Gesetzliche Rentenversicherung
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- Maja Kerner
- vor 6 Jahren
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1 Gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige Lästige Pflicht oder auch sinnvolle Alternative?
2 Gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige Lästige Pflicht oder auch sinnvolle Alternative? Rolf Winkel Akademische Arbeitsgemeinschaft I Mannheim
3 2017 by Akademische Arbeitsgemeinschaft Wolters Kluwer Deutschland GmbH Postfach Mannheim Telefon 0621/ Telefax 0621/ Auflage Stand: April 2017 Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Angaben wurden nach genauen Recherchen sorgfältig verfasst; eine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben ist jedoch ausgeschlossen. Redaktion: Annette Winkler Verlagsleitung: Hubert Haarmann Layout: futurweiss, Wiesbaden Umschlaggrafik: contrastwerkstatt AdobeStock Druck: Williams Lea & Tag GmbH, München ISBN
4 Vorwort Für Arbeitnehmer ist die Altersvorsorge Pflicht. Wenn Sie selbstständig sind steht es Ihnen dagegen frei, ob und wie Sie Vorsorge fürs Alter treffen. Klar ist jedenfalls: Altersvorsorge ist auch für Sie notwendig, es sei denn, Sie akzeptieren, im Alter auf die Alters-Sozialhilfe, die»grundsicherung im Alter«, angewiesen zu sein. Das passiert Selbstständigen übrigens heute bereits relativ häufig. Bislang machen Sie möglicherweise einen weiten Bogen um die gesetzliche Rentenversicherung (GRV). Zu Unrecht wie wir Ihnen im Folgenden zeigen werden. Denn der Ertrag gesetzlicher Beiträge ist vielfach deutlich höher als der von Privatrenten. Dazu hat die von der Stiftung Warentest herausgegebene Zeitschrift»Finanztest«gerade in der Ausgabe März 2017 aktuelle Berechnungen veröffentlicht. Danach bekommt ein Selbstständiger, der ab 55 privat über einen Rürup-Vertrag vorsorgt, später rund 30 % weniger heraus als bei einer Absicherung über die»gesetzliche«. In diesem Ratgeber zeigen wir Ihnen, wie Sie als Selbstständiger die GRV nutzen können. Überwiegend geht es dabei um die Zahlung freiwilliger Beiträge. Angesichts der dramatisch gesunkenen Erträge privater Anlagen kann sich die Rendite gesetzlicher Beiträge durchaus sehen lassen. Für manche Selbstständige kann es sich aber lohnen, sich noch mehr an die Gesetzliche zu binden. Dies gilt etwa dann, wenn Sie gesundheitliche Handicaps haben, die Ihnen den Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung unmöglich machen. Eine Antragspflichtversicherung in der GRV kann in solchen Fällen mindestens den Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente sicherstellen. Über diese und eine Reihe weiterer Leistungen der GRV informiert dieser Ratgeber. Unser (oder mein) Tipp: Prüfen Sie doch vorurteilsfrei, was die gesetzliche Rentenversicherung Ihnen bietet! Rolf Winkel
5 INHALTSVERZEICHNIS Inhalt 1 ÜBERBLICK DER ERTRAG: WAS DIE GESETZLICHE RENTE BRINGT Die Entgeltpunkte sind entscheidend Steuervorteile und Dynamisierung Die Erwerbsminderungsrente PFLICHTVERSICHERTE SELBSTSTÄNDIGE Überblick Welche Rolle eigene Arbeitnehmer spielen Lehrer und Erzieher Pflegepersonen Hebammen und Entbindungspfleger Hausgewerbetreibende Handwerker PFLICHTVERSICHERTE SELBSTSTÄNDIGE: SONDERGRUPPE»ARBEITNEHMERÄHNLICHE SELBSTSTÄNDIGE« Abhängigkeit von einem Auftraggeber Die Fünf-Sechstel-Verdienstgrenze Keine Versicherungspflicht bei Beschäftigung eigener Arbeitnehmer Drei Jahre Schonfrist nach der Existenzgründung Befreiung von der Versicherungspflicht in sonstigen Fällen Wenn Versicherungspflicht nach mehreren Vorschriften besteht PFLICHTVERSICHERTE SELBSTSTÄNDIGE: SONDERGRUPPE»KÜNSTLER UND PUBLIZISTEN« Für wen die Künstlersozialkasse (KSK) infrage kommt Arbeitgeberfunktion bei der Sozialversicherung Einfache Beitragsfestsetzung aufgrund einer Selbsteinschätzung
