58. Sitzung. Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 J am Mittwoch, dem XI. April 1988, 9.

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1 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 J Sitzung am Mittwoch, dem XI. April 1988, 9.00 Uhr, In München Geschäftliches , 3807, 3810, 3815, 3816, 3839, 3848, 3866, 3868, 3871 Mündliche Anfragen gern. 73 Abs. 2 GeschO 1. Betriebsansiedlungen in der Umgebung des Großflughafens München II Frau Schweiger (CSU) , 3797 Staatssekretär Zeller Frau König (SPD) Trassenführung der ICE-Bundesbahnstrecke zwischen Plochingen und Günzburg Straßer (SPD) Staatssekretär Zeller Investitionsförderung der gewerblichen Wirtschaft in der Region Main/Rhön Hollwich (SPD) , 3799 Staatssekretär Zeller : 3798, Verlängerung der Frankfurter S-Bahn nach Aschaffenburg Schmitt Hilmar (SPD).. Staatssekretär Zeller.. ' Dr. Kaiser Heinz (SPD). 5. Mindestregelsätze in der Sozialhilfe 3799, , ,3800 Engelhard Rudolf (CSU) Staatsminister Dr. Hillermeier , 3801 Hollwich (SPD) , 3801 Klasen (SPD) Sicherheitsmaßnahmen beim Abbruch der Chemischen Fabrik Marktredwitz Hering (SPD) , 3802 Staatsminister Dr. Hillermeier , 3802 Kopka (CSU) Kaiser Willi (SPD) Gefährdungen durch Quecksilberemissionen der Chemischen Fabrik Marktredwitz Engelhardt Walter (SPD)... Staatsminister Dr. Hillermeier Müller Willi (CSU)... Hering (SPD).. '.... Schuhman,n Otto (SPD) 3802,3803, , 3803, Erhöhte Quecksilberkonzentrationen bei Arbeitnehmern der Chemischen Fabrik Mark1redwitz Kaiser Willi (SPD).... Staatsminister Dr. Hillermeier.. Müller Willi (CSU).... Hering (SPD).... Frau Memmel (DIE GRÜNEN) , , Abriß des Kernkraftwerks Niederaichbach Franzke (SPD) (5, 3806 Staatssekretär Alois Glück , 3806, 3807 Lechner (CSU) Frau König (SPD) Huber (Landshut) (CSU) Folgen eines Brands der Firma Terma GmbH in Scheinfeld Schultz (SPD) , 3808 Staatssekretär Alois Glück , 3808 Loscher-Frühwald (CSU) Brosch (CSU) Errichtung einer lufthygienischen Meßstation im unteren Pegnitz1al Sommerkorn (SPD) Staatssekretär Alois Glück 3809 Langenberger (SPD) Fernsehübertragung von Fußball-Bundesliga-Spielen Daum (CSU) Staatsminister Dr. Stoiber. 3809, 3810, 3811 Kopka (CSU),, Frau Memmel (DIE GRÜNEN) Frau Paulig (DIE GRÜNEN)

2 3794 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v Standortübungsplatz auf der Vorbehaltsfläche B im Münchner Norden Frau König (SPD) Staatsminister Dr. Stoiber überfliegen deutschen Hoheitsgebietes durch österreichische Militärflugzeuge Starzmann (SPD) , 3812, 3813 Staatsminister Dr. Stoiber , Vernunftige Ernährung von Schülern Lechner (CSU) , 3814, 3815 Staatsminister Zehetmair , 3814, 3815 Frau Radermacher (SPD) 3814 Trapp (SPD) Kamm (DIE GRÜNEN) Mündliche Anfragen gern. 73 Abs. 2 Satz 2 GeschO (Anlage 1) 16. Diagnose- und Förderklassen Trapp (SPD) 17. Unterbringung der Münchner Berufsoberschulen Frau Windsperger (DIE GRÜNEN) 18. landwirtschaftliche Ausbildung Franz (SPD) 19. Sachkundenachweis für das Ausbringen von Pflan~enschutzmitteln Frau Rothe (DIE GRÜNEN) Zukunftschancen landwirtschaftlicher Betriebe Frau Paulig (DIE GRÜNEN) Ehemalige Kaminkehrer-Realrechte Heiler (CSU) Verlagerung in München angesiedelter Landesämter Brand! (Passau) (SPD) Wasserverunreinigung durch eine Firma in Coburg Frau Memmel (DIE GRÜNEN) Anschluß des Raumes Amberg-Sulzbach an die A 93 Dandorfer (CSU) Ausb11u der B 276 in Lohr Mehrlich (SPD) Hochwasserschutzdamm an der Donau bei Niederachdorf/Straubing Kobler (CSU). 27. Information über die Gefahren von PER im Olivenöl 3895 Langenberger (SPD) ' 28. Bau von Staatsstraßen Breitrainer (CSU) Gutachterliche Tätigkeit von Prof. Valentin Frau Meier (SPD) Stellenmehrungen als Folge der Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Dienst Loew (SPD) Hochwassergeschädigte in den Landkreisen Kitzingen und Würzburg Brosch (CSU) 32. Auswirkungen der Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen.dienst ayf den Stellenplan von Heckei (SPD) Hochwassergeschädigte im Raum Kitzingen/Ochsenfurt Frau Radermacher (SPD) Interpellation der Abg. Hiersemann, Dr. Ritzer, Kalo u. Frakt. SPD betr. Abfallvermeidung, Abfallverwertung und Abfallentsorgung In Bayern (Drs. 11/4817) und Interpellation der Abg. Tandler, Herbert Huber, Kling u. a. u. Frakt. CSU betr. Abfallentsorgung In Bayern (Drs. 11/4979) Dr. Ritzer (SPD), Interpellant... Huber [Landshut] (CSU), Interpellant. Staatsminister Dick (Unterbrechung der Sitzung) , 3869 Antrag der Abg. Hiersemann, Heinrich, Leichtle u. a. u. Frakt. SPD betr. Sanierung der Hausmülldeponie Gallenbach (Drs. 11 /5194) Beschlußempfehlungen des Landesentwicklungs-, des Wirtschafts-, des Sozialpolitischen und des Verfassungsausschusses (Drs. 11/5343, 11/5494, 11/6042, 11/6130) Antrag der Abg. Fendt, Christian Knauer, Hölzl u. a. betr. Erweiterung der hausmüllähnllchen Deponie Gallenbach (Drs. 11/5211) Beschlußempfehlungen des Landesentwicklungs-, des Wirtschafts-, des Sozialpolitischen und des Verfassungsausschusses (Drs. 11/5342, 11/5495, 11/6043, 11/613.1)

3 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3795 Heinrich (SPD) , 3847, 3858 Kling (CSU) , 3861 Franz (SPD) Frau Memmel (DIE GRÜNEN)... : Frau Windsperger (DIE GRÜNEN) , 3857 Dr. Mayer Martin (CSU) 3854 Hölzl (CSU) Neder (CSU) Dr. Ritzer (SPD) , 3866 Kamm (DIE GRÜNEN) , 3865 Dr. Fischer (CSU) Klinger (CSU) Heckei Dieter (CSU) Erklärungen gern. 111 GeschO Spitzner (CSU) Kamm (DIE GRÜNEN) Erklärung zur Abstimmung Kamm (DIE GRÜNEN) 3872 Beschluß Antrag der Abg. Sause, Wax-Wörner, Prof. Dr. Armin Weiß u. Frakt. DIE GRÜNEN betr. Linearisierung der Stromtarife (Drs. 11/88) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs- und des Haushaltsausschusses (Drs. 11 /367, 11 /3922, 11 /5309) Antrag der Abg. Sause, Wax-Wörner, Prof. Dr. Armin Weiß u. Frakt. DIE GRÜNEN betr. Konzessionsabgabenzahlungen von Energieversorgungsunternehmen an Gemeinden (Drs. 11/89) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Verfassungs- und des Haushaltsausschusses (Drs. 11 /368, 11/3923, 11/4284, 11/5310) Antrag der Abg. Prof. Dr. Armin Weiß, Säumer, Wax-Wörner betr. Vergütung für Strom aus Krall-Wärme-Kopplungsanlagen odar aus regenerativen Energiequellen (Drs. 11/204) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts- und des Landesentwicklungsausschusses (Drs. 11 / 829, 11 /3924) Antrag des Abg. Naumann u. a. betr. Stromversorgung In München (Drs. 11/208) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs- und des Haushaltsausschusses (Drs. 11/915, 11/3938, 11/5311) Antrag der Abg. Prof. Dr. Armin Weiß, Säumer, Sause u. a. betr. Förderung von Stromsparmaßnahmen (Drs. 11 /220) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs- und des Haushaltsausschusses (Drs. 11/917, 11/3925, 11/5312) Antrag der Abg. Erwin Huber, Dr. Martin Mayer, Hölzl u. a. betr. Tarife für Nachtstrom (Drs. 11/348) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts- und des Landesentwicklungsausschusses (Drs. 11 / 2179, 11/3960) Antrag der Abg. Dr. Seebauer, Kolo betr. Energieberichte der Staatsregierung (Drs. 11/727) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts- und des Landesentwicklungsausschusses (Drs. 11/ 2180, 11 /3927) Antrag des Abg. Kolo betr. Stromspar-Verordnung (Drs. 11/731) Beschlußemplehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs- und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 11 /2183, 11 /3926, 11/4516) Antrag der Abg. Kolo, Dr. Seebauer u. a. betr. Unterstützung der Kommunen bei der Energieversorgung als Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge (Drs. 11 /732) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Verfassungs- und des Haushaltsausschusses (Drs. 11/2184, 11/3928, 11/4290, 11/5313) Antrag der Abg. Kolo, Dr. Seebauer u. a. betr. Vortage eines Bayerischen Energiespargesetzes (Drs. 11/733) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Verfassungs- und des Haushaltsausschusses (Drs. 11/2185, 11/3929, 11/4291, 11/5314) Antrag der Abg. Kolo, Dr. Seebauer u. a. betr. Ausschöpfung des bestehenden rechtlichen Rahmens für eine optimierte Energieversorgung (Drs. 11/734) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Verfassungs- und des Haushaltsausschusses (Drs. 11 /2186, 11/3930, 11/4292, 11/5315) Antrag der Abg. Kolo, Dr. Seebauer u. a. betr. Reform des Energiewirtschaftsrechts auf Bundesebene (Drs. 11/735) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Verfassungs-, des Haushalts- und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 11/2187, 11/3931, 11/4293, 11/5316, 11/5729) Antrag der Abg. Kolo, Dr. Seebauer u. a. betr. Nutzung von Standorten von stillgelegten Kraftwerken für den Bau moderner Heizkraftwerke (Drs. 11/736) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts- und

4 3796 Bayerl cher Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v des Landesentwicklungsausschusses (Drs. 11/ 2188, 11 /3932) Antrag der Abg. Kolo, Dr. Seebauer u. a. betr. erhöhte Abschreibungen für Wärmedämmung an Gebäuden nach 82a Einkommensteuerdurchführungsverordnung (Drs. 11 /737) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Haushalts- und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 11/2189, 11/3933, 11/5317, 11/5752) Antrag der Abg. Kolo, Dr. Seebauer u. a. betr. Änderung des Atomgesetzes (Drs. 11/738) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Verfassungs-, des Haushalts- und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 11/2190, 11/3934, 11/4294, 11/5318, 11/5751) Antrag des Abg. Beck betr. Verbesserung des zwelglledrlgen Stromtarifs mit dem Ziel der Energieeinsparung (Drs. 11/3049) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts- und des Landesentwicklungsausschusses (Drs. 11 / 3761, 11/3961) Dr. Mager! (DIE GRÜNEN), Berichterstatter Frau Harrer (SPD), Berichterstatterin. Beck (CSU), Berichterstatter Staatssekretär Zeller. Dr. Seebauer (SPD). Beck (CSU)... Dr. Weiß Armin (DIE GRÜNEN) Dinglreiter (CSU).... Dr. Ritzer (SPD).... Klinger (CSU)... Dr. Kestel (DIE GRÜNEN) Beschluß Antrag der Abg. Kolo, Dr. Seebauer u. a. betr. Grundsätze einer künftigen Energiepolitik (Drs. 11/746) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Verfassungs- und des Haushaltsausschusses (Drs. 11/2191, 11/3935, 11/4295, 11/5319). Schluß der Sitzung 3892 Antrag der Abg. Erwin Huber, Wengenmeier, Dr. Martin Mayer u. a. betr. Stromtarif (Drs. 11/1502) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts- und des Landesentwicklungsausschusses (Drs. 11 / 2192, 11/3959) Antrag der Abg. Zeitler, Beck, Dumann u. a. betr. Kohlepfennig (Drs. 11/1673) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Haushalts- und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 11/2194, 11/3964, 11/5320, 11/5750) Antrag der Abg. Back, Erwin Huber, Dr. Herbert Hyber u. a. betr. Verbesserung beim Energieeinsparen und der Nutzung regenerativer Energiequellen (Drs. 11/1957) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Verfassungs-, des Haushalts- und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 11/2193, 11/3962, 11/4297, 11/5321, 11/5749) Antrag der Abg. Dr. Martin Mayer, Feneberg, Gruber u. a. betr. Bericht über Energieeinsparen (Drs. 11/3041) Beschlußempfehlungen des Wirtschafts-, des Landesentwicklungs-, des Verfassungs-, des Haushalts- und des Bundesangelegenheitenausschusses (Drs. 11/3760, 11/3963, 11/4296, 11/5322, 11/5748) und Beginn der Sitzung: 09 Uhr 01 Minuten Erster Vizepräsident Mösleln: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 58. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Hörfunk und Fernsehen des Bayerischen Rundfunks sowie das ZDF haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Ihre Zustimmung vorausgesetzt, wurde sie erteilt. Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 7: Mündliche Anfragen Ich bitte zunächst den Herrn Staatssekretär im Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr um die Beantwortung der ersten Fragen. Erste Fragestellerin isl die Frau Kollegin Schweiger. Frau Kpllegin, bitte! Frau Schwelger (CSU), Fragest e 11 er in: Herr Staatssekretär! Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, um die Gemeinden Im Umgriff des neuen Großflughafens über mögliche Betrlebunsledlungen zu Informieren, und Ist sie bereit, den jetzt vom Überflug neu betroffenen Gemeinden eine gewisse Präferenz einzuräumen, gegebenenfalls dort Gewerbegebietsausweisungen zu beschleunigen, um über ein verbessertes Arbeitsplatzangebot einen finanziellen Ausgleich für die Lärmbelastung zu schaffen? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär, bitte!

5 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerl cher Landtag 11. Wahlperiode 3797 Staatssekretär Zeller: Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auf diese Frage darf ich folgende Antwort geben: 1. Auch die Bayerische Staatsregierung isl der Auffassung, daß im Flughafenumland die Vorteile, die der neue Flughafen München bietet, genutzt werden sollen. 2. Die Bayerische Staatsregierung beabsichtigt, eine Koordinierungs- und Anlaufstelle zu schaffen. Aufgabe dieser Stelle soll es sein, in Zusammenarbeit mit den zuständigen fachlichen Stellen die Gebietskörperschaften zu beraten, Entscheidungshilfen zur Verfügung zu stellen und vor allem auch Kontakte zwischen den Gemeinden und Ansiedlungsinteressenten zu vermitteln. 3. Die Staatsregierung hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Angebot und Nachfrage nach Industrie- und Gewerbeflächen im Flughafenumland als Grundlage für die kommunale Planung ermitteln wird. Das vorgenannte Gutachten umfaßt als Untersuchungsgebiet Teile der Landkreise Freising und Erding, die Gemeinden am nördlichen Stadtrand von München und den Raum Landshut. Bei der Abgrenzung des Untersuchungsgebietes, an der die Landräte von Erding und Freising maßgeblich beteiligt waren, wurden die Gemeinden vor allem hinsichtlich ihrer Lage zum Flughafen, ihrer Verkehrsanbindung und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten für Gewerbeansiedlung berücksichtigt. 4. Die Ausweisung von Gewerbegebieten liegt in der Planungshoheit der Gemeinden. Die Staatsregierung kann den Gemeinden zwar Entscheidungshilfen, z. B. mit dem vorgenannten Gutachten, geben; die Entscheidung über die Bauleitplanung werden jedoch die einzelnen Gemeinden in eigener Zuständigkeit zu treffen haben. Die Staatsregierung hat bereits am 9. Februar 1988 die Gemeinden im Flughafenumland gebeten, die Voraussetzungen für die Ansiedlung neuer Unternehmen, vor allem aus dem Bereich der neuen Technologien, zu schaffen. Erster Vizepräsident Mösleln: Erste Zusatzfrage: die Fragestellerin. Frau Schwelger (CSU): Herr Staatssekretär! Wo können sich ansiedlungswillige Firmen über geeignete Standorte informieren? Gibt es für Grundstückseigentümer bzw. Gemeinden so etwas wie eine Informationsbörse über ansiedlungswillige Firmen? Staatssekretär Zeller: Ich habe vorhin schon gesagt, daß wir in unserem Hause eine Koordinationsstelle schaffen. Wenn jemand eine Ansiedlung in diesem Gebiet vorhat, ist wie auch in den anderen Landesteilen Bayerns selbstverständlich das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr ebenso wie die Regierungen und die Landratsämter sehr gern bereit und bemüht, entsprechende Unterstützung und Beratung zu geben. Erster Vizepräsident Mösleln: Zweite Zusatzfrage: die Frau Abgeordnete König. Frau König (SPD): Herr Staatssekretär, nachdem die Frau Kollegin Schweiger danach gefragt hat, ob die Lärmbelästigungen eventuell durch zusätzliche Arbeitsplatzangebote kompensiert werden können, frage ich Sie, ob zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen für die Gemeinden vorgesehen sind, die jetzt durch die neuen Flugrouten betroffen sind. Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatssekretär, bitte! Staatssekretär Zeller: Zunächst: Was heißt hier neue Flugrouten"? Das, was wir bisher auf dem Tisch haben, ist ja nur eine Planung, eine Diskussionsgrundlage der Bundesanstalt für Flugsicherung und nicht mehr. Das bedeutet nicht, daß dies tatsächlich die endgültigen Flugrouten sind. Sie wissen genausogut wie ich, nehme ich an, daß die Flugrouten von der BFS jederzeit geändert werden können. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: die Fragestellerin. Frau Schwelger (CSU): Herr Staatssekretär' Gibt es die Möglichkeit einer beschleunigten Ausweisung von Gewerbegebieten, und worauf müssen ausweisungswillige Gemeinden gegebenenfalls besonders achten? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär, bitte! Staatssekretär Zeller: Es gibt, soweit ich weiß, von seilen des Innenministeriums Unterlagen, die den Gemeinden gewisse Anleitungen geben, wie sie ihre Planungen möglichst schnell und ohne zu großen bürokratischen Aufwand durchführen können. Ich muß aber noch einmal darauf verweisen, daß natürlich die kommunale Selbstverwaltung, was die Planung anbelangt, auch in den Gemeinden eine der tragenden Säulen ist. Die Koordinierungsstelle, die ich vorhin angesprochen habe, soll im Zusammenwirken mit den Gemeinden, mit den Landkreisen, mit der Regierung von Oberbayern und mit der Staatsregierung den Gemeinden auf diesem Gebiet eine Handreichung geben und sie bei den Vorarbeiten zu ihren Planungen unterstützen. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: die Frau Abgeordnete König. Frau König (SPD): Herr Staatssekretär! Sollten die endgültigen Flugrouten Gemeinden überfliegen, denen im Anhörungsverfahren zugesagt worden ist, daß sie nicht überflogen werden, können solche Gemeinden bzw. ihre Bewohner dann mit zusätzlichen Lärmschutzmaßnahmen rechnen oder nicht? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Zeller: Wir haben mehrmals erklärt: Wenn durch neue Flugrouten Gemeinden, die bisher

6 3798 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Staatssekretär Zeller) noch nicht in den Lärmschutzzonen lagen, zusätzlich betroffen sind, dann ist es selbstverständlich, daß wir gegebenenfalls die entsprechenden Lärmschutzmaßnahmen finanzieren werden. Vielleicht eine zusätzliche Anmerkung zur Kollegin Schweiger! Das bayerische lnnenmfnisterium hat, gerade was die Planungen anbetrifft, die Gemeinden durch Zuschüsse zu Planungskosten auch schon finanziell ganz erheblich unterstützt; nicht zu Erschließungen - das wäre nicht vertretbar -, sondern zu Planungskosten! Diese Summe beträgt für das gesamte Flughafenumland bisher rund 1,2 Millionen DM. Erster Vlzeprisldent Mösleln: Nächste Fragestellerin ist die Frau Abgeordnete Martini. Sie ist nicht im Saal. Die Frage wird übernommen. Bitte, Herr Kollege! Straßer (SPD), Fragest e 11 er: Herr Staatssekretär! Wann und wie wird die Steatsreglerung die Unterri,Chtung und die Beratung der Städte und Gemeinden durchführen, nachdem nun.mehr die Untersuchungen der Trassenvarianten für den ICE-Streckenabschnitt Plochingen-GQnzburg durch die Deutsche Bundesbahn vorliegen, und hat die Staatsregierung mit den zuständigen baden-württembergischen Stellen GespräChe über ein gemeinsames Vorgehen bezüglich einer Streckenführung über Ulm/Neu Ulm geführt? Erster Vlzeprlisldent Mösleln: Herr Staatssekretär, bitte! Staatssekretär Zeller: Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr hat mit Schreiben vom 20. April 1988, also zeitgleich mit Baden-Württemberg, ein Anhörungsverfahren im Rahmen einer Beteiligung nach 49 des Bundesbahngesetzes zur Trassenführung der Ausbau- und Neubaustrecke Plochingen-Günzburg eingeleitet. Die betroffenen Kommunen werden durch die zuständige Regierung informiert; die Unterlagen über den Untersuchungsbericht werdeh durch die Bundesbahndirektion Stuttgart, die für die Planungen verantwortlich ist, unmittelbar übersandt. Mit den zuständigen baden-württembergischen Stellen wurden Gespräche über ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen der Beteiligung nach 49 des Bundesbahngesetzes geführt. Es ist damit sichergestellt, daß ein zeitgleicher Ablauf des Anhörungsverfahrens erfolgt und da8 in Bayern und in Baden-Württemberg ein vergleichbarer Informationsstand zur Sache besteht. Erster Vizepräsident Mösleln: Keine Zusatzfragen. Nächster Fragesteller ist der Abgeordnete Hollwich. Herr Abgeordneter, bitte stellen Sie Ihre Frage! Hollwlch (SPD), Fragest e 11 er: Herr Staatssekretär! In welchem Umfang sind in den Jahren 1985, 1986 und 1987 jeweils Investitionen der gewerblichen Wirtschaft mit der Investitionszulage in der Region Main/Rhön gefördert worden, und wie viele Arbeitsplätze sind damit geschaffen bzw. abgesichert worden? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär, bitte! Staatssekretär Zeller: Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Daten über die Förderung der gewerblichen Wirtschaft mit der regionalen Investitionszulage in der Region Main/Rhön für die Jahre 1985 bis 1987 liegen der Staatsregierung nicht vor. Die diesbezügliche Statistik wird beim Bundesamt für Wirtschaft in Eschborn geführt. Die Daten konnten dort kurzfristig nicht bereitgestellt werden. Ich bin aber sehr gerne bereit zu veranlassen, daß die Daten dort angefordert und Ihnen mitgeteilt werden. Neben gewerblichen Investitionsvorhaben, die nur mit der Investitionszulage gefördert werden, gibt es auch solche, die mit zinsgünstigen Darlehen, Investitionszuschüssen und zum großen Teil zusätzlich mit der Investitionszulage unterstützt werden. Diese Förderdaten, die einen Anhaltspunkt für die Fördermaßnahmen in der Region Main/Rhön geben, liegen vor. Sie lauten wie folgt. 1985: gefördertes Investitionsvolumen 45 Millionen DM mit 291 neu geschaffenen Arbeitsplätzen; 1986: 68 Millionen DM mit 395 neu geschaffenen Arbeitsplätzen; 1987: 142 Millionen DM mit 561 neu geschaffenen Arbeitsplätzen. Wenn man die drei Jahre addiert, sind es insgesamt 255 Millio- nen DM mit 1247 neu geschaffenen Arbeitsplätzen. Erster Vizepräsident Möslein: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. Hollwlch (SPD): Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, diese Zahlen auch auf Landkreise und kreisfreie Städte innerhalb einer Region aufgegliedert zu liefern? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär, bitte! Staatssekretär Zeller: Meinen Sie die Zahlen, die ich jetzt genannt habe, oder die, die Sie vom Bundesamt wollen? (Abg. Hollwich: Beide!) - Was das Bundesamt für Wirtschaft betrifft, kann ich es jetzt nicht garantieren; wir werden es versuchen. Was unser Haus betrifft, gehe ich davon aus, ~aß wir sie Ihnen aufgeschlüsselt bieten können. Erster Vizepräsident Mösleln: Weitere Zusatzfrage: der Fragesteller. Hollwlch (SPD): Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß angesichts dieser Zahlen doch deutlich wird, daß das Wegfallen der lnvestitionszu-

7 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3799 (Hollwich [SPD]) lage ein schwerer Schlag für eine Grenzlandregion sein kann? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Zeller: Die Frage der Investitionszulage ist in diesem Hohen Hause schon mehrmals und sehr ausgiebig diskutiert worden. Sie wissen, daß es, auch durch den Bund, entsprechende Ersatzmittel geben soll. Wir müssen des weiteren sehen, daß die gesamte Steuerreform auch für das Grenzland und für die mittelständische Wirtschaft im Grenzland nicht unerhebliche Entlastungen bringt. Erster Vizepräsident Mösleln: Weitere Zusatzfrage: der Fragesteller. Hollwich (SPD): Herr Staatssekretär, kann ich davon ausgehen, daß Sie die angedeutete Beschaffung von Zahlen vom Bundesamt für Wirtschaft für einen Abgeordneten - in diesem Fall für mich - vornehmen werden? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Zeller: Herr Kollege, ich kann zusichern, daß wir die Zahlen anfordern und Ihnen dann auch geben werden. Erster Vizepräsident Mösleln: Keine weitere Zusatzfrage. Nächster Fragesteller ist der Abgeordnete Hilmar Schmitt. Herr Abgeordneter, bitte! Schmitt Hilmar (SPD), Fragest e 11 er: Herr Staatssekretär! Wird die Staatsregierung die Bemühungen der Interessierten bayerischen Gebietskörperschaften unterstützen, die S-Bahn aus Frankfurt nach Aschaffenburg zu verlängern, und bis zu welchem Zeitpunkt kann mit einer Verwirklichung dieses Projekts gerechnet werden? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär, bitte! Staatssekretär Zeller: Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Über eine Verlängerung der Frankfurter S-Bahn nach Aschaffenburg kann gegenwärtig keine verbindliche Aussage getroffen werden. Das Land Hessen und die Deutsche Bundesbahn haben am 4. Dezember 1986 einen Bau- und Finanzierungsvertrag über den 2. Bauabschnitt der 2. Baustufe der S-Bahn Rhein-Main geschlossen, der unter anderem auch die Einrichtung des $-Bahn-Verkehrs von.frankfurt-süd über Offenbach nach Hanau beinhaltet. Die Bauarbeiten dieser Strecke wurden offiziell erst am 24. März 1988 aufgenommen; die Inbetriebnahme des $-Bahn-Verkehrs ist für das Jahr 1992 vorgesehen. Aufgrund dieser Sachlage kann zur Zeit nicht beurteilt werden, ob und gegebenenfalls wann eine Verlängerung der Frankfurter S-Bahn von Hanau nach Aschaffenburg verwirklicht werden kann. Gleichwohl wird die Staatsregierung zu gegebener Zeit entsprechende Bemühungen der Kommunen dieses Gebiets um einen S-Bahn-Anschluß unterstützen. Allerdings wäre bei einer Entfernung von 46 km zwischen Frankfurt/Main und Aschaffenburg von der Einrichtung eines $-Bahn-Verkehrs keine besondere Verbesserung gegenüber den durchgehenden Zügen des Bezirksund Fernverkehrs zu erwarten. Erster Vizepräsident Möslein: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. Schmitt Hilmar (SPD): Herr Staatssekretär! Ist der Staatsregierung bekannt, daß sich die Haltung der beteiligten Gemeinden des Landkreises Aschaffenburg, der Gemeinden Kahl, Karlstein und Kleinostheim sowie der Stadt Aschaffenburg zu diesem $ Bahn-Projekt - Verlängerung nach Aschaffenburg - geändert hat, daß sie heute gezielt darauf setzen und daß die S-Bahn im Interesse der engen wirtschaftlichen Vertlechtung und der vielen tausend Arbeitnehmer eine dringende Notwendigkeit ist? Werden Sie das bei Ihrer Entscheidung oder Unterstützung berücksichtigen? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatssekretär' Staatssekretär Zeller: Es ist von mir schon gesagt worden: Wenn es soweit ist, wenn die Entscheidung ansteht und wenn vor allem die Gemeinden und Landkreise entsprechenden Druck ausüben und Wert darauf legen, weil sie in der S-Bahn eine enorme Verbesserung sehen, werden wir alles, was wir in der Hand haben, tun, um eine Unterstützung zu gewähren. Natürlich muß alles zunächst einmal geprtlft werden. Es kommt beispielsweise auch darauf an, daß die Deutsche Bundesbahn das erforderliche Verfahren eröffnet, damit wir die entsprechenden Vorgänge einleiten können. Erster Vizepräsident Möslein: zweite Zusatzfrage: der Abgeordnete Kaiser. Dr. Kaiser Heinz (SPD): Herr Staatssekretär Zeller, ist Ihnen nicht bekannt, daß der $-Bahn-Anschluß nach Hanau bereits im Jahre 1994 fertig sein wird und daß deshalb jetzt die Zeit gekommen ist, eine Entscheidung zu treffen, und ist Ihnen des weiteren nicht bekannt, daß bezüglich der S-Bahn die Bayerische Staatsregierung einen Antrag stellen muß und nicht die Bundesbahn die Planungen von sich aus aufnehmen kann? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Zeller: Zunächst einmal haben Sie das Jahr 1994 genannt. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, daß es im Jahre 1992 soweit sein soll. Wir sind also sogar etwas schneller. Der zweite Gesichtspunkt ist der, daß heute, was die Finanzierung betriff1, klare wirtschaftliche Berechnungen angestellt werden müssen. Sie wissen, daß der

8 3800 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Staatssekretär Zeller) Bund, soweit ich informiert bin, keine S-Bahn-Strecke mehr finanziert, die sich wirtschaftlich nicht einigermaßen selbst tragen kann. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: der Fragesteller. Schmitt Hilmar (SPD): Herr Staatssekretär! Nachdem klar ist, daß sowohl die Investitionen als auch die betrieblichen Kosten aufgeteilt werden müssen, frage ich Sie: Ist die Staatsregierung bereit, sich neben den beteiligten Gebietskörperschaften auch selbst sowohl bei Investitionen als auch bei dauerhaften Betriebskosten finanziell zu engagieren? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär, bitte! Staatssekretlr Zeller: Das ist eine Frage, die ich heute nicht beantworten kann - einfach deswegen nicht, weil alle Wirtschaftlichkeits- und betriebswirtschaftlichen Berechnungen noch nicht vorliegen. Dabei wird sich wahrscheinlich klar herausstellen, daß das Problem das laufende Defizit sein wird. Wenn sich in den Berechnungen herausstellen sollte, daß das laufende Defizit sehr gering sein wird, dann wird man sich mit dieser Frage ohne Zweifel etwas näher beschäftigen. Erster Vlzeprlsldent Mösleln: Nächste Zusatzfrage: der Abgeordnete Kaiser. Dr. Kaiser Heinz (SPD): Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, entsprechende Berechnungen und Planungen von seilen der Bayerischen Staatsregierung mit in die Wege zu leiten, um zu einer Entscheidung zu kommen, nachdem zwar der Verkehr im Jahr 1992 aufgenommen wird und die Strecke im Jahr 1994 bis Hanau durchgebaut sein wird, aber aufgrund der entsprechenden Vorplanungszeit die Entscheidung von seilen Bayerns im nächsten Jahr fallen müßte? Erster Vlzeprlaldent Mösleln: Herr Staatssekretär! ' Staatssekretlr Zeller: Zunächst einmal ist die Bundesbahn an der Reihe, die Wirtschaftlichkeitsgrundlage zu setzen. Wir werden sehr gerne bereit sein, mit der Bundesbahn Verbindung aufzunehmen und ein Gespräch darüber zu führen, wie weit eine betriebswirtschaftliche Wirtschaftlichkeitsgrundlage entsprechend schnell in die Wege geleitet werden kann. Erster Vlzeprlsldent Mösleln: Letzte Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Kaiser. Dr. Kaiser Heinz (SPD): Herr Staatssekretär! Ich darf noch einmal-fragen: Ist Ihnen nicht bekannt, daß bei S-Bahn-Planungen nach den gesetzlichen Bestimmungen die Initiative von Seiten der Gebietskörperschaften und des Freistaates Bayern ausgehen müßte und daß die Bundesbahn nicht in der Lage ist, von sich aus Planungen und Berechnungen anzustellen, und ist die Staatsregierung bereit, die Dinge in die Wege zu leiten? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Zeller: Herr Kollege, normalerweise gibt es auch den Grundsatz: Wer zahlt, schafft an. Es ist aber klar, daß die S-Bahn weitestgehend eine Angelegenheit des Bundes bzw. der Bundesbahn ist, so daß ich damit die Frage beantwortet habe. Erster Vizepräsident Mösleln: Ich bedanke mich für die Beantwortung, Herr Staatssekretär. Ich darf nun den Herrn Staatsminister für Arbeit und Sozialordnung zur Beantwortung der weiteren Fragen bitten. In diesem Bereich ist der erste Fragesteller der Herr Abgeordnete Rudolf Engelhard. Bitte, Herr Kollege! Engelhard Rudolf (CSU), Fragest e 11 er: Herr Staatsminister! Beabsichtigt die Staatsregierung, die Mindestregelsätze In der Sozlalhllle Im Jahre 1988 anzuheben, wenn ja, ab welchem Zeitpunkt Ist eine Anhebung vorgesehen, und welche Kriterien legt die Staatsregierung der Bemessung der künftigen Mindestregelsätze zugrunde? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllerrneler: Herr Präsident, Hohes Haus! Der derzeit geltende Mindestregelsatz in Höhe von 392 DM wird dieses Jahr auf 404 DM erhöht. Die Anhebung erfolgt dem Gesetz entsprechend zu dem Zeitpunkt, an dem die Rentenerhöhung in Kraft tritt; das ist der 1. Juli Bei der Neufestsetzung hat sich die Staatsregierung ausnahmsweise noch einmal wie bereits vor einem Jahr an der Rentenerhöhung orientiert und nicht den alternativen Warenkorb aus dem Jahr 1985 zugrundegelegt. Hätten wir allein die preisliche Bewertung des Warenkorbs zugrundegelegt, wäre eine Erhöhung nicht möglich gewesen; denn die Kosten des Warenkorbs sind seit seiner Einführung im Juli 1985 wegen der erfreulichen Preisstabilität nicht mehr gestiegen. Bei der Neufestsetzung war es aber unser Ziel, Sozialhilfeempfänger an den realen Einkommensverbesserungen anderer Bevölkerungsgruppen teilhaben zu lassen. Erster Vizepräsident Mösleln: Erste Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Hollwich. Bitte! Hollwtch (SPD): Herr Staatsminister, betrachten Sie eine Anhebung von 392 auf 404 DM für die Sozialhilfeempfänger ernsthaft als eine Anpassung an die Einkommensentwicklung? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeler: Ich möchte beinahe die Gegenfrage stellen: Würden Sie lieber noch ein-

9 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3801 (Staatsminister Dr. Hillermeier) mal den alternativen Warenkorb zugrundelegen? Dann käme selbst diese Anhebung nicht zustande. Aber es ist Ihnen ja bekannt, Herr Kollege, daß zur Zeit Überlegungen und Verhandlungen laufen, das Bedarfsbemessungssystem als Grundlage zu nehmen. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Klasen. Klasen (SPD): Herr Staatsminister, stehen diese Überlegungen in irgendeinem Zusammenhang mit der Initiative des niedersächsischen Ministerpräsidenten? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hillermeler: Überhaupt nicht; denn diese Überlegungen, Herr Kollege Klasen, sind nicht auf die Gegenwart zugeschnitten, sondern über sie wird seit geraumer Zeit in den zuständigen Konferenzen - auch denen der Arbeits- und Sozialminister - beraten. Erster Vizepräsident Möslein: Dritte Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Hollwich. Hollwlch (SPD): Herr Minister, können Sie einen ungefähren Zeitpunkt nennen, ab wann die Sozialhilfeempfänger mit einer etwas wirksameren Anhebung rechnen können? Erster. Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hillermeler: Es wäre wünschenswert, daß zum 1. Juli 1989 brauchbare Ergebnisse vorliegen würden und damit auch das System umgestellt werden könnte. Im Augenblick hat sich der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge erboten, eine gutachtliche Stellungnahme abzugeben und ein Modell zu erarbeiten. Das Ergebnis soll Ende dieses Jahres vorliegen. Erster Vizepräsident Mösleln: Keine weitere Zusatzfrage. Der nächste Fragesteller ist der Abgeordnete Hering. Hering (SPD), Frage ste 11 er: Herr Staatsminister! Warum waren bei den Abbrucharbeiten der Chemischen Fabrik Marktredwitz extreme Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Arbeitnehmer vor gesundheltllchen Gefährdungen durch Quecksilber notwendig, obwohl ähnliche Schutzmaßnahmen während der jahrzehntelangen Produktion angeblich nicht erforderlich waren? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister, bitte! Staatsminister Dr. Hillermeler: Herr Präsident, Hohes Haus! Es trifft zu, daß bei den Abbrucharbeiten der Chemischen Fabrik Marktredwitz durch das Gewerbeaufsichtsamt Bayreuth besondere Arbeitsschutzmaßnahmen angeordnet wurden. Diese besonderen Arbeitsschutzmaßnahmen sind zum einen deshalb erforderlich, weil nach der Stillegung der Fabrik eine erhebliche, bislang nicht vermutete Belastung der Gebäudesubstanz und des Betriebsgeländes mit gefährlichen Stoffen, vor allem Quecksilber, festgestellt wurde. Mit der Freisetzung gefährlicher Mengen dieser Stoffe bei den Abbrucharbeiten ist zu rechnen. Zum anderen müssen auch Gebäudeteile beseitigt werden, z. B. Lagerbunker für gefährliche Stoffe, die früher betriebsmäßig nicht begangen werden mußten, aber naturgemäß besonders stark mit gefährlichen Stoffen belastet sind. Eine solche Belastung trat beim normalen Produktionsablauf nicht auf. Das ist durch mehr als 100 Einzelmessungen der Konzentration gefährlicher Stoffe an den Arbeitsplätzen belegt. Der Vorwurf, daß Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten während der normalen Produktion nicht getroffen worden seien, ist nicht gerechtfertigt. Richtig ist vielmehr, daß den Beschäftigten auch damals eine vom Betrieb gestellte Arbeitskleidung und persönliche Schutzausrüstungen wie Atemschutzmasken, Gesichtsschutz, Handschuhe, Schürzen und Sicherheitsschuhe zur Verfügung standen. Außerdem hat das Gewerbeaufsichtsamt Bayreuth technische Maßnahmen, z. B. die Einrichtung von Absauganlagen für gefährliche Stoffe, und hygienische Maßnahmen, z. B. die Errichtung von kombinierten Wasch- und Umkleideanlagen, sog. Schwarz-Weiß Anlagen, zum Schutz der Beschäftigten angeordnet und durchgesetzt. Erster Vizepräsident Mösleln: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. Hering (SPD): Herr Staatsminister, am 14. November 1966 haben Sie erklärt, daß regelmäßig arbeitsmedizinische Untersuchungen bei den Arbeitnehmern vorgenommen wurden. Welche Ergebnisse brachten diese Untersuchungen? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hillermeler: Die Ergebnisse der Untersuchungen, Herr Kollege, jetzt im Rahmen einer mündlichen Anfrage im einzelnen darzuleg,en, ist wohl etwas schwierig. Ich darf auf die Antworten der Staatsregierung auf zwei schriftliche Anfragen von Ihnen zusammen mit den Kollegen Kaiser und Engelhardt sowie auf den sehr ausführlichen Bericht der Staatsregierung vom Juni 1987 verweisen. Erster Vizepräsident Mösleln: Zweite Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Kopka. Kopka (CSU): Herr Staatsminister, hat das Gewerbeaufsichtsamt Bayreuth die Einhaltung seiner Auflagen gegenüber der CFM auch tatsächlich überwacht? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister!

10 3802 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v Staatsminister Dr. Hlllermeler: Auch dies ist im einzelnen festgestellt. Ich darf aus dem umfangreichen Bericht nur herausgreifen, daß man sich zunächst einmal auf die Vollzugsmitteilungen des Betriebs wohl verlassen darf und daß bei den vielen Betriebsrevisionen natürlich überprüft wurde, ob jeweils die mündlichen und schriftlichen Anordnungen und Auflagen auch eingehalten wurden bzw. ob ihnen Rechnung getragen wurde. Erster Vizepräsident Mösleln: Dritte Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Kaiser. Kaiser Willi (SPD): Herr Minister, Sie haben in Ihrer Antwort an den Kollegen Hering davon gesprochen, bei den Abbrucharbeiten seien unvermutete Gefährdungen aufgetreten. Wie ist es möglich, daß nach mehr als 70 Betriebsüberprüfungen innerhalb eines Zeitraums von zehn bis elf Jahren eine Gefährdung unvermutet" auftritt? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeler: Herr Kollege Kaiser, ich glaube, es bedarf keines besonderen technischen Sachverstandes - den habe ich nicht, und den haben Sie möglicherweise auch nicht -, um zu verstehen, daß erst, wenn man abbricht und damit alle Bestandteile im Untergrund, also was sich bis dahin unter der Oberfläche verborgen hat, zum Vorschein kommen, das Ausmaß der wirklichen Verseuchung und damit auch das Ausmaß der zweifellos gegebenen Verfehlungen und Rechtsverstöße festgestellt werden kann. Erster Vizepräsident Möslein: Weitere Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Hering. Hering (SPD): Herr Staatsminister, sind Ihnen die Werte und die Todesfälle, die in dem Bericht des Westdeutschen Rundfunks genannt wurden, bekannt? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeler: Ich habe von dem Bericht gehört. Aber die Untersuchungen im einzelnen sollten wir, meine ich, Herr Kollege Hering, den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen überlassen. Ich meine, wir sollten hier nicht vorschnell Urteile fällen. Erster Vizepräsident Möslein: Letzte Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Kaiser. Kaiser Willi (SPD): Herr Minister, wie können Sie und wie kann Ihre Behörde, wenn es laut dem genannten Fernsehbericht vor Jahren bereits bei Beschäftigten der CFM zu Todesiällen gekommen ist, behaupten, daß Sie von der gesundheitlichen Gefährdung der Beschäftigten in der CFM nicht hinreichend unterrichtet sein konnten? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeler: Das Letztere, Herr Kollege Kaiser, ist eine durch nichts gerechtfertigte Unterstellung; denn warum hat die Gewerbeaufsicht und warum haben andere Behörden, z. B. Umweltschutzbehörden, seit 1977 dreimal große Besichtigungen durchgeführt? Weil in diesem veralteten Betrieb aus dem Jahr 1788 aufgrund der Bausubstanz und auch aufgrund der Produktionsverfahren bei Untersuchungen, z. B. Untersuchungen von Professor Valentin, gesundheitliche Beeinträchtigungen festgestellt wurden, die auch zu zahlreichen Auflagen führten. Diesen ist der Betrieb, wenn auch zum Teil mit Verzögerung, nachgekommen. Es kann also nicht davon die Rede sein, wie aus Ihrer letzten Bemerkung herauszuhören ist, daß nichts bekannt war. Natürlich war viel bekannt, und deswegen ist auch sehr viel eingeschritten worden. Erster Vizepräsident Möslein: Nächster Fragesteller ist der Abgeordnete Walter Engelhardt. Engelhardt Walter (SPD), Fragest e 11 er: Herr Staatsminister, hatten Behörden und lnstltutlonen Erkenntnisse über die Gefährdungen der Arbeitnehmer und der Wohnbevölkerung in der Umgebung der Chemischen Fabrik Marktredwitz durch erheblich über den Grenzwerten liegende Quecksilberkonzentrationen bzw. über den leichtfertigen Umgang mit Quecksilber Im Betrieb, wurden solche Kenntnisse zwischen den betelllgten Behörden und Institutionen ausgetauscht, und welche Konsequenzen wurden daraus gezogen? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hillermeier: Herr Präsident, Hohes Haus! Wie schon in dem Bericht des Umweltministeriums zur Situation der CFM vom Juni 1987 auf Seite 3 mitgeteilt wurde, haben die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden bei Konzentrationsmessungen in der Luft an Arbeitsplätzen festgestellt, daß der zulässige Grenzwert für Quecksilber in mehreren Fällen überschritten wurde. Daraufhin wurden durch die Arbeitsschutzbehörden technische und hygienische Schutzmaßnahmen veranlaßt, die in dem genannten Bericht der Staatsregierung auf den Seiten 5 und 6 im einzelnen geschildert sind. Ich möchte aber darauf hinweisen, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, daß die Ergebnisse der Überwachungstätigkeit der Arbeitsschutzbehörden, d. h. auch Meßergebnisse, als Betriebsgeheimnisse gelten, die den für den Umweltschutz zuständigen Behörden wegen der besonderen Geheimhaltungsvorschriften des 139 b der Gewerbeordnung grundsätzlich nicht mitgeteilt werden. Es liegt jedoch beim Bund bereits ein Referentenentwurf zur Änderung des 139 b der Gewerbeordnung vor. Nach diesem Entwurf sind die Gewerbeaufsichtsämter berechtigt, Informationen an die Umweltschutzbehörden weiterzugeben. Tatsächlich hat das Gewerbeaufsichtsamt Bayreuth die CFM gemeinsam mit den Umweltschutzbehörden im Mai 19n, im März 1978 und im Mai 1983 besichtigt. Insofern haben durchaus Kontakte bestanden.

11 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3803 (Staatsminister Dr. Hillermeier) Seither lagen Erkenntnisse über erhöhte Emissionen vor. Nach Einholung weiterer Unterlagen wurde eine, wenn auch durch die Betreiber der CFM immer wieder verzögerte, umfassende lufthygienische Sanierung durchgeführt, die 1979 abgeschlossen wurde. Die im Jahr 1980 durchgeführten Abnahmemessungen bestätigten den Erfolg der Maßnahmen. Die weiterhin vorliegenden Erkenntnisse über erhöhte Quecksilberwerte in Gemüse-, Obst- und Futtermittelproben ließen zunächst eine eindeutige Zuordnung über deren Herkunft nicht zu. Als Ursache hierfür kamen neben einem nicht ordnungsgemäßen Betrieb der eingebauten Wäscher die vorhandene Vorbelastung des Geländes und der Dachflächen sowie auch eventuelle Ableitungen von kontaminiertem Abwasser in Frage. Die Erfahrungen mit der CFM und anderen Chemieunfällen haben gezeigt, daß die Zusammenarbeit der Vollzugs- und Überwachungsbehörden bei Problembetrieben noch verbessert werden kann. Darauf hat Herr Kollege Dick bereits am 19. Mai 1987 in diesem Hohen Hause hingewiesen. Erster Vizepräsident Mösleln: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. Engelhardt Walter (SPD): Herr Staatsminister! Im Mai 1977 gab es eine Ortsbesichtigung durch die Regierung von Oberfranken, durch das Landesamt für Umweltschutz und das Gewerbeaufsichtsamt Bayreuth. Es dauerte dann immerhin acht Jahre, d. h. bis 1985, bis der Betrieb geschlossen worden ist. Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat beim Widerspruch des Betriebes dargetan, daß durch ständigen Augenschein dargelegt worden sei, daß der Betriebsinhaber und der gesamte Betrieb unzuverlässig sind. Wie erklären Sie sich, daß es dann acht Jahre gedauert hat, bis dieser Betrieb geschlossen worden ist, d. h. bis endlich Konsequenzen gezogen worden sind? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hillermeler: Herr Kollege Engelhard1, Sie stellen jetzt die Dinge so dar, als ob acht Jahre lang nichts geschehen wäre. Sie drei, die Sie heute mündliche Anfragen stellen, wohnen ja selbst in diesem Raum und haben von den Dingen sicherlich, wenn sie so eklatant zum Himmel stanken, wenn ich einmal so sagen darf, auch gehört. Da muß ich fast die Gegenfrage stellen: Was haben Sie eigentlich in den letzten Jahren in dieser Richtung unternommen? Was haben Sie eigentlich getan? (Beifall bei der CSU - Zurufe der Abg. Willi Kaiser und Franz) Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist man bekanntlich immer gescheiter; das ist doch eine alte Tatsache. (Abg. Diethei: Jawohl, das ist gut! Sag's ihm!) Sie wissen sehr wohl, daß, wohl auch einem Wunsch des Landtags und insbesondere aller Verantwortlichen in den Grenzräumen entsprechend, natürlich zunächst versucht wird, mit dem geringstmöglichen Eingriff, d. h. durch die Beseitigung der Mängel, zurechtzukommen, bevor man einen Betrieb schließt, dies auch, wie gesagt, aus grenzlandpolitischer Rücksichtnahme. Auch das muß man deutlich sehen. Erster Vizepräsident Möslein: Zweite Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Willi Müller. Müller Willi (CSU): Herr Staatsminister! Muß man der Frage des Kollegen Engelhardt entnehmen, daß er dem Landratsamt bzw. dem zuständigen Landrat einen massiven Vorwurf machen will? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeier: Ich überlasse die Interpretation dem Hohen Hause. Daß aber nicht allein die Arbeitsschutzbehörden - Gewerbeaufsichtsamt, Gewerbeärztlicher Dienst -, sondern auch die Umweltschutzbehörden bzw. die Landratsämter, die Gewässeraufsicht und andere nicht nur zuständig waren, sondern auch durch die von mir eben erwähnten gemeinsamen Besichtigungen in den Gesamtkomplex und die Zustände dort eingeweiht waren, ist wohl kein Geheimnis. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Hering. Hering (SPD): Herr Staatsminister! Ist es richtig, daß das Landratsamt schon Anfang der siebziger Jahre die Betriebserlaubnis nur für ein Jahr und unter der Bedingung erteilt hatte, daß gewisse Auflagen erfüllt würden, daß aber die Schließung seitens der Regierung von Oberfranken verhindert wurde? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hillermeier: Auch dieser Frage ist nachgegangen worden. Von der Regierung von Oberfranken wurde, soweit ich das meinen Unterlagen entnehmen kann, diesbezüglich nichts verhindert. Aber das betrifft, wie gesagt, nicht in erster Linie meine eigene Zuständigkeit. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Schuhmann. Schuhmann Otto (SPD): Herr Staatsminister, Sie haben erklärt, daß in Gemüse und anderen Produkten erhebliche Konzentrationen von Quecksilber festgestellt worden sind, und Sie haben weiter gesagt, es konnte nicht festgestellt werden, wer der Verursacher war. Gibt es im dortigen Raum weitere Betriebe, die Quecksilber in die Gegend schleudern? Erstar Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllerrneier: Das müßten Sie aus örtlicher Kenntnis vielleicht besser wissen als ich. Aber soweit mir bekannt ist, gibt es einen Betrieb die-

12 3804 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 /58 v (Staatsminister Dr. 'Hillermeier) ser Art, dieses Zuschnitts, dieses Alters, mit dieser Produktionspalette und mit diesem Verfahren nicht. (Zuruf des Abg. Willi Kaiser) Erster Vizepräsident Mösleln: Letzte Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Engelhardt. Engelhardt Walter (SPD): Herr Staatsminister! Nach dem, was Sie jetzt dargelegt haben, steht fest, daß eine fachübergreifende Überwachung dieses chemischen Betriebes nicht geklappt hat. Die Staatsregierung hat in ihrem Bericht angekündigt, daß sie den Vollzug der Immissionsschutzgesetze und anderer einschlägiger Vorschriften ändern will. Das ist nun ein Jahr her. Wann ist damit zu rechnen, daß die Staatsregierung aus diesem Vorfall endlich Konsequenzen zieht? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeier: Aus diesem Vorfall, Herr Kollege Engelhardt, sind ganz selbstverständlich in intensiven Gesprächen, ohne daß so etwas immer in neuen Bekanntmachungen oder Richtlinien.einen sichtbaren Niederschlag findet, Konsequenzen gezogen worden. Ich habe eben schon erwähnt, daß wir1 von Bayern aus intensiv daran sind, den 139 b der Gewerbeordnung, der meiner Meinung nach nicht mehr aktuell und zeitgemäß ist, nun zu verbessern, damit es nicht irgendwelche rechtlichen oder sogar mit strafrechtlichen Folgen verknüpfte Hindernissse gibt, wenn Behörden die notwendigen Erkenntnisse untereinander austauschen und daraus die entsprechenden Konsequenzen ziehen wollen. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächster Fragesteller: der Herr Abgeordnete Willi Kaiser. Kaiser Willi (SPD), Fragest e 11 er: Herr Staatsminister, was wurde von der Berufsgenossen8Chaft Chemie unternommen, um die ihr bekannten Obarschreitungen der Grenzwerte für die Quecksllberkonzentration In Blut und Urin bei Arbeitnehmern der Chemlsehen Fabrik Marktredwitz entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag zu unterbinden, Menschenleben zu schützen? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeier: Herr Präsident, Hohes Haus! Die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts, die nicht meiner Fachaufsicht, sondern der Fachaufsicht des Bundesarbeitsministers unterliegt. Ich habe mich aber durch die Berufsgenossenschaft informieren lassen. Die Berufsgenossenschaft hat mir im wesentlichen folgendes mitgeteilt: Die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie hat entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag dafür gesorgt, daß diejenigen Versicherten, die einer Quecksilbereinwirkung ausgesetzt waren, arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen unterzogen wurden. Die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie hat bei erkennbarer Belastung von Arbeitnehmern und nach häufigen vorausgegangenen Messungen der Quecksilberkonzentration in der Raumluft zahlreiche Maßnahmen des technischen und organisatorischen Arbeitsschutzes unter Beiziehung von Experten des Berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitssicherheit angeordnet und deren Einhaltung überwacht. Das ist also die Einlassung der Berufsgenossenschaft. Wenn Sie es wünschen, meine geschätzten Kollegen, kann ich Ihnen die vollständige Stellungnahme der Berufsgenossenschaft zur Verfügung stellen. Erster Vizepräsident Mösleln: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. Kaiser Willi (SPD): Herr Minister, ich bitte vorweg um die Zustellung der von Ihnen angebotenen Unterlagen. Meine Zusatzfrage lautet: Wenn von 1974 bis 1985 bei der CFM ausweislich des Berichtes, den Herr Minister Dick gegeben hat, mehr als 70 Betriebsprüfungen durchgeführt worden sind, die bestehenden Probleme bei der CFM aber nicht behoben v.:erden konnten, sondern letztlich sogar zur Schließung des Unternehmens führten, sind Sie dann der Ansicht, daß die Berufsgenossenschaft Chemie nach dem Ergebnis der Überprüfung ihren gesetzlichen Auftrag zum Schutz von Menschenleben und zur Abweisung von Gefährdungen der Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmer überhaupt erfüllt hat? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeler: Herr Kollege Kaiser! Wenn es sich um eine landesunmittelbare Berufsgenossenschaft handeln würde, würde ich Ihnen dazu eine etwas dezidiertere Auskunft geben. Die Tatsache, daß die Berufsgenossenschaft aber bundesunmittelbar ist, zwingt mich zu großer Zurückhaltung. Ich meine aber nach dem, was ich von meinen Behörden - Gewerbeaufsichtsamt und Gewerbeärztlicher Dienst -, die in engem Einvernehmen gehandelt haben, weiß, nicht feststellen zu können, daß seitens der Beru1sgenossenschaft ein Fehlverhalten vorliegt. Aber ich habe das im einzelnen nicht geprüft und habe es auch nicht zu prüfen. Erster Vizepräsident Mösleln: Zweite Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Willi Müller. Müller Willi (CSU): Herr Staatsminister, ich möchte eine zukunftsorientierte Frage stellen: Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus dem Fall der Chemischen Fabrik Marktredwitz tür die Tätigkeit der

13 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3805 (Müller Willi [CSU]) Gewerbeaufsicht im Hinblick auf Altlasten bei chemischen Fabriken? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeler: Herr Kollege Müller, Sie meinen jetzt Wohl Altlasten im Abfallbereich. Wir haben bereits 1983 unsere Gewerbeaufsichtsämter angewiesen, überall dort Amtshilfe zu leisten, wo nach eigenen Erkenntnissen und Beobachtungen Mißstände vorliegen, um den zuständigen Vollzugsbehörden die Erledigung ihrer Aufgaben zu erleichtern. Erster Vizepräsident Mösleln: Drille Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Hering. Hering (SPD): Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, daß der Betriebsrat schon Anfang der siebziger Jahre auf die schrecklichen Spätfolgen bei Quecksilberschädigungen hingewiesen hat? Warum wurde seitens der Berufsgenossenschaft und der Aufsichtsbehörden nicht eingeschritten? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeler: Mir ist bekannt, daß eirie ganze Reihe von Betriebsrevisionen, wie das auch ganz normal und natürlich ist und den gesetzlichen Vorschriften entspricht, in Anwesenheit und unter Beteiligung des Betriebsrates stattgefunden hat. Das weiß ich. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: die Frau Abgeordnete Memmel. Frau Memmel (DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister, sind Ihnen Untersuchungsergebnisse von der Bevölkerung in Marktredwitz bekannt, da wir inzwischen wissen, daß Altlasten von der Chemischen Fabrik über die ganze Stadt verteilt sind und an verschiedenen Orten, unter Sportplätzen usw., verbuddelt wurden? Gibt es Ergebnisse von Untersuchungen nicht nur bei Betriebsangehörigen, sondern auch bei Bewohnern der Stadt Marktredwitz? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hlllermeler: Frau Kollegin, ich bitte, diese sehr detaillierte Frage an den zuständigen Ressortkollegen zu richten. Ich habe keine detaillierten Kenntnisse, so daß ich Ihnen auch keine pauschale Antwort geben will. Erster Vizepräsident Mösleln: Letzte Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Willi Kaiser. Kaiser Willi (SPD): Herr Minister! Es gibt bei der Quecksilbergefährdung von betroffenen Arbeitnehmern bestimmte Richtwerte für die Konzentration in Blut bzw. im Urin. Diese Richtwerte waren - das ist Ihnen so bekannt wie mir - bei Beschäftigten der CFM zum Teil ganz erheblich überschritten. Diese Überschreitung wird im genannten Bericht des Ministers Dick unter anderem damit begründet, daß die schwierigen baulichen und besonderen Verhältnisse im Betrieb eine solche Überschreitung nicht vermeiden lassen. Ist es nach Ihrer Meinung möglich, daß bauliche Zustände in einem Betrieb eine Überschreitung von Richtwerten zulassen, die zu ernsthaften Gefährdungen bei den beschäftigten Arbeitnehmern führt? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Hillermeier: Ich kenne den Bericht des Kollegen Dick, der ja in Zusammenarbeit mit meinem Hause und mit dem Innenministerium erarbeitet wurde. Ich kenne verständlicherweise die erwähnte Passage nicht; aber ich weiß, daß es über die Frage der noch zulässigen Richtwerte in der Wissenschaft längere Zeit Streit gab, was möglicherweise der Hintergrund für die Aussage des Kollegen Dick war. Aber einen Zusammenhang mit baulichen Zuständen kann ich mir nicht vorstellen, zumindest keinen solchen, wie Sie ihn eben dargelegt haben. Erster Vizepräsident Mösleln: Ich bedanke mich für die Beantwortung, Herr Staatsminister. Ich darf nun den Herrn Staatssekretär für Landesentwicklung und Umweltfragen zur Beantwortung der nächsten Fragen bitten. Erster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Franzke. Bitte stellen Sie Ihre Frage, Herr Abgeordneter! Franzke (SPD) Fragest e 11 er: Herr Staatssekretär! Nachdem über die Klagen der Stadt Landshut gegen den Abriß des Kernkraftwerks Nlederalchbach und die Anordnung der sofortigen Vollzlehbarkelt noch nicht entschieden Ist, einer Pressemeldung vom 23. März 1988 jedoch zu entnehmen war, daß die Vorbereitung der Baustelle bereits aul Hochtouren läuft und In acht Wochen mit den KKN-Abrlßarbaiten begonnen werden soll, frage Ich die Staatsregierung, wie sie die tatsächliche und rechtliche Situation beurtellt. Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär, bitte! Staatssekretär Alols Glück: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit Bescheid vom 6. Juni 1986 hat das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen den Abbau des stillgelegten Kernkraftwerks Niederaichbach genehmigt. Gegen diesen Genehmigungsbescheid wurden von der Stadt Landshut und einer Privatperson verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklagen erhoben, die aufschiebende Wirkung hatten. Auf Antrag der Genehmigungsinhaber - das ist unter anderem das Kernforschungszentrum Karlsruhe als Forschungseinrichtung des Bundes - wurde die Genehmigung mit Bescheid vom 30. Juni 1987 im öffentlichen Interesse und im Interesse der Genehmigungs-

14 3806 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Staatssekretär Alois Glück) Inhaber für sofort vollziehbar erklärt, da sonst mit den Vorbereitungsarbeiten für den. Abbau nicht hätte begonnen werden können. Gegen die Anordnung des Sofortvollzugs haben.die Kläger Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen gestellt. Über diese Anträge haben die Verwaltungsgerichte bis jetzt noch nicht entschieden. Aus rechtlicher Sicht bestehen somit keine Bedenken, wenn nunmehr von der erteilten und nach 80 Absatz 2 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung für sofort vollziehbar erklärten Abbaugenehmigung Gebrauch gemacht wird, bevor die Verwaltungsstreitverfahren rechtskräftig abgeschlossen sind. Derzeit wird im KKN die Baustelle eingerichtet. Das heißt, im wesentlichen werden Büros, die zur Bestimmung der Radioaktivität von später abzubauenden Anlagenteilen erforderlichen Labors sowie weitere notwendige Einrichtungen, insbesondere zur Vermeidung von Kontaminationsverschleppung und zur Minimierung der Strahlenbelastung des Demontagepersonals, installiert. Weiterhin werden zum Abbau benötigte Systeme, z. B. Lüftungs- und Abwassersammelsystem, Brandmeldeanlagen und anderes, unter Hinzuziehung des TÜV Bayern als Sachverständigen der Genehmigungsbehörde in Betrieb genommen. Diese Phase der Arbeiten soll nach den Planungen der Genehmigungsinhaber bis Anfang Juni 1988 abgeschlossen sein. Anschließend soll die Demontage von nicht radioaktiven Anlageteilen innerhalb des Sicherheitsbehälters erfolgen. Diese Arbeiten werden circa ein halbes Jahr dauern. Erst danach, also frühestens ab Anfang 1989, wird mit dem Abbau von radioaktiven Teilen begonnen werden. Dieser Zeitraum gibt den Verwaltungsgerichten ausreichend Gelegenheit, über die Anträge der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu entscheiden. Erster Vizepräsident Mösleln: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. Franzke (SPD): Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig verstanden, daß unter Umständen schon vor der _gerichtlichen Entscheidung mit dem Abbruch begonnen werden kann? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alols Glück: Dies ist rechtlich zweifelsfrei möglich. Wie bereits dargelegt, steht zunächst ein erheblicher Komplex zum Abbruch an, der nicht radioaktiv kontaminiert ist. Anfang des nächsten Jahres wird dann über die weiteren Schritte zu entscheiden sein. Es ist allerdings auch anzunehmen, daß die Verwaltungsgerichte bis zu diesem Zeitpunkt Entscheidungen getroffen haben werden. Erster Vizepräsident Mösleln: Zweite Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Lechner. Lechner (CSU): Herr Staatssekretär! Wenn die Vorarbeiten für die Abbruchgenehmigung bis Juni 1988 abgeschlossen sein werden, glauben Sie, daß dann aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts und mit Ihrer Hilfe die Genehmigung zum kontinuierlichen Abbruch und zur endgültigen Beseitigung vorliegt? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alols Glück: Nach der gegenwärtigen Rechtssituation können die Arbeiten jederzeit begonnen und auch fortgeführt werden, e_s sei denn, vom Verwaltungsgericht kommt eine andere Entscheidung. Die lange Zeitphase bei den Verwaltungsgerichten beruht letztlich darauf, daß die Klage des Privatklägers beim Verwaltungsgericht Regensburg eingereicht ist und die Stadt Landshut beim Verwaltungsgerichtshof geklagt hat. Nun wird das Bundesverwaltungsgericht in Berlin zunächst über das weitere Verfahren zu entscheiden haben. Dies bedingt wohl die zeitliche Verzögerung. Erster Vizepräsident Mösleln: Weitere Zusatzfrage: der Fragesteller. Franzke (SPD): Herr Staatssekretär, Sie wissen genauso wie ich, daß dazu eine Petition im Landtag anhängig ist und über diese Petition noch nicht entschieden ist. Wie können Sie es eigentlich vertreten, daß die Staatsregierung nichts dagegen unternimmt, daß, wie Sie in der Antwort gesagt haben, auch innerhalb des Sicherheitsbehälters abgebaut werden kann, ohne daß eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung vorliegt? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alols Glück: Herr Kollege Franzke, dazu sind zwei Dinge zu sagen: Zum ersten wird auch innerhalb des Sicherheitsbehälters zunächst nur abgebaut, was nicht radioaktiv kontaminiert ist; das ist eine ganz normale Baumasse wie bei allen anderen Bauwerken. Zum zweiten ist die Rechtssituation eindeutig so, daß eine Genehmigung vorliegt. Erster Vizepräsident Mösleln: Weitere Zusatzfrage: die Frau Abgeordnete König. Frau König (SPD): Herr Staatssekretär! Nachdem in diesem Falle durch die sofortige Vollziehbarkeit ein anderes Ergebnis als in anderen Fällen eintritt, wo man sagen kann, das Haus wird wieder abgerissen, wenn es nicht genehmigt war - die Radioaktivität hat ja Folgen -, frage ich Sie: Sind Ihre Ausführungen, daß zumindest bis nächstes Jahr keine radioaktiven Teile abgerissen werden, rechtlich verbindlich, oder kann das morgen schon wieder anders sein? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alols Glück: Das ergibt sich ganz einfach aus dem bautechnischen Ablauf, weil zunächst überhaupt nur Gebäudeteile in Angriff genommen werden können, die nicht radioaktiv kontaminiert

15 Ptenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3807 (Staatssekretär Alois Glück) sind. Das ergibt sich aus den logischen Schritten am Bau. (Frau Abg. König: Also keine rechtlich verbindliche Zusage!) Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Herbert Huber. Huber [Landshut] (CSU): Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Franzke, wird gestattet sein; Ihre Unverschämtheiten können Sie sich sparen. (Zurufe von der SPD und den GRÜNEN) Herr Staatssekretär, ich möchte nur noch einmal Ihre Bestätigung: Es ist also davon auszugehen, (Fortgesetzte Zurufe von der SPD und den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten) daß es sich bei den jetzigen Arbeiten um Vorbereitungsarbeiten handelt, daß der Abbruch nach Ihrer Meinung nur die nichtnuklearen Bereiche betrifft und daß bis zum Beginn des Abbruchs kontaminierter Teile die gerichtliche Entscheidung vorliegen wird. Erster Vizepräsident Mösleln: Ich bitte, auf der linken Seite des Hauses zu beachten, daß auch manche Ihrer Kollegen, so wie vorhin Kollege Engelhardt, das Problem erst mit drei oder vier Sätzen darstellen und erst danach die Frage stellen. Aus Gründen der Ausgewogenheit habe ich jetzt auf der rechten Seite das gleiche Verfahren zugelassen. Herr Staatssekretär, würden Sie die Zusatzfrage - es war die letzte - bitte beantworten? Staatssekrlltär Alols Glück: Herr Kollege Huber, so ist es! Ich. darf wiederholen: Jetzt geht es um die Bauvorbereitung. Diese Bauvorbereitung wird eine Phase bis etwa Anfang Juni benötigen. Dann erfolgt der Abbau nicht radioaktiv kontaminierter Teile. Dies wird mindestens bis Ende dieses Jahres dauern. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Schultz. ' Schullz (SPD). Fragest e 11 er: Herr Staatssekretär, welche Schäden, Gefährdungen und Belastungen sind bei und nach dem Brand des Scheinfelder Chemiebetriebs Terrna für den Boden; das Grund-, Fließ- und Oberflächenwasser sowie die Luft In welcher Konzentretlon, In welchem Umkreis und mit welchen Auswirkungen für die Betriebsangehörigen, die Bevölkerung und die.an den Lösch- und Aufräumungsarbeiten Beteiligten entstanden? Erstar Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alols Glück: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst ist klarzustellen, daß es sich bei der Firma Terma nicht um einen Chemiebetrieb handelt. Die Firma stellt Hitts- und Reinigungsmittel überwiegend für die metallverarbeitende Industrie her; dabei kommen nur physikalische Verfahren zum Einsatz. Wegen Unterschreitung der Produktionsleistungsgrenze, nämlich 1 Tonne/Tag, besteht für die Anlagen seit Inkrafttreten der novellierten 4. VlmSchV keine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht mehr. Wie vom Staatsministerium des Innern mitgeteilt wurde, verfügt die örtliche Feuerwehr sowohl über einen Einsatzplan als auch über eine Liste der bei der Firma Terma gelagerten Stoffe, in der unter anderem aromatische und halogenierte Kohlenwasserstoffe aufgeführt sind. Nach Auslösung des Alarms am 25. März 1988 um Uhr erfolgten deshalb vorsorglich die Evakuierung des zunächst noch in Ausbreitungsrichtung der Rauchgasfahne gelegenen Schulzentrums und eines größeren Wohnhauses - nach Winddrehung von Südost auf Ost konnte auf weitere Evakuierungsmaßnahmen verzichtet werden - und der erste Löschangriff unter schwerem Atemschutz. Nachdem die von der Feuerwehr durchgeführten Luftmessungen hinsichtlich toxischer Brandgase negativ ausgefallen waren, konnte zunächst auf leichten Atemschutz umgestellt und nach erweiterten Messungen schließlich ganz auf Atemschutz verzichtet werden. Um 14 Uhr war der Brand gelöscht. Eine akute Gefährdung der Bevölkerung war während des Brandes - auch wegen der günstigen Windrichtung - nicht gegeben. Die Arbeit der Löschmannschaften wurde durch nicht ungefährliche Stichflammen und Behälterexplosionen sowie die große Hitzeentwicklung erschwert. Nachdem der Brand auch Lagerbereiche für halogenierte Kohlenwasserstoffe erfaßt hatte, konnte die mögliche Bildung von polychlorierten Dioxinen und Furanen grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Noch am Brandtag wurden deshalb vom Wasserwirtschaftsamt Ansbach eine Löschwasserprobe und vom Umweltschutzingenieur des Landratsamtes eine Schlamm-Boden-Probe unmittelbar aus dem Brandzentrum zur Analyse auf HKW bzw. PCDD/PCDF entnommen. Nach ersten, vorläufigen Ergebnissen ist der Gehalt an PCDD/PCDF in der Schlamm-Boden Probe sehr gering; er liegt bei insgesamt 0,3 ppm, wobei die Konzentration an 2,3,7,8-TCDD zu 0,24 ppm bestimmt wurde. Um die möglichen Auswirkungen des Brandes auf die Umgebung einzugrenzen und zu quantifizieren, wird derzeit ein umfangreiches Analysenprogramm durchgeführt. Am 15. April wurde in Anwesenheit eines Vertreters des Landesamtes für Umweltschutz von einem Hamburger Analyseninstitut eine Reihe von Brandschutt-, Wasser- und Bodenproben - letztere bis zu einer Entfernung von 10 Kilometern in Ausbreitungsrichtung der Rauchgasfahne - entnommen. Die Ergebnisse sollen spätestens bis Mitte Mai vorliegen. Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß der Betrieb der Firma Terma GmbH der regelmäßigen behördlichen Überwachung durch die Gewerbeaufsicht und

16 3808 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Staatssekretär Alois Glück) den Umweltschutzingenieur des Landratsamtes unterlag. Erster Vizepräsident Mösleln: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. 0 Schultz (SPD): Herr Staatssekretär! Da auch nach Ihren Ausführungen die Lösch- und Bergungsarbeiten zum Teil ohne Schutzkleidung ausgeführt wurden, andererseits die Aufräumungsarbeiten nach behördlicher Auflage nur mit Schutzkleidung durchgeführt werden dürfen und erlaubt sind, frage ich: Ist auszuschließen, daß bei den Freiwilligen Feuerwehren und bei den Bergungsmannschaften eine Gefährdung der Gesundheit eingetreten ist? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alols Glück: Herr Kollege, davon gehe ich aus, nachdem die Feuerwehr während des Brandeinsatzes laufend Messungen durchgeführt hat. Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Loscher-Frühwald. Loscher-Frühwald (CSU): Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob die Firma Terma beabsichtigt, den Betrieb an der gleichen Stelle wiederaufzubauen, und ist mit verschärften Auflagen hinsichtlich der weiteren Betriebsgenehmigung zu rechnen, nachdem der Betrieb unmittelbar im Bereich von Wohngebäuden steht? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alols Glück: Herr Kollege, mit der Wiederaufnahme des Betriebes ist zu rechnen. Erste Arbeiten zum Wiederaufbau wurden bereits begonnen. Sofern der Betrieb im bisherigen Umfang, d. h. ohne Kapazitätsausweitung, wiederaufgenommen wird, ist für die Errichtung des Betriebsgebäudes eine baurechtliche Genehmigung notwendig. Nach Mitteilungen des Landratsamtes ist dabei mit ver-. schärften Auflagen zum baulichen und zum abwehrenden Brandschutz auf jeden Fall zu rechnen, also insbesondere mit der Einteilung der Lagerbereiche in getrennte Lager- und Brandabschnitte und entsprechenden Vorkehrungen wie etwa einer automatischen Sprinkleranlage oder einer Begasungsanlage. Erster Vizepräsident Möslein: Dritte Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Brosch. Brosch (CSU): Herr Staatssekretär, können Sie somit ausschließen, dab für die Gebiete westlich des Betriebes wie zum Beispiel den Landkreis Kitzingen während des Brandes jemals eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen bestanden hat? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alois Glück: Nach den uns vorliegenden Ergebnissen der Messungen während des Brandes ist es wohl so. Inwieweit es zu Ablagerungen, wenn auch in sehr geringem Umfang, gekommen ist, kann abschließend erst nach Vorlage der Maßanalysen durch das Hamburger Institut bewertet werden. Erster Vizepräsident Mösleln: Weitere Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Schultz. Schultz (SPD): Herr Staatssekretär, hält die Staatsregierung zum Betrieb einer solchen Firma besondere Auflagen, etwa bezüglich des Löschwasserverrates oder der Wasserrückhaltung, für notwendig? Für den Fall, daß sie schon angeordnet wurden, frage ich, ob sie auch eingehalten wurden. Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alols Glück: Was in der Vergangenheit an Vorkehrungen getroffen war, entzieht sich meiner momentanen Beurteilung. Ich habe vorhin bereits mitgeteilt, daß im Hinblick auf den Neubau Auflagen vorbeugender Art für den Brandschutz vorgesehen sind. Inwieweit Wasserreserven gegeben sein müssen, muß zunächst örtlich von seilen der Feuerwehr und vom Brandschutz entschieden werden. Dies ist aber nicht nur eine spezielle Frage für eine solche Firma, sondern es ist eine generelle Frage, wie in diesem Bereich Versorge für den Brandschutz zu treffen ist. Erster Vizepräsident Mösleln: Letzte Zusatzfrage: der Fragesteller. Schultz (SPD): Herr Staatssekretär! Waren auf den Listen, die den Inhalt der Lagerungen in der Firma enthielten und die den Feuerwehren zugänglich waren, auch die Altwaren enthalten, die nach dem Februar 1987 nachweisbar in die Firma zurückgelaufen sind und offensichtlich auch in der Firma gelagert worden sind? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretär Alols Glück: Herr Kollege, dies entzieht sich meiner Kenntnis. Wir haben nur die Mitteilung erhalten, daß eine aktuelle Liste vorlag. Sollte die Liste nicht aktuell gewesen sein, wäre dies ein Versäumnis der Firmenleitung. Ich habe aber gegenwärtig keinen Anhaltspunkt dafür, solches anzunehmen. Erster Vizepräsident Mösleln: Der nächste Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Dr. Ritzer. Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Sommerkorn übernommen. Bitte, stellen Sie die Frage, Herr Abgeordneter! Sommerkorn (SPD), Fragest e 11 er: Herr Staatssekretär! Wie weit sind die Vorbereitungen zur Errichtung einer lufthyglenlschen Meßstatlon Im unteren Pegnltztal gediehen, und wann kann mit der Inbetriebnahme dieser Station gerechnet werden? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär!

