Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB)

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1 Juristische Ausbildung 2015(4): Grundstudium StR Univ.-Prof. Dr. Nikolaus Bosch Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) DOI /jura Der entschuldigende Notstand spielt zwar in Klausuren nur eine untergeordnete Rolle. Insbesondere aber in der Abgrenzung zum rechtfertigenden Notstand, der durch eine Güterbzw. Interessenabwägung und das Solidaritätsprinzip gekennzeichnet ist, eignet er sich gut, um ein Grundverständnis hinsichtlich der Unterscheidung von Rechtswidrigkeit und Schuld abzuprüfen. Rechtspolitisch ist die Regelung natürlich auch deshalb besonders interessant, weil Schuld i. S. eines»andershandelnkönnens«bei einem Notstandstäter nicht zwangsläufig fehlt, der Gesetzgeber aber in bestimmten Fallgruppen schlicht festgelegt hat, dass dem Handelnden eine Wahrung der Rechtsgutinteressen Dritter nicht zugemutet werden kann. I. Einführung Während die Regelung des rechtfertigenden Notstands Studierenden meist unmittelbar einleuchtet, weil sie die erforderliche Interessenabwägung leicht nachvollziehen können, stößt die ratio des 35 StGB nicht selten auf Befremden oder sogar Ablehnung, entschuldigt doch 35 in Ausnahmefällen etwa des Nötigungsnotstandes sogar die vorsätzliche Tötung Unbeteiligter,»nur«um das eigene Leben zu retten. Da in diesen Fällen eine Güterabwägung wegen des überwiegend propagierten Verbots, Leben gegen Leben abzuwägen, unmöglich ist, bedarf es anderer Gründe dafür, warum der Notstandstäter strafrechtlich nicht zur Rechenschaft gezogen wird. Rechtfertigen lässt sich der Verzicht auf eine Interessenabwägung vor allem damit, dass das Verhalten des Notstandstäters angesichts einer eng beschriebenen existenziellen Ausnahmesituation menschlich verständlich und damit ein normgerechtes Verhalten als unzumutbar erscheint. 1 So kommt beim entschuldigenden Notstand nach 35 StGB im Gegensatz zum rechtfertigenden Notstand nach 34 StGB nur eine Entschuldigung bei Gefahren für die existenziellen Rechtsgüter Leib, Leben oder die Fortbewegungsfreiheit in Betracht. Zudem muss der Täter bei 35 StGB handeln, um die Gefahr von sich oder einer nahe stehenden Person abzuwenden, während 34 StGB keine vergleichbare enge Begrenzung des Kreises der betroffenen Rechtsgutträger kennt. Der von 34 StGB geforderten positiven Interessenabwägung für das Erhaltungsgut steht somit beim entschuldigenden Notstand eine Begrenzung durch den auch in 35 I 2 StGB zum Ausdruck gebrachten Gedanken der Zumutbarkeit gegenüber. 34 StGB rechtfertigt sozial nützliche Handlungen, während eine durch 35 StGB entschuldigte Handlung zwar verboten bleibt, dem Täter aber ein anderes Handeln aufgrund der näher umschriebenen Konfliktsituation nicht zugemutet und ihm deshalb strafrechtlich auch nicht zum Vorwurf gemacht werden kann. II. Ratio von 35 StGB Früher wurde überwiegend davon ausgegangen, dass 35 StGB und auch andere Entschuldigungsgründe wie etwa die Notwehrüberschreitung oder der übergesetzliche entschuldigende Notstand vor allem auf der Annahme beruhen, dass dem Täter angesichts einer besonderen Ausnahmesituation ein normgemäßes Verhalten nicht mehr zugemutet werden kann. Inzwischen wird jedoch wohl überwiegend davon ausgegangen, dass auch der Unrechtsgehalt der Tat vermindert ist: Der Erfolgsunwert, weil der Täter schließlich auch zur Rettung eines bedrohten Gutes tätig wird und der Handlungsunwert, weil der Nikolaus Bosch: Der Autor ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht der Universität Bayreuth und Mitherausgeber dieser Zeitschrift. 1 Vgl. Otto AT 14 Rn. 1 auch zur Unterscheidung von Schuldausschließungs- und Entschuldigungsgründen, wobei er angesichts des Umstands, dass sich dem Täter durchaus ein gewisser Schuldvorwurf machen ließe, treffend von einem Verbot spricht, unter Umständen bestehende Schuld dem Täter vorzuwerfen.

2 348 Grundstudium StR Nikolaus Bosch: Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) vom Täter verfolgte Rettungszweck nicht außer Acht gelassen werden darf. 2 Ob mit dieser Neuausrichtung viel gewonnen ist, muss bezweifelt werden. Heute wird nicht mehr etwa i. S. eines früher vertretenen psychologischen Schuldbegriffs allein die subjektiv-seelische Beziehung des Täters zur Tat zum Maßstab der individuellen Vorwerfbarkeit erhoben. Gegenstand des Schuldvorwurfs ist vielmehr die in der Straftat zum Ausdruck kommende fehlerhafte Einstellung des Täters zu den Verhaltensanforderungen der Rechtsordnung. Nach dem heute vorherrschenden normativen Schuldbegriff wird dem Täter vorgeworfen, dass er rechtswidrig gehandelt hat, obwohl er unter den konkreten Umständen fähig gewesen war, normgemäß zu handeln. Damit lassen sich aber Unrecht und Schuld im Hinblick auf ein Handeln in Konfliktsituationen nicht klar trennen. Schuld als Vorwerfbarkeit der Tat im Hinblick auf die ihr zu Grunde liegende rechtlich tadelnswerte Gesinnung ist ein rechtliches Konstrukt und kein psychisch zu erhebender Befund. Er setzt damit auch in den für Entschuldigungsgründe ausschlaggebenden Fällen eines außergewöhnlichen Motivationsdrucks eine an Unrechtsmaßstäben orientierte Bewertung der Fähigkeit des Täters voraus, die Gebote des Rechts zu befolgen. Ob man den Rettungswillen des Täters nun als weniger rechtsfeindlich und damit unrechtsmindernd einstuft oder wegen der Rettungsmotivation die Fähigkeit andershandeln zu können als gemindert ansieht, ist nicht mehr als ein Spiel mit Worten. 3 Das verdeutlicht etwa die Gefahrtragungsklausel des 35 I 2 StGB sehr gut, denn wenn es etwa Bergführern zugemutet wird, auch Lebensgefahren im Interesse ihrer Kunden hinzunehmen, dann kann dies natürlich auf eine besondere sozialethische Pflichtbindung gestützt werden. 4 Mindestens ebenso gut lässt sich aber argumentieren, dass die Frage des Andershandelnkönnens mangels der Möglichkeit, einen tatsächlichen psychiatrischen Befund hierüber zu erheben, sich eben an den Fähigkeiten und Pflichten des angesprochenen Personenkreises zu orientieren hat. Jedenfalls wird heute überwiegend davon ausgegangen, dass bei Entschuldigungsgründen anders als bei Schuldausschließungsgründen die Schuld des Täters nicht ausgeschlossen ist, sondern der Täter auf Grund der Konfliktsituation, in der er sich befindet, die»nachsicht der Rechtsordnung«findet. 