Europäisches und Internationales Erb- und Familienrecht Stand: 10/2008. Nr. 6: Unterhalt
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1 Lehrstuhl Bürgerliches Recht, Internationales Privat- und Verfahrensrecht Univ.-Prof. Dr. M. Andrae Europäisches und Internationales Erb- und Familienrecht Stand: 10/2008 Nr. 6: Unterhalt Fall 1: Fall 2: Fall 3: Beim Familiengericht ist ein Scheidungsverfahren zwischen den Eheleuten M und F anhängig. M besitzt die deutsche, F die französische Staatsangehörigkeit. F beantragt, M zu verpflichten, nachehelichen Unterhalt zu zahlen. a) Die Eheleute haben seit ihrer Eheschließung vor 10 Jahren zusammen in Kanada gelebt. M ist vor drei Monaten nach Deutschland gezogen./f ist nach Deutschland gezogen. b) M hat seinen Wohnsitz in Paris, F ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Potsdam. c) M und F haben ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthaltsort in Paris. Bestimmen Sie die internationale Zuständigkeit! S ist Kind der nicht miteinander verheirateten Eltern V und M. S lebt in Potsdam bei seiner Mutter. Diese fragt, ob V in Deutschland auf Kindesunterhalt verklagt werden kann. a) V, der aus Syrien stammt, studiert seit zwei Jahren an einer deutschen Universität. b) V ist Deutscher. Um sich der Unterhaltspflicht gegenüber mehreren Kindern zu entziehen, hat er seinen Wohnsitz nach Thailand verlegt. V ist Eigentümer eines Grundstücks in Potsdam. c) V hat seinen Wohnsitz in den USA und kein Vermögen hier. Bestimmen Sie die internationale Zuständigkeit! Die italienischen Eheleute M und F leben in Deutschland. M hat beim zuständigen deutschen Familiengericht den Antrag auf Scheidung der Ehe gestellt. F fordert von M einen Prozesskostenvorschuss, um ihren Rechtsanwalt bezahlen zu können. Ist F der Prozesskostenvorschuss zu gewähren? Das italienische Recht kennt im Unterschied zum deutschen Recht keinen Prozesskostenvorschuss. Fall 4: Fall 5: Die Eheleute M und F sind syrische Staatsangehörige und leben in Berlin. Bei Eheschließung haben die Eheleute nach den Vorschriften des syrisch-islamischen Rechts formwirksam eine Vereinbarung über die Zahlung einer Morgengabe getroffen, deren Zahlung von F jederzeit gefordert werden kann. F ist nach einem Ehestreit aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und verlangt von M sowohl Trennungsunterhalt als auch die Zahlung der Morgengabe. Zu Recht? V und F lebten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft in Berlin. Aus der Verbindung stammt K, dessen Vaterschaft V wirksam anerkannt hat. Alle Beteiligten besitzen die syrische Staatsangehörigkeit. a) F hat sich von V getrennt und lebt nunmehr mit K in Berlin. b) Nach der Trennung ist F mit K auf Dauer nach Syrien verzogen. K, vertreten durch seine Mutter, verklagt nunmehr V auf Zahlung von Kindesunterhalt. Ist die Klage des K auf Gewährung von Kindesunterhalt begründet? Nach syrischem Recht hat das "nichteheliche" Kind keinen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater. Fall 6: Nach welchem Recht bestimmt sich im Fall 4 das für den nachehelichen Unterhaltsanspruch maßgebliche Recht, wenn a) die Ehe durch ein deutsches Gericht nach syrischem Recht geschieden wurde? Variante: Die Ehe durch ein deutsches Gericht nach deutschem Recht geschieden wurde? b) der Ehemann die Ehefrau nach syrischem Recht wirksam in Damaskus verstoßen hat, die Verstoßung vom religiösen Richter bestätigt wurde und die Registrierung der Ehescheidung von der zuständigen syrischen Behörde erfolgt ist?