17 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3809 Staatssekretär Alols Glück: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema hat den Landtag bereits wiederholt beschäftigt. Herr Staatsminister Dick hat in seinem Bericht an den Präsidenten des Landtags vom 19. Februar 1988 zum Landtagsbeschluß vom 13. Oktober 1987 bereits ausgeführt, daß vorgesehen ist, eine der Luftgütemeßstationen im Raum Erlangen in den Raum Lauf/Röthenbach zu verlegen. In diesem Bericht wurde auch dargelegt, daß eine kontinuierliche lufthygienische Überwachung im dortigen Raum aufgrund der lufthygienischen Situation nicht zwingend erforderlich erscheint, daß sie aber eine zweckmäßige Ergänzung und Abrundung der flächenhaften Überwachung im Osten des Belastungsgebietes Erlangen-Fürth-Nürnberg sein wird. Das Landratsamt Nürnberger Land hat mittlerweile dem Landesamt für Umweltschutz Standortmöglichkeiten in den Räumen Lauf und Röthenbach genannt. Die Festlegung des endgültigen Standorts wird so vorgenommen, daß unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen und der einschlägigen immissionsschutzrechtlichen Verwaltungsvorschriften eine repräsentative Erfassung der lufthygienischen Situation gewährleistet ist., Die Verlegung der Meßstation soll im Laute dieses Jahres erfolgen, sobald die Umstellung der Datenverarbeitung des gesamten Meßnetzes, die gegenwärtig bei uns gerade erfolgt, abgeschlossen ist und damit der Betrieb auch entsprechend sachgerecht aufgenommen werden kann. Erster Vizepräsident Mösleln: Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Langenberger. Bitte! Langenberger (SPD): Herr Staatssekretär, könnten Sie den Termin vielleicht noch etwas näher umschreiben, damit man einigermaßen eine zeitliche Vorstellung hat; denn wir haben noch drei Viertel dieses Jahres vor uns. Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatssekretär! Staatssekretir Alols Glück: Herr Kollege, ich kann Ihnen trotzdem keinen ganz präzisen Zeitpunkt nennen. Der begrenzende Faktor ist, daß der Zentralrechn'er in unserem System umgestellt wird und nun die Außenstellen auf dieses System abgeglichen werden müssen. Das nimmt eine gewisse Zeit in Anspruch. Ich gehe davon aus, daß die Anlage zu der stärker belastenden Wintersituation in Betrieb genommen wird. Erster Vizepräsident Mösleln: Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Ich darf Ihnen, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung danken. Ich darf den Herrn Staatsminister Dr. Stoiber zur Beantwortung der weiteren Fragen bitten. Erster Fragesteller ist der Herr Abgeordnete Daum. Bitte, Herr Kollege! Daum (CSU), Frage ste 11 er: Herr Staatsminister, welche Möglichkeit sieht die Staatsregierung, darauf hinzuwirken, daß die Bundesligaspiele weiter flächendeckend übertragen werden? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Stolber: Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bayerische Staatsregierung hält es entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für unabdingbar, daß die Grundversorgung der Bevölkerung in den Bereichen Information, Bildung und Kultur sowie Unterhaltung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewährleistet sein muß. Dazu gehört auch die Berichterstattung aus den verschiedenen Bereichen des Sports einschließlich der Fußball-Bundesligaspiele. Wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten diese Grundversorgung wahrnehmen, liegt jedoch wegen der in Artikel 5 des Grundgesetzes und in Artikel 111 a der Bayerischen Verfassung garantierten Rundfunkfreiheit außerhalb der Einflußmöglichkeiten der Bayerischen Staatsregierung. In diesem Sinne ist es zunächst Angelegenheit der Rundfunkanstalten, die Frage des Rechteerwerbs für die Übertragung von Fußball-Bundesligaspielen zu entscheiden. Die Verhandlungen zwischen dem Deutschen Fußballbund, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und anderen Interessenten über die Einräumung der Übertragungsrechte für Fußball-Bundesligaspiele sind noch nicht abgeschlossen. Der Ausgang dieser Verhandlungen einschließlich eventueller Folgeverfahren muß aus den genannten Gründen abgewartet werden, ohne daß es dazu Einwirkungsmöglichkeiten der Staatsregierung gibt Ich weise hierzu allerdings darauf hin, daß im umgekehrten Fall, in dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen Globalvertrag mit dem Deutschen Sportbund abgeschlossen hatte, das Bundeskartellamt in einer spektakulären Entscheidung diesen Globalvertrag beanstandet hat. Die Staatsregierung hat sich im Medienbereich stets gegen Monopolstellungen gewandt, weil Meinungsund Informationsmonopole unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung widersprechen. Eine solche Monopolstellung ist noch problematischer, wenn sie bewirk1, daß wesentliche Teile.der Bevölkerung von Informationen und Berichterstattungen ausgeschlossen würden, weil, wie dies beim privaten Rundfunk derzeit noch der Fall ist, aus technischen Gründen nicht alle Teile der Bevölkerung von dem jeweiligen privaten Sender erreicht werden. Sollte also eine derartige Monopolstellung entstehen, wird die Staatsregierung eingehend prüfen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen - unter Umständen auch im Bereich der Gesetzgebung - möglich wären, um die Informationsfreiheit der Rundfunkteilnehmer zu sichern. Erster Vizepräsident Mösleln: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. Daum (CSU): Herr Staatsminister! Treffen also Befürchtungen des Intendanten Vöth nicht zu, daß in absehbarer Zeit damit gerechnet werden muß, daß Bun-

18 3810 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Daum [CSU]) desligaspiele nicht mehr übertragen würden, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Übertragungsrechte nicht mehr besitzen würde? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister, bitte! Staatsminister Dr. Stolber: Herr Abgeordneter, diese Frage kann ich natürlich jetzt nicht mit Ja oder Nein beantworten. Es ist in erster Linie Angelegenheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, hier zu Vereinbarungen zu kommen. Ich kann nur wiederholen - ich glaube, das ist bisher etwas untergegangen -: Wenn eine Monopolsituation entsteht und wenn Anbieter oder Rundfunkanstalten über exklusive Rechte verfügen, kann ihnen der Gesetzgeber möglicherweise auferlegen, daß sie bestimmte Berichterstattungen zulassen müssen. Das werden wir überlegen, wenn die Ergebnisse der Verhandlungen vorliegen und wenn wir eventuell die Situation vor uns haben, daß in den nächsten Jahren über den Bundesliga-Fußball generell, also nicht über eine einzelne Veranstaltung, sondern generell, in den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten nicht mehr berichtet werden könnte. Dann wird die Staatsregierung überlegen, ob nicht auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten gegenüber dem Exklusivanbieter eine Berichterstattung ermöglicht werden muß. Genau das hat die Staatsregierung gesagt, als es noch die Monopolsituation der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gegeben hat und diese mit dem Sportbund Exklusiwerträge abgeschlossen haben. Wir haben dazu gesagt: Es geht nicht, daß Monopolsituationen aufrechterhalten werden und damit die Berichterstattung der anderen Anbieter unterlaufen wird. Das gilt natürlich auch für den umgekehrten Fall. Aber, Herr Kollege Daum, ich kann nur andeuten, daß die Staatsregierung wie immer bei neuen Entwicklungen sofort nachzudenken beginnt. Wir fangen aber erst dann an, in ein konkretes Stadium einzutreten, wenn wir das endgültige Ergebnis der Verhandlungen zwischen dem Deutschen Fußballbund und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kennen. (Abg. Spitzner: Würden Sie den Kollegen Daum als Sachverständigen hinzuziehen?) Erster Vizepräsident Möslein: Weitere Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Kopka. Kopka (CSU): Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, daß von dem Streit über die Übertragungsrechte der Ufa nicht nur die öffentlich-rechtlichen Anstalten, also ZDF und ARD, sondern auch die privaten Anbieter im Fernsehen und im Hörfunk betroffen sind? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister, bitte! Staatsminister Dr. Stoiber: Herr Kollege Kopka, das ist richtig. Das geht hier auch etwas unter, weil sich die privaten Anbieter in der Sorge um die Berichterstattung gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht genügend Gehör verschaffen können. Natürlich könnten dann auch die privaten Anbieter nicht mehr über Bundesligaspiele des FC Bayern München berichten, wie es gegenwärtig z. B. in München aus dem Olympiastadion der Fall ist. Dann würde genau das Ziel, das die Bayerische Staatsregierung und der Landtag mit dem Medienentwicklungs- und -erprobungsgesetz erreichen wollten. unterlaufen. Es würden neue Monopolsituationen im privaten Bereich entstehen. Ihnen würden wir selbstverständlich mit derselben Skepsis und demselben Widerstand entgegentreten, wie wir das gegenüber den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten getan haben. Erster Vizepräsident Möslein: Nächste Zusatzfrage: die Frau Abgeordnete Memme!. Frau Memmel (DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister! Befürchten Sie eventuell dieselben Probleme bei der Übertragung des Kinderprogramms, zum Beispiel für meine Lieblingssendung Die Sendung mit der Maus"? Erster Vizepräsident Möslein: Die Zusatzfrage ist von der ersten Frage nicht gedeckt. Aber bitte, Herr Staatsminister! (Widerspruch und Lachen bei den GRÜNEN) Staatsminister Dr. Stoiber: Nein! Erster Vizepräsident Mösleln: Nächste Zusatzfrage: die Frau Abgeordnete Paulig. Frau Paullg (DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister! Muß aus der Frage nicht gefolgert werden, daß manche Abgeordneten nichts anderes als Fußball im Kopf haben? Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! (Abg. Huber [Landshut]: Auch Fußball darf sein!) Staatsminister Dr. Stoiber: Es ist nicht meine Aufgabe, Anfragen von souveränen Abgeordneten zu werten. Erster Vizepräsident Möslein: Letzte Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Daum. Daum (CSU): Herr Staatsminister! Müssen also die Fußballanhänger, die es - Gatt sei Dank! - nach gibt (Unruhe - Glocke des Präsidenten) und die nicht zu den Radikalen in unserer Gesellschaft gehören, nicht die Befürchtung haben, daß die Europameisterschaften nicht voll übertragen werden? Erster.Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister!

19 PlenarprotokoU 11 /58 V Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3811 (Abg. Spitzner: Rudi, da stehst du im Abseits!) Staatsminister Dr, Stolber: Herr Kollege Daum! Die Staatsregierung macht sich natürlich über vieles Gedanken. Ihre Frage bewegt auch die Öffentlichkeit in hohem Maße und gehört selbstverständlich zum Gesamtkomplex. Die Frage aber, die Sie jetzt gestellt haben, ist überhaupt nicht streitig; denn über die Europameisterschaften wird meines Wissens sowieso berichtet. Der Vertrag mit der Ufa über 135 Millionen DM betrifft ja gerade nicht die Spiele der Europameisterschaft. (Abg. Warnecke: Sehr richtig!) Erster Vizepräsident Möslein: Nächste Fragestellerin ist die Frau Abgeordnete Carmen König. Bitte, stellen Sie Ihre Frage, Frau Kollegin! Frau König (SPD), Fragestellerin: Herr Staatsminister! Nachdem Herr Pause aus der Staatskanzlei In der Sitzung das Ausschusses für Landesentwicklung und Umweltfragen am 21. Aprll 1988 zum geplanten Standortübungsplatz Im Münchner Norden ausgeführt hat, daß sich das Kabinett nach dem Raumordnungsverfahren aufgrund übergeordneter Gesichtspunkte eine Meinung bilden werde und die Stellungnahme zum Standortübungsplatz sicherlich über die Belange der betreffenden Landkreise hinausgehen werde, frage Ich, ob es für die Staatsregierung übergeordnete Gründe gibt, die dafür sprechen, den Standortübungsplatz gerade auf der vorgesehenen Fläche Im Münchner Norden zu bauen. Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Stolber: Herr Präsident! Mein Mitarbeiter, Herr leitender Ministerialrat Pause, hat in der erwähnten Sitzung des Umweltausschusses am 21. April 1988 allgemein und in groben Zügen den Gang des in 1 Absatz 2 des Landbeschaffungsgesetzes geregelten Anhörungsverfahrens erläutert. Es hätte' nahegelegen, die vorliegende Frage in die damalige Aussprache einzubringen. Lassen Sie mich folgendes feststellen! Erstens. Ob der im stadtnahen Bereich bestehende Standortübungsplatz der Bundeswehr auf der Fröttmaninger Heide und auf dem Feldmochinger Anger auf das Gelände der sogenannten Vorbehaltsfläche B verlegt wird oder nicht, entscheidet allein der militärische Fachplanungsträger, d. h. der Bundesminister der Verteidigung; er hat das letzte Wort. Die Staatsregierung wird dazu, wie im Landbeschaffungsgesetz vorgesehen, eine Stellungnahme abgeben, die jedoch keine Bindungswirkung besitzt; ich verweise auf 1 Absatz 3 des Landbeschaffungsgesetzes. Zweitens. Die Meinungsbildung der Staatsregierung erfolgt auf der Grundlage der im anhängigen Raumordnungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse. Dabei ist nach der gesetzlichen Vorschrift auch zu berücksichtigen, ob das Vorhaben aus Grundbesitz der öffentlichen Hand, der in angemessener Entfernung gelegen und für das Vorhaben geeignet ist... befriedigt werden kann". Ein weiterer - übergeordneter - Gesichtspunkt, der für eine militärische Inanspruchnahme d1>r Vorbehaltsfläche B sprechen könnte, ergibt sich aus den Bedürfnissen der Landesverteidigung; ich verweise auf Artikel 87 a des Grundgesetzes. Die Staatsregierung kann dieses Erfordernis nicht als belanglos beiseite schieben und so tun, als ob für die in München stationierten etwa Soldaten kein Ausbildungsbedarf bestehen würde. Bei dieser Gelegenheit erinnere ich zudem an die planerische Vorgeschichte. Wie Sie wissen, war die Bundeswehr mit dem alten Übungsplatz unmittelbar vor der Tür der drei Kasernen in München-Nord einst vollauf zufrieden. Wenn das heute anders ist, dann deshalb, weil unausweichliche zivile Vorhaben das Gelände zum Teil militärisch unbrauchbar gemacht haben. Man denke nur an den äußeren Fernstraßenring und die B 13, die den fraglichen Raum in drei Teilflächen zerschneiden. Dabei will ich von der zivilen Wohnbebauung am Rande des Platzes und von verschiedenen Geländefreigaben, u. a. für Forschungsanlagen in Neuherberg, gar nicht sprechen. Auch das sind Aspekte, die im übergeordneten Bezug bei Ab. wägen des Für und Wider nicht außer Betracht bleiben können. Drittens. Die Staatsregierung wird das vom Bundesverteidigungsminister im Juni 1986 neuerlich eingeleitete Anhörungsverfahren für einen Standortübungsplatz München auf der Vorbehaltsfläche B zu Ende führen. Das entspricht dem Gesetz und den Interessen der Beteiligten. Nur auf diese Weise nämlich kann dem Fachplanungsträger dargelegt werden, wie sich seine Vorstellungen auf die zivile Umwelt auswirken und welche Eingriffe mit ihnen verbunden sind. Ich bitte, auch für die Zusatzfragen, um Verständnis dafür, daß ich der Stellungnahme der Staatsregierung nach 1 Absatz 2 des Landbeschaffungsgesetzes nicht vorgreife. Zu Erster Vizepräsident Mösleln: Zusatzfrage? - satzfragen werden nicht gestellt. Der nächste Fragesteller ist der Abgeordnete Starzmann. Bitte, Herr Kollege, stellen Sie Ihre Frage! Starzmann (SPD), Fragesteller: Herr Staatsminister, was Ist der Staatsregierung bekannt über Verhandlungen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, die zum Ziel haben, daß die österreichische Luftwaffe mit Mllltärflugzeugen vom Typ Draken, die für Ihre hohe Lärmentwicklung bekannt sind, In Freilassing_ deutsches Hoheitsgebiet überfliegen darf, und welche Haltung nimmt die Staatsregierung gegenüber dem österreichischen Begehren ein?

20 3812 llayaiucher Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Stolber: Herr Präsident, Herr Kollege Starzmann! Der Antwort möchte ich eine Vorbemerkung voranstellen. Mit Bekanntwerden der Absicht der österreichischen Landesverteidigung, auch den Flughafen Salzburg mit dem zur Beschaffung vorgesehenen militärischen Strahlflugzeug Draken" anzufliegen, regte sich im Raum Freilassing die Besorgnis, dab der An- und Abflug dieses als besonders lärmintensiv eingeschätzten Flugzeuges über deutsches Hoheitsgebiet führen könnte. Dies war offenbar bei den derzeit im Einsatz befindlichen Flugzeugmustern bereits der Fall, ohne daß es Gegenstand besonderer Kritik gewesen wäre. Ministerpräsident Strauß hat die Befürchtungen zum Anlaß genommen, bei Bundesaußenminister Genscher darauf zu drängen, daß sowohl für den aktuellen als auch für einen künftigen Überflug deutschen Hoheitsgebietes durch österreichische Militärmaschinen tragfähige Rechtsgrundlagen geschaffen werden, wobei auch die Belange der deutschen Bevölkerung gewürdigt werden müßten. So wie bislang konnte es tatsächlich - auch unter Berücksichtigung eines gutnachbarschaftlichen Verhältnisses - nicht weitergehen. Aufgrund des Beharrens der Bayerischen Staatsregierung auf einer rechtlichen Basis für den Überflug deutschen Hoheitsgebiets durch österreichische Militärmaschinen hat die österreichische Seite die Überflüge eingestellt, wobei lediglich Notflüge ausgenommen sind - eine Einschränkung, gegen die nichts eingewendet werden kann. Diese konsequente Haltung der Staatsregierung hat uns seinerzeit sogar von deutscher Seite den Vorwurf eingebracht, den Österreichern ihre Haltung zu Wakkersdorf vergelten zu wollen - ein Vorwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren, der natürlich absoluter Unfug ist. Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Frage wie folgt. Nach Kenntnis der Staatsregierung sind bislang zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik, Deutschland noch keine Verhandlungen über Überflugrechte österreichischer Militärmaschinen über deutsches Hoheitsgebiet geführt worden. Ein erstes Informationsgespräch, das im Jahre 1986 vorgesehen war, fand nicht statt, da sich die österreichische Seite entschlossen hatte, die rechtswidrige Praxis aufzugeben, bei der Nutzung des Flughafens Salzburg deutschen Luftraum mit Militärmaschinen des derzeit im Einsatz befindlichen Musters zu durchfliegen. Das Auswärtige Amt hat zugesichert, die Staatsregierung zu unterrichten, falls die Republik Österreich wegen einer Regelung der Überflugrechte an die Bundesrepublik Deutschland herantritt. Bei dieser Sachlage besteht für die Staatsregierung kein Anlaß, die eine oder andere Haltung einzunehmen. Sicher ist allerdings, daß die Staatsregierung keiner Lösung beipflichten wird, die die Bevölkerung im Raume Freilassing unzumutbar belastet. Ich verweise insofern auf meine Antwort vom 1 ß. Mai 1987 auf die schriftliche Anfrage des Kollegen Werkstetter. Erster Vizepräsident Mösleln: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. Starzmann (SPD): Herr Staatsminister! Ist es möglich, daß das Auswärtige Amt von dem Versprechen abgewichen ist, die Bayerische Staatsregierung zu informieren, nachdem laut den Salzburger Nachrichten" der für den Ausbau des Flughafens Salzburg zuständige Minister erklärt haben soll, daß auf politischer Ebene Verhandlungen zwischen Wien und Bonn über Überflugsgenehmigungen für den Draken laufen, um den Instrumentenanflug dieser Draken aus dem Norden auf den Salzburger Flughafen zu ermöglichen? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Stolber: Herr Kollege Starzmann, bei dem besonders guten Verhältnis, das die Bayerische Staatskanzlei zum Auswärtigen Amt hat, kann ich mir das überhaupt nicht vorstellen. (Heiterkeit) Erster Vizepräsident Mösleln: Weitere Zusatzfrage: der Abgeordnete Starzmann. Starzmann (SPD): Sehen Sie die Situation aufgrund dieser Anfrage und der Presseveröffentlichungen so, daß es möglicherweise zweckmäßig wäre, beim Außenministerium in dieser Angelegenheit noch einmal nachzufragen? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Stolber: Herr Kollege Starzmann, Sie können davon ausgehen, da wir uns, wenn es irgendwelche bayerischen Belange zu beachten gibt, selbstverständlich ständig mit den zuständigen Behörden und Stellen absprechen und Informationen einholen. So ist das auch gegenwärtig der Fall. Wir haben keinen Anlaß, irgendwie aktiv zu werden, weil der Zustand eben so ist, wie ich ihn in meiner Antwort beschrieben habe. Erster Vizepräsident Mösleln: Weitere Zusatzfrage: der Fragesteller. StarzmaM (SPD): Welche rechtlichen und politischen Möglichkeiten hat die Staatsregierung, eine Überfluggenehmigung, falls ihr Bonn nähertreten sollte, zu verhindern? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Stolber: Herr Kollege Starzmann! Letzten Endes haben wir keine rechtlichen Möglichkeiten, weil, wie Sie wissen, völkerrechtliche Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland und allen anderen Staaten in der Regel o.hne formelle Zustim-

21 Plenarprotokoll 11/58 v Sayerlacher Landtag 11. Wahlperiode 3813 (Staatsminister Dr. Stoiber) mung der Länder geschlossen werden. Unabhängig von den rechtlichen Möglichkeiten können Sie allerdings davon ausgehen, daß die politischen Einflußmöglichkeiten der Bayerischen Staatsregierung in Anbetracht der guten Zusammenarbeit und des besonders guten Verhältnisses zum Außenminister reichen werden, um die Belange der Bevölkerung in Freilassing und Umgebung zu wahren. Erster Vizepräsident Mösleln: Noch eine Zusatzfrage: der Fragesteller. Starzmann (SPD): Herr Staatsminister, sehen Sie die Belange der Freilassinger Bevölkerung nur gewahrt, wenn die Draken nicht über Freilassing fliegen, oder sehen Sie durchaus die Möglichkeit, die Belange der Freilassinger Bevölkerung auch zu wahren, wenn Draken über Freilassing fliegen? Erster Vlzeprilsldent Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Dr. Stoiber: Herr Kollege Starzmann, es kommt darauf an, was die Österreicher eigentlich wollen. Wenn die Österreicher - das entzieht sich allerdings unserer Einflußnahme - von den Draken, die besonders lärmintensiv sind - insoweit ist ein spezielles Problem der Lärmbelästigung der deutschen Bevölkerung gegeben -, Abstand nehmen sollten und den Flughafen Salzburg für den militärischen Bereich aufrechterhalten wollen, aber ohne Draken, dann werden wir selbstverständlich die Lärmbelästigung besonders prüfen. Sollte es bei den Draken bleiben, die besonders lärmintensiv sind, können Sie davon ausgehen, daß wir trotz des guten nachbarschaftlichen Verhältnisses in die Vertragsverhandlungen zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland äußersten politischen Widerstand einbringen werden. Ich würde mich ganz besonders treuen, wenn wir auch in dieser Frage Unterstützung bei der SPD bekämen. Leider haben wir sie bisher etwas vermissen müssen. Erster Vizepräsident Mösleln: Letzte Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Starzmann. Starzmann (SPD): Herr Staatsminister, interpretiere ich Sie nach Ihren letzten Worten richtig, wenn ich sage: Draken über Freilassing kommen für die Bayerische Staatsregierung - in diesem Fall im übrigen in Übereinstimmung mit der SPD und der SPÖ Salzburg - nicht in Frage? (Abg. Kamm: Und in Übereinstimmung mit den GRÜNEN natürlich; sagen Sie ja!) Erster Vlzeprilsldent Mösleln: Herr Staatsminister, bitte! Staatsminister Dr. Stoiber: Herr Kollege Starzmann, Sie wissen, dab die Bayerische Staatsregierung sich einsetzt, soweit es geht, daß sie aber nicht etwas versprechen kann, was sie möglicherweise nicht halten kann. (Oh! bei der SPD) - Sie müssen halt die rechtlichen Grundlagen genau beachten. Der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland ist leider dem Weisungsrecht der Bayerischen Staatsregierung und des Bayerischen Ministerpräsidenten - ich sage: leider - nicht unterworfen. (Heiterkeit) Auch wenn Sie das erfreulicherweise bedauern, wie ich hier feststelle, müssen Sie das halt leider zur Kenntnis nehmen. Ich gehe davon aus, daß die Lärmbelästigung, die mit dem Draken verbunden ist, auf alle Fälle dazu führen wird, daß der Salzburger Flughafen mit Draken nicht angeflogen wird. Ich gehe davon aus, daß uns dies mit unserem politischen Einfluß gelingen wird. Ich kann nicht versprechen, daß wir dieses Ziel erreichen, muß allerdings sagen: Wir verlangen von den Österreichern selbstverständlich - ich benütze diese Antrage auch coram publico, um an die Österreicher zu appellieren - die gleiche Sensibilität, die sie bei anderen an den Tag legen. Sie sollten sie mit vorbildlicher Haltung in anderen Fragen vorleben und vorexerzieren. (Beifall bei der CSU) Erster Vizepräsident Mösleln: Ich bedanke mich für die Beantwortung. Ich darf nunmehr den Herrn Staatsminister für Unterricht und Kultus zur Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen bitten. Erster Fragesteller ist der Herr. Abgeordnete Lechner. Bitte, stellen Sie Ihre Frage! Lechner (CSU), Fragesteller: Herr Minister, nachdem die Kosten für ernährungsbedlngte Krankheiten auf rund 42 Miiiiarden DM geschätzt werden, frage Ich die Staatsregierung, was sie unternimmt, um schon In der Schule über vernünftige Ernährung zu Informieren, um das Ernährungsverhalten positiv zu beelnllussan und damit möglichen Erkrankungen vorzubeugen. Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister, bitte! Steatsmlnlster Zehetmalr: Herr Präsident, Hohes Haus! Ich darf die umfangreiche Frage in sechs Punkten beantworten. 1. Lehrpläne. Die Gesundheitserziehung ist - das ist übrigens eine Regelung in allen Ländern der Bundesrepublik - in den Katalog von fächerübergreifenden Themen aufgenommen worden, und so wird auch die Ernährungslehre in den Lehrplänen der allgemeinbildenden Schulen durch eine Reihe von Lernzielen und Lerninhalten berücksichtigt. Tragendes Fach ist dabei

22 3814 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokolt 11/58 v (Staatsminister Zehetmair) die Biologie. Daneben sollen in den Fächern Hauswirtschaft bzw. Haushalts- und Wirtschaftskunde sowie Erziehungskunde Ernährungswissen und Gesundheitsbewußtsein bei den Schülern geschaffen und geweckt werden. 2. Gesundheitspflege. Im Rahmen der schulischen Gesundheitserziehung haben die Schulärzte in vielfacher Weise eine unterstützende Funktion. Nach Nr. 2.8 der Gemeinsamen Bekanntmachung zur Schulgesundheitspflege soll der Schularzt die Gesundheitserziehung der Schule durch Aufklärung, Beratung und Belehrung im Rahmen von schulärztlichen Untersuchungen, von schulärztlichen Sprechstunden und von Vorträgen vor Erziehungsberechtigten, Schülern und Lehrern ergänzen. Er informiert insbesondere darüber, wie durch geeignete Lebensführung Gesundheitsschäden vorgebeugt werden kann. 3. Mitarbeit der Eltern. Die Schule unterstützt die Eltern, die auf diesem Gebiet originäres Recht und auch eine Verpflichtung haben und mit der Schule zusammenarbeiten möchten, in ihren Bemühungen um eine gesündere Ernährung und Lebensweise ihrer Kinder. Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus bietet deshalb den Eltern seit Jahren Anregungen und Hilfen, vor allem in der Elternzeitschrift schule & wir". Darüber hinaus besteht für die Eltern ein umfangreiches Angebot an Faltblättern und Broschüren öffentlicher Institute. Ich nenne die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Köln, die deutsche Gesellschaft für Ernährungslehre e. V das Kuratorium für Schulverpflegung e. V. oder die Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft e. V die beispielsweise spezielle Elternbriefe Schulkinder richtig ernähren" den Eltern zur Verfügung stellen. 4. Lehrerhandreichungen. zur Unterstützung der Lehrer bei der Unterrichtsgestaltung hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung allen Grundschulen Unterrichtseinheiten zur Ernährungserziehung zur Verfügung gestellt. Ebenso tat dies die Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft e. V. Auch das Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung München hat in einer Lehrerhandreichung zur Gesundheitserziehung einen Beitrag zu Ernährung und Schule" veröffentlicht. Die Handreichung wurde allen Schulen in Bayern zur Verfügung gestellt. 5. Lehrerfortbildung. Fragen der Ernährungserziehung spielen in der Lehrerfortbildung eine wichtige Rolle. Neben der staatlichen Fortbildung an der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen findet jedes Jahr in einem anderen Regierungsbezirk im Einvernehmen mit dem Kultusministerium eine Fortbildungsveranstaltung der Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft zur richtigen Ernährung von Kindern und Jugendlichen für Fachlehrkräfte und Ärzte statt. Auch das Kuratorium Schulverpflegung e. V. in Haar wendet sich in Seminaren an die Lehrer. So fand erst jüngst, am 16. März 1988, mit Unterstützung des Kultusministeriums eine Fortbildungsveranstaltung des Verbandes Deutscher Biologen e. V. über Ernährung und ernährungsbedingte Krankheiten" an der Universität München statt. Sie wurde von 300 Realschul- und Gymnasiallehrern besucht. 6. Schulmilch und Pausenverkauf. Ich darf auf die erneute Bekanntmachung vom 9. Juni 1986 zur Schulmilch hinweisen, die das Angebot an ernährungsphysiologisch hochwertiger Milch in den Schulen fördern möchte. Eine erhebliche Anzahl von Schulmilchautomaten wurde inzwischen aufgestellt. Die Schulordnungen regeln auch den Pausenverkauf. Danach ist in den Schulen, z. B. nach der Schulordnung für das Gymnasium, nur der Verkauf von einfachen Speisen und alkoholfreien Getränken erlaubt. Die Einzelheiten regelt der jeweilige Schulleiter in Absprache mit dem Elternbeirat an den Grundschulen bzw. dem Schulforum an den weiterführenden Schulen, in dem Eltern, Lehrer und Schüler vertreten sind. Gerade hier liegt ein wichtiges Betätigungsfeld für die Elternvertretungen und die Schülermitverantwortung zur Zusammenstellung einer gesundheitsbewußten Ernährung bei der Pausenkost. Erster Vizepräsident Möslein: Erste Zusatzfrage: der Fragesteller. Lechner (CSU); Herr Kultusminister! Nachdem allgemein bekannt ist, daß der Grundstein für ein schlechtes Lebens- und Ernährungsverhalten bereits im Kindesalter gelegt wird und die Zahnkrankheiten vor den Kreislauferkrankungen und den Herzkrankheiten bei den Kosten die Spitzenstellung einnehmen, frage ich Sie, ob es nicht vielleicht zweckmäßig wäre, mit einer Cholesterin-Untersuchung, wie sie kürzlich hier im Parlament durchgeführt worden ist - da waren ja manche über ihren Blutfettgehalt baß erstaunt -, Schwerpunkte zu setzen und immer wieder zu versuchen, die Leute auf die exorbitant hohe Kostenflut aufmerksam zu machen. (Zurufe: Frage!) Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister! Staatsminister Zehetmalr: Herr Präsident, Hohes Haus! Herr Abgeordneter, ohne medizinisch-fachmännisch antworten zu können, gehe ich davon aus, daß wir beim Kleinkind noch keine Cholesterin-Untersuchungen anstellen S?llten. (Heiterkeit) Ich darf allerdings sagen, daß wir bei den Kindergärten, für deren Trägerschaft wir ja nicht zuständig sind - sie ist plural geregelt -, erfolgreich darauf hingewirkt haben und auch weiter mit Nachdruck darauf hinwirken, daß gerade Fragen der Gesundheitspflege wie der Zahnpflege sehr intensiv behandelt werden. Erster Vizepräsident Möslein: Nächste Frage: die Fral.J Abgeordnete Radermacher: Frau Radermacher (SPD): Herr Minister, sind Sie bereit, wenn auch nicht durch Richtlinien, so doch wenigstens durch Empfehlungen oder durch eine Schu-

23 Plenarprotokoll 11 /58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3815 (Frau Radermacher [SPD]) Jung der Hausmeister für den Pausenverkauf für etwas mehr Bewußtsein bezüglich der Ernährung zu sorgen? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister, bitte! Staatsminister Zehetmalr: Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Abgeordnete, ich habe Ihre Frage, mit der Sie mich schon einmal befaßt haben, unter anderem zum Anlaß genommen, bei den regelmäßig stattfindenden Besprechungen mit den Schulleitungen darauf hinzuwirken, daß man auch der Gestaltung des Pausebrots", wenn ich so sagen darf, also der Angebote, mehr Augenmerk schenkt. Erster Vizepräsident Mösleln: Dritte Zusatzfrage:, der Herr Abgeordnete Trapp. Trapp (SPD): Herr Staatsminister, nachdem sehr viele Kinder ohne ausreichendes Frühstück in die Schule gehen - das schließt fast an die Frage von Frau Radermacher an-, frage ich Sie: Halten Sie es nicht doch für notwendig, Richtlinien zu erlassen oder Empfehlungen zu geben, was in der Pause in der Schule verkauft werden soll? Ich weiß z. B. aus eigener Erfahrung, daß Dinge vom Cola über Chips bis zu Süßigkeiten, also Dinge verkauft werden, die sich dafür überhaupt nicht eignen. Aber der Schulleiter scheut den Konflikt mit dem Hausmeister. Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Kollege, ich muß doch auf die Geschäftsordnung hinweisen: Die Zusatzfragen müssen kurz sein. (Abg. Franzke: Aber beim Lechner nicht!) Bitte kommen Sie mit Ihrer Frage zu Ende! Trapp (SPD): Bei kleineren Schulen geht der örtliche Kramer" in die Schüle und verkauft Dinge, für die ihm auch keine Auflagen gemacht werden. Erster Vizepräsident Möslein: Herr Staatsminister!.. Staatsminister Zehetmalr: Herr Präsident, Hohes Haus! Es gibt dazu Empfehlungsrichtlinien, freilich ohne dje Nennung von Firmen. Sie gehen in die Richtung, daß die gesunde Kost im Mittelpunkt stehen soll. Die entscheidende Frage ist halt, ob man hier eine generelle Regelung treffen soll oder ob die Verantwortung dafür bei der Schule vor Ort liegen sollte. Ich bin dafür, daß wir die Empfehlungen weiter verstärken. Aber ich bin auch der Meinung, daß es eine wichtige Aufgabe des Schulforums ist, für eine gesunde Pausenkost Sorge zu tragen. Denn letztlich sind wir darauf angewiesen, daß die Frage der Ernährung im Elternhaus richtig gesehen wird. Wir wollen dabei unterstützend wirken. Erster Vizepräsident Mösleln: Vierte Zusatzfrage: der Herr Abgeordnete Kamm. Kamm (Die GRÜNEN): Herr Staatsminister! Da bei der Ernährung von kleineren Kindern und Schulkindern Zucker wohl eines der größten Probleme darstellt, frage ich Sie als Vater von drei kleinen Kindern: Werden in bayerischen Schulen weiterhin Industriesüßigkeiten - auch ich will hier keine Namen nennen - und Ernährungsgetränke verkauft, oder hat Ihr Haus dafür Sorge getragen, daß der Verkauf dieser Produkte - Nahrungsmittel" wäre ein falscher Ausdruck - an bayerischen Schulen eingestellt wird? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Zehetmair: Herr Präsident, Hohes Haus! Wenn das Parlament die Auffassung vertreten sollte, daß wir im Bereich der Angebote für die Pausenernährung regulativ eingreifen sollten - das läuft eigentlich sonstigen Tendenzen zuwider-, dann bitte ich, dies auch zu sagen. Wir haben mehrmals darauf hingewiesen und tun das immer wieder, daß gerade Süßigkeiten nicht angeboten werden sollen. Ich spreche jetzt auch nur von Gummibärchen und nenne keine Namen. Aber wir haben es bisher nicht für opportun und auch nicht für sinnvoll gehalten, etwa in einer verbindlichen Liste vorzuschreiben, was man verkaufen darf. Wir haben nur alkoholische Getränke und ungesunde Nahrung ausgeschlossen. So etwas per definitionem festzulegen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Sie wissen selbst, wie oft darüber gestritten wird, ob etwas noch gesund oder nicht mehr gesund ist. Erster Vizepräsident Mösleln: Letzte Zusatzfrage: der Fragesteller. Lechner (CSU): Herr Minister, sehen Sie eine Möglichkeit, auf den Verpackungen einen Aufdruck mit dem Kalorien- und Fettgehalt oder überhaupt mit dem Ernährungswert anbringen zu lassen, um damit den Leuten eine Information und einen Anstoß zu geben, sich gesundheitsbewußt zu ernähren? Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Staatsminister! Staatsminister Zehetmair: Mangels Kompetenz sehe ich persönlich dazu keine Möglichkeit. Erster Vizepräsident Möslein: Ich bedanke mich für die Beantwortung, Herr Staatsminister. Die Fragestunde ist beendet. Ich rufe auf P u n kt 10 der Tagesordnung: Interpellationen a) der Abgeordneten Hlersemann, Dr. Rltzer, Kolo und Fraktion betreffend Abfallvermeidung, Abfallverwertung und Abfallentsorgung In Bayern (Drucksache 11 /4817) b) der Abgeordneten Tandler, Herbert Huber, Kling und anderer und Fraktion betreffend Abfallentsorgung In Bayern (Drucksache 11 /4979)

24 3816 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll v (Erster Vizepräsident Möslein) (Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten) - Ich darf bitten, Privatunterhaltungen außerhalb des Saales zu führen. Wenn wir den Geräuschpegel zurückgefahren haben, können wir mit der Sitzung fortfahren. Ich bitte einen Interpellanten der Fraktion der SPD um die Begründung. - Herr Abgeordneter Ritzer, Sie haben dazu das Wort! Dr. Rllzer (SPD), 1nterpe11 an t : Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die S i - tuation der Abfallbeseitigung in Bayern ist alles andere als rosig. Sie unterscheidet sich, soweit man das sehen kann, gar nicht allzusehr von der Lage in den übrigen Bundesländern. Aber wir haben jetzt in Bayern die Chance, die Abfallbeseitigung auf den richtigen Weg zu bringen. Deswegen haben wir zu diesem Zeitpunkt unsere Interpellation eingebracht. Nach der N o v e 11 i e r u n g d e s A b f a 11 g e s et - z e s d e s B u n d e s müssen in Bayern die Entsorgungskonzepte den neuen Zielsetzungen der Abfallvermeidung und -verwertung angepaßt werden. Die Staatsregierung hat im Entwurf des A bf a 11- e n t sorg u n g s p 1 ans, Teilplan Hausmüll, ungeachtet des Vorrangs von Abfallvermeidung und Abfallverwertung die hundertprozentige Abfallentsorgung in Müllverbrennungsanlagen vorgeschlagen. Zu den bestehenden 16 Müllverbrennungsanlagen sollen 15 weitere treten, die alle entsorgungspflichtigen Landkreise und kreisfreien Städte umfassen. Eine solche Lösung, meine Damen und Herren, widerspricht der Zielsetzung einer umwelt- und ressourcenschoilenden Abfallwirtschaft. Wir meinen, daß die Aufgabe wäre, konkrete Vermeidungs- und Verwertungskonzepte zu erarbeiten. Wie ist die Au s g a n g s 1 a g e? Die M ü 11 m e n g e n wachsen trotz aller Bemühungen um Vermeidung und Verwertung weiter. Die Zahlen sind zum Teil beängstigend, wobei es, verehrter Herr Staatsminister, einmal ganz interessant wäre, genau zu wissen, welche Zahlen gelten: Wir haben in Bayern zwei Abfallstatistiken wie überall im Bundesgebiet. Es gibt eine Statistik mit der Überschrift In Abfallbeseitigungsanlagen angelieferter Müll" und eine Statistik mit der Überschrift In Gewerbebetrieben anfallender Müll". Daß beide nicht identisch sind, ist klar; die Mengenangaben in diesen beiden Statistiken sind verschieden. Nur: Wenn wir immer nur auf die Miniaturmüllmengen schauen, die in den Abfallbeseitigungsanlagen der öffentlichen Hand ankommen, dann, so denke ich, verfehlen wir die Dimension des Problems, dann erkennen wir nicht, wie die Lage wirklich ist. In den öffentlichen Beseitigungsanlagen in Bayern kommen nach der letzten Statistik elf Millionen Tonnen im Jahr an, in den Gewerbebetrieben fallen aber 35 Millionen Tonnen an, darunter 22 Millionen Tonnen Bauschutt, wovon fünf Millionen Tonnen bei den öffentlichen Deponien ankommen. Diese Lücke müssen wir einmal klären, deshalb meine Frage. Der Abfall wird nicht nur immer mehr, er wird auch immer giftiger. Seine Zusammensetzung entspricht heute überhaupt nicht mehr dem, was vorher Abfall genannt wurde. Darauf müssen wir uns alle einstellen. Der Hausmüll tendiert stark zum Sondermüll. Wenn man das weiß, muß man sich bei der Beseitigung entsprechend orientieren. (Beifall bei den GRÜNEN) Die Landkreise und die Städte im Freistaat stehen in einer Ab f a 11 k r i s e. Engpässe sind allerorten zu sehen, in welchen Regierungsbezirk man auch immer geht. Der Mülltourismus, wenn auch vorerst nur innerbayerisch, feiert fröhliche Urständ, der Run auf die Deponien der anderen hat eingesetzt. Die E n t - scheid u n g s de f i z i t e der Kommunen sind allenthalben spürbar. Es herrscht viel Ratlosigkeit und mangelnde Orientierung, verursacht durch die Staatsregierung. In den letzten Jahren, Herr Minister, hieß es immer: Die Abfallbeseitigung ist eine kommunale Aufgabe, wir mischen uns hier nicht ein. Wenn ich jetzt lese, daß Sie wieder stärker das Recht der Staatsregierung betonen, die Planung zu bestimmen, denke ich, wird es vielleicht wieder mehr Orientierung geben. Die Frage ist nur, in welche Richtung. Schließlich haben wir allenthalben A k z e p t a n z - prob 1 e m e. Sankt Florian ist der Schutzheilige im gesamten bayerischen Staatsgebiet. Es gibt Organisationen und Gruppen, die in dem einen Landkreis eine Deponie fordern und im anderen Landkreis gegen sie kämpfen. Dasselbe gilt wahrscheinlich auch gelegentlich von den Parteien: Wenn der Landrat von der SPD ist, kämpft die CSU dagegen, ist es umgekehrt, kämpft die SPD dagegen. Es wäre wohl vernünftiger, man würde mehr zur Sache kommen. Ich sehe, da werden wir uns einig. Das größte Problem der Abfallbeseitigung in Bayern scheint gegenwärtig die F i n a n z i e r u n g zu werden. Es herrscht, wie ich jetzt lese, Einverständnis über die Zahlen. Wir haben einen Investitionsbedarf, der zwischen Landkreisverband, Städteverband und Staatsregierung nicht mehr streitig ist. Das bedeutet: Vier Milliarden Mark werden bis 1992 gebraucht; das bedeutet, wenn man bei der bisherigen Förderung bleibt, einen Zuschußbedarf von zwei Milliarden Mark in den nächsten fünf Jahren. Das bedeutet umgerechnet 400 Millionen Mark pro Jahr. Nun haben wir für 1988, das erste Jahr, 100 Millionen Mark im Haushalt stehen. Man kann sich leicht ausrechnen, was das für die Zukunft bedeutet. Wir bräuchten ab Millionen DM pro Jahr im Staatshaushalt. Es gibt offenbar keinerlei Hoffnungsschimmer von seilen des Finanzministers, daß dies geändert würde. Wir sind sehr gespannt, Herr Minister, auf die. Antworten zu unseren Fragen.

25 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3817 (Dr. Ritzer [SPD]) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten bekennen uns zu dem Dreiklang: Vermeiden - Verwerten - sicher Entsorgen. Natürlich ist diese Triade, wie man das im Fachjargon nennt, inzwischen umweltpolitisches Allgemeingut. Es fließt heute selbst den Chefideologen der Verbrennungsstrategie im Umweltministerium locker in die Feder, wenn sie Interpellationen vorformulieren und dann beantworten. Bei den politischen Konzepten gibt es ähnlich wie bei der Verpackung noch keine Kennzeichnungspflicht. - Leider, muß man sagen. (Abg. Kamm: Leider!) Aber wenn dem integrierten Entsorgungskonzept der Bayerischen Staatsregierung, wie ich jetzt durch die Unterlagen belegt bekommen habe, die Planung des Müllzweckverbandes Abfallbeseitigung Nordwestliches Oberfranken zugrunde liegt, zeigt dies, daß Sie, meine Damen und Herren von der Staatsregierung und die CSU, Halt und Orientierung bei uns Sozialdemokraten suchen. (Beifall bei der SPD -Widerspruch "und Lachen bei der CSU - Gegenruf des Abg. Langenberger) Es ist schließlich unser Parteifreund Heinz Köhler, der Landrat von Kronach, der dieses Konzept durchgesetzt hat. Es ist ihm sicher eine Genugtuung, wenn er jetzt nach jahrelangen, oft sehr bitteren Auseinandersetzungen mit der CSU vor Ort" von der Staatsregierung zum Musterknaben in Sachen Abfallbeseitigung ernannt wird. (Beifall bei der SPD - Zuruf des Abg. Kamm) Ich darf aber auch noch auf etwas anderes hinweisen, meine Damen und Herren von der CSU. Wir haben uns hier im Hause schon oft die Köpfe heißgeredet um die Frage, ob die stoffliche Verwertung Vorrang vor der Verbrennung haben soll. Sie haben dies abgelehnt. Wir haben 1985 dazu eine Riesendebatte geführt; ich habe es noch einmal nachgelesen. Es ist ungeheuer amüsant zu sehen, was seinerzeit an Formulierungen getroffen und was an Zwischenrufen gemacht worden ist. Heute steht in der Begründung Ihrer Interpellation, nachdem sich die CSU auch zu dieser Triade Vermeiden - Verwerten - Entsorgen" bekennt: Die stoffliche und biologische Verwertung hat dabei Vorrang vor der thermischen Verwertung." Wir begrüßen Sie im Lager der Vernunft! (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN - Abg. Baue reisen: Was kümmert uns unser dummes Geschwätz von gestern!) - Herr Kollege Bauereisen, Sie formulieren es drastisch. Adenauer wollte ich nicht zitieren. - Dieser hoffentlich nicht nur rhetorische Kurswechsel in Sachen Abfallentsorgung wird hinter der strammen Formulierung versteckt, CSU-Landtagsfraktion und Staatsregierung hätten frühzeitig die Ziele der bayerischen Abfallpolitik festgelegt. Das stimmt schon, aber bloß in die falsche Richtung, und jetzt muß korrigiert werden. Nun gut, es geht bei Ihnen immer nach dem Motto: Das haben wir schon immer gesagt. Wir hoffen und wünschen, daß der Lernprozeß weiter. geht, meine Damen und Herren von der CSU. Denken Sie dabei immer an Oscar Wilde, der gesagt hat: Politiker werden nach ihrer Standfestigkeit beurteilt. Leider beharren sie deshalb auf ihren Irrtümern." Machen Sie es bitteschön anders! Ich will hier aber keine abfällige.rede halten, sondern vom Abfall sprechen und das Konzept der SPD vorstellen. Wir gehen bei unseren Überlegungen zur Neuordnung der Abfallwirtschaft davon aus, daß wir Konzepte finden müssen, in denen Umweltschutz, Ressourcenschonung, Entsorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit als Zielpunkte nicht aus dem Auge verloren werden. (Zustimmung von der SPD) Bei der Abfallbehandlung und der Abfallbeseitigung muß der U m w e 1 t s c h u t z u n b e d i n g t e n Vorrang haben. Es ist eine Illusion zu glauben, die Abfallwirtschaft ließe sich gänzlich ohne Umweltverschmutzung organisieren, weil sich Abfälle entweder lagern oder durch Behandlung in einen anderen physikalischen oder chemischen Zustand überführen lassen, wobei die Materie in jedem Falle erhalten bleibt. Aber es muß sichergestellt sein, daß Art und Ausmaß der Belastung bekannt und die Risiken abschätzbar sind. Dabei" muß dem Gedanken Rechnung getragen werden, daß die Entlastung eines Mediums nicht zur Belastung eines anderen werden darf. Der Schutz von Boden, Wasser und Luft muß also gleichermaßen beachtet werden. Natürlich sind die Belastungen der Luft bei der Müllverbrennung am offenkundigsten. Aber bei Deponierung ist das Problem nicht geringer und die Gefahr für das Wasser ungeheuer groß. Bei der Kompostie- rung und der anschließenden Kompost- und Klärschlammaufbringung schließlich haben wir es mit einer Kontaminierung der Böden zu tun. Wir müssen wissen, daß uns die Abfallbeseitigung in jedem Falle Umweltprobleme bringt und daß wir abwägen müssen, in welchem Bereich wir welche Entsorgung für vertretbar halten. Es ist nicht so, daß die einen ein Konzept hätten, das nicht belastet, und die anderen eines hätten, das belastet, sondern das ist eine Frage des Abwägens, wie im einzelnen entsorgt wird. Das zweite ist R e s s o u r c e n s c h o n u n g. Dem vernünftigen Umgang mit knappen Gütern kann am ehesten eine entsprechende Produktionsweise ge. recht werden, die Abfälle nicht oder jedenfalls nicht im jetzigen Umfang entstehen läßt. Das bedeutet konkret: weniger Materialeinsatz, Erhöhung der Haltbarkeit und der Reparaturfreundlichkeit von Gütern sowie Steigerung der Mehrfachverwendung. Hierauf Einfluß zu nehmen ist in erster Linie Sache der Bundesregierung. Die Bundesregierung ist aber nicht bereit oder nicht in der Lage, hier klare Zielsetzungen vorzugeben. Wenn ich sehe, in welchem Maße man hier in vielen Bereichen herumeiert", bin ich bitter enttäuscht. Der Vorwurf geht aber natürlich auch an die Industrie, die offenbar nicht in der Lage ist, frei-

26 3818 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Dr. Ritzer [SPD]) willig und ohne daß sie gezwungen wird, sich in solche Überlegungen einzureihen. Ressourcenschonung steht auch bei den W i e d e r - v e r w e r t u n g s ü b e r 1 e g u n g e n im Mittelpunkt. Sie ist eine der zentralen Aufgaben. Für uns ist die Wiederverwertung d i e Stütze in der jetzigen Situation der Abfallwirtschaft. Ich muß noch eines hinzufügen: Die Abfallwirtschaft muß mit dem Gut La n d s c h a f t schonend umgehen. Wir können im dichtbesiedelten Raum nicht allenthalben Deponien anlegen, auch keine Hochsicherheitsdeponien, von denen manche träumen, mit riesigen Betonsilos, die die Landschaft überschwemmen würden angesichts der Mengen, um die es hier geht. Schließlich muß die Abfallwirtschaft auch davon ausgehen, daß Deponie raum knapp ist und daß man möglichst wenig auf die Deponie bringen darf, weil wir nicht genügend Flächen haben. Der nächste Punkt ist die E n t s o r g u n g s s i - c h e r h e i 1. Abfallwirtschaftssysteme müssen die Entsorgung sicherstellen. Wir können nicht nach Wolkenkuckucksheim schielen, wir müssen mit konkret vorliegenden technischen Möglichkeiten das Problem bewältigen. Wir können nicht mehr länger warten, bis vielleicht irgendwann eine neue und gescheitere Idee erfunden wird. Wir müssen handeln! Meine Damen und Herren von der CSU und Herr Staatsminister Dick! Entsorgungssicherheit, das wird von Ihrer Seite meistens vergessen, muß aber auch hinsichtlich der Verwertung der wiederverwertbaren Stoffe gegeben sein. Hier ist es zwingend erforderlich, daß wir zu anderen Lösungen kommen. Wenn die Wirtschaft nicht in dem. Maße, wie es erwünscht und notwendig wäre, bereit ist, hier mitzuarbeiten, dann müssen die Kommunen diesen Teil der Abfallentsorgung selbst in die Hand nehmen. Wir stehen zu einem Konzept, das besagt: Die Landkreise und Städte sollen selber Wiederverwertungsgesellschaften bilden und Partner der Wirtschaft in diesem Bereich werden. Das jetzt vorliegende Angebot der bayerischen Papierindustrie ist ein Schritt, der in diese Richtung gehen kann. Ich sehe, daß wir uns da einig sind. Der nächste Punkt, der auch beachtet werden muß, ist die W i r t s c h a f t 1 i c h k e i 1. Wir Sozialdemokraten sind nicht bereit, einer Abfallwirtschaft das Wort zu reden, die überhaupt nicht auf die Kosten schaut. Sie müssen für den Bürger und für die Körperschaften überschaubar bleiben, auch wenn wir wissen, daß die Kosten steigen werden, weil erhöhte Sammel-, Transport- und Behandlungskosten anfallen, weil höhere Sicherheitsanforderungen bei den Anlagen zu wesentlich höheren Investitionskosten führen und weil der Erlös aus der Wertstoffsammlung keine Kalkulationsgröße sein wird. Damit die Kostenüberlegungen nicht zum Hemmnis für verantwortungsvolles Handeln werden, erwarten wir, daß die Staatsregierung bei der Finanzierung eine optimale Lösung für die zuständigen Körperschaften bereithält. Meine Damen und Herren! Wenn wir im Bereich der Abfallbeseitigung etwas ändern wollen, dann müssen die Verantwortlichen vor Ort davon ausgehen, daß Vermeidungsstrategien zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht greifen. Wir müssen also bedauerlicherweise auch die nächsten Jahre von den bestehenden Mengen ausgehen und können nur hoffen, daß vielleicht später einmal eine bestimmte Degression eintritt. Deshalb ist die Verwertung für uns das Wesentliche. Was können wir eigentlich verwerten? Dazu muß man sich einmal die Müllzusammensetzung anschauen. Wir sehen, daß etwa 30 Prozent der Abfälle kompostierbar sind, nämlich die Küchenabfälle und die vegetabilen Abfälle ganz generell. Sie machen 30 Prozent des Gesamtmülls aus. Wir haben dann etwa sechs Prozent Plastik, etwa 16 Prozent Papier und etwa neun Prozent Glas. Es summiert sich also auf 61 Prozent des Mülls. Die Verpackungslawine spiegelt sich in diesen Zahlen ganz deutlich. Wir können weiter davon ausgehen, daß von den 26 Prozent Mittel- und Feinmüll wenigstens ein Drittel mit kompostiert werden kann. Wenn ich dann also noch einmal neun Prozent dazurechne, bin ich bei einem A n t e i 1 v o n 7 0 P r o z e n t, d e r p o t e n - tiell wiederverwertet werden kann, wenn kompostiert wird und die Wertstoffe ausgesondert werden. Wenn ich nun davon ausgehe, weil ich ja auch ein Pessimist oder Realist bin, daß nur drei Viertel dieser Menge heraussortiert und erfaßt werden 1<önnen, dann ergibt das immerhin 50 P r o z e n t d e s A b - f a 11 s, der aus den Mengen, die anschließend behandelt werden müssen, wegfällt. So etwas geht tatsächlich. Wir haben ein Beispiel im Regierungsbezirk Düsseldorf, auf das mich der Bundesumweltminister Töpfer in einem Bericht an den Bundestag aufmerksam gemacht hat, wo ein privates Entsorgungsunternehmen eine 50prozentige Recyclingquote tatsächlich erreicht hat. Das sollte uns veranlassen, unsere Konzeption in Bayern darauf abzustellen. Es bedeutet konkret für uns: Wir müssen dafür sorgen, daß der Ab f a 11 k ü n f t i g g e t r e n n t e r f a ß t und entsorgt wird. Die getrennte Erfassung des Abfalls ist für uns unabdingbare Voraussetzung für die Zukunft. (Beifall bei den GRÜNEN). Wir können nicht mehr alles in einen Topf schütten und sagen: Stadtverwaltung oder Landkreis, werdet damit fertig! Wir müssen vom Bürger verlangen, daß er seinen Müll getrennt bereitstellt. Wie das im einzelnen zu gehen hat, müssen sicher die Städte und Landkreise entscheiden. Wir müssen die rechtliche Handhabe schaffen, damit dies künftig durchgesetzt werden kann. Wir müssen aber auch ein zweites tun. Jede Müllbehandlung setzt voraus, daß der Müll auch entgiftet ist. Darum muß flächendeckend durchgesetzt werden, daß die Problemabfälle eingesammelt werden. Dazu

27 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3819 (Dr. Ritzer [SPD]) müssen noch mehr Maßnahmen getroffen werden. Wir können uns nicht damit zufriedengeben, daß jetzt nur ein Drittel dieser Abfälle erfaßt wird. Das muß wesentlich besser werden. (Beifall bei den GRÜNEN) Der nächste Faktor in einem vernünftigen Abfallkonzept ist die K o m p o s t i e r u n g d e r N a ß m ü 11 - f r a kt i o n. Das ist der größe Brocken. Dem muß man viel mehr Gewicht geben, als es bisher der Fall ist. Die Kompostierung ist bei uns sträflich vernachlässigt worden. Man hat sich durch die schlechten Erfahrungen, die man mit der Kompostierung des Gesamtmülls in Schweinfurt und Geiselbullach zweifellos gemacht hat, die Schneid abkaufen lassen und auf diesem Sektor nichts mehr getan. Aber es ist wert, daß man auf diesem Sektor weiterarbeitet. (Beifall bei den GRÜNEN) Die vernünftigste Kompostierung ist natürlich Kompostierung im eigenen Garten, wo dies möglich ist. Wir wollen ja nicht unnötig transportieren. Allerdings sollte die gleichzeitige Kompostierung von Klärschlamm durchaus in Erwägung gezogen werden. Zwar gibt es da das Problem der Belastung, aber man sollte sich da nicht darauf zurückziehen, daß Klärschlämme, weil sie so belastet sind, nur verbrannt werden können, was offenbar die Richtung in Ihrem Haus ist, Herr Minister Dick. Vielmehr sollten Sie einen anderen Weg gehen und über die lndirekteinleiter-verordnung und was es sonst an wasserrechtlichen Vorschriften gibt, dafür sorgen, daß der Giftanteil in den Abwässern, die Belastung der Abwasser geringer wird und damit auch der Klärschlamm zurückgeht. (Beifall bei den GRÜNEN) Der nächste Schritt ist die B e h an d 1 u n g d e r K u n s t s. toffe. Auch darüber haben wir hier schon sehr häufig gestritten. Ich selber bin auch kein Freund von dem Unsinn, Plastikmüll der verschiedensten Art zusammenzubacken und eine Parkbank daraus zu machen, die kein Mensch will, weil sie so häßlich ist. Es gibt aber auch andere Methoden, zum Beispiel das Verfahren der Amberger Kaolinwerke. Dieses Verfahren ist nach unserer Meinung bayernweit einsetzbar. Die erste Modellanlage läuft bei unserem Freund Heinz Köhler gerade an. Ich hoffe, daß wir gute Erfahrungen damit machen und auf diesem Weg fortschreiten können. Natürlich muß man dazu auch noch etwas anderes tun: Wir müssen dafür sorgen, daß die Anteile, die man überhaupt nicht brauchen kann, aus dem Markt verschwinden. Da muß man Instrumente wie Kennzeichnungspflicht nutzen, um eine vernünftige Zusammensetzung des Plastikabfalls durchzusetzen. Als Nächstes hätten wir die Pa p i e r v e r w e r - tun g. Die 16 Prozent Gewichtsanteil am Hausmüll sind ein Rohstoff, den es zu nutzen gilt. Bei Papier ist aber eine merkwürdige Situation zu verzeichnen. Die papierverarbeitende Industrie sagt, daß sie nicht genug Altpapier bekommen kann, aber die, die mit dem Altpapier handeln, sagen, daß sie das Zeug nicht los werden, und sie nehmen, schamlos wie sie sind, den Gemeinden noch Geld dafür ab. Die Gemeinden und Landkreise zahlen's, damit sie ihr Papier loswerden. Es gibt fast keinen Landkreis mehr, wo nicht ein Fuffzger oder gar ein Hunderter für die Tonne Altpapier gegeben wird, nur um das Zeug loszuwerden. Und die Händler verdienen sich goldene Nasen damit. Also wenn uns heute die Papierindustrie sagt, daß sie gar nicht so viel Altpapier kriegt, wie sie für ihre Produktion brauchen könnte, dann sollte uns das doch zum Nachdenken zwingen. Das führt wieder in die Richtung direkter Verträge der entsorgungspflichtigen Körperschaften mit der rohstoffaufnehmenden Wirtschaft. Das scheint mir auch vernünftiger zu sein. Der G 1 a s an t e i 1 im Müll ist bekannt. Es sind neun Prozent. Auch da kann man einiges verbessern. Die weißen und braunen Flaschen sollten noch besser farblich getrennt gesammelt werden. Das würde die Vermarktung unterstützen. Jedenfalls ist das ein vernünftiger Weg, wo die Bürger mitmachen. Dies gilt auch für die Meta 11 ver wert u n g. Nachdem wir alle Verwertungsmöglichkeiten haben und uns energisch darum kümmern, stellt sich die Frage: Was machen wir mit dem Restmüll? Wie groß ist er? Die Restmüllmenge ist genauso groß wie die wiederverwertbare Menge. Ich bin da optimistischer als andere. Aber wenn man es professionell macht, braucht man andere Wirtschaftsstrukturen, als wir sie gegenwärtig haben. Also, was machen wir mit dem Restmüll? An der Stelle hat jeder hier im Haus die W a h 1 zwischen P e s t u n d C h o 1 e r a. Es soll mir keiner hergehen und erzählen, er hätte ein besseres Rezept. Wir können nur zwischen thermischer Behandlung und Deponierung wählen. Beide Wege sind nicht umweltfreundlich, beide bringen Gefahren für die Umwelt, die Menschen und die Natur. Aber da müssen wir uns entscheiden, wo die Reise hingehen soll. Wir haben jetzt zu handeln. (Zuruf des Abg. Dr. Kestel) - Müllvermeidung ist leider noch Wolkenkuckucksheim. Nachdem wir also handeln müssen, müssen wir uns jetzt entscheiden. Auch solche Anlagen haben keine Lebensdauer von 100 Jahren; nach zehn bis 15 Jahren ist eine solche Anlage am Ende. Also müssen wir jetzt handeln. Ich persönlich bin der Meinung, daß in einem solchen Fall die thermische Behandlung des Mülls, die für uns eine Entsorgung und keine Verwertung ist, damit die Marschrichtung klar bleibt, den Vorrang verdient, weil sie das Problem der organischen Inhaltsstoffe löst und Deponieraum schont, weil das Volumen reduziert wird. Aber die Bedingungen, die an eine Müllverbrennung zu knüpfen sind, sind hoch: Da muß die ausgefeilteste Technik verwendet werden, wie sie unser Freund Heinz Köhler jetzt in Coburg für seine Anlage durchgesetzt hat. (Abg. Dr. Martin Mayer: Da hat die SPD auch dazugelernt! - Zuruf des Abg. Dr. Maischi) - Ich gehe immer davon aus, Herr Kollege Matschl,

28 3820 Bayerl cher Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 /58 v (Dr. Ritzer [SPD]) daß ich jeden Tag dazulernen kann. Das Schlimme ist nur, daß man von Ihnen so wenig lernen kann. (Zustimmung von der SPD - Zuruf von der CSU: Genügend, wenn Sie wollen! - Weiterer Zuruf des Abg. Dr. Matsch/) Um keine Ü b e r k a p a z i t ä t e n entstehen zu lassen, so meinen wir, muß schon überlegt werden, ob im Freistaat Bayern künftig weitere Anlagen entstehen müssen. Wir entsorgen gegenwärtig 50 Prozent über Müllverbrennungsanlagen und die anderen 50 Prozent auf anderem Wege. Rein rechnerisch, auch wenn es den Charakter einer Milchmädchenrechnung hat, ich weiß, aber ich bekenne mich dazu, (Abg. Herbert Huber, Landshut: Hat es auch!) müßten also die jetzigen Kapazitäten reichen, immer unterstellt, ihre Verfügbarkeit bleibt erhalten, immer unterstellt, sie sind voll belastbar, und immer unterstellt, die Müllmenge wächst nicht allzusehr weiter. Aber folgendes ist natürlich klar: Die reg i o n a 1 e Streuung der Dinge macht es sicher notwendig, daß weitere Anlagen entstehen, wir können das sicher alle miteinander nicht verhüten. Aber, meine Damen und Herren von der Staatsregierung und von der CSU-Fraktion, 15 neue Müllverbrennungsanlagen in Bayern zu planen und dieses als die einzigen Maßnahmen in einen Abfallentsorgungsplan hineinzuschreiben, ist wirklich finsteres Mittelalter, was die Abfallwirtschaft anlangt. (Zustimmung von der SPD) Ich denke, daß das auch eine Bankrotterklärung ist angesichts der Herausforderung, vor der wir stehen, nämlich Abfälle vermeiden, Abfälle verwerten. Unsere moderne Industriegesellschaft kann nur überleben, wenn sie mit den Herausforderungen fertig wird. Aber bitte schön nicht nach dem Motto: Alles ab in den Ofen! Noch etwas fehlt mir an diesem Abfallentsorgungsplan: Über Deponien steht fast kein Wort drin. Über die Deponieengpässe, darüber, was an Deponien zusätzlich noch erforderlich ist, auch für Reststoffe, verliert das hohe Ministerium kein Wort, wie es sich auch davor drückt, und ich verstehe das sehr gut, irgendwelche Standorte sowohl für Deponien wie auch für Müllverbrennungsanlagen zu nennen. So hat es sich der Bundesgesetzgeber nicht vorgestellt. In 6 des Abfallentsorgungsgesetzes steht nun einmal, daß die A n 1 a g e n u n d i h r e S t a n d o r t e zu benennen seien. Die Bayerische Staatsregierung macht immer nur die halben Hausaufgaben und die noch falsch. Aber Sie werden sich wohl auch einmal zu Standorten äußern müssen. Ich sage das deswegen so deutlich, Herr Minister, weil Sie nämlich hinsichtlich aller Anlagen, für die Sie keine konkreten Planungen haben, überhaupt nicht wissen, was denn eigentlich mit der zu gewinnenden Energie aus den Müllverbrennungsanlagen passieren sou. (Zustimmung von der SPD) Was soll denn das in einer Kleinstadt in einem ländlichen Kreis? Wo wollen Sie denn da die Energie un-!erbringen? Wollen Sie die Industriebetriebe einfliegen? Also da fehlt es bei Ihrem Konzept, weil Sie sich nämlich nicht einmal schlüssig sind, was Ihre eigene Denkweise anlangt; denn eine Müllverbrennungsanlage macht ja nur Sinn, wenn ich auch die Energie nutze, aus Ihrer Sicht. Wenn ich die Anlagen in irgendwelche Landschaften stelle, wo mit Sicherheit keine Energienutzung möglich ist, dann ist das halt der falsche Weg. (Zuruf von der CSU) Deswegen wäre es so wichtig, daß Sie auch sagen, wo solche Anlagen entstehen können. Sie schreiben immer: im Verbandsgebiet", im Bereich der Körperschaften". Das ist ein bißchen zu dürftig. Da müssen Sie schon Roß und Reiter nennen und müssen zu Ihrem eigenen Konzept etwas mehr Mut haben. (Abg. Frhr. v. Redwitz: Sie sollten erst einmal die Antwort durchlesen, bevor Sie sie verurteilen!) - Also, lieber Herr von Redwitz, ich habe die Antwort durchgelesen, dafür habe ich die halbe Nacht gearbeitet. Ich rede von dem Abfallentsorgungsplan der Bayerischen Staatsregierung. Sie dürfen mir schon glauben, auch ich habe kapiert, daß die Bayerische Staatsregierung sich mit der Antwort auf unsere Interpellationen freundlich und scheibchenweise von ihren eigenen Vorstellungen verabschiedet, die sie im August noch publiziert hat. (Beifall bei der SPD) Schauen Sie sich das doch mal an! Auch Ihre Sprachregelung verabschiedet sich von dem Bisherigen. Gut, ich habe nichts dagegen. Ich freue mich ja über jedes Stück, das wir aufeinander zukommen. Aber ich sage Ihnen: Lesen Sie einmal den Abfallentsorgungsplan, Herr Kollege, schauen Sie einmal nach, was drin steht. Ich kann Ihnen das an einem Beispiel klarmachen. Zur Industrieregion Mittelfranken steht da: Für die Landkreise Nürnberger Land und Roth soll als Teil eines integrierten Entsorgungssystems im Landkreis Nürnberger Land eine gemeinsame thermische Verwertungsanlage errichtet werden. In dieser Diktion geht es insgesamt durch den ganzen Plan. (Zuruf des Abg. Dr. Martin Mayer) Im ersten Entwurf dieses grünen Papiers war die schöne Formulierung als Teil eines integrierten Entsorgungssystems" noch gar nicht gestanden. Das wissen Sie auch. Da hat man halt gesagt: Da müssen wir ein wenig nachbessern, weil wir mit diesem Verbrennungspapier fürchterlich alt ausschauen. Nun hat man etwas aufgebessert. Gut. Die Antwort des Herrn Ministers auf unsere Anfragen ist ein Stück besser, aber wir denken, wir müsssen miteinander noch ein Stückchen weitergehen. (Beifall bei der SPD) Wir haben noch etwas anzumahnen, Herr Minister, was sicher auch zu dem Gesamtkonzept und zur Deponieraumschonung gehört, nämlich Ba u - s c h u t t r e c y c 1 in g. Wir haben in der letzten Legislaturperiode gemeinsam einstimmig einen Antrag

29 Plenarprotokoll 11 /58 v Bayerlacher Landtag 11. Wahlperiode 3821 (Dr. Rltzer [SPD]) verabschiedet, es möge extra ein Entsorgungsteilplan für Bauschutt gemacht werden. Dann hat das Ministerium zwei Jahre darauf herumgebrütet, sich überlegt, was die im Landtag denken, ist sicher falsch; also fangen wir ganz von vorne an und erproben das jetzt einmal in vier Teilräumen. Ich will ja nicht leugnen, daß das vielleicht auch ein möglicher Weg ist. Nur, das ist alles sehr verzögerlich. Andere sind da sehr viel weiter. Wenn man auf Umweltmessen herumgeht, z. B. letztes Jahr in München auf der IFAT, dann stellt man fest, daß es einen Bundesverband Bauschuttrecycling gibt und Firmen, die gesamte Straßenzüge mit Bauschuttmaterial machen. In Düsseldorf z. B. kann man die Rheinallee besichtigen. Wenn Sie einmal wieder zur Umweltministerkonferenz dort sind, können Sie sie sich anschauen. Diese ist komplett, von A bis Z, aus Recyclingmaterial erstellt. Es sind private Firmen, die das machen. Wir aber brauchen ewig und drei Tage", bis wir in dieser Geschichte einen Schritt weiterkommen. Es wird höchste Zeit. Wir haben, was den Bauschutt anlangt, Vorschläge gemacht, wie man Recycling fördern kann. Sie von der CSU haben aber unser gesamtes Konzept abgelehnt. Sie müssen dafür die Verantwortung tragen. Deswegen möchte ich noch ein paar Bemerkungen dazu machen, wie man solche Konzepte umsetzt. Wir müssen in der Abfallpolitik härtere 1 n s t r u - m e n t e einsetzen. Das ist Ihnen hoffentlich auch klar. Ihr Konzept in Bonn mit vereinbarter Zielvorgabe ist jedenfalls gescheitert. Umweltminister Töpfer hat sein Problem mit der Verpackungsindustrie, insbesondere mit der Getränkeindustrie; die Wirtschaft spielt nicht mit. Das können wir doch zur Kenntnis nehmen. Sie sind gegenüber Umwelt-Rambos hilflos, die in der Wirtschaft bei der Verpackung den Ton angeben. Das zeigt der Streit um die PET-Flasche wohl am allerdeutlichsten. Das Alphabet dieser umweltpolitischen Ignoranten könnte man hier vorbuchstabieren: A wie Aldi, B wie Burger King, C wie Coca-Cola, M wie McDonald, W wie Wacker Chemie usw. (Zustimmung von der SPD) Das könnten wir schon machen. (Zuruf des Abg. Herbert Huber, Landshut) - Man kann mit den Arbeitskräften auch vernünftige Plastikdinge machen, Herr Kollege Huber. Was mich an diesem Konzept natürlich besonders gefreut hat, war, daß der Verpackungsignorant McDonald mit Förderung des bayerischen Umweltministeriums Kasperltheater in den Schulen aufführen kann. (Abg. Langenberger: Was?!) - Jetzt nicht mehr; das hat man jetzt zurückgenommen. Aber das war ja wohl wirklich das letzte, was man in Bayern machen konnte, Herr Minister Dick. Ich meine, wenn die einen Clown in die Schulen schicken und dann sagen, der Clown werbe für Naturschutz, dann ist das halt ein umweltpolitisches Verhüterli und sonst gar nichts. Sie machen in Lateinamerika die Wälder kaputt, um an ihr Fleisch zu kommen, und si~ machen uns die Umwelt kaputt, weil sie alles in Styropor verpacken. (Zustimmung von der SPD und den GRÜNEN) Für solche Leute übernimmt Ihr Haus noch die Patenschaft, damit da ein Kasperltheater aufgeführt wird. (Abg. Langenberger: Das ist unglaublich!) Gott sei Dank ist das zurückgenommen. Aber das zeigt die Geistesverwirrung, die da bei manchen herrscht. Das nächste Problem ist die S u b s t i t u t i o n s - f o r s c h u n g. Auch hier haben wir weitgehend Fehlanzeige, sowohl was die Wirtschaft angeht, als auch was den Staat angeht. Die Verpackungsindustrie denkt überhaupt nicht daran, ihren Beitrag zu leisten. Oie.iWirtschaftswoche" meldete letzte Woche unter der Überschrift Ruhe im Karton", daß die Verpakkungsindustrie weiter voranmarschiert im Erfinden von Verbundkunststoffen - Verbundmaterialien, die uns im Abfall die allergrößten Schwierigkeiten machen. Das ist doch wohl die falsche Richtung. Die Einwegverpackung ist auf dem Vormarsch. Wir müssen nicht befürchten, daß wir zuviel Reglementierungen bekommen, Herr Minister, sondern wir müssen fürchten, daß wir a m e r i k a n i s c h e V e r h ä lt - n iss e bekommen. Auf dem amerikanisch.an Getränkemarkt gibt es nur noch Einwegverpackung. Der Mehrweg ist in Amerika praktisch kaputt. Leute wie McDonalds und Coca Cola bringen diese Seuche zu uns herüber. Wenn wir miteinander nicht jetzt Barrieren einbringen und klare Zielvorgaben setzen, dann sehe ich schwarz. Beifall bei den GRÜNEN) In diesem Punkt verstehe ich die Politik in Bonn wirklich nicht. Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie S e e 1 e n m a s sag e o d e r P o 1 i t i k machen wollen. Ich bekenne mich zu einem groben Fehler der sozial-liberalen Koalition. Da hatte der Umweltminister Baum, der damalige Innenminister, gedacht, daß man nur freiwillige Vereinbarungen mit der Industrie zu machen brauche, dann sei schon alles wunderbar. Das hat er auch gemacht. Er hat mit der Getränkeindustrie den Einweg festgeschrieben auf der Grundlage der Verhältnisse von Aber wie ist alles explodiert! Oie Leute haben überhaupt nicht daran gedacht, sich an die Vereinbarungen zu halten. Jetzt macht Ihr Ministerium, zehn Jahre später, genau den gleichen Kokolores! Ist denn das vernünftig? Hat das etwas mit Politik zu tun? Wir haben jedenfalls eines daraus gelernt: So läuft es nicht. Eine Katze mit Handschuhen fängt keine Mäuse, Herr Minister. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) (Zuruf des Abg. Dr. Wilhelm)