5 III. Aufbau des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) 1. Notstandslage a) Gegenwärtige Gefahr, d. h. objektive ex-ante Prognose ob Eintritt eines Schadens aufgrund tatsächlicher Umstände wahrscheinlich ist. Umfasst auch Fälle der Dauergefahr b) für Leib, Leben oder Freiheit des Täters, Angehörige oder nahestehende Personen 2. Notstandshandlung a) Erforderlichkeit, d. h. Gefahr nicht anders abwendbar (geeignet und mildestes Mittel) b) Ungeschriebenes Merkmal: Der durch die Rettungshandlung verursachte Schaden (Eingriffsverlust) darf nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum geretteten Gut (Erhaltungsgewinn) stehen. 3. Subjektiv Kenntnis der Notstandshandlung (sonst 35 II StGB) Rettungswillen 4. Ausnahmen: 35 I 2 StGB Gefahrtragung ist zumutbar Täter hat die Gefahr pflichtwidrig verursacht (str.) Täter steht in einem besonderen Rechtsverhältnis Sonstige Fälle zumutbarer Gefahrtragung (»namentlich«) 1. Fall (»Brett des Karneades«) 6 : Nach dem Untergang eines Schiffes erreichten zwei Schiffbrüchige, A und B, eine im Wasser schwimmende Planke, die nur eine Person tragen konnte. A wollte B zurückstoßen, um sich zu retteten. Hätte er Erfolg gehabt, wäre B sicher ertrunken. 2 Vgl. nur Wessels/Beulke/Satzger AT Rn. 433; Hörnle JuS 2009, 847; Roxin AT I 22 Rn. 4; ders. JA 1990, Zu Recht wirft Otto AT 14 Rn. 2 der h. M. vor, dass sie ohnehin nicht die systematisch gebotenen Konsequenzen aus der Doppelnatur zieht. 4 So etwa Wessels/Beulke/Satzger AT Rn Vgl. Otto AT 14 Rn. 1 m. w. N. Wäre B wegen Totschlags strafbar, wenn es ihm gelingt, sich zu retten, indem er den Angriff des A so abwehrt, dass dieser ertrinkt? 6 Vgl. hierzu Koriath JA 1998, 250; Renzikowski, JahrB. RuE 11 (2003), 269.

3 Grundstudium StR Nikolaus Bosch: Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) 349 Im Regelfall wird in Klausuren vor der Prüfung des entschuldigenden Notstands auf eine mögliche Rechtfertigung nach 32, 34 StGB einzugehen sein. 7 Dies auch deshalb, weil 35 StGB gerade in den Fällen greifen soll, in denen eine Güterdisproportionalität oder ein Abwägungsverbot besteht (oder) sich die Tat gegen Unbeteiligte richtet. Als wichtige Konsequenz der Verortung des entschuldigenden Notstands im Bereich der Schuld kann das von der Notstandshandlung betroffene Opfer sich gegen den weiterhin rechtswidrig bleibenden Angriff des Notstandstäters A mittels Notwehr zur Wehr setzen. Je nach Fragestellung in Klausuren kann deshalb gegebenenfalls eine Inzidentprüfung des Notstandstäters erforderlich sein. Ebenso muss bei der Erörterung von Klausurproblemen beachtet werden, dass aufgrund des Grundsatzes der limitierten Akzessorietät eine lediglich entschuldigte Tat teilnahmefähig bleibt. Problematisch ist in Fall 1 lediglich, ob B sich gegen den Angriff des A mittels Notwehr zur Wehr setzen darf (Inzidentprüfung der Strafbarkeit des A erforderlich). Da nach 35 I StGB die Tat des A nur entschuldigt ist, bleibt die Notstandshandlung selbst rechtswidrig. A hat B damit rechtswidrig angegriffen und B kann Notwehr üben. Zwar ist sein Notwehrrecht bei erkennbar schuldlos handelnden Personen aufgrund sozialethischer Erwägungen eingeschränkt, da hier ein Ausweichen etc. jedoch nicht möglich ist, verbleibt als gerechtfertigte Notwehrhandlung nur die Tötung des A. IV. Notstandslage 1. Notstandsfähige Rechtsgüter Fall 2 a: B, der Boss der am Ort tätigen Triaden, droht C, dem Besitzer eines Chinarestaurants in Frankfurt:»Dein Restaurant mit deinem gesamten Habe wird abbrennen, wenn du nicht K, meinen Konkurrenten, auf dem Drogenmarkt tötest.«in seiner großen Verzweiflung tötet C den K, da das Restaurant die wirtschaftliche und soziale Existenzgrundlage von ihm und seiner siebenköpfigen Familie darstellt. Kann die Tat des C aufgrund der Drohung des B entschuldigt sein? Fall 2 b: C bringt es trotz der Drohung des C nicht übers Herz, den K zu töten. B will nun ein Exempel statuieren und droht deshalb dem Bandenmitglied M:»Wenn Du das Restaurant nicht abbrennst, werde ich Dich töten lassen.«eine Notstandslage nach 35 StGB setzt eine gegenwärtige, nicht anders abwendbare Gefahr für eines der abschließend aufgezählten, fundamentalen Rechtsgüter (Leben, 7 Zur Falllösung vgl. nur Müller JURA 2005, 641 f. Leib oder Freiheit) eines eng umgrenzten Personenkreises voraus. Die erforderliche Gefahr kann von allen Quellen herrühren, die nicht bereits von 32 oder 34 StGB erfasst sind, d. h. sowohl von Sachen oder Naturereignissen als auch von Menschen. In der Rechtspraxis dürfte der häufigste Fall der sog. Nötigungsnotstand sein, z. B. die angedrohte Tötung, falls nicht eine strafbare Handlung des Bedrohten erfolgt. Ein entschuldigender Notstand kommt nur bei den enumerativ genannten notstandsfähigen Gütern Leib, Leben und Freiheit in Betracht. Die h. M. legt den genannten Gütern ein enges Begriffsverständnis zugrunde. So wird etwa nur das in den 211 ff. StGB geschützte Rechtsgut Leben, 8 nicht hingegen das ungeborene Leben als notstandsfähig angesehen, obwohl diese Unterscheidung im Gesetzeswortlaut nicht zwingend angelegt ist. 9 Die Differenzierung der h. M. dürfte sich allerdings kaum mit einem zumindest verfassungsrechtlich klar vorgegebenen Schutzauftrag und einem damit aus Art. 2 II GG abzuleitenden Begriffsverständnis vereinbaren lassen. Insoweit spricht nichts dagegen, den Nasciturus auch als»angehörigen«bzw. eine dem Täter»nahe stehende Person«anzusehen, auch wenn dieses Ergebnis vielleicht kriminalpolitisch etwa im Hinblick auf die Verhinderung eines Schwangerschaftsabbruchs durch die Schwangere nicht erwünscht sein mag. 10 Darüber hinausgehend verschließt sich die h. M. aber zu Recht einer extensiven Auslegung oder analogen Anwendung auf andere Güter. Dies gilt zunächst für die Ausdehnung des Begriffs»Leib«über Gefahren für die Gesundheit und das leibliche Wohl hinaus auf Gefahren für die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung. 11 Es dürften zwar nur wenige Fälle denkbar sein, in denen durch einen Angriff auf die sexuelle Integrität nicht zugleich eine nicht völlig unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohls erfolgt, 12 ist dies aber wie etwa bei Bildangriffen 8 Vgl. nur Fischer 35 Rn. 3; LK/Zieschang 35 Rn.12; Roxin AT 22 Rn. 24; ders. JA 1990, 101; SSW-StGB/Rosenau Rn Vgl. zutr. Otto AT 14 Rn. 6; Satzger JuS 1997, 804; Sch./Sch./ Perron 35 Rn. 5; SK-StGB/Rogall 35 Rn Zur erforderlichen Einschränkung bei legalem Schwangerschaftsabbruch durch die Konstruktion einer Duldungspflicht des Angehörigen Satzger JuS 1997, 805; Sch./Sch./Perron 35 Rn Anders Jakobs AT 20 Rn. 8; Matt/Renzikowski/Engländer 35 Rn. 5; Stratenwerth/Kuhlen AT 10 Rn. 105; dagegen etwa LK/Zieschang 35 Rn Problematisch allerdings die im sog. Spanner-Fall des BGH (vgl. NJW 1979, 2054) getroffene Feststellung, es könne hinsichtlich der Entschuldigung der Schüsse auf den Spanner dahin stehen bleiben,»ob für die sexuelle Selbstbestimmung der Ehefrau des Angekl. und damit für deren Freiheit oder für ihre körperliche Unversehrtheit«