2 2 Fall 7: Fall 8: K ist das eheliche Kind eines deutschen Vaters und einer italienischen Mutter. K lebt in Rom. Nachdem seine Eltern infolge eines Verkehrsunfalls ums Leben gekommen sind, verlangt K von seinem in Berlin lebenden deutschen Großvater Unterhalt. Welches Recht ist auf die Forderung anzuwenden? Die Geschwister S und B haben die italienische Staatsangehörigkeit. S lebt in Italien, B in Deutschland. S fordert von ihrem Bruder B Unterhalt. Zu Recht? Variante: Nunmehr verlangt B von seiner Schwester S Unterhalt. Zu Recht? Das italienische Recht kennt die Unterhaltspflicht zwischen Geschwistern. Fall 9: Die in Deutschland lebenden Griechen M und F haben in Deutschland die Ehe vor einem Priester der griechisch-orthodoxen Kirche geschlossen, der dazu nicht nach Art. 13 Abs. 3 S. 2 EGBGB von der griechischen Regierung bevollmächtigt war. F fordert Getrenntlebendenunterhalt. Zu Recht? Die Eheschließung entspricht den Formerfordernissen des griechischen Rechts. I. Internationale Zuständigkeit [Die EU-Kommission hat eine VO über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen erarbeitet, Verordnung (EG) Nr. 4/2009. Diese findet ab dem in den Mitgliedsstaaten der EG mit Ausnahme Dänemarks und voraussichtlich des Vereinigten Königreichs Anwendung.] Zuständigkeitsregeln für Unterhaltssachen mit Auslandsberührung finden sich in der EuGVVO und in der ZPO (vgl. allg. zur EuGVVO AP IZVR - 02). Anstatt der EuGVVO kann auch das inhaltsgleiche LugÜ heranzuziehen sein. Dafür gelten die nachstehenden Ausführungen entsprechend. 1. EuGVVO a) Anwendungsbereich aa) Sachlicher Anwendungsbereich Unterhaltssache Unterhaltssachen sind in den Ausschlusstatbeständen des Art. 1 Abs. 2 EuGVVO nicht erwähnt und fallen somit in den Anwendungsbereich der EuGVVO. Zusätzliches Argument: Unterhaltssachen werden auch erfasst, weil es in Art. 5 Nr. 2 EuGVVO eine Zuständigkeit dafür gibt. Ob es sich bei einer Streitigkeit um eine Unterhaltsangelegenheit i.s.d. EuGVVO handelt, ist vertragsautonom auszulegen. Wichtig ist hier, genau zwischen Ehegüterrecht und Unterhaltsrecht zu unterscheiden! Der EuGH legt den Unterhaltsbegriff für die Zwecke der gerichtlichen Zuständigkeit weit aus und fasst darunter alle Ansprüche, die sich zumindest auch wesentlich an der Bedürftigkeit des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten orientieren (vgl. EUGH, IPRax 1999, 35 ff.; Hausmann, IPRax 1990, 382 ff.). Zum Unterhalt gehören z.b.: - Gesetzliche Unterhaltsansprüche - Vertragliche Unterhaltsansprüche, wenn ein dem Grunde nach durch einen familienrechtlichen Status schon begründeter Anspruch nur näher konkretisiert wird bb) Räumlich-personeller Anwendungsbereich Der Beklagte muss seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben (Art. 2 Abs. 1; Wohnsitz nach Art. 59, 60 EuGVVO). Ist das der Fall, ist die EuGVVO anwendbar, hat er seinen Wohnsitz in
