der Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen gemäß 6b BDSG Erforderlichkeit: - Geeignetheit (z.b. Aufzeichnung nicht für präventive Zwecke geeignet) - Kein milderes Mittel zur Erreichung des Zwecks (z.b. Umzäunung, Pförtner, regelmäßige Kontrollgänge, Einbau von Sicherheitsschlössern, Beobachtung ohne Aufzeichnung, zeitliche oder örtliche Beschränkung) Kein Überwiegen von schutzwürdigen Interessen der Betroffenen: - Abwägung im Einzelfall, Würdigung der Gesamtumstände, Eingriffsintensität der Maßnahme entscheidend - Besonders schutzwürdig: Orte für soziale Kontakte (z.b. Gastbereiche in Gaststätten) - Grds. unzulässig: Verletzung der Intimsphäre (Toiletten, Sauna, Duschen, Umkleideräume usw.) 6 3
4 1.2 Zulässigkeit der Videoüberwachung in nicht öffentlich zugänglichen Räumen gemäß 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG 28 Absatz 1 BDSG: Das Erheben, Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke ist zulässig soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt, oder 3. Bei der Erhebung personenbezogener Daten sind die Zwecke, für die die Daten verarbeitet oder genutzt werden sollen, konkret festzulegen Zulässigkeit der Videoüberwachung in nicht öffentlich zugänglichen Räumen gemäß 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG Allgemeine Norm für die Datenverarbeitung einer nicht-öffentlichen Stelle zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke Nach Ansicht der Aufsichtsbehörden Auffangnorm, soweit es um die Videoüberwachung von nicht öffentlich zugänglichen Räumen und nicht um die Überwachung von geht Voraussetzungen ähnlich wie bei 6b BDSG: - Wahrung berechtigter Interessen - Erforderlichkeit - Interessenabwägung 8 4
5 1.3 Maßnahmen vor und nach Inbetriebnahme DIN Schriftliche Dokumentation des konkreten Zwecks Technische / organisatorische Maßnahmen nach 9 BDSG (und Anlage hierzu) Vorabkontrolle nach 4d Abs. 5 BDSG wenn von besonderen Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen auszugehen ist Verfahrensübersicht und Meldung an den betrieblichen Datenschutzbeauftragten nach 4e, 4g Abs. 2 und 2a BDSG Hinweis auf Beobachtung und verantwortliche Stelle (vgl. 6b Abs. 2 BDSG) i.d.r. in Augenhöhe, bevor überwachter Bereich betreten wird Weitere Pflichten (keine Tonaufzeichnung, unverzügliche Löschung, Unterrichtung, regelmäßige Evaluierung) 9 Agenda 4. Exkurs: Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln (Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises) 10 5
6 2.1 Offene Videoüberwachung von als Nebenfolge Beispiele: - in öffentlich zugänglichen Räumen: Einzelhandelsgeschäft, Kaufhaus - in nicht öffentlich zugänglichen Räumen: Warenlager, Produktionshalle Voraussetzungen des 6b BDSG bzw. des 28 BDSG zu prüfen Bei Interessenabwägung besondere Berücksichtigung der Interessen der Keine dauerhafte Überwachung von Arbeitsplätzen (ggf. Ausblenden oder Verpixeln, Vorsehen von überwachungsfreien Rückzugsräumen) Keine Überwachung zur Verhaltens- und Leistungskontrolle der Videoüberwachung von nach 32 Abs. 1 S. 1 BDSG 32 Absatz 1 Satz 1 BDSG Personenbezogene Daten eines dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. VÜ zur Erfüllung der Schutzpflicht des Arbeitgebers gegenüber den, z.b. in besonders gefahrträchtigen Arbeitsbereichen Erfassungsbereich auf den sicherheitsrelevanten Bereich zu beschränken, Beschäftigte soweit wie möglich auszublenden Nicht um ordnungsgemäßen Dienstablauf zu gewährleisten Restriktiv anzuwenden 12 6
7 2.2 Videoüberwachung von nach 32 Abs. 1 S. 2 BDSG 32 Absatz 1 Satz 2 BDSG Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den 9 Anlass nicht unverhältnismäßig sind. 9 Normierung der Rechtsprechung des BAG (dazu gleich unter 3.) Videoüberwachung von nach 32 Abs. 1 S. 2 BDSG Verdacht aufgrund zu dokumentierender tatsächlicher Anhaltspunkte Verdacht richtet sich gegen konkrete Beschäftigte (Wortlaut: gegen einen) Keine anderen Mittel zu Aufdeckung z.b. regelmäßige Inventur, Taschenkontrollen Interessenabwägung 14 7
8 2.3 Verdeckte Videoüberwachung von 32 Abs. 1 S. 2 BDSG Nur ultima ratio Nur zeitlich begrenzt Entwurf datenschutzgesetz (BT-Drs. 17/4230): Kennzeichnungspflicht, d.h. heimliche VÜ wäre unzulässig Ebenso nach der DatenschutzgrundVO der EU Sonstiges Keine Überwachung von Toiletten, Waschräumen, Umkleidekabinen, Sozial- und Pausenräumen VÜ kann idr nicht auf Einwilligung gestützt werden (wegen Abhängigkeit vom Arbeitgeber Freiwilligkeit zweifelhaft) Vorabkontrolle nach 4d Abs. 5 BDSG bei VÜ von grundsätzlich erforderlich VÜ ist mitbestimmungspflichtige Maßnahme nach 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG Nähere Regelungen durch Betriebsvereinbarung bzw. Dienstanweisung 16 8
9 2.4 Regelung durch Betriebsvereinbarung Nähere Beschreibung des Verfahrens zur Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten Inhalt: - Gegenstand der Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung - Zweckbindung - Datenvermeidung- und Datensparsamkeit - Art und Umfang der erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten - Empfänger der Daten - Rechte der Betroffenen - Löschfristen - Technische und organisatorische Maßnahmen, z.b. das Berechtigungskonzept Regelung durch Betriebsvereinbarung Betriebsvereinbarung stellt eine Rechtsgrundlage für eine Überwachungsmaßnahme dar ( andere Rechtsvorschrift i.s.d. 4 Abs. 1 BDSG) Schutzauftrag nach 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern Konkretisierung durch Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, d.h. Regelung muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen Im Ergebnis Prüfung der bei 6b, 28 und 32 BDSG erläuterten Aspekte 18 9