4 350 Grundstudium StR Nikolaus Bosch: Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) denkbar der Fall, dann muss bei fehlender Rechtfertigung der Verteidigung gegen gegenwärtige Angriffe oder Gefahren nach 32, 34 StGB auch eine Entschuldigung ausscheiden. Vergleichbar wird die in 35 StGB angeführte»freiheit«auf den Schutz der Fortbewegungsfreiheit beschränkt und kann damit weder unmittelbar noch analog auf die allgemeine Handlungs- und Entschließungsfreiheit erweitert werden. 13 Die vereinzelt erhobene Forderung, bei psychischen Zwangssituationen vergleichbarer Intensität solle 35 StGB analog angewendet werden, 14 dürfte abgesehen von einem klar entgegenstehenden Willen des historischen Gesetzgebers 15 schon aus Gründen des fehlenden Maßstabs und des unklaren Schutzgehalts der allgemeinen Handlungsfreiheit abzulehnen sein. Gleichermaßen muss dies für eine teilweise befürwortete Ausdehnung auf nichthöchstpersönliche Rechtsgüter gelten, selbst wenn deren Verletzung nicht nur im Einzelfall einem Eingriff in die genannten Güter gleichkommen sollte. Beispielhaft könnte etwa an unersetzbare Sachgüter gedacht werden, die gleichsam das»lebenswerk ihres Inhabers«16 repräsentieren oder an Sachgüter, die die existenzielle Lebensgrundlage für den Betroffenen verkörpern. Die h. M. ist diesem Ansatz zu Recht nicht gefolgt, denn für 35 kann nicht allein entscheidend sein, welche individuelle Bedeutung und Wertschätzung der Einzelne einem Gut entgegenbringt. Die höchstpersönlichen Rechtsgüter Leben, Körper und Freiheit sind vor allem deshalb genannt, weil sie als allgemein anerkannte Grundlage jeder Lebensgestaltung universelle Anerkennung finden 17 und damit die Rechtsordnung eine darauf basierende Konfliktlage nicht einfach ignorieren kann. Sie unterliegen auch in ihrem grundsätzlichen Umfang allgemeiner Anerkennung und können damit Grundlage einer Zumutbarkeitsbetrachtung sein. Damit C in Fall 2a nach 35 StGB entschuldigt sein könnte, müsste eine gegenwärtige Gefahr für eines der abschließend aufgezählten notstandsfähigen Rechtsgüter vorliegen. Das Eigentum (hier der angedrohte Verlust des Restaurants als wirtschaftliche Existenzgrundlage des C und seiner Familie) entschuldigt jedoch nach h. M. auch im Nötigungstand nicht. eine weitere Dauergefahr bestand. Da der Spanner regelmäßig sofort bei Entdeckung aus dem Haus flüchtete, könnte tatsächlich nur eine durch sein Verhalten ausgelöste erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung eine Notstandslage begründen. Tatsächlich war die Tat aber ohnehin nach 34 StGB gerechtfertigt. 13 Vgl. Frister AT 20/6; Sch./Sch./Perron 35 Rn Vgl. dazu noch Schmidhäuser Studienbuch AT 8/ Vgl. BT-Drucks. IV/650 (E 1962), S So Jakobs AT 20 Rn. 9; ähnlich Köhler AT, S. 335; Timpe JuS 1984, 863 f.; hierzu auch Pawlik JahrB. RuE 11 (2003), Vgl. MüKo-StGB/Müssig 35 Rn. 16. In Fall 2b wird wohl überwiegend eine Rechtfertigung nach 34 StGB abgelehnt, obwohl M nur in Eigentumswerte eingreift, um sein Leben zu retten. 18 Zwar überwiegt das Leben des M zweifelsohne das Eigentum des C, dennoch soll eine Rettungshandlung nicht angemessen sein, weil sich der im Nötigungsnotstand handelnde Täter bei Eingriffen in Rechtsgüter Unbeteiligter»auf die Seite des Unrechts schlägt«. 19 Zudem wird für die Beschränkung auch das klassische»notwehrargument«ins Feld geführt, bei Rechtfertigung des Genötigten treffe den unbeteiligten Eigentümer eine Duldungspflicht und er könne nicht seinerseits Notwehr gegen den Angriff gegen seine Rechtsgüter ausüben. Würde man dem Eigentümer eine Notwehr versagen, könnte er sich nicht einmal auf 35 StGB berufen, da das Eigentum nicht notstandsfähig ist. Diese Lösung dürfte interessengerecht sein, da der Eigentümer bei Ausübung der Notwehr zumindest darauf Rücksicht nehmen muss, dass sich seine Notwehr gegen einen erkennbar schuldlos handelnden Täter richtet. Für M liegt hingegen bei Annahme einer gegenwärtigen nicht anders abwendbaren Gefahr für sein Leben (daran kann man hier angesichts der Möglichkeit der Inanspruchnahme polizeilicher Hilfe zweifeln) zumindest ein entschuldigender Notstand vor. Sollte C dann aber etwa M körperlich angreifen, würde M nach allerdings nicht unproblematischer h. M. nicht mehr entschuldigt handeln, da ihn nunmehr eine gesetzliche Duldungspflicht nach 35 I 2 StGB trifft Persönlicher Gefahrbezug Da 35 StGB einer besonderen seelischen Drucksituation des Täters Rechnung tragen will, muss die abzuwehrende Gefahr entweder dem Täter selbst, einem Angehörigen oder einer ihm nahestehenden Person drohen. Ein wenig inkonsequent erfolgt die Bestimmung eines Angehörigen als Gefahrobjekt ausschließlich mittels der Legaldefinition des 11 I Nr. 1 StGB, unabhängig davon, ob tatsächlich eine enge, eine Konfliktsituation auslösende Beziehung zwischen dem Täter und dem Angehörigen besteht. Da der Richter aber letztlich die Intensität und seelische Wirkung 18 Für eine Rechtfertigung aber, wenn das angedrohte Übel die relativ geringfügige Rechtsgutsverletzung deutlich überwiegt LK/Zieschang 35 Rn. 25; Matt/Renzikowski/Engländer 34 Rn. 41; SK- StGB/Günther 34 Rn. 48 f.; Küper, Darf sich der Staat erpressen lassen?, S. 47 ff.; dagegen Jäger AT Rn.161; Rengier AT 19 Rn. 54; Sch./Sch./Perron 34 Rn. 41 b; and. Bünemann/Hömpler JURA 2010, 184; vgl. auch Swoboda JURA 2007, Vgl. auch Kudlich PdW Fall Vgl. nur Rengier AT 26 Rn. 27; Sch./Sch./Perron 35 Rn. 32.

