Algebraische Körpererweiterungen I
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- Susanne Jaeger
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1 Algebraische Körpererweiterungen I Thomas Schmalfeldt, Florian Schuler Seminar über Galoistheorie, 18. Februar 2009 Inhaltsverzeichnis 1 Charakteristik und Primkörper 2 2 Grad einer Körpererweiterung 3 3 Adjunktion von Elementen 6 4 Algebraische und transzendente Elemente Endliche KE Transzendente KE Über Q transzendente Elemente in R
2 1 Charakteristik und Primkörper Definition: Für jeden Ring R mit Einselement 1 R hat man genau einen Ringhomomorphismus ϕ : Z R, n n 1 R, wobei n 1 R := 1 R R (n-mal) für n N und ( n) 1 R := n ( 1 R ), n N. Es gibt genau ein m N mit Ker ϕ = mz. Dieses m heisst Charakteristik von R, in Zeichen char(r). Bemerkungen: 1. Es gilt char(r) = min{k N \ {0} : k 1 = 0}, falls char(r) > Ist K ein Körper, so ist char(k) = 0 oder eine Primzahl. Beweis von 2.: Mit k, l N folgt aus 0 = m 1 = (kl) 1 = (k 1)(l 1), dass k 1 = 0 oder l 1 = 0. Ab jetzt bezeichnen wir mit K immer einen Körper. Bemerkungen: (i) char(k) = 0 n 1 0 für alle n 0, n N (ii) char(k) = p p 1 = = 0, aber k 1 0 für 0 < k < p k, p N Für den kanonischen Ringhomomorphismus ϕ : Z K bedeutet dies: (i) Ist char(k) = 0, so ist ϕ injektiv, man kann also Z mit ϕ(z) K identifizieren; weiter können wir auch den Quotientenkörper Q = Q(Z) als Unterkörper von K auffassen. (ii) Ist char(k) = p > 0, so gibt es einen eindeutig bestimmten Ringisomorphismus ϕ(z) = Z/pZ = F p. 2
3 Definition: Ein Körper heisst Primkörper, wenn er ausser sich selbst keine Unterkörper besitzt. (i) Für char(k) = 0 ist Q ein Primkörper, alle weiteren Primkörper sind isomorph zu Q. (ii) Für char(k) = p > 0 ist ein Primkörper F p, alle weiteren Primkörper sind isomorph zu F p. 2 Grad einer Körpererweiterung Definitionen: 1. Sei k ein Körper. Eine Körpererweiterung von k ist ein Oberkörper K von k, geschrieben K k. Beispiele: Q R, Q C, R C. 2. Ein Zwischenkörper von K k ist ein Körper L mit den Eigenschaften k L K, das heisst k K und L K sind Unterkörper. Beispiel: Q R C Ziel ist es, die Körpererweiterung möglichst schlank zu halten. Dazu wird eine Mass benötigt, welches die Grösse einer solchen Körpererweiterung K k angibt. Hierfür wird die Tatsache benutzt, dass K als Vektorraum über k angesehen werden kann. Dabei ist die Multiplikation mit Skalaren k K K die gewöhnliche Multiplikation in K, eingeschränkt in der ersten Komponente auf k. Definition: Der Körpergrad von K k, [K : k] := dim k (K) ist erklärt als die Vektorraum-Dimension von K über k. Beispiele: (i) [R : Q] =. Wäre nämlich [R : Q] = n <, so wäre R als Vektorraum über Q isomorph zu Q n. Nun ist aber die Menge Q n abzählbar, während R überabzählbar ist. Ein solcher Isomorphismus kann also nicht existieren. (ii) [C : Q] =. Wäre C endlich dimensional über Q, so wäre der Unterraum R von C erst recht endlich dimensional über Q, was nach (i) nicht zutrifft. 3
4 (iii) [C : R] = 2. Jede komplexe Zahl kann eindeutig in der Form a + bi = a 1 + b i mit a, b R geschrieben werden. Folglich ist (1, i) eine Basis von C über R. Gradformel: Ist k L K ein Zwischenkörper, so gilt [K : k] = [K : L] [L : k] Beweis: k ist ein Unterkörper von K. Seien [K : L] =: m und [L : k] =: n. Zu zeigen ist, dass K als Vektorraum über k eine Basis besitzt, die aus m n Elementen besteht. Dazu seien (y 1,..., y m ) eine Basis von K über L, (x 1,..., x n ) eine Basis von L über k. Die Behauptung lautet nun, dass B := (x 1 y 1, x 1 y 2,..., x 1 y m, x 2 y 1, x 2 y 2,..., x 2 y m,..., x n y 1, x n y 2,..., x n y m ) eine Basis von K über k ist. B ist ein Erzeugendensystem: Es sei a K. Dann ist a eine Linearkombination der y i mit Koeffizienten aus L: a = m b j y j, b j L. j=1 Die b j L sind aber ihrerseits Linearkombinationen der x i mit Koeffizienten aus k: n b j = c ij x i, c ij k. Durch einsetzen erhält man i=1 a = i,j c ij x i y j. B ist somit erzeugend. B ist linear unabhängig: Es seien r ij (1 i n, 1 j m) Elemente aus k mit r ij x i y j = 0. i,j 4
