Werner Klement. Fahrzeuggetriebe ISBN-10: ISBN-13: Leseprobe
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- Linus Esser
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1 Werner Klement Fahrzeuggetriebe ISBN-10: ISBN-13: Leseprobe Weitere Informationen oder Bestellungen unter sowie im Buchhandel
2 74 4 Schaltgetriebe 4.1 Getriebeaufbau Straßenfahrzeuge, die dafür konzipiert sind, verbrauchsgünstig von einem Ort zum anderen Ort zu kommen, wie z. B. Personenkraftwagen und Lastkraftwagen, haben in der Regel Stufengetriebe. Die Übersetzungen werden durch Zahnradübersetzungen gebildet. Die einzelnen Getriebekonzepte unterscheiden sich beim Anfahrelement, das eine Drehzahlwandlerfunktion hat, und bei der Art der Schaltung, die dem Wechsel von einer Übersetzung zur nächsten dient. Bei Letzterem ist zu beachten, ob dieser Wechsel mit oder ohne Unterbrechung der Zugkraft abläuft. Wird die Zugkraft beim Schalten unterbrochen, dann sprechen wir von Schaltgetriebe, wird diese nicht unterbrochen, dann reden wir vom Automatgetriebe. Derzeit gibt es viele Entwicklungen auf dem Gebiet der leistungsübertragenden Getriebe für Straßenfahrzeuge. Ein genereller Trend ist hierbei die Automatisierung.Ein Schaltgetriebe wird durch Automatisierung nicht zum Automatgetriebe, sondern zum automatisierten Schaltgetriebe. Bei den Anfahrelementen ist der Unterschied zwischen den Schaltund Automatgetrieben hinsichtlich der Funktion mindestens genauso groß wie beim Schalten. Alle Automatgetriebe sind in der Lage, über einen in der Regel unbegrenzten Zeitraum bei stehendem Fahrzeug ein Abtriebsmoment zu erzeugen. Schaltgetriebe haben zum Anfahren eine trockene Reibkupplung, die nur eine limitierte Rutschzeit erlaubt. Betrachten wir den Aufbau von Schaltgetrieben, so haben wir immer an der Verbindungsstelle zum Motor eine Kupplung. Dies ist eine trockenlaufende Reibkupplung. Neben der Drehzahlwandlung hat die Kupplung auch noch die Aufgabe der Schwingungsdämpfung. Die Ungleichförmigkeit des Motordrehmomentes würde für die Zahnräder und alle mechanisch verbundenen Teile große Probleme bereiten. Deshalb ist in der Kupplung ein zusätzliches Bauteil integriert, welches als Torsionsschwingungsdämpfer bezeichnet wird. Da die Kupplung schon allein wegen des trockenen Raumes vor dem eigentlichen Getriebegehäuse angeordnet ist, so wird im allgemeinen Sprachgebrauch die Kupplung als separates Bauteil betrachtet. Erinnern wir uns aber an die Anforderungen an ein Getriebesystem, so gehört der Drehzahlwandler zum Anfahren unbedingt dazu. Nach dem Element Kupplung sind die Zahnräder zur Bildung der mechanischen Übersetzungen angeordnet. Hierbei handelt es sich um klassische Maschinenelemente, die in ihrer Funktion schon lange bekannt sind. Kosten und Zuverlässigkeit sind sicher zwei ganz wichtige Kriterien für diese Bauformen. Bei den Schaltgetrieben unterscheidet man zwei konzeptionell unterschiedliche Bauarten (Kapitel 2). Dies sind die koaxiale Bauform,bei der die Eingangswelle und die Ausgangswelle in einer Linie liegen, und die Bauform für Front-Quer-Einbauten, die keinen direkten Gang realisieren kann, dafür aber pro geschalteten Gang nur eine Verzahnung benötigt. Die Bilder 4.1 und 4.2 zeigen je einen Vertreter dieser Bauarten. Im Bild 4.1 ist ein Mercedes-Schaltgetriebe mit fünf Vorwärtsgängen und einem Rückwärtsgang dargestellt. Besonders gut erkennen kann man den Raum für die trockene Reibkupplung und den notwendigen Raum für den Ausrückmechanismus. Die Reibkupplung ist im Vergleich zu den Zahnrädern deutlich größer in ihrer radialen Erstreckung. Dies zeigt die spezifische Leistungsfähigkeit der Zahnräder bzw. umgekehrt den Bauaufwand für eine Reibkupplung, die auch das Anfahren eines Fahrzeuges beherrschen muss.