30 3822 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Dr. Ritzer [SPD]) - Nein, Herr Kollege Wilhelm, das ist ein Spruch von Benjamin Franklin, der immerhin den Blitzableiter erfunden hat. (Abg. Langenberger: Oie CSU braucht ja einen Blitzableiter!) Ich will auch noch die andere Seite kurz ansprechen. Es wird in dem schon zitierten Bericht so viel von der Vor b i 1 d funkt i o n des Staates gesprochen. Das hört sich wunderbar an. Die B e s c h a ff u n g s p o - 1 i t i k des Staates ist wirklich ein zentraler Punkt. Wenn wir nämlich eine vernünftige Beschaffungspolitik machen, dann bekommen wir umweltfreundliche Produkte, die den Abfall entlasten, da gibt es dann bessere Marktchancen für die Produkte. Wir haben da wirklich eine Chance. Was passiert aber konkret? Wir haben absichtsvoll den Bereich Papier abgefragt. Was da herausgekommen ist, ist wirklich erschütternd. Die Vorbildfunktion des Freistaates Bayern steht als Theorie in der Konzeption. In der Praxis heißt das folgendes: Das einzige Amtsblatt, das auf Recyclingpapier gedruckt war, nämlich das des Umweltministeriums, was mich immer sehr gefreut hat, ist zum Jahresende 1987 eingestellt worden und in einem gemeinsamen Amtsblatt aufgegangen. Jetzt gibt es in Bayern kein einziges Amtsblatt des Freistaates mehr, das auf Umweltpapier gedruckt wird. Das ist unglaublich! Der Freistaat Bayern verbreitet eine Menge Informationen. Ob diese sinnvoll sind, ist eine andere Frage, aber was sein muß, muß sein, das sehen wir ein. Da werden dann Publikationen verteilt. Dafür könnte man doch Umweltpapier nehmen. Der Umweltminister macht es sehr weitgehend in seinem Fall, wenn wir auch jetzt einen bösen Ausrutscher beim Artenschutzprogramm haben, Herr Minister Dick, aber ich sehe ein, daß man dafür Farbe braucht und auch Kartenmaterial und daß es da etwas schwierig wäre. Ich will da ja auch kein Radikaler sein und sagen, das müsse man nun alles mit Umweltpapier machen, das muß ja auch anschaubar sein, und es muß auch haltbar sein. Aber für die Publikationen des Wirtschaftsministeriums zum Beispiel, wo die Leute darüber aufgeklärt werden, wieviel Zuschüsse sie bekommen, wäre Umweltpapier wunderbar geeignet. (Frau Abg. Würdinger, ein Schriftstück zeigend: Das ist der neueste Stand!) - Ja, Frau Kollegin Würdinger, das hat der Herr Minister noch nicht in seiner Statistik. Das kommt auch nicht vom Wirtschaftsminister, sondern vom Arbeitsminister. Jedenfalls hat der Wirtschaftsminister im letzten Jahr 99 Publikationen veröffentlicht, und nur eine einzige davon ist auf Recyclingpapier. (Abg. Langenberger: Das war die Feigenblattausgabe!) Das Landwirtschaftsministerium hält von Recyclingpapier überhaupt nichts, es will die Wälder ausräumen und Sehwachholz verarbeitet wissen. Deswegen hat es sich überhaupt geweigert, auch nur eine einzige Broschüre auf Umweltpapier zu drucken. 85 Broschüren sind erschienen, null auf Umweltpapier. Das Kultusministerium, das seine Kinder zu mehr Umweltbewußtsein anhält, hat 24 Broschüren herausgebracht, keine einzige auf Umweltpapier. Bei dem eben zitierten Arbeits- und Sozialminister sind von 89 Broschüren nur sieben auf Umweltpapier gedruckt worden. Ich habe die Verwertung als den zentralen Punkt des Abfallkonzepts unserer Fraktion dargestellt. Wenn ich daran Ihren Abfallentsorgungsplan messe, das Konzept, das draußen den Städten und Landkreisen zut Stellungnahme vorliegt, dann stelle ich fest, daß es darin keine klaren Aussagen zur Vermeidung und auch keine klaren Aussagen zur Verwertung gibt. Es gibt zwar Oberziele und allgemeines Gerede über Verwertung und Vermeidung, die Landkreise, die Städte und die Bürger wollen aber wissen, was wir wo vermeiden und wieviel wir wo wiederverwerten müssen. Deswegen sagen wir: Wir müssen von der Zehnprozent-Recyclingquote heute auf 50 Prozent kommen. Wir müssen die 25 Prozent, die der Herr Minister Dick für möglich hält, anstreben. Dazu müssen wir aber ein zeitliches Limit setzen. Wir müssen sagen, daß wir das bis 1990 oder 1992 erreichen wollen. Wir müssen auch den Weg aufzeigen, den wir gehen sollen. Da muß man sagen: Jawohl, wir führen jetzt die flächendeckende getrennte Sammlung ein, wir gründen Wiederverwertungsgesellschaften, wir fördern den Papierabsatz, wir sortieren mehr Glas aus, wir gehen den konsequenten Weg der Kompostierung in der Gemeinde und beim einzelnen Bürger. Da kann man es nicht bei allgemeinen Formulierungen belassen. Da muß klipp und klar gesagt werden, was gewollt ist und wie wir das erreichen wollen. Dann ist das ein Plan, der auch ernstgenommen wird. Herr Minister, das Problem dieses E n t s o r - g u n g s p 1 an e s ist seine eigene Entsorgung. Ich bin wirklich kein Freund der Wegwerfgesellschaft. Aber diesen Plan dürfen Sie meinetwegen sogar mit Kranz und Schleife und Requiescat in pace in den Müllofen stecken. Erst dann können wir ein neues Konzept gemeinsam erarbeiten, und zwar mit Nägeln, die auch Köpfe haben. Herr Minister, Sie sollten sich endlich in Ihr Ministerium einmal ein paar Leute holen, die etwas von Vermeidung und Wiederverwertung verstehen. Verbrennungsstrategen haben Sie leider bereits genügend. Was ich zum Thema P e r s o n a 1 in dem Bericht gelesen habe, stimmt mich etwas hoffnungsvoll. Dafür bedanke ich mich auch. Ich bedanke mich auch sehr herzlich für die viele Arbeit, die sich Ihre Mitarbeiter über ein Abfallkonzept gemacht haben. Sie haben damit Ihre Hausaufgaben nachgeholt, die Sie besser schon vor zwei Jahren hätten machen sollen. Aber ich bedanke mich ganz herzlich, es war sicher viel Arbeit. Das wollen wir durchaus anerkennen. Meine Damen und Herren! Abfallbeseitigung ist keine Parteipolitik. Abfallbeseitigung ist ein Politikfeld, wo der Bürger von uns konkrete Lösungen erwartet. Die

31 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3823 (Dr. Ritzer [SPD]) Glaubwürdigkeit aller, Ihre wie unsere wie auch die der GRÜNEN, steht auf dem Spiel, wenn es uns nicht gelingt, zu Lösungen zu kommen, die den Bürger überzeugen. Deswegen können wir nur sagen: Handlungsfähigkeit muß auch dann gewahrt bleiben, wenn die Akzeptanzprobleme draußen wachsen. Das erreichen wir aber nur, wenn wir uns auf eine gemeinsame Linie zubewegen, eine gemeinsame Linie verfolgen. Wenn das möglich wird, dann hätten wir eine Chance, die Probleme, die wir draußen im lande haben, zu lösen. Wenn Vermeidung und Verwertung Stützpfeiler der Abfallentsorgung werden und nicht, wie jetzt, Verbrennung zum Allheilmittel hochstilisiert wird, können wir an einem Strang ziehen, und zwar sowohl vor Ort als auch hier im Hause, wenn es dann um die haushaltspolitischen Konsequenzen geht. Diese werden nämlich bitter genug sein, wenn wir die Probleme ernst nehmen. Meine Damen und Herren! Herr Minister, gehen Sie also beim Umdenken mutig voran. Sie sind ja auf dem Weg dazu. Denken nach rückwärts bringt bekanntlich niemanden vorwärts. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD -Abg. Dr. Wilhelm: Sehr richtig!) Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat Herr Abgeordneter Herbert Huber! Huber Herbert (Landshut) (CSU): Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! oida oti buk oida" - ich weiß, daß ich nichts weiß", hat Sokrates gesagt. Das war ein gescheiter Mann, und was er gesagt hat, gilt auch heute noch für uns alle, und natürlich auch für Sie, Herr Dr. Ritzer. Wir alle sind Lernprozessen unterworfen und müssen Erfahrungen verwerten. Deshalb gebe ich Ihnen recht, wenn Sie am Schluß Ihrer Ausführungen gesagt haben, was eigentlich der Tenor Ihrer Rede hätte sein sollen, daß Abfallbeseitigung kein parteipolitisches Thema ist. Abfall, meine Damen und Herren, ist zu einem zentralen Problem unserer Industriegesellschaft geworden. Wer wollte das nicht sehen? (Abg. Dr. Wilhelm: Sehr richtig!) Abfallbeseitigung bedeutet eine große Herausforderung. Zur Bewältigung dieser Herausforderung, Herr Dr. Ritzer und meine Damen und Herren von der SPD, sind nicht nur der Staat und die Kommunen aufgerufen, wobei letztere dazu ja sogar gesetzlich verpflichtet sind. Gefordert sind darüber hinaus in ganz besonderer Weise auch unsere Bürger, jeder einzelne. (Beifall der Frau Abg. Würdinger) Gefordert ist in ganz besonderer Weise auch unsere Wirtschaft. Mein Vorredner Dr. Ritzer hat bereits darauf hingewiesen, daß Bayern in der Tat frühzeitig Strategien entwickelt hat, die Sie zwar kritisieren, und rechtliehe Grundlagen geschaffen hat, die Probleme in den Griff zu bekommen. So wurde beispielsweise die Hausmüllentsorgung tatkräftig angegangen, und es wurde, dies möchte ich besonders hervorheben, weil Sie es überhaupt nicht erwähnt haben, vorbildlich eine flächendeckende Erfassung und Entsorgung des Sondermülls in Bayern realisiert. (Abg. Dr. Wilhelm: Und zwar sehr früh!) Natürlich bleiben große Probleme. Ich nenne nur das Stichwort Altlasten. In diesem Zusammenhang erinnere ich aber auch an die Initiative zur Schaffung eines eigenen Bayerischen Bodenschutzprogramms, die wir in einem Antrag ergriffen haben. Dies angesichts der Tatsache, daß in Sachen Luft gottlob bereits tatsächlich Verbesserungen zu verzeichnen sind, die mit High-Tech und viel Geld ermöglicht worden sind. Auch beim Wasser sind Verbesserungen feststellbar. Ich denke nur an die Abwasseranlagen und die biologisch-mechanischen Kläranlagen sowie vieles andere mehr. Wir müssen aber auch erkennen, daß Einträge in den Boden zu einem großen Teil irreversibel sind und deshalb gerade auf diesem Feld wirklich alle uns heute zur Verfügung stehenden Erkenntnisse verwendet, verwertet und politisch umgesetzt werden müssen. Meine Damen und Herren! Die derzeitige Situation ist gekennzeichnet von einer ständigen Z u n a h m e d e s A b f a 1 b e r g e s, wenn auch mit abflachenden Zuwachsraten, und einer ebenso rapid steigenden Abnahme der Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber Entsorgungsanlagen jedweder Art. Schwerpunktmäßig betrifft dies sicherlich in erster Linie die Verbrennungsanlagen, es gilt aber auch hinsichtlich Deponien oder Kompostierungsanlagen. Suchen Sie einmal Gemeinden, die dazu heute noch ja sagen. Es muß uns die Tatsache beschäftigen, daß das Aufkommen an Haus-, Gewerbe- und Sperrmüll in Bayern 1972 noch 260 kg pro Einwohner und Jahr betragen hat, im Vorjahr 1987 verzeichneten wir dagegen bereits 350 kg. Also eine ganz erhebliche Zunahme. Immer mehr Lebensmittel werden in Kunststoffe verpackt. Dies gilt insbesondere für Flüssigkeiten, Getränke usw. Auch immer mehr technische Baustoffe bestehen aus Kunststoff. Meines Erachtens muß dies aber keineswegs nur als umweltabträglich angesehen werden. Nehmen Sie zum Beispiel das Auto, wo größere Schonung von wertvollen Ressourcen erreicht werden kann, wenn statt Metallen Kunststoffe verwendet werden. Ich halte die derzeitige Kampagne gegen Baustoffe aus PVC nicht für richtig, schon gar nicht die von manchen Städten, z. B. München, betriebene Ächtung. In der Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage vom.februar 1988 im Deutschen Bundestag verweist Staatssekretär Echternach auf die Feststellungen des Sachverständigengremiums Gesundes Bauen und Wohnen", daß PVC-Bauprodukte, die den Qualitätsanforderungen deutscher Hersteller entsprechen, bei üblicher Nutzung in Wohnungen und sonstigen Aufenthaltsräumen gesundheitlich unbedenklich sind. Solche Feststellungen dürfen nicht einfach in den Wind geschrieben werden, sondern sollten der Ehrlichkeit halber auch einbezogen werden.

32 3824 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Huber Herbert (Landshut) [CSU]) Nun kommt auf uns ein weiteres Problem zu, das auch Sie, Herr Kollege Dr. Ritzer, angedeutet haben, nämlich die PET-Flasche, eine Kunststoff-Einwegflasche, mit der Coca Cola in den Markt einsteigen möchte. Unser Kollege Karl Kling wird ja anschließend dazu noch dezidiert Stellung nehmen, wie er das auch im Ausschuß getan hat. Aber zu Ihren Angriffen vorhin auf den Bund möchte ich feststellen, daß man selbstverständlich auch in Bonn erkannt hat, daß die freiwillige Entsorgung oder das Tätigwerden der Wirtschaft in Richtung M e h r - weggebinde anstelle von Einweggeb i n d e n nicht so realisiert worden ist, wie das damals in der SPD-Regierungszeit angenommen oder gar ausgehandelt worden war. Deshalb finde ich es richtig, wenn der Bundesumweltminister von 14 des Abfallgesetzes Gebrauch macht und einen Verordnungsentwurf vorlegt, der der Entwicklung entgegenwirkt und Mehrweggebinde forciert. Dies soll durch Einführung eines Pfandsystems geschehen. Sie wissen, daß der Freistaat Bayern dieser Verordnung bereits zugestimmt hat. Dabei wird noch zu klären sein, ob 50 Pfennig pro Flasche als Pfand genügen oder ob nicht eine andere Regelung in Form einer Steuer eingeführt werden muß. Über letzteres wird man sich sicher noch unterhalten müssen. (Beifall des Abg. Kamm) Ich glaube, daß das Pfandsystem durchaus Erfolg verspricht, es gibt dafür durchaus Beispiele. Dort, wo zum Beispiel bei Mehrwegglasflaschen ein Pfand verlangt wird, beträgt der Rücklauf über 90 Prozent. Es wird jedenfalls eine Menge getan, und ich halte das für richtig. Dabei haben wir allerdings die europäische Rechtsproblematik noch nicht mit eingebunden, meine Damen und Herren, denn es wäre wohl wenig damit gewonnen, wenn diese Flaschen zum Beispiel in Holland hergestellt und gefüllt und dann bei uns verkauft würden. Immer häufiger, und das ist besonders problematisch, meine Damen und Herren, wird von Müllnotstand" gesprochen. Sie kennen wahrscheinlich die Umfrage des Bayerischen Städtetages, wonach lünf von 21 Städten den anfallenden Müll schon jetzt nicht mehr allein beseitigen können. Fünf weitere Städte kündigen an, voraussichtlich ab 1990 einen Teil des Abfalls in benachbarte Beseitigungsanlagen geben zu müssen; also Mülltourismus. Nur fünf Oberbürgermeister haben berichtet, daß ihre Abfallbeseitigung bis Mitte der 90er Jahre, zum Teil sogar über die Jahrtausendwende hinaus, gesichert ist. Generell aber sehen die Städte keine Chance mehr, dem Müllproblem durch mehr Recycling und Kompostierung zu entrinnen. (Zuruf von den GRÜNEN) Das alles sind Fakten. Ich zähle sie auf, um gleich dazu zu kommen, was zu tun ist. Meine Damen und Herren! Bayern setzt auf das Konzept der in t e g r i er t e n Ab f a 11 e n t sorg u n g, also Vermeiden von Abfällen soweit sinnvoll, Trennung und stoffliche Verwertung und, natürlich der größte Teil ist, was auch Kollege Dr. Ritzer nicht leugnen konnte, thermische Verwertung des Restes. Die nicht oder nicht mehr verwertbaren Abfälle müssen schließlich ordnungsgemäß deponiert werden. Es ist festzustellen, daß zur Vermeidung von Abfällen schon einiges geschehen ist. Ich binde hier durchaus die Bereitschaft der Wirtschaft beispielsweise in Sachen Treibgas, und die Erfolge, die dabei erzielt worden sind, mit ein. Es ist auch zu konzedieren und festzustellen, daß mehr und mehr schadstoffarme Produkte auf den Markt kommen. Was aber soll die Hausfrau tun, wenn sie in den Supermarkt geht, wo die Lebensmittel eben in Kunststoffen verpackt sind, vielleicht mehr in Kunststoff verpackt sind, als es notwendig ist? Da nützt es nicht einmal, daß sie ihr Einkaufsnetz mitbringt, die Lebensmittel sind schon verpackt. Ich glaube deshalb auch, daß die PET-Flasche von der Hausfrau angenommen wird, wenn sie auf den Markt kommt. Sie zerbricht nicht, und sie ist leichter zu tragen. Das alles muß man sehen. Was auch soll der Handwerker, der Gewerbetreibende tun, wenn er ein Teilstück, ein Gut bestellt, das entsprechend verpackt ist, viel mehr, als notwendig ist? Gesetzliche Möglichkeiten, dem zu begegnen, stoßen sehr schnell an Grenzen. Ich habe gerade die Europagesetzgebung angeschnitten. Die Möglichkeit, freien Handel in unserem Land zu betreiben, ist eine bekannte Tatsache. In der s toff 1 ich e n Verwertung, Herr Kollege Dr. Ritzer, sind beachtliche Erfolge zu verzeichnen. Sie haben A 1 t p a pi er angesprochen. Heute können Sie zum Beispiel im BLD lesen, daß 50 Prozent des Altpapiers wieder zu Zeitungspapier verarbeitet werden. Das ist eine ganze Menge. Sie müssen auch zugeben, daß quer durch den Garten der öffentlichen Instanzen in zunehmendem Maße Recyclingpapier verwendet wird. Natürlich gibt es dabei auch Grenzen. Denken Sie bloß an die EDV-Verarbeitung und dgl. Dort ist Altpapier nicht einsetzbar. Sie selbst haben vorhin auch kein Altpapier verwendet, aber ich habe wenigstens für mein Konzept ein Papier verwendet, das schon einmal einen Zweck erfüllt hat. Vor ein paar Monaten war der Altpapiermarkt noch im tiefen Keller gewesen. Vor fünf Jahren haben wir in einem Klub, dem ich angehöre, ich war damals Präsident, bei einer Sammlung noch einen Riesengewinn von DM für Altpapier und Altkleider erzielt. Im vorigen Jahr haben wir nicht einmal mehr 5000 DM zusammengebracht, so tief war der Altpapierpreis im Keller. Der Transportunternehmerverband hat mir berichtet, daß man vor wenigen Wochen noch froh war, daß die Italiener einiges von diesem Altpapier abgenommen haben. Jetzt geht es offenbar wieder aufwärts. Das ist nur zu begrüßen. Beispiel G 1 a s, Einweg-/Mehrweggebinde. Beim Bier haben im Zeitraum von 1985 bis 1987 die Einweggebinde um drei Prozent abgenommen, die Mehrweggebinde haben um 39 Prozent zugenommen. Es gibt dazwischen die Dosen, daher diese Prozentsätze. Bier wird ja auch in Büchsen abgefüllt.

33 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3825 (Huber Herbert (Landshut) [CSU]) Beim Wasser - Mineralwasser und dgl. - haben die Einweggebinde um zehn Prozent und die Mehrweggebinde um fünfzig Prozent zugenommen. Ich habe die Zahlen vom entsprechenden Industrieverband. Bei Säften ist bei Einweggebinden ein Plus von 24 Prozent und bei Mehrweggebinden ein Plus von neunzig Prozent zu verzeichnen. Uns erscheint aber besonders wichtig, hören Sie sich das ruhig an, es ist auch für Sie interessant, denn wir alle müssen lernen, daß im Jahre 1987 eine Million Tonnen wiederverwertet worden sind. Das ist ein ganz hervorragendes Ergebnis. Es entspricht 48 Prozent der Gesamtglasproduktion und 91,5 Prozent der Menge Bier, Saft und Wein, die in den relevanten Getränkemärkten abgesetzt wird. Die Behälterglasindustrie hat sich eine weitere Steigerung der Recyclingmenge sowie eine StabiUsierung des Mehrweganteils zum vordringlichen Zrel gesetzt. Das kann man nur begrüßen. Weitere Erfolge setzen allerdings voraus, daß nicht neu auf den Markt drängende Gebinde, um noch einmal das Stichwort PET Flasche als Substitutionsmaterial zu nennen, diese Entwicklung unterlaufen. Wir sind seitens der CSU, das möchte ich ganz besonders betonen, für jede Form stofflicher Verwertung, die machbar ist und die auch wirtschaftlich gesehen sinnvoll ist. Natürlich muß kompostiert werden, wo dies möglich ist. Wir haben uns dazu auch kundig gemacht und uns Verfahren in der Schweiz angesehen. Dort betreibt die Firma Thyssen einen Betrieb, ORFA genannt, der aus Hausmüll eine organische Faser erzeugt. Es ist hochinteressant, daß aus Hausmüll nicht nur Recyclingprodukte, sondern auch eine organische Faser entwickelt werden kann, die kaum mehr Schwermetalle enthält und die beispielsweise zur Humuisierung geeignet ist. Ich habe vor ein paar Tagen erst auch ein System kennengelernt, bei dem K 1 ä r s c h 1 a m m ohne Emissionen verwertet wird. Das ist wichtig, denn wir wissen, Klärschlämme können nicht mehr auf Felder ausgebracht werden. Deshalb sind wir gegenüber der Niedl'rtemperaturkonvertierung aufgeschlossen; wir sind offen für jedes System, das eine sinnvolle stoffliche Verwertung darstellt. In der Beantwortung sind diese Beispiele auch aufgeführt, Herr Kollege Dr. Ritzer. Über eines aber müssen wir uns im klaren sein, sie waren es sich vorhin auch: Wrr kommen um die t he rm i sc he Verwertung, o;;prich Verbrennung von Abfall, nicht herum. Wer dem Bürger etwas anderes vormacht, macht sich schuldig, denn der größere Anteil des Mülls kann nicht recyclt werden. Er müßte, wenn er nicht verbrannt wird, in Deponieräumen abgelagert werden. Auf die Problematik, die damit verbunden ist, haben Sie vorhin schon hingewiesen, Herr Dr. Ritzer. Ich möchte hinzufügen: Hier handelt es sich natürlich auch um eine Form von Verwertung, nämlich um die Erzeugung von Energie, die bei der Verbrennung anfällt. Daß Sie keine Möglichkeit sehen, die Energie, wenn diese Verbrennungsanlage irgendwo außerhalb der Ballungsräume liegt, zu verwerten, kann ich nicht verstehen. Dabei erzeugter Strom kann, etwa wie bei der Anlage in Landshut, die ich gut kenne, sehr wohl genutzt werden. Strom kann allemal in der Verbrennungswärme erzeugt und genutz1 werden. (Zuruf des Abg. Dr. Ritzer) - Ja gut, das können Sie sehen, wie Sie wollen. Herr Kollege Dr. Ritzer, da möchte ich Ihnen nicht dreinreden. Es ist festzustellen, daß die Volumina, die benötigt werden, um die Reste abzulagern, die aus Verbrennung übrigbleiben, nur zehn bis 20 Prozent des benötigten Deponieraums ohne Verbrennung betragen. (Abg. Kamm: Das stimmt nicht!) Verbrennung, die eine Menge Geld kostet, wie wir alle wissen. hat heute umweltverträgliche Formen angenommen, und zwar allein schon deshalb, weil durch den Zubau und Einbau von Rauchgaswaschanlagen Schadstoffe weitestgehend eliminiert werden können. Natürlich ist es ein Faktum, daß auch bei dieser Rauchgaswäsche Reststoffe wie Stäube, Asche und Salze übrigbleiben. Aber ich habe mir sagen lassen, daß es schon eine technische Möglichkeit gibt, Verbrennung noch umweltverträglicher zu machen, indem man mit einer. Schmelzofentechnik zu Granulaten verarbeitet, die wasserunlöslich sind und damit weniger Probleme aufwerfen als Stäube, die wasserlöslich sind. Auch dabei bietet sich infolge der geringen Auslaugfähigkeit - ich habe in der Beantwortung gelesen, daß der Minister dies nachher noch ausführen wird - durchaus die Möglichkeit, in gesonderten Abteilungen der Hausmülldeponie diese Reststoffe abzulagern, so daß sie nicht als Sondermüll, wie von manchen behauptet, zu behandeln sind. Wie viele solcher Verbrennungsanlagen noch benötigt werden, möchte ich nicht beurteilen. Der Städteverband spricht von 13 notwendigen Anlagen. Aus dem Umweltministerium hört man, daß 15 Anlagen notwendig sind. Das sollen die Fachleute beurteilen. Es steht aber fest, daß diese Anlagen so schnell wie möglich her müssen und daß wir als Politiker die verdammte Pflicht und Schuldigkeit haben, die Bürger darauf aufmerksam zu machen, daß es sich bei der Verbrennung, wenn sie die notwendigen technischen Ausstattungen hat, um eine durchaus umweltverträgliche Form der Abfallbeseitigung handelt. Es führt kein Weg an der Verbrennung vorbei, auch wenn man der Reststoffverwertung und der Vermeidung noch so großes politisches Gewicht gibt, wie wir es alle miteinander gemeinsam tun. Meine Damen und 1 Herren! Lassen Sie mich noch zwei Bereiche ansprechen: die mir ganz besonders am Herzen liegen. Die aktuellen Engpässe, die wir bei der Abfallbeseitigung haben, und die Müllnotstände, von denen gesprochen wird, hängen nicht nur von der Zunahme des Abfallberges ab, sondern in ganz besonderer Weise auch davon, daß manche Gebietskörperschaften in der Vergangenheit das Müllbeseitigungsproblem auf die leichte Schulter genommen haben ood ihrer Pflicht zur Abfallentsorgung nicht in der Weise nachgekommen sind, wie es notwendig

34 3826 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Huber Herbert (Landshut) [CSU]) gewesen wäre. Man hat es sich da und dort ziemlich leichtgemacht, indem man einfach gesagt hat: Wir machen einen Vertrag mit einem privaten Abfallbeseitigungsunternehmen, der bringt das Zeug schon raus aus unserem Landkreis, und fertig ist die Geschichte. Aber dort, wo es abgelagert wurde, sind schnell Probleme entstanden. Ich nenne bloß das Stichwort Gallenbach. (Abg. Kamm: Richtig!) So kann das doch nicht gehen! Die angeführten Gründe sind durchaus respektabel, zum Beispiel wurde gesagt: Wir sind ein Fremdenverkehrslandkreis, wir können das nicht machen. Es kann aber doch nicht' so gehen, daß am Schluß jene die lackierten sind, die die Bedeutung der Abfallentsorgung gesehen haben und in der Zwischenzeit Vorsorgemaßnahmen ergriffen haben, (Abg. Dr. Martin Mayer: Rechtzeitig!) die Verbrennungsanlagen und den nötigen Deponieraum geschaffen haben, meine Damen und Herren, aber jetzt von anderswoher, wo die Abfallentsorgung nicht funktioniert, etwas aufs Auge gedrückt bekammen. (Zustimmung von der CSU) Wissen Sie, was die Folge davon ist? Ich kenne selbst einen Fall, Hermann Regensburger wird es mir nicht übel nehmen: Stadt und Landkreis Landshut haben beispielsweise ein integriertes Entsorgungskonzept realisiert, wir haben eine funktionierende Verbrennungsanlage, wir bauen derzeit mit hohem Kostenaufwand und staatlicher Unterstützung eine Rauchgaswaschanlage, und wir haben an und für sich genügend Deponieraum, der auch für Kompostierung Platz bietet. Aber jetzt kriegen wir wöchentlich 600 Tonnen Shreddermüll aus Ingolstadt aufs Auge gedrückt, wenn es auch nur eine Regelung auf Zeit ist. Ich mache den lngolstädtern keinen Vorwurf, das Ganze geschieht per Zwangseinweisung, wohlgemerkt, der Staat kann sich auch nicht anders helfen. Aber selbst wenn man dafür Verständnis hat, daß Nachbarschaftshi~e notwendig ist, muß man sagen: Das kann nur in Ausnahmefällen so sein, das ist keine Lösung. Die Folge davon ist, Herr Dr. Ritzer und meine Damen und Herren, daß. die Landräte jetzt natürlich sagen: Ich werde den Teufel tun und mich um andere Deponieflächen kümmern~ wodurch ich nur noch unglaubwürdiger werde, als ich ohnehin schon bin, denn ich habe den Leuten in der Umgebung der Deponie gesagt, daß das Feld nur zur Ablagerung unseres eigenen Drecks da sei. Hermann Regensburger, Du nimmst mir das bitte nicht übel, das ist nur ein Beispiel unter vielen. Ich betone noch einmal, meine Damen und Herren: Die Gebietskörperschaften, die bisher die Entscheidungen nicht getroffen haben, die bisher ihrer gesetzlichen Pflicht zur Abfallentsorgung nicht in dem Maße nachgekommen sind, wie es notwendig gewesen wäre, müssen unbedingt und schnellstens in die Pflicht genommen werden. (Abg. Kamm: Sagen Sie das dem Dr. Vogele in Augsburg-Land!) Zur Finanzierung, die auch Sie, Herr Kollege Dr. Ritzer, angesprochen haben! Es ist schon richtig, daß die Investitionssumme bis zum Jahre 1993 auf vier Milliarden DM beziffert wird. Das muß man sich einmal vorstellen. Wenn man das bei den derzeitigen Fördersätzen umrechnet, kommt tatsächlich heraus, was auch Sie gesagt haben, nämlich, daß bis 1993 zwei Milliarden DM nötig wären. Dem stehen mit dem Nachtragshaushalt derzeit 100 Millionen DM gegenüber. Auch wenn man davon ausgeht, daß diese Summe angesichts der hohen Problematik der Abfallbeseitigung im nächsten Doppelhaushalt erhöht wird, man wird darum gar nicht herumkommen, dann muß man sich trotzdem darüber klar sein, daß die finanziellen Möglichkeiten des Staates an Grenzen stoßen. Ich glaube nicht, daß sie in den nächsten Jahren besonders zunehmen werden. Außerdem werden die Mittel des Staates durch die Nachrüstung schon vorhandener Anlagen mit Rauchgaswaschanlagen, die auch viel Geld kosten, gebunden werden. Es gibt übrigens auch bei den Gemeinden Probleme finanzieller Art. Die Gemeinden haben vielfach auch keine Möglichkeit mehr, zusätzliche Kredite aufzunehmen, und zwar deshalb, weil sie schon an der Grenze der Genehmigungsfähigkeit angelangt sind, auch wenn der Kapitalmarkt derzeit günstige Kredite anbietet. Sie können bei Neuverschuldung nur noch rentierliche Schulden machen. Sicherlich haben die Gemeinden auch schon andere Finanzierungswege eingeschlagen. Ich denke nur an das Leasing, das in der gemeindlichen Finanzierung in vielen Bereichen heute schon eine durchaus gängige Sache ist. Ich denke auch an die Beschaffung von Bauland außerhalb des Haushalts, beispielsweise über die Bayerngrund. Ich denke daran, daß verschiedene Bereiche, beispielsweise städtische Krankenhäuser, aus dem Haushalt herausgenommen werden. Ich möchte damit nur aufzeigen, daß die Kommunen bei der Finanzierung durchaus flexibel sind. Warum soll es dann nicht auch der Staat sein? Damit bin ich bei dem Punkt, den ich ansprechen will. Ich sehe durchaus überlegenswerte Möglichkeiten, die W i r t s c h a f t mehr als bisher in den Problembereich der Abfallbeseitigung einzubinden. Ich sage ganz offen - jeder, der mich kennt, weiß es-, daß ich nicht zu denen gehöre, die etwa der Privatisierung generell das Wort reden. Man kann nicht hergehen und privatisieren, wenn man ein Plus macht, und dem Staat den defizitären Bereich belassen. So geht es nicht! (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) - Richtig! Völlig d'accord! (Abg. Kola: Wo ist der Beifall bei der CSU?) Es gibt aber Bereiche, in denen man sehr wohl privatisieren kann, nehmen Sie die Schlachthöfe. Oder denken Sie an die Möglichkeit, verschiedene Eigenbetriebe wie Verkehrsbetriebe und dgl. zu privatisieren. Ich sehe da auch bei der Abfallentsorgung

35 Plenarprotokorl 11~58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3827 (Huber Herbert (Landshut) [CSU]) durchaus Möglichkeiten, ohne daß dadurch die Pflicht der Kommunen in diesem Bereich berührt oder beseitigt wird. Ich könnte mir auch vorstellen, daß man etwa die Wirtschaft in die Grundlagenforschung in Form eines Instituts, das gemeinsam vom Staat und der Wirtschaft getragen wird, einbinden könnte. Ich sehe auch Möglichkeiten bei der Finanzierung. Freilich ist klar, daß sich Privatkapital, das beim Bau oder beim Betrieb eingesetzt wird, verzinsen muß. Kein privater Kapitalgeber wird Kapital ohne Verzinsung zur Verfügung stellen. Daraus resultiert auch die Skepsis des Prüfungsverbands öffentlicher Kassen, ob es dadurch billiger werden könnte. Meine Damen und Herren! Wir müssen uns alle miteinander darüber im klaren sein, daß die Zeiten, in denen die 110-Liter-Abfalltonne 100 DM gekostet hat, vorbei sind. Wir liegen heute bei dem integrierten Konzept schon bei etwa 400 DM pro Jahr und Tonne. Umweltschutz kostet Geld. Unsere Bürger werden alle miteinander feststellen müssen, daß es in der Zukunft nicht mehr nur um das Besorgen von Gütern und Dienstleistungen geht, daß nur diese Seite Geld kostet, sondern daß angesichts unserer Besiedlungsdichte und unseres Lebensstandards auch das Entsorgen von Gütern in zunehmendem Maße mit finanziellen Aufwendungen verbunden ist. (Beifall bei der CSU) Ich betone noch einmal: Ich kann mir vorstellen, daß man Privatkapital beim Bau und durchaus auch über Betriebsgesellschaften sehr wohl mit einbinden und einsetzen kann, und ich bitte, wenigstens darüber nachzudenken. Wir haben deswegen auch dezidierte Fragen in unserer Interpellation gestellt. Ich sehe eine weitere Möglichkeit im Zusammenhang mit Betriebsführungsverträgen. Ich glaube nicht, meine Damen und Herren, daß die Kosten steigen müssen, wenn etwa pri11ate Firmen an der Betriebsführung beteiligt sind. In der Regel kann man durchaus feststellen, zum Beispiel bei Verkehrsbetrieben, ÖPNV usw daß die Privaten durchaus mit geringeren Kost~n auskommen, als wenn das Ganze vom Staat betrieben wird, weil die Privaten in die eigene Tasche arbeiten müssen und sich Defizite überhaupt nicht erlauben können. Sonst sind sie nämlich weg vom Fenster. Das bitte ich ganz besonders im Auge zu behalten. Wir werden versuchen, Bewegung in die Sache zu bringen und mit Anträgen Beispiele und Möglichkeiten in Einze~ällen aufzeigen. Wir haben den Fragenkatalog unserer Interpellation angesichts der Thematik, die ich geschildert habe, meine Damen und Herren, und im Hinblick auf den Umstand, daß auch rechtliche Neuregelungen im Freistaat Bayern anstehen, zusammengesteht, und ich bitte Sie, Herr Minister, uns diese Fragen zu beantworten. Danke schön! (Beifall bei der CSU) Zweiter Vlzeprisldent Dr. Rothemund: Das Wort zur Beantwortung der Interpellationen hat der Staatsminister Dick! Staatsminister Dick: Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sie gehen sicher mit mir einig, daß die beiden Fraktionen ihre Interpellationen sehr gründlich begründet haben. Ich lege Wert auf das Wort Begründung", weil Herr Dr. Ritzer gemeint hat, das Schlimme sei, daß man von uns nichts lernen könne. Dabei, das muß ich sagen, Herr Dr. Ritzer, haben Sie sehr viel von uns gelernt, beginnend mit dem Prinzenkurs" der Staatsverwaltung seinerzeit; das zeigt sich an vielen konkreten Ausführungen. Wenn ich genau analysiere, dann haben Sie in Ihrer Begründung, die eigentlich keine Begründung mehr war, sondern längst eine Aussprache zu meiner Vorlage, unsere Antworten zum Teil doch sehr gut vorgetragen. Das ist der Grund dafür, daß Sie in vielem ja auch gar nicht unrecht haben. Ich bin auch der Meinung, ich sollte das Problem ansprechen, daß es ja fast schon unfair ist, wenn das Ministerium gutmütigerweise Tage vorher die volle Beantwortung an die Fraktionen gibt, daß Sie dann unseren ganzen systematischen Ablauf in Ihren Ausführungen zugrunde legen, für sich buchen, was einem passend erscheint, sozusagen die Butter vom Brot nehmen, und dann so tun, als wäre die Staatsregierung nicht in der Lage, Probleme zu bewältigen. Ich möchte das wirklich einmal ernsthaft feststellen. So kann man Aich! miteinander umgehen. Wenn Sie zum Schluß davon gesprochen haben, ich sehe dies durchaus genauso, daß in der Frage Abfall die Zusammenarbeit aller Fraktionen im Parlament und aller Kräfte, beginnend bei den Kommunen bis hin zur Staatsregierung, anzustreben sei, dann kann man die Verteilung nicht so vornehmen, daß man dem anderen die Butter vom Brot nimmt, ihn in die Ecke stellt und sich mit Weisheit schmückt, als hätte man sie fast mit dem Schöpflöffel erwischt, und den anderen, genau gesehen, eigentlich mißbraucht. Das nur als Vorbemerkung, die mir aufgrund Ihrer Rede angemessen erscheint. Ich habe Ihre Rede genau verfolgt; ich könnte jede unserer Passagen nennen. Das geht bis hin zu der Aufzählung des Katalogs, welches Ministerium Umweltpapier benutzt oder nicht. Wir sind bei uns bei 50 Prozent, das haben Sie nicht erwähnt. Sie beginnen mit einem Ministerium, das nur 24 Broschüren herausgab, und geben dann an, daß es überhaupt kein Umweltpapier benutzt hat. Man muß doch immer zugrunde legen, um welche Broschüre es sich handelt; es hängt ja auch von der Häufigkeit der Benutzung ab. Ich wehre mich dagegen, daß man alles unter das Schema stellt, alles nur noch auf Umweltpapier drukken zu lassen. Das geht in der Praxis, wie Sie wissen, ohnehin nicht. Nun zu den beiden 1 n t e r p e 11 a t i o n e n. Ich meine, sie widmen sich einem Problemkreis, dessen zentrale Bedeutung für den Schutz der Umwelt und für die Entwicklung der Industriegesellschaft immer deutlicher wird. Die grundsätzlich und in Bayern

36 3828 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Staatsminister Dick) aktuell anstehenden Entscheidungen verlangen eine intensive parlamentarische und öffentliche Diskussion, von der zu hoffen ist - das deckt sich auch mit Ihrer Auffassung -, daß sie in einen möglichst weitgehenden Konsens mündet. Denn die überaus schwierigen Fragen der Abfallwirtschaft werden nur fm Zusammenwirken von Staat, Kommunen, Wirtschaft und Bürgern zu lösen sein. Ich begrüße daher sehr die beiden.interpellationen zur Abfallwirtschaft und hoffe, daß sie positive Impulse für die notwendige umgreifende Zusammenarbeit setzen werden. Ich stelle das absichtlich gleich an den Anfang meiner Rede, womit ich, Herr Dr. Ritzer, bei Ihrem Schluß bin. Zahl und Gewicht der gestellten Fragen verlangen nach einer sehr umfangreichen und eingehenden Beantwortung. Diese im Rahmen dieser Aussprache vollständig vorzutragen, ist deshalb nicht möglich. Ich nehme an, daß Sie diese Vorlage zumindest schon durchgeblättert haben. Die Beantwortung des umfangreichen Fragenkatalogs beider Fraktionen umfaßt immerhin 184 Seiten; die Fragen wurden also gründlich beantwortet. Sie können Ihre Detailfragen immer im Register abfragen. Ich bitte daher um Verständnis, wenn ich die Beantwortung der beiden Interpellationen insgesamt zu Protokoll' gebe und mich im folgenden darauf konzentriere, die wichtigsten Grundlinien der Aussagen darzulegen. Die w i r t s c h a f t 1 i c h e E n t w i c k.1 u n g der letzten Jahrzehnte hat den westlichen Industriestaaten eine enorme Steigerung des Wohlstands gebracht, verbunden mit einer fortschreitenden Humanisierung des Arbeitslebens. Immer deutlicher aber erweist sich, welch beängstigende K e h r s e i t e dieser Fortschritt hat. Noch nie in der Geschichte der Menschheit wurde in so kurzer Zeit so viel wertvoller Rohstoff in so viel wertlosen Abfall verwandelt. (Beifall bei den GRÜNEN) Rund vier Millionen Tonnen Hausmüll fallen heute pro Jahr in Bayern an - ich betone: allein in Bayern. Das sind rd. 350 kg pro Einwohner, während es 1972 noch 260 kg waren. Noch mehr als das Gewicht aber ist das V,olumen gewachsen. Vor allem wegen der Zu <>ahme an Verpackungsabfall hat es sich in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten von rund 16 Millionen auf 28 Millionen m' fast verdoppelt. Die großen Anstrengungen um Vermeidung und Verwertung haben zwar zu greifen begonnen. Mehr als eine Abflachung der Zuwachsraten ist allerdings nicht erreicht worden und auch für die kommenden Jahre trotz aller Anstrengungen nicht zu erwarten. Der wachsende Abfallberg ist so gesehen zu einem zentralen Problem der Industriegesellschaft geworden; denn die Kapazität der Natur, Rohstoffe zu liefern und Abfallströme aufzunehmen, ist gleichermaßen begrenzt. Für die Umweltpolitik wird der Abfall zu einer Schlüsselfrage, da von ihm Belastungen für faktisch alle Umweltmedien - Boden, Wasser und i..utt - ausgehen. Damit haben Sie angefangen, Anlagen Herr Dr. Ritzer, das ist die Systematik, die Sie übernommen haben. Ich habe nichts dagegen; das ist ja richtig. Diese vielfältigen Belastungen drohen auf Dauer die Fortschritte der industriellen Entwicklung zu gefährden. Die lndustriegellschaft hat langfristig nur eine sinnvolle Zukunft, wenn es ihr gelingt, das vermeintliche Junktim zwischen Wohlstand und Umweltbelastung zu durchtrennen und Formen von Produktion und Konsum zu erreichen, die nicht mit wachsenden Abfallbergen erkauft werden. Diese Entkoppelung ist möglich, und dies zu betonen ist wichtig, weil es sich in der Praxis schon in einer Reihe von Beispielen bewährt hat, wie etwa die Erfolge bei der Reinhaltung von Luft und Wasser und ansatzweise auch schon im Abfallbereich zeigen. Allerdings stehen hier noch große Herausforderungen an. Dabei stellt sich die S i t u a t i o n i n B a y e r n noch vergleichsweise günstig dar. frühzeitig und mit großem Aufwand wurden die Hausmüllentsorgung saniert und eine flächendeckende Erfassung und Entsorgung von Sondermüll geschaffen. Im bundesweiten Vergleich hebt sich Bayern insgesamt, und zwar mit Abstand, positiv heraus. Das hat sich erst letzte Woche in Hamburg auf der Umweltministerkonferenz wieder gezeigt. Ich wundere mich, daß auch SPD-regierte Länder im stillen Kämmerlein immer wieder Modelle Bayerns übernehmen. Ich finde es richtig, daß die Zusammenarbeit gepflegt wird. Wir haben mit Hessen, als die Sozialdemokratie dort noch Regierungsverantwortung hatte, in einer ausgezeichneten Weise über die Landesgrenzen hinweg zusammengearbeitet; Stichwort: Tiefendeponie Herfa-Neurode in Hessen. Zu erinnern ist auch an unsere Hilfsmaßnahmen seinerzeit bei der hessischen Flugasche, die allerdings dann von der bayerischen SPD fälschlicherweise kritisiert worden sind. Das ist ein Beispiel für die Länderhilfe über Landesgrenzen hinweg. Was den M ü 11 t o u r i s m u s betriffi, so bin ich auch dagegen. Das haben wir in Bayern nie getan. Wir haben es immer abgeblockt, wenn Landkreise ihren Müll ins Ausland bringen wollten, weil jeder den Müll, den er produziert, selbst beseitigen bzw. verwerten muß. Ich halte gar nichts davon, daß die Probleme, nur weil andere Länder Devisen brauchen, über Landesgrenzen hinweg verlagert werden, die Müllablagerungen aber doch in unmittelbarer Nähe bleiben. Darüber sind wir.uns sicherlich einig. Nun, die Situation in Bayern ist im bundesweiten Vergleich wesentlich günstiger. In verschiedenen Regionen allerdings bestehen noch erhebliche Pobleme und Engpässe. Das muß offen angesprochen werden. Darüber hinaus steht die bayerische Abfallpolitik aber vor einer Reihe von grundlegenden und langfristigen Entscheidungen: Der Te i 1p1 an Haus m ü 11 ist fortzusch_reiben. Teilplan ist ja ein Plan im Landesentwicklungplan, der dann rechtsverbindlich ist. Da ist die Frage, ob wir von der Staatsregierung dann gleich jeden Mikrostandort festlegen können und sollen. Ich glaube aber, dies ist an die Zweckverbände zu delegieren; dort kann das besser festgestellt werden. Im Raumordnungsverfahren überprüft ohnehin die Regierung und stellt fest. Wir beraten und geben vor allem er-

37 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag. 11. Wahlperiode 3829 (Staatsminister Dick) hebliche Zuschüsse, die heute in der Regel bei 50 Prozent zuzüglich 30 Prozent zinsverbilligtes Darlehen liegen. Leider ist es so, wenn ich Bayern einmal flächendeckend betrachte, daß sich die Akzeptanz, es ist heute schon gesagt worden, oft sehr verschieden darstellt, je nachdem, wer die Mehrheit hat. Ich habe nie Rücksicht darauf genommen, wer nun die Mehrheit hat. Wenn jemand vom Zweckverband gekommen ist und Lösungen, die anzustreben waren, finden wollte, dann hat das Ministerium nicht nur beraten, sondern auch Zuschüsse gewährt. Das ist immer wieder quer durch die Parteien festzustellen. Der Teilplan Hausmüll ist fortzuschreiben, weitreichende finanzielle Festlegungen sind zu treffen und das bayerische A b f a 11 r e c h t ist zu novellieren. Der Rahmen für diese Entscheidungen ist das Abfallgesetz des Bundes Es stellt die Weichen für die notwendige Neuorientierung der Abfallpolitik weg von der Abfallbeseitigung und hin zu einer integrierten Abfallwirtschaft. Ich muß ja fast lachen. Was wir vorgeben, plappert auch der Bund Naturschutz nach, aber er kritisiert uns trotzdem. Das ist auch heute wiederholt angeführt worden. Das ist ein drolliger Vorgang. Man sollte auch sagen, worin die Ursachen dafür liegen, daß wir heute so weit sind. Deshalb noch eine kleine Bemerkung zum Bund Naturschutz; ich bin enttäuscht. Unser Haus hatte angeboten, vor wenigen Wochen war dies der Fall, Aufklärung zu geben. Das ist in stundenlangen, mühevollen Arbeitsgängen erfolgt. Dann aber geht man hinaus und nimmt nur wieder die Rosinen heraus, etwa die Abfallvermeidung, und verdonnert die Abfallverbrennung. Mit der Abfallvermeidung allein können Sie das Problem nicht lösen. Schauen Sie doch diesen komischen Naturschützern in die Mülltonnen, ob dort nichts drin ist oder ob dort auch Abfall vorhanden ist! (Beifall bei der CSU) Ich sage das deshalb einmal so deutlich, weil man so nicht verfahren kann, daß draußen die Leute irregeführt werden und damit die Akzeptanz im Hinblick auf alle P,arteien im Landtag, die Lösungen wollen, untergraben wird. Das gilt da für einen SPD-Landrat, anderswo für einen CSU-Landrat oder -Oberbürgermeister. Ich darf feststellen, daß lustigerweise die meisten Verbrennungsanlagen von Zweckverbänden betrieben werden, in denen die SPD die Mehrheit hat. So falsch kann also wirklich nicht sein, was heute kritisiert worden ist. (Zustimmung bei der CSU) Ich glaube, wir sollten die Kirche beim Dorf lassen und das vollziehen, was fachlich und sachlich möglich und geboten ist und was wirklich gemeinsam geregelt werden kann. Das heißt; Weg von der Abfallbeseitigung, hin zu einer i n t e - g r i er t e n Ab f a 11 wir t s c h a f t, ist immer schon die Forderung der Staatsregierung gewesen, längst bevor andere diese Reihenfolge gewählt haben. Das Ve rwe rt e n von Abfällen soll danach Vorrang v o r d e m B e s e i t i g e n haben. Natürlich werden jeweils nach dem Stand des Fortschritts Bestimmungen schärfer oder anders formuliert. Das ist völlig normal. Das zu kritisieren halte ich für völlig überflüssig. Dementsprechend hat die Bayerische Staatsregierung das Konzept einer integrierten Entsorgung entwickelt, das im Hausmüllplan umgesetzt werden soll. Dieses' integrierte Entsorgungskonzept verfolgt klare Prioritäten - in. der ausführlichen Vorlage ist es bereits dargelegt; ich sage es nur noch in Schlagworten: Vermeiden von Abfällen soweit wie möglich, stofflich verwerten soviel wie möglich. Aber dann bleibt noch etwas übrig, und das ist leider sehr viel. (Abg. Tandler: So ist es!) Dann kommt der nächste Schritt, nämlich die t h e r - mische Verwertung. Es ist auch ein Recycling, wenn die Energie ausgenutzt wird, die im Hausmüll vorhanden ist. Ich werde nie kapieren, daß manche glauben, daß es sinnvoller ist, in Anlagen für die Wärmeproduktion Kohle oder Öl zu verbrennen, obgleich der Hausmüll dasselbe erbringt. Wir müssen das einmal durchdenken. Wir haben Energierecycling in Coburg schließlich durchgesetzt. Wir sind jetzt mit Plattling befaßt. Dort kann der übrigbleibende Müll ebenfalls gute Dienste leisten. Der vierte Schritt ist die D e p o n i e r u n g nach der Maxime so wenig wie möglich. Denn leider bleibt auch beim Verbrennen etwas übrig. Aber das Volumen wird erheblich reduziert. Was dabei übrig bleibt, kann gelagert oder sogar verwertet werden. Die Verwirklichung dieser Ziele des integrierten Entsorgungskonzepts erfordert Ideenreichtum, Eigeninitiative und Orts- und Sachkenntnis der Beteiligten. Sie bedarf eines möglichst breitgefächerten Bündels von Maßnahmen, die auf die örtlichen Verhältnisse abgestimmt sind und die in einer sinnvollen, ihre Wirksamkeit erhöhenden Kombination miteinander zu verbinden sind. Abfall, der nicht entsteht, das ist logisch, belastet nicht die Umwelt und verursacht keine Entsorgungsprobleme. Wer weiß das nicht? Warum unterstellt man, daß wir es erst kapieren, wenn es andere sagen? Auch hier war immer wieder der umgekehrte Weg der Reihenfolge der Erkenntnis festzustellen. Abfallvermeidung ist daher oberstes Z i e 1 der A bf al lw i rts c h aft. Wir sprechen heute bewußt von einer Abfallwirtschaft, weil nicht nur deponiert werden soll, Abfall vernichtet werden soll. Vielmehr ist möglichst viel in den Kreislauf der Wirtschaft zurückzuführen. Die Abfallvermeidung ist deshalb die wichtigste Forderung des Abfallrechts und Leitziel des Hausmüllplans. Die größten Chancen liegen im Bereich der Wirtschaft, weniger bei den Haushalten: Das Verringerungspotential wird bei Industrieabfällen auf 30 bis 35

38 3830 Bayerischer Landtag. 11. Wahlperiode Plenarprotokolt 11/58 v (Staatsminister Dick) Prozent geschätzt, bei Hausmüll noch auf etwa zehn Prozent. Die Wirtschaft ist in doppelter Weise gefordert: als Produzent von Waren, bei deren Herstellung Abfälle anfallen, sowie als Anbieter von Produkten, die nach ihrer Verwendung leider oftmals zu Abfall werden. Bei der Produktion von Gütern praktiziert die W i r t - s c h a f t in einer Reihe von Branchen seit langem Abfallvermeidung schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen, und dies mit großem Erfolg. So wuchs zwischen 1977 und 1982 die Abfallmenge der Industrie nur noch um 1,5 Prozent. Ein beachtlicher Vorgang, wenn man bedenkt, daß die Produktion im gleichen Zeitraum um mehr als 25 Prozent gestiegen ist. Hier zeigt sich doch eine positive Relation, die sich in ähnlicher Weise beim Energieverbrauch ergeben hat: mehr Produktion, weniger Energieverbrauch. Beim Abfall ist eine ähnliche Feststellung zu treffen. Demgegenüber erweist sich Abfallvermeidung bei den Produkten als wesentlich schwieriger. Einigkeit besteht über die dabei zu verfolgenden Ziele: Verlängerung der Lebensdauer, Verbesserung der Wiederverwertbarkeit und Verzicht auf unnötige Verpackungen. Strittig hingegen ist der Weg ihrer Verwirklichung. Wie und wie weitgehend soll der S t a a t eingreifen, Maßstäbe, Regeln und Verbote setzen? Hierbei geht es auch um grundlegende Fragen des Staatsverständnisses. Sollen anstehende Probleme primär vom Staat oder von der Gesellschaft gelöst werden? Ist eher dem Staat oder eher der Gesellschaft, dem Markt, der privaten Verantwortung Lösungskompetenz zuzutrauen? An dem komischen Molkeproblem, der Bund ist ja Eigentümer geworden, sehen Sie, wie das ist. Es hätte der Markt schon längst geregelt. Dahin ging auch der Vorschlag Bayerns. Das nur als Randbemerkung. (Zustimmung bei der CSU) In diesen Fragen, in dem Spannungsverhältnis von staatlicher Lenkung und individueller Freiheit, setzen wir vor allem auf die Eigenverantworung von Wirtschaft, Kommunen und Bürgern. Ich betone das immer wieder. Auch in der Abfallwirtschaft sollte sich der Staat grundsätzlich auf die Vorgabe von Zielen und auf das Setzen von Rahmenbedingungen beschränken. (Abg. Spitzner: Sehr richtig!) Die Umsetzung der Ziele aber sollte der Kompetenz, Initiative und Verantwortungsbereitschaft der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräfte anvertraut bleiben. Eines unterstreiche ich sehr dick: Wo diese allerdings versagen und übergeordnete Gründe des Gemeinwohls eine Lösung verlangen, ist der Staat natürlich zum Handeln verpflichtet. (Abg. Spitzner: Subsidiär!) Diese ord~ungspolitischen Grundsätze prägen das neue Ab f a 11 g es et z und insbesondere 14 als wichtigstes Instrument der Abfallvermeidungspolitik. Es eröffnet der Bundesregierung die Möglichkeit, Ziele zur Vermeidung, Verringerung und Verwertung von Abfall festzulegen. Diese sollen als klare Handlungsvorgaben die Innovationskraft und die Mitverantwortung der beteiligten Wirtschaftskreise aktivieren. Sollten diese Ziele jedoch nicht mit freiwilligen privatwirtschaftlichen Lösungen erreicht werden, ist hoheitliches Handeln des Staates gefordert. 14 des Abfallgesetzes enthält dazu die Ermächtigung, verschiedene abgestufte Möglichkeiten der Abfallvermeidung festzulegen, insbesondere Pflichten zur Kennzeichnung, zur getrennten Entsorgung sowie zu"r Rücknahme und Pfanderhebung. Der Bundesumweltminister hat begonnen, diese neuen rechtlichen Möglichkeiten zügig und zielstrebig zu nutzen. Schon zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes wurde mit dem sogenannten V i e r p u n k - t e p r o g r a m m eine erste Konzeption für vordringliche Problembereiche vorgelegt. Als erste Verordnung ist die A 1tö1 -Ver o r d n u n g in Kraft getreten, die Pilotcharakter für ähnliche Bereiche hat. Im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion steht der Entwurf einer V e r o r d n u n g ü b e r d i e R ü c k - nahme und Verwertung von Getränkea b f ä 11 e n au s K u n s t s t o ff. Das ist heute besprochen worden. Diese Verordnung soll einen abfallwirtschaftlich vertretbaren Einsatz der neuen großvolumigen PET-Einwegflasche - Stichwort Coca Cola - sicherstellen, nachdem die Wirtschaft nicht bereit war, die gebotenen Recyclingziele freiwillig zu erfüllen. Wir haben in unserem Haus stundenlang Gespräche geführt, in diesem Fall ohne Ergebnis. So wird nun der Weg beschritten, den 14 zuläßt. Das ist ein neuer Weg. Erstmalig wird ein Pfand in Höhe von 50 Pfennig, das es bisher nur im Mehrwegsystem gab, für eine Einwegflasche vorgeschrieben. Auf der Umweltministerkonferenz in Hamburg in der letzten Woche haben alle Länder - wenn Sie wollen von Berlin über Hamburg, Nordrhein-Westfalen 1Jnd Rheinland-Pfalz bis nach Bayern - einmütig beschlossen, dieses Pfand zu erheben. Wir haben langmütig gewartet. Jetzt ist Schluß damit. (Beifall bei CSU und SPD -Abg. Tandler: Sind die 50 Pfennig kostendeckend?) Zunächst wurde ein Pfand von einer Mark in Betracht gezogen, das sage ich offen. Wir haben uns in längeren Debatten auf die 50 Pfennig geeinigt, weil man befürchetete, daß sonst andere Auswege gesucht werden, um das Ziel zu unterlaufen. Wir waren schließlich aus einer praktischen Überlegung heraus der Meinung, es sollten 50 Pfennig sein. Aber Sie haben recht, Herr Fraktionsvorsrtzender, eine Mark wäre angebracht gewesen, um einen noch stärkeren Druck auszuüben. Die Frage nach der Kostendeckung betrifft das, was auf die Kommunen zukommt. Jeder verlangt die ordnungsgemäße Beseitigung, und es wird nicht mehr bedacht, daß sie uns manchmal aufgezwungen wird.

39 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3831 (Staatsminister Dick) Die Kostenfrage wird von der Seite, die produziert, oft ignoriert. Über die Zweckverbände wird dann durch Gebühren zurückverlangt, was andere zum Teil gar nicht verschuldet haben, etwa der Verbraucher, der diese Flaschen nicht benützt. Schwierig war es auch mit der EG; das war ein weiterer Grund. Es gibt diese schönen stillen Wässer" in der dünnen Plastikflasche, die wahrscheinlich alle trinken. Es ist zu erwarten, daß unter Umständen ein Rechtsstreit mit der EG die Folge sein wird. Das haben wir bewußt in Kauf genommen. Aus diesen praktischen Überlegungen heraus sind wir zunächst bei diesen 50 Pfennig geblieben. Diese Pfandverordnung wird auch testen, welcher Handlungsspielraum für nationale abfallwirtschaftliche Anstrengungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft besteht, denn die Verordnung erfaßt auch die PVC-Einwegflaschen, in deneri das bereits erwähnte Tafelwasser zunehmend aus dem Ausland importiert wird. Wir können heute schon erwarten, daß sich innerhalb der Europäischen Gemeinschaft vor allem Frankreich zu Wort melden wird. Die Möglichkeiten des 14 des Abfallgesetzes zu nutzen ist Aufgabe des Bundes. Ich habe trotzdem etwas ausführlicher dazu Stellung genommen, weil es oft so hingestellt wird, als wäre alles so einfach. Wenn es aber so einfach wäre, hätten wir es schon längst anders geregelt. Über den Bundesrat können aber auch die Länder Einfluß auf 14 nehmen, der eine Schlüsselfunktion in der Abfallvermeidung hat. Die Bayerische Staatsregierung hat daher eine umfangreiche Entschließung im Bundesrat eingebracht, die sich einem vordringlichen Problem der Abfallvermeidung widmet: der Erhöhung der Marktchancen und -anteile der Mehrwegverpackung. Diese Initiative ging also von uns aus! Sinnnvolle Abfallvermeidung beim H a u s m ü 11 muß vor allem bei der Verpackung ansetzen. Verpackungen machen heute etwa die Hälfte des Volumens und rund ein Drittel des Gewichtes des Hausmülls aus. Dazu hat vor allem das starke Anwachsen der Einwegverpackung auf Kosten der Mehrwegverpackung beigetragen. Wir erkennen sehr wohl an, daß die Wirtschaft sich mit erheblichem Aufwand und auch mit Erfolg bemüht, das Problem Einwegverpackung durch den Ausbau von Recyclingsystemen zu entschärfen. Bei Glas und Weißblech werden mittlerweile erfreuliche Recyclingquoten um die 40 Prozent erzielt. Dennoch sind Mehrwegsysteme in der Regel Einweg-Recyclingsystemen überlegen, insbesondere bei einer gesamtökologischen Betrachtung, die auch Energie- und Chemieeinsatz berücksichtigt. Wieder nur einen kurzen Schlenker zur F 1 a s c h e : Bei einem Gespräch mit dem Bund Naturschutz hat einmal ein Teilnehmer gemeint, wir sollten die Altglassammlungen einstellen und nur noch lauter Mehrwegflaschen zulassen. Das geht in der Praxis gar nicht, wenn Sie daran denken, wie viele Produkte auf dem Markt sind, von der kleinen Cognacflasche bis zur Mehrwegflasche, die ja bei Bier und ähnlichen Getränken leichter möglich ist. Es ist Recycling, wenn Glas sortiert wieder in die Produktion genommen wird. Das geht im Prinzip auf dasselbe hinaus, vor allem, wenn man bedenkt, die Flasche muß gewaschen werden, im Abwasser sind Spülmittel, erhebliche Frischwassermengen werden verbraucht, läßt. sich leicht feststellen, was der bessere Weg ist. Also Recycling über die Rücknahme in die Produktion ist durchaus ein vernünftiger Weg, der beschritten werden kann und beschritten werden muß. (Beifall bei der CSU) Die M e h r w e g f 1 a s c h e ist und bleibt das klassische Instrument zur Abfallvermeidung im Verpakkungsbereich: Dreiviertel der Getränke werden in Mehrwegflaschen abgefüllt, die aber leider nur ein Viertel des Abfalls an Getränkeverpackungen ausmachen; das eine Viertel an Einwegabfüllungen hingegen produziert Dreiviertel des Gesamtabfalls aus dem Getränkebereich. Wir sind daher dem Bundesrat dankbar, daß er die bayerische Initiative übernommen und die Bundesregierung aufgefordert hat, eine Konzeption sowie Maßnahmen zur Erhöhung des Mehrweganteils zu erarbeiten. Neben der Rechtsetzung hat die öffentliche Hand noch eine Fülle von Möglichkeiten zur Vermeidung und Verringerung von Abfall: Eine gezielte B e s c h a ff u n g u m w e lt f r e u n d - 1 i c h e r P r o d u kt e wirkt beispielgebend und marktgestaltend. Wir bereiten deshalb Initiativen vor mit dem Ziel, Nutzung und Abgabe von Einwegverpackungen bei Staat und Kommunen auf das unumgängliche Maß einzuschränken. Fördermaßnahmen erleichtern Entwicklung und Markteinführung geeigneter Systeme. Wir unterstützen darum in Bayern zum Beispiel verschiedene Bemühungen um abfallmindernde Formen der Milchabgabe. Zum Beispiel ist die s t ä h 1 er n e Kuh" von uns gefördert und deren Entwicklung voll bezahlt worden. Wer die Milch probiert, wird feststellen, daß sie besser ist. Erstens ist der Fettanteil höher, und sie schmeckt auch deshalb besser, weil es Frischmilch ist. Sie wird sehr gut angenommen. Leider geht das in kleinen Läden nicht, weil der Einsatz des teuren Produkts stählerne Kuh" auch eine Frage der Absatzmenge ist. Aber das ist ein Weg, der sich durchaus bewährt. Beratung und Anregung für Kommunen, Unternehmen und Verbraucher wirken auf abfallbewußten Konsum hin. Wir haben deshalb in den letzten Jahren die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Abfallvermeidung erheblich Verstärkt und untersuchen derzeit beispielsweise, ob und inwieweit spezielle Abfallberater in bestehende Beratungsdienste integriert werden können. Ein besonderer Dank gilt hier den Kommunen, den Trägern der Erwachsenenbildung, den Wirtschaftsund Verbraucherverbänden, den Kammern und Gewerkschaften und insbesondere den Medien, die ihre Öffentlichkeits-, Beratungs- und Informationsarbeit zu Fragen der Abfallvermeidung in den letzten Jahren stark intensiviert haben. Eine besondere Lei!- und Vorbildfunktion haben schließlich die Sc h u 1 e n. Die Themen Umwelt-

40 3832 Bayerischer Landteg 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Staatsminister Dick) schutz und Abfallvermeidung wurden deshalb in den vergangenen Jahren in Schulen und Hochschulen, in der Lehreraus- und -fortbildung, in den Lehr- und Unterrichtsmaterialien, in Wettbewerben und Aktionen in wachsendem Umfang behandelt. Es ist letztlich der einzelne Verbraucher, der durch sein Konsumverhalten über die Gestaltung von Produktion und Verpackung und über den Aufbau von Recycling- und Mehrwegsystemen entscheidet. Abfallvermeidung beginnt beim einzelnen, mit der problembewubten Konsumentscheidung. Dabei geht es, wie die Evangelische und Katholische Kirche Deutschlands in einer gemeinsamen. Erklärung schreiben, heute befassen sich auch schon die Kirchen mit solchen praktischen Dingen, nicht darum, ich zitiere,... anspruchsloser, sondern im Blick auf die Vielfalt und Reichhaltigkeit unserer gesamten Umwelt anspruchsvoller zu leben. Es geht nicht darum, durch Konsumverzicht die Kreisläufe der Wirtschaft zu lähmen, sondern durch kritisches Verbraucherverhalten neue Akzente zu setzen. Ich kann das nur sehr deutlich unterstreichen. Wir brauchen den abfallbewußten Bürger und kritischen Verbraucher. An alle richte ich den dringenden Appell, sich dieser Aufgabe ganz persönlich zu stellen. Zweitwichtigstes Ziel der Abfallwirtschaft ist die s toff 1 ich e Verwertung. Sie hilft Rohstoffe und Energie zu sparen, reduziert die Abfallmenge, entlastet damit die thermisclje Verwertung und schont die begrenzten Deponiekapazitäten. Die Baye-. rische Staatsregierung hat daher schon frühzeitig - Herr Dr. Ritzer hat aus dieser Vorlage zitiert; es ist keine Schande, wenn man das unterstreicht, daß die Staatsregierung schon frühzeitig tätig geworden ist - Maßnahmen zur Werkstoffrückgewinnung unterstützt. Es ist interessant: In der DDR spricht man von Abprodukten". Die drücken damit indirekt aus: Im Abfall sind Produkte enthalten. Wir sprechen von Abfallwirtschaft. Alle Parteien haben früher nur von Abfall" gesproche(l. Es ist doch richtig, dem Fortschritt Rechriung zu tragen und, was wir im Ministerium ganz bewußt getan haben, nicht mehr von Abfallentsorgung, sondern von der Abfallwirtschaft zu sprechen, weil dies der umfassende Begriff ist, der auch die positiven Seiten umfaßt, daß wieder etwas in den Kreislauf zurückgeführt wird. Das ist doch sinnvoll, (Zustimmung bei der CSU) das soll man nicht kritisieren. Wir sollten uns alle Gedanken machen, wie wir das sinnvoll fortführen können. Wir haben, wie gesagt, immer die Werkstoffrückgewinnung unterstützt: Altpapier wird praktisch in allen Kommunen Bayerns getrennt gesammelt; rund zehn Prozent des Hausmülls konnten in Bayern im vergangenen Jahr stofflich verwertet werden. Damit ist jedoch das beträchtliche Verwertungspotential im Hausmüll noch nicht ausgeschöpft, das oei einer realistischen Rückführquote von 60 Prozent bis zu rund 30 Gewichtprozent des Abfalls erreichen dürfte. (Aus der Besucherloge ertönt der Schrei eines Kleinkinds) - Ich habe gehört, daß kleine Kinder da sind. Es ist sinnvoll, wenn die sehr früh merken, was der Verbraucher zu tun hat. (Heiterkeit und Beifall bei der CSU - Zuruf) - Mein eigener Enkel? Um so besser, wenn er es sich rechtzeitig anhört! (Erneute Heiterkeit -Abg. Spitzner: Vom Opa!) Eine stoffliche Verwertung in dieser Höhe würde unsere Entsorgungsprobleme erheblich verringern, allerdings, auch das muß man sagen, leider nichts vollends lösen. Alle sinnvollen Möglichkeiten der stofflichen Verwertung müssen deshalb genützt werden, doch sollten ihre Chancen realistisch gesehen werden. Abfallverwertung ist nicht Selbstzweck, sondern eingebettet in die technischen, volks- und betriebswirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen der Abfallwirtschaft. Die abfallwirtschaftlich optimale Lösung wäre sicher, wenn die Möglichkeit einer Wieder- oder Weiterverwertung schon von vornherein in Produkte und Produktionsverfahren mit eingebaut" werden könnte. Dies verlangt von der Wirtschaft und jedem Unternehmen, daß sie Produkte und Verfahren nicht nur auf die bestimmungsgemäße Verwendung, sondern auch auf nachfolgende Nutzungskaskaden und Kreislaufprozesse ausrichten. Hier liegen große und lohnende technische und unternehmerische Herausforderungen, deren Schwierigkeiten aber nicht unterschätzt werden dürfen. Sie hören aber, ich benutze ab heute hartnäckig den Begriff Abfallwirtschaft". Sekundärrohstoff muß sich auf dem Rohstoffmarkt bewähren und durchsetzen. Dieser Markt aber ist sehr schwierig; er ist gekennzeichnet durch starke Schwankungen und sogar von weltwirtschaftlichen Trends geprägt. Der Staat kann Altstoffprodukten die Bewährung auf diesem Markt nicht ersparen, um nicht am Ende wieder nur sortierten Müll der Entsorgung zuführen zu müssen. Es nützt gar nichts, wenn der Müll stark sortiert wird, der Markt ihn aber nicht mehr nimmt. Wir hatten dies vor zwei Jahren beim Papier. Da muß man eben einmal selbst den Wertstoff Papier der Verbrennung zuführen, bevor riesige Hau fen übrigbleiben. Weiter muß die ökologische Gesamtbilanz stimmen. Stoffliche Verwertung ist notgedrungen leider auch mit Umweltbelastungen verbunden. Diese Schadwirkungen dürfen sinnvollerweise nicht höher sein als die Umweltbelastungen, die bei einer Produktion aus Primärrohstoffen und anschließender Abfallbeseitigung auftreten. Beispielhaft ist hier das Problem der Altölraffinate, bei denen eine ständige Kreislaufführung zu einer Schadstoffanreicherung führen kann.