3 3 einem Staat, der nur dem LugÜ angehört, so ist dieses Übereinkommen heranzuziehen (vgl. Art. 54 b Abs. 1 und Abs. 2 lit. a LugÜ i.v.m. Art. 68 Abs. 2 EuGVVO). b) Internationale Zuständigkeit Die deutschen Gerichte sind für Unterhaltsklagen international zuständig: aa) bei inländischem Wohnsitz des Beklagten, Art. 2 Abs. 1 EuGVVO bb) wenn der Beklagte keinen inländischen Wohnsitz hat, - bei inländischem Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten, Art. 5 Nr. 2 HS. 1 EuGVVO. - im Verbund mit einem inländischen Statusverfahren, Art. 5 Nr. 2 HS. 2 EuGVVO Unterhaltsentscheidungen dürfen als Nebenentscheidungen zu Statusangelegenheiten von dem Gericht erlassen werden, das mit der Statusfrage befasst und nach seinem Recht dafür zuständig ist (bei Scheidungen 621 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 i.v.m. 606a, 606 Abs. 1 S. 1 ZPO bzw. Art. 3 EheVO; bei Lebenspartnerschaft 661 Abs. 3, 606a ZPO). Eine solche einheitliche Entscheidung lässt die EuGVVO nicht zu, wenn die Zuständigkeit des Gerichts nur auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien beruht. Für Klagen gegen den Unterhaltsberechtigten und für Regressansprüche gegen den Unterhaltsverpflichteten ist Art. 5 Nr. 2 EuGVVO nicht maßgebend. - bei Streitigkeiten aus Unterhaltsvereinbarungen, soweit die streitige Verpflichtung im Inland zu erfüllen ist, Art. 5 Nr. 1 EuGVVO - der Beklagte sich auf ein inländisches Verfahren einlässt, Art. 24 EuGVVO cc) Liegt eine Gerichtsstandsvereinbarung vor, muss Art. 23 EuGVVO geprüft werden. dd) Abänderungsklagen Die Abänderung ausländischer Unterhaltstitel im Inland ist zulässig, weil es dabei um die Wirkung des Urteils im Inland geht. Für Abänderungsklagen gelten die allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO, also Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Nr. 2. Die Gerichte des Urteilsstaates verlieren die Anpassungskompetenz, wenn die Voraussetzungen für ihre gerichtliche Zuständigkeit nicht mehr bestehen. 2. Autonomes deutsches IZVR Das autonome deutsche IZVR findet Anwendung, sofern der Beklagte keinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat der EuGVVO hat. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist danach alternativ gegeben, wenn: a) die Voraussetzungen für die internationale Verbund- und Annexzuständigkeit erfüllt sind (hierzu AP IZVR - 04) oder b) die internationale Zuständigkeit nach dem Grundsatz der Doppelfunktionalität der Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit gegeben ist. Von Bedeutung sind die besonderen Gerichtsstände der ZPO. Auch nach dem Inkrafttreten des FamFG wird sich die internationale Zuständigkeit über die Bestimmungen der ZPO für die örtliche Zuständigkeit erschließen, vgl. 105, 232 FamFG. Für Unterhaltsklagen haben insbesondere Bedeutung: - der Gerichtsstand des Aufenthaltsortes ( 20 ZPO), - der Vermögensgerichtsstand ( 23 ZPO), wobei erforderlich ist, dass der Rechtsstreit eine hinreichende Verbindung zum Inland aufweist, - der Gerichtsstand des Erfüllungsortes, soweit es um Streitigkeiten aus Unterhaltsvereinbarungen geht ( 29 ZPO),