3 4.1 Getriebeaufbau 75 Bild 4.1: Schaltgetriebesystem in koaxialer Bauweise [19] Bild 4.2: Getriebe mit Achsversatz [19] Das in Bild 4.2 gezeigte Getriebe ist für einen Front-Quer-Einbau vorgesehen. Hierbei ist die axiale Baulänge des Getriebes ein ganz entscheidendes Kriterium. Betrachtet man ein Fahrzeug mit quer zur Fahrtrichtung eingebautem Motor und dem Antrieb ander Vorderachse, dann wird klar, dass der Bauraum sehr begrenzt ist. Neben dem Motor müssen die Vorderachsaufhängung, der Antrieb und die gesamte Lenkkinematik untergebracht werden. Bei diesem Getriebe der Firma Opel kann man die kompakte Bauweise auch im Bereich der trockenen Reibkupplung gut erkennen. Die Forderung nach einer hoch integrierten Bauweise und möglichst kurzer axialer Baulänge führte zu Lösungen, wie z. B. in Bild 4.3 gezeigt. Peugeot hat diese Getriebevariante für den Kleinwagen Typ 205 entwickelt. Hier bilden Motor und Getriebe eine Einheit und haben auch eine gemeinsame Ölversorgung. Im Vordergrund kann man das Stirnraddifferenzial erkennen. Alle diese Getriebelösungen mit Achsversatz und dem Einbau für Vorderradantrieb bei einem quer zur Fahrtrichtung eingebauten Motor haben das Differenzial für den Drehzahlausgleich zwischen rechtem und linkem Vorderrad integriert. Eine Schwierigkeit besteht in der Bauhöhe der Getriebe. Wie bei der Lösung von Opel müssen meistens zwei getrennte Ölräume geschaffen werden. Eine Tauchschmierung mit einem Ölraum ist nicht realisierbar; man würde dann eine Ölpumpe zum Absaugen und Hochfördern des Öles benötigen. Bei den koaxialen Getrieben ist das
4 76 4 Schaltgetriebe Bild 4.3: Getriebe/Motoranordnung Peugeot 205 [49] Achsgetriebe in der Regel als separate Einheit direkt an der Hinterachse angebaut. Dadiese Lösung aufwändiger ist und Kosten eine große Rolle spielen, ist es nicht verwunderlich, dass heute weltweit ca. 80 % aller Personenkraftwagen einen quer eingebauten Motor besitzen. Da Motoren teilweise für einen Quereinbau zu breit sind, vor allem bei einer größeren Anzahl von Zylindern in Reihenbauweise, so gibt es auch das Konzept des in Fahrtrichtung eingebauten Motors, kombiniert mit dem Vorderradantrieb. Alle größeren Limousinen der Firma Audi haben dieses Konzept. Bild 4.4 zeigt eine Getriebelösung für einen Einbaufall mit längs eingebautem Motor und Frontantrieb. Im Prinzip gehören diese Getriebe bezüglich ihres Aufbaus zur Gruppe der Getriebe mit Achsversatz. Ein direkter Gang ist nicht möglich, da die Antriebswelle und die Abtriebswelle nicht koaxial sind. Bezüglich des Bauraumes ist die Integration des Differenzials von Vorteil. Allerdings erfordern die die Antriebswelle kreuzenden Gelenkwellen zu den Antriebsrädern einen erhöhten Bauaufwand beim Getriebegehäuse. Vorteilhaft ist auch, dass durch die nahezu mittige Lage des Differenzials die Antriebswellen zu den Rädern etwa gleich lang sind und damit gleiche Steifigkeiten besitzen. Bei den Front-Quer-Einbauten sind diese unterschiedlich lang und müssen daher so gebaut werden, dass sie gleiche Torsionssteifigkeiten und Widerstandsmomente aufweisen. Man sieht, Getriebe mit einer trockenen Reibkupplung und nachgeschalteten Zahnradstufen gibt es in vielen Ausführungen, um die Anforderungen der Fahrzeugbauer abzudecken. Getriebe sind keine Hauptelemente, sondern müssen sich unterordnen und irgendwie untergebracht werden. Die maßgeschneiderten Getriebe sind nur bei großen Serien wie bei der Pkw-Produktion finanziell vertretbar. Daher werden bei Personenwagen alle Getriebe spe-