41 Plenarprotoko/111/58 v Bayerischer Landtag. 11. Wahlperiode 3833 (Staatsminister Dick) Chancen und Grenzen der stofflichen Verwertung werden schließlich auch von der E r f a s s u n g d e r A 1 t s toffe bestimmt, und diese wiederum von sozialen Faktoren: von Motivation, Mentalität und Problembewußtsein der Bevölkerung. Die Staatsregierung hat darum in den letzten Jahren landesweit eine Vielzahl von Pilotvorhaben mit erheblichen Mitteln gefördert, mit deren Hilfe die unterschiedlichen Erfassungssysteme untersucht und bewertet wurden. Das, was heute für den Bereich Kunststoff genannt worden ist, die Anlage in Coburg, haben wir angeregt und zu 80 Prozent bezuschußt. Das muß man dazu auch sagen. Das war ja nicht nur ein Taschengeld. Es gibt kaum einen Bereich in der Abfallwirtschaft, der nicht in einem Pilotverfahren durchgecheckt wurde oder durchgecheckt wird. Obwohl viele M o d e 11 - u n t e r s u c h u n g e n noch nicht abgeschlossen sind, liegen erste Teilergebnisse vor. Ich werde sie kurz ansprechen: - Bringsysteme mit Ein- oder Mehrkammer-Containern bringen gute Stoffqualitäten bei niedrigem Aufwand. Ihr Erfassungsgrad wird vom Standort bestimmt und ist relativ gering. - Holsysteme mit Einstoff-Tonne zeichnen sich durch hohe Wirkungs- und Reinheitsgrade, aber auch durch sehr hohe Kosten aus. - Holsysteme mit Mehrstoff-Tonne, der sogenannten Grünen Tonne, weisen naturgemäß den höchsten Erfassungsgrad, allerdings auch die höchsten Kosten und den höchsten Anteil an nicht verwertbarem Restmüll auf. Da geht es ja wieder an. Man hat zuviel beieinander. Wer soll es wieder auseinanderklauben? In der Theorie hört sich vieles schön an, in der Praxis muß man es erst erproben. (Zustimmung bei der CSU) Bei Zunahme der Effektivität der verschiedenen Systeme dürften künftig die Systeme eindeutig im Vorteil sein, die bereits bei der Erfassung der Wertstoffe eine Vermischung der einzelnen Komponenten ausschließen, also Containersammlung und Einstoff Tonne. Qualität und Reinheit der erfaßten Wertstoffe erwejist sich immer mehr als das Nadelöhr der Verwertung und Vermarktung von Abfallstoffen. Bei der Erfassung wird deshalb künftig das Schwergewicht aller Bemühungen darauf liegen müssen, möglichst sortenreine, unbelastete Wertstoffe zu gewinnen. Bei Kunststoff ist es der Fall, wenn saubere sortenreine Abfälle anfallen, dann lassen sich daraus Granulate produzieren und nicht solche Blumenkästen, die am Schluß niemand kauft. Ich habe da ja einmal mitgemacht und habe mich in einem Großkaufhaus in München in eine Waage gesetzt, um sozusagen einen Umweltminister gegen Mist aufzuwiegen. Ich habe das auch deshalb mitgemacht, weil das auch schon gleich ist. (Heiterkeit) Es war aber leider so, daß dies eine Ein-Mann-Aktion an einem Tag blieb. Gekauft wurde das Produkt leider nur sehr wenig, so daß das Kaufhaus diese Aktion wieder eingestellt hat. Dafür gibt es also kein Patentrezept. Wir müssen sehr genau prüfen, was der Markt abnehmen kann, was er verbrauchen kann, ob der Rohstoff-Grundstoff verwertbar ist oder nicht. Die Modelluntersuchungen legen nahe, nicht ein universell einsetzbares Vorsortierungssystem generell zur Einrichtung vorzuschlagen, sondern verschiedene Systemkomponenten zu entwickeln, aus denen die entsorgungspflichtigen Körperschaften eine orts- und sachgerechte Auswahl treffen können. Wir werden den Kommunen in Kürze mit. der Informationsschrift Verwertung von festen Siedlungsabfällen" eine entsprechende Handreichung bieten. Ich hoffe, daß sie auf Umweltpapier gedruckt wird, damit alle zufrieden sind. Staat und Kommunen können noch auf verschiedene andere Weise einen Beitrag zur stofflichen Verwertung leisten: Die Förderung von Entwicklungsvorhaben und Pilotprojekten hilft Innovationen in marktgängige Produkte und Verfahren umzusetzen. Das Umweltministerium hat deshalb beispielsweise eine Pilotanlage zur Aufarbeitung von Kunststoffen gefördert, von der wir uns einen entscheidenden Schritt nach vorn beim schwierigen, aber sehr wichtigen Kunststoff-Recycling erhoffen. Darauf bin ich ja schon eingegangen. Staat und Kommunen können weiter durch eine gezielte, den Markt gestaltende Vertragspolitik den A u f b au v o n R e c y c 1 i n g s y s t e m e n fördern und stabilisieren. Die Bayerische Staatsregierung unterstützt das Ziel der Papierindustrie, soviel Altpapier wie möglich in der Papierproduktion einzusetzen. Eine derartige Ausweitung verlangt jedoch erhebliche Investitionen, die die Papierindustrie nur dann tätigen kann, wenn ihr verwertbares Altpapier dauerhaft zu vertretbaren Kosten zur Verfügung steht. Dr. Ritzer hat dies ja unterstrichen. Das ist der fortlaufende Faden, der sich jetzt wieder zeigt, daß wir in der Begründung bzw. in der Ausführung parallel fahren. Es stellt sich die Frage, wer nun von wem profitiert. Das ist im Grunde genommen auch. gleichgültig. Die Hauptsache ist, daß man das Notwendige erkennt. Die bayerischen Papierfabriken haben deshalb den entsorgungspflichtigen Körperschaften den Abschluß längerfristiger Liefer- und Abnahmeverträge angeboten. Die damit zusammenhängenden Fragen müssen mit allen Beteiligten, insbesondere auch mit dem privaten Rohstoffhandel und den freien Sammelorganisationen, noch eingehend erörtert werden. Im Grundsatz aber sind derartige Überlegungen sehr zu begrüßen. Die öffentliche Hand kann auch durch die verstärkte Verwertung von Recyclingstoffen im eigenen Bereich wichtige Impulse für den Altstoffmarkt setzen. Der verstärkte Einsatz von Recyclingpapier bei Behörden und öfffentlichen Einrichtungen ist dafür nur ein Beispiel. Recyclingpapier findet inzwischen in fast allen Staatsministerien und nachgeordneten Behörden zunehmend Verwendung. Ich habe Ihnen in der 184- seitigen Vorlage, der Antwort auf Ihre Fragen, sehr offen auch eine Übersicht beigelegt. Mehr kann man bei Gott wirklich nicht tun. Eine Steigerung des Einsatzes wird angestrebt und um so leichter zu erreichen sein, je eher verschiedene technische Hin-

42 3834 Bayerlacher Landtag. 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 /58 v (Staatsminister Dick) dernisse, die heute noch bestehen, beseitigt werden können. Staat und Kommunen können schließlich durch Information und Beratung die Verwertung von Abfällen unterstützen. Das Beratungsnetz von Behörden, Kommunen und Verbänden verdichtet sich erfreulich. Hinzu kommen insbesondere die europaweit tätigen Abfallbörsen des Verbandes der Chemischen Industrie und des Deutschen Industrie- und Handelstages, die die Informations-Infrastruktur für zwischenbetriebliches Recycling erheblich verbessert haben. Eine wichtige stoffliche Abfallverwertung biologischer Natur ist die Kompostierung. Kompost dient der Bodenverbesserung und Humusbildung, wirkt als Dünger und Erosionsschutz und leistet einen wesentlichen Beitrag zum Schutz heimischer Torfvorkommen. Zirka 30 Gewichtprozent des Gesamtmülls sind kompostierbare Abfälle. Die Kompostierung ist darum ein wesentlicher Bestandteil des integrierten Entsorgungskonzepts. Die Bayerische Staatsregierung unterstützt die Anstrengungen der Kommunen und auch der privaten Wirtschaft auf diesem Gebiet in besonderer Weise. Über 20 Versuchsvorhaben wurden und werden mit öffentlicher Förderung in Bayern durchgeführt. Die Kompostierung wird künftig eine steigende Bedeutung in der Abfallwirtschaft erlangen. Dabei wird sich eine gewisse Neuorientierung ergeben: Im Gegensatz zu früher wird nicht mehr die Kompostierung des Gesamtmülls im Vordergrund stehen - auch das sind Erkenntnisse, die sich erst im laufe der Zeit einstellen -, sondern die gezielte Kompostierung einzelner Abfälle - das ist wieder eine Auswahl aus dem Abfallangebot -, vor allem von Biomüll und Grünabfall. Dies gründet in der Erfahrung, daß Kompost aus Gesamtmüll oft Schwermetallgehalte aufweist, die auf Dauer nicht dem wichtigsten Ziel des Bodenschutzes - geringstmöglicher Schadstoffeintrag in die Biosphäre - entsprechen kann. Biomüll und Grünabfall hingegen erbringen einen kaum belasteten Kompost. Bei der Biomüll-Kompostierung werden die pflanzlichen Küchen- und Gronabfälle in den Haushalten gesondert erfaßt und zur Entsorgung bereitgestellt bzw. zur Eigenkompostierung verwendet. Die Motivation der Bevölkerung entscheidet damit über Quantität, aber vor allen Dingen über die Qualität des Biomülls. Staat und Kommunen müssen diese Bereitschaft, insbesondere durch bürgerfreundliche Erfassungsund Verwertungssysteme, intensiv fördern. Oie Kompostierung von Grünabfall, das heißt von rein pflanzlichen Abfällen aus Gärten, Parkanlagen, Mähgut und anderem wird in Bayern in großem Umfang durchgeführt. Um die Verwertungsquote noch zu steigern, wird die Bayerische Staatsregierung ihre Anstrengungen zum Ausbau einer flächendeckenden Grünabfallkompostierung noch erhöhen. Bei der Kompostierung sind allerdings gewisse ökonomische Grenzen gesetzt, auch bei dieser sehr viel engeren Auswahl des Abfalls aus dem Müll. Beim weiteren Ausbau der Biomüll- und Grünabfallkompostierung werden künftig deutlich steigende Kornpostmengen anfallen, die, wenn sie nicht selbst vom Bürger und den Kommunen verwertet werden können, vermarktet werden müssen. Der Markt für Bodenverbesserungs- und Düngemittel ist zwar groß, aber letztlich leider auch begrenzt. Die Bayerische Staatsregierung unterstützt deshalb weitere Untersuchungen, die die Einsatzbreite, Vermarktung und Produktpflege von Kompost verbessern helfen. Ein weiterer Gegenstand biologischer Verwertung ist der K 1ärsch1 am m. Rund 40 Prozent werden in Bayern in der Landwirtschaft als Dünger und Bodenverbesserungsmittel verwertet. Oie großen Anstrengungen von Staat und Kommunen auf dem Gebiet der Abwasserreinigung werden in den nächsten fünf Jahren die anfallende Klärschlammenge um rund 13 Prozent anwachsen lassen. Die Abwasser-Milliarde, so schön sie ist, bringt einerseits große Fortschritte in der Abwasserreinigung, schafft andererseits aber auch Abfallprobleme neuer Art. Damit kommt gleich wieder die Frage an mich: Können Sie das alles vermarkten? Ich sage gleich nein. Deshalb wird man, auch wenn jetzt wieder ein paar schreien werden, bei der Vorbehandlung des Klärschlamms bis zur thermischen Verwertung etwas tun müssen. Wir müssen heute eine Reihe von thermischen Abfallanlagen nachrüsten. Das wurde schon vor Monaten im Kabinett besprochen. Das kostet wieder Geld nach Adam Riese. Also wird der Umweltbereich von der Abwasserbeseitigung bis zu Abfallbeseitigung bzw. Abfallwirtschaft immer umfangreicher. Wir müssen das auch unseren Bürgern sagen, weil auf die Dauer diese Allgemeinlast nicht die öffentliche Hand allein in vollem Umfang wird tragen können. (Abg. Tandler: Sie meinen den Staatshaushalt!) - Ich meine den Staatshaushalt, aber der kann es auch nicht allein. Hier sind Zuwachsraten notwendig. Das Umdenken, daß es nicht beliebig so weitergehen kann, ist rechtzeitig offen anzusprechen. Oie Landwirtschaft kann nämlich den Klärschlamm kaum entsprechend dem wachsenden Anfall verwerten, zumal auch viele Landwirte Sorge wegen der Belastung mit Schwermetallen haben. Diese Befürchtung ist jedoch weitestgehend unbegründet, wenn beachtet wird, was ich vorhin gesagt habe. Durch systematische Qualitätskontrollen und umfassende Information kann das Vertrauen der Landwirtschaft in die Qualität der Klärschlämme gefestigt werden. Aber die Verwertungskapazität der Landwirtschaft ist vor allem auch durch die wachsenden Probleme begrenzt, die sie heute schon bei der Verwertung und Entsorgung von Gülle hat. Sie hat das Problem selber am Hals, so daß sie gar nicht diesen Bereich vernachlässigen kann. Da stoßen wir einfach an eine harte Grenze. Der wachsende Anfall an Klärschlamm wird deshalb ökonomisi:h und ökologisch verantwortbar nur da-

43 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3835 (Staatsminister Dick) durch bewältigt werden können, daß die Verbrennungskapazitäten erhöht werden. Wer das genau durchdenkt, wird uns recht geben müssen. Ich bitte das Parlament dringlich, mich dabei zu unterstützen, weil die Verbände oft aus Prinzip gegen die Verbrennung sind und uns die Akzeptanz erschweren. Und am Schluß sind wir oft gar nicht mehr in der Lage, rechtzeitig für das Notwendige zu sorgen. Wir hätten eine Reihe von Zweckverbänden längst seit Jahren unter Dach und Fach, wenn nicht aus verschiedenen Bereicheh heraus - mit wechselnden Farben muß ich fast sagen - die Dinge verhindert worden wären. Es wird später der den Vorwurf kriegen, der nicht rechtzeitig geschaltet hat, weil es dafür bisher auch aus dem Staatshaushalt beachtliche Zuschüsse gegeben hat. Bei früherem Handeln hätte manches auch längerfristig zufriedenstellend geregelt werden können. Es ist nicht die Schuld der Staatsregierung. Ich bin selber oft draußen gewesen, aber was können Sie machen, Herr Dr. Ritzer, sie sehen es in Ihrem eigenen Bereich. (Abg. Dr. Ritzer: Herr Staatssekretär Fischer hat hier einen Freibrief erteilt!) - Ich weiß, daß die Dinge verschieden gelagert sind. Das ist im Einzelfall immer einmal so und einmal so. Ich habe aber sehr offen auf die Schwierigkeiten hingewiesen, und vor allem wegen des Klärschlamms habe ich gebeten, nicht wieder das Geschrei zu beginnen, wenn wir die Verbrennungskapazitäten erhöhen. Herr Dr. Ritzer, Sie tun immer wieder so, als sei Verbrennung ein Werk des Teufels, als seien wir Verbrennungsfetischisten. Wir sind doch keine Pyromanen. Sie waren vorhin nicht da, Sie kriegen die Tabelle. Schauen Sie hin, den Zweckverbänden stehen zu zwei Drittel Ihre Leute von der SPD vor. (Abg. Tandler: Wenn einer zu spät kommt, kann man das nicht immer wiederholen!) - Also, es ist schon gesagt worden, ich bitte das zu beachten. Heute werden rund 20 Prozent des Abfalls in sechs Anlagen thermisch entsorgt. Um den wachsenden Anfall entsorgen zu können, sind weitere Anlagen nötig. Die Planung des Bedarfs an Entsorgungsanlagen bis zum Jahre 2000 wird Gegenstand eines Teilplans Klärschlamm sein, einer landesweiten Konzeption zur Verwertung und Entsorgung von Klärschlamm. Trotz aller Bemühungen um Vermeidung und Verwertung müssen in Bayern jährlich rund vier Millionen Tonnen Hausmüll entsorgt werden. Hierzu leistet die t h e rm i sc h e Ve rwe rt u n g einen entscheidenden Beitrag. Ich spreche aber wieder deutlich an: Man muß endlich einmal anerkennen, daß Vermeiden und Wiederverwertung Vorrang haben. Dann kommt im integrierten System erst der weitere Schritt der thermischen Verwertung. (Beifall bei der CSU) Ich bitte das doch zu beachten. Die 15 bayerischen Anlagen entsorgen rund 50 Prozent des Abfallaufkommens. Wie schaut es andernorts aus? Luxemburg verbrennt 100 Prozent, die Schweiz 77, Schweden 50, Belgien 36 Prozent, die Bundesrepublik 36 Prozent und Bayern 52 Prozent. Die anderen sind auch nicht dümmer oder gescheiter als wir, aber sie wissen genauso wie wir, daß dies ein notwendiger Weg ist. Die thermische Verwertung stellt heute ein ausgereiftes, bewährtes, umweltfreundliches Verfahren der Abfallentsorgung dar. Sie dürfen halt nicht so alte Schinken als Beispiel hinstellen, wie es sie vielleicht vor 30 Jahren in Amerika gegeben hat. Wir haben solche Anlagen nie gehabt, weil wir erst später angefangen haben. Bei der thermischen Verwertung wird das Volumen des Abfalls um 80 bis 90 Prozent reduziert, damit wird wertvoller Deponieraum geschont. Sie schafft die Voraussetzung für eine weitere stoffliche Verwertung; die festen Rückstände - Schrott und Schlacke - werden zu rund 80 Prozent weiterverwertet. Sie nutzt den Energiegehalt der Abfälle und spart wertvolle fossile Energieträger. Alle in Bayern arbeitenden Müllverbrennungsanlagen nutzen die freiwerdende Wärmeenergie. Müll spart zum B!jispiel im Müllheizkraftwerk Schwandorf pro Jahr Tonnen Kohle, in der Müllverbrennungsanlage Nürnberg Tonnen Heizöl. In München werden zehn Prozent des Strombedarfs und 20 Prozent des Fernwärmebedarfs durch die Müllverbrennung gedeckt. Das sind doch keine Kinkerlitzchen! Man sollte einmal die Fakten anerkennen und die positiven Dinge mit einbeziehen. (Beifall bei der CSU) Thermische Verwertung ist schließlich ein überaus flexibles System, das den neuesten Stand der Technik immer rasch einsetzen und ein Höchstmaß an Entsorgungssicherheit gewährleisten kann. Vor allem erweist sich die Müllverbrennung als ein sehr umweltverträgliches System. Im letzten Jahrzehnt wurden Verfahren zur Abluftreinigung entwickelt, die eine vor wenigen Jahren noch nicht vorstellbare Emissionsminderung ermöglicht haben und die drastisch verschärf1en Grenzwerte der TA Luft von 1986 sogar noch unterbieten. Die neue Anlage in Coburg wird geringere Emissionen an Schwefeldioxid- und Stickstoffverbindungen aufweisen als Hausfeuerungsanlagen mit Heizöl. Das muß doch jedem zu denken geben, daß eine Anlage, die thermisch arbeitet und mit Hausmüll als Energieträger beschickt wird, von der Umweltseite her besser arbeitet, weil sie heute technisch besser ausgestattet werden kann als eine Hausverbrennungsanlage mit Heizöl. Auch sind Altanlagen entsprechend nachrüstbar; derzeit werden Anlage_n der ersten Generation mit hochwertigen Rauchgas-Reinigungsaggregaten nachgerüstet. Von den festen Rückständen aus der thermischen Verwertung gehen keine Umweltbelastungen aus, entge.qen anderslautenden Behauptungen. Bund und Länder sind sich einig, daß Verbrennungssehlacken weiterverarbeitet und Filterstäube aus Hausmüllverbrennungsanlagen in Hausmülldeponien eingebracht werden können. Das war auch die Meinung meines Kollegen aus Nordrhein-Westfalen, der übrigens die meisten Verbrennungsanlagen hat. Heute schreit alles

44 3836 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Staatsminister Dick) gleich nach Sondermüllanlagen. Es wäre strenggenommen möglich, die genannten Filterstäube in normalen Hausmüttanlagen zu deponieren. Stoff 1 i c h e u n d t h e r m i s c h e Verwertung haben im abfallwirtschaftlichen Zielsystem den gleichen Rang. Sie sind keine Konkurrenten, sondern Partner. Wenn die SPD-Interpellation die Sorge ä4ßert. der Bau von Anlagen der thermischen Verwertung könnte die Bemühungen um Vermeidung und stoffliche Verwertung konterkarieren, dann kann man die SPD nur an ihre eigenen kommunalpolitischen Erfahrungen etwa in München und Nürnberg erinnern. Diese Städte besitzen fortgeschrittene integrierte Entsorgungssysteme, die alle Stufen von der stofflichen, biologischen bis zur thermischen Verwertung umfassen und bei denen die Müllverbrennung eine wichtige Stütze des Gesamtsystems darstellt. Al:e bisherigen Erfahrungen zeigen, daß die schwierigen und risikoreichen Bemühungen um stoffliche und biologische Verwertung erst dort in Angriff genommen werden können, wo eine thermische Verwertung eine hohe Entsorgungssicherheit gewährleistet. Sonst können Sie das andere gar nicht machen. Stoffliche und thermische Verwertung schließen sich deshalb nicht aus. sondern ergänzen und fördern einander im Rahmen eines mehrstufigen integrierten Entsorgungssystems. Konkurrenten sind nicht stoffliche Verwertung und thermische Verwertung, sondern t h e r m i s c h e V e r w e r t u n g u n d D e p o n i e. Thermische Verwertung und Deponie entsorgen in Bayern jeweils zur Hälfte jene vier Millionen Tonnen Hausmüll, die trotz aller Bemühungen um Vermeidung und stoffliche und biologische Verwertung einfach anfallen. Von diesen beiden Alternativen ist die thermische Verwertung eindeutig das überlegene System. Schon vor 18 Jahren wurde darauf gedrängt, daß wir endlich von Deponien - seinerzeit wilden Deponien - wegkommen, weil sie aus damaliger Sicht und auch zurückblickend betrachtet Zeitbomben für die Zukunft waren. Ich denke zum Beispiel an das Grundwasser. (Zustimmung von der CSU - Abg. Spitzner: Die Deponien von gestern sind die Altlasten von heute!) Stichwort Altlasten! Warum sind wir in Bayern besser dran? Weil wir rechtzeitig rl)it dem Unfug dieser Deponien aufgehört haben. Auch das muß man rückblikkend doch einmal sehen. Allerdings sind die heutigen Deponien unter den strengeren Auflagen sicher zu betreiben. Das muß dazugesagt werden. Eine D e p o h i e r u n g von Abfall ohne Vorbehandlung stellt keine zeitgemäße Form der Abfallentsorgung dar, auch wenn derzeit auf sie leider noch nicht verzichtet werden kann. Der Widerstand von manchen Verbandsvertretern und von Bürgerinitiativen gegen die thermische Verwertung geht deshalb völlig fehl. Sie schneiden sich ins eigene Fleisch. Ich frage nur: Wollen Sie den Müll auf Hängematten entsorgen? Das kann man ja bald nicht mehr hören. Ich kann mich noch an die Sendung Bürgerforum" im Starnberger Bereich entsinnen. Alle Fachleute sind sich einig. Aber da werden einige von wenigen einfach immer hochgetrieben, damit das verhindert wird, was der Bürger mit Recht heute dringlich fordern muß, und man verschläft Lösungen, was sich dann langfristig zum Schaden der Bürger negativ auswirken wird. (Zustimmung von der CSU) Ich wiederhole deshalb: Der Widerstand mancher Verbandsvertreter - ich meine, es ist eindeutig, wer gemeint ist - und von Bürgerinitiativen gegen die thermische Verwertung geht fehl. Die thermische Verwertung ist ökologisch verantwortbar und um der Entsorgungssicherheit willen geboten. Es ist sicher leicht, gegen etwas zu sein und diejenigen dauernd ins Kreuz zu treten, die unter erschwerten Bedingungen den Kopf hinhalten müssen, weil sie heute kaum noch eine Anlage durchbringen. Wie es bundesweit weitergehen soll, ist selbst bei Gesprächen auf der Umweltministerkonferenz allen fast schon ein Rätsel geworden. Ich warne davor, daß diese Entwicklungen noch verstärkt weitergetrieben werden. Es ist die Pflicht derer, die gewählt sind, die auf Zeit g~wählt sind, auch einmal deutlich zu sagen, was notwenig und was möglich ist. Das ist schlicht und einfach unsere Aufgabe. Die Deponierung hat ihre ursprünglichen Vorteile mittlerweile eingebüßt. Das wollte ich damit sagen. Der begrenzte Deponieraum wird immer kostbarer. Struktur- und Stoffänderungen im Hausmüll machen immer aufwendigere Maßnahmen des Umweltschutzes bei Deponieeinrichtung und -betrieb erforderlich, von der Untergrundabdichtung bis zu aktiven Entgasung. Auch der ursprüngliche Kostenvorteil einer unbehandelten Deponierung dürlte verloren gehen; zu den wachsenden Investitionskosten treten erhebliche Instandhaltungskosten von jährlich drei bis vier Prozent und Personalkosten von vier bis fünf Prozent der Investitionskosten. Wollte man sich dennoch für das veraltete System der Deponierung entscheiden, würden die Probleme nicht kleiner, sondern größer. Derzeit müssen pro Jahr rund drei Millionen Kubikmeter Müll in Bayern deponiert werden. Das heute zur Verfügung stehende Deponievolumen beträgt rund. 14 Millionen Kubikmeter. Ohne neue Verbrennungsanlagen wären somit die vorhandenen Deponiekapazitäten spätestens in vier bis rund fünf Jahren verbraucht. Von da ab müßten Jahr für Jahr vier bis fünf Deponien durchschnittlicher Größe neu gebaut. werden; pro Jahr also vierbis fünfmal die Deponie Greiling in Bad Tölz. Dazu kann ich nur sagen: Mahlzeit, wenn das nicht zu verhindern ist, indem man rechtzeitig den Mut hat, auch maschinelle Anlagen zu erstellen. Dies kann wohl nicht das Ziel einer verantwortungsvollen Abfallpolitik sein. Die Bayerische Staatsregierung strebt deshalb an

45 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3837 (Staatsminister Dick) - alle Möglichkeiten der Vermeidung und stofflichen bzw. biologischen Verwertung auszuschöpfen, und zwar bis an die Grenzen des Möglichen, - den dennoch anfallenden Abfall in wachsendem Umfang thermisch zu verwerten und die unbehandelte Deponierung dafür schrittweise abzubauen, - Deponien künftig im wesentlichen nur noch als Reststoff- und Ausfalldeponien zu nutzen. Deponien sind auch künftig unverzichtbare Bestandteile eines integrierten Entsorgungssystems. Sie sind notwendig, um unverwertbare Reststoffe aus der stofflichen und thermischen Verwertung zu entsorgen und die vielmals schon erwähnte Entsorgungssicherheit für Übergangs- und Ausfallzeiten zu gewährleisten. Dafür ist ausreichend bemessener Deponieraum vorzuhalten und durch modernste Deponietechnik der Schutz der Umwelt zu sichern, damit, ich muß das noch einmal sagen, die Deponien nicht zu Zeitbomben der Zukunft werden. Die Aufgabe aber, unbehandelten Hausmüll zu entsorgen, also den Müll, der übrig bleibt, sollte künftig soweit wie möglich die thermische Verwertung wahrnehmen. Mit Inbetriebnahme der Anlage Coburg werden in Bayern 16 thermische Verwertungsanlagen 1ür 46 entsorgungspflichtige Gebietskörperschaften zur Verfügung stehen. Weitere sechs Anlagen sind in Planung, die voraussichtlich 21 Gebietskörperschaften zusätzlich entsorgen werden. Für die dann verbleibenden 29 Landkreise und Städte sieht der Entwurf für die Fortschreibung des Hausmüllplans noch neun thermische Verwertungsanlagen vor. Die thermische Verwertung würde dann landesweit und flächendeckend die Entsorgung der stofflich und biologisch nicht verwertbaren Abfälle übernehmen. Die Kapazität der Verwertungsanlagen muß dabei an dem Ziel ausgerichtet sein, alle anfallenden Abfälle auch dann sicher zu entsorgen, wenn die stoffliche und biologische Verwertung mit Absatzproblemen zu kämpfen hat. Verantwortungsvolle Abfallpolitik zieht deshalb vor. bei günstiger Entwicklung über Reservekapazitäten zu verfügen, als bei ungünstiger Entwicklung vor dem Abfallnotstand zu stehen, wo den Leuten der Müll vor der Haustüre liegen bleibt. Bei der Fortentwicklung der thermischen Verwertung sind wir offen für neue Technologien wie Pyrolyse - wir haben ja auch ein Pilotprojekt zu 100 Prozent gefördert; nur hat es nicht so funktioniert, wie man gedacht hat - oder Wirbelschichtverbrennung, die seit Jahren mit erheblichen staatlichen Mitteln gefördert werden. Sie haben sich allerdings noch im Betrieb zu bewähren und kommen nur alternativ für kleine Entsorgungsbereiche in Frage, für die die Entsorgungssicherheit gewährleistet sein muß. Bei der Neuordnung der~bfallwirtschaft ist die F i - n a n z i e r u n g eine der schwierigsten Fragen. Schon bisher waren die abfallwirtschaftlichen Anstrengungen Bayerns mit erheblichen Kosten verbunden: Die beseitigungspflichtigen Körperschaften haben seit Anfang der 70er Jahre über 2,5 Milliarden DM in die Abfallwirtschaft investiert; der Freistaat Bayern hat dazu über eine Milliarde DM an Fördermitteln gewährt. Welchen Stellenwert die Staatsregierung der Neuordnung der Abfallwirtschaft seit Jahren beimißt, zeigt die Steigerungsrate des entsprechenden Haushaltsansatzes; er stieg seit dem Bestehen des Umweltministeriums um das 250fache auf 100 Millionen DM im Jahre Anstrengungen mindestens gleicher Dimension müssen jedoch auch in der Zukunft unternommen werden. Die beseitigungspflichtigen Körperschaften rechnen mit abfallwirtschaftlichen Investitionen in Höhe von 3,9 Milliarden DM in den nächsten Jahren. Die Staatsregierung teilt die Auffassung des Landkreisverbandes, daß in den nächsten vier Jahren allein für Anlagen der thermischen Verwertung Investitionen in einer Größenordnung von rund zwei Milliarden DM anstehen. Hier zeigt sich die unglaublich verantwortungsvolle Aufgabe, sich Gedanken darüber zu machen, wie dieses Problem in Zukunft überhaupt bewältigt werden soll. Dies birgt für alle Beteiligten eine gigantische Herausforderung. Für den Staat beispielsweise würde sich der voraussichtliche Finanzierungsbedarf - bei Anwendung der derzeit üblichen Förderung - auf zirka 1,8 Milliarden DM belaufen. Die Abfallwirtschaft beginnt damit Dimensionen wie die der Abwasserwirtschaft zu erreichen, für die der bayerische Staat in diesem Jahr 600 Millionen DM aufwendet, also das Sechsfache dessen, was für die Altstoffbeseitigung aufgewendet wird. Die Bereiche A b f a 11 u n d A b was s e r müssen auch deshalb miteinander verglichen werden damit man die Wichtigkeit der Aufgabe sieht. In der Abwasserentsorgung z.b. haben seit den frühen 50er Jahren die bayerischen Kommunen mit staatlicher Hilfe über 13 Milliarden DM in den Bau von Abwasseranlagen investiert. Der Staat hat dafür allein fünf Milliarden an Zuschüssen gezahlt. Die Zahl der Kläranlagen ist in dieser Zeit von 20 auf fast 3000 gestiegen. Hier sehen Sie eine unglaubliche Leistung der bayerischen Steuerzahler. Im Rahmen der umweltpolitischen Beschlüsse dieses Hohen Hauses vom April 1984 wurden die Fördermittel für Abwasseranlagen auf jährlich 500 Millionen DM aufgestockt. Das waren damals zirka 150 Millionen DM mehr. Im Jahre 1988 sind im Haushalt insgesamt 600 Millionen DM vorgesehen. Diese Mittel werden zur Verbesserung der Förderung und angesichts der vielen angemeldeten Vorhaben dringend benötigt. Ich habe das jetzt einmal parallel geschaltet, damit Sie sehen, wie sich die Relation Abfall/ Abwasser darstellt. hier müssen wir auch einmal sehen, daß die Abfallbeseitigung heute in einem Ausmaß ansteht, wie es nach dem Kriege natürlich nicht gleich der Fall war. Diese Finanzierungsprobleme können nur in gemeinsamer Anstrengung gelöst werden. Würde den kommunalen Gebietskörperschaften die gewaltige Investitionssumme von 3,9 Milliarden DM allein aufgebürdet, bestünde die Gefahr, daß sich die Kommunen zur Abwehr drohender Entsorgungsengpässe auf das

46 3838 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Staatsminister Dick) kurzfristig Nötigste beschränken müßten, ohne Kapazität für das langfristig Sinnvollste zu haben. Auch der Bürger wird über die steigenden M ü 11 g e - b ü h r e n seinen Teil mit dazu beitragen müssen. Auch das will ich ganz offen ansprechen. Es ist ja der Gebührenhaushalt, der in den Kommunen eine Rolle spielt. Das Verursacherprinzip gilt überall. Der Konsument als der eigentliche Abfallproduzent wird die von ihm mitverursachten Kosten auch mittragen müssen. Es wird Zeit, daß man das einmal sehr offen anspricht. Höhere Gebühren können auch ein wirksamer Anreiz zur Abfallvermeidung sowie zur stofflichen und biologischen Verwertung sein. überzogene Gebührenerhöhungen bergen allerdings die Gefahr, daß sie die ohnehin mangelhafte Akzeptanz für Ziele und Maßnahmen der Abfallwirtschaft bei den Bürgern nicht steigern, sondern mindern. Auch der S t a a t wird deshalb wie schon bisher einen erheblichen Teil der Finanzlast durch die Bereitstellung von Fördermitteln tragen müssen. Die Bayerische Staatsregierung ist sich der anstehenden Probleme sehr wohl bewußt: Bei einem Beibehalten des bisherigen Haushaltsansatzes müßten die Fördersätze erheblich gesenkt, bei einem Beibehalten der Förderquoten der Haushaltsansatz erheblich erhöht werden. Ich spreche einmal diese Parallele an, damit man den Denkprozeß hier beginnt. Es wird überaus schwierig werden, in den kommenden Haushalten einen tragbaren Kompromiß zwischen dem finanziell Möglichen und dem sachlich Notwendigen zu finden. Die Bayerische Staatsregierung ist bereit, diesen schwierigen Kompromiß zu erarbeiten. Hier schlägt natürlich, wenn ich das so offen ansprechen darf, durch, daß ich einmal im Haushaltsausschuß war. In diesen Fragen wird Politik nämlich nur mit dem Geldbeutel gemacht. Alle frommen Sprüche nützen nichts. (Beifall bei der CSU) In diesem Problembereich ist der Geldbeutel des Staates und der Kommunen, aber auch der der Produzenten des Mülls in Anspruch zu.nehmen. Die Staatsregierung wird dabei das intensive Gespräch mit all~n Beteiligten, mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem Parlament suchen. Die politisch Verantwortlichen in Staat und Kommunen stehen heute vor einem zwiespältigen Phänomen. Die Abfallflut steigt weiter, hingegen sinkt die Akzeptanz von Abfallentsorgungseinrichtungen gleich welcher Art. Die Wegwertmentalität ist ungebrochen, die belastenden Folgen des eigenen Handelns aber werden verdrängt. Eine befriedigende Lösung wird dadurch doppelt schwer, denn Fortschritte in der Abfallwirtschaft brauchen mehr als nur grundsätzliche Akzeptanz; sie brauchen die Bereitschaft eines jeden einzelnen, seinen persönlichen Beitrag zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu leisten. Oie Neuordnung der Abfallwirtschaft braucht die Hilfe eines jeden einzelnen B ü r g e r s. Ich bin überzeugt, daß die Bürger auch dazu bereit sind, wenn das Parlament und die Gesamtheit den Mut haben, offen die Probleme auf den Tisch zu bringen und anzusprechen, wenn ihnen die Probleme und Lösungsmöglichkeiten offen und ehrlich geschildert werden. Dies verlangt eine intensive öffentliche Diskussion und Information, wie sie beispielsweise diese Interpellationen dankenswerterweise ermöglichen. Die Bayerische Staatsregierung wird weiterhin um eine möglichst umfangreiche und rückhaltlose A u f - k 1 ä r u n g s a r bei t bemüht sein. Ich appelliere auch an alle gesellschaftlichen Kräfte, bei der Bewußtseinsbildung und nötigen Änderung von Verhaltensweisen mitzuwirken und nicht - wie leider in der Praxis oft feststellbar - negativen Einfluß auszuüben und die notwendigen Maßnahmen staatlicher Stellen zu erschweren. Zugleich muß auch die Bereitschaft zu S o 1 i d a r i - t ä t wachsen. Der Wohlstand, den die moderne Industriegesellschaft geschaffen hat,, kommt den allermeisten Mitbürgern doch zugute. Darum ist es recht und billig, daß auch die Lasten der industriellen Entwicklung solidarisch von allen getragen werden. Man kann nicht die Vorteile in Anspruch nehmen, bei den Lasten aber aussteigen. Das möchte ich hier einmal ganz klar sagen. (Beifall bei der CSU) Vor allem aber sollte man nicht nur die Lasten dieser Aufgabe, sondern auch die Chancen sehen, die sie eröffnet. Die Neuordnung der Abfallwirtschaft hilft mit, die Zukunft der Industriegesellschaft zu sichern. Die Natur kennt keinen Abfall; sie praktiziert ein perfektes Kreislaufsystem. Menschliche Technik und Ökonomie werden diese Fähigkeit der natürlichen Ökosysteme nie erreichen. Aber sie müssen sich den Gesetzen des Recyclingsystems Natur weitestmöglich anpassen, denn sie sind selbst Teil dieses Systems. Mit dem Anwachsen des Abfallberges wächst auch die Notwendigkeit, die ökologischen Kreislaufprozesse ökonomisch nachzuahmen. Dies birgt nicht nur Lasten und Risiken, sondern auch die große Chance einer umgreifenden wissenschaftlich-technischen Innovation, die sich die Fertigkeiten der ökologischen Systeme zum Vorbild nimmt; eine Produktion mit dem Ziel, mehr aus weniger" zu schaffen; eine Gesellschaft, die dem Entsorgen die gleiche Aufmerksamkeit widmet wie dem Besorgen. Hier öffnen sich neue, weite, faszinierende und lohnende Felder für den wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Fortschritt, für Eigeninitiative und Verantwortungsbereitschaft, für Forschergeist und unternehmerische Einsatzfreude, aber auch für Regierung und Parlament. Diese Entwicklung zu unterstützen und voranzutrel-. ben ist Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Ich bin überzeugt, daß die Interpellationen der Fraktionen von CSU und SPD hierzu mit Sicherheit einen wertvollen Beitrag leisten werden. Ich bedanke mich bei Ihnen. Ich darf für meine Person feststellen, daß ich nicht länger gesprochen habe als der erste Begründer, der Kollege Dr. Ritzer, für die SPD. Mehr war von mir nicht zu verlangen, wenn

47 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3839 (Staatsminister Dick) ich 184 Seiten der Beantwortung auf einen zeitlich kürzeren Nenner bringen wollte. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der CSU) Erster Vizepräsident Mösleln: Vielen Dank, Herr Staatsminister, für die Beantwortung. Ich unterbreche jetzt die Sitzung zu einer Mittagspause bis Uhr. Die Aussprache zu den Interpellationen wird um Uhr eröffnet. Ich wünsche guten Appetit. (Unterbrechung der Sitzung von 13 Uhr 07 Minuten bis 14 Uhr 17 Minuten) Erster Vizepräsident Mösleln: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sitzung wird wiederaufgenommen. Wir treten in die A u s s p r a c h e über die Interpellationen ein. Dazu rufe ich auch die einschlägigen Punkte 74 und 75 der Tagesordnung auf: Antrag der Abgeordneten Hlersemann, Heinrich, Lelchtle und anderer und Fraktion betreffend Sanierung der Hausmülldeponie Gallenbach (Drucksache 11/5194) und Antrag der Abgeordneten Fendt, Christian Knauer, Hölzl und anderer betreffend Erweiterung der Hausmülldeponie Gallenbach (Drucksache 11/5211) Die Beschlußempfehlungen der Ausschüsse zu beiden Anträgen wurden einstimmig bzw. ohne Gegenstimme gefaßt. Damit entfällt die Berichterstattung. Mit dem Antrag auf Drucksache 11/5194 soll die Staatsregierung aufgefordert werden zu berichten, welche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sanierung der Deponie Gallenbach getroffen worden sind. Mit dem Antrag auf Drucksache 11 /5211 soll die Sta{ltsregierung gebeten werden, auf die angeschlossenen Landkreise einzuwirken, eine eigene Alternative zum Standort Gallenbach als Zwischenlösung bis zur Inbetriebnahme der geplanten thermischen Verwertungsanlage Augsburg anzustreben. Für die Aussprache hat der Ältestenrat eine Redezeitbegrenzung auf drei Stunden festgelegt. Auf die Fraktion der CSU entfallen eine Stunde 26 Minuten, auf die Fraktion der SPD 57 Minuten und auf die Fraktion DIE GRÜNEN 37 Minuten. Als erstem Redner erteile ich dem Herrn Abgeordneten Heinrich das Wort. Herr Kollege, Sie haben das Wort! Heinrich (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion wird sich zu den aufgerufenen Anträgen nicht äußern, da diese von den Ausschüssen einstimmig verabschiedet wurden. Soweit mir bekannt ist, besteht Einverständnis zwischen CSU, GRÜNEN und SPD, die Anträge auch ohne Aussprache zu beschließen. Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich Herrn Staatsminister Dick ein paar Streicheleinheiten geben, nachdem er sie seitens der Opposition vermißt hat. (Abg. Dr. Kestel: Aber bitte sanft!) Ich.glaube aber, Herr Staatsminister, daß Kollege Dr. Ritzer keineswegs grob mit Ihnen umgesprungen ist. Es liegt in der Natur der Sache, daß man in einem so komplexen Gebiet wie Abfallbeseitigung, Abfallverwertung oder Abfallwirtschaft unterschiedlicher Meinung sein kann. Man muß sagen: Ihr Haus hat die Fragen sehr u m - f an g r e i c h b e an t wo r t e t, so daß künftig zumindest im Ausschuß viele Detailfragen nicht mehr aufgerufen werden müssen, sondern die Antwort der Staatsregierung als Basis zukünftiger Diskussionen für dieses Haus und insbesondere für den Umweltausschuß angesehen werden kann. Herzlichen Dank für diese umfangreiche Dokumentation! Nun zu einem Problem, das Sie immer wieder vorbringen. Sie sagen, die SPD würde die t her mische V e r w e r t u n g von Abfällen ideologisch bekämpfen. Das ist nicht der Fall, sondern wir glauben, hier müßte die Priorität genauer gesetzt werden. Wenn man die Antwort der Staatsregierung genau liest, dann sieht man, daß auch die Saatsregierung zwischenzeitlich Prioritäten setzt. Wir glauben, daß die thermische Behandlung von Restmüll nicht in Konkurrenz zur stofflichen treten kann und treten darf, sondern daß die thermische Verwertung - dies haben Sie, Herr Staatsminister ausgeführt; in der Unterlage steht es nicht. so genau - eigentlich in Konkurrenz zur stofflichen Deponie oder zur Restmülldeponie treten sollte. Damit sind wir einverstanden. Jetzt aber kommt unsere Anmerkung. Wenn man bedenkt, daß die stoffliche Verwertung bei allen Anstrengungen immerhin noch einen Restmüll" - dieses Wort ist falsch gewählt; aber wir alle sagen Restmüll" - von 70 oder zumindest 60 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in den Haushalten hinterläßt, dann müssen wir auch sagen: Dies ist noch nicht das Ende; damit müssen und können wir uns nicht zufriedengeben, sondern hier müssen die Probleme weiter erforscht und damit die Probleme auch gelöst werden. Zu den GRÜNEN möchte ich deutlich sagen: Die SPD ist nicht der Meinung, daß man mit Deponien alles leisten kann. (Zuruf des Abg. Dr. Kestel) - Ja gut, aber draußen ist - nicht von Ihnen - immer wieder gesagt worden, daß alles mit Deponien zu leisten sei. Die Deponie bringt nämlich ähnliche Umweltgefahren oder mögliche Umweltgefahren wie die Verbrennung selbst. Denn das Sickerwasser muß behandelt werden; entweder wird es eingedampft oder

48 3840 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Heinrich_ {SPD]) verdünnt und einem Vorfluter oder einer leistungsfähigen kommunalen Kläranlage zugeleitet. Die Auswirkungen des Deponiegases kennen wir nicht. Mancherorts wird behauptet, daß Deponiegas Allergien und andere Krankheiten zur Folge haben könnte. Das heißt: Die Verbrennung kann ähnliche Umweltbelastungen wie die Deponie bringen. Bei der Verbrennung ist aber wahrscheinlich die technologische Kontrolle der Umweltbelastungen besser in den Griff zu bekommen. Auch die Ingenieure und Techniker sind bei der Verbrennung weiter vorn, als das bei der Deponietechnik der Fall ist. Herr Minister Dick, lassen Sie mich aber noch zu einem Punkt etwas sagen! Sie haben von der A b - f a 11 vermeid u n g gesprochen. Da möchte ich bitten, weil in Ihren Ausführungen weder schriftlich noch mündlich darauf eingegangen wurde, einen Gefahrpunkt zur Kenntnis zu nehmen. Abfallvermeidung kann teilweise auch die Gefahr in sich bergen, daß Etikettenschwindel gemacht wird. Ich denke nur daran, daß es üblich ist oder üblich sein kann, daß man Abfall so weit verdünnt, bis er mit Abwasser beseitigt wird. Ich denke daran, daß Abfall teilweise auch ohne Vorbehandlung in Verbrennungsanlagen verbrannt wird. Das geht hin bis zu den Kleinfeuerungsanlagen - sprich: offener Kamin. Ich denke auch an die frühere Problematik - sie ist heute nicht mehr so groß -, daß man Altöl - vielleicht aus Unkenntnis - in Betrieben verbrannt hat, obwohl es mit PCB verschmutzt war. Ich denke auch an das bewußte Hinwegschieben von Abfall in die Kategorie Wirtschaftsgut", obwohl es kein echtes Wirtschaftsgut ist. Ich erwähne den berühmten Pinkelstein oder Toilettenstein mit Paradichlorbenzol, das man eigentlich über Sondenmüll beseitigen müßte, das aber hier zum Wirtschaftsgut wird, obwohl es für den Bürger, der es kauft, keinen Sinn hat. Herr Staatsminister, ich muß auch sagen, daß Abfallvermeidung manchmal b ü r o k rat i s c h e H e m m n i s s e hat; auch darüber sollten Sie etwas mehr sagen. Ich darf Ihnen dazu nur drei Beispiele bringen. Vor kurzer Zeit war in der Presse zu lesen, daß Kaffeefilter, die sauerstoffgebleicht sind, nicht den DIN Normen entsprechen und deshalb nicht auf den Markt kommen dürfen; es müssen weiterhin chlorgebleichte Kaffeefilter auf den Markt gebracht werden. Hier müssen solche bürokratischen Hemmnisse, die vielleicht irgendein Marktführer mit Hi~e der Politik geschaffen hat, um sich selbst von anderen abzugrenzen, fallen. Denken Sie auch an das Regranulat bei Plastik! Wir kennen Leute, die Regranulat herstellen. Einer der großen Entsorger ist Rethmann in Norddeutschland. Er bringt es nur in der Autoindustrie nicht unter, weil die DIN-Normen für Rückspiegel, Autostoßstangen usw. nicht geändert worden sind und die.autoindustrie deshalb immer jungfräuliches Granulat besorgt und verwendet. Ich möchte auch die Milchzapfstelle, die Sie genannt haben, ansprechen. Ich habe in Augsburg bei Metzger- und Bäckermeistern nachgefragt, und diese sagen: Wir haben sie einmal eingerichtet; aber die Stadt hat sie uns nicht erlaubt, weil unsere Bedienung nicht den Nachweis erbracht hat, daß sie mit offener Milch umgehen darf. Diese bürokratischen Hemmnisse sollte man einmal auflisten und durchsehen. Es ist nicht gut, wenn der Bürger und die Industrie willig sind, Abfall zu vermeiden, dies aber durch irgendwelche in früheren Jahren beschlossenen DIN-Normen verhindert wird. Ich darf vielleicht noch eine Anmerkung zum Herrn Kollegen Huber machen und dann zu den drei Punkten kommen, zu denen ich sprechen will. Der Herr Kollege Huber hat in seiner Begründung der Interpellation der CSU gesagt, daß in den nächsten Jahren die Mittel des Staatshaushalts verhältnismäßig stark in anderen Ressorts und in anderen staatlichen Aufgaben gebunden sind. Er hat auch davon gesprochen, daß man vielleicht einmal nachdenken sollte, ob eine P r i v a t i s i e r u n g d e r A b f a 11 b e s e i t i - g u n g oder irgendeine andere Form möglich wäre, daß man privates Kapital beschafft und damit die Kapitalstellung der öffentlichen Hand und des Staates entlastet. In dem Bereich, aus dem ich komme, habe ich eigentlich nur schlechte Beispiele mitbekommen, wenn ausschließlich ein Privater mit der Abfallbeseitigung beauftragt worden ist. So gut das möglich ist und so gut Privatisierungstendenzen in Ihren Reihen manchmal vielleicht klingen, glaube ich doch, daß bei der Abfallbeseitigung der Kommunalpolitiker und damit auch der Bürger, der die Kommunalpolitiker alle sechs Jahre wählt, die Kontrolle nicht aus der Hand geben sollte. Sonst würde, glaube ich, eine ideologische Sicht zu Lasten einer demokratischen Kontrolle der Abfallbeseitigung gehen, die sich fortentwickelt und die nur mit dem Einverständnis des Bürgers durchgeführt werden kann. Damit bin ich bei dem ersten Punkt. Herr Staatsminister, Sie haben bei dem F i n a n z v o 1 u m e n ein bißchen verschämt von 2,5 Milliarden DM gesprochen; der Landkreisverband habe das gesagt. Es stehen auch andere Zahlen im Raum. Die Zahl ist 3,5 Milliarden DM; aber ich will jetzt um eine Milliarde DM hin oder her nicht streiten. Schon die 2,5 Milliarden DM machen ein sehr großes Volumen aus. Herr Staatsminister, ich muß sagen, hier hätten wir gerne bei der Beantwortung beider Interpellationen sehr deutlich gewußt, wie die Finanzierungsvorschläge seitens Ihres Hauses, insbesondere in den kommenden beiden Doppelhaushalten, nämlich bis zum Jahre 1993, aussehen, auf die ja auch die Beantwortung der Interpellationen abhebt. Aber ich darf einmal aus Ihrer Unt,lage zitieren: In den Jahren 1989 bis 1993 wird das Investitionsvolumen für abfallwirtschaftlic,w Maßnahmen, die zur Förderung heranstehen, gll!'!enüber dem jetzi-

49 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3841 (Heinrich [SPD]) gen Stand erheblich ansteigen. Es wird daher notwendig sein zu prüfen, ob die Fördersätze stärker differenziert angewendet werden müssen. In welchem Umfang die gegenwärtige Förderung aufrechterhalten werden kann, muß den künftigen Haushalten vorbehalten werden. Sie schreiben dann auf der nächsten Seite: In diesem Zusammenhang ist auf den Beschluß der CSU-Fraktion auf der Arbeitstagung in Banz am 15. bis 18. September 87 zu verweisen. In diesem Beschluß hat die CSU-Fraktion die Staatsregierung ersucht, die Träger der Abfallentsorgung auch künftig durch angemessene Förderung zu unterstützen. Meine Damen und Herren! Was bedeutet diese Passage in der Antwort der Staatsregierung? Sie bedeutet klipp und klar, daß diejenigen, die abfallbeseitigungspflichtig sind, die Kommunen, die Gebietskörperschaften und die daraus gebildeten Zweckverbände, in absehbarer Zeit - das lese ich heraus; vielleicht können Sie mir das in Ihrer Antwort widerlegen - nicht mehr mit der Förderung zu rechnen haben, die der Freistaat Bayern bisher den Kommunen, Zweckverbänden und Gebietskörperschaften dankenswerterweise angeboten hat. In dem Beschluß der CSU heißt es: durch angemessene Förderung". Sie hätten schreiben müssen: in gleicher Weise". Aber es heißt: durch angemessene Förderung". Man rückt also allmählich und systematisch von einer - ich sage es einmal salopp - Regelförderung von 50 Prozent und 30 Prozent zinsverbilligtem Darlehen, über den Daumen gepeilt, ab. Dadurch kommt man natürlich an einen Punkt, an dem man fragen muß: Was bedeutet das für die Kommunen draußen? Das kann bedeuten, daß es zu einem erheblichen. Antragsstau kommt, so daß wir Dinge vor uns herschieben werden. Sie werden sagen: Wenn wir die 50 Prozent beibehalten, die Mittel aber nicht nachhaltig erhöht werden, müssen die Maßnahmen, die später zur Förderung eingegeben werden, auf spätere Jahre vertröstet werden. Das bedeutet, daß diejenigen, die sich Mühe machen, unserem Willen der Abfallverwertung entgegenzukommen - es handelt sich dabei ja nicht um die Schwerhörigen, sondern um solche, die in der Abfallwirtschaft etwas tun wollen -, mit hohen Zwischenfinanzierungskosten belastet werden. Das bedeutet weiterhin, daß die Kommunen, da die Finanzreform nicht für, sondern gegen die Kommunen läuft, Abstriche an ihren Abfallverwertungskonzepten machen werden. Dabei werden in erster Linie die ökologischen Belange dem Rotstift zum Opfer fallen. Wenn Sie aber mit dem Geld - Sie haben ja nicht angekündigt, wieviel Sie beantragen werden - nicht zurechtkommen, kann es auch bedeuten, daß die Fördersätze kleiner und niedriger werden, so daß das gleiche Syndrom eintritt, nämlich daß die Kommunen sagen werden: Wenn wir schon nur noch 30 Prozent oder, was weiß ich wieviel, bekommen, werden wir die kostenaufwendigen Beiwerke, die uns mehr Ökologie bringen, streichen und auf der breiten Autobahn der totalen Verbrennung fahren, weil dies eine Sache ist, die wir möglichst günstig hinstellen können und die uns vom Freistaat Bayern auch bezuschußt wird. Deshalb, Herr Staatsminister, habe ich in diesem Zusammenhang zwei Fragen. Ich bitte Sie, sie anschließend zu beantworten. Ist die Beantwortung dieser Interpellationen und vor allem diese Passage auch im Kabinett besprochen worden oder zumindest mit dem Finanzminister abgestimmt worden? Oder gibt es hier keine Abstimmung? Dann ist es nur eine Vermutung von Ihnen, daß in Zukunft weniger Geld kommen wird. Wenn es abgestimmt ist, ist es anscheinend Wille des Finanzministeriums, Ihnen hier den Hahn zuzudrehen. Ich kündige Ihnen heute schon an, daß diespd-fraktion den Weg, daß dieser Haushaltstitel weiterhin verringert wird oder gleich bleibt, nicht mitgehen wird. Wir sind der Meinung, daß er nicht nur jetzt wie im Nachtragshaushalt aufgestockt wird, sondern daß er, wenn man den Finanzbedarf betrachtet, verdoppelt wird; wir werden das beim nächsten und übernächsten Doppelhaushalt beantragen. Anders kommen wir mit den Kosten nicht hin. (Beifall bei der SPD) Denken Sie nur daran, daß allein die beiden Anlagen, die in München und Augsburg gebaut werden, über den Daumen gepeilt 800 Millionen DM kosten! Bei einem Fördersatz von 50 Prozent sind es 400 Millionen DM. Wenn der Doppelhaushalt so fortgeschrieben wird, wie er momentan ist, werden die 400 Millionen von zwei Doppelhaushalten nur für diese beiden Städte verbraucht. Es kann aber doch nicht der Sinn eines Haushalts der Staatsregierung sein, ihre ganze Finanzkraft auf diesem Gebiet mit zwei Großprojekten zu erschöpfen. Ich bitte Sie, sehr deutlich zu sagen: Ist das Ihre Meinung? Ist das die Meinung des Kabinetts, und ist das die Meinung des Finanzministers? Der zweite Punkt, zu dem ich Stellung nehmen will, Herr Staatsminister, betrifft das Vermeiden. Sie schreiben auf Seite 15 Ihrer Antwort: Die gesellschaftspolitische Aufgabe, schrittweise eine auch an ökologischen Gesichtspunkten geprägte Wirtschaftsordnung durchzusetzen, ist nur durch abgestimmte Maßnahmen in allen Regelungsbereichen zu bewältigen. Dies beginnt bereits bei der Zulassung oder Genehmigung von Produktionsverfahren bzw. von Produkten. Vor diesem Hintergrund kommt es darauf an, die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen für eine unter Umweltschutzgesichtspunkten zu optimierende Abfallentsorgung vorzugeben. Herr Staaatsminister, wir sind hier gleicher Meinung. Wir unterstützen Sie, wenn Sie sagen, Sie glauben, daß es notwendig ist, diese Gesellschaft, die ja auch eine Konsumgesellschaft ist, im Bereich der Abfallwirtschaft ökologischer zu gestalten, ein ökologisches Bewußtsein zu schaffen und ökologische

50 3842 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll v (Heinrich [SPD]) Wege zu finden, um den Abfall zu vermeiden und zu verringern. Wie sehen aber die Instrumente aus? Wenn man Ihre Beantwortung durchsieht, kann man feststellen, daß Sie immer noch auf dem Dampfer von sind. In dem Umweltgutachten der sozial-liberalen Koalition von 1974 war deutlich zu lesen: Kooperationsmodelle ja, für eine gewisse Zeit; dann muß der Gesetzgeber ran. Ich kann mich noch daran erinnern: Als Bundesinnemninister Baum gesagt hat, wir müßten uns überlegen, ob wir nicht eine Verpackungssteuer oder andere Marterwerkzeuge einführen und auch einsetzen, ist insbesondere von Ihrer Seite immer wieder die Einwendung gekommen - ich kann Ihnen die Zitate bringen-: Das geht nicht; das ist Sozialismus, das ist Dirigismus! Das verträgt sich nicht mit einer sozialen Marktwirtschaft! Sie wollen diesen Weg weitergehen, obwohl Sie leidvolle Erfahrungen gemacht haben. Sie sehen es heute bei Ihrer Regierung, wie wir es damals in unserer gesehen haben. Wie lange wollen Sie eigentlich den Weg der Kooperation noch gehen? Wann wollen Sie endlich die Ermächtigungen, die Ihnen der Gesetzgeber ja ermöglicht, ausnützen, und wann will Bonn endlich einmal für die Wirtschaft verbindliche Fakten schaffen? Man sieht es momentan bei der Diskussion um Coca-Cola, die sich einen Dreck darum scheren, worüber wir momentan diskutieren. Sie sagen: Wir bringen die PET-Flasche, und wenn ihr sie nicht verbietet, führen wir sie ein; ihr werdet sehen, daß die PET-Flasche das Rennen macht. Dies wollen wir beide nicht, Herr Staatsminister. Ich sehe aber, daß Ihr Ansatz - ich komme später auf den Antrag der Herren Kollegen Tandler und Kling zu sprechen - eine Pseudo-Lösung oder zumindest nur eine Halblösung darstellt, nicht aber zu einem echten Durchbruch führt. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Ich weiß, daß man nicht generell mit Verboten regieren kann; das gebe ich zu, Herr Staatsminister. Wir sind aber der Meinung, daß auf diesem Gebiet ein Zeichen gesetzt werden muß. Das Zeichen soll an einer Steife gesetzt werden, damit andere Wirtschaftskreise wissen: Es wird auch einmal Ernst gemacht mit dem Verbot und nicht immer nur von ihm geredet. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Sollte das Verbot aus EG-Gründen nicht möglich sein, weil die EG sofort Einspruch erhebt, dann müssen wir nationale Instrumentarien benützen, die im EG-Rahmen ohne weiteres möglich sind. Dann müssen wir bei den abfallschädlichen Produkten eine zusätzliche Abgabe oder Steuer oder, wie immer man das nennen will, einführen. Ich sage es ganz deutlich: Ich sehe es als Strafe an. Warum auch nicht? Ein Verkehrssünder wird ja auch bestraft. Wir müssen solche Instrumente schaffen, ob das eine Schadstoffabgabe ist, ob das eine Verpackungsabgabe ist oder ob das eine Entsorgungsabgabe ist, wie sie auch der Senat dieses Hauses im Hinblick auf die PET-Flasche in einer Entschließung gefordert hat. Meine Damen und Herren! Ich möchte damit zu dem Antrag der Herren Kollegen Tandler und Kling betreffend P ET - F 1 a s c h e kommen; er ist eigentlich symptomatisch. Ich habe dem Antrag im Ausschuß Sympathie entgegengebracht, und die SPD hat den Antrag unterstützt; das will ich überhaupt nicht leugnen. Aber man sollte nicht nach außen hin so tun, als ob damit ein Allheilmittel für das, was auf uns zukommt, geschaffen werden könnte. Ich wäre dankbar, Herr Staatsminister und Herr Kling, wenn Sie dazu hernach Stellung nehmen würden. Ihr Anliegen ist sicher mit dem des Umweltministers Töpfer identisch; Sie haben ja nichts Neues gebracht. Umweltminister Töpfer hat das gleiche schon längst angekündigt, und wie wir heute gehört haben, wird es auch von sozialdemokratischen Ländern unterstützt. Ich halte den Antrag, den Sie im Landtag gestellt haben, und das Anliegen des Umweltministers Töpfer für eine Halblösung. Lassen Sie mich das begründen! Wenn ich für eine Plastikflasche in einem Geschäft 50 Pfennig Pfand verlange, dann tritt sie in direkte Konkurrenz mit der Mehrwegflasche, für die ich auch 50 Pfennig verlange. Dem Brüger draußen wird aber signalisiert: Die Plastikflasche ist genauso umweltfreundlich wie die Mehrwegflasche. Ich zahle meine 50 Pfennig Pfand, und wenn ich die Flasche zurückbringe, ist si.e entsorgt. Ich trete also in eine psychologische Verwerfung ein. Dem Bürger wird nicht mehr signalisiert, was eine echte Mehrwegflasche und was eine Schein-Mehrwegflasche ist, weil durch die Pfandnehmung die Grenze zwischen beiden verwischt wird. Sie werden sehen, wie schnell der Bürger mit den Füßen abstimmt. Denn das alte Mütterle von 80 Jahren, aber auch der kleine Pimpf von zwölf Jahren wird beim Einzelhändler nicht die Pfandflasche aus Glas nehmen, die doppelt und dreimal so schwer ist, sondern wird die Flasche nehmen, die aus PET, aus Kunststoff ist, weil sie leichter zu transportieren und leichter zu tragen ist. Mit dieser Lösung werden Sie ein Wegbereiter für die PET-Flasche sein. Die PET Flasche kann man meiner Meinung nach nicht mit Pfandlösungen bekämpfen; die PET-Flasche gehört verboten, solange sie nicht als Mehrwegflasche einsetzbar ist. (Beifall bei der SPD) Ich muß ganz deutlich sagen, Herr Minister: Die Initiative der Staatsregierung im Bundesrat geht ja viel weiter. Mit dem Antrag der Herren Tandler und Kling und anderer machen Sie einen Rückschritt. Die Initiative der Staatsregierung im Februar 1988 lautete: Stärkung der Mehrwegflasche. Diese Initiative ist vom Bundesrat einstimmig angenommen worden. Der Antrag, mit dem Sie jetzt kommen, bedeutet eine Stärkung der Einwegflasche, nämlich die Stärkung der PET-Flasche. Ich bitte Sie, noch einmal genau zu überlegen, ob das richtig ist.

51 Plenarprotoko/111/58 v Bayerischer Landtag. 11. Wahlperiode 3843 (Heinrich [SPD]) Lassen Sie mich ein zweites Beispiel zur Vermeidung nennen, weil Sie von Strategien der Vermeidung gesprochen haben. Ich glaube, in der Antwort wird zu wenig berücksichtigt, daß die Vermeidungsstrategien ja auf generellen S c h ad s toff b i 1 an z e n aufzubauen haben, also nicht nur auf Bilanzen des Anfalls von Hausmüll oder von hausmüllähnlichen Stoffen. Der Hausmüll ist ja kunterbunt; wir wissen nicht oder teilweise nicht, was da drin ist, oder wir können es zumindest nicht quantifizieren. Wir sollten uns die Bilanzen und die Ströme der Schadstoffe, also die Stoffe, die gefährlich sind, vornehmen und dann sagen, wo wir eingreifen können. Ich darf ein Beispiel bringen, nämlich das Beispiel B 1 e i. Über die Giftigkeit von Blei brauche ich wohl kaum zu reden; wir haben ja die Schwierigkeit in bezug auf Lebensmittel usw. Aber wenn Sie nun das Beispiel von Herrn Umweltminister Töpfer bringen, daß bei den Stanniolkapseln der Weinindustrie angefangen werden soll - d'accord, ich bin einverstanden; da mache ich mit -, dann ist das viel zu wenig, weil das in der Bundesrepublik, wenn ich die Zahlen von 1983 zugrundelege, genau 2400 Tonnen ausmacht. Ich habe von der Landesgewerbeanstalt Bayern - ich glaube, sie ist in Nürnberg -, die das im Auftrag des Bundes ermittelt hat, keine neueren Zahlen bekommen, Wenn man aber bedenkt, daß 1983 in der Bundesrepublik nicht 2400 t Blei verbraucht worden sind, sondern t, dann, muß man sagen, machen die Stanniolkapseln eigentlich einen verhältnismäßig kleinen Bereich aus. Ich frage Sie: Wo sind die anderen Bereiche? Können wir da nicht auch hineinlassen? Wenn ich nun Vermeidungsstrategien auf Schadstoffbilanzen aufbaue, dann muß ich sagen: Selbstverständlich müssen alle Bereiche erfabtwerden. Ich muß auch sagen, daß Blei im Formguß zurückgedrängt werden muß. Denn ist es notwendig, daß Gardinen unten mit Gardinen-Blei ausgestattet werden - den gleichen Zweck würde Stahl erfüllen -, oder ist es notwendig, daß bei der Kabelmantelung t Blei verbraucht werden, obwohl Aluminium und andere Substitute auf dem Markt sind? Ist es f~rner in diesem Umfang notwendig - das ist d~r größte Brocken -, daß t Blei in Batterien gehen, auch wenn Batterien zu 90 Prozent recycle! werden? Ich glaube, man sollte die Strategien etwas größer und vor allem auf der Grundlage von Schadstoffströmen aufbauen. Dabei muß man ehrlich sein und darf nicht immer Einzelstücke herauspicken, von denen man glaubt, daß die Entwicklung schon so weit fortgeschritten ist, daß man sowieso sagen kann: Ihr Weinbauern, nehmt keine Bleiverkapselungen mehr an! Damit komme ich zum dritten Punkt, Herr Staatsminister. Wir wollen natürlich konkrete Vorschläge zur g e setz 1 i c h e n S i t u a t i o n machen. Wir sind, meine Damen und Herren, in keiner Weise mit der Abfallgesetzgebung zufrieden - auch nicht mit der Novellierung vom 27. August Wir sind heute schon der Meinung, daß es besser gewesen wäre, die Novellierung später, aber dafür umfassender vorzunehmen. ich möchte Ihnen vielleicht einmal anhand von sechs Punkten aufzeigen, was wir erwarten und wo wir Forderungen stellen. Wir glauben - wir bitten die Staatsregierung, uns dabei zu unterstützen -, daß das Abfallgesetz des Bundes möglichst rasch erneut novelliert werden muß. Sie werden ja aufgrund unserer Anträge hinreichend Gelegenheit haben, uns zu unterstützen. Erstens. In 1 a des Abfallgesetzes ist klarzustellen - nicht nur in Klammerbegriffen, wie das momentan der Fall ist -, daß die Abfallvermeidung oberste Priorität hat. Nicht vermeidbare Abfälle sind einer Verwertung zuzuführen; nicht verwertbare Abfälle sind schadlos zu beseitigen. Diese Rangfolge gilt auch für Sonderabfälle. Die zweite von uns gewünschte Änderung des Abfallgesetzes betrifft den 14 Absatz 2. Die Sätze 1 und 2 sollen ersatzlos gestrichen werden. Statt dessen soll die Bundesregierung ermächtigt werden, zur Vermeidung von Abfällen, insbesondere zur Verringerung von Verpackungsabfällen, Rechtsverordnungen zu erlassen, die eine Kennzeichnungspflicht - Einwegverpackung und Mehrwegverpackung - sowie eine Rücknahmepflicht der Vertreiber und Hersteller und eine Pfandpflicht festlegen. Drittens. Ferner ist eine Kennzeichnungspflicht hinsichtlich des verwendeten Materials einzuführen - z. B. Packmittel aus PVC-, die den Käufer darüber informiert, ob der Verpackungsabfall wieder verwertbar bzw. schadstoffhaltig ist oder nicht. Viertens. Für bestimmte, nicht wiederverwertbare und nicht schadlos zu beseitigende Verpackungen und Produkte ist die Ermächtigung für ein Verbot vorzusehen. Fünftens. 14 Absatz 2 soll um eine Bestimmung erweitert werden, nach der der Einzelhandel verpflichtet ist, Bier, Wein, Mineralwässer und Erfrischungsgetränke außer in Einwegbehältern auch in wiederbefüllbaren Mehrwegflaschen vorzuhalten und anzubieten. Es geht nicht an, daß einer der großen Verkäufer - Lex Aldi" - sagt: Was schert mich die Politik, was schert mich das Abfallgeschehen? Ich biete alle Getränke nur in Einweggebinden an. Das ist unmöglich. Das ist ein Affront, Herr Staatsminister, den wir als Politiker uns nicht bieten lassen sollten. (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN) Sechstens. In einem neuen 14 a des Abfallgesetzes soll die Bundesregierung ermächtigt werden, auf Einwegbehälter für Bier, Wein, Mineralwässer und Erfrischungsgetränke eine Einwegabgabe zu erheben - das ist das Instrument, das Sie ablehnen -, deren Höhe nach der Umweltverträgllichkeit oder Abfallverträglichkeit der verwendeten Verpackungsmaterialien gestaffelt ist. (Beifall des Abg. Kamm) Meine Damen und.herren! Über 70 Prozent der Bürger stehen einer ökologischen Abfallbeseitigung positiv gegenüber. Mehr als 70 Prozent der Bürger war-

52 llllyerlacher Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Heinrich [SPD]) ten darauf, daß dafür auch hinreichende Handreichungen gegeben werden. Deshalb bitte ich Sie noch einmal, Herr Staatsminister - ich darf die drei Punkte zusammenfassen -, um eine intensive und ausführliche Beantwortung folgender F rage n : Erstens: Wie stehen Sie zur sofortigen Verschärfung des Abfallgesetzes, und zwar unter dem Gesichtspunkt, die Abfallvermeidung und die Abfallverträglichkeit nachhaltig im Gesetz zu verankern? zweitens: Wie stehen Sie dazu, außerhalb der Gesetze systematische Vermeidungs- und Substitutionsstrategien auf der Grundlage genereller Schadstoffbilanzen durchzuführen? Drittens - hier haben Sie oder das Kabinett oder der Finanzminister die alleinige Zuständigkeit -: Wie ist die Sicherung der Finanzierung der Anstrengungen auf kommunaler Basis hinsichtlich einer möglichst ökologischen Abfallverwertung? Hier sind Sie am Zuge und nicht Bonn oder die EG. Herzlichen Dank! (Beifall bei der SPD) Erster Vlzeprialdent Mösleln: Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Kling das Wort. Bitte, Herr Kollege! Kling (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der bayerische Umweltminister A~red Dick hat heute die Interpellationen von CSU und SPD mit einem 189 Seiten umfassenden weiß-blauen, integrierten Abfallwirtschaftspapier beantwortet. Es ist ein konzeptionelles Darlegen einer erfolgreichen Abfallpolitik. Sie ist sachlich, realistisch durch die Fakten begründet. Zu dieser Abfallpolitik der Staatsregierung und der Christlich Sozialen Union gibt es keine rote und keine grüne Alternative. (BeifaN bei der CSU - Zurufe von den GRÜNEN - Zuruf von der SPD: Da sehe ich aber schwarz!) Die wesentlichen Ziele unserer Abfallpolitik hat der Herr Minister nach unserer Überzeugung politisch richtig formuliert und dargestellt. Er hat es als eine Herausforderung bezeichnet, Methoden und Mentalität einer Wegwerfgesellschaft zu überwinden. (Zuruf von den GRÜNEN: Das ist grünes Programm!) Er hat erklärt, daß daran gekoppelt sein müssen die Sicherheit der Entsorgung, die Schonung von Rohstoffen und Energie sowie die wichtige Vorrangpolitik, Abfälle gar nicht erst entstehen zu lassen und sie zu vermeiden, wo immer es möglich ist. Er hat verdeutlicht, daß unvermeidbare Abfälle stofflich oder thermisch verwertet werden müssen, daß unverwertbare Abfälle ordnungsgemäß und schadlos abzulagern sind und daß wir einem Vorrang das Wort reden, wie ihn das neue Abfallgesetz formuliert, nämlieh dem Vorrang einer biologischen oder stofflichen Verwertung vor einer anderweitigen Beseitigung. Auf der letzten Seite der Antwort ist auch die Natur angeführt, die wir uns für eine ökologische Orientierung als Beispiel nehmen sollten. Meine Damen und Herren! Andere Länder haben die integrierte Abfallwirtschaft Bayerns übernommen. Sie werden sich wundern, wie sehr wir gerade in SPD-geführten Ländern Beifall für unsere Politik bekommen haben. Grundlage unseres Verhaltens und unseres politischen Wollens ist die Novellierung des Bundesabfallgesetzes, das Sie, Herr Kollege Heinrich, eben in einer Reihe von Punkten kritisiert haben. Wir verschweigen nicht, daß es in der Abfallwirtschaft Z i e 1 - k o n f 1 i kt e gibt. Wir wissen, daß nicht alles entweder allein vom Staat oder allein von der Wirtschaft oder allein vom Konsumenten, vom Bürger, geregelt werden kann. Aber wir hielten und halten die Fortschreibung des Gesetzes nach vielen langen Jahren von Versäumnissen und von Nichtreagieren für einen entscheidenden Weg von der Abfallbeseitigung, wie wir sie früher hatten, zur ganzheitlichen Abfallwirtschaft. Das oberste Prinzip der Vermeidung ist der Kernpunkt der fortgeschriebenen Bundesabfallgesetzgebung. Wir wissen auch, daß wir uns bei jeder Entscheidung in der Abfallwirtschaft in einem Spannungsfeld befinden: hier die Eigenverantwortung des einzelnen, dort die totale staatliche Reglementierung; hier die individuelle, oft schrankenlose Freiheit, wie die einen meinen, dort die totale staatliche Lenkung: hier. die Forderung, primär müsse der Staat durch Gesetze, Rechtsverordnungen und durch den Schlag der gesetzlichen Peitsche dafür Sorge tragen, dab die Abfallwirtschaft funktioniert, dort das Verhalten der Gesellschaft, des Konsumenten, das verantwortliche Handeln des einzelnen. Wir in der Christlich Sozialen Union - Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar, dab Sie das noch einmal herausgestellt haben - setzen darauf, daß wir dies in einem Solidarpakt zwischen Staat und Gesellschaft, zwischen dem Markt und den Konsumenten mit der privaten, ganz persönlichen Verantwortung tun müssen. Keiner kann entbunden sein. Wir befinden uns in einer Umweltpartnerschaft, die aufzubrechen nicht sinnvoll und nach unserer Überzeugung auch politisch falsch wäre. (Beifall bei der CSU) Meine Damen und Herren! Der Kollege Dr. Ritzer hat in der Einführung zur Interpellation sehr emphatisch, gelegentlich belehrend eine Reihe von Vorhalten verkündet. Er hat einige Male den Minister zu streifen versucht. Er hat dabei - wie üblich - die Beamten des Ministeriums nicht ausgenommen und hat sie der gelegentlichen Unfähigkeit geziehen. Ich möchte darauf mit einigen Anmerkungen eingehen. Herr Dr. Ritze r, Sie haben gesagt, die CSU und ihre Politiker würden nach den Irrtümern beurteilt, die sie begangen hätten. Es war Ihre Meinung, die CSU