4 4 - der Gerichtsstand des rügelosen Einlassens ( 39 ZPO). Ist kein anderer Gerichtsstand in Deutschland gegeben, dann sind die deutschen Gerichte in Unterhaltssachen gemäß 23a ZPO international zuständig, wenn der Kläger im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Nach Inkrafttreten des FamFG wird diese Regelung in 232 Abs. 3 Nr. 3 FamFG enthalten sein. Dabei tritt an die Stelle des Wohnsitzes der gewöhnliche Aufenthalt. Dieser Gerichtsstand steht sowohl dem Unterhaltsberechtigten als auch dem Unterhaltsverpflichteten als Kläger/Antragsteller zur Verfügung. II. Anwendbares Recht [Am wurde das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht unterzeichnet. Es ist bisher nicht in Kraft getreten. Für die Mitgliedsstaaten wird es über Art. 15 UnterhaltsVO ab dem vorläufig Anwendung finden, soweit es nicht bereits vor diesem Zeitpunkt in Kraft getreten ist.] 1. Quellen der rechtlichen Regelung Für die Ermittlung des anwendbaren Rechts in Unterhaltssachen existieren verschiedene Verweisungsnormen: - Art. 18 EGBGB - das HUÜ (=UStA, J/H Nr. 41; Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom ) Ebenfalls existiert das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom (UStAK, J/H Nr. 40). Das UStAK wird vom HUÜ vom verdrängt (Art. 18 HUÜ), soweit die beteiligten Staaten Vertragsparteien beider Abkommen sind, was in den meisten Fällen gegeben sein wird. - Außerdem ist das deutsch-iranische Niederlassungsübereinkommen (J/H Nr. 24) zu beachten. Art. 8 Abs. 3 deutsch-iranisches Niederlassungsübereinkommen ist auf Streitigkeiten, die gesetzliche Unterhaltspflichten familienrechtlichen Charakters betreffen, nur anzuwenden, wenn die Beteiligten die iranische Staatsangehörigkeit besitzen und ihr Personalstatut nicht auf andere Weise bestimmt wird. Es ist z.b. dann nicht anwendbar, wenn einer der Beteiligten anerkannter Asylberechtigter ist ( 2 Abs. 1 AsylVerfG i.v.m. Art. 12 GFK). 2. Das HUÜ a) Verhältnis zu Art. 18 EGBGB Gemäß Art. 3 Abs. 2 EGBGB gehen Staatsverträge dem autonomen Kollisionsrecht vor. Allerdings sind die Vorschriften des HUÜ im Wesentlichen in Art. 18 EGBGB inkorporiert. Teilweise wird in Rechtsprechung und Literatur daher auch Art. 18 EGBGB angewendet. Diese Rechtspraxis steht im Widerspruch zu Art. 3 Abs. 2 EGBGB und wird den Anliegen, die mit der Schaffung von Einheitskollisionsrecht verfolgt werden, nicht gerecht. Deshalb ist das HUÜ vorrangig anzuwenden (so auch BGH, NJW 1991, 2213; FamRZ 2001, 412). Art. 18 EGBGB erlangt heute nur dann Bedeutung, wenn Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden, die sachlich vom HUÜ nicht erfasst werden (z.b. wenn es um Unterhaltsansprüche innerhalb einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft geht. b) Räumlich-personeller Anwendungsbereich Das HUÜ von 1973 hat gemäß Art. 3 HUÜ universellen Charakter. Es regelt das Unterhaltsstatut sowohl im Verhältnis zu Vertrags- als auch im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten. c) Sachlicher Anwendungsbereich Den sachlichen Geltungsbereich bestimmt Art. 1 HUÜ. Erfasst werden alle Unterhaltsverpflichtungen aus Familie, Verwandtschaft, Ehe,
5 5 Schwägerschaft sowie solche gegenüber nichtehelichen Kindern. Der Unterhaltsbegriff ist weit auszulegen. Nicht erfasst sind Unterhaltsansprüche, die einen besonderen Geltungsgrund haben, z.b. Vertrag, unerlaubte Handlung, Ehegüterrecht. Ob ein geltend gemachter Anspruch in den sachlichen Geltungsbereich des HUÜ fällt, ist eine Qualifikationsfrage. Der Unterhaltsbegriff ist im HUÜ nicht definiert. Die Qualifikation erfolgt in zwei Stufen: - Zunächst ist danach zu fragen, ob die streitige Verpflichtung i.s.d. Übereinkommens