10 Agenda 4. Exkurs: Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln (Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises) BAG zur offenen Videoüberwachung BAG v (1 ABR 21/03): Briefverteilzentrum I Die Einführung einer (offenen) Videoüberwachung am Arbeitsplatz unterfällt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Betriebsparteien haben dabei gemäß 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer zu beachten. Für die erforderliche Verhältnismäßigkeitsprüfung sind die Gesamtumstände maßgeblich. Mitentscheidend ist insbesondere die Intensität des Eingriffs. (Leitsatz) Aus den Entscheidungsgründen: Daher ist bedeutsam, wie viele Personen wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind und ob diese Personen hierfür einen Anlass gegeben haben. ( ) Die Intensität der Beeinträchtigung hängt ferner maßgeblich von der Dauer und der Art der Überwachungsmaßnahme ab. Durch die Videoüberwachung wird ( ) in schwerwiegender Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer eingegriffen. Diese werden einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt
11 3.1 BAG zur offenen Videoüberwachung BAG (1 ABR 16/07): Briefverteilzentrum II Arbeitgeber und Betriebsrat sind grundsätzlich befugt, eine (offene) Videoüberwachung im Betrieb einzuführen. Die Zulässigkeit des damit verbundenen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer richtet sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. (Leitsatz) BAG zur verdeckten Videoüberwachung BAG (2 AZR 51/02): Unterschlagung Leergutbons 1. Die heimliche Überwachung mit Videokameras stellt einen Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar. 2. Dieser Eingriff führt jedoch dann nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ausgeschöpft sind, die verdeckte Video-Überwachung praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. 3. Ist die Videoüberwachung entgegen 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrates durchgeführt worden, so ergibt sich aus diesem Verstoß jedenfalls dann kein eigenständiges Beweisverwertungsverbot, wenn der Betriebsrat der Verwendung des Beweismittels und der darauf gestützten Kündigung zustimmt und die Beweisverwertung nach den allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt ist. (Leitsätze) 22 11
12 3.2 BAG zur verdeckten Videoüberwachung BAG (2 AZR 153/11): Unterschlagung von Zigaretten 3. Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers ist zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung damit praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. Der Verdacht muss in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern bestehen. 4. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer weiteren Einschränkung des Kreises der Verdächtigen müssen weniger einschneidende Mittel als eine verdeckte Videoüberwachung zuvor ausgeschöpft worden sein. (Orientierungssätze 3 und 4) BAG zur verdeckten Videoüberwachung BAG (2 AZR 797/11): Leergutkasse Aus den Entscheidungsgründen: Der Verdacht muss sich in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern richten. Er darf sich einerseits nicht auf die allgemeine Mutmaßung beschränken, es könnten Straftaten begangen werden. Er muss sich andererseits nicht notwendig nur gegen einen einzelnen, bestimmten Arbeitnehmer richten. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer weiteren Einschränkung des Kreises der Verdächtigen müssen weniger einschneidende Mittel als eine verdeckte Videoüberwachung zuvor ausgeschöpft worden sein
13 Agenda 4. Exkurs: Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln (Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises) Exkurs: Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises vom Besonderes Spannungsfeld zw. den Sicherheitsinteressen der Verkehrsunternehmen und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Fahrgäste Aber: keine abstrakte Gefährdungslage in öffentlichen Verkehrsmitteln einzelfallbezogen zu prüfen, ob die VÜ für den verfolgten Zweck tatsächlich erforderlich ist Zweck ist ausschließlich Beobachtung zur Intervention: Monitoring Zweck ist die Aufklärung von Straftaten: Black-Box Nicht zur Abwehr von Haftungsansprüchen gegen das Verkehrsunternehmen Nicht allein zur Steigerung des subjektiven Sicherheitsempfindens der Fahrgäste 26 13
14 4. Exkurs: Videoüberwachung in öffentlichen Verkehrsmitteln Abwägung: Eine generelle, zeitlich und räumlich durchgängige VÜ des gesamten Fahrgastbereichs ist in aller Regel unverhältnismäßig und unzulässig. Auf längeren Strecken nur auf Streckenabschnitten mit häufigen und schwerwiegenden Eingriffen in Rechtsgüter erheblichen Gewichts. Kenntlichmachen der VÜ an jedem Fahrzeug, das videoüberwacht wird, außen durch Hinweisschilder / Piktogramme / Displays. Löschung im Regelfall nach 48 Stunden. Beachtung der Grundsätze auch bei Ausschreibungen. Die OH kann abgerufen werden unter unter Service Orientierungshilfen/Merkblätter Videoüberwachung. 27 Vielen Dank für Ihr Interesse! Dr. Sabine Stollhof sabine.stollhof@stm.bwl.de 28 14
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