6 INHALTSVERZEICHNIS 6 VERSICHERUNGSPFLICHT AUF ANTRAG Für wen die Pflichtversicherung auf Antrag infrage kommt Vorteile der Versicherungspflicht auf Antrag Beiträge von Antragspflichtversicherten FREIWILLIG IN DER GESETZLICHEN RENTENVERSICHERUNG Regelungen zur freiwilligen Versicherung Welche Rentenansprüche freiwillige Beiträge bringen Antrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge MELDEPFLICHTEN VON SELBSTSTÄNDIGEN Unterschiedliche Regelungen zu Meldung und Meldefrist Nachforderung von Beiträgen DIE BEITRAGSBERECHNUNG Überblick Pauschale Beitragsberechnung Gewinnabhängige Beitragsberechnung Beitragsberechnung zu Beginn der Selbstständigkeit Sozialklausel für schlechte Jahre Versicherungsfreiheit oder Mindestbeitrag? WARUM RENTENANSPRÜCHE AUCH FÜR DIE KRANKEN- VERSICHERUNG WICHTIG SIND Beitragslast im Alter bei Mitgliedschaft in der KVdR und Rentenanspruch Wer erhält eine gesetzliche Rente und wer kommt in die KVdR? AUCH EIN THEMA FÜR SELBSTSTÄNDIGE: BEITRAGSERSTATTUNG Wann Selbstständige einen Erstattungsanspruch haben Der Auszahlungsanspruch...93 INDEX
7 Überblick 1 1 Überblick Arbeitnehmer sind in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) pflichtversichert. Selbstständigen steht es dagegen vielfach frei, ob und wie sie Vorsorge fürs Alter treffen. Klar ist jedenfalls: Altersvorsorge ist auch für sie notwendig, es sei denn, man akzeptiert, im Alter auf die Alters-Sozialhilfe, die»grundsicherung im Alter«angewiesen zu sein. In diesem Beitrag geht es darum, welche Bedeutung die gesetzliche Rentenversicherung dabei für Selbstständige haben kann. Die Antwort auf diese Frage fällt bei vielen Experten heute angesichts des inzwischen erreichten Rekordtiefs bei privaten Geldanlagen, das private Rentenversicherungen zusehends unattraktiver macht, anders aus als noch im letzten Jahrzehnt.»Überraschung im Rentenduell«, titelte die Zeitschrift Finanztest schon vor Jahren und stellte fest:»die vielgescholtene gesetzliche Rente macht neben Rürup- und Privatrente keine schlechte Figur. Jeder Selbstständige kann sie nutzen.«die von der Stiftung Warentest herausgegebene Zeitschrift kam damals zum Ergebnis, dass die gesetzliche Rente auch für Selbstständige zu einer besseren Versorgung führt als herkömmliche private Rentenversicherungen und etwa gleiche Ergebnisse wie eine private Absicherung durch eine Rürup- oder Basis-Rente bringt. Seitdem ist die Rendite konservativer privater Anlagen, auf die private Rentenversicherungen weitgehend angewiesen sind, noch weiter gesunken. Und ein Ende des Zinstiefs ist auch längerfristig nicht abzusehen. Ein Blick auf die Möglichkeiten, die die GRV auch Freiberuflern und Selbstständigen bietet, lohnt sich daher. Die Bandbreite reicht dabei von den über ihre Pflichtversicherung in berufsständischen Versorgungswerken in der Regel gut abgesicherten freien Berufen über die (relativ wenigen) in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Selbstständigen bis zu den etwa 2,5 Millionen Einzelunternehmern und Freiberuflern, denen es völlig freigestellt ist, ob und wie sie fürs Alter vorsorgen. Für alle 7