5 Grundstudium StR Nikolaus Bosch: Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) 351 der Notstandssituation auf den Täter ohnehin nicht ergründen kann, muss letztlich eine nicht psychologisierende, sondern eher normativ wertende Eingruppierung tauglicher Bezugsobjekte erfolgen. So werden auch unter den Begriff der»nahestehende Personen«solche persönliche Beziehungen subsumiert, die Angehörigenbeziehungen in der Intensität des Zusammengehörigkeitsgefühls vergleichbar sind, 21 wie dies zumindest bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften ohne weiteres der Fall sein wird Erforderlichkeit der Notstandshandlung und Prüfungspflicht des Täters Fall 3: A lernte in einer Bar zwei Männer (B und C) kennen und suchte mit diesen den P in dessen Wohnung auf, um dort zu übernachten. In der Nacht vernahm er einen Hilfeschrei des P und sah, wie B und C im Nebenzimmer mit einem Bajonett auf P einstachen. B und C wurden auf A aufmerksam, und B kam drohend auf A zugelaufen. A hatte das Gefühl, als nächster dran zu sein und versicherte B und C in seiner Angst,»er sei einer von ihnen«und»habe nichts gesehen«. B und C drohten A und erklärten ihm,»es werde ihm nichts passieren, wenn er zur Sicherheit mitmache«. Aus Angst um sein Leben, drosselte A mit B das Opfer zu Tode. Strafbarkeit des A? So Jescheck/Weigend 44 I Vgl. auch Zieschang JA 2007, Vgl. den Sachverhalt BGH NStZ 1992, So zutr. Otto AT 14 Rn. 9; Lenckner,FS für Lackner, S Vgl. RGSt 66, 397; BGH NStZ 1992, 487; Wessels/Beulke/Satzger Rn. 179; Rengier AT 26 Rn. 30 sieht dies nicht zu Unrecht als eine Frage der Zumutbarkeit nach 35 I 2 StGB an. Unverständlich allerdings BGH NJW 2000, 3079: Der Angeklagte A hatte bei seiner Flucht aus der ehemaligen DDR einen Grenzposten erschossen, der ihn an seiner Flucht hindern wollte. Nach Auffassung des BGH war A trotz menschenrechtswidriger Versagung der Ausreisefreiheit gleichwohl zuzumuten, die Gefahr (vor allem auch im Hinblick auf die drohende Ähnlich wie bei der Regelung des rechtfertigenden Notstands darf die Gefahr nicht anders abwendbar sein, d. h. der Täter muss als ultima ratio das relativ mildeste Mittel wählen. So sind etwa die wohl häufigsten Fälle des entschuldigenden Nötigungsnotstandes auf akute Bedrohungslagen zu beschränken. Stehen dem Täter mehrere Mittel zur Verfügung, die sich aber in ihrer Eignung und der Schwere des Eingriffs unterscheiden, so ist es ihm regelmäßig zuzumuten, ein Restrisiko auf sich zu nehmen und ein weniger aussichtsreiches, aber auch weniger eingreifendes Mittel zu wählen. 24 Zudem darf der angerichtete Schaden nicht völlig außer Verhältnis zur Schwere des drohenden Schadens stehen, so dass beispielsweise die schwere Verletzung eines Unbeteiligten zur Abwehr einer nur geringen Leibesgefahr nicht entschuldigt ist. 25 Insoweit wird bereits die Feststellung der Erforderlichkeit durch Zumutbarkeitsabwägung geprägt, ist doch jede Verhältnismäßigkeitsabwägung i. e. S. Ausdruck einer Güterabwägung, deren Abwägungsergebnis einen Schluss darauf zulässt, wem die Hinnahme einer Rechtsgutverletzung zugemutet werden kann. 26 Da 35 StGB aber abgesehen von der aufgezeigten Verhältnismäßigkeitsbegrenzung keine Güterabwägung kennt und über 35 I 2 StGB nur bei Zumutbarkeit der Gefahrhinnahme eingeschränkt wird, verlangt die Rechtsprechung zumindest eine pflichtgemäße Prüfung etwaiger Abwendungsmöglichkeiten der Gefahrenlage, wobei die Anforderungen an die Prüfung situationsabhängig sind. Je schwerer die Rechtsgutverletzung ist, umso strengere Maßstäbe bestehen. 27 In Extremfällen kann eine Prüfungspflicht entfallen, sofern ein sofortiges Handeln zur Vermeidung eigener Rechtseinbußen unumgänglich ist. 28 Die aufgezeigte materiell-rechtliche Begrenzung einer Berufung auf einen entschuldigten Notstand hat auch eine wichtige prozessuale Funktion. Wenn im Einzelfall schwer aufzuklären ist, ob objektiv tatsächlich noch Handlungsalternativen für den Täter bestanden, kann ihm gegebenenfalls zumindest eine nicht pflichtgemäße Überprüfung von Handlungsalternativen vorgeworfen werden. Fall 3 verdeutlicht anschaulich das Zusammenspiel zwischen Erforderlichkeit und Prüfpflichten des Täters. Der BGH 29 setzt sich kaum mit der Frage auseinander, ob die drohende Gefahr nicht anders als durch aktive Mitwirkung bei der Tötung des P etwa durch erneute Diskussion mit B und C abgewendet werden konnte, da dies prozessual ohnehin nicht mehr feststellbar ist. Entscheidend sei vielmehr im Hinblick auf die ebenso erforderliche Prüfung etwaiger Handlungsalternativen,»ob die konkreten Tatumstände ein sofortiges Handeln zur wirksamen Vermeidung eigener Rechtsguteinbußen erfordern oder ob dem Täter die Möglichkeit zu ruhiger Überlegung zur Verfügung steht. Hier habe sich angesichts der äußerst bedrohlichen und für A überraschenden Situation»die Möglichkeit, mit den Tätern Verhaftung bei der Flucht)»im Blick auf die Bedeutung des Lebensrechts des betroffenen Grenzpostens«hinzunehmen. Angesichts des drohenden schwerwiegenden rechtswidrigen Freiheitsentzugs kann diese Verhältnismäßigkeitserwägung kaum richtig sein. 26 Zur Prägung der Prüfung der Erforderlichkeit durch Zumutbarkeitserwägungen Kühl AT 12 Rn. 50 f.; Wessels/Beulke/Satzger AT Rn Vgl. BGHSt 18, 311; BGH NStZ 1992, Nicht ganz verständlich, warum das KG StV 2003, 167 eine Entschuldigung wegen Drogenbeschaffung zur Milderung von Gesundheitsbeschwerden nicht deshalb ablehnte, weil der Täter zuvor mögliche Handlungsalternativen nicht geprüft hat. Auch wenn objektiv vielleicht gar nicht die Möglichkeit bestand, diese verschreiben zu bekommen, hätte er dies zumindest vorher prüfen müssen. 29 Vgl. dazu und im Folgenden BGH NStZ 1992, 487 f.