als unterhaltsrechtlich eingestuft werden könnte. Dies ist autonom zu bestimmen. Die Leistung muss der regelmäßigen Versorgung einer Person dienen und von der Bedürftigkeit des Berechtigten sowie der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten abhängig sein. Der Begriff ist weit auszulegen. - Ob der geltend gemachte Anspruch dann tatsächlich als unterhaltsrechtlich zu qualifizieren ist, bestimmt sich nach der lex causae, also nach dem Unterhaltsstatut (vgl. Hausmann, IPRax 1990, 382, 387). d) Unterhaltsstatut aa) Grundregeln - Primäre Anknüpfung: Gemäß Art. 4 Abs. 1 HUÜ erfolgt die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten (Wandelbarkeit des Unterhaltsstatuts). - Subsidiäre Anknüpfung: Art. 5 HUÜ knüpft an das gemeinsame Heimatrecht von Unterhaltsverpflichtetem und Unterhaltsberechtigtem an. Voraussetzung: Kein Unterhaltsanspruch nach dem gemäß Art. 4 Abs. 1 HUÜ anwendbaren Aufenthaltsrecht. Art. 6 HUÜ beruft die lex fori. Voraussetzung: Nach dem gemäß Art. 4 und 5 HUÜ anwendbaren Recht besteht kein Unterhaltsanspruch. bb) Besonderheit, Art. 7 HUÜ - Gegenstand: Unterhaltspflicht zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten. - Voraussetzungen: Nach dem gemäß Art. 4, 5 oder 6 HUÜ maßgeblichen Recht besteht eine Unterhaltspflicht. - Der Verpflichtete kann die Einrede erheben, dass eine solche Unterhaltspflicht nicht besteht, nach dem Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit oder nach dem Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes, soweit es eine gemeinsame Staatsangehörigkeit nicht gibt. cc) Ausnahmen von den Grundregeln (1) Art. 8 HUÜ Nach Art. 8 Abs. 1 HUÜ unterliegt der nacheheliche Unterhaltsanspruch dem Recht, welches der Ehescheidung tatsächlich zugrunde gelegen hat (Nicht dem Recht, das nach Art. 17 Abs. 1 EGBGB maßgebend ist!). Voraussetzung: Die Ehescheidung muss im Inland ausgesprochen oder anerkannt sein. (Wenn Art. 14 EheVO nicht greift, ist Art. 7 1 FamRÄndG zu beachten!) Art. 8 Abs. 2 HUÜ erstreckt die spezielle Anknüpfungsregel auf die förmliche Ehetrennung und die Nichtigkeits- und Ungültigkeitserklärung einer Ehe.
6 6 Unterhaltspflichten aus bestehender Ehe bestimmen sich nach den Art. 4 bis 6 HUÜ. (2) Art. 15 HUÜ Art. 15 sieht die Anwendung des deutschen Rechts in folgender Fallsituation vor: - Der Anspruch muss in einem inländischen Verfahren geltend gemacht werden. - Berechtigter und Verpflichteter müssen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Gleichgestellt sind andere Personen, die ein deutsches Personalstatut besitzen. - Der Verpflichtete muss seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland haben. Art. 15 HUÜ hat Vorrang vor allen anderen Anknüpfungsregeln des HUÜ! e) Allgemeine Fragen des IPR aa) Unbeachtlichkeit des Renvoi Die Verweisungen sind Sachnormverweisungen, somit sind Rück- und Weiterverweisung nicht zu beachten. (Arg.: internationaler Vertrag; internationaler Entscheidungseinklang) bb) Vorfragen Umstritten ist, wie familienrechtliche Vorfragen im Rahmen des HUÜ anzuknüpfen sind. - Von einem Teil der Literatur wird vertreten, Vorfragen seien auch hier selbständig anzuknüpfen (Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, 47 II 