8 1 Überblick Selbstständigen und seit 2010 auch für die berufsständisch Versicherten gilt dabei: Eine Versicherung über die GRV ist in jedem Fall möglich. Berufsständisch Versicherte können zusätzlich freiwillige Beiträge in die GRV einzahlen. Andere Selbstständige können ihre komplette Alterssicherung freiwillig auf gesetzlichen Beiträgen aufbauen. Wichtig zu wissen: Die gesetzliche Rente bietet Selbstständigen außer der Alters absicherung ohne Aufpreis noch eine Reihe weiterer Vorteile, z. B. Absicherung von Hinterbliebenen, Leistungen zur Rehabilitation und die Erfüllung von Wartezeiten für einen früheren Altersrentenbeginn. Derzeit sind etwa Personen in der GRV freiwillig versichert. Wie viele davon selbstständig sind, weist die Statistik der Deutschen Rentenversicherung nicht aus, vermutlich handelt es sich bei den freiwilligen Beitragszahlern mehrheitlich um Selbstständige. Allerdings zahlen die Betroffenen überwiegend nur sehr geringe Beiträge. Darüber hinaus gibt es als weitere Variante statt der freiwilligen Versicherung die Option der»versicherungspflicht auf Antrag«. Knapp Versicherte haben nach den letzten hierzu vorliegenden Daten diese Option gewählt. Diese Variante ist gerade für gesundheitlich angeschlagene Selbstständige interessant. Wer pflichtversichert ist, ist nach Erfüllung der Wartezeit ohne Gesundheitsprüfung und ohne Aufschlag über die GRV gegen das Risiko der Erwerbsminderung abgesichert. Und schließlich gibt es rund Selbstständige, die im Prinzip gar keine Wahl haben. Der Gesetzgeber stuft sie pauschal als versicherungspflichtig ein, weil er sie als in der Regel schutzbedürftig ansieht. 8
9 Überblick 1 Im diesem Ratgeber erfahren Sie wann für Selbstständige eine Pflichtversicherung in der GRV besteht, wie ggf. die Pflichtversicherung gewählt werden kann, wie die Alternative der freiwilligen gesetzlichen Versicherung funktioniert, welche Beiträge zu zahlen sind und wie die»rendite«der gesetzlichen Rentenversicherung ausfällt, wobei natürlich auch der steuerliche Aspekt berücksichtigt wird. Klar ist allerdings: Die Absicherung in der GRV ist nur bis zu bestimmten Höchstbeiträgen möglich. Deshalb müssen gerade gut gestellte Selbstständige in jedem Fall in erheblichem Maße zusätzlich privat fürs Alter vorsorgen, um ihren Lebensstandard im Alter zu sichern. Und klar ist auch: Wer bereits seit Jahrzehnten beispielsweise über Privatrenten und Immobilien gut fürs Alter vorgesorgt hat, wird leicht auf die gesetzliche Rentenversicherung verzichten können. 9
10 Der Ertrag: Was die gesetzliche Rente bringt 2 2 Der Ertrag: Was die gesetzliche Rente bringt Für Selbstständige kommen sowohl Pflichtbeiträge als auch freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung infrage. Selbstverständlich will derjenige, der fürs Alter vorsorgt, zunächst einmal wissen, welche Rente er für seine Beiträge zu erwarten hat. Mit solchen»renditeberechnungen«tut sich die Deutsche Rentenversicherung schwer. Teilweise zu Recht: Denn bei der gesetzlichen Rente kommt es nicht nur darauf an, was im Alter an Altersruhegeld herauskommt. Mit ihren Beiträgen erwerben die Versicherten darüber hinaus ohne Zusatzbeitrag ein ganzes Paket von weiteren möglichen Ansprüchen: zum Beispiel auf eine Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente oder Reha-Maßnahmen. Doch man kann natürlich auch eine ganz enge»renditebrille«aufsetzen und nur die Altersrente betrachten. 