53 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3845 (Kling [CSU]) müsse heute in der Debatte Halt und Orientierung bei der SPD finden. Sie haben uns empfohlen, wir sollten Lernfähigkeit unter Beweis stellen. Sie haben gemeint, bei der CSU sei ein Umdenken vor allem hinsichtlich der Stützpfeiler der integrierten Abfallwirtschaft erforderlich, und zwar in dem Punkt, in dem es sich um die thermische Behandlung von Abfällen handelt. Schließlich haben Sie gesagt, Sie würden es begrüßen, wenn man bei der Akzeptanz von Grundanliegen eine gemeinsame Linie erreichen könnte. Nun, lieber Herr Dr. Ritzer, schon in die Interpellation hat die SPD hineingeschrieben, dab die Staatsregierung, wie Sie sagen, im Teilplan Hausmüll ungeachtet des Vorrangs von Abfallvermeidung und -verwertung die hundertprozentige Abfallentsorgung über Müllverbrennungsanlagen vorgeschlagen habe - ein Vorspann, der schon nicht zutrifft. Sie folgern weiter, eine solche Lösung widerspräche den Zielsetzungen einer umwelt- und ressourcenschonenden Abfallwirtschaft; die Erarbeitung konkreter Vermeidungs- und Verwertungskonzepte sei dringend geboten. Auch der Kollege Heinrich hat gesagt: Es ist ja schön, daß dje CSU jetzt den Weg der Umkehr gegangen ist. Aber wir wollen es nicht bei 60 bis 70 Prozent t h e rm isc her Ve rwe rt u n g belassen; die Staatsregierung soll sagen, wo denn die Wege sind, auf denen man zu weniger thermischer Behandlung kommen könne. Meine Damen und Herren von der SPD, für Sie ist jetzt die Stunde der Wahrheit gekommen. (Zuruf von der SPD: Für die CSU!) Sie haben hier über viele, lange Jahre in zahllosen Anträgen Behauptungen formulfert, die Sie auch in der Öffentlichkeit darzustellen versucht haben und die dahin gingen, daß man ohne die thermische Behandlung auskomme. Schade, daß der Herr Kollege Kola nicht da ist, der noch vor etwa zwei Jahren jn diesem Parlament sehr leidenschaftlich einen Antrag begründet hat: kein weiterer Zu bau von Müllverbrennungsanlagen! Sie haben damals den Begriff des Feuervogels und den des Pyromanen ins Land gesetzt. Sie haben überall in den Kommunen, wo man auch nur andeutungsweise die Möglichkeit der Verbrennung erörtert hat, Ihren Protest und Ihren Widerstand losgelassen. (Beifall bei der CSU) Der erbitterte Widerstand - Pest und Cholera, wie Sie heute gesagt haben, Herr Dr. Ritzer - kam doch von Ihnen. Sie haben dem Volke weisgemacht und vor allem den Kommunalpolitikern verkündet, man könne ohne thermische Behandlung auskommen. Herr Dr. Ritzer, wenn heute jemand den Gang nach Canossa antreten muß, wenn heute eine politische Partei Einkehr und Umkehr zugeben muß, dann sind das Sie. Sie haben mit vielen verschiedenen Zungen geredet. Der Zahn muß Ihnen heute gezogen werden, daß dies für Sie kein Weg war. (Beifall bei der CSU - Abg. Spitzner: Ohne Narkose!) Originalton Dr. Ritzer heute früh: 15 neue Maßnahmen, Herr Umweltminister. dies ist eine Bankrotterklärung der Staatsregierung, der Umweltpolitik und von Ihnen". Sie gehen zurück in das finstere Mittelalter." Ab vom Müll in den Ofen!" So Zitate von Herrn Dr. Ritzer. Ich habe keinen Zwe~el daran, daß er dafür morgen in der Presse in Bayern wieder umfangreiche Schlagzeilen bekommt. (Zurufe aus den Reihen der SPD) - Jetzt passen Sie bitte genau auf! Damit ich es auch der SPD einmal klarmachen kann, habe ich mir die Antwort der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen auf eine Große Anfrage der SPD zur Müllverbrennung kommen lassen. Am 21. Juli 1987 hat der dortige Umweltminister für die Landesregierung von Nordrhein Westfalen folgendes erklärt. Die SPD fragte: Welche Politik verfolgt die Landesregierung, um im Bereich der thermischen Abfallbeseitigung zu einem umweltverträglichen System, insbesondere im Hinblick auf die neue TA Luft zu kommen, und ist sie bereit, auf die Nachrüstung unzulänglicher bestehender Anlagen hinzuwirken? Antwort der Landesregierung - SPD!-: Oie Hausmüllverbrennung ist ein anerkanntes und bewährtes Verfahren der thermischen Abfallbeseitigung und -verwertung. Sie hat sich vor allem in größeren Städten und in Gebieten mit einem hohen Müllaufkommen bewährt und ist unverzichtbar für ein dichtbesiedeltes Land mit seinen hohen Ansprüchen an die noch verbliebenen Freiräume, da sie Energie aus Abfällen erzeugt und vor allem das Volumen des Hausmülls um 90 Prozent reduziert. (Beifall bei der CSU) Es geht weiter! Antwort der SPD-Regierung von Nordrhein-Westfalen - passen Sie gut auf, Herr Dr. Ritzer! -: Oie neue TA Luft stellt auch an Müllverbrennungsanlagen höhere Anforderungen, so daß diejenigen Anlagen, die diese neuen Anforderungen noch nicht erfüllen, in dem von der TA Luft vorgegebenen Zeitraum nachgerüstet oder nach Ablauf von Übergangsfristen außer Betrieb genommen werden müssen. Die zuständigen Behörden werden auf die Einhaltung der Fristen achten. (Abg. Spitzner: Interessant!) Ich zitiere aus der Haushaltsrede des Herrn Ministers Matthiesen, NRW, vom 6. März Passen Sie bitte genau auf! Das heißt, aus umwelt- und aus industriepolitischen Gründen brauchen wir in Nordrhein-Westfalen möglichst schnell als Vorsorge für das nächste Jahrzehnt weitere Sondermülldeponien und auch eine Erweiterung der Verbrennungskapazität. (Hört, hört! bei der CSU -Abg. Spitzner: Da, schau' her!) Minister Matthiesen bei der Erläuterung des Haushaltsplans im Landtag von Nordrhein-Westfalen am 16. Dezember Ich zitiere:

54 3846 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Kling [CSU]) Von daher müssen wir in NRW gemeinsam dafür sorgen, daß weitere Mülldeponie-Standorte gesucht, gefunden, erschlossen und aufgeschlossen werden (ZWischenruf von der CDU: Sagen Sie das den Genossen!) (Abg. Spitzner: Den Genossen in Bayern!) und daß wir weitere Verbrennungsanlagen, Behandlungsanlagen aller Art benötigen, weil eine gesicherte Entsorgung nicht nur umweltpolitisch notwendig und vernünftig ist, sondern in Zukunft industriepolitisch mit darüber entscheiden wird, ob ein Standort für neue Investitionen noch interessant ist oder eben nicht. Zitat-Ende, meine Damen und Herren! (Beifall bei der CSU) Nordrhein-Westfalen verbrennt im laufenden Jahr mehr als 2,4 Millionen Tonnen - weit mehr, als wir in Bayern thermisch verwandeln. 40 Prozent der Abfälle in NRW werden thermisch entsorgt. Meine Damen und Herren, damit Sie beruhigt sind, daß wir auf dem richtigen Weg sind und A~red Dick ein erfolgreicher, anerkannter Umweltminister ist, (Beifall bei der CSU) zitiere ich jetzt den Spiegel". Am 8. Juni 1987 stand im Spiegel" an die Adresse der SPD in Bayern folgendes Schöne: Jo Leinen und Lafontaine, beides Sterne der SPD mit ehemals starker Leuchtkraft... - Fixsterne, aber in der Zwischenzeit nicht mehr! - (Zurufe von der CSU -Abg. Spitzner: ;lu Sternschnuppen geworden! -Abg. Huber [Landshut]: Der blinkt nur!) - Etwas matt; der Lack ist ab! Ich zitiere den Spiegel" weiter: Bei der Müllverbrennung etwa, wo Leinen anderen Bundesländern beispielgebend vorangehen wollte, schwor er seinen ökologischen Grundsätzen sehr sctmell ab. Noch vor anderthalb Jahren hatte Leinen vor dem Verheizen von Abfällen gewarnt. Zitat Leinen: Die Abgase aus den Müllöfen schaffen Luftverschmutzung mit neuen Giftstoffen. Außerdem blieb die Wegwertmentalität und das Anwachsen der Müllawine bestehen. Jetzt kommt es: Zwar verabschiedete - so Der Spiegel" - der Saarländische Landtag letzte Woche ein neues Abfallgesetz, das darauf abzielt, Müll zu vermeiden oder wiederzuverwerten; doch zwei Wochen zuvor hatte das Kabinett Lafontaine mit der Stimme von Leinen den Ausbau der Müllverbrennung beschlossen. Statt bisher Tonnen in der Anlage Neunkirchen sollen es jetzt Tonnen künftig sein. Meine Herren, machen Sie bitte einmal eine Informationsreise in das Saarland oder nach NRW, bevor Sie im Landtag weiter über thermische Behandlung in Bayern sprechen! (Beifall bei der CSU) Ihnen, Herr Kollege Heinrich, der Sie vorher sehr selbstbewußt und emphatisch davon gesprochen haben daß die 60 bis 70 Prozent an thermisch zu behandelnden Abfällen Ihrer Partei nicht ausreichen, daß dies nach Auffassung der SPD und sicher auch der GRÜNEN keine ökologische Erneuerung einer Abfallwirtschaft sei, will ich etwas vorlesen. Man kann die SPD in der Diskussion mit ihr nur mit ihren eigenen Fakten schlagen und man muß das bringen, was Sie dort sagen, wo Sie in der Verantwortung sind. Man muß bei Ihnen solche Beispiele bringen, wo Sie nicht nur zu reden brauchen, sondern konkret im lande handeln müssen. Da sieht es nämlich bei Ihnen dann ganz anders aus! (Beifall bei der CSU) In der 31. Sitzung des Saarländischen Landtags am 9. Dezember 1986 hat der Herr Minister Leinen folgendes ausgeführt: Meine Damen und Herren! Die Abfallberge wachsen, ein Trend, gegen den angeblich kein Kraut gewachsen ist. Wir haben gesagt, wir machen jetzt den ernsthaften Versuch, in der Abfallpolitik einen neuen Weg zu gehen, indem wir versuchen, nicht nur die Entsorgungsseite zu sehen, sondern bei der Vorsorge anzusetzen und die Maßnahmen zu ergreifen, die zur getrennten Abfallsammlung und damit zur Abfallverwertung führen können. Bisher haben wir diese Möglichkeit - so Leinen! - nicht gehabt, oder die Wege waren viel zu weit, um die Abfälle zu trennen, daß sie nicht auf der Deponie oder in der Müllverbrennungsanlage landen. Das hat mich - so Leinen - in dem Bemühen bestärkt, daß wir eine ökologische Abfallpolitik betreiben müssen und über einen neuen Abfallbeseitigungsplan im Saarland mit dem neuen saarländischen Abfallgesetz im Rücken nun versuchen, nicht nur versuchsweise, sondern landesweit ein neues System der getrennten Abfallsammlung aufzubauen, so daß es uns gelingt, in den nächsten fünf Jahren circa 35 Prozent des Müllbergs durch Verwertung und nicht durch Deponierung oder Verbrennung abzutragen. (Zuruf des Abg. Spitzner) Wenn ich noch einen anderen Zeugen holen soll, sagen Sie es mir! lc.h könnte die Beispiele fortsetzen, wie Sie pausenlos bei uns in Bayern etwas fordern, was Sie in keinem anderen Flächenland oder Stadtstaat in der Bundesrepublik Deutschland, wo Sie am Regieren sind, zuwege bringen. Das nenne ich Doppelzüngigkeit! (Beifall bei der CSU)

55 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3847 Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Heinrich? Kling (CSU): Vom Herrn Heinrich immer. Heinrich (SPD): Herr Kollege Kling, glauben Sie, weil sich der Herr Minister Leinen oder der Herr Minister Dick momentan mit einer Restmüllmenge von ungefähr 70 Prozent abfinden muß, daß damit in der Politik das Nachdenken und die Entwicklung umfassenderer Strategien verboten sind? Das habe ich gesagt und nichts anderes! (Zuruf des Abg. Spitzner) Kling (CSU): Herr Kollege Heinrich, ich will Ihnen dazu folgendes sagen. Das, was Sie, der Herr Dr. Ritzer und die SPD in Bayern verkünden, nenne ich Sprüche, Ideologie und Verheißungen; was ich vorher zitiert habe, ist die Realität. (Beifall bei der CSU) Wenn Sie eine weitere Realität von mir hören wollen, so nenne ich Ihnen auch diese. Ich brauche nicht in das Saarland, und wir brauchen nicht nach Nordrhein-Westfalen zu gehen. Bleiben wir in Bayern! (Abg. Kamm: Schwaben!) - Nicht Schwaben! Ich nenne Ihnen aus Schwaben nur einen; das ist der SPD-Oberbürgermeister Hans Brauer in Augsburg, ein Realist, der weiß, was er will. (Abg. Kamm: Ein verkappter CSUler! - Lachen bei der CSU) Er tut nicht das und folgt nicht dem, was Sie hier verkünden. Was soll ich denn dazu sagen - Herr Staatsminister, Sie haben es vorhin angedeutet -, wenn ich zusammenzähle, wer in Bayern verbrennt und an der Spitze der jeweiligen Zweckverbände steht? Das sind ehrbare Namen von sozialdemokratischen Genossen, jeder ein hochkarätiger und mit großer Mehrheit gewählter Kommunalpolitiker, allerdings mit dem Realitätssinn ausgestattet, der Ihnen, meine Damen und Her1en von der SPD und den GRÜNEN, im Landtag fehlt: (Beifall bei der CSU) Würzburg - Zeitler, SPD - verbrennt Tonnen pro anno, (Abg. Spitzner: Oberheizer!) Altötting - Dönhuber, SPD - yerbrennt Tonnen pro Jahr, München, Kronawitter, verbrennt Tonnen pro Jahr, Augsburg künftig Tonnen pro Jahr. (Zuruf: Günzburg!) - In Günzburg, wenn Sie es wissen wollen, verschwelen wir. Wir verschwelen bis Tonnen im Jahr. In Nürnberg verbrennt der neue Herr Oberbürgermeister namens Schönlein seine Tonnen jährlich. Ich habe nicht nachlesen können - auch von Ihnen habe ich das noch nie gehört, Herr Dr. Ritzer -. (Zuruf des Abg. Dr. Ritzer) daß das künftig nicht mehr geschehen soll. Coburg! Auch Herr Köhler, SPD, den Sie mit seiner erfolgreichen Abfallwirtschaft und -politik zitiert haben - ich will das gar nicht bestreiten -, verbrennt Tonnen, und sogar der Herr Schuierer, den ich ausnahmsweise einmal zitiere, verbrennt in Schwandorf Tonnen. (Zuruf des Abg. Dr. Fischer) Summiere ich alles, was unter kommunaler SPD-Führung verbrannt wird, meine verehrten Damen und Herren, dann bin ich bei 1,887 Millionen Tonnen in Bayern. Ich kann mir ersparen, dies weiter zu kommentieren. Aber das mußte einmal gesagt werden, damit Sie endlich auf den Boden der Realitäten und der Tatsachen zurückgeholt werden. (Beifall bei der CSU) Erster Vizepräsident Möslein: Herr Kollege, gestatten Sie auch noch eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Franz? Kling (CSU): Bitte! Franz (SPD): Herr Kollege Kling, sind Sie bereit zuzugeben, daß das bisherige Bezuschussungswesen des Freistaates Bayern den. von Ihnen zitierten Kommunalpolitikern gar keine andere Möglichkeit als die thermische Beseitigung läßt? (Widerspruch von der CSU) Kling (CSU): Herr Kollege, eine so schlimme Frage hätten Sie eigentlich nicht stellen dürfen. Ich hoffe nicht, daß die vorhin zitierten führenden SPD-Kommunalpolitiker die Grundsätze ihrer Partei nur wegen des Geldes und der Förderung des Freistaates Bayern über Bord werfen. (Beifall bei der CSU - Widerspruch und Lachen bei der SPD) Ich will Ihnen bei Ihren Canossagängen, die ich Ihnen nicht ersparen kann und will, auch einmal sagen, wohin Ihre Argumentation bei sehr vielen Bürgern geführt hat. Ich bekam gestern einen Zeitungsausschnitt aus Landsberg in die Hände. Ein SPD-Mitglied, erster Vorsitzender des Bundes Naturschutz, sagt - ich zitiere -: Müllverbrenner sind Verbrecher sondersgleichen. Ich schäme mich als SPD-Mitglied über die Augsburger Verbrennungs-SPD. (Demonstrativer Beifall bei den GRÜNEN) Das ist, Herr Kollege Heinrich und Herr Dr. Ritzer, die Folge solchen Tuns. Wer mit verschiedenen Zungen spricht, im Landtag sagt, man könne darauf verzichten, und dann vor Ort von den Zwängen des Alltags gefordert wird, scheitert irgendwo zwischen der Realität und seinem hohen, unerfüllbaren Anspruch. Die

56 3848 Bayerll:cher Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/50 v (Kling [CSU]) Schatten haben Sie auf diesem Gebiet inzwischen eingeholt. (Beifall bei der CSU) Da lobe ich mir den Oberbürgermeister von A u g s - b ur g; ich sage das ausdrücklich. Er hat mit seinem Stadtrat, er hat mit dem Landkreis Augsburg, er hat mit dem Landkreis Aichach-Friedberg jenes integrierte Entsorgungsmodell entwickelt, von dem der Herr Staatsminister sagt: Es ist unser Konzept. Es ist ein realistisches Konzept. (Abg. Kamm: Es ist eine Verdummung der Bevölkerung!) - Hören Sie auf, Herr Kamm! Auch Sie müssen sich sagen lassen, daß Sie das, was Sie hier reden, keine einzige Stunde irgendwo in Deutschland oder auf der Welt in die Wirklichkeit umsetzen könnten. (Beifall bei der CSU - Widerspruch von den GRÜNEN) Bei dem Modell in Augsburg wird sortiert Tonnen, 22 Prozent. Die stoffliche Verwertung hat Vorrang - wie wir es wollen. (Widerspruch von der SPD und den GRÜNEN) Papier, Glas, Metalle, Textilien, Kunststoff, Schrott werden gesammelt. Mit Wiederverwertung, Abfallbörse bei Problemmüll und Wertstoffcentern gibt es dort im weitesten Sinne eine Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Es wird auch kompostiert; etwa 18 Prozent sollen kompostiert werden. (Abg. Kamm: Auch das stimmt nicht!) Das halte ich für gut. Naßmüll - die gesamte organische Müllfraktion soll herausgenommen werden und zum Landschaftsbau, zur Rekultivierung und als Torfersatz verwendet werden. (Abg. Kamm: Lügen Sie doch nicht so!) Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Abgeordneter, Lüge" ist kein parlamentarischer Ausdruck. Ich weise1 ihn zurück. (Zurufe von der SPD und den GRÜNEN) Herr Kollege Kfing, fahren Sie fort! Kling (CSU): Thermische Behandlung im Müllheizkrattwerk Tonnen, vielleicht mehr, 60 Prozent des Mülls. (Zuruf des Abg. Kamm) - Glauben Sie denn, daß ich käuflich bin, (Abg. Kamm: Ja!) daß ich mich bezahlen lasse? (Abg. Kamm: Sie haben überall Ihre Finger drin!) Erster Vizepräsident Mösleln: Nein! Herr Abgeordneter, das eben war ein ehrenrühriger Zwischenruf. Ich rufe Sie zur Ordnung. (Zurufe von der CSU: Schämen Sie sich!) Kling (CSU): Ich lasse mir von Ihnen kein Berufsverbot erteilen. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! (Beifall bei der CSU) Im Müllheizkraftwerk in Augsburg gibt es nicht nur die thermische Behandlung von Müll, sondern auch die Wärmenutzung, die Kraft-Wärme-Koppelung, den Prozeßdampf, die Fernwärme, die Stromerzeugung, die Krankenhausmüllentsorgung, die Schlackenaufbereitung und nicht zuletzt eine Reststoffdeponie. Das halte ich für ein erfolgreiches Umweltmodell, das dort unter der gegenwärtigen Federführung eines SPD-Oberbürgermeisters konzipiert und auch in die Wirklichkeit umgesetzt wird. Von einigen meiner Vorredner ist darauf hingewiesen worden, daß es Angst, Akzeptanzkrisen und Unsicherheit unter vielen vor allem der betroffenen Bürger gibt, die im Windschatten solcher Abfallentsorgungsanlagen leben und wohnen. (Abg. Heinrich: Das hat niemand gesagt!) - Das ist in einem Satz gesagt worden. Ich habe dafür sehr wohl Verständnis, nicht zuletzt deswegen, weil die verwirrenden Zahlenspiele von manchen dazu gebraucht und mißbraucht werden, zu verunsichern, die Bevölkerung bewußt aufzuwiegeln und ihr von vornherein die Durchführung einer solchen Maßnahme als nicht zumutbar erscheinen zu lassen. Ich habe mir einmal, weil es für unsere Diskussion heute sehr wichtig ist, die Schadstoff grenz - w e r t e der TA Luft aus den Jahren und 1986 und die Parameter unserer neuesten Anlagen Burgkirchen, Coburg und Augsburg geben lassen. Ich will damit das unter Beweis stellen, was Alois Glück so oft gesagt und geschrieben hat, nämlich daß der technische Fortschritt, wie wir ihn wollen, eingebettet sein muß in ein Höchstmaß von Intelligenz und Verantwortung und daß wir den Fortschritt der Technik dazu nützen müssen, alles, was für unsere Bürger Gefährdungspotentiale bedeuten könnte, zu verringern und zu minimieren. (Beifall bei der CSU) Kohlenmonoxid war unter der SPD/FDP-geführten Bundesregierung 1974 in der TA Luft in einer Konzentration von 1000 mg/cbm gestattet. Die TA Luft 1986 läßt noch 100 mg/cbm zu, ein Zehntel. In den Müllheizkraftwerken Burgkirchen, Coburg und Augsburg werden es 50 bis 80 mg/cbm sein - im Vergleich zum zulässigen Wert von 1000 mg/cbm im Jahre Anorganische gasförmige Chlorverbindungen waren im Jahre 1974 mit einer Konzentration von 1000 mg/ cbm, im Jahre 1986 mit 15 mg/cbm zulässig. In Coburg werden 15 mg/cbm, in Burgkirchen und Augsburg etwa 5 bis 10 mg/cbm erreicht.

57 Plenarprotokoll v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3849 (Kling [CSU]) Ich will noch die Werte für den Gesamtstaub zitieren; ich könnte vieles andere mehr als Beleg anführen waren 100 mg/cbm zulässig, 1986 noch 30 mg/ cbm; in Coburg werden weniger als 3 mg/cbm und in Burgkirchen und Augsburg zwischen 5 und 10 mg/ cbm erzeugt. (Zuruf der Frau Abg. Memmel) Damit, meine Damen und Herren, sollte einmal verdeutlicht werden, wie man die Betriebsparameter unter den Zielvorgaben des Staates in Begleitung von Wissenschaft und Technik Jahr um Jahr verringert hat und wie schlimm die Mär war, die die GRÜNEN in Ihren Worten zum Sonntag" über lange Jahre hinweg erfunden haben, wo sie nur noch von Dioxinen und Furanen gesprochen haben - diese Stoffe bezeichnen wir heute nicht als ein signifikantes Wirkungsrisiko - und viele von den GRÜNEN damit ihr erklärtes politisches Geschäft betreiben durften. (Beifall bei der CSU -Widerspruch von den GRÜNEN) Weil ich gerade bei B u r g k i r c h e n bin, weise ich auf die Heerscharen protestierender Demonstranten hin, die von Weißenhorn in Schwaben jetzt nach Burgkirchen umgezogen sind - ich sage: Handlungsreisende in Sachen Angst, nicht nur ausgestattet mit allem juristischen Wissen, sondern auch mit Computern, mit Zeitplänen und mit detaillierten Anweisungen, wer wie in einem Verfahren, ohne selbst unmittelbar beteiligt zu sein, vorgehen soll. (Frau Abg. Paulig: Das ist ja wohl das Letzte! - Abg. Kamm: Das ist eine üble Verleumdung! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN) Erster Vizepräsident Mösleln: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Memmel? Kling (CSU): Bitte! Frau Memmel (DIE GRÜNEN): Herr Kollege Kling, ich wolrte Sie nur fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß sich wegen des Müllheizkraftwerks Coburg z. B. die Krankenkassen weigern, Daten über Pseudo-Krupp und Luftverschmutzung herauszugeben, weil die Diskussion über das neue Müllheizkrattwerk jetzt in Coburg geführt wird. Nach neuesten Studien gibt es zusammenhänge und Parallelen zwischen Luftverschmutzung, Dioxin in Müllheizkrattwerken und Pseudo Krupp. Kling (CSU): Daß es eine Auswirkung auf den menschlichen Organismus gibt, kann und will ich gar nicht bestreiten. Aber ich habe hier davon berichtet - das müssen Sie wie jeder andere Kollege zur Kenntnis nehmen -, daß während der langen Jahre einer SPD-geführten Bundesregierung auf diesem Gebiet nichts geschah und ab 1982 eine Minimierung gerade der Emissionsgrenzwerte bei Schadstoffen in Gang gebracht worden ist. Das ist ein umweltpolitischer Erfolg, und von ihm wollte ich reden. (Beifall bei der CSU - Zuruf der Frau Abg. Paulig) Weil ich bei Burgkirchen bin, nur noch eine kurze Anmerkung zu dem, was die Handlungsreisenden" aufgebracht haben: die zusätzliche Luftbelastung aus dem beabsichtigten Müllheizkrattwerk". Auch hier entwickelt sich ein schlimmes Potential der Verwirrung. Mit Sehwebstaub, um ein Beispiel zu bringen, ist die Luft bereits mit 40 Prozent des Grenzwerts der TA Luft vorbelastet. Die Zusatzbelastung nach einer dreimonatigen Messung des TÜV vor Ort beträgt aus allen künftigen Schadstoffbelastungen des Müllheizkraftwerkes maximal 0,007 Prozent. Cadmium, Chlorwasserstoff, Fluorwasserstoff, Stickoxide, Schwefel und Kohlenmonoxid: insgesamt Vorbelastungen zwischen 5 und rund 45 Prozent. Aber die Zusatzbelastungen, die jetzt eigentlich zur Debatte stehen, machen nur im Fall des Stickoxides mehr als 1 Prozent aus; ansonsten ist es eine vernachlässigbare Größe. Das wollte ich nur sagen, um die Relation der Vernunft wiederherzustellen. Ich möchte eine Anmerkung zur F i n a n z i e r u n g machen. Meine Damen und Herren! Wer in einer integrierten Abfallwirtschaft die Sortierung, die Kompostierung, die Reststoffdeponie, die getrennte Wertstofferfassung, das Müllheizkraftwerk, die Kraft Wärme-Kopplung und die Sctilackenaufbereitung als integriertes System haben will, muß wissen: Dies kostet mehr als die frühere Deponie oder als die reine, nackte, kalte Verbrennung; jeder Volksschüler weiß dies. Wenn man es ausrechnet - Herr Kollege Heinrich, das muß man einmal relativieren; tun Sie es bitte in Ihrem Verband! -, dann kostet das komplett entwickelte, systematisch errichtete integrierte Abfallmodell maximal 6 bis 8 DM pro Person und pro Monat. Für eine vierköpfige Familie sind das 24 bis 32 DM, für eine dreiköpfige 18 bis 24 DM. Ich bin so frei, hier einmal meine ganz persönliche Meinung anzufügen: Was gibt denn der einzelne pro Monat für das Rauchen, für den Tabak, für die Kosmetik oder für viele Dinge des Lebens, die ich nicht zu den Grundbedürfnissen zähle, aus? Wir müssen gemeinsam erkennen: Wer mehr Umweltschutz will, muß wissen: Dies kann nicht alles zum Nulltarif geschehen und allein vom Staat verkraftet und finanziert werden. (Beifall bei der CSU) Es wurde nach dem marktwirtschaftlichen System oder dem totalen Dirigismus gefragt; Sie, Herr Kollege Heinrich, haben dies an den Schluß Ihrer Ausführungen gestellt. Zur PET,Flasche nehmen andere Kollegen Stellung. Ich will schließen und Ihnen folgendes für die Christlich Soziale Union sagen. Wir sehen in der Abfallwirtschaft nicht nur einen technischen Ablauf. Wir sehen in ihr etwas Wertbezogenes und etwas Wertgebundenes. Da ist eben nicht nur der Staat aufgerufen. Wir können nicht allein der Handlanger oder das Vollzugsorgan der Abfallwirtschaft sein. Wir brauchen

58 3850 Bayerlacher Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Kling [CSU]) dazu die Parteien, den Staat, die Kirchen, die Verbände und den einzelnen Bürger. Meine Frau hat mir eine Aufstellung gemacht: Was muß ich tun, damit ich im Haushalt, in der Waschküche, im Speicher oder, wo immer es ist, Abfallwirtschaft betreibe? Sie hat unter anderem gefragt: Warum baut ihr nicht zum Beispiel in jede Küche drei oder vier kleine Boxen, wo ich sofort meinen Müll sortieren kann? Ich will das nur als Beispiel bringen, um zu sagen: Ihr Ruf allein nach Dirigismus ist keine Lösung. Auch der Ruf nach dem allumfassenden Wohlfahrtsstaat ist keine Lösung. Wir müssen weg von der Planwirtschaft und vom Dirigismus. Das kann die Ausnahme sein; es kann Fälle geben, wo wir Reglementierung und Bußgelder sowie gesetzliche Keulen" brauchen. Wir brauchen aber vor allem - damit will ich schließen - in einer freiheitlich verfaßten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung neben den Zielvorgaben des Staates, wie man es macht und wo man es macht, Eigenverantwortung der Wirtschaft, der Industrie und jedes einzelnen Bürgers: mündig, überzeugt, informiert, unterrichtet und umweltbewußt. Nur so schaffen wir eine handlungsfähige Umweltpolitik für die nächste Generation. Dies muß mit Selbstverantwortung unserer Landkreise, unserer Kommunen und vor allem unter Mitwirkung jedes einzelnen Bürgers geschehen. (Anhaltender Beifall bei der CSU) Erster Vlzeprisldent Mösleln: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Windsperger. Bitte! Frau Wlndsperger (DIE GRÜNEN): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu meinem Vorredner ganz kurz! Es gibt ein sehr schönes Zitat: Lieber jetzt den Mund aufmachen, als später die Nase zuhalten. Dieses Zitat stammt vom christlichsozialen Unionspolitiker Faltlhauser, MdB, München. Apropos Doppelzüngigkeit, Herr Kling! Sie lassen sogar Kernkraftwerke mit Filteranlagen mit einem Staatsakt ans Netz gehen, die gar nicht angeschlossen sind. Die Werte, die Sie angesprochen haben, werden auch nicht eingehalten. Sie sollten vielleicht einmal den Professor Vogg lesen. Heute sind sowohl vom Herrn Kollegen Ritzer als auch vom Herrn Kollegen Heinrich ein paar Dinge gekommen, die ich noch kurz ansprechen möchte. Herr Kollege Heinrich hatte behauptet, daß wir alles deponieren wollen. Das ist nicht wahr. Ganz im Gegenteil! Ich gehe darauf im laufe meiner Rede kurz ein. Der Kollege Ritzer hat zur Müllvermeidung eine Milchmänner-Rechnung aufgemacht. Herr Kollege Kestel hatte danach gefragt und darauf die Antwort bekommen, daß das wohl ein Wolkenkuckucksheim sei und in dieser Form gar nicht möglich wäre. Herr Staatsminister Dick hat ausgeführt, in der Schweiz würden 100 Prozent verbrannt. Sie haben aber vergessen, Herr Staatsminister, daß dabei 30 Prozent organischer Müll schon herausgenommen sind. Sie haben weiter Schweden angeführt, wo 100 Prozent verbrannt würden. Aber Sie haben es unterlassen zu sagen, daß dort ein Cadmium- und ein Quecksilberverbot besteht. Bei dieser Art von Müllverbrennung - allerdings müßten wir es noch einmal genauer untersuchen-, bei der Dioxine gar nicht entstehen können, könnte vielleicht über die Müllverbrennung diskutiert werden. Die Problemfälle, die wir haben, können dort gar nicht entstehen. Außerdem gibt es dort genauere Emissionsmessungen, die nicht von Amts wegen durchgeführt werden und von einer anderen Stelle geprüft werden. Des weiteren wurde in der Antwort angeführt, eine Mineralisierung käme qualitativ sehr wohl dem Boden gleich, den wir sonst vorfinden. Aber eine Mineralisierung bewirkt einen toten Boden und ist insofern überhaupt nicht mit Kompost gleichzusetzen. Oie Müllproblematik wird mit der Müllverbrennung überhaupt nicht gelöst. Bevor ich in das Thema dieser Interpellation einsteige, möchte ich zum Ausdruck bringen, daß ich es schon für eine Zumutung und eine Mißachtung sondersgleichen halte, wenn uns Abgeordneten am Vortag eine 185 Seiten starke Antwort auf die Interpellationen mit entsprechend vielen Anlagen zugestellt wird. Da kann man eigentlich keine Sekunde schlafen. Ich finde das nicht nur nicht gut, sondern halte es auch für bedauerlich; denn so kann außer Statements doch gar keine Diskussion in diesem Parlament zustande kommen, und es können wieder nur altbekannte Argumente ausgetauscht werden. Es wäre doch wesentlich besser, wenn uns eine solche Unterlage unter entsprechender zeitlicher Vorgabe zugestellt würde. (Beifall bei den GRÜNEN) Ich folgere allerdings daraus, daß der Regierung an einer intensiven Auseinandersetzung gar nicht gelegen ist. Oder sie möchte keine umfassende Analyse von der Oppositionsseite. Man sieht auch, was uns in der kurzen Zeit seit der Zustellung zugemutet wird. Wie lange dauert auf der anderen Seite die Antwort auf eine Anfrage, wobei in der Regel selbst bei einer einfachen Anfrage um eine Fristverlängerung gebeten wird! Ich will mich jetzt auf die Müllverbrennung, auf Fragen der Deponie und auf grüne Alternativen dazu beschränken. Noch eine grundsätzliche Anmerkung! Die Beantwortung greift meines Erachtens die Probleme nur an den Wurzeln auf, ohne notwendige Konsequenzen, die sich daraus logischerweise ergeben würden, weiter zu verfolgen. Die Beantwortung bleibt in bloßen Absichtserklärungen stecken. Einiges ist dazu heute schon gefallen; ich möchte da nichts wiederholen. Nur bei der Abfallvermeidung gehe ich darauf noch kurz ein. Sprache ist verräterisch, Herr Minister. So versteht sich auch der häufig gebrauchte Konjunktiv in der Beantwortung der Interpellationen. Eine weitere Eigenschaft neben dem vielfach verwendeten Konjunktiv

59 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag.11. Wahlperiode 3851 (Frau Windsperger [DIE GRÜNEN]) stellt aber auch der gepflegte Euphemismus dar. Neben der Verkennung von Notwendigkeiten und Lösungsschritten, die nicht in die pure Verbrennungsorgie führen, wurden ganzheitliche, ökologische und ökonomische Aspekte außer Betracht gelassen, verfälscht oder auch geschönt. Ich werde auch auf diese Punkte noch eingehen. Seit die zweite Fortschreibung des Abfallentsorgungsplans für die Beratung verteilt wurde, hat die Fraktion DIE GRÜNEN daran berechtigt massive -Kritik geübt. Diese Interpellation bestätigt noch unsere Haltung, schreibt sie doch die Maßnahmen, die wir befürchten, schon vor der Verabschiedung des zweiten Abfallentsorgungsplans fest. In der Interpellation ist des weiteren eine Anhäufung von Behauptungen zu finden, die durch nichts belegt werden, sei es beim Thema Müllvermeidung oder auch bei der Sondermüllerfassung. Aber auch die Selbstbeweihräucherung, die hier betrieben wird - mein Vorredner hat sie perfekt geübt-, hilft nicht, die Probleme zu lösen. Erfreulich ist aber, daß nun, nachdem es bis vor kurzem angeblich noch kaum Probleme gab, solche nun wenigstens punktuell eingeräumt werden, wenn auch die Analyse zum Teil überhaupt nicht trifft und damit auch die Lösung fehlt. Auf Seite 1 wird vom,,integrierten Abfallentsorgungssystem" gesprochen; an anderer Stelle ist die Rede von Entsorgungspark", Mineralisierung", thermischer Verwertung". All das bedeutet aber letzten Endes nichts anderes als Verbrennung". Unserer kritischen und ablehnenden Haltung liegt aber zugrunde, daß diese Form der Großtechnologie zu einem Zent r a 1 i s m u s führen muß. Müllverbrennungsanlagen sind nämlich ideal für Verwaltungen, nicht hingegen ökologische Abfallwirtschaft, die weder zentralistisch noch verwaltungsmäßig geführt werden könnte. (Abg. Kling: Das hilft aber auch nicht!) - Doch! Ökologische Abfallwirtschaft erfordert nämlich nicht nur, die Bedingungen des Marktes immer wieder neu zu überprüfen und aufs neue zu erfassen, sondern auch eine Flexibilität, die eine Verwaltung gar nicht leisten kann, Herr Kling. Müllverbrennungsanlagen - jetzt haben wir 15, dann werden es 31 sein - laufen meines Erachtens sogar dem Abfallbeseitigungsgesetz zuwider, das immer noch mit Vermeiden beginnt und über das Vermindern und Verwerten bis hin zu den Reststoffen auf der Deponie geht. Vermeiden ist ja auch die Achillesferse der Bayerischen Staatsregierung, die hier flugs dem Bund alles in die Schuhe schiebt, wo doch der Minister Zimmermann die Lex Aldi erlassen hat; das ist. heute auch schon gefallen. Es ist auch immer wieder schön anzuführen und tut uns ja auch gut. Aber es ist auch zu fragen, warum weder die Länder noch der Bund alles daransetzen, die Vermeidung nicht nur zu propagieren, sondern auch zu praktizieren - ich habe dies in der Antwort gelesen -, und warum sie nicht eine eigenständige rechtliche Wir-. kung erhält. Es ist richtig, aber nicht ausreichend, festzustellen, daß Abfallwirtschaft allzu oft erst am Ende der Produktions- oder Konsumkette ansetzt. Wie will die Staatsregieurng künftig insbesondere mit weitreichenden Konsequenzen daraus umgehen, wenn sie sagt, daß die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine unter Umweltschutzgesichtspunkten zu optimierende Abfallentsorgung bereits bei der Zulassung oder Genehmigung von Produktionsverfahren beginnt? Worten müssen Taten folgen, Herr Minister! Leider sind aus dieser Interpellation keine Folgerungen der Staatsregierung ersichtlich, wie Vermeidung praktiziert werden könnte. Unser Vorschlag der kommunalen Verpackungssteuer, denke ich, könnte ein Schritt in diese Richtung sein. (Zuruf des Abg. Kling) Ein bloß appellativer Charakter, der noch dazu an.die falsche Stelle gesetzt ist - denn da wird von oben nach unten delegiert, und da sollen plötzlich die Bürgerin und der Bürger alles leisten, was oben" die Industrie nicht zu leisten vermag -, wird, wie die Vergangenheit bewiesen hat, dann auch nicht zum Erfolg führen. Mir fallen da Beispiele ein: die in Folie verpackte Kokosnuß im Laden, die Milchtütchen hier in der Landtagsgaststätte, die Einmal-Kugelschreiber, die der Landtag verteilt, und das Recyclingpapier - das haben wir heute auch schon erwähnt-, das auch die Ministerien nicht verwenden. Da kann man schon an die anderen appellieren und ihnen sagen, was sie alles zu tun hätten! Dann wird auch die Vermeidung oder Verringerung s c h ä d 1 i c h e r St o ff e in den Abfällen angeführt. Hier ist erneut die Staatsregierung zu fragen, was sie unternommen hat bzw. was sie unternehmen will, um PVC-Produkte zu verbieten bzw. vom Markt zu drängen; das Wort Substitutionsprodukte" ist ja schon gefallen. Diese Produktionsarten haben nämlich extrem negative Auswirkungen, sind sozial unverträglich, umweltunverträglich und gesundheitsschädigend und gehören zur Gänze verboten. Schweden hat es uns vorgemacht. (Beifall der Frau Abg. Bause) Behauptungen der Staatsregierung, daß das Potential der Müllvermeidung oder Müllverminderung etwas mehr als 10 Prozent betragen dürfte, entsprechen wirklich nicht der Wahrheit. Es gibt auch genügend Literatur darüber. Sie dürfen gerne zu mir ins Büro kommen, Herr Minister; ich leihe sie Ihnen. In Wirklichkeit könnten nämlich über die Müllvermeidung, -verminderung und -verwertung - das ist keine Utopie - bis zu 80 Prozent des Mülls vor der MVA - Müllverbrennungsanlage - gerettet" werden. Die 20 Prozent nicht weiter verwertbarer Stoffe sind in der Endsumme weniger - aber da unterscheiden sich unsere Zahlen ja ganz enorm - als die Reststoffe Schlacke und Stäube, die auf dem Verbrennungsweg entstehen; hier sind es ja immerhin noch 30 bis 35 Prozent.

60 3852 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Frau Windsperger [DIE GRÜNEN]) Hochinteressant ist auch noch die Ausführung, daß bei den Maßnahmen zur Abfallvermeidung b e - t r i e b s w i r t s c h a f t 1 i c h e Rahmenbedingungen zum Tragen kommen können. Man beachte: Konjunktiv! Genau das wäre nämlich notwendig und das wäre auch steuerbar. Solange jedoch Natur und Ressourcen zum Nulltarif gebraucht und mißbraucht werden dürfen, spielt weder die Vermeidung noch die Verwertung noch die Verminderung die entscheidende Rolle. (Beifall bei den GRÜNEN) Falsch ist des weiteren die Behauptung, daß die thermische Verwertung nicht mit der stofflichen konkurrieren würde. Es ist sogar das Gegenteil der Fall: Sie verhindert die stoffliche Verwertung, und zwar schon aus zweierlei Gründen. Ich weise auf die Auswirkung der stofflichen auf die thermische Verwertung hin. Das Ergebnis von Professor Jäger über Heizwertanalysen von verschiedenen praktizierten und praktischen Recyclingverfahren ist nicht zu verallgemeinern. Andere Gutachten wie etwa das vom IFEU-lnstitut für die Stadt Bielefeld ergeben ganz andere Werte. Dabei fallen nämlich gerade die niedrigeren durchschnittlichen Heizwerte für Rohmüll in der Analyse von Professor Jäger ins Auge. Die Probleme sind aber auch noch an die Tatsache der saisonalen Schwankungen der Müllzusammensetzung gebunden. Zu dem Argument, daß die stoffliche mit der thermischen Verwertung sehr wohl konkurriert! Zum einen erfordern Müllverbrennungsanlagen immer die gleiche Menge Müll. Das heißt, es gibt dafür ähnlich wie bei den Stromverträgen Lieferverträge, die erfüllt werden müssen. Wie soll der reibungslose Ablauf einer Müllverbrennungsanlage auch erfüllt werden, wenn, wie schon ausgeführt, bis zu 80 Prozent Müll vermieden, vermindert und verwertet werden würden? Die Müllkapazitäten sind also für die MVA festgeschrieben, wie auch umgekehrt die MVA mit den in der Nähe liegenden Industriefirmen Lieferbedingungen für Strom, Energie und Dampf eingeht, die auch gar keine Variable zulassen. Es gibt Stromverpflichtungen auf der einen wie auf der anderen Seite. Zum anderen haben dezentrale, nicht subventionierte Müllverminderungs- und Recyclingzentren überhaupt nicht die politische Durchsetzungskraft wie die den Zweckverbänden angeschlossenen Müllverbrennungsanlagen. Die F i n an z i e r u n g ist wie immer das Entscheidende. Solange für den umfangreichen Gesamtkomplex von Müllvermeidung, Information, sowohl für Industrie als auch für Bürgerinnen und Bürger getrennte Stoffsammelsysteme, Recyclingbetriebe, Grüne Tonnen und Vermarktungsfirmen nicht annähernd so hohe Subventionen gewährt werden wie für die MVA, hat diese Form der Abfallwirtschaft wirklich keinerlei Chancen. Es gibt Milliarden-Projekte ausschließlich für Müllverbrennungsanlagen, und da wollen Sie, Herr Staatsminister, kein Pyromane sein? (Widerspruch von der CSU - Abg. Dr. Wilhelm: Wissen Sie, was ein Pyromane ist?) - Ja, freilich weiß ich es, Herr Kollege. (Zuruf von der CSU: Sagen Sie es uns!) Schreib! die Staatsregierung, daß nur 10 Prozent des Abfallaufkommens stofflich verwertet werden könnten, so kommt dies - das ist auch schon einmal gesagt worden - wirklich einer Bankrotterklärung gleich, weil es überhaupt nicht ernsthaft versucht worden ist. (Beifall bei den GRÜNEN) Würde die Staatsregierung wenigstens konsequent die Naßmüllfraktion sammeln und kompostieren - das Beispiel Zürich wäre hier anzuführen -, dann würde nämlich das Volumen um 40 bis 50 Prozent reduziert. Wenn ich noch Glas und Papier konsequent im Holsystem und nicht auf freiwilliger Basis sammle, dann wären das noch weitere 30 Prozent. In der Interpellation wird hervorgehoben, daß noch vor einer Dekade die M ü 11 gebühren etwa 100 DM betrugen, während sie zuletzt aufgrund des hohen Deponiestandards bis zu 180 DM betrugen. Aufgrund teuerer Umweltschutzmaßnahmen werden künftig die Gebühren bis zu 400 DM betragen, heißt es dort. Die Staatsregierung verschweigt aber, daß es a) riesige Probleme mit ihrem Deponiestandard" gibt und b) die bisherigen Müllgebühren völlig unrealistisch waren und insbesondere Gewerbemüll zu absolut lächerlichen Preisen auf Kosten der Allgemeinheit abgeliefert und deponiert wurde. Würde das jetzige Müllsystem nicht von seilen des Staates in Milliardenhöhe finanziert, sondern auf die Verursacher umgelegt werden und würde man umgekehrt einer stofflichen Verwertung die gleiche finanzielle Unterstützung wie einer Verbrennung gewähren, wäre die stoffliche Verwertung konkurrenzlos, weil billiger. Aber solange Bürgerinnen und Bürger direkt und indirekt, letz1endlich also sogar zweimal zur Kasse gebeten werden anstatt die Verursacher - sprich: Industrie - und solange jeder und jede, egal wieviel Müll in der Tonne ist, die gleichen Gebühren zu zahlen hat und damit auch bestraft wird, hat niemand Interesse, tatsächlich Müll zu vermeiden. (Beifall bei den GRÜNEN) Wir wären für gestaffelte Müllpreise. Wer also eine kleine Tonne braucht, zahlt selbstverständlich auch weniger als der, der eine größere Tonne braucht. Hohen Unterhaltungswert hat in dieser Interpellation folgende Aussage: Auf die Festlegung von Art, Einzugsgebiet und Standort für Anlagen zur stofflichen Verwertung im Plan wurde verzichtet, da in diesem Fall die Vielfalt des örtlichen Engagements und der Kreativität verlorengehen würde. Oder: daß konkrete Standortangaben für die im Plan geforderten Deponien in vielen Fällen wegen der oft nur kurzen Betriebszeiten der Deponien bis zu ihrer Verfüllung die Entsorgung eher hemmen als fördern. Wo bleibt da

61 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3853 (Frau Windsperger [DIE GRÜNEN]) die Kreativität des Ministeriums? Auf dem Günzburger KongreB - die Verantwortlichen dieser Regierung. waren da auch - wurde von amerikanischer Seite unter anderem behauptet, daß die Bayerische Staatsregierung leider unfähig sei, die Kreativität der Bürger in Müllkonzepte einzubinden. Wir bezeichnen das Verhalten, daß bis zuletzt nicht bekannt wird, wo Standorte sind, eher als Verschleierungstaktik. Sie hat ihren Grund darin, daß die Akzeptanz aufgrund der negativen Art, wie in Bayern sowohl Deponien als auch Müllverbrennungsanlagen betrieben werden, äußerst gering ist. Das geht von der Geruchsbelästigung bis hin zu Trinkwasserverseuchungen - so umweltbewußt" werden Deponien betrieben. Weiter ist aus der Interpellation ersichtlich, daß Altanlagen jederzeit mit Filtern nachrüstbar seien. Da muß ich Sie schon fragen, Herr Minister: Warum tun Sie das nicht? Aber auch die Schwermetallemissionen in der Nähe von Müllverbrennungsanlagen und die damit ebenfalls verbundene Geruchs- und Lärmbelästigung bis hin zu Allergien und Krankheitsbildern vermögen bei der Bevölkerung in der Nähe der Standorte keine rechte Freude aufkommen zu lassen. Weil die Bevölkerung zurecht wenig Vertrauen in den Betrieb einer Müllverbrennungsanlage oder Deponie hat, versucht jetzt die Staatsregierung, den genauen Standort so lange wie möglich zu verschleiern. Was wir hier tun, ist: Wir schließen Generationsverträge, und zwar für die Zukunft, was Langzeitauswirkungen wie Grundwasserverseuchungen - sie sind ja bei Deponien nicht reparabel - betrifft. Über Synergismen, deren Auswirkungen wir noch nicht einmal abschätzen können, wurde heute gar nicht gesprochen. Es wurde auch über den K o m p o s t geredet. Dazu nur ein kleiner Vergleich! Es wird heute immer noch so viel Torf verbraucht, wie durch Kompostierung der gesamten Menge an organischen Abfällen nicht erzeugt werden könnte. (Beifall bei den GRÜNEN) Zu den Kendlmühl-Filzen wurde per Antrag beschlossen, daß der Torf dort weiter abgebaut werden darf. (Zuruf von der CSU: Nicht mehr!) - Aber er wurde doch abgebaut! Man weiß bis heute nicht, ob nicht doch Verletzungen entstanden sind, die das Grundwasser betreffen. Aber ich lasse mich gern von Ihnen vom Gegenteil überzeugen. Die Staatsregierung soll trotzdem einmal die Verwertung im Bereich der organischen Abfälle - sprich: Kompostierung - in Zahlen fassen. Da frage ich: Wieviel wird denn eigentlich kompostiert? Zwei, drei oder gar sechs Prozent? Das fehlt in der Beantwortung. Wie sieht die Unterstützung in diesem Bereich wirklich aus, und was will die Staatsregierung in Zukunft tun? Hier wären allein, was die Kompostierung betrifft - ich habe das vorhin schon gesagt -, 40 bis 50 Prozent des gesamten Müllaufkommens möglich. Schade ist, daß immer wieder versucht wird, den Kompost insofern madig zu machen, als man Schwermetallbelastungen mit hineinbringt. Das hängt aber damit zusammen, daß die Schwermetallbelastungen des Gesamtmülls auch in der Kompostfraktion enthalten sind. Dadurch kommen natürlich ganz andere Zahlen zustande. Auch im Bereich der D e p o n i e n haben wir riesige Probleme. Das Deponie-Merkblatt ist eigentlich ein purer Witz, das überarbeitet gehört. Wir fordern auch das Multibarrierensystem, und zwar wenigstens nach dem Vorbild von Hessen. Dort gibt es die Kombinationsdichtung drei Lagen mineralisch, Bentonit dreimal 25, Kunststoffolie, HDPE, mindestens 2,5 mm Hochdruckpolyethylen. In Bayern aber haben wir jetzt zwei Lagen mineralisch, zweimal 30. Das ist zu wenig; das reicht nicht aus. Hier erdrücken uns die Probleme. Wichtig wäre, daß wegen der geologischen Sicherheit ein geeigneter Standort gewählt wird. Auf meine Anfrage, wieso Soyen bei Wasserburg als Standort gewählt worden ist, wurden mir als Alternativstandort circa zehn Kiesgruben genannt. Aber auch in dieser Interpellation steht, daß Kiesgruben nicht geeignet sind. Wenn nun ausschließlich Kiesgruben als Alternativen genannt werden, kann man daraus vielleicht schließen, daß Soyen durchgedrückt werden sollte. Nach dem jeweiligen Stand der Technik müßte natürlich eine optimierte künstliche Basisabdichtung, die Konstruktion des Deponiekörpers, die Kontrollierbarkeit und Reparierbarkeit während des Deponiebetriebs gegeben sein. Das ist bei unseren derzeitigen Deponien alles nicht möglich. Erforderlich sind auch eine Deponie-Flächenabdichtung nach Beendigung des Deponiebetriebs und eine Nachsorge. Das Sickerwasser ist wieder ein eigenes Problem. Auch dafür muß eine Technik bereitgestellt werden, die das permanente Abpumpen des Sickerwassers gewährleistet. Hochmülldeponie wäre Stand der Technik, wird aber nicht gemacht. Eine ganzflächige Dränage an der Basis der Hochmülldeponie würde eine hundertprozentige Erfassung des auftretenden Sickerwassers bewirken. Aber dieses Sickerwasser muß in einer speziellen Deponiekläranlage behandelt werden, und zusammen mit dem häuslichen Abwasser aus den kommunalen Kläranlagen stellen sie nach Beckerath vom UBA keine umweltschonende Lösung dar, weil es eine zu geringe Entfrachtung des Sickerwassers im Hinblick auf die Summe aller Belastungen hat. Die Klärschlammproblematik der Vorfluter wird nicht mit definierten, organisch schwer abbaubaren Stoffen und Salzsehlacken belastet; weitgehende Anwendung des Verdünnungsprinzips. Ich möchte noch eine kurze Auflistung geben, weil mir das Problem der Deponien bei der Thematik Müllverbrennungsanlagen" zu kurz kommt. Kienberg bei Traunstein wurde dichtgemacht und hätte abgedichtet werden müssen, wird aber wohl aufgebaut. Flinsbach wird unten zur Hälfte abgedichtet; die Deponie soll ebenfalls erhöht werden. Bergen, Winkl, Eham, Kalkhäusel, die Matthiaszeche bei Schwandorf - die anderen waren alle aus dem Oberland-; Gallenbach ist nun wirklich bekannt, Sieghart bei Soyen, Ur-

62 3854 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 /58 v (Frau Windsperger [DIE GRÜNEN]) schalling, Haag. Das sind alles Bereiche, wo wir wirklich Probleme haben. Großlappen mit der Ausbreitungswolke und der Verseuchung des Grundwassers müßte unten abgedichtet werden; Gersthofen usw. Aber ein Punkt, nachdem ich auch im Bildungsbereich tätig bin, hat mich sehr gefreut; das steht auf Seite 33 der Interpellation. Es handelt sich um die U m w e 1 t erzieh u n g. Da heißt es: Der Bürger wird auch mehr als früher durch Presse, Hörfunk, Fernsehen über Umweltfragen informiert. Besonders zu begrüßen sind die in den Fernsehprogrammen regelmäßig ausgestrahlten Umweltspots. Da frage ich Sie, Herr Minister: Was macht es eigentlich dann für einen Sinn? Wenn man vorher von den Weichspülern über Waschmittel bis zu Zähneputzmaterialien alles bekommt, auch verbundverpackte Süßigkeiten - alles außerordentlich lebenswichtige Güter! -, was soll da eigentlich ein Umweltspot? Das ist doch eine Farce! Die Lehreraus- und -fortbildung in Umwelterziehung beträgt im Vergleich zur Verkehrserziehung nicht einmal 10 Prozent. Also, da ist schon noch einiges zu tun. (Zuruf) - So ist es! Herr Knauer, auch Sie können doch nachlesen, daß in Dillingen dazu nichts läuft. Ein fächerübergreifendes Prinzip ist Umwelterziehung sowieso noch nie gewesen. Da haben bayerische Politiker halt immer noch Schwierigkeiten; das gebe ich ja auch zu. Aber immerhin wäre es zu machen. Ein Armutszeugnis ist es, daß den Schulen wieder empfohlen wird, Recyclingpapier einzusetzen, obwohl es der Herr Minister selber nicht tut. Das linde ich schade. Ich denke, daß wir zu diesen Bereichen später noch einmal kommen werden. Danke! (Beifall bei den GRÜNEN) Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Herr Kollege Dr. Mayer. Dr. Meyer Martin (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man das, was die Redner der Oppositionsparteien bisher gesagt haben, zu einer Zwischenbilanz zusammenfassen wollte, dann muß man sagen: Die SPD hat den geordneten, planmäßigen Rückzug aus ihrer Gegnerschaft gegenüber der Müllverbrennung angetreten. (Abg. Hiersemann: So ein Krampf! - Gegenruf des Abg. Dr. Wilhelm: Seien Sie doch froh, wenn der Rückzug gelingt!) Ich kann nur sagen: Das ist die Rückkehr auf den Weg der Vernunft. Beim Kollegen Heinrich hatte man ja ohnehin den Eindruck, als bestünden beim Bau von Müllverbrennungsanlagen keine Akzeptanzprobleme mehr, sondern nur noch ein Finanzierungsproblem. So ist es aber in der Tat nicht. (Abg. Hiersemann: Also, das ist ein ausgemachter Krampf!) Der Herr Kollege Dr. Ritzer hat ja auch seinen Clausewitz gelesen und hat ein paar Attacken geritten, damit der Bürger nicht merken soll, daß Sie hier eine Wende um 180 Grad machen. Vor allem sollen es die Mitglieder draußen nicht merken. Ich kann dem Herrn Minister nur empfehlen, die Rede des Herrn Dr. Ritzer - ich halte vieles von dem, was er heute gesagt hat, für sehr vernünftig - (Abg. Dr. Ritzer: Ich gebe Ihnen alle meine Reden!) auch den Kommunalpolitikern der SPD und den Mitgliedern oder den Ortsvereinen der SPD zu schicken. (Abg. Dr. Ritzer: Ist schon veröffentlicht!) Denn nur 50 Prozent des Hausmülls der stofflichen Verwertung und 50 Prozent der Verbrennung zuzuführen, ist für die SPD schon ein deutliches Zugeständnis; der Herr Kollege Kling hat das ja im einzelnen dargelegt, und ich brauche es nicht zu wiederholen. Fragen Sie aber doch einmal in der Stadt München, wieviel hier stofflich verwertet wird! Da wird es über 10 Prozent nicht viel hinausgehen. Von der Vertreterin der GRÜNEN, die den Weg der Vernunft, den die SPD nun zu gehen beginnt, noch nicht beschritten haben, (Abg. Dr. Kestel: Da muß erst einmal die CSU vernünftig werden!) wird gesagt: Wir können 80 Prozent des Hausmülls stofflich wiederverwerten. Da kann ich nur sagen: Sagen Sie das dem Referenten Ihrer Partei, der in der Landeshauptstadt München für diesen Bereich zuständig ist! Dann können wir sehen, was er in einem, zwei oder drei Jahren fertigbringt. (Vereinzelter Beifall bei der CSU -Abg. Hiersemann: Den haben Sie doch mitgewählt! Jetzt spricht er auch noch vom schwarz-grünen Chaos! Das ist unglaublich! - Vereinzelte Heiterkeit bei SPD und GRÜNEN) Ich bin sehr gespannt, was von den großen Erwartungen dann in der Wirklichkeit übrigbleibt. (Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN) Frau Windsperger hat die ö k o 1 o g i s c h e M ü 11 - v e r w e r t u n g angemahnt. Ich kann nur sagen: Das, was die Staatsregierung macht, ist ökologische Abfallwirtschaft, weil sie aus den Bereichen Vermeidung, stoffliche Verwertung, thermische Verwertung und letztlich schadlose Beseitigung besteht. Ich meine, das ist für jede Sache das Richtige, (Abg. Dr. Kestel: Vermeidung ist bei Ihnen leider Zukunftsmusik!) wobei es auch um die Prioritäten geht. - Für die V e r m e i d u n g sind in erster Linie der Bund und die Europäische Gemeinschaft zuständig. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, und wir müssen

63 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3855 (Dr. Mayer Martin [CSU]) natürlich auch bei der Vermeidung Prioritäten setzen. Die Vermeidung muß insbesondere dort ansetzen, wo Wiederverwertung und die thermische Verwertung besonders schwierig sind. wo also Schadstoffe im Müll enthalten sind. Kollege Hölzl wird dazu noch etwas sagen. Vielfach geht es aber natürlich auch um das Mengenproblem. weil es ungeheuer schwierig ist. Müllverbrennungsanlagen oder Deponien noch irgendwo neu zu errichten. Deshalb müssen wir die Maßnahmen zur Müllvermeidung natürlich mit allen möglichen Mitteln unterstützen. Als erstes ist da die freiwillige Verhaltensveränderung der Verbraucher zu nennen. Es wird mehr Sorgfalt zu verlangen sein; ich meine. daß das eine gemeinsame Aufgabe auch der Verbände ist. Ich nenne nur die Schlagworte Mehrweg statt Einweg und bestimmte Formen der Kennzeichnung. die mithelfen. Aber, Herr Dr. Ritzer, mit der Kennzeichnung werden Sie nie soweit kommen, daß Sie damit einen Stoff ganz wegbringen. sondern Sie werden halt bestimmte Bereiche oder bestimmte Anteile wegbringen. Das ist natürlich schon ein Vorteil; da sind wir uns einig. Wir sollten uns aber ja nicht den Hoffnungen hingeben, daß sich das menschliche Verhalten absolut nach einseitigen Kriterien ausrichtet. Es besteht nämlich ein Riesenunterschied zwischen dem. was die Leute, z.b. auf Versammlungen, sagen und in Unterschriften dokumentieren. und dem, was sie dann zu Hause tun. Ich brauche nur an die Erfahrungen mit dem bleifreien Benzin zu erinnern. Da gab es Listen mit Tausenden von Unterschriften für bleifreie Tankstellen. Als diese dann eingerichtet waren, haben dort zwei, drei Autos getankt. Das ist eben der Unterschied, und dem müssen wir auch in dieser Frage Rechnung tragen. (Abg. Kamm: Wo war das? -Abg. Heinrich: Jetzt nicht mehr!) - Ich könnte Ihnen Beispiele aus dem Landkreis München und rund herum nennen. (Weitere Zurufe des Abg. Kamm) Ich tneine, daß der Staat für die Vermeidung von Abfall Anreize schaffen und Rahmenbedingungen setzen muß. Ich darf nur einige Stichworte nennen: Vorbildwirkung der öffentlichen Hand in den Krankenhäusern, in den Schulen, in den Mensen und bei der Bundeswehr. Ich darf auch auf einen Antrag des Kollegen Kling verweisen. Zur Abfallvermeidung gehört natürlich auch die Förderung von Mehrwegflaschen. und ich nenne bewußt die Einführung des Pflichtpfandes, das den Vertrieb von Mehrwegflaschen begünstigt. Ich halte das für eine sehr wichtige Angelegenheit. Bei der Abfallvermeidung müssen wir auch über die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nachdenken. Ich halte nichts von der Verpackungsabgabe. Aber ich meine. wir müssen darüber nachdenken. ob es nicht - das gilt auch für andere Umweltbereiche - notwendig ist, insgesamt eine Verlagerung der Steuer- und Abgabenlast dadurch zu erreichen. daß die Lohnnebenkosten gesenkt und die Energieträger zusätzlich belastet werden, und zwar auf europäischer Ebene, weil auf einem einheitlichen Markt keine unterschiedlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen herrschen dürfen. Überlegen Sie doch einmal: Warum wird denn soviel Abfall produziert? Es kommt zum großen Teil daher, daß die Lohnkosten einschließlich der hohen Lohnnebenkosten. also die Personalkosten, gewaltig gestiegeq sind, die Materialkosten aber vergleichsweise niedrig sind, so daß es sich nicht lohnt. Dinge zu reparieren. Der ganze wirtschaftliche Trend geht deshalb zur Selbstbedienung in den Handelsketten. Ich meine, darüber sollten wir auch nachdenken. Letztlich kommt es auch darauf an, daß wir die Forschung und Entwicklung vorantreiben. Das liegt schon im eigenen Interesse der Wirtschaft, und ich meine, in diesem Bereich gibt es auch noch deutliche Reserven. Da gibt es viele kleine Detailprobleme, angefangen von der Stapettähigkeit bei Zahnpasten. so daß man keine zweite Verpackung mehr braucht. (Zuruf des Abg. Kamm) - Ja, Sie haben recht: Es sind sogar mehr. Es ist erfreulich, daß die Europäische Gemeinschaft zumindest in diesem Bereich mit Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gewaltig einsteigt. Soweit es sich nicht um schadstoffhaltige Abfälle handelt, ist bei der Abfallvermeidung in der Europäischen Gemeinschaft allerdings nicht sehr viel zu erwarten. Ich möchte aber noch zu einem Punkt kommen, der sowohl von Ihnen. Herr Heinrich, als auch von der Frau Abgeordneten Windsperger angesprochen worden ist. nämlich zur Frage des Verbots der Erzeugung und des Vertriebs bestimmter Erzeugnisse. wobei ich jetzt in erster Linie nur vom Mengenproblem und nicht von giftigen Stoffen. um das noch einmal zu trennen. rede. Beim Vertrieb haben wir in der Europäischen Gemeinschaft die Situation, daß spätestens 1992 eine Einschränkung nicht mehr möglich ist. Mit der Verwirklichung des gemeinsamen Binnenmarktes darf ja alles, was in einem der Mitgliedsländer nach den dortigen gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäß hergestellt wird. in der gesamten Europäischen Gemeinschaft vertrieben werden. Wenn wir in Deutschland Erzeugungsverbote für PVC aussprechen - der Herr Kollege Ritzer hat in einem Rundumschlag auch Wakker genannt; Sie könnten auch noch Hoechst aus dem Chemiedreieck nennen -. hätte das letztlich zur Folge. daß in Deutschland die Produktion eingestellt wird, aber die gleiche Menge aus dem übrigen Wirtschaftsraum der Europäischen Gemeinschaft zu uns hereinkommt. Für die Umwelt hätten Sie damit gar nichts erreicht. Sie hätten nur erreicht. daß in Bayern Arbeitsplätze verlorengehen. Wenn wir so etwas machen würden. wären Sie die ersten, die dann sagen würden: Die Staatsregierung hat das kaputtgemacht, wohl wissend, daß wir damit letztlich für die Umwelt nichts erreichen.