4 b; v. Bar, IPR II, Rn. 302). - Vorfragen sind entgegen den allgemeinen Grundsätzen hier jedoch grundsätzlich unselbständig anzuknüpfen, weil das HUÜ als Staatsvertrag ein geschlossenes System darstellt; sie sind also der Rechtsordnung zu unterstellen, die für den Unterhalt maßgeblich ist (Palandt/Thorn, 68. Aufl. 2009, Art. 18 EGBGB Rn. 14; v. Hoffmann/Thorn, 9. Aufl. 2007, 8 Rn ). cc) Ordre public Art. 11 Abs. 2 HUÜ sieht für die Höhe des Unterhaltsanspruchs einen materiellrechtlichen Mindestmaßstab vor, der die Bemessung des Unterhalts nach ausländischem Recht erleichtern soll. Es handelt sich dabei um eine Konkretisierung des allgemeinen Vorbehalts des ordre public. III. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen 1. Internationale Übereinkommen - Im Geltungsbereich der EuGVVO werden Entscheidungen ipso iure nach Art. 33 Abs. 1 EuGVVO anerkannt und können nach der Maßgabe der Art. 38 ff. EuGVVO vollstreckt werden (vgl. AP IZVR- 04). [Ab Anerkennung nach der UnterhaltsVO] - Im Geltungsbereich des LugÜ erfolgt die Anerkennung nach den Art. 25 ff. LugÜ. [2007 wurde das LugÜ II unterzeichnet, das die EG am ratifiziert hat. Im Verhältnis zu Norwegen, welches das neue LugÜ am ratifiert hat, tritt es damit zum in Kraft. Dänemark, Island und die Schweiz haben bisher noch nicht ratifiziert.] - Bilaterale Übereinkommen haben nur außerhalb des Anwendungsbereiches der EuGVVO bzw. des LugÜ Bedeutung (Art. 69 EuGVVO, Art. 55 LugÜ). - Weiterhin gibt es noch zwei Haager Übereinkommen. Das HKUnthVÜ (J/H Nr. 180; Haager Übereinkommen vom über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern) und HUnthVÜ (J/H Nr. 181; Haager Übereinkommen vom über die Anerkennung und Vollstreckung
7 7 von Unterhaltsentscheidungen). Das erste Übereinkommen gilt nur noch zwischen den Vertragsstaaten, die nicht dem letzteren angehören (Art. 29 HUnthVÜ). Haager Übereinkommen und EuGVVO bzw. LugÜ sind entsprechend dem Günstigkeitsprinzip nebeneinander anwendbar (Art. 23 HUnthVÜ, Art. 71 EuGVVO, Art. 57 LugÜ). - Das Verfahren der Vollstreckbarkeitserklärung ausländischer Unterhaltstitel, für das die EuGVVO, das HUnthVÜ oder das bilaterale Übereinkommen mit Israel gilt, richtet sich nach dem AVAG (J/H Nr. 160a; Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in Zivil- und Handelssachen (AVAG). 2. FamFG Die Bestimmungen des FamFG finden Anwendung: - soweit keine staatsvertragliche Regelung mit dem Ursprungsstaat des Unterhaltstitels besteht, - entsprechend dem Günstigkeitsprinzip die Anerkennung und Vollstreckbarkeitserklärung nicht die Voraussetzungen des einschlägigen Übereinkommens erfüllt. Die Anerkennung erfolgt ipso iure, soweit keine Anerkennungshindernisse vorliegen. Die Anerkennungsvoraussetzungen sind in 109 FamFG (siehe AP IZVR 6) geregelt. Für die Zwangsvollstreckung bedarf es einer Zwangsvollstreckungserklärung (FamFG 110 Abs. 2 - Beschluss). Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, mangels eines solchen im Inland, in dessen Bezirk sich Vermögen befindet ( 110 Abs. 3 FamFG, 23 ZPO). Voraussetzung für die Vollstreckbarkeitserklärung ist die Anerkennung der ausländischen Entscheidung ( 109 Abs. 1 FamFG).
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