5 4.2 Anfahrelement Reibkupplung 77 Bild 4.4: Getriebe für Front-Längs-Einbau [19] ziell für einen Pkw-Typ entwickelt, sofern es sich um einen Front-Quer-Einbau handelt. Bei dem Standardantrieb Motor vorn, Antrieb hinten ist es einfacher, unterschiedliche Getriebevarianten einzubauen. Zumindest in Bezug auf die Baulänge sind mehr Möglichkeiten vorhanden. Da in einem Pkw immer mehrere Motorisierungen angeboten werden, so müssen entweder verschiedene Getriebe passend dazu gebaut werden oder man geht Kompromisse ein in Bezug auf die Ausnutzung der einzelnen Bauteile. In diesem Fall gilt dann als Auslegungsbasis die Motorvariante mit dem höchsten Drehmoment. Da anders als bei den Verbrennungsmotoren, wo durch den Einsatz von Turboladern und Ladeluftkühlung gewaltige Leistungssteigerungen möglich sind, bei dem Getriebe nur durch mehr Bauvolumen auch mehr Moment möglich ist, bedeutet eine Überdimensionierung auch immer ein Mehrgewicht. Generell werden sich zukünftig durch die Drehmomente, die inzwischen Dimensionen wie bei den Nutzfahrzeugen erreicht haben, immer mehr Probleme ergeben. Da aber ein Pkw nur ein bestimmtes Gewicht hat und damit auch nur begrenzte Radkräfte aufbauen kann, so ist davon auszugehen, dass diese riesigen Motormomente nur bedingt auch zu höheren Beanspruchungen führen. Bei Nutzfahrzeugen hat sich die Standardbauweise mit dem Motor vorn und Getriebe in Längsrichtung bisher nicht verdrängen lassen. Abgesehen von den mehr Pkw-ähnlichen Transportern ist hier das Antriebskonzept unverändert. Da es sich um ein eigenes Gebiet der Getriebetechnik handelt, werden diese Konzepte in Abschnitt 4.6 separat erläutert. 4.2 Anfahrelement Reibkupplung Die Konzepte für manuelle Schaltgetriebe besitzen ausnahmslos zum Anfahren eine trockene Reibkupplung, die vom Fahrer mittels eines Kupplungspedals betätigt werden kann. Dieses Element ist erforderlich, um das Fahrzeug anzufahren. Eine Kupplung ist ein Drehzahlwandler, der bei laufendem Motor und stehendem Fahrzeug ein Abtriebsmoment bereitstellt. Das Besondere an der Reibkupplung ist das normally closed-verhalten. Mittels einer Tellerfeder
6 78 4 Schaltgetriebe Kraftausgleich Tellerfeder Kühlkörper Reibbeläge Öffnen Schließen Motor Zahnradstufen Bild 4.5: Kupplungssystem wird die Anpresskraft aufgebracht, und die Reibkupplung ist im nicht betätigtem Zustand geschlossen. Bild 4.5 zeigt eine prinzipielle Darstellung. Die Betätigung der Kupplung erfolgt dadurch, dass mittels eines Zentralausrückers, der nun wiederum vom Fahrer mit dem Kupplungspedal über eine Hebelanordnung oder mittels einer Automatik bedient wird, eine Unterbrechung des Kraftflusses erfolgt. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist die Kupplung ein getrenntes Bauteil. Dies hat sicher historische Gründe, da die Kupplung immer ein Zulieferteil war und ist. Sie ist räumlich getrennt vom Zahnradsatz, da sich z. B. Öl für die Beläge sehr negativ auf den Reibbeiwert auswirken würde. Das Einschalten einer Kupplung erfolgt durch Entlasten des Kupplungspedals, Ausschalten durch Betätigen des Kupplungspedals. Da über die Hebelarmanordnung der Tellerfeder und damit die Festlegung des Anstützpunktes im geschlossenen Zustand eine Umlenkung möglich ist, so existieren im Prinzip zwei Ausführungen (Bild 4.6; 4.7). Es gibt die gezogene Ausführung und die gedrückte Ausführung. Bei der gezogenen Ausführung sind auf Grund des größeren Verhältnisses von b / a höhere Anpresskräfte erreichbar. Daher findet man diese Ausführung vorwiegend bei Nutzfahrzeugen, da die Kupplungen in Nutzfahrzeugen höhere Momente Daher wird der Zahnradteil gern auch als Getriebe bezeichnet und die Kupplung als eigenes Bauteil. In unserer Definition aber gehört die Kupplung zum Getriebesystem dazu, denn ohne die Kupplung wäre die Bedingung des Anfahrens nicht realisierbar. Bild 4.6: Gedrückte Ausführung [61]