2.1 Die Entgeltpunkte sind entscheidend Am wichtigsten sind die im Laufe eines Arbeitslebens erworbenen Entgeltpunkte (EP). Deren Höhe wird durch verschiedene Faktoren bestimmt. Die Regeln sind dabei für alle Versicherten, egal ob sie freiwillige oder Pflicht-Beiträge zahlen, weitgehend gleich. Ein EP bringt in den alten Bundesländern derzeit eine monatliche Altersrente von 30,45. Ein Durchschnittsverdiener erwirbt mit seinen Rentenversicherungsbeiträgen in einem Kalenderjahr genau einen Entgeltpunkt. Das Durchschnittsentgelt eines Rentenversicherten ist für 2017 vorläufig auf monatlich 3 092, festgesetzt. Das sind , im Jahr. Der Beitragssatz der GRV liegt derzeit bei 18,7 %. Für einen Durchschnittsverdiener fallen damit pro Jahr 6 938,45 (= , 0,187) an Beiträgen an. Bei Arbeitnehmern beteiligt sich hieran der Arbeitgeber mit 50 %. Bei Selbstständigen ist dies nur in wenigen Ausnahmefällen so. Vor allem Künstler und Publizisten müssen nur die Hälfte des Beitrags zahlen, weshalb für sie die Künst- 11
11 Pflichtversicherte Selbstständige 3 3 Pflichtversicherte Selbstständige Ein Teil der Selbstständigen hat bei der Rentenversicherung keine Wahl: Die Betroffenen sind qua Gesetz in der GRV pflichtversichert. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über diesen Personenkreis. 3.1 Überblick Rund Selbstständige sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. In der Statistik der GRV tauchen pflichtversicherte Selbstständige gleich mehrfach auf: Knapp Selbstständige sind danach»kraft Gesetz«versichert, weitere knapp sind als Handwerker pflichtversichert. Darüber hinaus fallen in diese Kategorie noch knapp »Künstler und Publizisten«, die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versicherungspflichtig sind. Da die Versicherungspflicht die Betroffenen nicht nur schützt, sondern sie auch teuer zu stehen kommt, neigen manche Selbstständige dazu, sich erst gar nicht mit diesem Thema zu beschäftigen und gar nicht erst Kontakt mit der Rentenversicherung aufzunehmen. Von einer solchen Politik des»kopf-in-den-sand-stecken«ist dringend abzuraten. Denn das sechste Sozialgesetzbuch regelt für die nach dem Gesetz versicherungspflichtigen Selbstständigen die grundsätzliche Meldepflicht ( 190 a Abs. 1 SGB VI). Die Betroffenen müssen sich danach innerhalb der ersten drei Monate der selbstständigen Tätigkeit bei der Deutschen Rentenversicherung Bund melden. Tun sie dies nicht, so riskieren sie zum einen, mit einem Bußgeld (wegen Begehung einer Ordnungswidrigkeit) belegt zu werden. Dieses kann bis 2 500, betragen (wobei, wenn überhaupt, allerdings geringere Bußgelder erhoben werden). Wichtiger ist jedoch, dass vielen Selbstständigen dann eine Nachforderung von Beiträgen für bis zu vier Jahre droht und dies dürfte die Betroffenen häufig in arge Nöte bringen. 21
12 Pflichtversicherte Selbstständige:»Arbeitnehmerähnliche Selbstständige«4 4 Pflichtversicherte Selbstständige: Sondergruppe»Arbeitnehmerähnliche Selbstständige«Hier geht es nicht um eine spezielle Berufsgruppe, sondern um bestimmte Merkmale der ausgeübten selbstständigen Tätigkeit: Für Solo-Selbstständige mit nur einem Auftraggeber besteht Rentenversicherungspflicht ( 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI). Diese Regelung wurde erst im Jahr 1999 eingeführt. 4.1 Abhängigkeit von einem Auftraggeber Selbstständige, die nach bestimmten Kriterien Ähnlichkeit mit Arbeitnehmern haben, müssen Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Dies gilt auch, wenn sie eindeutig Selbstständige sind. Wesentliches Merkmal dieser Selbstständigen ist die starke wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Auftraggeber. Häufig üben sie Tätigkeiten aus, die früher von Arbeitnehmern erbracht worden sind und inzwischen aus Kostengründen von den Unternehmen auf Selbstständige oder sogenannte freie Mitarbeiter verlagert worden sind. Unter die Vorschrift kann beispielsweise ein selbstständiger Kurierdienstfahrer, Ingenieur, Programmierer oder Handelsvertreter fallen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom , Az. L 2 R 445/10). 35