64 3856 Bayeri1cher Landl Wahfperiode Plenarprotokoll 11 /58 v (Dr. Mayer Martin [CSU]) Ich meine auch, daß Ihr Angriff, Herr Dr. Ritzer, auf die V e r b u n d m a t e r i a 1 i e n nicht gerechtfertigt ist; denn die Verbundmaterialien werden zum Teil auch deshalb verwendet, um insgesamt die Verpakkungsmenge wesentlich zu reduzieren. (Widerspruch von der SPD) Ich gebe zu, daß es da natürlich auch für die Entsorgung und insbesondere für die stoffliche Wiederverwertung erhebliche Probleme geben kann; man muß aber immer die Gesamtbilanz ziehen. Das gilt im übrigen auch für Einweg- und Mehrwegverpackungen. Da ist die Gesamtbilanz nicht immer so eindeutig, wie es zunächst vom Abfallgewicht her aussieht. Das ist heute schon einmal dargestellt worden. Ich möchte abschließend sagen, daß für mich heute - ich ziehe diese Folgerung insbesondere aus der Rede des Herrn Kollegen Ritzer - bei der CSU und der SPD in der Frage der integrierten Entsorgung und auch des Anteils der Müllverbrennung sowie des Bestandteils der Müllverbrennung an der integrierten Entsorgung wieder ein größeres Maß an Übereinstimmung festzustellen ist. Ich halte das auch für sehr wichtig, weil gerade die Frage der Müllentsorgung und der Abfallwirtschaft letztlich nur an sachlichen Kriterien - ich möchte einmal sagen: an naturwissenschaftlichen Kriterien - entschieden werden kann, die natürlich auch eine politische Bewertung erfahren müssen. Ich möchte für die CSU sagen, daß wir den Weg der ganzheitlichen Betrachtung - Vermeiden, Verwerten, schadlos Beseitigen - auf sachlicher Grundlage weitergehen werden. (Beifall bei der CSU) Präsident Dr. Heubl: Als nächster hat das Wort der Herr Abgeordnete Hölzl. Hölzl (CSU): Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Wenn ich gleich an die Worte des Kollegen Dr. Martin Mayer anschließen darf, so meine ich, es sollte eigentlich als vorweggenommenes Resultat der Behandlung der Interpellation doch ein positives Signal sein, daß wir auf allen Seiten des Hauses durchaus befichtliche Aspekte der Gemeinsamkeit bei der Bewältigung dieser sehr wichtigen und umfassenden Aufgabe erkennen. Ich gfaube, es ist dann nicht der richtige Weg, qualvoll danach zu suchen, wo man auf der anderen Seite noch nicht erfüllten Handlungsbedarf entdeckt, um sich möglicherweise gegenseitig ungerechtfertigte Vorwürfe an den Kopf zu warfen, wie es hier von seilen der GRÜNEN leider zum Teil in einem Stil geschehen ist, der nicht hinnehmbar ist. Verehrte Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe übernommen, vorrangig zu dem Bereich Ver m e i - d u n g v o n A b f a 11 unter rechtlichen Gesichtspunkten" einige Ausführungen zu machen. Ich möchte noch einmal betonen: Gerade die Ausführungen des Kollegen Martin Mayer und des Kollegen Kling haben bei objektiver Betrachtung gezeigt, daß der Zeitpunkt des Beginns echter aktiver Umweltpolitik mit der Schaffung der notwendigen rechtlichen Instrumentarien - zumindest auf Bundesebene - tatsächlich erst 19ß2 eingeleitet wurde. In der heutigen Diskussion ist für uns alle das Inkrafttreten des G e s et z e s über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen am 1. November 1986 bedeutsam. Die Tatsache, daß dieses Gesetz schon in 1a und im Tenor, in der Überschrift das Wort Vermeidung als Begriff und als Aufgabe zitiert, halte ich für unsere politische Arbeit, die jetzt auch auf der rechtlichen Schiene vorangetrieben worden ist, für fundamental v.on Bedeutung; ich komme darauf noch im einzelnen. (Zuruf des Abg. Kamm) Es ist der Versuch unternommen worden, es nahezu der Lächerlichkeit preiszugeben, daß in der Antwort zur Interpellation steht, unsere Industriegesellschaft würde zu oft die Abfallproblematik erst am Ende der Produktions- und Konsumkette aufgreifen und nach Lösungen trachten. Unsere Aufgabe ist es doch, Mängel unserer Gesellschaft zu erkennen und gemeinsam nach Lösungen - zunächst natürlich auch in Kooperationsmodellen - zu streben, ohne täglich und stündlich die Keule des Rechts oder der Repression in der Hand zu schwingen. (Zuruf des Abg. Dr. Kestel) Natürlich steht im Vordergrund die Änderung des Bewußtseins der Gesellschaft, das gezielte Verhalten des einzelnen Mitbürgers zu beeinflussen und insoweit eine Änderung zu erreichen, weil sonst nach meiner festen Überzeugung wie in vielen anderen Bereichen alle staatlichen Maßnahmen unwirksam bleiben werden; da können wir noch so viele Gesetze und Verordnungen erlassen. Wenn wir an das Verhalten des einzelnen appellieren, stelle ich mir in dem Wissen, daß, was die Vermeidung von Abfall im Bereich des Einkaufs und des Konsums betrifft, die Masse betroffen ist, folgende Frage: Herr Minister bzw. Herr Staatssekretär, ist es nicht möglich, durch eine Initiative - so möchte ich es einmal nennen - im Bereich Handwerk, Handel und Gewerbe die Betriebe, die hinsichtlich Verpackung und Produktangebot zur Vermeidung von Abfall das Optimum auf der Basis des Standes der Technik zum Wohle der Bevölkerung und unserer Gesellschaft unternehmen, mit einer Bewertung u m w e 1 t - freund 1 ich er Betrieb" auszuzeichnen und daran vielleicht auch die einen oder anderen Vorteile in ökonomischer Hinsicht zu knüpfen? Ich halte dies für einen Weg, der erneut die Kooperationsmodelle unterstreicht und auf eine weitere, vielleicht insoweit neue Schiene bringt. Verehrte Damen und Herren! Wir bleiben dabei, daß das Gebot der Abfallvermeidung absolut erste Priorität genießt, natürlich auf der Grundlage - ich glaube, Herr Kollege Heinrich hat das gesagt - einer Schadstoffgesamtbilanzierung; dazu bekenne ich mich ganz ausdrücklich. Ich betone erneut wie hier schon des öfteren bei umweltpolitischen Diskussionen: Wir müssen uns darauf einigen, daß der Beginn der Abfallvermeidung bereits bei der Produktionsaufnahme

65 Plenarprotokoll 11/58 v BaYfrlocher Landtag 11. Wahlperiode 3857 (Hölzl [CSU)) - ich muß fast sagen: bei der Produktionsentwicklung - beginnt. Das heißt, bei der Entwicklung eines Produkts, beim Vertrieb, bei der Bereitstellung eines Produkts muß das Ende des Kreislaufes dieses Produkts bereits klar sein. (Abg. Kling: Rohstoffe!) - Herr Kollege Kling, natürlich auch im Hinblick auf die Rohstoffe, die wir schonen müssen. Wir dürfen nicht in beliebiger Weise in unseren Ressourcen wühlen und mit den Rohstoffen unvernünftig umgehen. Verehrte Damen und Herren, wie sieht die rechtliche Realität aus? Tatsache ist, daß das Ver m e i - d u n g s g e b o t - das wurde hier kritisiert - keine eigene rechtliche Wirkung hat. Wir haben aber die Vermeidungspflichten, die sich indirekt aus der Ermächtigungsvorschrift des 14 des Abfallbeseitigungsgesetzes und zum anderen natürlich auch aus der Regelung des 5 des Bundesimmissionsschutzgesetzes für die anlagenbezogenen Bereiche ergeben. Wenn wir die Rechtsnormen richtig bewerten wollen, haben wir zwingend die Tatsache mit einzubeziehen, daß Vermeidung oder Verringerung von schädlichen Stoffen in Abfällen Bestandteil der Abfallvermeidung ist oder ihr zumindest gleichzusetzen ist. Zur Normgebung im einzelnen! Die Kommunen haben die Chance, im Rahmen ihrer Satzungen die Art und Weise und die Zeit der Abfallanlieferung bzw. der Abfallbereitstellung für den Entsorgungspflichtigen festzulegen. Wir wissen, daß schon in ungeheuer vielen Landkreisen und Gemeinden Bayerns die getrennte Erfassung - grüne Tonne, Sortierung und all das andere - realisiert ist bzw. sich in Erprobung befindet. Ich nenne Altglas, Altpapier, Weißblech, Batterien, Arzneimittel usw. Frau Windsperger, es ist abwegig, wenn Sie hier fordern, daß für alle Bereiche die gleichartige und gleich hohe - ich muß fast sagen: unverhältnismäßige - Subventionierung gewährt werden soll. Wir sollten uns zum ersten gemeinsam auf das Ziel hin bewegen, über das in diesem Hohen Hause schon seit Jahren gesprochen wird, nämlich daß der einzelne den volkswirtschaftlichen Schaden seines umweltschädlichen Tuns erkennen und sich darüber bewußt sein muß, daß er dafür mit zu bezahlen hat. (Abg. Dr. Kestel: Das ist auch richtig!) Der zweite Aspekt! Es ist sicher falsch, wenn wir unbegrenz1 subventionieren und damit genau das Gegenteil von dem erreichen, was wir eigentlich anstreben, nämlich, das Bewußtsein und das Verantwortungsgefühl des einzelnen zu stärken. Der dritte Aspekt! Es ist schlicht und einfach falsch, wenn hier der Eindruck vermittelt wird, daß vom einzelnen Bürger draußen unabhängig von der Menge Müll, die er abliefert, gleich hohe Gebühren erhoben werden. Dies ist schlicht falsch. Lesen Sie die unterschiedlichen Satzungen der Gemeinden und Zweckverbände durch! Genau das Gegenteil wird zu praktizieren versucht. Präsident Dr. Heubl: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Windsperger? Hölzl (CSU): Natürlich! Frau Wlndsperger (DIE GRÜNEN): Herr Kollege Hölzl! Sind Sie mit mir der Meinung, daß die Subventionsmittel für die Müllverbrennungsanlagen sehr wohl zur Wertstoffsammlung, unter Umständen auch zur Vermeidung, und zur Information für Bürgerinnen und Bürger bis hin zur Gründung von Vermarktungsgesellschaften, die ähnlich wie die GSB aufgebaut sein können, umgeschichtet werden könnten, so daß wir tatsächlich einen geringeren Müllanfall hätten und dadurch Milliarden sparen könnten, die nicht für die Müllverbrennung verwendet werden müßten? (Zurufe von der CSU, u.a. des Abg. Kling: Gründen Sie doch eine Verwertungsgesellschaft!) Hölzl (CSU): Schon aus Ihrer Frage geht hervor, daß die Frage der Subventionierung eigentlich nur ein Randbestandteil in der Realisierung unserer Strategien zur Vermeidung und zur anschließenden Verwertung des Mülls ist. Es kann nicht auf die Höhe der Subventionen ankommen. Sie vermitteln hier fälschlicherweise den Eindruck, als würde die Subvention allein den Ausschlag dafür geben, ob Müll vermieden werden kann oder nicht. Die Kommunen können im übrigen noch kommunalaufsichtliche Maßnahmen zur zwangsweisen Zusammenschließung einzelner Gemeinden treffen, wenn dies das öffentliche Wohl erfordert. Ansonsten sind die Kompetenzen der Gemeinden eigentlich damit schon am Ende angelangt. Deswegen sind für die Kommunen Aufklärung, Information und all das, was vom Kollegen Martin Mayer schon kurz angetippt wurde, so bedeutsam. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die Gemeinden keine Abfallvermeidungsgebote erlassen können und daß im übrigen auch eine kommunale Getränkeverpackungssteuer keine Lösung darstellt. Zum ersten ist so etwas rechtlich unzulässig, und zum zweiten würde hier aus. volkswirtschaftlichen Gründen ein falsches Gefälle von Gemeinde zu Gemeinde eintreten. Verehrte Damen und Herren! 14 des Ab f a 11 b e - s e i t i g u n g s g e s e t z e s hat schon erste Erfolge nach sich gezogen. Nachdem zunächst für schwermetallhaltige Batterien und bleihaltige Flaschenkapseln die ersten konzeptionellen Schritte eingeleitet worden sind, liegen die Schwerpunkte jetzt bei FCKW, Kühlmitteln, Pflanzenschutzmitteln, kadmiumhaltigen Produkten, Altautos, Bauschutt und Gießerei-Altbeständen. Lassen Sie mich zur ersten Rechtsverordnung kommen, die auf der Grundlage des 14 erlassen wurde, nämlich zur A 1 t ö 1 v e r o r d n u n g, die heute schon Pilotcharakter hat und Wirkung im positiven Sinne zeigt. Die zweite Norm ist die jetzt im Entwurf vorliegende Verordnung über die Rücknahme und Verwertung von Ge t r ä n k e v e r p a c k u n g e n

66 3858 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 /58 v (Hölzl [CSU]) aus Kunststoff. Ich erspare es mir, die bereits vorgetragenen Argumente noch einmal aufzugreifen. Ich möchte aber, Herr Kollege Heinrich, im Hinblick auf das, was Sie Signal an die Bevölkerung" genannt haben, darauf hinweisen, daß der Bundesumweltminister bereits daran ist, eine Kennzeichnungsverordnung zu erarbeiten, mit der eine einheitliche. Kennzeichnung Einweg" oder Mehrweg" in die Wege geleitet wird. Ich glaube, dies zeigt auch, daß die Dinge eigentlich schon weiter gediehen sind, als Sie es wissen oder vielleicht wissen wollen. Verehrte Damen und Herren! Ich möchte noch auf den Entwurf einer Musterverwaltungsvorschrift.zur Altölentsorgung hinweisen. Ich möchte ausdrücklich den Entwurf der Verordnung über die Rücknahme und Verwertung gebrauchte( Lösungsmittel, die vorbereitenden Arbeiten zur Absprache über die Gerätebatterien und FCKW-haltigen Kühlgeräte und nicht zuletzt auch die Entsorgung von Altautos erwähnen. Auch hier gibt es bereits erste Maßnahmen. Mit diesen kurzen Hinweisen möchte ich nur noch einmal unterstreichen, daß die Ab f a 11 ver m e i - d u n g für die CSU - nach dem Bericht offenkundig auch für die bayerische Staatsregierung, im übrigen vorbildlich für das ganze Bundesgebiet - erste Priorität genießt und daß auf diesem Weg schon eine Fülle von Schritten eingeleitet wurden, um zu dem erstrebten Ziel zu kommen. Auf der gleichen Ebene bewegt sich natürlich auch die Novellierung des Bayerischen Abfallgesetzes; darauf ist heute schon hingewiesen worden. Ich freue mich auch darüber, Ihnen, falls Sie es nicht wissen, sagen zu können, daß die Erarbeitung einer TA Abfall auf Bundesebene bereits diskutiert wird. (Zuruf des Abg. Dr. Ritzer) - Es hat schon am 4. Dezember 1987 in Berlin Abstimmungsgespräche gegeben. Herr Kollege Dr. Ritzer, ich stelle Ihnen gern die Unterlagen zur Verfügung, wenn Sie davon keine Ahnung haben. (Abg. Dr. Ritzer: Warum wollen Sie uns das ' als Neuigkeit erzählen?) Ich möchte aber ausdrücklich eine Formulierung des Entwurfs hervorheben, die darauf abzielt, daß Abfälle grundsätzlich vor einer Ablagerung in einer oberirdischen Deponie thermisch, chemisch, physikalisch oder biologisch zu behandeln sind, von Schadstoffen zu entfrachten oder zu mineralisieren bzw. zu stabilisieren sind. Ich halte dies im Hinblick auf die Deponie-Diskussion von ganz entscheidender Bedeutung. Ich habe mehrfach die Auffassung' vertreten - Herr Kollege Heinrich hat heute eine ähnliche Aussage gemacht, wenn auch in anderer Form -, daß die Deponien von heute möglicherweise die Altlasten von morgen sein können. Deswegen sollten wir alles tun, um einerseits der Vermeidung und andererseits der ökologisch sinnvollen Verwertung des nicht zu vermeidenden Abfalls den Weg zu bahnen. Im übrigen muß unsere ganze Kraft darauf gerichtet sein, das bereits zitierte Kreislaufsystem in Anlehnung an das, was uns die Natur vormacht, ökonomisch und ökologisch wirksam nachzuvollziehen. Dem gelten unsere Anstrengungen. (Beifall bei der CSU -Abg. Kamm: Das war jetzt sehr richtig!) Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Herr Kollege Heinrich. Heinrich (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich darf an die Ausführungen des Herrn Kollegen Hölzl anknüpfen. Herr Kollege Hölzl, die Anforderungen der TA Abfall hinsichtlich der Deponie, die Sie zitiert haben, gelten eigentlich nur für den Teil, der bereits steht oder teilweise steht, nämlich für Sondermüll. Wir sind gespannt, ob das auch für Hausmüll gilt. Das müßte man noch prüfen. Zweitens zur t h e r m i s c h e n V e r w e r t u n g! Ich glaube, die CSU und die Staatsregierung sind auf die Haltung der SPD eingeschwenkt, Herr Kollege Kling. Früher waren stoffliche und Energieverwertung bei Ihnen gleichrangig; das können Sie in den Protokollen über die Diskussionen des Umweltausschusses hinreichend nachlesen. Heute - da schwenken wir bei Ihnen ein - sagen Sie: Stoffliche Verwertung hat Vorrang; die Energieverwertung ist nur eine Konkurrenz zur Deponie. Darüber sind wir uns einig, und das haben wir im Umweltausschuß auch immer vertreten. S i e haben früher einen anderen Standpunkt gehabt. Eine dritte Bemerkung! Was der Herr Kollege Kling hinsichtlich der Stadt A u g s b u r g und ihres erfolgreichen Oberbürgermeisters sagte, ist Geschichtsklitterung. Herr Kollege Kling, Sie wollen hier den Eindruck erwecken, als ob die CSU und Sie und, wer weiß ich alles, in Augsburg ein integriertes Entsorgungssystem auf die Beine gestellt haben. Sie können ohne weiteres von mir die Unterlagen haben fand ein Parteitag der Augsburger SPD statt, auf dem dieses integrierte Entsorgungssystem, das im Umweltministerium noch lange nicht ausgereift war, inhaltlich schon in groben Zügen von der Partei, und zwar nicht von der CSU, sondern von der SPD abgesegnet worden ist. Als 1984 nach der Kommunalwahl die Beschlüsse der Gremien innerhalb der Stadt gefaßt worden sind, da war es nicht die CSU, sondern die SPD und die CSM, die die Beschlüsse gefaßt haben. Die CSU war ja praktisch durch ihren früheren Vorreiter Knipfer im Stadtrat in die totale Opposition geraten. Wenn heute in Augsburg ein integriertes Entsor" gungssystem geplant und durchgeführt wird, das hoffentlich bis 1991/92 steht, dann hat das in erster Linie die SPD in verantwortungsvoller Kommunalpolitik in Augsburg gemacht, und zwar mit Hitte - da bin ich nicht so polemisch wie Sie - des Umweltministeriums, mit fachlicher Unterstützung z. B. des Herrn Fürmaier - er war damals noch für Abfall zuständig -, den ich mit Einwilligung des Umweltministeriums in die SPD-Fraktion geholt habe, um zu sehen, wie wir '.

67 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3859 (Heinrich [SPD]) einen pragmatischen, aber auch ökologisch sinnvollen Weg, und zwar nicht den der totalen Verbrennung, gehen können. Nehmen Sie mir bitte ab: Wir in Augsburg sind dankbar, dab Sie uns loben, und wir sind dankbar dafür, dab Sie uns als Modell vorweisen. Herzlichen Dank! (Beifall bei der SPD) Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Herr Kollege Neder. Neder (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Müllnotstand wird Wirklichkeit - zahlreiche Gemeinden mußten in der letzten Zeit den Müllnotstand ausrufen" - so war es vor wenigen Wochen in einer Information des Bayerischen Städtetages zu lesen. Unser Ausschußvorsitzender Herbert Huber hat darauf heute vormittag bereits Bezug genommen. Es ist dort weiter zu lesen: Einigen Städten sind die Abfallberge nur deshalb noch nicht über den Kopf gewachsen, weil sie einen Teil des Mülls in die hilfsbereite Nachbarschaft exportieren konnten. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der Bayerischen Staatsregierung, ich bin Ihnen, sehr geehrter Herr Staatsminister Dick, sehr dankbar, dab Sie in der Beantwortung der beiden Interpellationen den Bereich K o m m u n e n u n d A b f a 11 e n t - s o r g u n g so ausführlich, ja so konstruktiv behandelt haben und daß Sie vielerlei Gedanken und Lösungsvorschläge eingebracht haben. In der Tat wird die ordnungsgemäße Verwertung der immer noch anwachsenden Müllflut für viele Städte, Gemeinden und Landkreise zur größten umweltpolitischen Herausforderung. Kapazitätsgrenzen sind nicht nur erreicht - wir kennen einige Fälle -, sondern zum Teil überschritten. Mit wenigen Ausnahmen kann man feststellen: Die Abfallverwertung und -beseitigung ist zum schmerzhaften Problem aller Kommunalpolitiker geworden. Wer ein wenig Einblick hat, wird dies sicherlich nicht bestreiten. Daher, so meine ich, ist es das Gebot der Stunde, daß sowohl der Staat als auch die Kommunen tlen Bürgern bei der Verwertung des Verwertbaren helfen, was mit der regelmäßigen Publikation öffentlicher wie privater Annahmestellen beginnt und mit getrennter Sammlung und Verwertung des Verwertbaren endet. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kommunen können, wie auch in der Beantwortung der Interpellationen zu Recht vermerkt wurde, als entsorgungspflichtige Körperschaften durch verstärkte A u f k 1 ä r u n g der Bevölkerung auf abfallbewußtes Verhalten hinwirken. Sie müssen das tun, und ich möchte sagen, sie tun es auch. Als jemand, der viele Jahre Verantwortung in einem kommunalen Amt getragen hat, verwahre ich mich deswegen auch gegen die immer wieder zu hörende pauschale Kritik und Verurteilung der Kommunen, sie unternähmen zu wenig gegen die steigende Flut des Abfalls und würden alles nur vor sich herschieben. Ich meine, gerade bei der stofflichen Verwertung von Abfällen im Rahmen eines zukunftsorientierten Entsorgungskonzepts haben - dankenswerterweise auch. mit finanzieller Unterstützung durch den Staat - viele Landkreise, auch Städte und Gemeinden neue Konzepte und P i 1 o t p r o j e kt e, insbesondere im Bereich der Wertstofferfassung und -aufbereitung, entwickelt bzw. gestartet. Ich verweise aus zeitlichen Gründen nur auf die Seiten 48 ff. und die beigefügten Anlagen der Beantwortung der Interpellationen. Wenn ich allein die Anstrengungen in meinem Stimmkreis - das haben andere Kollegen vorhin auch getan -, dem L a n d k r e i s Bad K i s s i n g e n, stichpunktartig aufzeige und beschreibe, so soll das ein Beweis für meine soeben gemachte Aussage sein. In Zusammenarbeit zwischen Landkreis, Städten, Gemeinden, Wohlfahrtsverbänden und Umweltschutzorganisationen wurde - lassen Sie mich das stichpunktartig nennen! - folgendes organisiert: Sammlung von Altpapier flächendeckend dort, wo es erforderlich war, weil der Preis nicht mehr gestimmt hat, mit finanzieller Absicherung durch den Landkreis; Schaffung von Sammelstellen für Sekundärrohstoffe wie Glas, Weißblech, Textilien - Herr Hölzl hat darauf auch hingewiesen -; Entsorgung von Altöl; Problemmüllabfuhr. Ein Thema, das uns immer stärker auf den Nägeln brennt, ist die Entsorgung der Kühlschränke und Tiefkühltruhen, die nicht mehr in Gebrauch sind, mit dem schädlichen Kühlmittel Chlorfluorkohlenwasserstoff. Derzeit - lassen Sie mich das als weiteres Beispiel anführen - werden Maßnahmen zur Kompostierung von Naßmüll bzw. pflanzlichen Abfällen durchgeführt. Viele Städte und Gemeinden halten Kompostierplätze vor bzw. sind aufgefordert, solche Plätze einzurichten und zu betreiben. Die fachliche Betreuung erfolgt durch das Umweltschutzreferat des Landkreises. Als letztes Beispiel möchte ich aufführen, daß der Kreistag Bad Kissingen vor wenigen Wochen beschlossen hat, daß ab 1. Juli 1988 für die Hausmüllentsorgung ein Wertmarkensystem eingeführt wird. Hiermit soll ein finanzieller Anreiz für Bürger, die sich umweltbewußt nach den Prinzipien Vermeiden, Verwerten, Entsorgen" verhalten, geschaffen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, daß ich der Auffassung des Umweltministeriums zustimme, wenn es feststellt - ich zitiere -: Es ist damit weiterhin sinnvoll, den entsorgungspflichtigen Körperschaften die Entscheidung freizustellen, welches System der Wertstofferfassung im jeweiligen Entsorgungsgebiet eingesetzt werden soll. Ich begrüße es, sehr geehrter Herr Staatsminister Dick, daß Sie in Ihrer Rede darauf hingewiesen haben, daß den Kommunen in Kürze die von der Landesarbeitsgemeinschaft Abfall, der sogenannten LAGA, erarbeitete Informationsschrift,,Verwertung von festen Siedlungsabfällen" zur Verfügung gestellt wird. Ich meine, daß den Kommunen mit objektiven Kriterien für ihre Entscheidung bei der Wahl des

68 3860 Bayerischer Landtag. 11. Wahlperiode PlenarprotokoU 11/58 v (Neder [CSU]) Systems der Wertstofferfassung sicherlich eine echte Hilfe zuteil wird. Wenn ich mich in meinen bisherigen Ausführungen schützend vor die Kommunen gestellt habe, möchte ich aber auch ganz klar bekunden, daß ich im Blick auf die großen Entsorgungsengpässe in manchen Regionen von den Verantwortlichen der entsorgungspflichtigen Körperschaft erwarte, daß sie die A b - f a 11 e n t sorg u n g s p 1 ä n e nicht verzögern oder vielleicht teilweise blockieren. Hier, meine ich, hat die jeweilige Aufsichtsbehörde eine große Verantwortung, und sie muß dann auch handeln. Ich verweise auf die Artikel 98 Satz 2 der Landkreisordnung und 112 Satz 2 der Gemeindeordnung sowie auf die Artikel 99 der Landkreisordnung und 113 der Gemeindeordnung, in denen unter anderem die Ersatzvornahmeverfügung geregelt ist. Ich stimme hier den Ausführungen unter Punkt Pflicht zur Entsorgung - vollinhaltlich zu. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich im letzten Teil meiner Ausführungen noch kurz auf zwei Themen eingehen! Dies sind die auch in der vorangegangenen Diskussion schon angesprochenen Problembereiche Kompostierung und Klärschlamm. Niemand wird bestreiten, daß die K o m - p o s t i e r u n g nicht nur die Verbrennungsanlagen und Deponien entlastet, sondern dab dadurch auch organische Stoffe wiederum dem Naturkreislauf zugeführt werden, ja daß sich Kompost als Torfersatz hervorragend eignet. Hier befinden wir uns nicht im Widerspruch zu den Vertretern der Opposition. Wir sind im Umweltausschuß in der vergangenen Wahlperiode diesen Weg in der Zielsetzung gemeinsam gegangen. Nach Angaben des Umweltbundesamtes besteht der Hausmüll heutzutage aus rund 25 bis 30 Prozent kompostierbaren Abfällen - ein sicherlich sehr hoher Anteil. Unser Appell an alle Gartenbesitzer lautet: Kompostiere, was du kompostieren, kannst! Aber auch die Kommunen sind aufgefordert, soviel Kornpostflächen wie nur irgend möglich auszuweisen. Denn man kann nicht überall und in jedem Fall vom Gartenbesitzer oder von Gartenkolonien erwarten, dab sie die nötige Fläche anbieten können. Ich meine: Je mehr kompostierbare Abfälle wir dem natürlichen Kreislauf zuführen können, um so mehr dankt es uns die Natur. (Beifall des Abg. Kamm) - Vielen Dank für den Beifall! Zum' Thema K 1ärsch1 am m ist nachzulesen, daß in Bayern derzeit pro Jahr 5,5 Millionen Tonnen Klärschlamm anfallen - eine sehr große Menge. Hiervon werden 40 Prozent landwirtschaftlich und rund 20 Prozent thermisch zusammen mit Hausmüll verwertet. Die restlichen 40 Prozent sind nach Adam Riese der Teil, der nach entsprechender Entwässerung auf unseren Deponien abzulagern ist. (Abg. Dr. Kestel: Der zu vermeiden ist!) - Lieber Kollege von der Opposition, das ist sehr schnell gesagt. Alles ist zu vermeiden! Wenn ich lhren Parolen nachgehe, dann gibt es überhaupt nichts mehr, was wir entsorgen müssen, weil sich alles verwerten läßt. Nur, Kollege Kling und andere Redner haben zu Recht darauf hingewiesen, daß das halt nicht realistisch ist. Wenn Sie einmal in einer Kommune Verantwortung tragen würden und das Gespräch draußen vor Ort führen müßten, dann würden Sie sehen, daß das, was Sie soeben in Ihrem Zwischenruf behauptet haben, nicht stimmt. Ich möchte zum Schluß kommen und feststellen: Es nützt niemandem, die Kommunen - sprich: Städte, Gemeinden und Landkreise - in Bausch und Bogen als die größten Umweltverschmutzer zu verdammen. Die Kommunen sind den Notwendigkeiten im Bereich der Abfallverwertung im Rahmen ihrer Möglichkeiten nachgekommen. Große Investitionen stehen bevor. Es wurde heute vormittag auch darauf hingeweisen, daß sowohl der Städtetag als auch der Landkreisverband bis zum Jahr 1999 Aufwendungen in Höhe von etwa 3,5 Milliarden DM für die Abfallbeseitigung für notwendig erachtet. Ich meine, der Staat ist gefordert, auf diesem Gebiet Unterstützung zu leisten. Ich bin überzeugt, daß Parlament und Staat die Kommunen wie bisher auch in Zukunft nicht im Stich lassen werden. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CSU) Präsident Dr. Heubl: Das Wort hat der Herr Kollege Dr. Ritzer. Dr. Rltzer (SPD): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich sehr herzlich bei dem Kollegen Dr. Mayer und bei Herrn Neder dafür, daß sie die Diskussion wieder auf ein sachliches und vernünftiges Niveau zurückgebracht haben. Ich denke, für die Sprache gilt das gleiche wie beim Abfall: erst entgiften und dann entsorgen. (Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN) Herr Kollege Kling, ich muß nicht irgendwelche Kronzeugen bemühen wie Sie die Herren Matthiesen und Leinen, mit denen ich - beim Herrn Leinen weiß ich es nicht so genau, weil ich die Reden nicht kenne; beim Herrn Matthiesen weiß ich es - gar keine Differenzpunkte habe.' Ich muß, um die Kehrt wen - d u n g d e r CS U zu dokumentieren, nur zweimal den Kollegen Karl Kling zitieren. Ich habe mir rasch das Protokoll der Sitzung dieses Hohen Hauses vom 13. November 1985 besorgt. Damals wurde unter dem Tagesordnungspunkt Antrag der SPD zur Änderung des Bayerischen Abfallgesetzes" über unsere Forderung verhandelt, der stofflichen Verwertung den Vorrang.vor der Verbrennung einzuräumen. Der Herr Kollege Kling hat gesagt, daß das nicht geht. Er sagte mir dann - ich möchte wörtlich zitieren -: Herr Kollege Dr. Ritzer, Sie haben in Ihrem Beitrag weitgehend verschwiegen, dab Ihr Antrag den Vor-

69 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3861 (Dr. Ritzer [SPD]) rang von Stoffrecycling vor Verbrennung enthält. Das ist eine Utopie. (Oh! bei der SPD und den GRÜNEN) Nun zitiere ich noch einen Satz aus der Drucksache 11/4979 vom 21. Januar 1988; das ist die Interpellation der Abgeordneten Tandler, Herbert Huber, Kling, Dr. Martin Mayer und Fraktion. Darin heißt es ausdrücklich: Die stoffliche und biologische Verwertung hat dabei Vorrang vor der thermischen Verwertung." Das ist Originalton Kling! Nun frage ich Sie, Herr Kollege Dr. Mayer, wer hier um 180 Grad rotiert ist. (Abg. Kling meldet sich zu einer Zwischenfrage) - Herr Kollege Kling, einen kurzen Augenblick! Ich wollte noch ein kleines Collegium logicum abhalten, weil Sie jetzt das Problem haben, das wir nach Ihrer Meinung angeblich schon seit ein paar Jahren haben. Wenn man nämlich aus der Forderung, die V e r - w e r t u n g solle Vorrang vor der Verbrennung haben, schließt, man sei gegen Verbrennung, kann ich ab heute, nachdem ich alle Ihre Reden gehört habe, draußen herumgehen und sagen: Die CSU ist gegen Verbrennung. Wenn das aber unzulässig ist - das ist es auch, glaube ich -, war es natürlich auch die ganze Zeit unzulässig, mit uns in der Weise umzugehen, daß aus der Formulierung, die wir gewählt haben, nämlich daß die stoffliche Verwertung Vorrang habe, geschlossen wird, wir seien gegen die Verbrennung. Natürlich mag es da und dort Äußerungen gegeben haben, die mißverständlich waren; (Abg. Kling: Sie haben sich jahrelang anders verhalten!) aber wir im Bayerischen Landtag und ich ganz persönlich haben nie einen Zweifel aufkommen lassen, (Zuruf des Abg. Dr. Mayer) daß unsere Position lautet: Vermeiden, Verwerten, und zwar intensiv und massiv Verwerten, und schließlich Entsorgen. Hinsichtlich der E n t s o r g u n g habe ich heute morgen ganz deutlich gesagt: Wir haben die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wir haben die Wahl zwischen der Belastung der Luft und der der Böden und des Wassers. Wenn wir ehrlich miteinander umgehen, dann müssen wir in diesem Prozeß abwägen. Präsident Dr. Heubl: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kamm? Dr. Rltzer (SPD): Herr Präsident, ich bin erst dem Kollegen Kling eine Zwischenfrage schuldig, weil er sich früher gemeldet hatte. Ich hatte es ihm ausdrücklich zugesagt, hatte ihn allerdings gebeten, etwas zu warten, bis ich mit dem Gedankengang zu Ende bin. Bitte, Herr Kollege Kling! Kllng (CSU): Herr Kollege Dr. Ritzer, würden Sie nicht bei diesem Stand der Debatte auch einmal zugeben, daß Sie gemeinsam mit dem Kollegen Kolo vor etwa zwei Jahren einen Antrag Kein weiterer Zubau von Müllverbrennungsanlagen in Bayern" eingebracht haben und daß Sie bei der Begründung des Antrags - es war ein Prüfungsantrag - ausdrücklich erklärt haben, Sie seien gegen jeden weiteren Ausbau der thermischen Behandlung? Das ist die Realität! Dr. Rltzer (SPD): Herr Kollege Kling, es ist lieb, daß Sie mir das Stichwort gaben, das ich als nächstes aufgre~en wollte. Es hat in der Tat diesen Antrag von uns gegeben. Sie sagen sehr richtig, daß es sich um einen Prüfungsantrag handelte. Der Hintergrund war genau der, den ich auch heute dargelegt habe. Es ging um die folgende Überlegung: Ich komme bei meiner Analyse des Mülls zu dem Ergebnis, daß wir - mit einigen Einschränkungen müssen wir rechnen; da sind wir. Realisten - 50 Prozent dessen, was wir gegenwärtig an Hausmüll haben, durch Verwertung entsorgen können. Wenn ich gleichzeitig weiß, d!!ß bereits 52 Prozent des Mülls in Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden - das geht aus dem Bericht hervor-, sage ich doch: Theoretisch ist es denkbar, mit den vorhandenen Anlagen auszukommen. (Abg. Kling: Das sin.d doch alles Ihre Hypothesen!) Jetzt machen wir mal weiter, Herr Kollege Kling, damit es auch im ganzen einen Sinn bekommt. (Abg. Kling: 35 Prozent, hat er gesagt, und nicht 50 Prozent!) - Ich gehe von 50 Prozent aus. (Weiterer Zuruf des Abg. Kling) - Bleiben wir doch einmal auf dem Teppich! Wir haben damals einen Prüfungsantrag gestellt und haben gesagt: Die Staatsregierung soll bei ihren weiteren Überlegungen, insbesondere beim Entsorgungsplan, darauf achten, ob es unter diesem Gesichtspunkt möglich wäre, auf den weiteren Zubau zu verzichten. Wir haben immer auch die Mengenproblematik angesetzt. (Abg. Kling: Utopie!) Wir haben damals einschränkend gesagt: Es gibt regionale Verwerfungen - das wissen auch wir -, weil es auch das Problem des Mülltourismus gibt. Herr Kollege Kling, Sie haben alle unsere Oberbürgermeister aufgezählt. Jetzt müssen Sie auch noch Herrn Döhla in Hof und weitere aufzählen. Glauben Sie denn im Ernst, wir würden als sozialdemokratische Landtagsfraktion eine Politik machen können, die zurpraxis draußen im Widerspruch steht? Das ist doch ausgeschlossen! (Abg. Kling: Es ist leider die Realität, daß es so ist! Schizophren!) Wir haben immer gesagt: Die Verbrennung ist für uns kein Verwertungsweg. Darüber haben wir gestritten. Die Verbrennung ist für uns ein Entsorgungsweg.

70 3862 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoff 11/58 v Präsident Dr. Heubl: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kamm? Dr. Rltzer (SPD): Noch einen Augenblick! Das ist das Entscheidende. Wenn Sie diesen Gedanken nachvollziehen, sind wir auf dem richtigen Dampfer. Ich wehre mich gegen die Formulierung thermische Verwertung". Aber ich akzeptiere, daß wir dann, wenn schon die Thermik im Entsorgungsschritt notwendig ist, darauf achten, daß wenigstens eine Energieausbeute dabei herauskommt. (Abg. Regensburger: Das ist doch selbstverständlich!) Noch ein Punkt! Wir haben uns bei der Anhörung zusammen gegen das ursprüngliche Konzept der Pyrolyse gewehrt, und zwar unter anderem deswegen, weil wir beide mit der Energieausbeute nicht zufrieden waren. Wenn Sie diese Umstände zusammennehmen, halte ich es für unfair, uns hier so hinzustellen, als würden wir heute einen Canossa-Gang antreten. Das ist schon die ganze Zeit unsere Linie. Ich kann Sie nur warnen: Passen Sie auf, daß Sie jetzt nicht draußen als Verbrennungsgegner herumlaufen, weil auch Sie sagen: Verwertung hat Vorrang! Herr Kollege Kamm! Kamm (DIE GRÜNEN): Herr Dr. Ritzer, es tut mir leid, daß ich Sie mit meiner Frage wahrscheinlich ärgern muß. Ist es denn nicht zutreffend, daß vor einem Jahr hier im Bayerischen Landtag von Ihrer Fraktion eine Broschüre über die neue Energiepolitik in Bayern" verteilt wurde, in der sinngemäß steht: Hausmüll ist ein so schlechter und problematischer Brennstoff, daß alle Müllverbrennungsanlagen möglichst bald stillgelegt werden sollen? Originalton der Broschüre Ihrer Fraktion! > (Zurufe von der CSU - Abg. Kling: Da gibt's noch mehrere!) Dr. Rltzer (SPD): Daß es eine solche Broschüre gibt, weiß ich; aber daß das drinsteht, weiß ich nicht. (Abg. Kamm: Seite 99!) Der Ansatz, ' Herr Kollege Kamm, ist doch völlig richtig. Der Hausmüll hat einen Brennwert wie die Braunkohle. (Zurufe von der CSU) - Herr Kollege Fischer, so simpel, wie die Welt für Sie ist, ist das nun wirklich nicht! (Zurufe von der CSU -Abg. Regensburger: Jetzt kommen Sie schön ins Schleudern! - Abg. Dr. Fischer: Sie haben doch Schwierigkeiten!) Selbst wenn wir den Hausmüll verbrennen, haben wir, so habe ich mir sagen lassen, eine Energieausbeute wie bei Braunkohle, und diese ist nicht besonders gut. Herr Kollege Kamm, ich könnte Sie jetzt natürlich auch ärgern, indem ich Sie frage - Sie kommen ja wahrscheinlich noch dran, also sagen Sie es uns dann ganz konkret -: Wo soll der jetzt existierende Müll nach Auffassung der GRÜNEN hin? (Abg. Spitzner: Auf den Mond!) Soll er in die Deponie, soll er verbrannt werden? Wird er wegdiskutiert, oder was passiert? (Abg. Spitzner: Ja, wegdiskutiert!) Wir möchten auch von Ihnen einmal eine konkrete Antwort! (Abg. Spitzner: Wegdiskutieren ist eine gute Alternative!) - Das ist ein Entsorgungsweg, dessen Technologie mir allerdings noch nicht ganz klar ist, Herr Kollege Spitzner. Ich habe zwei Punkte, die ich noch gern aufgreifen würde. Ich habe mit großer Freude vernommen, Herr Kollege Neder, daß Sie die Gemeinden für die K o m - post i er u n g in die Pflicht nehmen wollen. (Zuruf des Abg. Neder) Ich halte das für richtig. Aber Sie waren doch Mitglied des Umweltausschusses, als wir diese Forderung aufgestellt haben. In unserem Antrag, den Sie dann abgelehnt haben, stand nämlich, daß die Gemeinden wieder mit in die Verantwortung genommen werden sollen, damit sie solche Aufgaben auch ohne Delegationsverordnung durch die Landkreise erledigen können. Wenn Sie die Ablehnung nachlesen wollen: Ich habe vorhin zitiert, wo sie steht. Ich bedanke mich ausdrücklich, daß Sie auf uns zukommen. Jetzt noch ein Wort an den Herrn Minister.Dick! Ich sehe ihn gerade nicht, aber man wird es ihm schon aufschreiben. Der Herr Minister Dick hat in seiner Ziffer gerade wurde noch einmal darauf Bezug genommen - etwas über die Z w a n g s m aß n a h - m e n der Aufsichtsbehörden gesagt. Gerade hat uns der Kollege Neder ein kleines Kolleg über die rechtsund fachaufsichtlichen Möglichkeiten der Regierung und die Ersatzvornahme gehalten. (Abg. Neder: Schon auch in der Interpellation!) Ich möchte an einen Vorgang erinnern, bei dem Ihre Leute leider an einem Punkt, wo es ernst geworden wäre, Maßnahmen verhindert haben. Ich kann jetzt wieder aus dem Protokoll des Hohen Hauses vom 20. Juli 19ß3 zitieren. Damals gab es eine Fragestunde, und da wurde gefragt, was denn jetzt in Mittelfranken passieren soll, nachdem sich der Landkreis Roth mit dem Herrn Landrat Hutzelmann quergelegt hatte. Damals wollte ich auf eine Lösung hinaus, auf die auch der Herr Regierungspräsident von Mittelfranken hinauswollte, nämlich zu sagen: Wir üben den Druck aus, den die Kommunalaufsicht erlaubt. Aber nachdem einige Kollegen aus dem betroffenen Landkreis gesagt hatten, das geht nicht, hat der Kollege Dr. Fischer als Staatssekretär den geordneten Rückzug der Staatsregierung angetreten und klipp und klar erklärt, daß die Bayerische Staatsregierung

71 Plenarprotokoll 11/58 v., Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3863 (Dr. Ritzer [SPD]) hier nicht mit Zwangsmaßnahmen eingreift, sondern das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen respektiert und auf die Vernunft und auf das Geld vertraut. Damit haben Sie, Herr Kollege Dr. Fischer, dem Regierungspräsidenten von Mittelfranken die Waffe aus der Hand geschlagen, die er benutzen wollte. Daß wir jetzt eine Diskussion haben, das wieder einzuführen, bräuchte es überhaupt nicht: wir könnten schon weiter sein. Und daß es in Mittelfranken um Nürnberg herum keine vernünftigen Lösungen gibt, ist ein Ergebnis des leichtfertigen Verzichts auf die staatliche Komponente. (Abg. Spitzner: Ich kenne einen, der würde alles übernehmen!) Das ist ein kleiner Streifzug durch die Gebiete, wo Sie von Ihren eigenen Maßnahmen und von Ihren eigenen Formulierungen eingeholt werden. Noch ein Wort zu PVC und zu Wacker! Herr Kollege Dr. Mayer, wir müssen, wenn wir ernsthaft von den den Abfall und die Entsorgung belastenden Stoffen wegkommen wollen, doch klipp und klar dafür sorgen, daß bestimmte Verwendungsgebiete für solche Stoffe herausgenommen werden. Die freiwilligen Wege dazu gehen, wie wir gesehen haben, nicht. Wir haben also nur die Möglichkeit, schärfer hinzulangen. Der erste Schritt ist die Kennzeichnungspflicht, und der zweite Schritt muß dann wohl das Verbot sein. (Beifall des Abg. Kamm -Abg. Dr. Fischer meldet sich zu einer Zwischenfrage) zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Herr Kollege - - Dr. Rltzer (SPD): Glauben Sie denn im Ernst, die Kommunen könnten noch lange zuschauen, wenn solche Etablissements wie McDonald 's und Burger King monatlich Hunderte von Tonnen an Abfall produzieren, der aus den in der Stadt aufgestellten Abfallkübeln, die - weiß Gott! - für etwas anderes da sind, herausgefischt und in der Müllverbrennungsanlage mit der ganzen Gefährdung etc. entsorgt werden muß? (Beifall des Abg. Kamm) Das können wir uns auf die Dauer nicht mehr bieten lassen. Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Herr Kollege Dr. Ritzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Fischer? (Zurufe von der SPD: Ja!) Dr. Ritzer (SPD): Ja, sofort! Deswegen müssen wir hier zur Substitution kommen. Das ist unsere Lösung. Jetzt zum Zwangsverband, Herr Kollege! Dr. Fischer (CSU): Herr Kollege Dr. Ritzer, habe ich Sie recht verstanden, daß Sie uns oder der Bayerischen Staatsregierung jetzt den Vorwurf machen, daß wir damals diese Maßnahmen nicht gegen den Willen der Kommunen durchgeführt haben? Das heißt also, daß Sie die kommunale Selbstverwaltung nicht achten. Soll das heißen, daß Sie hier den staatlichen Eingriff befürworten? Dr. Rltzer (SPD): Herr Kollege Dr. Fischer, ich kann Ihnen gleich etwas aus dem gleichen Protokoll zitieren. Zunächst einmal: Sie haben als Freistaat Bayern nach 6 des Abfallgesetzes und nach dem Bayerischen Landesplanungsgesetz die Verpfllchtung zur Rahmenplanung. Diese Verpflichtung haben wir angemahnt. Ihr Kollege Dobmeier hat im Landtag einen Antrag zur Fortschreibung des mittelfränkischen Abfallbeseitigungsplans gestellt. Diesen fortzuschreiben, haben Sie abgelehnt. Warum denn wohl? (Abg. Dr. Fischer: Kommunale Selbstverwaltung! - Gegenruf des Abg. Hiersemann: Ach!) zweiter Punkt! Alle Landkreise und Städte um Nürnberg herum haben dem Abfallbeseitigungsverband zugestimmt; es gab zustimmende Entscheidungen aus allen Gremien mit einer Ausnahme, dem Landkreis Roth. Dieser Landkreis hat sich auf das hohe Roß gesetzt nach dem Motto: Wir haben genug Deponieflächen. Sie sind zwar miserabel, weil es Sanddeponieflächen sind: aber wir haben genug, wir brauchen nichts zu machen". ich zi Ich habe dann in der Fragestunde gefragt - tiere -: Herr Staatssekretär, habe ich Sie eben in Ihrer Antwort auf die Zwischenfrage des Kollegen Fichtner richtig verstanden, daß die Bayerische Siaatsregierung den Beteiligten kein eigenes Konzept aufzwingen wird, obwohl die Bayerische Staatsregierung durch die Abfallbeseitigungsplanung an sich gehalten ist, eine Lösung für diesen Raum in eigener Zuständigkeit vorzuschlagen? Daraufhin haben Sie gesagt: Herr Kollege Dr. Ritzer, daran sehen Sie, wie es ist. Versuchen wir, eine Abfallplanung durchzuführen, dann werden wir beschimpft; dann heißt es, die machen etwas über den Kopf der Kommunen hinweg. Machen wir nichts, dann heißt es, die können ihr Konzept nicht durchsetzen. Dann haben Sie mir gesagt: Aus, Ende der Fahnenstange! So war das, Herr Kollege Dr. Fischer! Dieser Unfug von damals, dieses Keinen-Mut-Haben von damals, holt Sie heute ein, und jetzt dürfen Sie mühsam die Brocken, die seinerzeit bei dem Diskurs entstanden sind, wieder zusammenklauben. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Abfallbeseitigung ist natürlich eine schwierige Nahtstelle zwischen S e 1 b s t v e r w a 1 t u n g einerseits und staatlicher Planung andererseits. Aber bei allem Respekt vor der Selbstverwaltung: Wenn sich die Selbstverwaltung selber ad absurdum führt, indem sie nicht mehr in der Lage ist, Lösungen durchzusetzen, dann muß die Frage gestellt werden: Wie geht es weiter?

72 3864 Bayerllcher Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Dr. Ritzer [SPD]) Es kommen noch ganz interessante andere Gesichtspunkte dazu. Ein Kommunalpolitiker hat mir gesagt: Ihr habt die Abfallentsorgung so organisiert, daß die Verantwortlichen ihrer Verantwortung gar nicht gerecht werden können; eine große Stadt hat überhaupt nicht die Chance, in ihrem Gebiet Deponieflächen, auf denen sie entsorgen kann, nachzuweisen. Wie soll sie ihrer Verpflichtung, ein integriertes Entsorgungskonzept vorzulegen, nachkommen, wenn sie es auf eigenem Gebiet nicht kann? Dann geht die Wilderei los. Dann kommt die Stadt Würzburg auf den Gedanken, in den Nachbarlandkreis zu gehen, und provoziert natürlich sofort einen Bürgeraufstand. Meine Forderung - da haben Sie alle mich im Stich gelassen - war dann immer: Können wir denn nicht Verbandslösungen favorisieren, die alles miteinander angehen, nicht immer bloß Müllverbrennung, sondern eine gesamte integrierte Entsorgung, und können wir nicht auf diesem Wege weiter fortschreiten? Ob Aufgabenstellung und Möglichkeiten in den Landkreisen und Städten zusammenpassen, müssen wir noch genau anschauen. Wir haben in Bayern das Zweckverbandsgesetz. Es besagt, daß man, wenn eine Aufgabe nicht in eigener Regie erfüllt werden kann, die Zusammenarbeit suchen muß. Das ist in Ordnung, und das geschieht in der Regel auch. Aber wenn sich in diesem Bereich einer der sinnvollen Zusammenarbeit verschließt, ist, denke ich, der Staat gefordert. Dann kann man nicht mehr nach dem Motto Wir stehen stramm vor unseren Landräten" handeln; dann muß man - auch in der CSU - einmal den Mut haben - gerade Sie sind betroffen -, eine Konzeption durchzusetzen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe versucht, ein paar Dinge klarzustellen, und möchte auf diese Art und Weise noch einmal anbieten, gemeinsame Wege zu finden - nicht nur hier und nicht nur verbal, sondern auch draußen, wenn es darum geht, Anlagen durchzusetzen, die Akzeptanz zu fördern und ähnliches mehr. Wir bieten unsere Zusammenarbeit an, und es wird an Ihnen liegen, ob Sie in der Lage sind, auf allen Ihren Ebenen genauso durchgängig zu argumentieren. Schönen Dank! (Beifall bei der SPD) Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächster Redner ist Herr Kollege Klinger. Bitte, Herr Kollege! Kllnger (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte von meiner Seite aus noch ein paar Gesichtspunkte im Zusammenhang mit der Rolle und der Bedeutung der Wirtschaft und zur Vermeidung und Wiederverwertung von Abfällen anbringen. Mit Sicherheit ist in der Vergangenheit auf diesem Sektor sehr viel getan und erreicht worden. Trotz dieser positiven Ansätze sind die Müllberge weiter gestiegen. Das heißt wiederum, daß wir und auch die Wirtschaft und die Industrie unsere Anstrengungen verstärken müssen. Bisher war die Vermeidung von Abfällen in den Produktionsvorgängen der 1 n d u s t r i e und des Gewerbes hauptsächlich durch die betriebswirtschaftlichen Grundlagen und die Rahmenbedingungen bestimmt. Dies wird auch in Zukunft grundsätzlich der Fall sein müssen. Eine Vermeidungsstrategie oder eine Wiederverwertung, die die Rentabilität eines Betriebes in Frage stellt, würde zwar mit der Betriebseinstellung den Abfall auf Null reduzieren, aber auch unverzichtbare Arbeitsplätze und Produktionen vernichten. Bei der Vermeidung und Verminderung von Abfällen in der Produktion wird man daher auf die technische Machbarkeit, die betriebswirtschaftliche Vertretbarkeit sowie die Erhaltung der Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen achten müssen. Meine Damen und Herren! Es wird in Zukunft aber auch nötig sein, stärker als bisher bei der Gestaltung der Pro d u kt i o n s v e r f a h r e n, aber auch bei der Gestaltung der Produkte die Umweltverträglichkeit mit einzubeziehen, im speziellen Fall die Vermeidung und Wiederverwertung von Abfällen nicht nur bei der Produktion, sondern auch beim Gebrauch der Produkte und nach deren Verwendung. (Abg. Hiersemann: Wie machen wir das?) Es ist zu begrüßen, daß die Staatsregierung diesem Bereich ein besonderes Augenmerk schenkt und in der Vergangenheit entsprechende Forschungsvorhaben initiiert und durchgeführt hat. Wir wissen, daß die gewerbliche Wirtschaft einen erheblichen Beitrag zur Vermeidung, Verringerung und Verwertung von Abfällen leisten kann. Deswegen wurden von der Staatsregierung auch entsprechende F ö r d e r p r o - g r am m e initiiert, die ich im einzelnen nicht auffül'lren muß; sie können alle in den Anlagen zur Interpellation nachgelesen werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein paar Sätze zur privat wir t s c h a f t 1 ich e n Grundlage der Abfallwirtschaft. Bereits in der Vergangenheit ist die Verwertung von Schrott, Altmetall, Altglas und Altpapier auf privatwirtschaftlicher Basis erfolgreich betrieben worden. Die Verwertung von Altstoffen läßt sich am ehesten auf marktwirtschaftlicher Grundlage realisieren. Es müssen nämlich Märkte erschlossen werden; es gilt, eine leistungsfähige Erfassung aufzubauen. Die Verwertung muß kostengünstig erfolgen, und die Rückführung in den Wirtschaftskreislauf muß gewährleistet sein. Dies ist auf privatwirtschaftlicher Basis durch den privatwirtschaftlichen Altstoffhandel. besser möglich als durch Körperschaften der öffentlichen Hand. Ich zitiere einen bekannten Autor, Steinbuch, der einmal gesagt hat: Die liberale Organisation der Wirtschaft und Industrie braucht für dieselbe Produktionsmenge weniger Rohstoffe, Energie und menschliche Anstrengung als eine staatlich gelenkte Organisation und erzeugt deshalb auch weniger Umweltschäden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir gehen davon aus, daß die Verwertung von Abfallstoffen auf privatwirtschaftlicher Grundlage effizienter bewerk-

73 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerlocher Landtag 11. Wahlperiode 3865 (Klinger [CSU]) stelligt werden kann - effizienter in personeller Hinsicht, in organisatorischer Hinsicht und auch in finanzieller Sicht. Dies entspricht auch unserer Zielsetzung. Wir stimmen, glaube ich, mit Ihnen weitgehend in der Forderung nach einem Abbau bestehender und der Vermeidung neuer staatlicher Aufgaben überein. Es ist daher zu begrüßen, daß die Staatsregierung gerade in diesem technisch und wirtschaftlich sens_iblen und für die Abfallwirtschaft wichtigen Bereich einerseits deutliche abfallwirtschaftliche Akzente setzt, andererseits den Erfordernissen der Wirtschaft und des Marktes Rechnung trägt. Dirigistische Eingriffe und Vorhaben würden schon deswegen nicht zum Erfolg führen, weil sich letztlich der Markt nicht dirigieren läßt und eine langfristige Ven.Vertung nur möglich ist, wenn für die Produkte Abnehmer vorhanden sind. Danke schön! (Beifall bei der CSU) Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächster Redner ist der Herr Kollege Kamm. Ich erteile ihm das Wort. Kamm (DIE GRÜNEN): Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Heute hat es viele Reden gegeben. Einige - nicht alle - von der CSU liefen nach dem klassischen rhetorischen Schema ab: erster Teil: Dank und karrierefördernde Huldigung an die Staatsregierung, zweiter Teil: Selbstbeweihräucherung der eigenen Leistungen, dritter Teil: Ablenken mit Nordrhein Westfalen und Europa. (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Das haben - Gott sei Dank! - nicht alle gemacht, doch verfuhren einige leider Gottes noch nach diesem alten rhetorischen Schema. Ich bitte die Fraktionsführung, doch dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb der CSU-Fraktion eine neue Grundsatzrede für solche Angelegenheiten geschrieben wird. (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN und der SPD) Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auf das eigentliche Thema, die A b f a 11 v e r m e i d u n g, zu sprechen kommen. Alle reden immer wieder davon, daß die Abfallvermeidung das Allerallerwichtigste sei; alle reden immer wieder davon. Ich wundere mich nur, daß Jahr für Jahr die Abfallberge wachsen. Das muß uns doch wohl die Augen öffnen, daß leider Gottes mit der Abfallvermeidung in unserem Land nicht Ernst gemacht wird. Woran kann das liegen? Ich möchte Ihnen von einem kleinen Erlebnis im Stimmkreis des Abgeordneten Fendt, in Ga 11 e n b ach, auf der Deponie, erzählen. Vor einigen Wochen habe ich dort die Sondermülldeponie angeschaut. Und was sah ich dort? Zuhauf und tonnenweise quecksilberhaltige Batterien! Das dürfen Sie draußen im Land den Leuten fast gar nicht erzählen, die alle noch glauben, die Batterien würden recycelt. Sie könnten technisch recycelt werden. Herr Klinger, Sie sagen, die Marktwirtschaft könne es besser. Die Marktwirtschaft kann es dann besser, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Solange aber die Rohstoffpreise so niedrig sind - das hat auch etwas mit den Machtverhältnissen zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern zu tun -, rentiert sich, marktwirtschaftlich gesehen, vielfach das Recycling nicht. Da versagen wir Politiker, wenn wir nicht gescheite Rahmenbedingungen machen, damit das Recycling eine Chance hat. (Beifall bei den GRÜNEN) Wenn Sie immer von Abfallvermeidung sprechen, müßte Ihnen die Zahl zu denken geben, daß wir mittlerweile in der Bundesrepublik Deutschland über 8 Milliarden Getränkeeinwegverpackungen pro Jahr produzieren, und die Zahl steigt. Über 8 Milliarden! Wenn dazu Umweltminister Dick - damals war ich noch nicht im Landtag; ich las es in der Zeitung - sagt, Verpackungssteuern bringen nichts, dann ist das einfach schlimm. Wir müssen Steuern einsetzen, um die Wirtschaft besser zu steuern. Ich habe in der Debatte über den Nachtragshaushalt 1988 in der Rede, die ich damals zu Protokoll gegeben habe, dargestellt, was unser g r ü n es M ü 11- k o n z e p t ist. Herr Dr. Ritzer, Sie wollten es hören; Sie kriegen es jetzt zu Ohren. Wir haben gesagt, das Allerallerwichtigste ist Ver - m e i d e n. Beim Vermeiden - da sind wir uns wahrscheinlich einig - müssen wir verschiedene Maßnahmen ergreifen. Die allererste Maßnahme beim Vermeiden ist, daß wir Politiker unserer Führungsfunktion ehrlich und verantwortungsvoll nachkommen und beispielsweise sagen: Der Begriff Entsorgung war zwar ein toller Sprachclou; aber dieser Begriff vernebelt die Situation. Denn egal, was wir machen, ob wir deponieren oder verbrennen, wir ent-sorgen nicht; wir nehmen die Sorgen nicht weg. Da müßten wir erst einmal ehrlich sein und sagen: Egal, was wir machen, wir belasten die Umwelt, und deshalb müssen wir andere Dinge machen. Ein grundsätzlicher Schritt für die Wirtschaft wäre es - Herr Hölzl hat es in seinem Schlußwort so schön gesagt -, von der Natur zu lernen, die im K r e i s - 1 auf wirtschaftet. Warum geben wir nicht allen Konstrukteuren in der Wirtschaft vor, daß sie bei der Konstruktion eines neuen Produktes beachten, wie es sich in der Umwelt verhält, wie es wiederverwertet werden kann und wie es langfristig gestaltet werden kann? Schließlich sollte auch die Frage geprüft werden, was mit dem Produkt geschieht, wenn es endgültig verbraucht ist. So, wie den Konstrukteuren oder Ingenieuren, die eine elektrische Kaffeemühle konstruieren, vorgegeben wird, die elektrischen Sicherheitsrege>ln zu beachten, sollte das getan werden, was Volvo vor vier Jahren zumindest einmal proklamiert hat: Das Produkt soll über die ganze Lebensdauer und darüber hinaus betrachtet werden; was kann mit dem Auto geschehen, wenn es kaputt ist? Es kann dann etwas

74 3866 Bayerischer Landtag Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Kamm [DIE GRÜNEN]) Gescheites mit dem Auto geschehen, wenn beispielsweise die Kunststoffe, die in ihm verwendet wurden, klar klassifiziert werden, so daß ich nicht hinterher einen minderwertigen Shreddermüll habe, der dem Hochofen Maxhütte viele Probleme bereitet. Das war das Thema Vermeiden". Zweitens: Verwerten. Wir können besser und sinnvoller verwerten, wenn wir den Müll getrennt erfassen; auch da werden wir uns einig sein. Aber ich habe da lernen müssen. Ich habe vor drei Jahren noch vom Zwei-Tonnen-System gesprochen. Ich sage heute: Das Zwei-Tonnen-System führt in die Sackgasse. Wir brauchen unbedingt das D r e i - Tonnen-System: eine Tonne für Wertstoffe wie Holz, Metalle, Kunststoffe, Papier, Textilien und ähnliches. Diese Wertstoff-Tonne soll zum Sartierband gehen und dort das Recycling ermöglichen. Eine zweite Tonne gilt den Dingen, die vorhin schon angesprochen wurden, wie Garten- und Küchenabfällen; das ist der berühmte Naßmüll, der auch immer vegetatibler Müll genannt wird. Wenn dieser Müll sortenrein erfaßt wird, kann er zu einem wertvollen Kompost führen. Das sortenreine - besser: giftfreie - Erfassen ist eben der springende Punkt. Wenn wir nur eine Restmülltonne haben, in die der gesamte Dreck kommt, bekommen wir keinen guten Kompost; denn dann sind die Schwermetallwerte dort so hoch, daß wir leider nur einen minderwertigen Kompost haben, der maximal noch im Landschaftsbau eingesetzt werden kann. Das ist der zweite Schritt. Der dritte Schritt, der mit dem zweiten etwas verbunden ist: Wir müssen unseren Müll insgesamt g i f t - f r e i e r halten. Es darf einfach nicht über bestimmte Produkte in unseren Haushalten - die Beispiele sind in den Reden meiner Kolleginnen und Kollegen schon angeführt worden - immer mehr Gift in den Hausmüll kommen. Warum schaffen wir das nicht? Hier oben sehe ich Neonröhren. Das habe ich erst vor kurzem gelernt. Da habe ich die Firma Osram angeschrieben. Der Vorstandsvorsitzende hat mir persönlich geantwortet und hat das Hohelied auf die Energiesparlampen geschrie,ben. Aus energiewirtschaftlichen Gesichtspunkten sind die ganz toll. Nur enthalten diese Lampen leider Gottes wie auch die Neonröhren Quecksilber. Früher enthielten sie auch nach Arsen und Cadmium. Er schrieb: Wir haben für diese Lampen ein perfektes Recycling-System entwickelt. Das Metall vom Sockel kann wiederverwertet werden, das Glas kann wiederverwertet werden, das Gas wird herausgesaugt, und dann kann auch das Quecksilber erfaßt werden. Nur frage ich Sie: Wo gibt es dieses System in bayerischen Gemeinden schon? Wo geben Sie Ihre Neonröhren oder die Energiesparlampen hin, wenn sie verbraucht sind? Da muß etwas geschehen. Diese Lampen dürfen nicht in die Hausmülltanne und damit die Umwelt via Deponie oder Verbrennung belasten! (Beifall bei den GRÜNEN) Vierter und letzter Schritt: Wir brauchen natürlich Rest m ü 11 de p o nie n. Ich ziehe auch durch das Land und sage: Auch wir GRÜNEN diskutieren den Restmüll nicht weg; wir braucheh Restmülldeponien. Anders geht es nicht. Wie müssen diese Restmülldeponien beschaffen sein? Es ist klar, daß wir eine Grundwasserabdichtung brauchen, daß wir eine Sikkerwassererfassung brauchen, daß wir eine Deponiegaserfassung brauchen, bei der die Depaniegase möglichst genutzt oder abgefackelt werden. (Abg. Hiersemann: Und eine Fläche!) - Natürlich auch eine Fläche; große Flächen. Die Flächen werden in unserem Land knapp. Gerade darum reden wir ja auch immer wieder von der Müllvermeidung. Aber, Herr Hiersemann, alle, die hier der Verbrennung das Wort reden, mögen mir doch bitte einmal sagen, wo sie denn die Schlacken und Filterstäube hingeben. Wenn wir gescheit vermeiden und gescheit wiederverwerten, brauchen wir nicht mehr Fläche fürs Deponieren als die Leute, die alles verbrennen; denn diese haben dann Schlacke und Filterstäube. Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Herr Kollege Kamm, gestatten Sie eine Zwischenfrage zunächst des Herrn Kollegen Dr. Ritzer, der sich als erster gemeldet hat, und dann des Herrn Kollegen Hiersemann? Vielleicht können wir beides zusammenfassen. Kamm (DIE GRÜNEN): Wenn ich genügend Zeit habe! Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Sie haben noch drei Minuten. Kamm (DIE GRÜNEN): Herr Dr. Ritzer, bitte ganz kurz! Dr. Ritzer (SPD): Herr Kamm, gibt es Ihnen nicht zu denken, wenn Sie von der Gasentsorgung bei Deponien reden, daß das zur Folge hat, daß Sie sehr viel Organik im Abfall haben und dies eine irrsinnige Gefahr für unsere Umwelt ist? Kamm (DIE GRÜNEN): Herr Hiersemann, Sie können sich setzen; ich muß wegen der knappen Redezeit zu Ende kommen. Herr Dr. Ritzer, wenn wir mit einem Mehr-Tonnen-System die Naßmüllkompanenten heraushaben, haben wir bei weitem nicht so viel Gasumsetzung in dem zu deponierenden Restmüll, wie Sie sie heute haben, wenn Sie den gesamten Hausmüll auf die Deponie kippen. Da geht es etwa um den Faktor 10 herunter. Ich möchte nun den Herrn Kling ansprechen. In kommunalen Parlamenten gibt es eine Regel, daß man bei Dingen, die einen selbst als Stadtrat oder Gemeinderat betreffen, nicht mitspricht. Sie sollten doch bitte im Land Bayern einmal offenlegen, wo überall Ihre Interessen im Bereich des Mülls sind. Wenn in Augsburg eine Müllverbrennungsanlage gebaut wird, sind Sie mit Ihrem Ingenieurbüro dabei. Wenn in Hegnen-

75 PJenarprotokoll 11/58 v Bayerischer t.:andtag. 11. Wahlperiode 3867 (Kamm [DIE GRÜNEN]) bach eine Mülldeponie angelegt wird, sind Sie mit Ihrem Ingenieurbüro dabei. Wenn woanders saniert wird, sind Sie immer dabei. Sie haben es geschafft, in Hegnenbach bei einer Podiumsdiskussion über die dortige Deponie zu reden, ohne zu verraten, daß Sie gleichzeitig CSU-Landtagsabgeordneter sind. (Unruhe - Glocke des Präsidenten) Sie sind im Kreistag von Günzburg, ich glaube sogar im Stadtrat von Krumbach. Sie sind im Landtag, sind hier fast umweltpolitischer Sprecher und haben ein Riesen-Ingenieurbüro. Das ist zwar ehrenhaft und gut; aber Sie sollten einmal Ihre Interessenverfilzung aufdecken. (Beifall bei den GRÜNEN -Abg. Spitzner: Das ist doch ein Witz!) Es gehört zur Redlichkeit, daß man auch einmal seine eigenen Interessen aufdeckt, wenn man hier zu bestimmten Themen spricht. (Unruhe bei der CSU - Zurufe) Meine Damen und Herren, ich spreche das deshalb so empfindlich an, weil ich mich immer wieder wundere, warum die Abfallvermeidung nicht vorankommt. Dann stelle ich immer wieder fest, daß im Hintergrund bestimmte Wirtschaftsinteressen sind. Warum kommt bei uns in Schwaben Bauschuttrecycling nicht voran? Weil die Kiesgrubenbesitzer dagegen sind! Das ist doch ganz klar. Warum geht es mit der Verpackung nicht weiter? Weil Schmalbach, Lubeca und andere Konzerne dagegen sind! Vorher wurden schon die Konzerne Burger-King und McDonald's genannt. Fast food" heißt das so schön; ich sage schwäbisch: Schnellfresser-Konzerne". (Zuruf von der CSU: Schwäbisch"?) Wer von Ihnen hat denn den Mut, diesen Konzernen einmal auf die Füße zu treten und zu sagen: Das, was ihr tut, ist für die Umwelt schädlich, aber auch schädlich für unsere schwäbischen Wirtshäuser? (Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CSU: So ein Quatsch!) Meine Damen und Herren! Wenn wir ein besseres Müllkonzept machen wollen, dann fängt es mit der Ehrlichkeit und der Redlichkeit an. Ich erinnere nur daran, daß im letzten Jahr in Hamm in Westfalen aufgedeckt wurde, daß dort eine Müllverbrennungsanlage mit großen Schmiergeldern gefördert" wurde. (Beifall bei den GRÜNEN) Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächster Redner ist Herr Kollege Heckei. Ich erteile ihm das Wort. Heckei Dieter (CSU): Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Zum Abschluß noch einige wenige Ausführungen zum Thema s toff 1 i - c h e Ve rwe rtu n g und Deponien! Es wird zwangsläufig Wiederholungen geben; das ist das Risiko des Nachredners. Es muß immer wieder betont werden - ich tue dies auch jetzt am Schluß dieser Debatte -, daß der Verwertung der durch gezielte Sortierung aus Abfällen zurückgewonnenen Sekundärrohstoffe besondere Bedeutung zukommt im Interesse der Einsparung. von Rohstoffen und Energie, im Interesse der Reduzierung der Gesamtabfallmenge, im Interesse der Entlastung der thermischen Verwertung und der notwendigen Deponiekapazitäten. Ich möchte nicht auf die verschiedenen Möglichkeiten der Erfassung eingehen; das würde hier zu weit führen. Aber, meine Damen und Herren, ein Hausmüllanfall von 20 Millionen Tonnen in der Bundesrepublik, ein Anfall von Hausmüll oder hausmüllähnlichen Stoffen aus Gewerbe und Industrie in Bayern von 4 Millionen Tonnen jährlich, das ist eine Herausforderung an modernste Entsorgungssysteme. Selbst wenn sich die jährlichen Zuwachsraten abflachen, wird doch deutlich, daß die Gebietskörperschaften - Landkreise, kreisfreie Städte - ihrer Entsorgungspflicht künftig nur genügen können, wenn unsere Mitbürger ein sinnvolles integriertes Entsorgungssystem voll annehmen und voll unterstützen und sich nicht in kleinlichen Diskussionen z.b. über Pfennigbeträge bei den Müllabfuhrgebühren oder um 15 oder 20 oder 25 Liter Vorhaltekapazität pro Person ergehen. Ich hoffe auch, daß man heute in Schwandorf endlich zu einem vernünftigen Abschluß um die vierte Verbrennungsschiene gekommen ist. Ich bin dem Herrn Staatsminister und den Kollegen aus der Fraktion sehr dankbar, die ganz ehrlich und deutlich gesagt haben, daß es Umweltschutz zum Nulltarif nicht gibt, sondern daß wir alle in Zukunft noch viel, viel mehr zur finanziellen Beteiligung herangezogen werden müssen, (Zuruf des Abg. Dr. Kestel) um die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Wasser und Luft - dazu gehört natürlich auch eine geordnete Abfallentsorgung - zu gewährleisten. Meine Damen und Herren, ich glaube diese Ehrlichkeit sind wir unseren Mitbürgern einfach schuldig. (Beifall bei der CSU und den GRÜNEN - Abg. Kamm: Richtig!) Meine Damen und Herren! Aus 20 Millionen Tonnen Hausmüll - wir haben das heute schon wiederholt gehört - können etwa 2,5 Millionen Tonnen Papier und Pappe, 1,3 Millionen Tonnen Glas, 0,3 Millionen Tonnen Eisen-Metalle und 0,5 Millionen Tonnen Kunststoffe verwertet werden. Das entspricht einer mengenmäßigen Reduzierung des Hausmülls um etwa 35 Prozent. Die A 1 t p a p i e r - Einsatzquote der deutschen Papierindustrie beträgt zur Zeit 43 Prozent, weltweit 29 Prozent, in den Vereinigten Staaten 25 Prozent und in Japan 50 Prozent. Die größte Steigerungsrate beim Einsatz von Altpapier hat man in der Druckindustrie, in der Zeitungsindustrie - im Moment 50 Prozent Altpapier; technisch ist eine Steigerung auf 60 bis 65 Prozent realisierbar. Ein höherer Einsatz von Altpapier in der Papierindustrie hängt allerdings davon ab,

76 3868 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode PJenarprotokolJ 11/58 v (Heckei Dieter [CSU]) ob künftig Altpapier dauerhaft in ausreichender Menge, in entsprechender Qualität - und zwar stark zellstoffhaltig und sortenrein sortiert - und kostengünstig angeboten werden kann. Dies erfordert ein qualitativ verbessertes Altpapier-Erfassungssystem, mit dem möglichst sortenreine Ware erfaßt werden kann. Hier ist erst einmal der Verbraucher, der Verursacher von Müll gefordert, also die Mitarbeit unserer Mitbürger. Kontaminierte Ware, meine Damen und Herren, also Papier, Pappe und Textilien, die mit Ölen, Feiten und dergleichen mehr verschmutzt sind, gehören in die Mülltonne. Nur so kann ja letztlich auch der Brennwert des Mülls erhalten bleiben. Es wäre doch widersinnig, wenn der Brennvorgang des Mülls, der z.b. im Kraftwerk Schwandorf durch Ölbrenner initiiert wird und dann ohne Zusatzbrennstoff abläuft, nur dadurch aufrechterhalten werden könnte, daß man laufend weiter Energie, Öl oder Gas, zuführt. Meine Damen und Herren, ganz kurz ein paar Worte zur Recyclingquote bei A 1 t g 1 a s! Die Quote liegt zur Zeit bei 41 Prozent in der Behälterglasindustrie, wobei die Grünglasschmelzen ohnehin schon 90 Prozent Scherben verwenden. Hier besteht nicht mehr viel Spielraum, um die Einsatzquote zu steigern. Anders ist es bei den Weiß- und Braunglasschmelzen, wo im Moment 10 Prozent Scherben verwendet werden. Hier kann man zulegen. Aber auch das erfordert eine strikte Farbsortierung bei der Erfassung. Hier ist wiederum der Verbraucher gefordert. Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht näher auf den sogenannten Altschutt, auf Weißblech und Altaluminium und dergleichen mehr eingehen! Gestatten Sie mir aber noch zwei oder drei Worte zum A 1 t k u n s t s t o ff - Anfall. In der Bundesrepublik fallen jährlich etwa 2 Millionen Tonnen Altkunststoff an, davon 1,4 Millionen Tonnen aus den Haushalten. Weitere Tonnen sind sortenreiner, unverschmutzter Kunststoff oder Kunststoffabfall aus der Produktion oder Verarbeitung von Kunststoff, die problemlos wieder verwertet werden können. Das sind 13 Prozent des gesamten Kunststoffverbrauchs, die sehr schnell oder vollständig wieder verarbeitet werden können. Die Verwertung von Kunststoffabfällen aus Hausmüll, oft stark verunreinigt, und aus verschiedenen Kunststoffsorten ist nicht problemlos. Es laufen einige Anlagen, einige Verfahren, einige Projekte mit sehr großem Erfolg. Aber es ist zu bedenken, daß der Markt für die Recyclate relativ klein ist. Diese Recyclate können nicht verwendet werden in der Nahrungs- und Genußmittelbranche, sie können nicht verwendet werden in der kosmetischen und in der pharmazeutischen und nur bedingt in der chemischen Industrie. Meine Damen und Herren! Es wäre noch viel zu Bauschutt, Altreifen, Biomasse, Klärschlamm und Altöl zu sagen. Aber lassen Sie mich zusammenfassen! Der Umfang der stofflichen Verwertung kann gesteigert werden und wird gesteigert werden. Aber er ist abhängig von der Menge und Qualität der zuverlässig angelieferten Ware. Er ist abhängig vom Markt und auch von den Verbrauchsgewohnheiten, die allerdings bei entsprechender Information sehr wohl beeinflußbar sind. (Richtig! bei den GRÜNEN) Er ist abhängig von der Wirtschaftlichkeit der entsprechenden Recyclingverfahren und vom Energieeinsatz. Aber er muß immer auch abhängig sein von ökologischen Notwendigkeiten. (Zuruf von den GRÜNEN) Meine Damen und Herren, wenige Worte zur ordnungsgemäßen A b 1 a g e r u n g! Wir hatten in den sechziger Jahren in 7000 bayerischen Gemeinden ungeordnete Müllkippen. Heute, nach der Neuordnung der Abfallentsorgung, sind 80 Prozent der bayerischen Bevölkerung an 41 zentrale Abfallanlagen angeschlossen, und zwar an 24 Deponien, 15 Verbrennungsanlagen und 2 Kombinationsanlagen. Die Übergangsdeponien für 20 Prozent der Bevölkerung werden in absehbarer Zeit schrittweise durch moderne Abfallentsorgungsanlagen ersetzt. Deponien für eine ordnungsgemäße Ablagerung der unverwertbaren Reststoffe - davon war heute ja wiederholt die Rede - aus der stofflichen und thermischen Verwertung werden allerdings weiterhin unverzichtbarer Bestandteil eines integrierten Entsorgungssystems bleiben. Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh, daß die g e s e t z 1 i c h e n A u f 1 a g e n für den Betrieb von Deponien, für die Sanierung von Deponien, für die Einrichtung neuer Deponien, für den Betrieb neuer Deponien, aber auch für Rekultivierungsmaßnahmen in Bayern sehr streng sind. Wir alle weiten keine Zeitbomben". Ich kann nur unterstreichen, daß wir mit den Entscheidungskriterien sehr wohl einverstanden sind. Meine Damen und Herren! Es war heute oft von der mangelnden Akzeptanz der Deponien, vom Widerstand und vom Sankt-Florians-Prinzip die Rede. Auch hierauf kann ich aufgrund der abgelaufenen Redezeit nicht eingehen. Es bleibt auch keine Zeit, auf das zu erwidern, was die GRÜNEN gesagt haben. Nur soviel, meine Damen und Herren: Umweltschutz hat in Bayern Tradition. Die bayerische Umweltschutzpolitik erwartet nicht sehnsüchtig grüne Abfallstrategen oder grüne Umweltmissionare. Bayern hatte im Jahr 1970 das erste Umweltministerium. Bayern gibt Jahr für Jahr mehr als 1 Milliarde DM für Umweltschutzmaßnahmen in allen Geschäftsbereichen aus. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Wasser und Luft genießt in Bayern absolute Priorität. Wir sind aber auch so ehrlich zu sagen, daß Umweltschutz weiterhin finanzierbar sein muß. Nur eine prosperierende Wirtschaft wird die Mittel zur Verfügung stellen können, um auch in Bayern weiterhin sinnvoll Umweltschutz praktizieren zu können. Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Herr Kollege, Sie strapazieren die Geduld des Präsidenten sehr. Sie haben Ihre Redezeit bereits erheblich überschrit-

77 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag. 11. Wahlperiode 3869 (Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund) ten. Ich bitte Sie, einen Schlußsatz zu sagen und damit abzuschließen. Heckei Dieter (CSU): Herr Präsident, ich danke für Ihre Geduld. Bayerische Umweltpolitik versteht sich als Mittler zwischen Ökologie und Ökonomie. So werden wir auch weiterfahren. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CSU) Zweiter Vizepräsident Dr. Rc;>themund: Das Wort hat der Herr Staatsminister Dick. Staatsminister Dick: Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, was man von mir wie immer 11rwartet. Daß ich jetzt die doppelte Redezeit in Anspruch nehmen darf, kann ich wohl unterstellen. Ich tue dies sehr gerne, möchte aber von der humorvollen Seite zum Ernst kommen und auf einige Punkte eingehen, wo jede und jeder weiß, wer gemeint ist. Um Zeit zu sparen, werde ich die Namen nicht aufführen. Es war eine Behauptung im Raum, daß 70 Prozent des Hausmülls stofflich oder biologisch w i e d e r - v e r w e r t et werden könnten. Vielleicht ist die Zusammenfassung interessant, daß nach der bundesweiten Hausmüll-Analyse das Verwertungspotential ohne vegetabile Abfälle genau 35,2 Prozent des Gewichts beträgt, nämlich Papier und Pappe 17,9 Prozent, Glas 9, 1 Prozent, Eisen-Metalle 2,8 Prozent, Kunststoffe 5,4 Prozent. Das alles hört sich wunderbar an. Wir haben praktische Versuche gestartet, und sie haben gezeigt, daß höchstens 50 bis 60 Prozent dieser Wertstoffe durch gezielte getrennte Sammlung zurückgewonnen werden können. Realistisch muß deshalb davon ausgegangen werden, daß nicht mehr als 25 Prozent der Abfälle stofflich verwertet werden können. Die Modellversuche zur getrennten Wertstoffsammlung in Nordwestoberfranken, München und Miltenberg zeigen übereinstimmend, so unabhängig voneinander sie wegen der räumlichen Trennung auch sind, daß i;jer nicht verwertbare Restmüllanteil weit größer ist, als ursprünglich angenommen wurde. Die tatsächliche Verwertungsquote liegt in den genannten Untersuchungsgebieten bei etwa 20 Prozent. Ich sage das nicht deshalb, um das in Abrede zu stellen, was immer gefordert wird, sondern um einmal dagegenzustellen, wie das in der Praxis aussieht. Dann muß darauf eingegangen werden - Herr Dr. Ritzer hat davon gesprochen -, daß die E n t so r - g u n g s s i c h e r h e i t auch bei verwertbaren Stoffen gewährleistet sein müsse. Ich bin damit völlig einverstanden. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß hier der Markt eine entscheidende Rolle spielt, der im Rahmen der Marktwirtschaft jedoch nicht organisierbar ist. Ich habe darüber sehr eingehend mit Herrn Dr. Reichelt in der DDR gesprochen. Man hat ja dort ein sehr umfassendes System des Sammelns der Abfallprodukte. Aber irgendwo ist auch dort eine Grenze, wo gewisse Dinge vom Markt nicht mehr abgenommen werden. Wir haben zum Beispiel erlebt, daß vor Jahren die caritativen Verbände wie Arbeiterwohlfahrt, Caritas und, wer sonst noch, Altpapier gesammelt haben, das jedoch nicht abgesetzt werden konnte. Die Rohproduktehandlungen haben es nicht mehr abgenommen. Da war es einfach sinnvoll, es in der thermischen Verwertung zu beseitigen, weil etwas anderes sinnlos gewesen wäre. Ich habe das heute schon eingehend erläutert, und es ist auch in der Vorlage erkennbar. Es wurde gesagt, der Plan würde keine Aussagen über die Vermeidung enthalten. Hier muß ich feststellen, daß der Abfallplan ein Entsorgungsplan ist. Über das integrierte Entsorgungskonzept wird von der Staatsregierung die Vermeidung immer als oberstes Ziel der Abfallpolitik festgeschrieben. Ich unterstreiche nochmals - das habe ich heute auch schon gesagt -, daß man nur mit Vermeiden die Probleme der Abfallwirtschaft nicht lösen kann, sondern hier müssen alle Schritte des integrierten Entsorgungssystems zusammen gesehen werden. Deshalb also nochmals kurzgefaßt: Vermeiden von Abfällen soweit wie möglich, stoffliche Verwertung soviel wie möglich, thermische Verwertung soviel wie nötig und Deponieren so wenig wie möglich. Hier ist die Gesamtkonzeption wichtig. Man kann nicht einfach ein Teilstück herausnehmen. Wir würden das gerne tun; aber nur mit Vermeiden kann das Problem nicht gelöst werden. Das ist genauso wie bei der Energieversorgung: Hier können auch nicht alle Probleme mit Stromsparen gelöst werden. Weiter wurde gesagt: Prob 1emabfä11 e werden nur zu einem Drittel erfaßt. Hier ist zu sagen, daß die Problemabfälle in Bayern flächendeckend erfaßt werden. Eine Steigerung des Entsorgungsgrades auf 33 Prozent ist dabei erklärtes Ziel der Staatsregierung. Weiter: Der Plan enthält keine Standortangaben für M ü 11 verbrenn u n g s an 1 a gen. In allen Fällen, in denen einigermaßen Planungssicherheit gegeben ist, zum Beispiel nach Abschluß eines Raumordnungsverfahrens, werden die Standorte weitgehend flächendeckend ausgewiesen. Dazu paßt auch die Frage: Warum sind keine D e - p o n i e s t a n d o r t e in den Plan aufgenommen worden? Dazu sage ich schlicht und einfach: weil das der Praxis entspricht. Wegen der oft nur kurzen Betriebszeiten der Deponien wurde ganz bewußt auf konkrete Standortangaben verzichtet; es würde keinen Sinn geben, den Plan ständig anpassen zu müssen. Dazu die Behauptung - das war ein bißchen dick aufgetragen -, es sei finsteres Mittelalter, im Plan als einzige Maßnahme nur 15 V e r b r e n n u n g s a n 1 a - g e n vorzusehen. Ein Blick auf die im Plan enthaltenen sogenannten allgemeinen Ziele zeigt deutlich, daß die Vermeidung und die Verwertung für alle Entsorgungspflichtigen verbindlich vorgeschrieben wer-