5 Da r ij, x i L gilt, ist auch s j = n r ij x i L, i=1 und es ist m s j y j = 0. j=1 Die y j sind aber über L linear unabhängig, und es folgt s j = 0 für 1 j m. Andererseits sind die x i linear unabhängig über k und aus s j = n r ij x i = 0 i=1 folgt r ij = 0 für alle i, j. Somit ist B linear unabhängig. Für unendliche Basen geht der Beweis weitgehend analog. 5
6 3 Adjunktion von Elementen Sei K k eine Körpererweiterung von k und A K eine Teilmenge von K. Seien a K, σ a der Einsetzungshomomorphismus: σ a : k[x] K, f f(a), k[x] der Polynomring über k. Sei k(x) der Körper der rationalen Funktionen auf k. Definition: Der kleinste Unterkörper von K, der der k A enthält, also k(a) := {L L K Unterkörper, (k A) L} wird der von A über k erzeugte Unterkörper von K genannt. Begriff: k(a) k entsteht durch Adjunktion von A an k. Notation: Falls A = {a 1,..., a n } endlich ist, schreibt man auch k(a) = k(a 1,..., a n ). Beispiel 1: C = R(i) R, [C : R] = 2 Beispiel 2: Q( 6) = {x + y 6 : x, y Q} = [Q( 6) : Q] = 2 Beispiel 3: Q( 3 2) = {x + y z 3 4 : x, y, z Q} = Q( 3 2, 3 4) = [Q( 3 2) : Q] = 3 Beispiel 4: [Q( n q) : Q] = n für q N prim. Analogie: Der Körper k(x) der rationalen Funktionen lässt sich als Überkörper von k auffassen. Dies ist aber keine Adjunktion im Sinne einer Körpererweiterung, weil der gemeinsame Überkörper nicht a priori bestimmt ist. Definieren muss man die rationalen Funktionen also nach wie vor als Quotientenkörper des Polynomringes. Anmerkung: Analog kann man k[a] als den von A über k erzeugten Unterring definieren. Analogie: Der Polynomring k[x] lässt sich dann auch als Überring von k auffassen (die Unbekannte X wird gewissermassen an k adjungiert). Definition: Eine Körpererweiterung k(a) heisst einfach, wenn es ein a A gibt so, dass K = k(a). Begriff: Das Element a heisst dann ein primitives Element der Körpererweiterung. Beispiel: Q( 2, 3) = {x + y 2 + z 3 + w 6 : x, y, z, w Q} = [Q( 2, 3) : Q] = 4, aber ist ein primitives Element. 6
7 4 Algebraische und transzendente Elemente Seien wiederum K k eine Körpererweiterung von k, a K und σ a der Einsetzungshomomorphismus wie oben. Definition: Ein Element a K heisst (i) algebraisch über k, falls gilt: Es gibt ein Polynom f k[x] \ {0} so, dass f(a) = 0. (ii) transzendent über k: sonst Anmerkung: Bedingung (i) ist äquivalent zu ker σ a {0}. Bedingung (ii) ist äquivalent zu ker σ a = {0}. Dies wiederum ist genau dann der Fall, wenn σ a injektiv ist. Definitionen: Eine Körpererweiterung K k heisst algebraisch, wenn alle Elemente von K algebraisch über k sind. Eine Körpererweiterung K k heisst transzendent, wenn K mind. ein über k transzendentes Element enthält. Eine Körpererweiterung K k heisst endlich, wenn ihr Grad endlich ist: [K : k] <. 4.1 Endliche KE Satz: Jede endliche KE L K ist algebraisch. Beweis: Sei [L : K] = n, α L beliebig. = α 0,..., α n sind linear abhängig über K. = c i K, nicht sämtliche = 0 : c 0 α c n α n = 0 = α algebraisch über K. Beispiel einer nicht-endlichen algebraischen KE: Q = {α C : α algebraisch über Q} Unendliche Kette von echten Zwischenkörpern: Q Q( 2 2) Q( 4 2) Q( 8 2) Q = [Q : Q] = 7
8 4.2 Transzendente KE Bemerkung: Sei a K k transzendent über k. Es gilt: a) Der Homomorphismus σ a induziert einen Körperisomorphismus k(x) k(a). b) [k(a) : k] = c) a 2 K ist transzendent über k und k(a 2 ) k(a). Die Aussage c) lässt sich noch verallgemeinern: Satz: Ist k ein Körper und x k(x) \ k, so ist x transzendent über k. 4.3 Über Q transzendente Elemente in R Lemma 1: Seien I eine abzählbare Menge und (A i ) i I eine Familie abzählbarer Mengen. Dann ist i I A i abzählbar. Lemma 2: Seien K ein abzählbarer Körper, n N 0 und P := {f K[X] : deg(f) = n}. Dann ist P abzählbar. Satz: Sei L K eine algebraische KE. Ist K abzählbar, so ist auch L abzählbar. In R gibt es also überabzählbar viele über Q transzendente Elemente. Literatur [1] G. Fischer: Lehrbuch der Algebra, vieweg Verlag (2008). [2] S. Bosch: Algebra, Springer Verlag (2004). [3] Persönliche Notizen, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Fred Rohrer. [4] H.H. Storrer: Script Galois-Theorie, Universität Zürich (SS 2002) 8
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