13 Pflichtversicherte Selbstständige:»Künstler und Publizisten«5 5 Pflichtversicherte Selbstständige: Sondergruppe»Künstler und Publizisten«5.1 Für wen die Künstlersozialkasse (KSK) infrage kommt Selbstständige Künstler und Publizisten sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Für sie gelten jedoch besondere und ausgesprochen vorteilhafte Sonderregelungen, die sich im Künstlersozialversicherungsgesetz finden. Voraussetzung für ihre Versicherungspflicht ist zunächst wie bei anderen Selbstständigen, dass sie ihre Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Auch bei der Künstlersozialversicherung spielt die Beschäftigung eigener Arbeitnehmer durch den Selbstständigen eine Rolle. Die Regelung ist aber anders als etwa bei den selbstständigen Lehrern: Die Betroffenen dürfen genau einen Arbeitnehmer beschäftigen, aber nicht mehr. Es sei denn, die Beschäftigung erfolgt zur Berufsausbildung oder ist geringfügig. Erlaubt ist also die Beschäftigung eines Arbeitnehmers und zusätzlich eines Minijobbers. Versicherungspflicht besteht für den Künstler oder Publizisten, wenn sein voraussichtliches Jahreseinkommen höher als 3 900, (= 325, im Monat) ist, hier gilt also die ansonsten greifende 450-Euro-Regel nicht. Berufsanfänger können auch dann versicherungspflichtig sein, wenn dieses Mindesteinkommen nicht erreicht wird. Zu den Künstlern zählen alle Personen, die Musik, darstellende oder bildende Kunst schaffen oder unterrichten. Zu den Publizisten gehören u. a. Schriftsteller und Journalisten. 51
14 Versicherungspflicht auf Antrag 6 6 Versicherungspflicht auf Antrag Manche Selbstständige sind von Gesetzes wegen versicherungspflichtig. Wer selbstständig tätig ist und nicht zu diesen Versicherungspflichtigen gehört, kann sich jederzeit freiwillig gesetzlich versichern. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, die Versicherungspflicht zu wählen.»versicherungspflicht auf Antrag«nennt sich das und ist in 4 Abs. 2 des sechsten Sozialgesetzbuchs geregelt. Klar ist dabei: Selbstständige, die diese Variante wählen, gehen eine viel engere Bindung mit der Deutschen Rentenversicherung ein als diejenigen, die freiwillige Beiträge zahlen.!! Trotz der Verpflichtungen, die man mit einer Pflichtversicherung auf Antrag eingeht, lohnt es sich für Selbstständige, sich mit dieser Variante zu beschäftigen, denn Pflichtversicherte haben gegenüber freiwillig Versicherten bei der Deutschen Rentenversicherung erhebliche Vorteile. Hier sollen zunächst nur die Stichworte Erwerbsminderung, Reha und Riester-Rente genannt werden. Zudem bietet für Selbstständige aus den neuen Bundesländern die Pflichtversicherung ein interessantes Extra: Pflichtbeiträge sind für sie bei der Rente mehr wert als freiwillige Beiträge. Für den Antrag auf Pflichtversicherung ist das Formular V0020 vorgesehen, das Sie im Internet herunterladen können. 6.1 Für wen die Pflichtversicherung auf Antrag infrage kommt Die Pflichtversicherung können Selbstständige innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme ihrer Tätigkeit beantragen. Eine vorherige freiwillige Versicherung ist nicht erforderlich. Der Antrag kann also auch gestellt werden, wenn man schon (fast) fünf Jahre selbstständig tätig ist und bislang keine Beziehung zur gesetzlichen Rentenversicherung hatte. 55