78 3870 Bayerischer Landtag. 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 /58 v (Staatsminister Dick) den. Sie brauchen bei den sogenannten regionalen Zielen deshalb nicht wiederholt zu werden. Weiter geht es um das Verbot der PET-Flasche; auch dazu habe ich schon Stellung genommen. Ein Verbot ist deshalb so schwierig, weil es aus Rechtsgründen nicht möglich ist, da keine Schadstoffe emittiert werden. Eine Verbotsermächtigung ist nur für schadstoffhaltige Stoffe nach 14 Absatz 2 des Abfallgesetzes vorgesehen. Ich darf nochmals betonen: Trotzdem hat die Umweltkonferenz letzte Woche in Hamburg beschlossen, und zwar einmütig, für die PET-Flasche nun 50 Pfennig Pfand zu erheben. Damit wird so etwas erstmals bei einer Einwegflasche getan. Ich bin überzeugt, dab dadurch auch ein Druck auf die Industrie ausgeübt wird. Der Herr Kollege Heinrich hat drei Fragen gestellt: Wie stehen Sie zur sofortigen Verschärfung des Abfallgesetzes? Wie können Vermeidungsstrategien außerhalb der gesetzlichen Regelung auf der Grundlage von Schadstoffen usw. geschaffen werden? Wie ist die Sicherung der Finanzierung? Dazu ganz kurz! Die Ab f a 11 g es et z - Nov e 11 e ist seit beinahe zwei Jahren in Kraft. Es ist festzustellen, daß die Instrumente nun wirklich zu greifen beginnen. Sollten sich die Instrumente als nicht ausreichend erweisen, wird das Thema neu aufzugreifen sein. Darüber hat sich die Umweltkonferenz eigentlich schpn geeinigt. Mit Unterstützung des Umweltministeriums wird bereits in einem Landkreis eine Befragung zur Abfallsituation mit dem Ziel der V e r m e i d u n g von Abfällen hinsichtlich Menge und Schadstoff durchgeführt. Das war die Antwort auf die zweite Frage. Zur F i n a n z i e r u n g der Abfallentsorgung ist schlicht und einfach festzustellen, daß eine Entscheidung natürlich den Haushaltsberatungen vorbehalten ist. Allerdings ist die Beantwortung der beiden Interpellationen im Kabinett abgestimmt. Ich habe aber auch meine Sorge eingebracht, damit das Parlament rechtzeitig überlegen kann, wie wir trotz der schwierigen Haushaltslage die Finanzierung der Abfallentsorgung - deshalb der Vergleich mit der Abwasserbeseitigung' - sicherstellen. Zu Herrn Apgeordneten Huber - Landshut - noch ein Wort der Klärung! Ich glaube, das ist wichtig. Wir ha- ben im lande häufig Schwierigkeiten, wenn in eine bestehende Abfallbeseitigungsanlage andere Zweckverbände zwangsweise eingewiesen werden. Das war bei Landshut mit der Ablagerung der Shredderabfälle aus Ebenhausen tatsächlich der Fall. Ich darf verbindlich erklären, daß die Regierung von Niederbayern das auf den 30. Juni 1988 terminiert hat. Die Zeit ist also absehbar. Ich darf schlicht und einfach anfügen: Die Einweisung ist auch deshalb zumutbar - ich bitte um Verständnis -, weil die Shredderanlage Ebenhausen seit 15 Jahren bayernweit und damit natürlich auch für den Landshuter Raum die Autowracks entsorgt und der Zweckverband Ingolstadt das, was dort als Abfall übrigbleibt, deponiert hat. Ich bitte um Verständnis, daß das aus einer Notlage heraus getan werden mußte; das ist aber nicht der Normalvorgang. Es wurde gesagt, die Staatsregierung zeige zu wenig Kreativität, damit die Bevölkerung die Abfallverwertung nützt. Genau das Gegenteil ist aber der Fall; wir haben sehr viele Beispiele im Lande. Um die Kreativität der Bürger zu nützen, wurde im Hausmüllplan sogar auf die verbindliche Festlegung von Verwertungssystemen verzichtet. Ferner wurde uns vorgehalten, der Staat würde die Verbrennungsanlagen finanziell stärker fördern. Dazu ist schlicht und einfach festzustellen: Wenn es sich um kommunale Zweckverbände handelt, erhalten stoffliche Verwertungseinrichtungen die gleiche Förderhöhe wie thermische Verwertungen. Zum Schluß darf ich zusammenfassend feststellen, daß die Staatsregierung die beiden Interpellationen von CSU und SPD umfassend beantwortet hat. Dabei konnte auch der Nachweis erbracht werden, daß die Staatsregierung mit dem i n t e g r i e r t e n E n t - s o r g u n g s k o n z e p t ein modernes und flexibles Instrumentarium zur Lösung der Probleme der Abfallwirtschaft geschaffen hat. Dieses Konzept hat sogar V o r b i 1 d c h a r a kt e r innerhalb der Bundesrepublik. Die umfassende Vorlage des Umweltministeriums - Sie haben sie ja auf dem Tisch - gibt auch einen ausgezeichneten zusammenfassenden Überblick über den derzeitigen Stand der Abfallwirtschaft. Wer sie in einer ruhigen Stunde einmal zur Hand nimmt und ernsthaft durchsieht, wird feststellen, daß damit den Kolleginnen und Kollegen im Parlament vom Umweltministerium eine wertvolle Handreichung an die Hand gegeben werden konnte. Die beiden Interpellationen von SPD und CSU haben sich einem Problemkreis gewidmet, dessen zentrale Bedeutung für den Schutz der Umwelt und für die Entwicklung der Industriegesellschaft immer deutlicher wird. Die überaus schwierigen Fragen der Abfallwirtschaft werden nur im Zusammenwirken von Staat, Kommunen, Wirtschaft und Bürgern zu lösen sein. Ich wäre froh und dankbar und hoffe vor allen Dingen sehr, daß durch das Einbringen und die heutige Beantwortung der Interpellationen Impulse für die notwendige umgreifende Z u s am m e n a r b e i t gesetzt werden konnten. Herr Abgeordneter Dr. Ritzer hat angeboten - ich zitiere ihn sinngemäß -, gemeinsame Wege zu gehen, um Anlagen draußen zu verwirklichen und die Akzeptanz zu fördern. Dieses Angebot greifen wir im Interesse der Sache gerne auf. Ich danke all denen, die heute konkrete Hinweise und Anregungen gegeben haben. Besonders bedanke ich mich aber bei denen, die es vermieden haben, dabei nur auf den Putz zu hauen. (Beifall bei der CSU) Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Damit sind die beiden Interpellationen erledigt. Das Wort zur Erklärung nach 111 unserer Geschäftsordnung hat Herr Kollege Spitzner. Spltzner (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der CSU darf ich eine

79 Plenarprotokoll 11 /58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3871 (Spitzner [CSU]) Erklärung nach 111 der Geschäftsordnung abgeben. In der vorangegangenen Debatte hat Kollege Kamm dem Kollegen Karl Kling persönliche Interessenverfilzung vorgeworfen. Namens der CSU-Fraktion weise ich diese ungeheuere persönliche Beleidigung auf das schärfste zurück. (Lebhafter Beifall bei der CSU) Herr Kollege Kling betreibt in Schwaben ein Ingenieurbüro, ein Fachbüro, das nicht nur in Bayern und in Deutschland, nicht nur in Europa, sondern auch in vielen anderen Ländern der Welt höchstes Ansehen in Fachkreisen besitzt. (Beifall bei der CSU) Herr Kollege Kling hat nach seinem Studium mit nichts angefangen. (Zuruf von den GRÜNEN: Wir auch!) Er hat aus kleinsten Anfängen mit ungeheuerem persönlichem FleiB und Engagement sein Ingenieurbüro aufgebaut. Er beschäftigt heute 140 Mitarbeiter; das sind höchstqualifizierte Arbeitsplätze. Wer wie Sie, Herr Kamm, fordert, daß ein Landtagsabgeordneter draußen nicht als freiberuflicher Unternehmer tätig sein darf, der verlangt letztlich ein Berufsverbot. Das ist genau das, was Sie, etwa im Fall Säumer, immer so scharf kritisieren. (Beifall bei der CSU) Weder der K-Ollege Karl Kling noch seine 140 Mitarbeiter sind käuflich und bestechlich. (Beifall bei der CSU) Die CSU-Fraktion wird diese ungeheuerlichen persönlichen Vorwürfe zum Anlaß nehmen, diese Sache auch in der nächsten Sitzung des Ältestenrats anzusprechen. (Lebhafter Beifall bei der CSU) Lass~n Sie mich zum Schluß sagen: Wir in der CSU Fraktion sind stolz darauf, einen so tüchtigen und erfahrenen Fachmann wie Karl Kling in unseren Reihen zu haben, und wir hoffen, daß er noch möglichst lange hier im Bayerischen Landtag ist. (Lebhafter Beifall bei der CSU) zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Ich erteile das Wort zu einer Erklärung nach 111 der Geschäftsordnung dem Kollegen Kamm; nach 110 ist eine Erklärung nicht möglich, Herr Kollege Kamm. Ich sehe davon ab, daß Sie Ihre Erklärung schriftlich vorlegen müssen. Bitte, Sie haben das Wort nach 111 der Geschäftsordnung. Kamm (DIE GRÜNEN): Danke schön! Ich glaube, Herr Kollege Spitzner, Sie haben nicht exakt zugehört, als ich gesprochen habe. (Zurufe und Widerspruch von der CSU - Glocke des Präsidenten) - Lassen Sie mich bitte aussprechen! Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Meine Damen und Herren! Ich darf bitten, dem Herrn Kollegen Kamm zuzuhören. Bitte, Herr Kollege Kamm, fahren Sie fort! Kainm (DIE GRÜNEN): Sie haben nicht exakt zugehört, als ich davon gesprochen habe, daß es in den Kommunalparlamenten üblich ist, sich bei Angelegenheiten, die die eigene Person oder die eigene Firma betreffen, aus der Beratung und Entscheidung herauszuhalten. Ich habe hier gesagt, ich wünschte und forderte, daß der Herr Kollege Kling seine Interessenverflechtung offenlegte. Das habe ich gesagt. Ich glaube, daran besteht ein sehr legitimes Interesse. (Zurufe von der CSU - Glocke des Präsidenten) Ich habe das mit dem Beispiel untermauert, daß es dem Herrn Kollegen Kling in einer Region, wo es um eine Mülldeponie geht, gelungen ist, den ganzen Abend als Gutachter, als Sachverständiger des Ingenieurbüros Kling auf dem Podium zu sitzen, ohne zu ' sagen, daß er gleichzeitig im Bayerischen Landtag sitzt und Politik für die CSU macht. (Zurufe von der CSU) Meine Damen und Herren! Ich möchte damit klarstellen, daß beide Interessen auf dem Tisch liegen müssen. (Zuruf von der CSU: Ehrabschneider!) Es kann natürlich überhaupt nicht die Rede davon sein, daß ich meine, eine freiberufliche Tätigkeit sei mit einer Tätigkeit hier im Bayerischen Landtag nicht vereinbar. (Fortgesetzte Zurufe von der CSU - Glocke des Präsidenten) Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Meine Damen und Herren! Da ohnehin angekündigt ist, daß sich der Ältestenrat mit dieser Angelegenheit beschäftigen wird, sollten wir von weiteren Erklärungen Abstand nehmen. Ich komme zu den Punkten 74 und 75 der Tagesordnung: Antrag der Abgeordneten Hiersemann, Heinrich, Leichtle und anderer und Fraktion betreffend Sanierung der Hausmülldeponie Gallenbach (Drucksache 11/5194) und Antrag der Abgeordneten Fendt, Christian Knauer, Hölzl und anderer betreffend Erweiterung der Hausmülldeponie Gallenbach (Drucksache 11/5211).

80 3872 Bayerl char Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund) Da die Beschlußempfehlungen der Ausschüsse zu beiden Anträgen einstimmig bzw. ohne Gegenstimmen gefaßt wurden, entfällt die Berichterstattung. Mit dem Antrag auf Drucksache 11/5194 soll die Staatsregierung aufgefordert werden zu berichten, welche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Sanierung der Deponie Gallenbach getroffen worden sind. Mit dem Antrag auf Drucksache 11 /5211 soll die Staatsregierung gebeten werden, auf die angeschlossenen Landkreise einzuwirken, eine eigene Alternative zum Standort Gallenbach als Zwischenlösung bis zur Inbetriebnahme der geplanten thermischen Verwertungsanlage Augsburg anzustreben. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen sehe ich keine. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. - Ist das eine Wortmeldung? (Frau Abg. Paulig: Zur Abstimmung eine Erklärung!) - Eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. - Vor der Abstimmung erteile ich dem Herrn Kollegen Kamm das Wort zu einer Erklärung über das Abstimmungsverhalten seiner Fraktion. Bitte, Herr Kollege Kamm! Kamm (DIE GRÜNEN): Namens meiner Fraktion erkläre ich, daß wir dem SPD-Antrag aus vollem Herzen zustimmen. Bei dem Antrag der CSU werden wir uns der Stimme enthalten. (Zurufe von der CSU - Glocke des Präsidenten) Wir halten den Antrag der CSU, eine Erweiterung und Erhöhung der Deponie in Gallenbach zu vermeiden und zu stoppen, für sehr sinnvoll; aber wir tragen natürlich nicht mit, daß dies nur ein Zwischenschritt zur Müllverbrennung in Augsburg ist. (Zurufe von der CSU) Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Ich lasse zuerst, über den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 11/5194 abstimmen. Die Ausschüsse empfehlen Zustimmung mit der Maßgabe, daß die Einleitungssätze neu gefaßt werden. Wer dem Antrag mit dieser Änderung seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist e i n s t i m m i g angenommen worden. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf D r u c k s a c h e 11 /5211. Die Ausschüsse empfehlen die unveränderte Annahme des Antrags. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktion der CSU und die Fraktion der SPD. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Keine. Stimmenthaltungen? - Die Fraktion DIE GRÜNEN und eine Stimmenthaltung aus den Reihen der Fraktion der CSU. So an genommen. Zur gemeinsamen Berichterstattung und Aussprache rufe ich auf die Tage s.o r d nun g s punkte 12 mit 32: Antrag der Abgeordneten Bause, Wax-Wömer, Prof. Dr. Armln Weiß und Fraktion betreffend Linearisierung der Stromtarife (Drucksache 11 /88) Antrag der Abgeordneten Bause, Wax-Wörner, Prof. Dr. Armln Weiß und Fraktion betreffend Konzessionsabgabenzahlungen von Energleversorgungs -untemehmen an Gemeinden (Drucksache 11/89) Antrag der Abgeordneten Prof. Dr. Armln Weiß, Bäumer, Wax-Wömer betreffend Vergütung für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder aus regenerativen Energiequellen (Drucksache 11/204) Antrag der Abgeordneten Naumann u. a. betreffend Stromversorgung In München (Drucksache 11/208) Antrag der Abgeordneten Prof. Dr. Armln Weiß, Bäumer, Bause u. a. betreffend Förderung von Stromsparmaßnahmen (Drucksache 11 /220) Antrag der Abgeordneten Erwin Huber, Dr. Martin Mayer, Hölzl u. a. betreffend Tarife für Nachtstrom (Drucksache 11 /348) Antrag der Abgeordneten Dr. Seebauer, Kolo be treffend Energieberichte der Staatsregierung (Drucksache 11 fl27) Antrag des Abgeordneten Kolo betreffend Stromsparverordnung (Drucksache 11fl31) Antrag der Abgeordneten Kolo, Dr. Seebauer u. a. betreffend Unterstützung der Kommunen. bei der Energieversorgung als Aufgabe der öffentlichen Da selnsvorsorge (Drucksache 11fl32) Antrag der Abgeordneten Kolo, Dr. Seebauer u. a. betreffend Vorlage eines Bayerischen Energiespargesetzes (Drucksache 11 fl33) Antrag der Abgeordneten Kolo, Dr. Seebauer u. a. betreffend Ausschöpfung des bestehenden rechtlichen Rahmens für eine optimierte Energieversorgung (Drucksache 11fl34) Antrag der Abgeordneten Koto, Dr. Seebauer u. a. betreffend Reform des Energiewirtschaftsrechts auf Bundesebene (Drucksache 11 fl35) Antrag der Abgeordneten Kolo, Dr. Seebauer u.a. betreffend Nutzung von Standorten von stlllgeleg ten Kraftwerken für den Bau moderner Heizkraftwerke (Drucksache 11fl36) Antrag der Abgeordneten Kolo, Dr. Seebauer u. a. betreffend erhöhte Abschreibungen für Wärmedäm mung an Gebäuden nach 82 a Elnkommenssteuerdurchführungsverordnung (Drucksache 11 fl37) Antrag der Abgeordneten Kolo, Dr. Seebauer u. a. betreffend Änderung des Atorngesetzas (Drucksache 11fl38) Antrag der Abgeordneten Kolo, Dr. Seebauer u.a. betreffend Grundsätze einer künftigen Energiepolitik (Drucksacha 11fl46)

81 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3873 (Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund) Antrag der Abgeordneten Erwin Huber, Wengenmeier, Dr. Martin Mayer u. a. betreffend Stromtarif (Drucksache 11 /1502) Antrag der Abgeordneten Zeltler, Beck, Dumann u. a. betreffend Kohlepfennig (~rucksache 11/1673) Antrag der Abgeordneten Beck, Erwin Huber, Dr. Herbert Huber u. a. betreffend Verbesserung beim Energieeinsparen und der Nutzung regenerativer Energiequellen (Drucksache 11 /1957) Antrag der Abgeordneten Dr. Martin Mayer, Feneberg, Gruber u. a. betreffend Bericht über Energieeinsparen (Drucksache 11/3041) Antrag des Abgeordneten Beck betreffend Verbesserung des zwelglledrlgen Stromtarifs mit dem Ziel. der Energieeinsparung (Drucksache 11/3049) Die Anträge auf den Drucksachen 11/737, 11/1502, 11/1957, 11/3041 und 11/3049 wurden einstimmig bzw. ohne Gegenstimmen gefaßt. Damit entfällt die Berichterstattung. Mit diesen Anträgen soll die Staatsregierung gebeten werden, verschiedene Maßnahmen zur Energieeinsparung zu veranlassen, z.b. Abschreibungsmöglichkeiten bei nachträglicher Wärmedämmung in Gebäuden, Förderung der Nutzung regenerativer Energiequellen oder entsprechende Änderung des Stromtarifs. Über die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 12, 13, 14 und 16 im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr (Drucksachen 11/367, 11/368, 11/829, 11/917) berichtet der Herr Kollege Dr. Magerl. Ich erteile ihm das Wort. Dr. Magerl (DIE GRÜNEN), B e r i c h t e r statte r : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr hat sich am 29. Januar 19ß7 und zum Teil auch am 26. Februar und 12. März 1987 mit diesen vier Anträgen beschäftigt. Be" richterstatter war in allen vier Fällen ich selbst, Mitberichterstatter war der Herr Kollege Beck von der Fraktion der CSU. Bei Antrag Drucksache 11/88, so hob ich als Be r i c h t e r s t a tt e r hervor, gehe es den GRÜ NEN um eine Linearisierung der Stromtarife. Es solle darauf hingewirkt werden, daß die Staatsregierung über das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr als Aufsichtsbehörde für die Energiewirtschaft künftig nicht mehr genehmige, daß die Grundpreise erhöht werden. Wenn Strompreiserhöhungen unvermeidbar Seien, sollten sie nur bei den Arbeitspreisen erfolgen. Des weiteren solle die Staatsregierung bei den Energieversorgungsunternehmen, an denen der Freistaat Bayern kapitalmäbig beteiligt sei, ihren Einfluß dahingehend geltend machen, daß möglichst schnell die Grundpreise gesenkt werden und diese Senkung des Grundpreises durch eine Anhebung des Arbeitspreises ausgeglichen werde. Mitberichterstatter Be c k machte darauf aufmerksam, daß eine Linearisierung der Stromtarife zu keiner Energieeinsparung führe, sondern als unsozial angesehen werden müsse. (Unruhe) - Vielleicht könnte es etwas ruhiger werden. (Glocke des Präsidenten) Deshalb lehne die CSU-Fraktion den Antrag ab. 1 c h selbst habe noch darauf hingewiesen, daß sich die Grundpreisbemessung im wesentlichen nach der Anzahl der Räume richte. Wolle man weiterhin mit dem Grundpreis operieren, müsse man zu einer anderen Bemessungsgrundlage kommen, um Anreize zu schaffen, energiesparende Geräte zu kaufen. Der Ausschuß hat den Antrag mit den Stimmen der Vertreter der CSU-Fraktion gegen die Stimme eines Vertreters der SPD-Fraktion und der Fraktion der GRÜNEN bei zwei Stimmenthaltungen der SPD abgelehnt. Bei Antrag D r u c k s a c h e 11 /89 geht es um die Zahlung einer Konzessionsabgabe von Energieversorgungsunternehmen an Gemeinden. 1 c h machte dabei auf die eklatante Ungleichbehandlung aufmerksam. Durch den Antrag solle eine Vereinheitlichung erreicht werden. Mitberichterstatter Kollege Be c k schloß sich der Meinung des Berichterstatters an, daß hier Ungleichbehandlung bestehe. Er machte darauf aufmerksam, daß nach der Konzessionsabgabenordnung Konzessionsabgaben nur aus Konzessionsverträgen bezahlt werden dürften, die vor dem 1. April 1941 abgeschlossen worden seien. Die von den GRÜNEN geforderte Verpflichtung, mit den zusätzlichen Einnahmen Energieeinsparmaßnahmen zu fördern oder Rücklagen für den Ankauf des Ortsnetzes und den Aufbau einer Eigenversorgung nach Auslauten des Konzessionsvertrages zu bilden, werde von der CSU nicht gutgeheißen. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Vertreter der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der Vertreter der SPD-Fraktion und der Fraktion der GRÜNEN abgelehnt. Bei Antrag auf D r u c k s a c h e 11 /204 geht es um die Vergütung für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder aus regenerativen Energiequellen. Es soll darauf hingewirkt werden, daß Einspeisung aus diesen Energieversorgungsmöglichkeiten in das öffentliche Netz mindestens ebenso vergütet wird wie Einspeisung von Strom aus Wasserkraftwerken analog der Verordnung By 2/52. Mitberichterstatter B e c k bestätigte im Prinzip die Richtigkeit dieses Vortrags. Er wies darauf hin, daß Kleinkraftwerke sehr wichtig für die Stromversorgung in Bayern seien. Der Antrag wurde mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD und des Vertreters der GRÜ NEN abgelehnt. Beim letzten Antrag unserer Fraktion auf D r u c k - s a c h e 11 /220 geht es um die Förderung von Stromsparmaßnahmen.

82 3874 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokofl 11 /58 v (Dr. Magerl [DIE GRÜNEN]) Als B e r i c h t e r s t a t t e r habe ich darauf hingewiesen, daß Energieversorgungsunternehmen Privatleuten wie Firmen zinslose Kredite zur Durchführung stromsparender Maßnahmen zur Verfügung stellen sollten, wenn die Kosten der eingesparten Kilowattstunden geringer seien als die Kosten der Kilowattstunden eines neu zu errichtenden Kraftwerks. Analog Beispielen aus den Vereinigten Staaten, beispielsweise Tennessee Valley Authority, wo dies schon praktiziert werde, sollte dies auch bei uns gemacht werden. Dort seien mit Krediten und Hilfen auf diese Weise seit Megawatt Strom eingespart worden. Mitberichterstatter Kollege B e c k wies darauf hin, daß auch die EG-Kommission empfohlen habe, Möglichkeiten der Stromeinsparung zu überprüfen. Rechtlich sei allerdings nicht unproblematisch, inwieweit auf die EVU in dem beantragten Sinne überhaupt eingewirkt werden könne. Er fragte weiter, unter welchen Voraussetzungen eigentlich die Kosten eingesparter Kilowattstunden geringer seien. Aus rechtlichen und energiepolitischen Gründen beantragte er, den Antrag abzulehnen. Der Antrag wurde mit den Stimmen der CSU gegen vier Stimmen der SPD und eine Stimme der GRÜNEN bei einer Stimmenthaltung der SPD abgelehnt. Ich bitte das Hohe Haus um Entscheidung. Erster Vlzeprisldent Möslein: Danke für die Bericht- erstattung. Über die Beratung im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr zu den Tagesordnungspunkten 15, 18, 24, 26 und 27 (Drucksachen 11/915, 11/2180, 11/2188, 11/2190, 11/2191) berichtet die Frau Kollegin Harrer. Bitte, Frau Kollegin, Sie haben das Wort! Frau Harrer (SPD), Berichterstatterin : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr hat sich am 4. Juni 1987 mit den aufgerufenen Anträgen befaßt. Mitberichterstatter war der Herr Kollege Beck, Berichterstatter war ich selbst. Bei diesen Anträgen geht es im großen und ganzen daru'\1. Einsparungspotentiale bei den EVU und Haushalten herbeizuführen, damit keine weiteren Wärmekraftwerke mehr installiert werden müssen. Wir wollen weiterhin umweltschonende Kernkraftwerke. Erster Vizepräsident Mösleln: Dem Antrag auf Drucksache 11 /737 wurde einstimmig zugestimmt, Frau Kollegin! Frau Harrer (SPD), Berichterstatterin: Der Antrag auf Drucksache 11/733 wurde mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD und der GRÜNEN abgelehnt. Den Antrag auf D r u c k s a c h e 11 /734 lehnte die CSU ab, SPD und GRÜNE waren dafür. Der Antrag auf Drucksache 11/735 wurde mit den Stimmen der CSU abgelehnt, SPD und GRÜNE waren dafür. Zum Antrag auf D r u c k s a c h e 11 /736 wies Herr Kollege Dr. Seebauer darauf hin, daß ein Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie unrealistisch wäre, wenn wir dazu nicht mehr tun. Der Antrag enthalte einen wichtigen Bestandteil, das Ziel zu verwirklichen, nämlich schrittweise Sanierung und Renovierung der Kraftwerkspakete. Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen der Mehrheit des Hauses gegen die Stimmen der SPD und der GRÜNEN abgelehnt. Zu dem Antrag D r u c k s a c h e 11 /737 beantragten beide Berichterstatter Zustimmung in einer Neufassung, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Sie lautet: Die Staatsregierung wird aufgefordert, ihre entsprechenden Initiativen wieder aufzunehmen, damit für die nachträgliche Wärmedämmung an selbstgenutzten Gebäuden erhöhte Abschreibungen wie bis 1983 nach 82 a Einkommensteuerdurchführungsverordnung möglich werden. Diesem Antrag haben alle zugestimmt. Der Antrag auf D r u c k s a c h e 11 /738 wurde abgelehnt, desgleichen der Antrag auf D r u c k s a c h e 11/746. Ich bitte um Ihr Votum. Es wird heute noch zu einer längeren Debatte kommen. Deswegen gehe ich auf die einzelnen Anträge nicht näher ein. Erster Vizepräsident Möslein: Vielen Dank für die Berichterstattung. Über die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 17 und 29 im Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr (Drucksachen 11 /917 und 11/ 2194) berichtet der Herr Abgeordnete Beck. Bitte, Sie haben das Wort, Herr Kollege! Back (CSU), Berichterstatter: Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der gleichen Sitzung des Wirtschaftsausschusses vom 4. Juni 1987 wurde der Antrag des Kollegen Huber und anderer auf D r u c k s a c h e 11 /348 behandelt. Dabei geht es um die Nachtstromtarife. Berichterstatter war ich, die Mitberichterstattung hatte di_e Frau Kollegin Harrer. Der Antrag wurde mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD und der GRÜNEN angenommen. In der gleichen Sitzung wurde der Antrag der Kollegen Zeitler, Beck, Dumann und anderer auf Druck - s ach e 11/1673 behandelt. Berichterstatter war ich, Mitberichterstatterin war die Frau Kollegin Harrer. Es geht hier um den Kohlepfennig. Aus zeitlichen Gründen mußte der Antrag etwas umgeändert werden. Der Antrag wurde mit den Stimmen der CSU gegen die Stimmen der SPD und der GRÜNEN ohne Stimmenthaltung angenommen. Erster. Vizepräsident Mösleln: Vielen Dank für die

83 Plenarprotokoll 11/58 v BayeriScher Landtag 11. Wahlperiode 3875 (Erster Vizepräsident Möslein) Berichterstattung. Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und erteile dem Herrn Staatssekretär für Wirtschaft und Verkehr das Wort. Bitte, Herr Staatssekretär Zeller! Staatssekretär Zeller: Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Auf der Tagesordnung des Hohen Hauses stehen heute eine Fülle von Anträgen zu energiepolitischen Fragen. Soweit es sich um die Anträge der Opposition handelt, empfehlen die Ausschüsse überwiegend Ablehnung. Ich darf Sie namens der Bayerischen Staatsregierung bitten, den Ausschußempfehlungen zu folgen. (Lachen des Abg. Dr. Seebauer) Die mit diesen Anträgen verfolgten Zielsetzungen sind überwiegend nicht dazu geeignet, Sicherheit, Preisgünstigkeit, Umweltverträglichkeit und regionale Ausgewogenheit der Energieversorgung unter Berücksichtigung rationellen Energieeinsatzes zu verbessern. Betrachten wir die Entwicklung unserer Energieversorgung in den letzten Jahren, so können wir wirklich sehr zufrieden sein. Die von der Bayerischen Staatsregierung verfolgte Politik der Diversifizierung der Energieträger hat sich bewährt. Unsere Stromversorgung beruht heute fast ausschließlich auf heimischen oder quasi-heimischen Energieträgern, der Kernenergie, der Kohle und der Wasserkraft. Erdgas- und Fernwärmeversorgung wurden mit erheblichen staatlichen Zuschüssen gefördert und ausgebaut. Maßnahmen zur Energieeinsparung und die Entwicklung neuer Energietechnologien wurden in beachtlichem Umfang gefördert. Diese Entwicklung hat nicht nur bewirkt, daß unsere Versorgung heute wesentlich sicherer ist als etwa in der ersten Ölkrise, sie ist auch umweltverträglicher geworden. So konnten die Schwefeldioxidemissionen aus bayerischen Kraft- und Heizwerken in den Jahren 1976 bis 1986 von Tonnen auf rund Tonnen reduziert werden, obwohl der Stromverbrauch im selben Zeitraum um rund 38 Prozent gestiegen ist. Unsere Energieversorgung ist auch preisgünstiger geworden. Während die bayerischen Industrie-Strompreise 1976 noch um rund zehn Prozent über dem Bundesdurchschnitt lagen, gehören sie heute zu den preisgünstigsten im Bundesgebiet; das nicht nur etwa in den Großstädten, sondern gerade auch in den schwächer strukturierten Räumen unseres Landes wie z. B. in Ostbayern. Angesichts dieser positiven Entwicklung sehen wir für eine Umorientierung unserer Energiepolitik überhaupt keinen Anlaß. Hierauf zielt aber ein Großteil der Anträge der Opposition ab. Wallten wir diesen Forderungen entsprechen, würde unsere Energieversorgung unsicherer und teurer werden, es würden wieder regionale Disparitäten entstehen, und sie wäre auf keinen Fall umweltfreundlicher. Dies gilt primär für einen Ausstieg aus der Kernenergie, wie ihn eine Reihe der heute zu behandelnden Anträge fordern. Die Staatsregierung hat ihre Auffassung dazu in diesem Hause wiederholt und ausführlich dargelegt. Ich darf insoweit auf die umfangreichen Stellungnahmen zu den Interpellationen während d.er 10. Legislaturperiode verweisen. Wir sehen uns durch die inzwischen eingetretene Entwicklung in unserer Auffass~ng bestätigt. Es gibt aber auch keine Notwendigkeit zu einer grundsätzlichen Umgestaltung der Organisationsstrukturen unserer Versorgungswirtschaft, wie sie unter den Stichworten Dezentralisierung" und Kommunalisierung" gefordert wird. Unsere Stromerzeugung erfolgt zum großen Teil (Frau Abg. Paulig: Aus Atomkraftwerken!) aus umweltfreundlichen und kostengünstigen sowie zuverlässig arbeitenden Großkraftwerken. - Sie müssen halt einmal feststellen, wieviel Umweltverschmutzung Kohlekraftwerke bringen. Daneben tragen auch zahlreiche kleinere Anlagen, insbesondere Heizkraftwerke, Blockheizkraftwerke und kleinere Wasserkraftanlagen zu unserer Versorgung bei. Wir haben auch eine gut entwickelte und leistungsfähige kommunale Versorgungswirtschaft. Es gibt in Bayern rund 120 kommunale Unternehmen, darunter sind fast alle kreisfreien Städte. Die Staatsregierung hat die energiewirtschaftlichen Leistungen unserer kommunalen Unternehmen immer und stets anerkannt. Niemand denkt daran, etwa die kommunale Versorgungswirtschaft zurückzudrängen. Wogegen wir uns wenden, ist eine überzogene, ideologisch begründete Kommunalisierung und Dezentralisierung, die ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Gesichtspunkte leistungsfähige Strukturen zerschlägt. Letztlich ginge dies zu Lasten des Verbrauchers, der die höheren Kosten zu zahlen hätte. Bei einer überzogenen Kommunalisierung entstünden in unserer Versorgung nach Preis und Qualität wieder regionale Disparitäten vor allem zu Lasten der kleineren Ge. meinden und der wirtschaftlich schwächeren Gebiete. Schließlich ist es auch nicht notwendig, die rechtlichen Rahmenbedingungen grundsätzlich zu verändern. Die Bayerische Staatsregierung hat in ihrer bisherigen Vollzugspraxis bereits Gesichtspunkte der rationellen und sparsamen Energieverwendung berücksichtigt. Die Errichtung auch kleinerer Anlagen wurde nicht etwa behindert, sondern in vielen Fällen auch durch staatliche Zuwendungen erheblich unterstützt. Das heißt nicht, daß dort, wo Handlungsbedarf besteht, zum Beispiel im Interesse eines sparsamen Umgangs mit Energie, alles beim Alten belassen werden soll. So sind wir dabei, die bestehenden Tarifregelungen zu überprüfen. So ist die Berechnung des Grundpreises beim Haushaltstarif nach der Raumzahl nicht mehr zeitgemäß. Damit Stromkosten attraktiver werden, soll der Grundpreis künftig stärker verbrauchsabhängig berechnet werden. Wir halten jedoch an dem zweigliedrigen Tarifsystem fest; denn es ist ein gerechtes Preissystem, das den Stromkunden in dem Maße finanziell belastet, in dem er Kosten verursacht. Unsere Auffassung entspricht im übrigen

84 3876 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Staatssekretär Zeller) dem einstimmigen Beschluß der Wirtschaftsministerkonferenz vom 7. Oktober Wir sind für Änderungen aufgeschlossen, wo sie aufgrund der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung notwendig erscheinen. Aber wir sind gegen rein ideologisch begründete Forderungen, bei deren Erfüllung letztlich der Verbraucher die Zeche zu bezahlen hätte. In diesem Sinne bitte ich Sie, über diese Anträge zu entscheiden. Herzlichen Dank! (Beifall bei der CSU) Erster Vizepräsident Mösleln: Nächster Redner ist der Abgeordnete Seebauer. Bitte, Sie haben das Wort! Dr. Seebauer (SPD): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Zeller, es ist ja reichlich ungewöhnlich. daß die Staatsregierung die Abgeordneten, in dem Falle natürlich die Abgeordneten der CSU, bereits vor einer Debatte auffordert, alle Anträge der Opposition abzulehnen. Sie hätten ja zumindest noch gute Nerven beweisen (Beifall bei der SPD) und sich die überzeugenden Argumente Ihrer Kollegen anhören können, um dann gewissermaßen gutachterlich als Vertreter der Staatsregierung Stellung nehmen zu können. (Abg. Dumann: Die weiß es besser!) - Richtig, Herr Dumann. Sie haben recht, die Staatsregierung wei6 inzwischen alles besser als die CSU Fraktion im Parlament. Insofern haben Sie ihr auch die Arbeit überlassen. Dabei handelt die Staatsregierung gar nicht so unökonomisch; denn wenn Sie die Reden halten müßten, Herr Kollege Dumann, müßte auch in diesem Falle die Staatsregierung das Manuskript erstellen. Insofern liest sie lieber gleich das Manuskript vor. (Beifall bei der SPD - Abg. Dumann: Das ist schon überheblich!) - Es ist ein sehr ungewöhnlicher Stil, das werden Sie doch wohl zugeben, meine Damen und Herren. Daß sich der Staatssekretär hier hinstellt und gewissermaßen an die eigenen Leute appelliert, ja nicht zu vergessen, alle Anträge abzulehnen, ist schon ein bißchen pauschal und auch ein bißchen ungewöhnlich. (Abg. Geisperger: Der hat noch mehr gesagt!) Meine Damen und Herren! Ich möchte gern auf den Ausgangspunkt zurückkommen. Wir hatten vor einigen Jahren in einer gemeinsamen Anstrengung des Bayerischen Landtages die Dimensionen der Energiepolitik erweitert. War in der Energiepolitik früher, ich sage das ohne jeglichen Vorwurf, als wichtigste Dimension entscheidend, Energie in ausreichender Menge zu einem guten Preis zur Verfügung zu stellen, mit Sicherheit wichtig vor allem in den Aufbaujahren der Bundesrepublik Deutschland, so haben wir, gewissermaßen mit Verfassungsrang, gemeinsam zwei zusätzliche Dimensionen in der Energiepolitik beschlossen. Diese beiden Dimensionen sind einmal Umweltverträglichkeit bzw. Umweltfreundlichkeit und zum zweiten Sozialverträglichkeit. So ist sinngemäß gemeinsam hier im Landtag damals die Verfassungsänderung formuliert worden. Der Herr Staatssekretär Zeller hat nolens volens wieder einmal klargemacht, daß es ihm im wesentlichen um die erste Dimension geht, nämlich Zurverfügungstellung von Energie in ausreichender Menge zu einem guten Preis, wobei er in nicht ausreichender Weise darauf hinweist, daß die Fragen der Umwelt- und Sozialverträglichkeit, übrigens auch in Ihren Reihen, inzwischen ganz anders gesehen werden als noch vor einigen Jahren. Ich komme darauf noch zu sprechen und möchte Ihnen gern ein paar Zitate entgegenhalten. Ich meine, nachdem wir in der Energiepolitik drei Ziele zu verfolgen haben, müssen wir rechtzeitig damit beginnen, die Abhängigkeit von der Kernenergie abzubauen. Jeder weiß, daß bei einer hohen Abhängigkeit und hohen Präsenz einer Energieart das Aussteuern oder Umsteuern oder schrittweise Aussteigen, was auch immer die politischen Konzepte sein mögen, schwieriger wird. Nur wenn man in der Lage ist, rechtzeitig aus einer großen Abhängigkeit herauszukommen, schafft man Freiraum für Alternativen. Zwiaitens ist in der volkswirtschaftlichen Situation der Bundesrepublik, nachdem wir im wesentlichen Energieimporteur sind, jedes Energiesparen gleichzeitig auch volkswirtschaftlich vernünftig. Drittens. Jeder weiß, daß wir an einer säkularen Schwelle in der Energietechnik stehen, nämlich vor der Möglichkeit, erneuerbare Energien zu nutzen, äie allerdings in weiten Bereichen erst noch entwickelt bzw. marktreif gemacht werden müssen. Aber wir haben zum erstenmal, sagen die Wissenschaftler, die realistische Chance, daß alternative Energien einen wesentlichen Beitrag zu unserer Energieversorgung leisten. Dieser Beitrag hängt nicht nur vom technischen Fortschritt und von den technologischen Möglichkeiten ab. Dieser Beitrag hängt in erster Linie davon ab, ob wir es durch öffentliche Rahmensetzung möglich machen, daß diese Energie auch eine Marktchance hat. Aus diesem Grunde stellen wir in der Energiepolitik vier Forderungen grundsätzlicher Art: E r s t e n s. Wir müssen, was die Bereitstellung öffentlicher Mittel für Forschung und Entwicklung angeht, für alternative Energien einen Betrag von ca. 1,5 Milliarden DM bundesweit zur Verfügung stellen. Fachleute, die sich sehr stark mit diesen alternativen Energien identifizieren, fordern nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wenn man mit dem vergleicht, was wir über zwei Jahrzehnte in die Kernenergie gesteckt haben, ist dies ein vertretbarer Betrag. Z w e i t e n s. Für die Markteinführung solcher Energien sind steuerliche Anreize und Zuschüsse wichtig, weil diese neuen Erfindungen nur dann eine Chance haben, a) sich im Markt durchzusetzen und b) über-

85 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3877 (Dr. Seebauer [SPD]) haupt kostengünstig zu werden, wenn sie in einer gewissen Größenordnung produziert, d. h. angewendet werden können. D r i t t e n s, und hier besteht eine politische Differenz, Herr Staatssekretär Zeller, das gebe ich gern zu; es ist interessant, darüber zu diskutieren: Wir sind der Meinung, daß eine stärkere Dezentralisierung der Versorgungsstrukturen und Dezentralisierung von Verantwortung tatsächlich helfen, diese Energien schneller einzusetzen, als wenn wir auf Energiegroßproduzenten setzen, die meistens auf eine Energieart spezialisiert sind bzw. in dieser Energieart gewisse Monopole haben. V i e r t e n s. Wir sind der Meinung, daß das öffentliche Energienetz zunehmend für Einspeisungen von außen zur Verfügung gestellt werden muß, das heißt für Abwärme der Industrie und anderes. Aus diesem Grunde haben wir Ihnen vor einiger Zeit ein Zehnjahresprogramm für rationelle Energieverwendung und neue Energietechniken mit einem Mittelaufwand von 500 Millionen DM angeboten. Wärme-Kraft-Kopplung, Energiesparmaßnahmen, Einführung regenerativer Energiesysteme wären der Inhalt solcher Programme. Ich möchte daher an die Wirtschaftspolitiker unter Ihnen eine vorsichtige Mahnung richten. Sie haben sich immer sehr hochnäsig und abwertend über die aktive Beschäftigungspolitik der damaligen sozial-liberalen Koalition geäußert. Es ist für mich überhaupt keine Frage, daß die vernünftigen Programme dieser Zeit dazu beigetragen haben, daß die Bundesrepublik Deutschland besser dastand im Wettbewerb. Sie haben es geschafft, meine verehrten Damen und Herren von der CSU, daß die Bundesrepublik Deutschland im Wachstumszug der Industrieländer inzwischen am unteren Ende steht. (Zuruf von der CSU) - Sie haben es geschafft. Solange die Sozialdemokraten in Bonn regiert haben, gehörte die Bundesrepublik Deutschland in allen Faktoren der wirtschaftlichen Entwicklung zur Spitze Europas. (Widerspruch bei der CSU) Inzwischen aber sind wir hinter England, hinter Italien und hinter Spanien auf dem vierten Platz. Das ist die Realität. (Zurufe von der CSU) - Sie haben auch da keine Chance. Bei der Inflation war die Bundesrepublik Deutschland zusammen mit der Schweiz immer das Schlußlicht bei den Preissteigerungsraten. Solche Dinge kommen langsam, Herr Kollege. Freuen Sie sich nicht zu früh, schauen Sie in die Zeitungen. Die Bundesrepublik Deutschland ist seit zwei Jahren beim Wachstum Schlußlicht in Europa. (Zuruf von der CSU: Minuswachstum haben wir vorher gehabt in der Zeit der SPD!) -Ach, Herr Kollege, warten Sie ab! Diese Dinge kommen schrittweise, aber gewaltig und unaufhaltsam. Gegen die Fakten und die Wahrheit können Sie hier nicht anpolemisieren. (Beifall bei der SPD) Ich sage noch einmal: Die Bundesrepublik Deutschland ist in Europa inzwischen auf Platz Nr. 4 abgerutscht. Ich möchte mich aber auf die Energiepolitik beschränken. Die Bundesregierung macht folgende Fehler: Er s t e n s. Sie zieht sich aus den Energ iesparprogrammen zurück; das Fernwärmeprogramm läßt sie auslaufen. Deshalb unsere Anträge. Z w e i t e n s. Der Ölverbrauch steigt relativ wieder an. Der Ölverbrauch geht nicht mehr so stark zurück wie in den vergangenen Jahren. Drittens. Die Kohlevorrangpolitik wird in Frage gestellt. Viertens. Trotz zunehmender Überkapazitäten bei den Kraftwerken, vor allem der Stromerzeugung, wird weiter der Ausbau der Kernenergie betrieben. Herr Staatssekretär Zeller hat sich überzeugt hier hingestellt und gesagt: Unsere Haltung zur Kernenergie ist unverrückbar, das soll so bleiben. Meine Damen und Herren! Ich zitiere dazu Herrn Lothar S p ä t h, Ministerpräsident in Baden-Württemberg. Er sagt: Es wird jetzt, bei einem Wachstum von nur noch 0,9 Prozent jährlich, Zeit, die Weichen für die Ära nach der Kernkraft zu stellen." Und ich zitiere Werner Rem m er s, CDU, der sagt: In unserer Partei gibt es sehr viele, die zu einer sehr differenzierten Beurteilung der Kernenergie gekommen sind." Es gibt einen Diskussionsentwurf von Delegierten der CDU zum Bundesparteitag im Juni in Wiesbaden. Die Kernaussage darin ist eine Zukunft ohne Kernenergie, aber auch mit immer weniger fossilen Energieträgern. Da wird eindeutig auf alternative Energien gesetzt. Inzwischen sind in der CDU, wahrscheinlich auch in der CSU, immer mehr Politiker, Mitglieder und Fachleute, zu dem Ergebnis gekommen, daß die Kernenergie wesentlich differenzierter betrachtet werden muß. Die FDP äußert sich ähnlich, ich möchte keine Zitate bringen. Ich sage dies in vollem Mitleid für ihre Position und mit Verständnis für ihre Wankelmütigkeit. Insofern, Herr Kollege Zeller, sind Sie vielleicht vom Zentrum der Macht zu weit weg. Es scheint tatsächlich auch in Bonn bei den Regierungsparteien langsam ein Umdenkprozeß zu beginnen. Bundeskanzler Kohl hat vor allem mit der CSU Probleme bei der Definition des Übergangscharakters der Kernenergie. Sie wissen, wenn man da zu diskutieren anfängt, ist es nicht mehr so weit zu Positionen etwa der Sozialdemokratie, die immer gesagt hat, Kernenergie ist eine Übergangsenergie. Wenn man das ernst nimmt und auch noch etwas dafür tut, daß sie eine Übergangsenergie wird, bleibt sie auch tatsächlich Übergangsenergie.

86 3878 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 /58 v (Dr. Seebauer [SPD]) Das heißt, Sie sind also, wenn sicherlich auch von einem anderen grundsätzlichen Standpunkt ausgehend, nicht mehr so meilenweit entfernt von dem, was die Menschen in Deutschland diskutieren. Ihr markiges Wort, Herr Zeller, es bleibt alles so, es wird nichts geändert" - warten wir.es ab. Wir haben gemeinsam die Geduld. Was die Politiker offensichtlich nicht schaffen, schafft die Bevölkerung. Die Bevölkerung ist inzwischen zu 63 Prozent der Meinung, daß die bestehenden Atommeiler nach einer gewissen Übergangsfrist stillgelegt werden sollen. Die Kernenergiewirtschaft - Stichwort Hanau - hat selbst viel dazu beigetragen, das Vertrauen zu zerstöfen. Wichtig ist dabei nicht nur der psychologische Aspekt, meine Damen und Herren. Die Diskussion hat gezeigt, Herr Kollege Zeller, daß die Umweltverträglichkeit nicht nur an den Emissionen der Kraftwerke gemessen werden darf; sie muß vielmehr an den Emissionen des gesamten Entsorgungszyklus gemessen werden. Wenn Sie aber den gesamten Entsorgungszyklus buchhalterisch und ordentlich festhalten, dann addieren sich Emissionen und Risiken zu einer beträchtlichen Höhe. Dies ist auch der Grund, daß die Bevölkerung zunehmend das Gefühl hat, um bei der Formel zu bleiben, daß die Kernenergie eine Übergangsform ist. Lassen Sie mich abschließend noch auf zwei, drei Schwerpunkte dieses Pakets von Anträgen eingehen, die wir, aber auch andere, hier im Landtag eingebracht haben: Für Sozialdemokraten ist unter anderem wichtig, daher unser Antrag auf D r u c k s a c h e 11 /736, die bestehenden Standorte für neue Kraftwerke, seien es Kohlekraftwerke, seien es auch kleinere Kohlekraftwerke, zu nutzen. Dies gilt auch für die Standorte der Kernkraftwerke. Wir brauchen die Energieinfrastruktur Bayerns insgesamt nicht zu verändern, weil wir zum Teil, sicherlich nicht zu 100 Prozent, an den bestehenden Standorten der Kraftwerke statt Kernkraftwerken neue Kohlekraftwerke errichten könnten, soweit wir solche überhaupt brauchen. Wir könnten an den,bestehenden Standorten auch andere Kraftwerke bauen. Weiter erscheint uns der Antrag auf D r u c k s a c h e 11 /732 wichtig. Dabei geht es um die Unterstützung der Kommunen in der Energieversorgung als Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. Ich will das nicht in aller Breite darstellen, meine Damen und Herren, aber wir sind nach Erfahrungen, Beobachtungen und Gesprächen im kommunalen Bereich zu dem Ergebnis gekommen, daß die Kommunen eine ganze Reihe. von konkreten Möglichkeiten haben, die ihnen allerdings teilweise genommen werden und für die sie teilweise auch die Mittel nicht haben, Energie einzusparen und ihrerseits ein lokal angepaßtes Energiekonzept zu verwirklichen. Daß dies nicht die totale Dezentralisation der Energiewirtschaft ist, Herr Staatssekretär Zeller, ist selbstverständlich. Man kann nicht die gesamte Energiewirtschaft dezentralisieren, womöglich die Leistungsinfrastruktur und die Stromerzeugung - sprich: Kraftwerke - total kommunalisieren. Das war überhaupt nicht der Punkt. Aber es ist am Ort des Verbrauchers sehr gut möglich, dafür gibt es Beispiele führender Kommunen, auch einiger Kommunen in Bayern, unseren Zielen der rationellen Energieverwendung und der Energieeinsparung schneller näherzukommen, als wenn wir alles zentral steuern. Ich möchte abschließend einen letzten Punkt ansprechen, in dem Bundesregierung, CDU/CSU und FDP und natürlich auch die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag ihren Versprechungen nicht treu geblieben sind. Sie haben sich nämlich durch Antrag, den wir einstimmig verabschiedet haben, verpflichtet, das Energiewirtschaftsgesetz aus den dreißiger Jahren zu ändern. Sie können das nachlesen, Sie haben mitgestimmt; keiner von Ihnen hat dagegen gestimmt. Sie haben es in der ersten Legislaturperiode der neuen Koalition nicht geschafft, und wir sehen hierfür in der zweiten Legislaturperiode, die bald dem Ende entgegengeht, ebenfalls keine Chance. Wir halten es nicht für gut, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß ein einstimmiger Beschluß dieses Parlaments, ein Fossil aus den dreißiger Jahren zugunsten der energiepolitischen Ziele zu beseitigen, die wir gemeinschaftlich beschlossen haben, nämlich neben Verfügbarkeit und Preis auch Sozialverträglichkeit und Umweltverträglichkeit im Auge zu behalten, einfach nicht vollzogen wird. Oder ist dies abzubuchen in der Kategorie der Forderungen der CSU, die in Bonn nicht durchsetzbar waren? Es gibt ja eine lange Latte von Forderungen, die Sie offensichtlich in Bonn nicht durchsetzen können. In diesem Fall hätte ich Ihnen wahrscheinlich sogar unrecht getan. Ich glaube gar nicht, daß es nicht durchsetzbar wäre. Ich glaube vielmehr, daß Sie es gar nicht versucht haben. Es ist e,nttäuschend, meine Damen und Herren, daß Beschlüsse, die dieses Parlament, was sehr selten ist, in einer namentlichen Abstimmung einstimmig gefaßt hat, nicht vollzogen werden, der Vollzug im Grunde gar nicht gewollt ist. Vielen Dank! (Beifall bei der SPD) Erster Vizepräsident Mösleln: Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Beck das Wort. Bitte, Herr Abgeordneter! Beck (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Seebauer, natürlich ist die Staatsregierung jederzeit in der Lage, das Wort zu ergreifen, und es ist im Rahmen einer parlamentarischen Behandlung nur ganz natürlich, daß sie ihre Meinung sagt. (Zuruf des Abg. Dr. Seebauer) Natürlich sind unsere Anträge auch gegenseitig ab' gestimmt, weil wir anders gar nicht verfahren können. Ein Teil dieser Anträge läuft sicherlich auf die Frage hinaus, ob wir auf die Kernenergie verzichten können. Das ist ganz eindeutig der Inhalt, auch wenn es nicht

87 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3879 (Beck [CSU]) in dieser Formulierung und Deutlichkeit zum Ausdruck kommt. Wenn Sie allerdings meinen, wir hätten es uns leicht gemacht, indem wir sagen, bleiben wir jetzt bei der Kernenergie, weil wir schon einmal soweit sind, muß ich Ihnen entgegenhalten, daß dem nicht so ist. Sie haben wie ich Zugang zu dem Heftehen Energiepolitik im Gespräch", in dem die Ergebnisse einer Diskussion vom 17. Juli wiedergegeben sind, zu der der Bayerische Ministerpräsident Wissenschaftler und Energiefachleute eingeladen hatte. Wenn Sie das aufmerksam durchlesen, dann werden Sie zu der Auffassung kommen, daß man sich intensiv mit dem Energieproblem beschäftigt hat. Das Ergebnis aber war, daß wir derzeit keine Möglichkeit zum Ausstieg aus der Kernenergie haben. Entsprechend Ihrer Forderung hat das bayerische Wirtschaftsministerium eine Studie des lfo-lnstituts zu der Frage anfertigen lassen, was passieren würde, wenn wir in Bayern plötzlich aussteigen würden, ob wir möglicherweise im Jahr 2000 aussteigen können. Ich nehme an, daß auch Ihnen die Kurzfassung der Studie unter dem Titel Die energie- und volkswirtschaftlichen sowie ökologischen Folgen eines sofortigen oder schrittweisen Verzichts auf Strom aus Kernkraftwerken in der Bundesrepublik Deutschland unter besonderer Berücksichtigung Bayerns" bekannt ist. Ich möchte daraus folgende Schlußbemerkung zitieren: Der Bedarf an elektrischem Strom wird langfristig absolut noch zunehmen, es sei denn, es wird von zusätzlichen merklichen staatlichen Interventionen ausgegangen. Der Ersatz der Kernenergie ist unter Berücksichtigung der verfügbaren wirtschaftlichen und technischen Alternativen im wesentlichen nur durch fossile Energieträger, insbesondere Steinkohle, möglich. Ich darf Ihnen hur sagen, daß wir bei Ersatz von Kernenergie durch Steinkohle einen höheren Anteil an Gips hätten, etwa zwei bis 2,5 Millionen Tonnen, wenn wir entschwefeln. Dabei ist es heute schon schwierig, für qiesen Gips irgendwo - wir haben heute nachmittag über den Abfall diskutiert - einen Standort zu finden, wo er gelagert werden könnte. Das muß auch dazugesagt werden, wenn ich von dem einen Teil spreche. Ich zitiere weiter: Der Verzicht auf die Kernenergie führt zu höheren Stromerzeugungskosten, beeinträchtigt vor allem die internationale Wettbewerbsfähigkeit stromintensiver Produktionen und setzt eine Umstrukturierung in der gesamten Wirtschaft voraus, was aber nicht ohne Friktionen am Arbeitsmarkt möglich ist. Das ist das Ergebnis dieser Studie, die nicht von einem Politiker stammt. Ich nehme an, daß Sie das lfolnstitut als wissenschaftliches Institut anerkennen. Wir gehen also nicht her und sagen: Blindlings hinein in die Kernenergie, sondern wir haberi uns in der Tat mit diesen Fragen immer wieder eingehend beschäftigt. Wir sind allerdings der Meinung, dazu sollten wir auch stehen, daß wir die Grundsätze unserer Energiepolitik immer wieder überprüfen müssen, Herr Kollege Dr. Seebauer, das gehört ganz eindeutig dazu. Sie kennen diese unsere Grundsätze der Energiepolitik, die da lauten: Wir brauchen zunächst eine s i c h e r e V e r s o r - g u n g mit Energie. Wir nehmen es heute einfach als Selbstverständlichkeit hin, daß Energie vorhanden ist, weil wir von Versorgungsunsicherheit nicht mehr betroffen sind, das heißt, wir haben einen Einbruch in der Energieversorgung in einem hohen Ausmaß, der zu Katastrophen führen könnte, noch nicht gehabt. Deswegen nehmen wir die Versorgungssicherheit einfach als gottgegeben an, was sie in der Tat nicht ist. Wir müssen bei unserer Energieversorgung in Bayern auch sehen: Während wir in der Bundesrepublik etwa 60 Prozent Eigenversorgung haben und 40 Prozent von auswärts beziehen, ist es in Bayern völlig umgekehrt, wir haben zehn Prozent Eigenversorgung und 90 Prozent vom Ausland. Unsere Versorgungssicherheitspolitik muß also darauf gerichtet sein, daß wir von möglichst vielen Ländern im Ausland abhängig sind und nicht nur von einem Land. Denn wenn wir nur von einem Land abhängig sind, werden wir in der Energieversorgung erpreßbar. In Bayern sieht es so aus: Primärenergieverbrauch im Jahre 1986: Steinkohle 6,9 Prozent, Braunkohle 3,2 Prozent, Mineralöl 52,4 Prozent. Sie wissen, wir hatten schon 70 Prozent Mineralölanteil. Das war sicherlich angesichts einer Abhängigkeit vom Ausland zu hoch. Strom aus Wasserkraft 5,8 Prozent, Kernenergie 18,5 Prozent, wobei man heute Kernenergie fast, weil ein langer Vorrat vorhanden ist, zu einer einheimischen Energiequelle rechnen kann, Müll 0,4 Prozent, Gas 12,9 Prozent, Sonstige 0,9 Prozent. Das zweite ist eine p r e i s g ü n s t i g e E n e r g i e, wie der Bayerische Ministerpräsident immer sagt, Energie zu bezahlbaren Preisen. Es hat keinen Sinn, eine Energieversorgung vorzuhalten, die am Schluß niemand mehr bezahlen kann. Ohne Energie kommt bei uns in Bayern, wenn wir an den Winter denken, überhaupt kein Mensch aus. Auf das Autofahren könnten wir vielleicht noch eine Zeit verzichten. (Zuruf von den GRÜNEN) - Darüber kann man diskutieren, bevor ich im Winter friere. Dann kommt die Frage der U m w e 1 t v e rt r ä g - 1 i c h k e i t, die wir selbstverständlich sehr ernst nehmen. Wir sind dabei, in dieser Richtung etwas zu unternehmen. Ich werde noch einiges dazu sagen. Schließlich kommt natürlich die reg i o n a 1 e Aus - g e wog e n h e i t. Dies gilt insbesondere im kommunalen Bereich. Es ist uns gelungen, daß die Preisunterschiede innerhalb Bayerns fast ausgeglichen sind. Ich weiß noch von Landtagsfahrten in den Jahren 1970 und danach, als uns draußen immer als

88 3880 Bayerf cher Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Beck [CSU]) erstes gesagt wurde, man hätte einen ganz anderen Preis als im Nachbarort, der einem anderen Versorgungsgebiet angehört. Dieser Preisausgleich ist jetzt geschaffen. Wir haben klline Preisunterschiede mehr innerhalb Bayerns, im Gegenteil, wie der Herr Staatssekretär Zeller ausgeführt hat, liegen wir in der Bundesrepublik, was den Preis betrifft, jetzt an der untersten Stelle. Das hätte sich in Bayern - revierfern, große Versorgungswege und hoher Auslandsanteil - wahrscheinlich niemand gedacht, daß wir einmal an der untersten Stelle der Skala sein werden. (Beifall bei der CSU) Das muß man auch einmal sagen. Das trägt natürlich zum Wirtschaftserfolg mit bei. Wir sind dafür, daß auch die Nutzungsmöglichkeiten alternativer Energieträger erforscht werden. Was das E n e r g i e s p a r e n betrifft, so haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf dafür damals jährlich 500 Millionen gefordert. Wir geben allein in Bayern jetzt schon 350 bis 400 Millionen jährlich für Energiesparen aus. Wir haben eine Reihe von Energiespartips, es gibt Merkblätter, die verteilt worden sind, ein Energiesparbuch, wir fördern Maßnahmen, die der Energieeinsparung dienen.. Wenn Sie die Konzessionsabgabe ansprechen, so meine ich, daß man diese nicht allein unter dem Gesichtspunkt der Energiepolitik sehen kann, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des kommunalen Finanzausgleichs sehen muß. Die Konzessionsabgabe gibt es seit Sie beträgt allein bei den A-versorgten 93 Gemeinden 221 Millionen. Davon ist München mit 68 Millionen betroffen. Das heißt, bei einer Abschaffung müßte ein kommunaler Finanzausgleich vorgenommen werden, den aber nicht das Energieversorgungsunternehmen durchführen müßte, sondern diesen Ausgleich müßte zweifellos und selbstverständlich der Staat vornehmen. Es ist gelungen, den Musterkonzessionsvertrag, den Gemeinden und Elektrizitätsversorgung vorgelegt haben, zu aktualisieren, und dies kommt in vielen Bereichen gerade unseren Gemeinden zugute. Sie können jetzt sichere, umweltfreundliche und preisgünstige Energie einspeisen. Ich rate unseren Gemeinden, diesen Mustervertrag zu unterzeichnen, wenn er bei ihnen ansteht. Wir haben darüber im Ausschuß eingehend diskutiert. Was uns von Ihnen. von der SPD, unterscheidet, ist. daß Sie zu sehr auf r e g e n e rat i v e E n e r g i e n setzen und meinen. man bräuchte das nur zu sagen, dann hätte man diese Energieformen auch schon. Was haben wir denn für Möglichkeiten? Wir haben die Solarenergie; wir haben Wärmepumpen, wir haben Windenergie, wir haben die Wasserkraft. die allerdings in Bayern zu 98 Prozent schon ausgenützt ist. wir haben die Biomasse, wir haben die Meeresenergie. und wir haben den Wasserstoff. Die Prognosen gehen davon aus, daß bei allen Anstrengungen und Voraussetzungen diese. regenerativen Energien im Jahr 2000 einen Anteil an der Primärenergie von etwa fünf bis sechs Prozent haben werden. Es ist nicht nur eine Frage des Geldes; eine Erfindung läßt sich nicht schon deswegen machen, weil ich mehr Geld habe. sondern es muß schöpferischer Geist vorhanden sein und nicht allein Geld; von manchen wird uns sogar gesagt, von Geld allein. hängt es nicht ab. Das ist der entscheidende Punkt, daß wir jetzt nicht sagen, wir schalten uns aus der Kernenergie aus. weil wir nicht wissen, ob sie durch andere Energien voll ersetzt werden kann. Das ist der Grund, nicht allein, weil wir das Geld nicht haben oder keine Forschung betreiben. Im Gegenteil! Es gibt viele Versorgungsunternehmen, die sogar Windenergie und vieles andere selber im eigenen Betrieb erproben, um nachweisen zu können, daß man hier zweifellos etwas tut. Wir müssen uns allerdings auch die Frage stellen, wie es 1992 auf dem europäischen Binnenmarkt aussehen wird. Wir haben zwar in der Bundesrepublik günstige Strompreise, aber umgerechnet auf die anderen Länder in Europa sehen wir nicht so günstig aus. Wenn der Binnenmarkt kommt, muß die Bundesrepublik in der Energieversorgung gerüstet sein, damit wir nicht plötzlich von den anderen überrundet werden. Wir sind ja ein Exportland, wir sind auf die Energieund Stromversorgung angewiesen. Es wird von der SPD und zum Teil auch von den GRÜNEN immer wieder gesagt, die regionalen Versorgungsunternehmen sollten jetzt die G e m e i n - den stärker bete i 1 i gen. Herr Kollege Dr. Seebauer, Sie wissen genau, daß wir uns eingehend mit diesem Thema beschäftigt haben. Sie müssen auch die Folgen sehen: Wenn heute kleine Gemeinden in der Lage sind, das zu machen, dann sind zwar diejenigen, die finanziell gut dran sind, die ein gutes Versorgungsnetz haben, günstiger dran, aber dann haben Sie den Preisunterschied wieder von Gemeinde zu Gemeinde. Davor warnen wir. Es käme auch eine neue Verwaltung auf uns zu. Wir haben jetzt in Bayern etwa 320 Versorgungsunternehmen, und wenn auch nur ein Teil der Gemeinden in diese Versorgungsunternehmen hineingeht, haben wir eine zusätzliche Verwaltung. ' Die Frage ist: Wer soll die Vorhaltekosten aufbringen? Sie wissen ganz genau, daß Sie bei.der Energieversorgung, insbesondere bei der Stromversorgung, hohe Vorhaltekosten haben, weil es einen unterschiedlich hohen Stromabruf gibt; in den Mittagsstunden haben wir einen höheren Stromverbrauch als zum Beispiel nachts. Sie ryiüssen aber auch für die Mittagsstunden den Strom vorhalten. Das könnten kleine Gemeinden oder Versorgungsunternehmen in den Gemeinden draußen nicht leisten. Das würde zur Benachteiligung kleiner Gemeinden führen. Das heißt, diejenigen, die finanziell stark sind, können es sich leisten, die anderen nicht. Und damit hätten wir einen Preisunterschied in Bayern, den wir eben nicht haben wollen; ich habe bereits gesagt, warum wir den nicht haben wollen. Wir hätten natürlich auch einen größeren Landverbrauch, weil in den Gemeinden draußen solche Energiewerke gebaut werden müßten. Ich frage mich, ob es uns gelingen würde, draußen überhaupt solche Anlagen zu bauen. Wenn ich sehe, wie gegen Stand-

89 Pfenarprotokoll 11 /58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3881 (Beck [CSU]) orte jeglicher Art gewettert wird, bin ich nicht davon überzeugt, daß bei uns draußen in den Gemeinden jetzt plötzlich die Bereitschaft größer sein könnte, kleinere Anlagen zu akzeptieren; wir hätten in der Bevölkerung einen großen Unmut, wenn im land in einem Großteil der Gemeinden neue Kraftwerke entstünden. Deswegen halten wir diesen Weg nicht für richtig. Wir sind der Meinung, daß der Weg, den wir eingeschlagen haben, sich als richtig erwiesen hat. Kein Mensch hängt an der Kernenergie, (Abg. Dr. Kestel: Ha, ha!) wenn es dafür eine andere Möglichkeit gibt. Das habe ich ja gerade gesagt. Nur, Herr Kollege Dr. Seebauer, wir sehen diese andere Möglichkeit nicht. (Abg. Dr. Kestel: Da müssen Sie nur die Augen aufmachen und zur Sonne schauen!) - Ich habe Ihnen gerade gesagt, Herr Dr. Kestel, daß wir uns diese Dinge nicht einfach machen, sondern daß wir immer wieder überprüfen, ob es notwendig, sinnvoll und richtig ist, diesen Weg einzuschlagen. Nur: Es gibt noch keinen anderen, außer utopische Vorstellungen, denen wir nicht nachjagen wollen, weil wir in der Energieversorgung Sicherheit haben wollen. Diese Sicherheit haben wir nicht, wenn wir ohne weiteres aus der Kernenergie aussteigen. Wir nehmen aber an, davon gehen wir alle aus, daß jede Energieform eine Übergangslösung ist. Wer kann uns die Garantie geben, daß es in 50 Jahren noch Gas geben wird? Insofern ist jede Energieform eine Übergangslösung. Das sollten wir, glaube ich, alle bedenken. Deswegen sind wir der Meinung, daß die Anträge aus unserer Sicht abzulehnen sind. (Beifall bei der CSU) Erster Vizepräsident Möslein: Nächste Wortmeldung, der Abgeordnete Professor Weiß! Dr. Weiß Armin (DIE GRÜNEN): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verantwortungsbewußte Umweltpolitik muß in der Energiepolitik eine ihrer wichtigsten Aufgaben sehen. Die heutige Energiepolitik ist in ihren Zukunftsperspektiven aber kaum verantwortbar. Der hohe Kohlendioxidausstoß und der Ausstoß anderer Schadstoffe tragen langfristig wesentlich zur Klimaveränderung bei. Mit der Nutzung der Atomenergie werden der Bevölkerung das Risiko eines großen Unfalls, das Risiko einer schleichenden Verseuchung von Boden, Luft und Wasser und ein in seinem Ausmaß noch immer unbekanntes Risiko der noch in keiner Phase gelösten Entsorgung des Atommülls aufgebürdet. Wer da meint, die Atomenergie löse das Klimaproblem, der benimmt sich heuchlerisch, wenn er nicht gleichzeitig die Einstellung der Produktion von Fluorchlorkohlenwasserstoffen fordert, wenn er nicht gleichzeitig gegen die Emission von Chlorkohlenwasserstoffen vorgeht und zur starken Reduktion der Emission von Methan und anderen Kohlenwasserstoffen oder auch von Wasserdampf in großen Höhen unserer Atmosphäre durch den immer mehr zunehmenden Flugbetrieb auffordert. (Beifall bei den GRÜNEN) Für die Bayerische Staatsregierung ist die Atomenergie so etwas wie das Goldene Kalb, das sich die Israeliten einst gemacht hatten; sie sehen daneben nichts anderes mehr. (Zustimmung von den GRÜNEN) Die Regierungspartei ist bereit, diesem Moloch Menschenleben und menschliche Gesundheit zu opfern, wie das in historischen Zeiten zum Beispiel im Götzendienst für Baal geschehen ist. (Zustimmung von den GRÜNEN - Zuruf von der CSU) Sie nehmen die neueren Ergebnisse einfach nicht zur Kenntnis und meinen, wenn Sie sie nicht zur Kenntnis nehmen, dann existieren sie nicht, die neueren Erkenntnisse, nach welchen gerade die Niedrigstrahlung um ein Vielfaches gefährlicher ist, als man früher angenommen hatte. Die neueren Erkenntnisse aus den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki zeigen, daß die Gefahr drastisch unterschätzt worden ist. Bei der Neuberechnung der Ergebnisse bis zum Jahre 1985, die von der Internationalen Strahlenschutzkommission vorgenommen wurde, hat sich gezeigt, daß die Krebshäufigkeit, der strahleninduzierte Krebstod, mindestens 3,3 mal häufiger auftritt, als man bisher angenommen hatte und was man bei uns als Zahlenwert allen Überlegungen immer noch zugrundelegt. Nur ein Jahr später hat sich gezeigt, daß dieser Faktor sogar 5,0 beträgt. Mit den Zahlen von 1987, die jetzt ausgewertet sind, hat sich herausgestellt, daß der Faktor noch höher ist. Das ist verständlich, denn die Latenzzeit, bis ein strahleninduzierter Krebs auftritt und zum Tod führt, beträgt nicht immer nur 10, 15 oder 20 Jahre; es können auch 30 oder 40 Jahre sein. Diejenigen, die 1945, als die Atombombe abgeworfen wurde, geboren wurden, sind heute erst 43 Jahre alt. Berücksichtigt man die sehr langen Latenzzeiten, so kommt man zu diesen hohen Zahlen, die noch weiter ansteigen werden, wenn die Untersuchungen fortgeführt werden. Dabei sind diese Zahlen auch aus einem anderen Grund sicher noch zu niedrig angenommen. Als Vergleichsgröße wurde die damals out-oftown" lebende Bevölkerung gewählt, die später in die Stadt zurückgezogen ist. Aber auch diese Vergleichsgruppe wurde natürlich radioaktiv belastet. Sie wurde von der Verseuchung des B,odens betroffen, so daß ihre Krebsanfälligkeit anstieg. Wenn man sich diese neuen Erkenntnisse überlegt, stellt das natürlich kein persönliches Problem für die Leute dar, die das Durchschnittsalter der Parlamentarier in diesem Hause oder der Parteifunktionäre oder der Mehrzahl der kommunalen Mandatsträger haben. Es ist ein Problem der Jungen, es ist ein Problem der