6 352 Grundstudium StR Nikolaus Bosch: Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) zunächst über Für und Wider der abgenötigten Handlung zu diskutieren, als zumutbarer Ausweg keineswegs«aufgedrängt. 4. Subjektive Anforderungen an eine Entschuldigung Fall 4: Nach dem Untergang eines Schiffes erreichten zwei Schiffbrüchige, A und B, eine im Wasser schwimmende Planke, die nur eine Person tragen konnte. A stieß B zurück und rettete sich, B ertrank. In Abwandlung der berühmten Fallkonstellation des»brett des Karneades«30 hatte A irrig angenommen, das Brett könne zwei Personen tragen. A hatte B aber gleichwohl zurückgestoßen, weil er B unausgesprochen schon immer gehasst hatte. Handelt A ohne Schuld? Unabhängig von einer zumindest durch die Rechtsprechung befürworteten Prüfpflicht sind auch die weiteren Anforderungen an eine Entschuldigung auf subjektiver Ebene umstritten. 35 I StGB setzt in subjektiver Hinsicht jedenfalls voraus, dass der Täter in Kenntnis der Gefahrenlage tätig wird. Dies ist angesichts des Umstands, dass 35 StGB einer besonderen, subjektiv empfundenen Zwangslage Rechnung tragen will, verständlich. Erkennt der Täter aber die Umstände nicht, die objektiv eine Zwangslage begründen, dann ist ihm ein normgemäßes Handeln ohne weiteres zumutbar. Umstritten ist allerdings, ob der Täter zudem zum Zwecke der Gefahrabwendung, also mit Rettungswillen bzw. Gefahrabwendungsabsicht gehandelt haben muss. 31 In Fall 4 ist problematisch, ob eine Entschuldigung des A in Frage kommt, obwohl er irrtümlich davon ausging, das Brett könne sowohl ihn als auch den B tragen. Selbst wenn man keine Gefahrabwendungsabsicht verlangt, die hier angesichts des Rachemotivs des A nicht vorliegen würde, müsste A zumindest in Kenntnis des Umstands gehandelt haben, dass die Planke nur einen Schiffbrüchigen tragen kann. Eine Entschuldigung nach 35 StGB muss deshalb ausscheiden. V. Zumutbarkeit der Gefahrhinnahme ( 35 I 2 StGB) 35 StGB kennt zwar grundsätzlich keine Güterabwägung, eine letztlich auch durch Abwägungsgesichtspunkte beeinflusste Einschränkung findet aber nach 35 I 2 StGB auf objektiver Ebene in den Fällen statt, in denen es dem Täter 30 S. o. FN Dafür etwa Wessels/Beulke/Satzger AT Rn. 438; nach Rengier AT 26 Rn. 11 soll dieses Erfordernis sogar nahezu unbestr. sein. zugemutet werden kann, die Gefahr hinzunehmen. Die Zumutbarkeitsklausel des 35 I 2 nennt»namentlich«zwei Fälle der zumutbaren Gefahrenhinnahme, verdeutlicht damit aber zugleich, dass in den genannten Beispielen der Gefahrverursachung oder eines besonderen Rechtsverhältnisses nicht zwingend eine Entschuldigung ausgeschlossen ist. Zudem kann aufgrund des Regelbeispielcharakters 32 auch in nicht ausdrücklich angeführten Fallgruppen eine Zumutbarkeit in Betracht kommen. 1. Gefahrverursachung Fall 5: A hat seine Freundin (F) zu einer Mittelmeerreise auf seiner Jacht eingeladen. Als das Boot in einen Sturm geriet und zu kentern drohte, entriss A der F die Schwimmweste, die sich diese gerade anziehen wollte. Aufgrund eines von A erst bei Sturmbeginn bemerkten Versehens, hatte er nur eine Schwimmweste an Bord gebracht. Das Schiff kenterte und A konnte sich retten, aber F ertrank. Ist A wegen Totschlags strafbar? Nach 35 I 2 StGB kann eine Entschuldigung ausscheiden, wenn der Täter die Gefahr selbst verursacht hat. Entgegen des scheinbar eindeutigen Wortlauts besteht allerdings Einigkeit, dass eine schlichte Kausalität des Täterhandelns für die Entstehung der abzuwendenden Gefahr nicht genügen kann, 33 da ansonsten auch sozial nicht missbilligtes (Vor-)verhalten zu einer Einschränkung des 35 StGB führen könnte. Umstritten ist aber, ob es bereits ausreicht, wenn der Täter sich i. S. einer bloßen Obliegenheitsverletzung ohne hinreichenden Grund in die Gefahr begeben hat. 34 Die wohl h. M. lehnt dies ab und verlangt zumindest, dass der Täter die Gefahr durch sein unmittelbar vorangehendes Verhalten objektiv zurechenbar, d. h. objektiv pflichtwidrig bei objektiver Voraussehbarkeit der Gefahr verursacht hat 35. Schließlich wird von Teilen des Schrifttums sogar eine schuldhafte, d. h. vorsätzliche oder fahrlässige Verursachung der Gefahr verlangt. 36 Die einzelnen Ansätze sind nicht klar voneinander zu unterscheiden, da mit den Kategorien der objektiven Zurechenbarkeit oder Fahrlässigkeit selbst wieder auf Rechtsbegriffe zurückgegriffen wird, die unter Berücksichtigung der Einzelfall- 32 So etwa Rengier AT 26 Rn Anders wohl Bernsmann,»Entschuldigung«durch Notstand, 1989, S So Roxin AT I 22 Rn. 46; Kühl AT 12 Rn. 63; Lackner/Kühl 35 Rn. 8; Matt/Renzikowski/Engländer 35 Rn. 9; NK/Neumann 35 Rn. 35 f.; SSW-StGB/Rosenau 35 Rn I.d.S. etwa Kaspar JURA 2007, 72 f.; Rengier AT 26 Rn. 19; Wessels/Beulke/Satzger AT Rn So Ebert, AT, S. 108; Frister AT 20/12; Sch./Sch./Perron 35 Rn. 20; SK-StGB/Rogall 35 Rn. 33.

