HS Phraseologie. Sitzung 12: Typen von Wörterbüchern Wörterbücher und komplexe Ausdrücke. Sitzung 12 1
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- Ursula Berg
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1 HS Phraseologie Sitzung 12: Typen von Wörterbüchern Wörterbücher und komplexe Ausdrücke Sitzung 12 1
2 Typen von Wörterbüchern Es ist wichtig, verschiedene Wörterbuchtypen zu unterscheiden, weil je nach Typ, unterschiedliche Information enthalten ist, bzw. diese anders angeordnet sein kann. In unserer Klassifizierung gehen wir zuerst immer vom einsprachigen Wörterbuch aus. Viele der Typen können aber auch zweisprachig aufgebaut sein. Sitzung 12 2
3 Typen von Wörterbüchern Allgemein: wendet sich an ein möglichst breites Publikum, Auswahl der Information unspezifisch, bzw. nach Frequenz: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, Duden- Universalwörterbuch, etc. Spezial: Schwerpunkt auf ein Subset der Sprache, spezifischer Adressatenkreis, Darstellung spezifischer Informationen. Darunter fallen: Fremdwörterbücher, Fachwörterbücher, Namenswörterbücher, Dialektwörterbücher, Reisewörterbücher, Orthografiewörterbücher, Aussprachewörterbücher, phraseologsiche WB, Synonymwörterbücher, Thesauri, Bildwörterbücher, rückläufige WB, Valenzwörterbücher, etc. Sitzung 12 3
4 Informationen in Allgemeinen WB Welche Typen von Information brauchen wir für ein einsprachiges allgemeines WB? Sitzung 12 4
5 Informationen in Allgemeinen WB Beispiel aus dem DWDS Wörterbuch online zu "Pferd": Pferd, das; -(e)s, -e 1. zu den Unpaarhufern gehörendes Reit- und Zugtier, das durch kurze Ohren und den schon von der Wurzel an lang behaarten Schwanz gekennzeichnet ist: ein leichtes, schweres, edles, arabisches, feuriges P.; ein wildes, gezähmtes, dressiertes P.; es ist ein gutes, schnelles P.; das braune, falbe, gescheckte, kräftige, starke, abgetriebene, abgezehrte P.; das P. geht im Schritt, trabt, galoppiert; [...] salopp sie arbeitet, schuftet wie ein P. (unermüdlich, schwer); Peachum und Eastman sprachen mit ihm wie mit einem kranken Pferd Brecht Dreigroschenroman 140; /bildl./ umg. jmd. hat aufs falsche P. gesetzt (hat die Lage nicht richtig eingeschätzt, hat sich geirrt); das hält (ja) kein P. aus (das geht über meine Kräfte); /übertr./ umg. scherzh. du bist unser bestes P. im Stall [...] 2. Turngerät aus gepolsterter Lederrolle auf vier Füßen mit zwei herausnehmbaren Griffen: Übungen am P.; die Grätsche übers P. 3. Schach Figur mit stilisiertem Pferdekopf, Springer, Rössel [...] Sitzung 12 5
6 Typen von Wörterbüchern Besonders interessant für unsere Zwecke hier sind: allgemeine WB, Idiomwörterbücher, Kollokationswörterbücher Phraseme können in jedem Typ WB vorkommen, man würde sie jedoch unterschiedlich behandeln und evtl. anordnen. Bei Idiom- oder KollokationsWB wären sie der Hauptbestandteil, bei allgemeinen WB (und auch anderen WB vom Typ allgemein, was die Wortauswahl angeht) wären sie anderen Einträgen untergeordnet. Sitzung 12 6
7 Einordnung unter Stichworte Duden GW (Großwörterbuch) geht bei der Einordnung der Phraseme folgendermaßen vor: Einordnung unter dem ersten Nomen, das im Ausdruck auftritt bzw. Unter dem ersten "semantisch signifikanten" Wort. a. SCHNEIDER, frieren wie ein Schneider b. DICK, durch dick und dünn c. WELT, Dritte Welt In der selben Weise kann man auch in reinen phraseologischen WB verfahren. Hier gibt es allerdings auch Exemplare, in denen zusätzlich nach Themengebiet geordnet wird: z.b. Alle Phraseme, die Körperteile enthalten. Sitzung 12 7
8 Phraseme in allgemeinen WB In allgemeinen WB müsste die Festigkeit einer Struktur (im Gegensatz zu anderen "Anwendungsbeispielen") gekennzeichnet sein. Bsp für BLUME: 1. *etwas durch die Blume sagen. 2. *vielen Dank für die Blumen (iron.) 3. ein schöner Blumenstrauß Viele Wörterbücher haben hier leider keine einheitliche Kennzeichnung bzw. unterscheiden in recht intrasparente Kategorien wie "Redensart" und "Idiomatische Wendung". Auch zu bemängeln in allgemeinen WB: Oft werden zwar Phraseme als Beispiele angegeben, aber nicht auf ihre besondere Bedetung hingewiesen: (scherzh.) Man zeigt nicht mit nacktem Finger auf angezogene Leute Sitzung 12 8
9 Phraseologische WB In phraseologischen WB ist es klar, dass es sich um feste Ausdrücke handelt. Die Frage hier wäre hauptsächlich die nach der Einordnung unter Stichworte. Außerdem wäre die Frage, ob man die Phraseme in bestimmte (dem Laien nachvollziehbare) Kategorien einteilt oder nicht. Z.B. Sprichwort, feste Wendung, o.ä. Des weiteren interessant ist die Information über die Benutzung des Phrasems im Kontext (externe/interne Valenz) (jmdm. Steine in den Weg legen) und ein pragmatischer Hinweis auf bestimmt Situationen, in denen etwas benutzt wird (Routineformeln wie: Mir fehlen die Worte, Guten Appetit!). Bei Fremdelementen kann eine Angabe zur Aussprache hilfreich sein. Chapeau! [ʃa'po:] Sitzung 12 9