15 Freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung 7 7 Freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung 7.1 Regelungen zur freiwilligen Versicherung Freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung kann in Deutschland jeder einzahlen, der mindestens 16 Jahre alt ist, nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) pflichtversichert ist und noch keine volle Rente bezieht. Für die meisten Selbstständigen kommt damit eine freiwillige Versicherung infrage. Umgekehrt bedeutet das: Wer als Selbstständiger (z. B. Handwerker oder Künstler) versicherungspflichtig ist und damit Pflichtbeiträge an die GRV abführt, dem steht die Möglichkeit der zusätzlichen freiwilligen Versicherung nicht offen. Die Beiträge können entweder laufend monatlich gezahlt werden. Sie können aber auch nachträglich bis spätestens zum 31. März des Folgejahrs auf einmal entrichtet werden.!! Die Nachentrichtung kann Ihnen ggf. noch einen kleinen Zinsvorteil einbringen. Zwischenzeitlich können Sie die Beiträge beispielsweise auf einem Tagesgeldkonto»parken«und so trotz des niedrigen Zinsniveaus einen kleinen Beitrag an Zinsen erwirtschaften. Freiwillig Versicherte müssen nicht regelmäßig Rentenversicherungsbeiträge entrichten. Sie müssen auch keine Vorversicherungszeiten beachten. Auch wer etwa 40 Jahre nicht mehr gesetzlich rentenversichert war, kann sich von heute auf morgen zur Zahlung freiwilliger Beiträge entscheiden und kurz danach die Beitragszahlung wieder einstellen. 59
16 Meldepflichten von Selbstständigen 8 8 Meldepflichten von Selbstständigen 8.1 Unterschiedliche Regelungen zu Meldung und Meldefrist Zur Meldung von Selbstständigen bei der Deutschen Rentenversicherung gibt es unterschiedliche Regelungen: Bei Handwerkern, Hausgewerbetreibenden, Seelotsen und Küstenschiffern sind die Auftraggeber bzw. die zuständigen Stellen für die Meldung zuständig. Bei Handwerkern als wichtigster Personengruppe ist dabei die Eintragung in die Handwerksrolle entscheidend. Die Meldung erfolgt also in aller Regel automatisch. Die Betroffenen haben keine Bringpflicht. Anders ist die Regelung bei Künstlern und Publizisten. Die Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz setzt erst ab dem Zeitpunkt der Meldung bei der Künstlersozialkasse ein. Die KSK prüft dann zwar noch, ob Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz vorliegt. Wird die Versicherungspflicht jedoch festgestellt, so gilt sie rückwirkend ab dem Meldezeitpunkt, aber nicht ab dem Zeitpunkt des Beginns der künstlerischen Tätigkeit, falls diese schon vorher begonnen wurde. Misslich ist dabei: Gegebenenfalls waren die Betroffenen auch vorher schon, etwa als (Musik- oder Kunst-)Lehrer oder als Selbstständiger mit nur einem Auftraggeber, rentenversicherungspflichtig und waren dabei, anders als bei der Künstlersozialversicherung, in der Pflicht, den vollen Rentenversicherungsbeitrag allein zu schultern. Diese vorher bereits bestehende Beitragspflicht und entsprechende mögliche Forderungen der Deutschen Rentenversicherung erlischt nicht durch die verspätete Meldung bei der Künstlersozialkasse. Die Meldung bei der KSK kann zunächst formlos erfolgen. Die KSK schickt dem Meldenden dann aber umgehend einen Fragebogen zur Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz zu. 65