7 4.2 Anfahrelement Reibkupplung 79 die Belastung. Gerade das Lastmoment kann bei fehlerhafter Bedienung zu unzulässigen Wärmebelastungen führen. Das Problem der normalen trockenen, vom Fahrer betätigten Reibkupplung ist die Fehlbedienung. Dies kann ein falscher Gang, zu hohe Motordrehzahl usw. sein. Eine Überbelastung der Kupplungsbeläge führt zu vorzeitiger Schädigung. Die Folge davon ist in der Regel ein Reibbeiwertabfall und damit eine noch höhere Schaltarbeit wegen der längeren Rutschzeiten und letztlich das Versagen der Kupplung. Ein weiteres Problem stellt das Sicherheitskonzept dar, da grundsätzlich bei Nichtbetätigung ein Kraftschluss zwischen Motor und Getriebe vorhanden ist. Bild 4.7: Gezogene Ausführung [61] übertragen müssen. Auch muss die Abstützung an der Getriebeglocke bei der gezogenen Ausführung entsprechend den Hebelarmen dimensioniert werden. Bei der gedrückten Ausführung sind die Kräfte geringer, wie man leicht mit den Gesetzen der technischen Mechanik zeigen kann. Diese einfache Reibkupplung hat ein über Jahrzehnte entwickeltes, bewährtes Konzept. Die Problematik der Reibkupplung liegt in der Belastung beim Anfahren. Allein durch Erhöhung der Differenzdrehzahl zwischen Motor und Getriebe, was nur einer höheren Motordrehzahl entspricht, ergeben sich höhere Reibleistung und Schaltarbeiten. Da Rollwiderstand und Steigungswiderstand während des gesamten Einkuppelvorganges wirken, so spielt neben der Gangübersetzung vor allem das Motormoment eine entscheidende Rolle für Dies kann z. B. beim Anlassen mit eingelegtem Gang zu einem unbeabsichtigten Bewegen des Fahrzeuges führen. Andererseits kann das Blockieren des Motors im Stillstand zum Halten des Fahrzeuges ausgenutzt werden. Die trockenen Reibbeläge haben den großen Vorteil der wesentlich höheren Reibbeiwerte (Größenordnung 0,25 0,4) im Vergleich zu nasslaufenden Elementen (Größenordnung des Reibbeiwertes ca. 0,07 bis 0,1). Entscheidend für die Größe des übertragbaren Momentes sind der mittlere Durchmesser auf die Belagfläche bezogen, der Reibbeiwert und die Anpresskraft durch die Federn. Durch den hohen Reibbeiwert der trockenen Beläge ist mit Hilfe von Tellerfedern in den vorgegebenen Baugrößen das Motormoment übertragbar. Alle trockenen Reibkupplungen sind aus Gründen des Lastausgleichs als Zweiflächenkupplungen ausgebildet. Hierdurch wird bei eingerücktem Zustand keine Axialkraft auf Motor- bzw. Getriebeseite übertragen. Für Sonderanwendungen und für besonders hohe Momente gibt es auch Zweischeibenkupplungen. Diese haben dann vier Reibflächen. Das Problem ist dabei aber in der Regel ein nicht gleichmäßiger Traganteil, sodass nicht mit den vollen vier Flächen gerechnet werden darf. Darüber hinaus wird der