7 Grundstudium StR Nikolaus Bosch: Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) 353 umstände eine Gefahrverantwortung begründen. Tatsächlich wird man wohl zumindest kein schuldhaftes, d. h. auch subjektiv vorwerfbares Täterverhalten verlangen dürfen, denn abgesehen von dem eindeutig objektiv ausgerichteten Gesetzeswortlaut, kann dem Täter bei objektiv pflichtwidriger Gefahrverursachung auch zugemutet werden, die sich aus der Notstandslage ergebenden Gefahren ohne Schädigung der Rechtsgüter Dritter abzuwehren oder falls dies unmöglich sein sollte, die Gefahren hinzunehmen. 37 In Fall 5 ist problematisch, ob eine Entschuldigung nach 35 StGB nicht deshalb ausscheiden muss, weil es A nach 35 I 2 StGB zugemutet werden kann, die Gefahr hinzunehmen. Die wohl h. M. dürfte dies annehmen, da die Gefahr des Ertrinkens infolge einer zu geringen Anzahl von Rettungswesten durch A objektiv pflichtwidrig bei objektiver Voraussehbarkeit fehlender Rettungsmöglichkeiten verursacht wurde. Je nach Bezugspunkt der Pflichtwidrigkeit ließe sich allerdings auch, sofern man eine subjektiv vorwerfbare Verursachung der Notstandslage verlangt, eine Entschuldigung befürworten, da allein eine unzureichende Wartung der Rettungsmittel noch nicht dazu führt, dass der Täter auch die Notstandssituation selbst schuldhaft herbeigeführt hat. 2. Besonderes Rechtsverhältnis Fall 6: Der Angeklagte A war im Jahr 1941 Chef einer Polizeikompanie. A wirkte im Oktober 1941 bei der Erschießung jüdischer Einwohner der Stadt Mogilew (Weißrussland) mit. Das Schwurgericht hat ihn vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord freigesprochen, weil er bei Befehlsverweigerung sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt hätte. Er sei deshalb durch Notstand (jetzt 35 StGB) entschuldigt. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt und diese damit begründet, dass A angesichts der großen Zahl der Opfer die Preisgabe des eigenen Lebens zuzumuten gewesen sei. Zudem sei er aufgrund seiner besonderen Rechtsstellung als Angehöriger der Polizei verpflichtet gewesen, die Gefahr hinzunehmen. 38 Ist die Begründung der Staatsanwaltschaft zutreffend? 37 Völlig unklar allerdings das Konstrukt einer Gefahrtragungspflicht in BGH NJW 2000, 3079: Der BGH meint, der Flüchtende hätte von der Tötung eines Grenzsoldaten der DDR Abstand nehmen müssen, nachdem er sich»mit schussbereiter Waffe in Kenntnis aller Risiken in die vorhergesehene Konfliktsituation mit einem bewaffneten Grenzposten begeben hatte«. Da die Flucht selbst unzweifelhaft rechtmäßig war, könnte eine Pflicht allenfalls auf das vorsätzliche Beisichführen einer Waffe gestützt werden, ohne diese wäre der Flüchtende und seine Familie allerdings verhaftet worden und hätte eine mehrjährige Haftstrafe verbüßen müssen. 38 Vgl. zu diesem Fall BGH NJW 1964, 731. Auch Personen, denen aufgrund eines besonderen Rechtsverhältnisses amtlich oder beruflich begründete»besondere Schutzpflichten gegenüber der Allgemeinheit«obliegen, müssen in gewissem Umfang die dadurch bedingten Gefahren etwa für die Gesundheit hinnehmen. Zu denken ist etwa an Angehörige der Feuerwehr, Ärzte, Seeleute, Bergführer, Polizeibeamte, Richter oder auch Soldaten (vgl. 6 WStG) 39. Demgegenüber ist eine Gefahrtragungspflicht kraft Garantenstellung zu den sonstigen, in 35 I 2 nicht ausdrücklich benannten Umständen zu rechnen, die eine Entschuldigung ausschließen können. Wenn allerdings Angehörigen bestimmter Berufe die Bereitschaft abverlangt wird, zumindest erhebliche Lebensgefahren auf sich zu nehmen, kann sich dies immer nur auf den Bereich von typischen Gefahren beziehen, die mit der jeweiligen Berufstätigkeit notwendigerweise verbunden sind. So muss etwa ein Arzt die sich aus seiner ärztlichen Tätigkeit ergebende Ansteckungsgefahr hinnehmen, ein Polizeivollzugsbeamter muss unter Umständen sein Leben einsetzen, um die Festnahme eines bewaffneten Straftäters zu ermöglichen 40 und ein Richter soll auch bei einer Bedrohung i. S. v. 35 I nicht entschuldigt sein, wenn er das Recht beugt ( 339 StGB). 41 Darüber hinausreichende Gefahren müssen aber auch die Angehörigen solcher Berufe nicht hinnehmen. Zu den sonstigen gesetzlichen Duldungspflichten wird auch die Pflicht zur Duldung von Zwangsmaßnahmen gerechnet. Wird gegen einen Unschuldigen Untersuchungshaft angeordnet, dann kann er sich gegen diese allein mit den zulässigen Rechtsmitteln wehren. Straftaten, die er begehen würde, um seine Freiheit wiederzuerlangen, sind nicht nach 35 entschuldigt. 42 In Fall 6 war problematisch, ob es A nicht zugemutet werden konnte, die Gefahr für sein Leben hinzunehmen, weil er als Polizist in einem besonderen Rechtsverhältnis mit erhöhten Gefahrtragungspflichten stand. Die Pflicht zum Bestehen des Notstandes ist aber auf die mit der jeweiligen Berufstätigkeit in notwendiger Weise verbundenen»typischen Gefahren«beschränkt. Dies wird man hier nicht annehmen können, denn A drohte die Lebensgefahr nicht im Zusammenhang mit einer weisungsgemäß vorgenommenen, im Rahmen ihrer normalen Berufsausübung liegenden Diensthandlung. Sie erwuchs ihm daraus, dass ihm völlig außerhalb des Rahmens seiner üblichen Dienstaufgaben die Mitwirkung bei einem Verbrechen befohlen 39 Vgl. BT-Drucks. V/4095, S. 16; krit. dazu, dass eine solche Sonderpflicht nach dem Willen des Gesetzgebers gegenüber der Allgemeinheit bestehen muss, MüKo-StGB/Müssig 35 Rn. 58; Zieschang JA 2007, Beispiel nach BGH NJW 1964, Beispiel nach Rengier AT 26 Rn Vgl. auch Kühl AT 12 Rn. 77 f.; Rengier AT 26 Rn. 25.