17 Die Beitragsberechnung 9 9 Die Beitragsberechnung 9.1 Überblick Selbstständige, die ihre Versicherungspflicht der Deutschen Rentenversicherung anzeigen, erhalten von dieser recht bald einen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht kraft Gesetzes bzw. den Antrag auf Versicherungspflicht als selbstständig Tätiger. In diesem Antrag wird unter Punkt 4 auch unmittelbar die gewünschte Art der Beitragsgestaltung erfragt. Wichtig ist dabei: Egal was die Betroffenen hier ankreuzen: Durch die Festlegung bindet sich niemand auf Dauer an eine Lösung, die für ihn unzumutbar ist, ein gewisser Gestaltungsspielraum besteht hierbei für alle Selbstständigen. Für Selbstständige mit sehr niedrigem Einkommen wird der Beitrag dabei mindestens auf Grundlage eines Einkommens von 450, im Monat erhoben. 18,7 % hiervon sind 84,15. Der Maximalbeitrag errechnet auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze, die , beträgt, liegt bei 1 187,45 im Monat. Die Sonderregelungen für Künstler und Publizisten finden sich in. Mix von privater und gesetzlicher Vorsorge sinnvoll Nur relativ hohe Beiträge können eine auskömmliche Existenz im Alter sichern. Gerade gut verdienende Selbstständige werden alleine mit gesetzlichen Rentenbeiträgen, selbst nicht mit dem Höchstbeitrag ihren Lebensstandard im Alter aufrechterhalten können. Selbst wer 45 Jahre lang Höchstbeträge in die GRV einzahlt, was nur wenigen Selbstständigen möglich sein wird, wird nach dem heutigen aktuellen Rentenwert, der jährlich nach oben angepasst wird, maximal auf eine Altersrente von gut 2 700, kommen (angenommen wurden dabei: 90 Entgeltpunkte und der aktuelle Rentenwert West in Höhe von 30,45). Zusätzlich ist eine private Altersvorsorge notwendig. Versicherungsvertreter und Makler geben mitunter mehr oder weniger deutliche Tipps, die Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung so weit wie möglich herunterzufahren und statt- 69
18 Warum Rentenansprüche auch für die Krankenversicherung wichtig sind Warum Rentenansprüche auch für die Krankenversicherung wichtig sind Selbstständige, die fürs Alter vorsorgen, tun gut daran, auch die Sozialversicherungsabgaben zu beachten, die für Rentner anfallen. Wer aufpasst, kann dabei ordentlich Geld sparen. Eine Optimierungsmöglichkeit im Alter ist dabei die Kombination von a) gesetzlichem Rentenanspruch und b) der Pflichtmitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Beides zusammen sorgt dafür, dass die Beitragslast im Alter niedrig ausfällt Beitragslast im Alter bei Mitgliedschaft in der KVdR und Rentenanspruch Die (gesetzliche) Krankenversicherung der Rentner ist wie der Name schon sagt für gesetzliche Rentner vorgesehen. Das heißt: Wer keine gesetzliche Rente erhält, für den kommt die KVdR auch nicht infrage. Klar ist damit: Für Selbstständige, die nur privat fürs Alter vorsorgen, spielt sie deshalb keine Rolle. Warum ist die KVdR nun so interessant? Besonders sind hier nicht die Leistungen. Diese sind für alle gesetzlich Krankenversicherten weitgehend gleich. Die KVdR ist auch keine gesonderte Krankenkasse. Die Betroffenen sind weiterhin Mitglied ihrer gesetzlichen Kasse (also zum Beispiel der AOK, Knappschaft, einer Ersatz- oder Betriebskrankenkasse). Sie haben die gleichen Leistungsansprüche (abgesehen vom Krankengeld) wie Jüngere. Es gelten aber besondere Regeln für die Beitragserhebung und die sind tatsächlich exklusiv. Beiträge zur KVdR werden hierbei nämlich nur für die gesetzliche Rente, die Betriebsrente und Arbeitseinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erhoben. Keine Beiträge fallen auf eine private Rürup-Rente oder auf andere private Renten an und genauso wenig auf Miet- oder Kapitaleinkünfte. 87
