13: Vollrausch ( 323 a)
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- Annegret Ackermann
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1 I. Allgemeines Da eine im schuldunfähigen Zustand ( 20) begangene rechtswidrige Tat aufgrund des Schuldprinzips nicht bestraft werden kann, die (schuldhafte) Herbeiführung des schuldunfähigen Zustands und die damit eintretende Verminderung oder Beseitigung der Urteils- und/oder Einsichtsfähigkeit jedoch als so gefährlich angesehen wird, bestraft 323 a ein solches Verhalten, wenn im schuldunfähigen Zustand eine rechtswidrige Tat begangen wurde. Die Strafe ist durch den Strafrahmen der Rauschtat begrenzt. Nach 323 a kann auch bestraft werden, wem die Schuldfähigkeit aufgrund des Zweifelssatzes nicht nachgewiesen werden kann. Deliktsnatur: abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl. aber KK 434) und eigenhändiges Delikt, wodurch eine Begehung in mittelbarer oder Mittäterschaft ausgeschlossen ist. Prüfung in der Klausur: 323 a ist aufgrund der objektiven Bedingung der Strafbarkeit erst zu prüfen, wenn der Täter aufgrund Schuldunfähigkeit nicht bestraft werden kann. Somit ist 323 a auch erst nach einer evtl Strafbarkeit des entsprechenden Straftatbestandes ivm den Grundsätzen der actio libera in causa zu prüfen. KK 494
2 II. Aufbau 1. Obj. Tatbestand a) Taterfolg: Rausch bzw nicht auszuschließender Rausch b) Tathandlung: Sich versetzen c) Kausalität 2. Subj. Tatbestand: Vorsatz oder Fahrlässigkeit 3. Rechtswidrigkeit und Schuld 4. Objektive Bedingung der Strafbarkeit: Begehung einer rechtswidrigen Tat KK 495
3 III. Objektiver Tatbestand 1. Taterfolg Rausch ist eine durch Alkohol und/oder andere berauschende Mittel hervorgerufene Intoxikation, die die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert (der Begriff ist stark umstritten, vgl. ausführlich Sch/Sch/Cramer/Sternberg-Lieben 323 a Rn 7 mwn). Die berauschenden Mittel können nicht nur Alkohol, sondern ebenfalls Drogen oder Medikamente sein. (P): Liegt ein Rausch vor, wen noch nicht die Grenzen des 21 erreicht wurden? Eine Ansicht verlangt lediglich, dass unter biologischen Aspekten ein Rausch festgestellt werden konnte. Das Gesetz verlange nicht, dass ein Zustand des 21 erreicht werde (vgl. Tröndle/Fischer 323 a Rn 5 a mwn). Die hm verlangt die gesicherte Feststellung eines Zustandes, der die Qualität des 21 erreicht. Ist der Rausch erwiesen, jedoch nicht nachweisbar, ob der Täter die Rauschtat in (vermindert) schuldunfähigem oder noch zurechnungsfähigem Zustand begangen hat, so ist aus 323 a zu bestrafen, da der Täter durch die Anwendung des Zweifelsgrundsatzes nicht schlechter gestellt ist als wenn er nach der Norm bestraft würde, die für den Fall der Schuldfähigkeit eingreifen würde. KK 496
4 Die Lösung für die Konstellation, dass das Gericht zwar einen Rausch für erwiesen ansieht, aber alles für möglich ansieht (von schuldfähig bis schuldunfähig), ist umstritten: Teilweise wird auch hier 323 a bejaht (in diese Richtung tendierend BGHSt 32, 48, 54), teilweise wird dieser Zustand nicht als für 323 a ausreichend angesehen (BayObLG JR 1978, 208), so dass eine Strafbarkeitslücke bestünde. KK 497
5 2. Tathandlung Der Täter muss sich in den Zustand Versetzen. Versetzen ist das Zusichnehmen der berauschenden Mittel. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass der Täter die Mittel sich selbst verabreicht. IV. Subjektiver Tatbestand 1. (Eventual-)Vorsatz dahingehend, dass der Täter in einen die Urteils- und/oder Steuerungsfähigkeit ausschließenden Zustand durch die Einnahme des Rauschmittels gerät. 2. Fahrlässigkeit ist ausreichend und liegt vor, wenn der Täter die Wirkung des Rauschmittels hätte erkennen müssen oder können (OLG Ham NJW 1975, 2252: selbst bei Einnahme in Selbstmordabsicht). Nach der Rspr muss jeder damit rechnen, dass er im Rauschzustand eine Straftat begehe (BGHSt 16, 124). Die Unterscheidung zwischen einer Vorsatztat und einer Fahrlässigkeitstat wird allein anhand der Beziehung des Täters zum Rausch vorgenommen, nicht danach, ob der Täter die rechtswidrige Tat (objektive Bedingung der Strafbarkeit) vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat. KK 498