8 354 Grundstudium StR Nikolaus Bosch: Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) wurde. Zudem wird z.t. selbst bei Soldaten oder Polizisten eine Grenze für die Gefahrtragungspflicht dort gezogen, wo die Pflichterfüllung den unmittelbaren und konkret vorhersehbaren sicheren Tod bedeutet. Nach den nicht widerlegbaren Einlassungen des Angeklagten hätte für ihn im Falle einer Befehlsverweigerung selbst die ernste unmittelbare Gefahr bestanden, getötet zu werden. Da zudem für A die Angst um sein eigenes Leben der entscheidende Beweggrund für die Mitwirkung an der Erschießung war und er nach besten Kräften die Möglichkeiten überprüft hatte, den Befehl nicht ausführen zu müssen, sind auch die strengen Anforderungen der Rechtsprechung an eine pflichtgemäße Prüfung etwaiger Abwendungsmöglichkeiten der Gefahrenlage erfüllt. Die»Ungeheuerlichkeit«der Tat insbesondere der großen Zahl der Opfer, ändert ohnehin nichts daran, dass dem Täter die Preisgabe seines Lebens nicht zuzumuten ist, denn die Entschuldigung wird gerade nicht durch die Höherwertigkeit der mit der Tat verletzten Rechtsgüter ausgeschlossen Gefahrtragungspflichten bei Handeln zugunsten von Angehörigen Fall 7: In Abwandlung zu Fall 5 segelt A nicht nur mit seiner Freundin (F), sondern zusätzlich mit einer Crew von fünf Mann im Mittelmeer. Als das Boot in einem Sturm kenterte, befand sich wiederum aufgrund eines Versehens des A eine Schwimmweste zu wenig an Bord. A schlug ein Crewmitglied (C), das sich bereits eine Schwimmweste angezogen hatte, bewusstlos. Er nahm dem Bewusstlosen die Weste weg und gab sie F. C ertrank. Ist A wegen Totschlags strafbar? Wäre A strafbar, wenn er seinen mitreisenden Butler angewiesen hätte, S die Jacke wegzunehmen? Bei Notstandshandlungen zur Rettung von Angehörigen oder Nahestehenden ist fraglich, auf wessen Vorverhalten hinsichtlich der Frage abzustellen ist, ob dem Betroffenen die Hinnahme der Gefahr zugemutet werden kann. 44 So hat B in Fall 7 das Fehlen der Schwimmweste objektiv pflichtwidrig verursacht, problematisch ist aber, ob deshalb im Falle der Notstandshilfe auch seiner Freundin F zugemutet werden kann, die Gefahr hinzunehmen. Das Gesetz selbst stellt nicht auf eine Gefahrverursachung durch den Angehörigen oder die nahe stehende Person ab, sondern auf die Gefahrverursachung durch den Täter. 45 Bei strenger Auslegung würde es deshalb allein auf das Tätervorverhalten ankommen und ein entschuldigender Notstand bei Handeln zugunsten eines Angehörigen ausscheiden, wenn der Täter die Notstandslage pflichtwidrig herbeigeführt hat. Letztlich wird man aber auf die Gesamtumstände abzustellen haben und bei dem Täter selbst drohenden Gefahren wohl eher eine Zumutbarkeit bejahen können, als in den Fällen, in denen dem Angehörigen Gefahr droht. Gerade wenn der Täter die Gefahr selbst verursacht hat, kann er sich umso mehr genötigt fühlen, der ihm nahestehenden Person zu helfen. Wegen fehlendem Zumutbarkeitszusammenhang greift damit 35 I 2 StGB bei pflichtwidriger Gefahrverursachung durch den Täter nur, wenn er zu seinen, nicht aber zu Gunsten eines Angehörigen oder einer nahestehenden Person handelt. 46 Wenn hingegen die betroffene Sympathieperson des Täters die Gefahr selbst verursacht hat, dann wird man im Regelfall eine unbenannte Rechtspflicht i. S. v. 35 I 2 StGB für den Täter annehmen müssen, aufgrund derer es dem Täter zuzumuten ist, die Gefahr für seinen Angehörigen hinzunehmen. 47 In Fall 7 scheidet ein entschuldigender Notstand zu Gunsten des A nicht deshalb aus, weil er das Fehlen der Schwimmweste verschuldet hat. Da F die Hinnahme der Notstandslage nicht zuzumuten ist, führt die ihr drohende Gefahr zu einer entschuldigenden Konfliktsituation für A. A darf selbst entschuldigt Dritte zur Vornahme der erforderlichen Notstandshandlung anstiften (seinen Butler), obwohl diese selbst mangels Näheverhältnis schuldhaft handeln. VI. Der Irrtum über die sachlichen Voraussetzungen der Notstandslage ( 35 II StGB) Fall 8: A ist mit F verheiratet, der sie über Jahre hinweg auch während einer Schwangerschaft wiederholt, teils lebensgefährlich durch Tritte und Schläge, teilweise auch mit Baseballschlägern verletzte. Auch die beiden gemeinsamen Töchter schlug er bei jeder ihm passenden Gelegenheit. A hielt ihre Situation für vollkommen ausweglos. Sie glaubte den sich steigernden Gewalttätigkeiten auch auf Grund ihres immer schlechteren Allgemeinbefindens bald»nicht mehr standhalten zu können, und befürchtete, dass die Tätlichkeiten gegen die Töchter schlimmere Ausmaße annehmen könnten. Nach drei gescheiterten Selbstmordversuchen mittels Tabletten sah A keinen anderen Ausweg, den Gewalttätigkeiten durch F zu entkommen und die Unversehrtheit ihrer Töchter für die Zukunft zu garantieren, als ihn zu töten. Staatliche Hilfe schien ihr nicht ausreichend, da F ihr gedroht hatte, sie selbst bei Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe durch seine Gangmitglieder verfolgen zu lassen. In dieser aussichtlosen Lage erschoss A den F. Strafbarkeit der A? Vgl. bereits RGSt 66, Überblick zur Diskussion bei Gropengießer/Mutschler JURA 1995, Dies halten auch für maßgebend Baumann/Weber/Mitsch 23 Rn. 28; Maurach/Zipf AT/1 34 Rn. 6; Pawlik JahrB. RuE 11 (2003), So i.e. etwa Jescheck/Weigend AT 44 III 2a); Roxin JA 1990, 140; Zieschang JA 2007, So zu Recht Otto AT 14 Rn. 14; a. A. Kindhäuser AT 24 Rn. 15; Wessels/Beulke/Satzger Rn Vgl. BGH NJW 2003, 2464 = BGHSt 48, 255; zur ersten Familientyrannen-Entscheidung vgl. BGH NStZ 1984, 20 und hierzu Rengier NStZ 1984, 22.