19 Auch ein Thema für Selbstständige: Beitragserstattung Auch ein Thema für Selbstständige: Beitragserstattung Viele Selbstständige waren vor dem Beginn ihrer selbstständigen Tätigkeit einige Jahre versicherungspflichtig tätig, haben aber keinen Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente erworben. Die Betroffenen können daher, wenn sie die reguläre Altersgrenze erreichen, keine Rente erhalten. Stattdessen gibt es für sie die Möglichkeit der Beitragserstattung.!! Bevor Sie eine Beitragserstattung beantragen, sollten Sie a) sich von der Deutschen Rentenversicherung errechnen lassen, wie gering Ihr Erstattungsanspruch ist, und b) Alternativen, insbesondere die Zahlung freiwilliger Rentenbeiträge, prüfen, um dennoch einen Rentenanspruch zu erhalten Wann Selbstständige einen Erstattungsanspruch haben Die gesetzliche Regelung hierzu findet sich in 210 SGB VI. In Absatz 1 Nr. 1 heißt es dort:»versicherten, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben«, werden die Beiträge auf Antrag erstattet. Die genannte Voraussetzung erfüllt jeder, der derzeit 65 Jahre und fünf Monate alt wird und keine fünf Versicherungsjahre nachweisen kann. Keine Rolle spielt dabei, dass theoretisch die fünf Versicherungsjahre noch durch Zahlung von freiwilligen oder Pflichtbeiträgen erfüllt werden können. Dies bestimmen ausdrücklich die rechtlichen Arbeitsanweisungen der GRV zu 210 SGB VI Der Auszahlungsanspruch Der Auszahlungsanspruch ist, wenn er überhaupt besteht, ausgesprochen bescheiden. 93
20 Index Index A Airbnb-Vermieter 39 Altersrente für besonders langjährig Versicherte 57 Altersruhegeld vorgezogen 61 Amazon-Marketplace-Verkäufer 39 Arbeitnehmerähnliche Selbstständige 35 Arbeitseinkommen 76 Ausschlussfrist 48 Auszahlungsanspruch 93 B Befreiung von der Rentenversicherung 44 Beitragsberechnung 69 zu Beginn der Selbstständigkeit 79 Beitragsberechnung, gewinnabhängig 75 Beitragsberechnung, pauschal 71 Beitragserstattung 93 Beitragsnachzahlungen 67 Beitragssatz 72 Beitrittsgebiet 73 Berufskammer 48 Berufsständisches Versorgungswerk 48 Bezugsgröße 72 C Clearingstelle 36 D Deutsche Rentenversicherung Bund 66 Dynamisierung 15, 78 E Einkommensteuerbescheid 77 Entbindungspfleger 31 Entgeltpunkte 11, 18 Erstattungsanspruch 93 Ertrag 11 Erwerbsminderungsrente 16, 57 Erzieher 27 Existenzgründer 42, 74 F Familienangehörige 25, 30 Franchise 38 Freie Mitarbeiter 25 Freiwillige Versicherung 59 Fünf-Sechstel-Grenze 40 G GbR 26 Geringfügigkeitsgrenze 83 H Handwerk zulassungsfrei 32 zulassungspflichtig 32 Handwerker 32 Handwerksrolle 32 Hausgewerbetreibende 31 Hebamme 31 Heilhilfsberufe 29 Heilkundige 30 K Kooperationspartner 38 Krankenversicherung privat 13 der Rentner 87 KSK 51 Künstler 51 95
21 Index Künstlersozialkasse 51, 54 Küstenfischer 22 Küstenschiffer 22 KVdR 87 L Lehrer 27 Leiharbeitnehmer 25 M Maklerpool 39 Maximalbeitrag 69 Medizinische Rehabilitation 58 Meldepflicht 21, 65 Mindestbeitrag 75, 83 Mindestbeitragsbemessungsgrundlage 85 Minijobber 26 N Nebentätigkeit 39 Neue Bundesländer 73 P Pflegepersonal 29 Pflichtversicherung 21 Publizisten 51 R Regelbeitrag 72 Rentenanspruch 12 Rentenversicherungsnummer 66 Rentenversicherungsträger 66 Riester-Förderung 58 S Seelotsen 22 Selbsteinschätzung 79 Selbstständige freiwillig versichert 59 pflichtversichert 21 Versicherungspflicht auf Antrag 55 Selbstständige mit einem Auftraggeber 36 Solo-Selbstständige 36 Sozialklausel 82 Sozietät 26 Statusfeststellungsverfahren 36 Steuervorteile 14 U Uber-Fahrer 39 V Verlustjahre 85 Versicherungsfreiheit 83 Versicherungspflicht auf Antrag 55 Versicherungspflichtiger Arbeitnehmer 24 Versorgungswerk 48 Vorversicherungszeiten 17 W Wartezeit 60 Wesentlichkeit 40 Z Zurechnungszeit 18 96
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