8 80 4 Schaltgetriebe Bauaufwand zum Entlasten wesentlich größer. Die Berechnung des übertragbaren Momentes erfolgt nach Gleichung (4.1) und die Berechnung der Schaltarbeit erfolgt nach Gleichung (4.2). M = F r µ z (4.1) Kupplung Feder M ra ri ra + ri mit r M = ; r r 2 z Anzahl der Reibflächen t E QVerlust = PVerlust d t mit t 0 t E A I = MKupplung ( ωmotor ωkupplung)dt ω t 0 Motor = konst. und ω = f( t ) Kupplung 2 Rutschzeit (4.2) ωmotor MMotor mfahrzeug χ Q = i i 2 MMotor η m g( fr cosα+ sin α ) rdyn. rdyn. Die Berechnung der Schaltarbeit kann nur näherungsweise erfolgen. Durch das Lastmoment, das sich beim Anfahren ändert, und durch den nicht konstanten Verlauf der Motordrehzahl kann die genaue Berechnung nur erfolgen, wenn das Kupplungsmoment und die Drehzahlen der Primärseite sowie der Sekundärseite bekannt sind. Auf Grund der bekannten Zusammenhänge kann dann einfach über eine Differenzbildung die Verlustleistung der Kupplung berechnet werden. Die Verlustleistung ergibt sich aus der Drehzahldifferenz von Antriebswelle minus Abtriebswelle multipliziert mit dem Kupplungsmoment. Eine Kupplung ist ein Drehzahlwandler; daher entspricht das Verhältnis von Abtriebsdrehzahl zu Antriebsdrehzahl dem Wirkungsgrad einer Kupplung. Dies wird zum Beispiel in der Realität ausgenützt, indem man die Schaltarbeit durch die Erfassung der Drehzahlen und durch das Kupplungsmoment abschätzen kann und damit die angefallene Schaltarbeit aufaddiert, um eine kritische Belastung rechtzeitig zu erkennen und geeignete Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Mit einigen zulässigen Vereinfachungen, wie konstantes Motormoment und konstante Motordrehzahl, kann man die Schaltarbeit vorab bestimmen. Damit erhält man die Gleichung (4.2). Man kann erkennen, dass die Verlustarbeit proportional zur Wagenmasse und umgekehrt proportional zur Wandlung und zum Motormoment ist. Besonders negativ wirkt sich eine zu hohe Motordrehzahl aus, da diese im Quadrat die Verlustarbeit erhöht. Das Problem einer trockenen Reibkupplung ist die Wärmeabfuhr der angefallenen Schaltarbeit. Es gibt keine Kühlung außer durch die Umgebungsluft, sodass die beim Kupplungsvorgang entstehende Wärmemenge zunächst in den Metallscheiben gespeichert werden muss und dann nur relativ langsam an die Umgebung abgegeben wird. Dies führt dazu, dass schwere Anfahrvorgänge nur in einem bestimmtem zeitlichen Abstand durchgeführt werden können, ohne zu einer Überlastung zu führen. Die Abkühlung ist in erster Linie zeitabhängig, sodass mehrere Anfahrvorgänge hintereinander ebenfalls zu einer Übertemperatur führen können. Es kann sowohl durch einen einzelnen Anfahrvorgang wie auch durch mehrere Schaltvorgänge hintereinander eine Schädigung der Beläge erfolgen. Bei einem Anfahrvorgang liegt dies vor allem in der Wahl ungeeigneter Parameter, die zu einer zu starken Erwärmung führen. Mehrere Schaltvorgänge hintereinander, ohne eine ausreichende Abkühlzeit dazwischen, führen ebenfalls zu einem erhöhten Belagverschleiß. Um alle vom Fahrer direkt beeinflussbaren Parameter, die sich negativ auf die Belastung auswirken, zu vermeiden und die Kupplungsstandzeiten zu erhöhen, werden vermehrt automatisierte Kupp-
9 4.2 Anfahrelement Reibkupplung 81 lungssysteme entwickelt und angeboten. Bereits seit mehr als zwanzig Jahren werden solche Systeme in Nutzfahrzeugen eingesetzt. Hier ist man sich inzwischen so sicher, dass Garantien im Fernverkehr bis zu km Laufleistung gegeben werden. Inzwischen gibt es auch eine ganze Reihe von Pkw- Modellen mit automatisierten Kupplungsbetätigungen in Verbindung mit automatisierten Schaltgetrieben. Bei einer automatisierten Kupplung gibt es im Prinzip zwei Betätigungsarten. Zum einen wird das Kupplungspedal des Fahrers bzw. die Bewegung durch einen Elektromotor ersetzt. Im anderen Falle wird der Zentralausrücker direkt mittels eines Hydraulikkolbens beaufschlagt. Bei beiden Systemen muss im