10 Typen von Wörterbüchern Der wichtigste Bestandteil in einem Wörterbuch ist jedoch die Bedeutungsdefinition. Selbst im allgemeinen Wörterbuch sollte man für Phraseme eine vermerken. Sie ist der häufigste Grund, warum Sprecher ein Nachschlagewerk konsultieren. Meist durch Paraphrasieren oder Synonyme/Antonyme wiedergegeben. Damit einher gehen gerade bei Phrasemen auch Herkunfts- bzw. etymologische Informationen. LAPPEN, durch die Lappen gehen, (ugs) entkommen, entgehen, (Jägerspr.) 'bunte oder weiße, an langen Schnüren aufgehängte Stofftücher, die u.a. bei Treibjagden das Wild abschrecken sollen, aus einem bestimmten Gebiet auszubrechen.' Auch Variationen sollten angegeben werden: sich die Finger/ alle zehn Finger nach etwas lecken Sitzung 12 10
11 AUFGABE Versuchen Sie zwei Einträge für "das Pferd von hinten aufzäumen" zu erstellen einen für ein allgemeines, einen für ein phraseologisches WB. Überlegen Sie, welche Informationen für welchen WB Typ wichtig sind. Sitzung 12 11
12 Konnotationen Eine Info, die in den meisten Typen von WB traditionell vorkommt, sind Angaben zm Sprachniveau, dem ein Ausdruck angehört bzw. seine zeitliche Einordnung. Stilprädikate: gehoben, dichterisch, umgangssprachlich, salopp, vulgär, familiär, etc. Diese Kategoriezuweisung ist äußerst schwierig, zumal jedes WB seine eigenen Kategorien hat. Auch oft nicht besonders hilfreich, einheitlich und "korrekt" sind Angaben wie: veraltet, Archaismus, Neologismus, jugendsprachlich, etc. Sitzung 12 12
13 Sprechereinstellung und Illokution Gerade bei Phrasemen ist es oft hilfreich die Sprechereinstellung, die ausgedrückt wird, im WB zu notieren: den Kopf hoch tragen 'stolz sein' (neg.) Außerdem ist es bei manchen Ausdrücken wichtig, zu wissen, dass sie nur in einer bestimmten Verwendungsweise vorkommen: 'vor seiner eigenen Tür kehren' sich um seine Angelegenheiten kümmern a. *Er ist ein fairer Mensch, er kehrt vor seiner eigenen Tür. b. Du solltest lieber vor deiner eigenen Tür kehren! Aufforderung, nicht Aussagesatz! Sitzung 12 13
14 Zweisprachige WB Die besondere Schwierigkeit bei zweisprachigen WB im Allgemeinen ist, dass sie sich an Personen richten, die wenig oder gar keine Kompetenz in dieser Sprache haben. Es müssen hierbei zwei komplexe Einheiten mit womöglich bildlicher Bedeutung in zwei Sprachen in Relation zueinander gesetzt werden. Dies ist schon bei allgemeinen WB mit einfachen Worteinträgen schwierig. a. Street... Straße (in Stadt und Dorf) b. Road... (Land)Straße Bei Phrasemen besteht das zusätzliche Problem der zwei Bedeutungsebenen: It's raining cats and dogs Es regnet wie aus Kübeln Sitzung 12 14
15 Zweisprachige WB Wie würden Sie einen zweisprachigen WB Eintrag verfassen? Versuchen Sie, einen englisch-deutschen Eintrag für: to carry coals to Newcastle zu erstellen (entweder allgemeines oder SpezialWB) Sitzung 12 15
16 Darstellungsformen Jeder WB-Eintrag muss einem bestimmten Schema folgen, welches zu Beginn eindeutig festgelegt werden sollte. (Maske) LEMMA (fett groß gerade blau), Aussprache (phonetische Transkription in eckigen Klammern schwarz), Wortklasse (kursiv Abkürzung klein)),...etc. Die Information, die vorkommt und die Reihenfolge, in der sie das tut, variiert natürlich nach WB-Typ. Zur besseren Illustration von Bedeutungen können Bilder hinzugefügt werden. Für Informationen über den Gebrauch eines Wortes/Phrasems kann man Statistiken einfügen. Sitzung 12 16
17 Darstellungsformen Beispiel für die Maske eines Eintrags in einem allgemeinen WB: LEM MA, WEIBL FORM Artikel, (Geschlecht) [phon] <Stammformen/Genitiv u.plural/steigerung>, Valenzinfo, KONNOTATIVE BEDEUTUNG ABK., Bedeutungsdefinition, Beispiel * Redewendung mit Lemma ('Bedeutung Redewendung') schwäbisches Beispiel: BROTSUPP, d' (w) ['bro:dsʊp] <-a>, SCHWÄB., Suppe mit Broteinlage, ond jetz a guade ~ zom Veschbr, *jmd <nom.> isch net uff dr ~ daher gschwomma ('nicht dumm sein') Sitzung 12 17
18 Darstellungsformen Dasselbe gilt natürlich für phraseologische WB, außer, dass dort die Angaben zu Grammatik und freier Verwendungsweise des Stichwortes überflüssig sind. Wichtiger sind hier die Informationen zur Anwendung und die manchmal sehr große Anzahl der Varietäten. Hierzu muss man sich dann auch eine grafische Darstellung überlegen. Außerdem sollten die stilistischen Labels von vorneherein in einer geschlossenen Liste festgelegt werden und am Anfang des WB eingefügt werden, sodass der Leser sich zurechtfindet. Sitzung 12 18
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