9 Grundstudium StR Nikolaus Bosch: Grundprobleme des entschuldigenden Notstands ( 35 StGB) 355 Der Gesetzgeber hat in 35 II StGB den Irrtum über die sachlichen Voraussetzungen des 35 I StGB abweichend von den Regelungen des Tatbestands-und Verbotsirrtums einer eigenständigen Irrtumsregelung unterworfen. Da 35 StGB nicht allein auf die psychologische Wirkung einer Zwangssituation abstellt, sondern eine objektiv vorliegende Notstandslage verlangt, muss bei irrtümlicher Annahme einer Notstandslage 35 I StGB verneint werden. War der Irrtum für den Täter allerdings unvermeidbar, so ist der Täter dennoch entschuldigt, während ansonsten abweichend von 17 StGB nach 35 II 2 StGB eine obligatorische Strafmilderung erfolgt. Irrt sich der Täter lediglich über die rechtlichen Grenzen eines Entschuldigungsgrundes, so ist dieser Irrtum im Rahmen des Schuldvorwurfs unbeachtlich, da die vom Gesetzgeber typisierte Zwangssituation auch subjektiv nicht bestanden hat. Für die Rechtsprechung scheint 35 II StGB insbesondere in Fällen der Tötung in scheinbar auswegloser Situation etwa in der Konstellation des Familientyrannen (vgl. Fall 8) 49 eine flexible Möglichkeit zu bieten, den Täter zwar mangels Erforderlichkeit der Notstandshandlung nicht zu entschuldigen, zumindest aber von der Möglichkeit einer Strafmilderung Gebrauch zu machen. In diesen Konstellationen einer permanenten Gefahr für Gesundheit und Leben des Bedrohten besteht nicht selten eine sogenannte Dauergefahr, die auch nach der Rechtsprechung gegenwärtig sein kann, wenn sich die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts so sehr verdichtet hat, dass die zum Schutz des bedrohten Rechtsgutes notwendigen Maßnahmen sofort eingeleitet werden müssen, um den Schaden sicher zu verhindern 50. Nicht selten liegt aber bei einem dauerhaft bedrohlichen Zustand eine Situation vor, in denen die Gefahr zwar jederzeit umschlagen kann, es aber ungewiss ist, wann dies passieren wird. Zudem sind insbesondere die Umstände, die für die Bestimmung der Erforderlichkeit der Notstandshandlung maßgebend sind, gerade angesichts des länger andauernden Konflikts mit erheblichen Beweisproblemen behaftet. Zwar müssen dem Betroffenen andere Handlungsmöglichkeiten auch zumutbar sein, soweit es aber um Tötungen geht, sind alternative Handlungsmöglichkeiten bei Dauergefahren anders als bei akuten Bedrohungssituationen stets zumutbar. Es dürfte in einem Rechtsstaat auch ein unerwünschtes Ergebnis sein, trotz Schutzpflichten von Polizei und Strafverfolgungsbehörden bei Dauergefahren die Erforderlichkeit einer Tötung zur Abwendung drohenden Leibesgefahren 49 Vgl. neben BGH NJW 2003, 2464; NStZ-RR 2006, Vgl. BGHSt 48, 259. anzunehmen. 51 Würde man darauf verzichten, von der Ehefrau des Familientyrannen zumindest den Versuch einer Befreiung mittels staatlicher Hilfe zu unternehmen, auch wenn diese vermutlich wie etwa viele Fälle von Stalkingopfern zeigen kaum effektiven»hundertprozentigen Schutz«bieten können, würde dies letztlich auf einen Freibrief für die misshandelte Frau hinauslaufen 52 und damit ein rechtspolitisch unerwünschtes Signal setzen. Die Annahme eines Irrtums gemäß 35 II StGB führt zu einer flexibleren Lösung, denn der Täter wird sich stets einlassen, er habe die Situation als ausweglos empfunden und die Tötung des Tyrannen als einzig möglichen Ausweg angesehen. 53 Diese pauschale Verteidigung nützt dem Täter jedoch regelmäßig nichts, 54 denn der Irrtum müsste auch unvermeidbar gewesen sein. Eine Unvermeidbarkeit ist gegeben, wenn der Täter in der konkreten Situation nicht die Möglichkeit hatte, seinen Irrtum zu erkennen. Für die Vermeidbarkeit soll es wiederum darauf ankommen, ob der Täter mögliche Auswege aus seiner Konfliktlage gewissenhaft geprüft hat, 55 wobei Maßstab eben nicht die individuelle Sorgfalt und Erkenntnisfähigkeit des Täters, sondern eines durchschnittlichen Rechtsgenossen sind. Da es aber eine Vielzahl privater, behördlicher oder karitativer Hilfsangebote für Menschen in derartigen Notsituationen gibt, kann vom Täter bei gewissenhafter Prüfung zumindest etwa eine anonyme Nachfrage bei Behörden etc. verlangt werden, und ihm ohne entsprechende Bemühungen vorgeworfen werden, er habe alternative Möglichkeiten der Konfliktbewältigung erkennen können. Der Irrtum wird damit im Regelfall vermeidbar sein und es muss lediglich entsprechend 35 II 2, 49 I StGB eine Strafmilderung gewährt werden. 51 Zu Recht krit. Otto NStZ 2004, 142 zur Entscheidung des BGH NJW 2003, 2464, da angesichts der Drohung des Opfers, A auch aus dem Gefängnis zu verfolgen, die»hilfe staatlicher Stellen die Gefahr hinausgeschoben, nicht aber beseitigt hätte. 52 Vgl. auch Rengier NStZ 2004, 237 f. 53 Krit. aber die prozessualen Feststellungsschwierigkeiten außer Acht lassend zur»rechtsfolgenlösung«des BGH Rotsch JuS 2005, 17; vgl. bereits treffender Kargl JURA 2004, Vgl. etwa BGH NStZ-RR 2006, 200:»Die pauschalen Ausführungen zum Irrtum, wonach die Angekl.»subjektiv keine andere Möglichkeit sah«und»nicht erkannt habe, dass sie die Gefahr auf die vorbezeichnete Weise Erfolg versprechend abwenden kann«, erscheinen nicht ausreichend«. 55 Vgl. BGHSt 48, 255, 262.

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