Prinzip die Software des Fahrerfußes in das System einprogrammiert werden. Im Gegensatz zu Schaltelementen in Automatgetrieben erfolgt das Einkuppeln durch Entlasten. Hierzu sind sehr ausgefeilte Steuerungen notwendig, so muss zum Beispiel eine Entlastung bis zum kiss point darunter versteht man das Anlegen der Kupplung und den Start der Momentenübertragung sehr schnell erfolgen. Ab diesem Punkt muss das Öffnen sehr gesteuert und langsam erfolgen. Alle automatisierten und automatischen Systeme, bei denen der Fahrer keinen Eingriff mehr hat, müssen immer unter allen Bedingungen mindestens so gut wie ein guter Fahrer reagieren und dürfen keinerlei Stöße oder sonstige unerwünschte Reaktionen erzeugen, um die entsprechende Akzeptanz zu erzielen. Dies ist eine große Herausforderung für Entwickler automatisierter Kupplungssysteme. Natürlich kann hier vor allem im Nutzfahrzeugbereich durch gezielte Auswahl der Größen wie Motordrehzahl, Motormoment und der richtigen Gangwahl die Schaltarbeit gering gehalten werden. Das Bild 4.8 zeigt die Problematik beim Anfahren eines Lkw mit 40 Tonnen Gesamtgewicht an einer Steigung von 10%.Dies ist sicher kein alltäglicher Betriebszustand, aber man kann aus dem Berechnungsblatt entnehmen, dass diese Anfahrt ohne Probleme verkraftbar ist, wenn die richtigen Para- 2,5 spez. Schaltarbeit [J /mm.mm ] 2 1,5 1 0,5 Motormoment 500 Nm Motormoment 700 Nm Motormoment 900 Nm Motordrehzahl [1/min] Bild 4.8: Spezifische Schaltarbeit Anfahrt 40-t-Lkw bei 10 %Steigung
10 82 4 Schaltgetriebe meter eingehalten werden. Da ist zum einen die Wahl des Motormomentes. Wählt man dieses zu klein, in diesem Fall unter 400 N m, kommt es nicht zum Beenden des Anfahrvorganges, und die Schaltarbeit steigt bis zur Zerstörung der Kupplungsbeläge. Je höher man das Motormoment wählt und je kleiner die Drehzahl, desto geringer bleibt die Schaltarbeit. Dies ist damit erklärbar, dass bei geringer Drehzahl auch der Schließvorgang bei der kleinstmöglichen Geschwindigkeit erfolgt und dass mit großem Motormoment die Schaltzeit kurz wird. Man sieht, dass eine Erhöhung der Motordrehzahl die spezifische Belastung überproportional steigert. Zwar sind alle Werte nach Herstellerangaben noch im grünen Bereich, aber Beanspruchungen über 1J/mm 2 dürften nicht lebensdauerfördernd sein. Außer für den Anfahrvorgang wird bei Stufengetrieben die Kupplung auch benötigt, um nach dem Wechsel der Übersetzungsstufen die Synchronisierung des Motors an die Abtriebsseite vorzunehmen. Da sich aber das Fahrzeug in Bewegung befindet, muss nur die träge Masse des Motors passend zur Fahrgeschwindigkeit synchronisiert werden. Beim Hochschalten ist dies unproblematisch, da der Motor durch innere Reibung Drehzahl verliert und sich so seiner Anschlussdrehzahl selbst anpasst oder zumindest dieser entgegenkommt. Bei Rückschaltungen muss der Motor auf die höhere Drehzahl geschleppt werden. Beide Schaltungsvorgänge sind jedoch in der Belastung deutlich geringer als der Anfahrvorgang und tragen daher zum Belagverschleiß nur sekundär bei. Es ist allerdings so, dass jeder Schaltvorgang, ob Anfahren oder nur der Gangwechsel, mit Verschleiß verbunden ist. Dieser kann zwar durch die Wahl der richtigen Parameter klein gehalten werden, aber er ist vorhanden. Die Kupplung bestimmt daher die Lebensdauer eines Antriebsstranges und hat von allen Bauteilen die geringste Standzeit. Daher kommen bei Fahrzeugen, die viele Anfahrvorgänge und hohe Schaltfrequenzen haben, vorwiegend verschleißfreie Systeme zum Einsatz (Kapitel 5 und 7). 