6 V. Rechtswidrigkeit Werden die Rauschmittel zu Heilzwecken eingenommen, insbesondere zur Schmerzlinderung, so ist die Tat gerechtfertigt (Sch/Sch/Cramer/Sternberg-Lieben 323 a Rn 6 mwn; aa nicht tatbestandsmäßig). Einwilligung ist nicht möglich. VI. Schuld Das Versetzen in den schuldunfähigen Zustand muss selbst schuldhaft geschehen. Liegt hier schon eine Schuldunfähigkeit aus anderem Grunde vor, so kommt eine Strafbarkeit wegen 323 a nicht in Betracht. Zu denken ist hier vor allem an eine abhängigkeitsbedingte Änderung der Persönlichkeitsstruktur. KK 499
7 VII. Objektive Bedingung der Strafbarkeit Die im schuldunfähigen Zustand begangene Tat muss bis auf die rauschbedingte Schuldfähigkeit vollstä n- dig vorliegen, dh insbesondere müssen alle subjektiven Merkmale (incl zb Zueignungs- oder Bereicherungsabsicht) vorliegen (Sch/Sch/Cramer/Sternberg-Lieben 323 a Rn 16 f.). Die Rauschtat kann auch ein strafbares Unterlassen sein, selbst ein echtes Unterlassungsdelikt nach 323 c kommt in Betracht (str.). Die Rechtswidrigkeit der Rauschtat kann an Rechtfertigungsgründen scheitern. Zu beachten ist hier jedoch, dass auch alle subjektiven Merkmale eines Rechtfertigungsgrundes vorliegen müssen. Ist der Täter aus anderen Gründen als 20 entschuldigt, zb wegen 35, so liegt die objektive Bedingung der Strafbarkeit nicht vor. Gleiches gilt, wenn der Täter vom Versuch der Tat strafbefreiend zurückgetreten ist. KK 500
8 13: Vollrauch ( 323 a) (P): Einschränkung durch das Erfordernis einer subjektiven Beziehung zur Rauschtat vor dem Hintergrund des Schuldprinzips? EA verweist auf den Charakter des Delikts als abstraktes Gefährdungsdelikt, für dessen Verwirklichung die Herbeiführung des Rauschzustandes bereits genügt. Durch das Erfordernis der objektiven Bedingung der Strafbarkeit Rauschtat wird der Straftatbestand schon eingeschränkt. Jeder müsse damit rechnen, im Rauschzustand eine Straftat zu begehen. Nun fordert jedoch auch die Rspr eine subj Beziehung zur Tat derart, dass es für den Täter jedenfalls vorhersehbar sein muss, er könne im Rausch irgendwelche Ausschreitungen strafbarer Art begehen, ohne Vorbeugungsmaßnahmen getroffen zu haben (BGHSt 10, 247; Otto BT 81 Rn 1, 17 mwn).. KK 501
9 VIII. Täterschaft und Teilnahme 13: Vollrauch ( 323 a) Aufgrund des Charakters als eigenhändiges Delikt, ist bei Vollrausch nach hm weder in Mit- noch mittelbare Täterschaft möglich. (P): Ist Teilnahme an 323 a möglich? ea: Anstiftung und Beihilfe zum Vollrausch sind nicht möglich, da 323 a lediglich den Täter selbst zur Selbstkontrolle verpflichten will. Die Teilnahme an der Rauschtat wäre eine unangemessene Ausdehnung des strafbaren Bereichs (Lackner/Kühl 323 a Rn 17). hm: Teilnahme an 323 a ist nach allgemeinen Regeln unter Anwendung von 28 Abs. 1 möglich (Sch/Sch/Cramer/Sternberg-Lieben 323 a Rn 25). Eine Überdehnung der Strafbarkeit liege nicht vor, da Teilnahme nur am vorsätzlichen Delikt möglich ist und unbillige Härten über die objektive Zurechnung ausgeschieden werden können. Hiervon zu unterscheiden ist die Teilnahme an der Rauschtat selbst, die möglich ist, da die Teilnahme nur eine vorsätzliche rechtswidrige Tat voraussetzt. Täterschaft, insbesondere mittelbare Täterschaft aufgrund des nicht volldeliktisch weil schuldlos handelnden Werkzeugs, ist möglich. KK 502
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