4.3 Synchronisierung Betrachtet man ein Stufengetriebe, so kann man feststellen, dass der Wechsel zwischen zwei Übersetzungsstufen eine Änderung der Motordrehzahl zur Folge haben muss. Man kann sich leicht vorstellen, dass sich die Abtriebsdrehzahl während einer Schaltung, die in einer Zeitspanne von maximal 2Sekunden abläuft, praktisch nicht ändert. Dies hätte gewaltige Beschleunigungen des Fahrzeuges zur Folge. Wird beim Schaltvorgang nun die Verbindung zwischen Motor und Getriebe unterbrochen, so drehen nach wie vor alle getriebeinternen Wellen mit der Drehzahl des vorherigen Ganges. Zum Schalten in den neuen Gang ist es nun erforderlich, dass zumindest alle vor der übersetzungsbildenden Zahnradstufe liegenden Getriebeteile und Wellen auf die neue Drehzahl gebracht werden müssen. Hier geht es nur um das Herstellen der Zahnradverbindung für den neuen Gang. Da dies mittels einer mechanischen Klauenverzahnung erfolgt, ist zuvor eine synchrone Drehzahl erforderlich. In diesem Augenblick ist die Trennkupplung zwischen Motor und Getriebe geöffnet, und es müssen nur die primärseitigen Zahnräder und Wellen auf die neue Drehzahl gebracht werden. Prinzipiell gibt es dazu zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit besteht darin, dass man bei offener Kupplung wartet, bis die Drehzahl auf Grund der inneren Reibung entsprechend abgesunken ist. Im Falle des Zurückschaltens und einer erforderlichen Drehzahlerhöhung ist dann allerdings eine Energiezufuhr notwendig, die nur vom Verbrennungsmotor kommen kann. In dem Falle ist, bevor der Gang geschaltet werden kann, die Hauptkupplung zu schließen, entsprechend die Drosselklappe zu öffnen, d. h. der Motor zu beschleunigen, dann die Hauptkupplung wieder zu öffnen und der Gang einzulegen. Diese Methode nennt man Zwischengas und bei unsynchronisierten Getrieben muss man nach wie vor so schalten.
11 4.3 Synchronisierung 83 Die zweite, modernere Variante besteht in der Verwendung von Synchronelementen. Diese Synchronelemente sorgen durch Reibung dafür, dass die getriebeinternen Teile entsprechend beschleunigt oder verzögert werden. Den prinzipiellen Aufbau und die Funktion einer Synchronisation zeigt Bild 4.9. Entscheidend bei der Synchronisation ist, dass übrigens genauso wie bei einer Klauenschaltung sich die zu schaltenden Zahnräder ständig im Eingriff befinden. Geschaltet wird lediglich die formschlüssige Verbindung zwischen dem Zahnrad und der Welle. Bevor die formschlüssige Klauenverbindung zum Eingriff kommt, die das hinzuzuschaltende Zahnrad mit der Welle fest verbindet, wird dieses Zahnrad zuerst mit Hilfe eine Reibelements auf die Wellendrehzahl beschleunigt bzw. abgebremst. Das Herstellen des Gleichlaufes von Welle und Zahnrad nennt man Synchronisation. Die Betätigung erfolgt durch die Verschiebung des Schalthebels. Damit dies für den Fahrer möglichst komfortabel und einfach erfolgt, besitzen die Synchronisierungen einen so genannten Sperrring.Dieser Sperrring hat die Aufgabe, ein Weiterschieben der Gangmuffe so lange zu blockieren, bis Drehzahlgleichheit erreicht ist. Hier gibt es verschiedene Konzepte und Konstruktionen der einzelnen Hersteller. Sobald aber ZF-Sperrsynchronisierung (System B ). 1 Zahnrad; 2 Kupplungskörper; 3 Synchronring; 4 Synchronkörper; 5 Druckfeder; 6 Kugelbolzen; 7 Druckstück; 8 Schiebemuffe Bild 4.9: Aufbau und Funktion einer Synchroneinheit [39]
Konstruktion - Methoden und Getriebe -
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