90 3882 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Dr. Weiß Armin [DIE GRÜNEN]) kommenden Generationen, das hier beachtet werden muß'... (Beifall.bei den GRUNEN) Unter Vernachlässigung dieser kritischen Aspekte wurde mit banalen Schlagworten gearbeitet und die Öffentlichkeit irregeführt. Erst meinte man, man könne es ganz primitiv machen und sagte, ohne Atomenergie gingen die Lichter aus. Erst als man sich dadurch lächerlich gemacht hatte, erst als auch die Vertreter der Energieversorgungsunternehmen zugeben mußten, daß die Lichter natürlich nicht ausgehen werden, hat man von diesem Schlagwort abgelassen. Dann kam das nächste Schlagwort, das auch heute wieder in einer gewissen Weise gefallen ist, der Wohlstand gehe verloren. Der Bayerische Ministerpräsident hat noch vor nicht allzulanger Zeit gesagt, wir würden auf den Entwicklungsstand eines mittleren Entwicklungslandes herabsinken. Dabei ist ganz klar, daß selbst eine 20prozentige Strompreiserhöhung die Bruttoproduktionskosten für die meisten Produktionen nur um 0,2 Prozent erhöhen würde. Das ist allgemein bekannt. Es ist auch schon lange allgemein bekannt, daß die Energieproduktion und die Güterproduktion eines Landes nicht aneinander gekoppelt sind, so daß auch diese Ausrede in sich zusammengebrochen ist. Nun können Sie sagen: Gut, der allgemeine Energieverbrauch hat sich nicht erhöht, aber der Verbrauch an elektrischer Energie ist doch gestiegen. Aber warum ist der Verbrauch an elektrischer Energie gestiegen? Weil in unverantwortlicher Weise für eine unverantwortliche Stromverwendung zur Raumheizung geworben wird! (Zustimmung von den GRÜNEN) Mehr als 12 Prozent unserer gesamten elektrischen Energie werden für die Raumheizung verwendet, die sinnloseste Verschwendung hochwertiger elektrischer Energie! (Zustimmung von den GRÜNEN) Die lsar-amper-werke wollen jetzt, weil sie einen so großen Überschuß an Strom haben, sogar tagsüber für zwei Stunden Strom für die Heizung zum Nachttarif anbieten, zu einem völlig verzerrten Preissystem. Nachdem aber nun auch diese Ausrede nicht mehr aufrechtzuerhalten ist, wird seit neuester Zeit das Klimaproblem angeführt. Auch dieses Argument wird nur vorgeschoben, denn wenn man genau überlegt, ergibt sich folgendes: An der Endenergie, die in der Bundesrepublik verbraucht wird, ist die elektrische Energie nur mit ca. 18 Prozent beteiligt. Bundesweit trägt die Energie aus Atomkraftwerken nur zu etwas mehr als 30 Prozent zur verbrauchten elektrischen Energie bei. Das heißt, zur Endenergie stand die elektrische Energie aus Atomkraftwerken nur zwischen sechs und sieben Prozent. Alle andere Energienutzung trägt mit Ausnahme der Wasserkraft zur Klimaänderung über CO, bei. Sie stellen also mit dem Schlagwort Klimaveränderung ein Problem in einer Art und Weise dar, die entweder grob irreführend ist, oder Sie haben es nicht richtig verstanden. Es gibt gar keinen Zweifel, daß nach den acht oder zehn verschiedenen Gutachten, die in der Zwischenzeit vorgelegt bzw. erneuert worden sind, der Ausstieg aus der Atomenergie kurzfristig möglich ist und daß trotzdem der Schadstoffausstoß sogar gemindert werden kann. Das ist etwas Entscheidendes und Wesentliches. (Widerspruch bei der CSU) Die Grundvoraussetzungen, dies zu erreichen, sind vielfältig. Wir müssen zuerst Energie sparen. Das betrifft nicht nur den einzelnen Bürger, sondern in erster Linie die Industrie. (Beifall bei den GRÜNEN) Denken Sie nur an die Chlorproduktion. Wenn die deutsche chemische Industrie die C h 1 o r p r o d u k - tion auf das Membranverfahren ums t e 11 e n würde, das auch nach Aussagen von Vertretern des Verbands der Chemischen Industrie das Verfahren der Zukunft ist, wofür die deutsche Industrie auch Anlagen ins Ausland verkauft, wäre mit einem Schlag eine Stromeinsparung in einer Größenordnung möglich, daß anderthalb Atomkraftwerke stillgelegt werden könnten. Wenn wir im Recycling privat verbrauchten Aluminiums auf einen Prozentsatz wie in Japan kämen, würde mit einem Schlag weit mehr als ein Atomkraftwerk überflüssig, bei konsequenter Durchführung der Kraft-Wärme-Kopplung in der Industrie, wie von der Bölkow-Stiftung vor einigen Jahren veröffentlicht, würden die meisten Atomkraftwerke überflüssig. Gleichzeitig könnte man die CO,- und Schadstoffproduktion drastisch erniedrigen. Das ist die eine Seite. Die zweite betrifft die e 1 e k - tri s c h e Heizung. Dazu habe ich schon etwas gesagt. Das Dritte ist der p r i v a t e B e r e i c h. Da muß ein Anreiz geschaffen werden. Darauf zielt einer unserer Anträge ab. Ein weiterer Antrag zielt auf die Förderung von Sparmaßnahmen. Damit wir aus der Atomenergie rasch aussteigen können, muß die Kraft-Wärme - Kopp 1 u n g verstärkt eingesetzt werden. Wir nützen heute nur 30 bis 35 Prozent der verbrauchten Energie aus. Dabei ist technisch, wissenschaftlich und industriell gelöst, daß mehr als 80 Prozent bei Einsatz der neueren technischen Entwicklungen genutzt werden könnten. Dazu bedarf es eines Anreizes: Der Preis für in das öffentliche Netz eingespeisten Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung und aus alternativen Energiequellen muß höher als bisher und angemessen sein. (Beifall bei den GRÜNEN) Damit die Kraft-Wärme-Kopplung sinnvoll genützt werden kann, brauchen wir Dezentralisierung; Fernwärme läßt sich mit Großanlagen nie sinnvoll nutzen, weil die Entfernungen in der Regel viel zu groß sind. Man baut die großen Kraftwerke weitab von dichtbesiedelten Gegenden, und es bedarf viel zu großer In-

91 Plenarprotokoll 11 /58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3883 (Dr. Weiß Armin [DIE GRÜNEN]) vestitionen für die extrem langen Leitungen. Dazu kommen die Leitungsverluste. Das ist unsinnig. Man braucht Dezentralisierung. Wer gegen eine vernünftige d e z e n t r a 1 e V e r - s o r g u n g mit elektrischer Energie ist, befürwortet weiterhin Raubbau an den Energiereserven und Energieverschwendung, die verantwortungslos gegenüber den kommenden Generationen ist. Nur in dezentralen Einheiten kann Kraft-Wärme-Kopplung und damit bessere Ausnützung der Primärenergie im notwendigen Ausmaß erreicht werden. Wenn nicht alles für eine bessere Nutzung unternommen wird - ich sprach schon von den 80 statt 30 bis 40 Prozent -, werden Gesellschaft und Nachwelt geschädigt. Wer gegen die dezentrale Stromerzeugung ist, boykottiert indirekt den Einsatz alternativer Energien; denn auch diese können sinnvoll nur dezentral eingesetzt werden. Die Großanlagen, die in einer Art Gigantomanie bisher geplant und gebaut worden sind, waren im wesentlichen immer nur dazu da, der Öffentlichkeit zu zeigen, Alternativen bestünden nicht und wären zu teuer. Das war genau das Gegenteil von dem, was eigentlich mit öffentlicher\ Mitteln erreicht und gezeigt werden sollte. Wer bei uns gegen die dezentrale Stromerzeugung ist, sollte vielleicht einmal bei den Managern der großen amerikanischen Stromerzeugungsunternehmen Nachhi"estunden nehmen, etwa bei David F r e e - m an, dem Manager des größten amerikanischen Elektrizitätsunternehmens, der Tennessee Valley Authority. Er hat vor einigen Jahren in Basel gesagt, und zwar zu Amerika: Es denkt kein Kapitalist mehr daran, Atomkraftwerke zu bauen. Sie sind schlicht und einfach unrentabel. ( - Das sagt der Manager des größten Elektrizitätsunternehmens der Welt. Er sagt weiter: Es sind nicht eigentlich die Umweltschützer und Konsumentenorganisationen, die unser Atomprogramm gestoppt haben, es war in erster Linie Wallstreet, da,s ökonomische Denken. ' Und dann hat er den Schweizern gesagt, als sie ihn um Rat fragten, was sie denn tun sollten, um ihren Bedarf zu decken: Bauen Sie vor allem Gasturbinen mit einer Technologie, die auch in der Schweiz verfügbar ist. Und er fährt fort: All dies benötigt offensichtlich noch Geburtshilfe. Es gibt bei euch noch keine genügende Sparlobby" wie in den USA, wo dies zu einem Markt geworden ist. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen sind die Vertreter der amerikanischen Elektrizitätsindustrie auf ihrem Kongreß in Chicago 1987 gekommen, wo sie feststellten, daß Kraftwerke mit mehr als 100 Megawatt Leistung nicht mehr zeitgemäß und technischer Unsinn seien. Das wird in Amerika realisiert! Die großen Firmen wie z.b. General Electric und weitere haben sich darauf eingestellt, bauen diese Anlagen und bringen damit eine optimale Kraft-Wärme-Kopplung heraus. Warum. sind wir nicht soweit? Warum hängen wir hier nach? Auch das hat seinen Grund. In Amerika ist der Elektrizitätsmarkt der freien Marktwirtschaft unterworfen, da gibt es eine freie Konkurrenz. Bei uns ist das anders. Gerade Sie, die Sie immer von dem freien Spiel der Kräfte reden, bauen um die Elektrizitätswirtschaft ein Monopol auf. Sie hegen und päppeln dieses Monopol in einem Ausmaß, daß nicht mehr wirtschaftlich gedacht werden muß, weil man die sicheren Monopole hat und nur alternative Möglichkeiten zu desavouieren braucht. (Beifall bei den GRÜNEN) In diesem Haus sind unsere Möglichkeiten eingeschränkt. In vielen Bereichen sind sinnvolle Maßnahmen durch die Gesetzgebung für die EVU eingeschränkt, wobei man sich darüber im klaren sein muß, daß diese Gesetzgebung aus der Nazizeit stammt und eindeutig nur zwei Zielsetzungen hatte, wie man nachlesen kann. Sie müssen es nur nachlesen, nämlich zum einen Autarkie und zum anderen ausreichende Versorgung der Rüstungsindustrie mit Energie. Unsere Freunde in Bonn haben bereits Änderungen beantragt. Wir haben uns in unseren Anträgen im wesentlichen darauf beschränkt, was hier in Bayern gemacht werden kann. Unser erster Antrag betrifft die Tarifpo 1 i t i k. Die Tarifpolitik muß einen Anreiz zum Stromsparen bieten. Sinnvoll wäre eine Linearisierung der Stromtarife. Damit geht jetzt auch die Junge Union draußen hausieren. Aber die Linearisierung betrifft natürlich die Bundeskompetenz, es müßte die Bundestarifordnung Elektrizität geändert werden. Bei allen Unternehmen, an denen der Freistaat Bayern beteiligt ist, wäre es möglich, den Grundtarif auf dem niedrigstmöglichen Stand einzufrieren und nur die Arbeitstarife zu ändern. Das würde wirklich einen Anreiz zum Sparen geben. Aus diesem Grunde meinen wir, daß das unbedingt gemacht werden muß. (Beifall bei den GRÜNEN) Denken Sie daran, daß auch die Junge Union draußen überall davon spricht! Unser zweiter Antrag betrifft die K o n z e s s i o n s - a b g ab e, mit deren Änderung wir Rekommunalisierung und Stromsparmaßnahmen erleichtern wollen. Die Situation ist heute die, daß bei den Konzessionsabgaben eine sehr große Ungleichheit besteht. Im Extremfall erhalten Kommunen 18 Prozent Konzessionsabgabe; andere erhalten null. Dabei muß man sich im klaren sein, daß die Konzessionsabgabe, wenn wir zehn Prozent annehmen, für eine Einwohner-Gemeinde pro Jahr etwa DM ausmacht. Das hat dazu geführt, daß in den Gemeinden, welche die Konzessionsabgaben erhalten, der Investitionshaushalt zum Teil jetzt schon weitgehend von

92 3884 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Dr. Weiß Armin [DIE GRÜNEN]) den Konzessionsabgaben abhängt. Da die Konzessionsabgabe aber um so höher ist, je größer der Stromverbrauch in der Kommune ist, wirkt das natürlich genau kontraproduktiv. Der größere Verbrauch bringt der Gemeinde mehr Mittel, und aus diesem Grunde müssen dort Stromsparmaß.nahmen natürlich scheitern. Auf der anderen Seite ist es wichtig und wesentlich, die Ungerechtigkeiten zwischen den verschiedenen Gemeinden auszugleichen. Hier hat das Wirtschaftsministerium unter Bezug auf das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen die Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Die Ausnahmegenehmigung könnte auch dahin gehen, daß in Bayern alle Gemeinden eine Konzessionsabgabe bekommen. Wir schlagen zehn Prozent bei den Tarifeinnahmen und 15 Prozent bei den Sondertarifeinnahmen vor. Damit aber die Abhängigkeit der Gemeinde von dieser Konzessionsabgabe nicht noch größer wird, meinen wir, daß diese Mittel für Stromsparmaßnahmen und eventuell auch als Rücklagen für die Rekommunalisierung der Stromversorgung gebunden werden müssen. Diese Forderung nach Gleichstellung bei der Konzessionsabgabe, die unserem Antrag zugrunde liegt, wurde bereits 1985 vom Bayerischen Gemeindetag erhoben. Unser nächster Antrag betrifft eine bessere Ver - g ü t u n g f ü r d i e St r o m e i n s p e i s u n g in das öffentliche Netz. Das vorhandene Potential für Kraft Wärme-Kopplung und für alternative Energien ist wesentlich ausbaufähig. Das ist aber für die meisten Firmen nur dann sinnvoll, wenn auch ein Anreiz da ist zu investieren. Zur Schaffung neuer Arbeitsplätze allein machen die Gewerbebetriebe, die Kommunen und die Wohnungsbaugenossenschaften das in der Regel nicht. Bayern hat auf dem Gebiet der Vergütung von Stromeinspeisungen schon 1952 eine Pionierleistung erbracht mit der Bestimmung B-2/52. Durch sie wurde die aus kleinen Wasserkraftwerken eingespeiste Energie höher vergütet. Das war ein großer Anreiz und hat mit dazu geführt, daß die Stromerzeugung aus Wasserkraft heute in Bayern fünfmal so groß ist wie im übrigen Bundesgebiet; das liegt nicht nur an den geographischen und orographischen Verhältnissen in Bayern. Interessant ist, daß seinerzeit diese Bestimmung B-2/52 nicht energiewirtschaftlich begründet wurde, sondern einfach damit, daß mittelständische Betriebe gefördert werden sollten. Was 1952 richtig war, kann heute nicht falsch sein. Aus energiewirtschaftlichen Gründen ist es unbedingt notwendig, daß die Einspeisung in das öffentliche Netz angemessen vergütet wird und daß die Höhe der Vergütung nicht den Stromversorgungsunternehmen, den Monopolisten, überlassen wird. Denn dann kommen wir hier nie auf einen grünen Zweig. (Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CSU) Unser letzter Antrag betrifft die F ö r d e r u n g v o n Investitionen für Stromsparmaßnahm e n. Wir greifen dabei auf Erfahrungen zurück, die in den USA bei den größten Stromversorgungsunternehmen, der Pacific Electricity and GaS' Company und der Tennessee Valley Authority gemacht wurden. Die Pacific Electricity and Gas Company hat allein in den Jahren 1981 bis 1985 den Strom eines großen Atomkraftwerkes eingespart, und zwar dadurch, daß an die Verbraucher zinslose Darlehen für Einsparmaßnahmen gegeben wurden, deren Höhe und Ausmaß sich rein ökonomisch und rechnerisch nach folgendem richtete: Wenn über die zinslosen Darlehen mehr Kosten eingespart werden können, als die Investitionen für die entsprechende Stromproduktion erfordern würden, dann soll diese Förderung gegeben werden. Unser Antrag bezieht sich genau auf diese vieljährige Erfahrung in den USA. (Unruhe - Glocke des Präsidenten) Wenn Sie Energie sparen wollen, wenn Sie die Verantwortung für die nächsten Generationen ernst nehmen, dann möchte ich Sie eindringlich bitten, unseren Anträgen zuzustimmen. (Beifall bei den GRÜNEN) Wir werden auch den Anträgen der SPD zustimmen, soweit sie die Energiegesetzgebung etc. betreffen. Hier ist es ja so, daß vieles einem Entwurf der GRÜ NEN und der SPD im Hessischen Landtag entspricht, der auch gemeinsam verabschiedet worden ist. Gegen die vorgeschlagene Änderung des Atomgesetzes haben wir Bedenken, weil wir der Ansicht sind, daß ein sofortiger Ausstieg möglich ist, und weil wir meinen, daß es viel zu gefährlich ist, noch länger diesen Götzendienst zu treiben. Danke schön! (Beifall bei den GRÜNEN) Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächster Redner ist Herr Kollege Dinglreiter. Ich erteile ihm das Wort. Dlnglrelter (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht konkret auf die Aussagen von Herrn Professor Weiß eingehen. Aber es wundert mich schon, daß er sich hierherstellt und sich als glühender Verfechter der Marktwirtschaft in der Energiewirtschaft aufspielt. (Zuruf des Abg. Dr. Kestel - Unruhe - Glocke des Präsidenten) Ich möchte vielmehr im wesentlichen zu dem Antrag der SPD, Grundsätze einer künftigen Energiepolitik, sprechen. Der Antrag enthält eine ganze Reihe von Grundaussagen der SPD zur Energiepolitik, und insoweit ist das alles nicht neu. Aber man muß hinzufügen, daß das, was hier für die Zukunft gefordert wird, von Bayern, auch wenn es die SPD nicht wahrhaben will, weitgehend schon realisiert worden ist. Trotz ungünstiger Ausgangslage in den 60er und?oer Jahren - Armut an eigenen Energiequellen, revierund küstenferne Lage und damit hohe Transportkosten, weiträumige Versorgung des ganzen Landes - kann Bayern in der Energiepolitik heute eine gute Bilanz vorweisen. Von den angestrebten und größten-

93 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3885 (Dinglreiter [CSU]) teils auch erreichten Zielen hat der Herr Staatssekretär bereits gesprochen. Eines möchte ich in diesem Zusammenhang jedoch noch ansprechen: Von Herrn Dr. Seebauer, der im Moment nicht da ist, wurde die Forderung angesprochen, daß insbesondere der Energieverbrauch der Wirtschaft reduziert werden sollte. Ich frage mich: Hat er nicht registriert oder will er nicht registrieren, daß Energiepreise Kosten sind und daß von daher in einer Wirtschaft, die ja ungeheuer hart im Wettbewerb steht, Kostenminimierung ein ganz normales Gebot ist? Auch Herr Professor Weiß hat das angesprochen. Nur haben wir nichts davon, wenn jemand sagt, man müßte, und wenn man das tun würde, wären damit weder Arbeitsplätze zu schaffen noch solche zu erhalten. (Beifall bei der CSU) Wenn uns heute ständig vorgehalten wird, das Wachstum wäre zu gering, muß ich doch noch etwas anfügen: In der Zeit der sozial-liberalen Koalition, als wir sogenanntes Minuswachstum hatten, haben wir wenigstens ein bißchen Wachstum reklamiert, und dem ist uns, auch von Freunden Ihrer Partei, nicht von wenigen, mit einer Art Erbsenzählerei begegnet worden. Nein, ich will nicht sagen Erbsenzählerei, sondern Relskornzählerei. Man hat uns nämlich am Reisbrett dargelegt, wie problematisch eine Vervielfachung des Wachstums sei. Jetzt wird auf einmal gesagt, daß zwei Prozent viel zu wenig seien. Also messen Sie sich auch an den Aussagen früherer Jahre. (Beifall bei der CSU) Nun einige Punkte konkret zum SPD-Antrag: U m w e 1 t - u n d R e s s o u r c e n s c h o n u n g ist wesentlicher Bestandteil der bayerischen Energiepolitik. Dazu bedarf es keines neuen Antrages. Gerade der Ausbau der Kernenergie, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat zur Verminderung des Verbrauchs an fossilen Brennstoffen und auch zur Verminderung des Schadstoffausstoßes geführt. Der Herr Staatssekretär hat bereits die Verminderung in Tonl1ien angesprochen. Ich will es an einem anderen Beispiel deutlich machen: 1976 hat die Produktion von einem Kilowatt Strom noch 10,9 Gramm Schadstoffausstoß gebracht, 1986 waren es nur noch 1,2 Gramm. Das heißt, zu mehr als 90 Prozent konnte der Schadstoffausstoß reduziert werden. Das ist auch eine Seite der Energiepolitik. Dies wird von den Bürgern anerkannt, von der SPD und von den GRÜNEN aus politischen Gründen aber nicht zur Kenntnis genommen. Man meint, das alles wäre positiv zu wenden mit Gesetzen und Verordnungen. Die Staatsregierung hat eine ganze Menge erreicht. Durch V e r e i n b a r u n g e n m i t d e n EVU wurde in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren der Betrieb vorrangig von umweltfreundlichen Kraftwerken erreicht. Es konnte eine frühzeitige Stillegung die Umwelt belastender Anlagen erreicht werden, und es wird die Nachrüstung der Kohlekraftwerke mit modernsten Rauchgasentschwefelungsanlagen intensiv betrieben. Aber gerade der letzte Punkt zeigt, daß es bei der von cier SPD und auch von den GRÜ NEN geforderten optimierten Energienutzung Zielkonflikte gibt. Durch Rauchgasentschwefelung erreichen wir ohne Zweifel eine Verbesserung der Umweltsituation; aber dies führt auch zu einem Energiemehrverbrauch. Das ist unbestritten. Daraus ist deutlich abzuleiten, daß die Forderung nach maximalen Lösungen, die auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet ist, nicht dazu führt, daß dadurch letztlich machbare Konzepte entstehen. Die Nutzung von anderen regenerativen Energien ist auch nicht ohne Beeinträchtigung für die Umwelt und die Ressourcen machbar. Ich nenne nur das Beispiel der Wärmepumpe. Einsparungen von Primärenergie sind durchaus erreichbar bei der Warmwasserbereitung der Heizung. (Zuruf von den GRÜNEN: Das ist unsinnig!) - Das ist unsinnig, sagen Sie, aber es wird von vielen anderen als eine gute Lösung propagiert, weil es sich mittlerweile rechnet. Das ist für jeden Haushalt ganz entscheidend. Ohne preiswerte elektrische Energie ist auch die Wärmepumpe wirtschaftlich nicht nutzbar. Auch der Einsatz von Windkraft-. von Solar- und von Biomasse-Anlagen ist nicht möglich, ohne daß die damit verbundenen Zielkonflikte geprüft, abgewogen und entschieden werden. Sie sehen immer nur die schönen Seiten, aber Sie sind nicht bereit, das Ganze rundherum zu betrachten und im Zusammenhang zu sehen. Hier versuchen die Bayerische Staatsregierung und die sie tragende CSU in der Forschung und Entwicklung regenerativer Energien Maßstäbe zu setzen. Wir halten diese Energiequellen langfristig auch für bedeutsam. Aber wir dürfen keine Hoffnungen wecken, daß alsbald große Potentiale wirtschaftlich ausschöpfbar zur Verfügung stehen. Sie müssen auch einmal lesen, was die Wissenschaftler, die an diesen Projekten arbeiten, zur zeitlichen Dimension sagen, daß wir nämlich 30 bis 50 Jahre brauchen werden, bis alles wirtschaftlich vernünftig nutzbar sein wird. (Abg. Dr. Kestel: Welche Wissenschaftler sind das?) Ich gebe Ihnen gern Nachhilfestunden, wenn Sie das haben wollen. Im SPD-Antrag wird weiter S o z i a 1 v e r t r ä g 1 i c h - k e i t d e r E n e r g i e p o 1 i t i k gefordert. Das ist auch so ein Begriff, der sich schön anhört. Wenn man aber nachfragt, kann man feststellen, daß manche darunter nur eine Energiepolitik verstehen, die ihren politischen Wunschvorstellungen entspricht. Andere verstehen unter Sozialverträglichkeit wieder etwas ganz anderes. Es kann aber nicht so sein, daß Sozialverträglichkeit ist, was es nach Meinung von Protestierern und Randalierern ist. Sozialverträglich ist

94 3886 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Dinglreiter [CSU]) eine Energieversorgung, die den Wertvorstellungen der Gesellschaft weitgehend entspricht. (Beifall bei der CSU) Sozialverträglichkeit wird, so meine ich, durch die bayerische Energiepolitik mit ihrem Ziel einer sicheren, einer preisgünstigen, einer umweltschonenden und einer regional ausgewogenen Energieversorgung weitestgehend erreicht. (Abg. Kamm: Wie lösen Sie aber die Endlagerung?) - Sie wissen, wie wir das lösen. Hindern Sie uns nicht daran. (Abg. Dr. Kestel: Zuerst Endlagerung, dann Aufbereitung!) Wir müssen zunächst einmal eine vernünftige Aufbereitung finden, dann werden wir auch in der Endlagerung vorankommen. Sie wollen immer das Ganze verhindern. Auf dieses Spiel lassen wir uns nicht ein, Herr Dr. Weiß. Da können Sie reden, solange Sie wollen. Weiter fordert der Antrag der SPD eine langfristig sichere und wirtschaftlich kostengünstige Energieversorgung. Das ist nicht neu. Das ist klassisches Ziel unserer Energiepolitik. (Abg. Loew: Dann lehnen Sie doch den Antrag ab!) In diesem Zusammenhang sagte Herr Dr. Seebauer, wir sollten die Abhängigkeit von der Kernenergie abbauen. Herr Professor Weiß hat das auch untermauert. Das bedeutet aber doch einen verstärkten Einstieg in fossile Brennstoffe. Ich verstehe nicht, daß Sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen, daß das, was verbrannt wird, auf Dauer verloren ist. Sie können es ja nachlesen: Wenn wir in den nächsten 20 bis 30 Jahren keine Umkehr von dieser massiven Verbrennung fossiler Brennstoffe erreichen, wird soviel Kohle, Gas und Öl verbrannt, wie vom Beginn der Menschheit an bis heute. Das ist das Problem, das wir sehen müssen. Wenn Sie das nicht anerkennen, dann nehmen Sie wenigstens zur Kenntnis, daß die Anreicherung der Schadstoffkonzentration, der CO, Konzentration in der Atmosphäre ein Zurück zur Kohle nicht mehr erlaubt. Nun wird in dem Antrag versucht zu klassifizieren nach langfristig und volkswirtschaftlich günstig. Wir wollen diese Klassmzierung nichi, weil wir meinen, daß es notwendig ist, kurz- und mittelfristig Sicherheit und betriebswirtschaftliche Kostengünstigkeit zu erreichen. Insoweit ist diese Forderung unzureichend. In diesem Zusammenhang wird auch. Wettbewerb zwischen allen Energieträgern bei der Energieversorgung gefordert. Das ist im Grundsatz natürlich richtig. Aber wie ernst ist diese Forderung nach Wettbewerb zu nehmen, wenn an anderer Stelle dieses Antrags wieder von Vorrang, und das soll wohl heißen von politischem Vorrang, gesprochen wird, von gesetzliehen Regelungen, von Genehmigungspflicht und verstärkter staatlicher Aufsicht; Wettbewerb macht sich natürlich, wenn es die SPD in einen Antrag schreibt, immer gut. Aber wenn dies nur Semantik ist, nützt das der Sache wenig. Zu einigen anderen Forderungen dieses Antrags will ich nicht mehr Stellung nehmen, weil diese entweder schon praktische Politik, nicht regelungsbedürftig oder nichtssagende Allgemeinplätze sind. Einen Punkt will ich aber dennoch ansprechen, nämlich den Ausbau kommunaler und regionaler Energieversorgungseinrichtungen. Auch diese Forderung müssen wir wegen ihrer Einseitigkeit ablehnen. In Ballungsräumen wäre dies zwar ohne weiteres machbar, es wäre in diesem speziellen Bereich ein typischer Großstadtantrag, aber wie soll ohne einschneidende Reglementierung bei regionaler Energieversorgung eine preiswerte Versorgung der Fläche, also der Dörfer und nicht nur der Mittelstädte erreicht werden? Es ist einfach ungehörig, daß Herr Professor Dr. Weiß die Kommunen damit.an-den Pranger stellt, daß er sagt, der Investitionshaushalt hänge von der Konzessionsabgabe ab und aüs diesem Grunde förderten die Kommunen geradezu den Stromverbrauch. Das ist doch blanker Unsinn. Jeder Kommunalpolitiker weiß vielmehr, daß dies damit überhaupt nichts zu tun hat. Notwendig ist ein Zusammenwirken zentraler und dezentraler, örtlich und überörtlich ausgerichteter Technik und Strukturen. Das ist eine vernünftige Politik. In Bayern ist dies bereits praktische Politik. Wir sehen deshalb sowohl in diesem Punkt als auch in den vorgenannten keinen Handlungsbedarf. Lassen Sie mich zum Schluß kommen. Es wird immer wieder behauptet, mit Energiesparen, rationeller Energieverwendung und Einsatz regenerativer Energieträger könnten die Energieversorgungsprobleme von heute und morgen gelöst werden. (Unruhe - Glocke des Präsidenten) Rationelle Energieverwendung und Energiesparen sind ohne Zweifel ein wichtiges Ziel, auch ein wichtiges Ziel bayerischer Energiepolitik. Sie allein reichen aber nicht für eine von uns mittelfristig anzustrebende Lösung unserer Energieversorgungsprobleme. Sie sind nur eine Teilstrategie und keine Alternative zur Erneuerung und zum weiteren Ausbau unserer Energieversorgungsanlagen. Energieeinsparung kann vor allem weder heute noch in den nächsten Jahren die Nutzung der Kernenergie ersetzen. Wir müssen die derzeitigen und absehbaren Probleme der Energieversorgung vielmehr mit den heute einsetzbaren Technologien und Möglichkeiten lösen und gleichzeitig neue Technologien für die Zukunft entwickeln. Das ist die Herausforderung, vor die Wirtschaft und Politik gleichermaßen gestellt sind und die es zu bewältigen gilt. Ich danke schön. (Beifall bei der CSU) Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Nächster

95 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3887 (Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund) Redner ist Herr Kollege Dr. Ritzer. Ich erteile ihm das Wort. Dr. Rltzer (SPD): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Thema Energieeinsparen kommen mir um diese Zelt ganz andere Gedanken. Ab.er pflichtgemäß, wie wir erzogen sind, bringen wir unsere Beiträge, und ich hoffe, dies geschieht auch in einer nicht ermüdenden Weise. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das E n e r g i e e i n s p a r p o t e n t i a 1 ist die größte Energiequelle, die uns momentan zur Verfügung steht, auch wenn Kollege Dinglreiter davon nicht überzeugt ist. (Beifall bei der SPD) Ich weiß, dab das sehr paradox klingt, wir haben oft darüber diskutiert. Das ist aber nicht m;r die Meinung des Abgeordneten Helmut Ritzer, der hier steht, sondern das ist auch die Empfehlung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Umwelt. Seine Feststellung ist auch nicht neu, sondern bereits 1983 im Sondergutachten Energie und Umwelt" nachzulesen. Im neuen Gutachten des Umwelt-Sachverständigenrates wird abgemahnt und gefragt, warum dieses Potential zur Entlastung der Umwelt eigentlich nicht genutzt werde. Damit sind wir bei einem zentralen Punkt. Die CSU Fraktion, so glaube ich, hinkt hier der tatsächlichen Diskussion wieder einmal hinterher. Nächste Woche diskutiert der Bayerische Städtetag ein Energiekonzept. Vom Hauptausschuß des Bayerischen Städtetages wird dabei ausgelotet, welche Energieeinsparungsmöglichkeiten vor Ort bestehen. Dabei werden die auch von Ihnen, Herr Beck, stammenden Anträge über r e g i o n a 1 e E n e r g i e v e r s o r g u n g s - k o n z e p t e wieder einmal aus der Schublade geholt. Die Bayerische Staatsregierung hat diese Anträge nämlich längst versteckt und vergessen. Bei diesen regionalen Konzepten geht nichts voran, weder in der Oberpfalz noch andernorts. Dabei wundert es uns nicht besonders, daß die Energieversorgungsunternehmen mauern. Die vertreten ihre eigenen Interessen, nicht das Interesse der Öffentlichkeit an der Nutzung des Einsparpotentials. Wir sind aber der Meinung, daß jetzt wirklich mit der Nutzung der lokalen Potentiale energisch begonnen werden muß. Wenn wir damit ernst machen, werden wir auch Erfolg haben. Es gibt eine Vielzahl kleiner Quellen. Ich denke zum Beispiel bei mir zu Hause an die zahlreichen Mühlen an unseren Flüssen Pegnitz, Regnitz, Rednitz. Dort besteht ein Potential, das früher genutzt, dann aufgegeben wurde, das heute durch den Einbau in regionale Konzepte wieder genutzt werden kann. Die Nutzungspotentiale mögen zwar klein sein, sie addieren sich aber. Angesichts Ihrer Skepsis, Herr Kollege Grossmann, sollten Sie immer daran denken: Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Wir müssen halt beginnen und damit anfangen. Dann hätten wir zahlreiche Möglichkeiten im lokalen Bereich, die ausgenutzt werden müssen. Ich will jetzt nicht die ganze Philosophie der So n - n e n e n er g i e herbeten. Das haben wir hier schon gemacht. Ich will das nicht vertiefen, sondern nur meinen Eindruck von der Hannover-Messe mitteilen, nachdem Herr Zeller die Sache so forsch abgemeiert hat. Der Zufall hat es gewollt, daß wir im gleichen Flugzeug nach Hannover geflogen sind. Er müßte es dort also auch gesehen haben: Auf der Hannover-Messe konnte man nämlich wahrnehmen, was die Industrie über das Potential alternativer Energien denkt. In der Halle Energie" konnte gar nicht übersehen werden, daß zunächst einmal RWE für Blockheizkraftwerke wirbt und fertige Konzepte anpreist, wo gesagt wird, wie raffiniert das ist und daß der Ausnutzungsgrad 85 Prozent beträgt. Ferner konnte man sehen, wie MBB für Windkraftwerke wirbt. Wer hätte eigentlich etwas dagegen, wenn MBB Geschäfte damit macht? Dann bin ich an den Stand des Bundesverbandes für die Solarenergie gekommen; Herr Zeller, Sie sicher auch. Mir hat es förmlich die Sprache verschlagen: Die größten Obermacher in Solarenergie sind nämlich die Bayernwerke. Außerdem sind AEG und NUKEM und Siemens dabei und alle setzen urplötzlich auf die Solarenergie. Ja, hervorragend, sagen wir gemeinsam. (Abg. Spitzner: Das sind doch Alternativen!) Wir sagen gemeinsam hervorragend". Warum beginnen wir dann aber nicht mit der systematischen Förderung solcher Maßnahmen, wie es unsere Anträge verlangen? Warum wird das alles durch Ihre Abstimmungsmaschinerie niedergemäht? (Abg. Spitzner: Weil die genug Geld haben! Oder wollen Sie etwa Siemens fördern? - Unruhe - Glocke des Präsidenten) Ich meine, daß hier etwas verpaßt wird. - Ich will nicht Siemens fördern, Herr Kollege Spitzner, sondern vielmehr diejenigen Bürger, die solches bei sich zu Hause anzuwenden bereit sind. Es ist doch entscheidend, daß die Dinge angewendet werden. Es gibt jetzt zum Beispiel ganz raffinierte kleine und preiswerte Sonnenkollektoren, die eine herkömmliche Heizung allerdings nur ergänzen können. Für den Einfamilienhausbesitzer rechnet sich das nicht, wenn er keine Unterstützung zum Beispiel in Form steuerlicher Anreize oder ähnliches bekommt. Deshalb meine ich, daß hier ganz einfach begonnen werden sollte. Wir Sozialdemokraten sind da im Gegensatz zu Ihnen sehr optimistisch. Im Gegensatz zum Kollegen Dinglreiter befürchten wir nämligh nicht den Verlust von Arbeitsplätzen, wenn dieser Bereich gefördert wird, sondern wir sind ganz im Gegenteil der Auffassung, daß hierin zukünftige Chancen und Möglichkeiten liegen und viele Arbeitsplätze für unsere Wirtschaft und unsere Arbeitnehmer geschaffen werden können. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Energieeinsparung war unser gemeinsames Anliegen bei der Verfassungsänderung. Jetzt wischen Sie das alles mit Handbewegungen weg. Ich denke, es ist höchste Zeit, wieder dahin zurückzukommen, wo wir 1984 waren, als wir gemeinsam beschlossen haben, der Freistaat Bayern ist die Nummer 1 im Energie-

96 3888 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v (Dr. Ritzer [SPD]) sparen. Er ist es derzeit leider nicht. Bitte, kehren Sie zur gemeinsamen Linie zurück! (Beifall bei der SPD) Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Das Wort hat der Herr Kollege Klinger! Klinger (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den Anträgen der GRÜNEN und der SPD wird sehr viel davon gesprochen, auch Stromsparmöglichkeiten durch die Linearisierung von Tarifen, bei der SPD sogar durch zeitvariable Linearisierung, und durch lineare Gestaltung der Tarife zu erreichen. Meine Damen und Herren! Von t a r i f 1 i c h e n A n - r e i z e n nur mit dem Ziel des Stromsparens ist nicht viel zu halten. Von tariflichen Anreizen ist deshalb nicht viel zu halten, weil unter marktwirtschaftlichen, volkswirtschaftlichen und auch elektrizitätswirtschaftlichen Gesichtspunkten tarifliche Manipulationen, und solche sind es, um den Kunden zum Stromsparen zu animieren, nicht der richtig~ Weg sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr viel interessanter ist meines Erachtens der Weg, der auch im Antrag unter der Drucksache 11 /348 gefordert wird, daß die EVU flexible Tarifsysteme anbieten, das heißt, daß der Strompreis als Steuerungsinstrument zur optimalen Ausnutzung der Anlagen der EVU eingesetzt wird und daß der Strom sich auch preislich dem Wettbewerb stellt, wo er im Wettbewerb steht, nämlich auf dem Wärmemarkt. Dort leistet er einen wichtigen Beitrag zur Substitution von fossilen Energieträgern wie Öl, Kohle und Gas und somit auch einen Beitrag zum Energiesparen. Der Preis ist, das wissen wir, in marktwirtschaftlichen Prozessen das sensibelste Steuerungsinstrument. Ich sage noch einmal: das sensibelste Steuerungsinstrument. Deshalb meinen auch Sie von der SPD, daß der Preis als Mittel zur Erreichung des Zieles, daß weniger Strom verbraucht wird, eingesetzt werden sollte. Sie meinen, das derzeitige Strompreissystem beinhalte für die Tarifkunden - die Haushalte, die Landwirte und die Kleingewerbetreibenden - einen Degressionseffekt, der zu Stromverbrauch geradezu reize. Sie meinen, daß genau das Gegenteil politisch opportun wäre. Stromverbrauch müsse preislich sogar bestraft werden und dürfe nicht, wie vor allem die GRÜNEN meinen, je mehrverbrauchter Einheit billiger werden. Nur wenn der Abnehmer einen linearen Strompreis zahlen müsse, sei er auch bereit, noch mehr zu sparen. Das ist im Grunde genommen in Kurzfassung Ihre Meinung. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zwar richtig, daß bei hohem Verbrauch im Schnitt die Kilowattstunde billiger ist als bei niedrigem Verbrauch. Es ist aber auch richtig, daß sich bei Mehrverbrauch der absolute Rechnungsbetrag laufend erhöht. Warum dieser Degressionseffekt eher zum Stromsparen anreizen soll, ist nicht schlüssig. Das ist auch von Ihrer Seite nicht schlüssig begründbar und auch nicht beweisbar. Das derzeitige System der Strompreisbildung ist im Grunde genommen in sich schlüssig, und es ist auch - es ist wichtig, das zu sagen - kostenorientiert. Deshalb wäre es nicht opportun, in dieses System einzugreifen und losgelöst von den tatsächlich verursachten Kosten willkürliche Preise festzusetzen. Meine Damen und Herren! Es ist bisherige Praxis, auch normatives Bemühen, dem Stromabnehmer die Preise abzuverlangen, die sich aus den Kosten ableiten lassen. Der Verbraucher zahlt im Grunde genommen nur das, was verursachungsgerecht ist. Ich betone: Jedwede Subventionierung eines Verbrauchers oder einer Verbrauchergruppe müßte zwangsläufig zur Mehrbelastung eines anderen führen. Um nicht mißverstanden zu werden: Ich halte sehr viel vom Sparen, auch vom Stromsparen. Nicht verfolgenswert erscheint mir jedoch der Weg, aus politischen Gründen in das derzeitige in sich schlüssige System der Strompreisbildung, das sich an den Kosten orientiert, einzugreifen und losgelöst von den tatsächlich verursachten Kosten aus einer gewissen politischen Opportunität heraus willkürliche Preise festzusetzen, die zu ungerechten Belastungen und Entlastungen bei Stromabnehmern führen und führen müßten. Meine Damen und Herren, ich sage noch einmal: Der P r e i s ist im marktwirtschaftlichen Wettbewerb ein sensibles Steuerungs ins t rum e n t. Er verträgt keinerlei Manipulation. Deshalb muß sich jedes tarifliche Anreizsystem, wie immer es auch angelegt sein mag, daran messen lassen, ob es sich an den Kosten orientiert. Wie jeder andere Wirtschaftszweig unterscheidet auch die Elektrizitätswirtschaft zwischen F i x k o - s t e n und v a r i ab 1 e n Kosten. Diese Unterscheidung nach variablen Kosten und fixen. Kosten findet ihren Ausdruck letztlich in der Zweigliedrigkeit des Strompreises. Da ist zum einen der verbrauchsunabhängige Bereitstellungspreis, orientiert an den fixen Kosten, und zum anderen der verbrauchsabhängige Arbeitspreis. Nur ein zweigliedriger Tarif ist also wirklich kostenorientiert. Nun gibt es innerhalb eines Tarifsystems eine Reihe von Tarifmodifikationen, z.b. Schwachstromtarif, Schwachlasttarif, Heizungstarif und vieles andere mehr mit dem Ziel einer ausgeglichenen Belastungskurve, um damit eine optimale Ausnutzung der Anlagen zu gewährleisten. Der Strom soll dabei vom Verbraucher dann genutzt werden, wenn die Anlagen nicht voll ausgenutzt sind, z.b. in der Nacht. Die Berechtigung, vom Grundsatz der Vollkostenerstattung abzuweichen, ergibt sich daraus, daß sonst die Gesamtheit der Verbraucher mit den höheren Kosten von Leerkapazitäten belastet werden müßte. Meine Damen und Herren! Im politischen Raum wird zur Zeit bundesweit ein Demonstrationsversuch diskutiert, den die Stadtwerke Saarbrücken initiiert haben. Er kommt auch in den Anträgen der SPD deutlich zum Ausdruck. Ziel dieses Versuchs ist es, durch einen Z e i t s t r o m t a r i f zu einem Abbau der Leistungsspitzen im Tagesverlauf zu kommen. Dies ist mit Sicherheit ein begrüßenswertes Ziel, bei dem allerdings ganz erhebliche Zweifel auftauchen, ob zum

97 l Plenarprotokoll v Bayertacher Landtag. 11. WahlperiC?de 3889 (Klinger [CSU]) einen der Effekt, der damit in Saarbrücken erreicht werden soll, auf das Bundesgebiet übertragen werden kann, und ob zum anderen der geplante Tarif wirklich so sozlalfreundlich Ist. wie man dort glaubt. Ein Beispiel, wie es nach der Projektplanung in etwa aussehen soll: Es Ist ein Tarif mit vier Preisstufen und sechs Zeitzonen geplant: Von 1 Uhr bis 6 Uhr"sind 8,5 Pfennig, von 6 Uhr bis 9 Uhr 11,5 Pfennig, von 9 Uhr bis 13 Uhr 28 Pfennig, von 13 bis 18Uhr11,5 Pfennig, von 18 bis 21 Uhr 18 Pfennig und von 21 bis 1 Uhr 11,5 Pfennig zu bezahlen. Um all dies messen und steuern zu können. Ist ein Zähler zu entwickeln; einen solchen gibt es noch gar nicht. Der Entwicklungsaufwand dafür beträgt je Stück ca DM, die auch die Kunden zu zahlen hätten. Nach meiner Meinung würden solche linear Jastzeitabhängigen Tarife zu einer politisch kaum verantwortbaren Gängelung der Verbraucher und zu einer unsozialen Kostenbelastung gerade von Einkommensschwachen führen. Gerade Einkommensschwache und kinderreiche Familien mit größerem Strombedarf würden durch unnötige Kosten mehr belastet und in ihrem Lebensstandard beeinträchtigt werden. Dies wäre letztlich der Preis einer nicht kostengerecht zugeordneten Preisgestaltung. Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal betonen, daß die Verknüpfung der linearen TarWe mit Energiesparen oder Stromeinsparen nicht nur eine bloße Falschbezeichnung Ist. Es wird vielmehr verdeckt, daß es dabei nicht um das allgemein anerkannte Ziel eines effizienten Einsatzes von Energie und Strom geht, sondern daß es einfach darum geht, die Kernenergie, die großen Kondensationskraflweri<e und die Struktur der Elektrlzltätswlrtschafl mit den Mitteln der Preisgestaltung zu bekämpfen. Diesen Hlntergr\Jnd auch der Bemühungen der SPD bei ihren Anträgen muß man ganz deutlich sehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zusammenfassen. Wir begrüßen gnndsitzlich alle politischen und technischen Bemühungen, die darauf gerichtet sind, daß die Edelenergie Strom noch ralloneller als bisher eingesetzt werden kann. Preisliche Anreizsysteme!ür Tarifkunden sind nur dort akzeptabel, wo sie verursachungsgerecht sind. Politlsche Preise, um hohen Stromverbrauch entgegen der Kostenverursachung zu bestrafen, wären nicht der richtige Weg. Die EVU sollten mehr tun, um vom jetzigen kostenorientlerten, aber nicht unbedingt kundenfreundlichen Tarifsystem zu einer Tarifgestaltung zu kommen, die dem Kunden verständlicher Ist. Ich erinnere an den früheren Bundeskanzler Schmidt, der nicht einmal seine eigene Stromrechnung lesen konnte. Die Tarifgestaltung sollte also kostenorientierter, für den Kunden verständlicher und weniger belastend sein als das bisherige System. Danke schön! (Beifall bei der CSU). zweiter Vlzeprilsfdent Dr. Rothemund: Ich erteile Herrn Kolleg~n Dr. Kestel das Wort. Dr. Kestel (DIE GRÜNEN): Herr Prasident, meine Damen und Herren' Nach den marktwirtschaftlichen Betrachtungen erlaube ich mir, ökologisohe Betrachtungen anzuschließen. Herr Staatssekretär Zeller, Sie haben davon gesprochen, daß die Versorgungssicherheit nicht gefährdet werden dürfe. Man muß aber wohl zur Kenntnis nehmen, daß die Versorgung mit Energie in erster Linie auf den Ressourcen Öl, Gas und Kohle und nur zu sechs Prozent auf Kernenergie beruht. Wenn wir Energie sparen wollen, Herr Dinglreiter, dann z.b. durch Tempo 80/100 oder indem wir die Ti~fllüge einstellen. Da sind gewaltige Energiesparreserven drin. (Zurufe von der CSU, u.a. Abg. Dr. Rost: Die Kühlschränke haben Sie vergessen!) Das wären ökologische Ansätze. Herr Staatssekretär Zeller, die jetzige. Situation darf, so glaube ich, nicht festgeschrieben werden, das gilt vor allem für die Verschwendung. Darum geht es uns in erster Linie. Es gibt eine Energiegröße, die Sie immer noch zur Seite schieben, die aber allein die Zukunft der Menschheit darstellen kann, nämlich die So 1 a r e n er g i e. Sie ist die einzige Energieform, die nicht zu 'Ende geht. Wir müssen heute beginnen, sie zu nutzen. Bedenken Sie, daß es über der Fläche der Bundesrepublik Deutschland, nämlich km'. zu einer - Solarenergieeinstrahlung und -absorption kommt, die pro Quadratmeter immerhin 1 Megawatt entspricht. Damit hätten wir 250 Milliarden Megawattstunden im Jahr an Energieeinstrahlung über der Bundesrepublik. (Zurufe von der CSU, u. a. Abg. Hofmann: So eine Milchmädchenrechnung!) Der Gesamtenergieverbrauch beträgt nicht einmal ein Zehntel Promille. Wenn wir die gleiche Menge, die die Pflanzen der Solarenergie entnehmen und binden und der Biosphäre zugänglich machen, nämlich ein Prozent, ebenfalls absorbieren würden, hätten wir einen gewaltigen Überschuß an Energie, eine Menge, die wir gar nicht verbrauchen könnten. Die Biosphäre hat uns vorgemacht, wie man beim Entnehmen von einem Prozent einen ganzen Apparat in Gang bringt und hält, wobei gleichzeitig das Klima stabilisiert wird. Wenn wir ein weiteres Prozent umsetzten, würden wir gteichzeitlg zur Stabilisierung des Klimas beitragen. Neben Solarenergie gibt es noch Wärmedämmung - ein gewaltiges Potential, das ist klar - und Krafl Wärme-Kopplung. Herr Dinglreiter oder Herr Beck, schauen Sie sich Rottweil an 1 Dort haben Sie beste Exempel dafür, wie man dezentral innerhalb einer Stadt noch kleinere Einheiten aufbauen kann. Außerdem kann man Biogasenergie und Windenergie nutzen, beides gespeicherte Solarenergien. Zur So 1 a r e n er g i e wäre zum ersten die Verstromung zu nennen. Das wird immer zur Seite geschoben. Sie funktioniert bereits und wird eingesetzt, und zwar von Leuten. die Geld nicht im Überfluß haben. Wir haben immerhin mit einem Quadratmeter Solarzellen die Möglichkeit. zehn Prozent des eingestrahlten Sonnenlichts, das sind 100 Watt, abzunehmen

98 3890 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11 /58 v (Dr. Kestel [DIE GRÜNEN]) und zu nutzen. Die Preise der Solarzellen sind seit zwei Jahren um immerhin 40 Prozent gesunken. Ich habe das selber mit beobachtet. Probleme treten beim Speichern dieser Energie auf und vor allem dann, wenn Verbraucher, d. h. Geräte, auftauchen, die für die Nutzung des Solarstroms optimiert sind. Für den Speicher ist heute ein Speichersystem, nämlich Wasserstoff, im Gespräch. Es ist nicht so, daß dies für die Technik uninteressant wäre. Zum Beispiel lese ich in Technik heute", einer technischen Zeitschrift, daß die Gesellschaft für Hydrid- und Wasserstofftechnik mbh einen Speicher mit einem Gewicht von kg, ab.er immerhin mit der Kapazität 2000 Nm' aufgestellt hat und daß dieser Speicher nach dem Prinzip des Metallhydrids, einer Legierung aus Titan, Vanadium und Mangan, arbeitet. Als Schwamm aufgebaut absorbiert er die dreifache Menge an Wasserstoff, wie wenn man den Wasserstoff in einer Wasserstoffflasche zusammpreßt. Das bedeutet, daß wir mit diesem Hydridspeicher auch noch eine Gefahr durch Druck ausschließen würden. Gleichzeitig reinigt der Hydridspeicher den Wasserstoff und optimiert die Abgabe. Der Hydridspeicher ist in sich gefahrenfrei, auch die Leitungssysteme lassen sich gefahrenfrei bauen. Wir haben in der Bundesrepublik bereits ein Leitungssystem von 1200 km, das in der chemischen Industrie eingesetzt ist und läuft. Ein weiterer Ansatz für die technische Forschung und. die Optimierung wäre, die katalytische V e r b r e n - n u n g v o n Was s e r s toff zu fördern. Da wären für die dezentrale Verwendung noch eine Menge von wirtschaftlichen Möglichkeiten drin, d. h. ein gewaltiger Markt. Es geht also um eine technische Optimierung. Vom Grundsatz her sind die Dinge alle vorhanden. Was wir vermissen, ist die wirtschaftliche Förderung dieser Entwicklung. Sonnenenergie läßt sich auch als Wärmeenergie nutzen, wofür eine Nutzung sogar noch sinnvouer ist, denn wir haben heute Sonnenkollektoren, die 30 bis 90 Prozent des Sonnenlichts, das auf die Fläche einstrahlt, in Wärme umwandeln und nutzbar machen. Sie können also auf einem Quadratmeter 300 bis 900 Kilowattstunden im Jahr einfangen. Auch hier besteht das Problem in der Speicherung. Dieses Problem wäre gelöst. Es gibt gute Speicher auf der Basis von Salzen mit hohem Kristallwassergehalt, deren Schmelzwärme zum Speichern bzw. zur Wiederabgabe genutzt wird. In ihnen könnten wir den Wärmeüberschuß des Sommers tür den Winter speichern, und zwar in einem Volumen, das in jedem Haushalt verträglich wäre. Einschlägige Produkte sind in Schweden und in der Schweiz zu haben, nicht aber in der Bundesrepublik. Warum nicht? Weil wir es versäumt haben, uns an den Markt anzuschließen und anzuhängen. Es wird auch darüber diskutiert, daß wir durch die Solarenergienutzung eventuell in das Klimasystem eingreifen könnten. Das ist ganz klar! Dazu, daß über fossile Energieträger und deren Verbrennung ins Klimasystem eingegriffen werden könnte, muß ich sagen, meine Damen und Herren, daß unser Klimageschehen ein Gleichgewichtssystem darstellt, das allerdings solange, bis der Mensch aufgetaucht ist und eingegriffen hat, im Gleichgewicht war, und, solange die Solarkonstante gleichgeblieben war, Einstrahlung und Abstrahlung gleichgeblieben sind. Wenn wir Solarenergie entnehmen und nur vorübergehend speichern, verwenden und zur Abstrahlung wieder freigeben, greifen wir in dieses Gleichgewicht, Einstrahlung gleich Abstrahlung, nicht ein. Jedes andere Eingreifen, jedes andere Freisetzen von irgendwelchen Stoffen in die Atmosphäre, ist gefährlich für das Klimageschehen. Man muß sich folgendes klarmachen: Das Wettergeschehen ist von vielen Größen abhängig, diese Größen sind zum Teil Steuergrößen, d. h kleine Effekte können gewaltige Veränderungen verursachen. So kann z.b. eine geringe Veränderung in der Luftelektrizität gewaltige Veränderungen im Wettergeschehen, im Windsystem usw. verursachen. Gerade bei der Verbrennung liefern wir Stoffe, z.b. Stickoxide, die mit Luftfeuchtigkeit Ionen bilden können. Das ist genauso gefährlich wie z.b. die Erhöhung von Radionuklidanteilen und deren lonisierungsanteil in der Luft. Das ist ein weiterer Gesichtspunkt, der uns sehr wohl dazu bringen müßte, daß wir die Solarenergie ins Auge fassen. Sie haben vorhin die Nutzung der Windkraft ein bißchen zur Seite geschoben. Im Wind und in der Luftfeuchtigkeit stecken 50 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie. Es ist doch ganz klar, daß hier ein gewaltiger Energiespeicher vorhanden ist. Die Dänen haben uns auf dem Markt den Rang abgelaufen. Es wäre allerhöchste Zeit, daß wir in diesen Markt mit einsteigen. (Zuruf von der CSU) In Schweden fährt ein Mann mit Wasserstoff Auto, den er aus Windenergie gewonnen hat. Er heizt sein Haus mit Windenergie. Allerdings hat der Mann eine Anlage, die ich nie installieren würde. Er befindet sich in der Windzone 1 und hat einen 22 Meter hohen Mast mit einem Rotordurchmesser von 15 Metern; da holt er sich Kilowattstunden heraus. Ich müßte mich tragen, wo ich diese Energie unterbringen könnte. Da steckt also eine riesige Energiemenge drin. Es ist nicht einzusehen, daß wir diese nicht auch dort, wo sie sinnvoll nutzbar ist, fördern und ausbauen könnten. (Abg. Tandler: Der Bau solcher Türme ist ein Eingriff in die Landschaft!) - Wir können auch hübsche Windanlagen bauen. Es muß kein GROWIAN sein. Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt ansprechen. Er betrifft die Biomasse. Meine Damen und Herren, bei der Biomasse ist noch auf einen besonderen Aspekt hinzuweisen. Biomasse enthält immerhin etwa ein Prozent Solarenergie. Wenn wir das verwenden, was an Biomasse noch als Abfall zur Verfügung steht, und zwar bevor der Kreislauf zu Ende ist, nämlich bevor das wieder zu Kohlendioxid

99 Plenarprotokoll 11 /58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3891 (Dr. Kestel [DIE GRÜNEN]) und Wasser geworden ist, und da noch eine Phase einschieben und anaerob Bakterien daran arbeiten lassen, dann können wir aus dieser Biomasse noch einmal einen Energieträger herausholen; dabei handelt es sich um Methan. Die Energiemenge, die dadurch gewonnen wird, ist, wenn wir alle Möglichkeiten ausnutzen, größer als das, was alle Kernkraftwerke in der Bundesrepublik zusammen liefern. Mit der Biogasnutzung ist noch ein zweiter Effekt verbunden. Wir haben gleichzeitig einen Entsorgungseffekt, Gülle und solche Dinge fallen dann nicht mehr an. Wir könnten diese als hochwertigen festen organischen Stickstoffdünger einsetzen. Meine Damen und Herren! Es ist heute gesagt worden, die Natur kenne keinen Müll. Das ist auch richtig. Wir müssen zu der Phase zurückkehren, daß wir keinen Mülf mehr produzieren, das heißt Müll, der nicht mehr recycelbar ist. Weil die Natur die einzig lebensfreundliche Energie nutzt, nämlich die Solarenergie, weil sie das Recycling zur Vollendung gebracht hat und weil sie allein absolut ökologisch arbeitet, ist sie unser Vorbild, das wir mit Recht anstreben müssen, wenn die Menschheit überleben will. Ich danke Ihnen. (Beifall bei den GRÜNEN) zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund: Meine Damen und Herrl:ln! Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur A b s t i m m u n g. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - s a c h e 11 /88. Die Ausschüsse empfehlen Ablehnung. Wer dagegen für die Annahme des Antrags ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? - Keine. Der Antrag ist ab g e 1 e tl n t. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - s a c h e 11 /89. Die Ausschüsse empfehlen ebenfalls Ablehnung. Wer entgegen dieser Empfehlung für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion DIE GRÜNEN. Gegenstimmen, bitte ich anzuzeigen! - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? - Keine. Der Antrag ist ab g e - lehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf D r u c k s ach e 11 /204. Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt die Ablehnung. Der Ausschuß für Landesentwicklung und Umweltfragen empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, daß der zweite Absatz gestrichen wird. Wer entgegen der Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr dem Antrag in der geänderten Fassung entsprechend der Empfehlung des Ausschusses für Landesentwicklung und Umweltfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Stimmenthaltungen? - Ohne Stimmenthaltungen einstimmig angenommen. Es folgt die Abstimmung über den Antrag auf D r u c k s a c h e 11 /208. Die Ausschüsse empfehlen die Ablehnung. Wer entgegen der Empfehlung der Ausschüsse für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? - Keine. Der Antrag ist somit ab g e 1 e h n t. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - sache 11/220. Die Ausschüsse empfehlen die Ablehnung. Wer entgegen der Empfehlung der Ausschüsse für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion DIE GRÜ NEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen - sind keine festzustellen. Der Antrag ist damit ab g e 1 eh n t. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - s a c h e 11 /348. Die Ausschüsse empfehlen die unveränderte Annahme des Antrages. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Stimmenthaltungen? - Mit den Stimmen der Abgeordneten der Fraktionen der CSU und der SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE GRÜNEN ist der Antrag somit an gen o m - men. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 11/727. Die Ausschüsse empfehlen die Ablehnung. Wer entgegen dieser Empfehlung der Ausschüsse für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion 'DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen - sehe ich keine. Der Antrag ist ab g e 1 eh n t. Es folgt die Abstimmung zum Antrag auf D r u c k - sache 11/731. Die Ausschüsse empfehlen die Ablehnung. Wer entgegen dieser Empfehlung für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - 01e Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? - Keine. Der Antrag ist a b g e 1 e h n t. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - s a c h e 11 /732. Von den Ausschüssen wird Ablehnung vorgeschlagen. Wer entgegen diesem Vorschlag für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion DIE GRÜ NEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? - Keine. Der Antrag ist a b g e 1 e h n t. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - s a c h e 11 /733. Die Ausschüsse empfehlen auch hier die Ablehnung. Wer entgegen dieser Empfehlung für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? - Keine. Der Antrag ist ab g e 1 eh n t. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf D r u c k s a c h e 11 /734. Auch hier schlagen die Ausschüsse Ablehnung vor. Wer entgegen diesem Vorschlag der Ausschüsse für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN. Gegenstimmen? - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist auch dieser Antrag ab g e 1 eh n t.

100 3892 Bayerische; Landtag 11. Wahl~eriode Ptenarprotokoll 11/58 v (Zweiter Vizepräsident Dr. Rothemund) Ich lasse abstimmen über den Antrag auf Drucksache 11 /736. Von den Ausschüssen wird wiederum Ablehnung empfohlen. (Zuruf von der CSU: 735!) - Sie haben recht. Es muß heute ja noch etwas überraschendes passieren, und wenn es der Versprecher des Präsidenten ist. Es folgt die Abstimmung zum Antrag auf D r u c k - s a c h e 11 /735. Von den Ausschüssen wird Ablehnung vorgeschlagen. Wer entgegen dieser Beschlußempfehlung für die Annahme ist, den bitte ich um d'.l;s Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion DIE GRU N EN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen - sehe ich keine. Damit ist auch dieser Antrag ab g e 1 eh n t. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - s a c h e 11 /736. Von den Ausschüssen ist Ablehnung empfohlen worden. Wer entgegen den Beschlußempfehlungen der Ausschüsse für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Fraktion der SPD, Fraktion DIE GRÜNEN. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen?- Keine. Der Antrag ist ab g e 1 eh n t. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 11/737. Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt die Neufassung des Antrages. Dem schließen sich die übrigen Ausschüsse an. Wer der Neufassung auf Drucksache 11/2189 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - s a c h e 11 /738. Die Ausschüsse empfehlen die Ablehnung. Wer entgegen dieser Empfehlung für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der SPD. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? - Die F.raktion DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt. Es folgt die Abstimmung zum Antrag auf D r u c k - s a c h,e 11/746. Auch hierzu wird von den Ausschüssen Ablehnung vorgeschlagen. Wer entgegen der Empfehlung der Ausschüsse für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN. Gegenstimmen? - Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? - Eine. Der Antrag ist abgelehnt. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - sache 11/1502. Die Ausschüsse empfehlen die unveränderte Annahme des Antrags. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig so beschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 11/1673. Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt die Neufassung des Antrags. Ich verweise hierzu auf Drucksache 11 /2194. Dem stimmen die übrigen Ausschüsse zu, der Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen und der Ausschuß für Bundesangelegenheiten und Europafragen allerdings mit der Maßgabe, daß bei Nr. 1 die Worte noch 1987" durch das Wort baldmöglichst" ersetzt werden. Wer der Neufassung mit dieser Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Fraktion der CSU. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Die Fraktionen der SPD und der GRÜNEN. Stimmenthaltungen? - Keine. Der Antrag ist so bes c h 1 o s - se n. Es folqt die Abstimmung zum Antrag auf D r u c k - s ach e 11/1957. Der Ausschuß für Wirtschaft und Verkehr stimmt dem Antrag unverändert zu. Die übrigen Ausschüsse empfehlen Zustimmung mit der Maßgabe, daß die Nummern 4, 5, 6 und 7 neu gefaßt werden. Ich verweise dazu auf Drucksache 11 /3962. Wer dem Antrag mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c k - s a c h e 11 /3041. Die erstberatenden Ausschüsse empfehlen die unveränderte Annahme des Antrags. Der Ausschuß für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt Neufassung des Antrags. Dem stimmt der Ausschuß für Bundesangelegenheiten und Europafragen zu. Wer der Neufassung des Antrags, ausgedruckt auf D r u c k s a c h e 11 /5322, zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig. so beschlossen. Ich lasse abstimmen über den Antrag auf D r u c.k - s a c h e 11 /3049. Die Ausschüsse empfehlen die unveränderte Annahme des Antrags. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Meine Damen und Herren! Damit sind die aufgerufenen Tagesordnungspunkte erschöpft. Ich schließe für heute die Sitzung. (Schluß der Sitzung: 19 Uhr 52 Minuten)

101 Anlage 1 Mündliche Anfragen gem. 73 Abs. 2 Satz 2 GeschO Trapp (SPD), Fragest e 11 er: Werden die Diagnose- und Förderklassen, die für Dlngolllng, Landau und Vllsblburg geplant sind, der Grund- und Sonderschule zugeordnet, und wenn Ist mit der Einrichtung zu rechnen? Antwort der Staatsregierung: Der Schulversuch sonderpädagogische Diagnose- und Förderklassen" wird seit dem Schuljahr 1984/85 durchgeführt; er ist insgesamt zunächst auf fünf Schuljahre angelegt und betreut gegenwärtig 3405 Kinder. Die Zielgruppe des Schulversuchs sind sonderschulpflichtige Kinder, die andernfalls in Schulen für Sprachbehinderte, lernbehinderte und zur Erziehungshilfe aufgenommen oder überwiesen würden, sowie Kinder mit Behinderungen im Bereich der Motorik, soweit sie nicht wegen des Therapie- und Pflegebedarfs die Schule für Körperbehinderte zu besuchen haben. Demzufolge ist der Schulversuch Bestandteil des Sonderschulwesens. Die Versuchsklassen sind rechtlich, organisatorisch und pädagogisch den Schulen für Behinderte zugehörig. Sonderpädagogische Diagnose- und Förderklassen, die zu Grundschulen gehören, gibt es nicht. Der Versuch dient von seiner Zielsetzung her insbesondere dazu, - dil3 diagnostische Arbeit zu verbessern - diagnosegeleitete Unterrichts- und Fördermaßnahmen fortzuentwickeln - geeignete Formen der Schulorganisation für die Zeit intensiver Diagnostik und individueller Förderung zu erproben. Inwieweit für das kommende Schuljahr an den einzelnen Einrichtungen neue Diagnose- und Förderklassen eingerichtet werden können, ist im derzeitigen Planungsstadium noch nicht endgültig abzusehen. Jedoch kann bereits heute gesagt werden, daß die Errichtung einer sonderpädagogischen Diagnoseund Förderklasse in Dingolfing höchstwahrscheinlich realisiert werden kann. Für den Bereich um Vilsbiburg besteht bereits seit Beginn des Schuljahres 1987/88 an der Sprengelschule in Bohnbruck eine Diagnoseund Förderklasse. Allgemein muß bemerkt werden, daß wegen des Diagnose- und Förderbedarfs etwa zehn Lehrerstunden je Klasse zusätzlich erforderlich sind. Da die Gesamtzahl der im Sonderschulbereich verfügbaren Lehrerstunden für das kommende Schuljahr nicht gesteigert werden kann, ist die Einrichtung neuer sonderpädagogischer Diagnose- und Förderklassen nur möglich, wenn Lehrerstunden in anderen Bereichen des Sonderschulwesens frei werden. Frau Wlndsperger (DIE GRÜNEN), Fragest e 11 e - r in: Ist der Staatsregierung bekannt, daß die Münchner Berufsoberschulen seit Jahren unter extremen Raumproblemen leiden, und wann und wie gedenkt die Staatsregierung AbhlHe In der Form zu schallen, daß nicht nur die drei Fachrichtungen unter einem Dach, In verschiedenen Stadtvierteln und auch hier nicht alnem ständigen Umzugszwang unterworfen sind? Antwort der Staatsregierung: Die in drei Ausbildungsrichtungen geführten Münchner Berufsoberschulen (Technik, Wirtschaft, Hauswirtschaft/Sozialpflege) befinden sich in der Trägerschaft der Landeshauptstadt München. Die Landeshauptstadt ist daher sowohl für die Organisationsform dieser Schulen wie auch - als Sachaufwandsträger - für deren räumliche Unterbringung zuständig. Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus hat als Schulaufsichtsbehörde nicht die Absicht, sich in die Fragen der Organisationsform (Getrenntführung in drei selbständigen Schulen oder Zusammenlegung der Ausbildungsrichtungen zu einer Schule) einzumischen. Extreme Raumprobleme", die ein schulaufsichtliches Eingreifen erfordern würden, sind dem Staatsministerium als Schulaufsichtsbehörde bisher nicht bekanntgeworden. Franz (SPD), Frage sie 11 er: Wie beurteilt die Staatsregierung die nach Meinung vleler Fachleute Irreführende und die Krisenstimmung in d.er Landwirtschaft verstärkende Aussage des Bayerischen Rundfunks, Landlunklelter, Herrn Dr. Erich Gelersberger, In der Fern-

102 3894 Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v sehsendung Unser Land" am 9. April 1988, daß es wegen des starken Anstiegs des Subventionsaufwandes seit 1975 und der Lehrstellenentwlck lung in der übrigen Wirtschaft künftig besser wäre, auf die weitere Erstausbildung Im Bereich der Agrarwirtschaft - Im Schuljahr 1987/88 circa 1030 Azubis In Bayern - In der BRD völlig zu verzichten und die gesamte Landwirtschaft auf die Nebenerwerbsbewirtschaftung mlttelfrlstlg umzustellen? Antwort der Staatsregierung: Die Beurteilung der Aussage von Herrn Dr. Geiersberger in der Fernsehsendung Unser Land" ist nicht Aufgabe des Staatsministeriums. Wir gehen davon aus, daß es auch künftig ein Nebeneinander von Voll-, Zu- und Neben- erwerbsbetrieben in der bayerischen Landwirtschaft geben wird. Die Staatsregierung hält es daher für richtig, daß die Hoferben von Voll- und Zuerwerbsbetrieben eine landwirtschaftliche Ausbildung absolvieren. Künftigen Nebenerwerbslandwirten ist zunächst in erster Linie eine Ausbildung für den Hauptberuf anzuraten. Aber auch der Nebenerwerbslandwirt braucht zur Bewirtschaftung seines Betriebes fachliches Wissen und Können, insbesondere für den speziellen Betriebszweig. Die von unserer Beratung angebotenen Orientierungskurse und Grundlehrgänge sowie Aufbaulehrgänge haben sich in Bayern bestens bewährt. Frau Rothe (DIE GRÜNEN), Fragest e 11 er in: Wie gedenkt die Bayerische Staatsregierung ältere Bauem, dla keine berufliche Ausbildung abgeschlossen haben, nach dem Inkrafttreten des neuen Pflanzenschutzgesetzes am 1. Juli 1988 rechtlich abzusichern, damit sie z.b. Ihre Obstbaubetriebe weiterführen können? Antwort der Staatsregierung: Für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln ist ab dem 1. Juli 198ß grundsätzlich ein Sachkundenachweis erforderlich. sachkundig nach der Pflanzenschutzsachkundeverordnung ist, wer ein Zeugnis über 1. eine bestandene Abschlußprüfung in den Berufen La~dwirt, Gärtner, Winzer, Forstwirt, Pflanzenschutzlaborant, landwirtschaftlicher Laborant, landwirtschaftlich-technischer Assistent oder 2. eine bestandene Fortbildungsprüfung zum Fach Agrarwirt Landtechnik oder 3. ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder Fachhochschulstudium im Bereich der Agrar-, Gartenbau- oder Forstwirtschaften besitzt. Darüber hinaus kann die zuständige Behörde einem Bewerber die erforderliche Sachkunde bestätigen, wenn die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen einer anderen Aus-, Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme erworben worden sind. Für Landwirte, Gärtner und Winzer, die den Sachkundenachweis nicht erbringen können, wird die freiwillige Ablegung der Sachkundeprüfung bei den Ämtern für Landwirtschaft empfohlen. Dafür werden durch die Ämter entsprechende Vorbereitungskurse angeboten. Die ersten Kurse mit anschließender Prüfung wurden bereits abgehalten. Für Landwirte, Gärtner und Winzer ohne Sachkundenachweis besteht die Möglichkeit, die Pflanzenschutzarbeiten über den Maschinenring bzw. Lohnunternehmer ausführen zu lassen. Frau Paullg (DIE GRÜNEN), Fragest e 11 er in: Hält die Steatsragierung die Aussage eines Vertreters des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten anläßlich einer bildungspolitischen Tagung für zutreffend, daß In Bayern nur landwirtschaftliche Betriebe Zukunftschancen haben? Antwort der Staatsregierung: Es ist das Ziel der Agrarpolitik der Bayerischen Staatsregierung, eine möglichst große Zahl von landwirtschaftlichen Betrieben, ob im Voll-, Zu- oder Nebenerwerb, zu erhalten. Die angeführte Zahl von Betrieben bezieht sich ausschließlich auf die Hochrechnung der Berufsschüler im Berufsgrundschuljahr. Dabei handelt es sich nicht um eine Vorschätzung der Staatsregierung, sondern die Wiedergabe der Selbsteinschätzung der Landwirtschaft Schüler im Berufsgrundschuljahr entsprechen beim normalen Generalionenwechsel künftig einer Anzahl von ausgebildeten Leitern eines Vollerwerbsbetriebes. Die vorhandenen Buchführungsabschlüsse bestätigen, daß circa bis Betriebe eine ausreichende Eigenkapitalbildung aufweisen. Die Staatsregierung lehnt es ab, Prognosen über die Zukunft des einzelnen landwirtschaftlichen Betriebes abzugeben. Vielmehr sieht sie es als ihre Aufgabe. landwirtschaftlichen Betrieben ohne entsprechende Zukunft im Vollerwerb den Übergang in den Nebenerwerb zu erleichtern und so dazu beizutragen, den landwirtschaftlichen Betrieb zu erhalten. Heller (CSU). Fragest e 11 er: Wie und innerhalb welcher Zelt gedenkt die Bayerische Staatsregierung das Urteil des Bundesverwaltungsgerlchts vom 15. März 1988 bezüglich der ehemaligen Kaminkehrerrealrechte zu realisieren, und hat die Bayerische Staatsregierung die Absicht, aufgrund des Urteils die Kamlnkehrermelstergesellen, die wagen der bisherigen Handhabung verspätet zu Bezirkskaminkehrermeistern bestellt werden, oder die ehemaligen Realrechtsinhaber für die 1935 erlittenen Rechtsverluste zu entschädigen? Antwort der Staatsregierung: Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15. März festgestellt, daß es auch in Bayern keine Kaminkehrer-Realrechte mehr gibt. Die Verwaltungspraxis trägt bereits jetzt diesem Urteil Rechnung. Bis wann alle bisherigen Realrechtsbezirke frei sein werden, läßt sich derzeit noch nicht absehen. Realrechtsinhaber, die rechtsverbindlich einen Realrechtsbezirk erworben haben, können diesen bis zur Erreichung der Alters-

103 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag. 11. Wahlperiode 3895 grenze, maximal also noch bis zu 40 Jahren, innehaben. Die Voraussetzungen für eine Entschädigung von bisher nicht zum Zuge gekommenen Bewerbern um einen Kehrbezirk (Kaminkehrergesellen) dürften nicht vorliegen. Die rechtliche Überprüfung ist noch nicht abgeschlossen. Sie wird im Rahmen eines Zivilprozesses erfolgen, der derzeit anhängig ist. Die Entschädigung von Realrechtsinhabern fällt in die Zuständigkeit des Bundes. Brandl [Passau] (SPD), Fragest e 11 er: Gibt es innerhalb der Staatsregierung Pläne, von den 14 Landesämtern mit Insgesamt 3554 Bediensteten, die alle In München angesiedelt sind, Verlagerungen In strukturschwache, von hoher Arbeltsloslgkelt geprägte Gebiete vorzunehmen? Antwort der Staatsregierung: Die Staatsregierung beabsichtigt derzeit nicht, Landesämter aus München in strukturschwache Gebiete zu verlagern. In jüngster Zeit wurde die Verlagerung der Zentralen Bußgeldstelle nach Viechtach beschlossen. Des weiteren werden eine Außenstelle des Landesamtes für Umweltschutz in Kulmbach und eine VII. Abteilung der Bereitschaftspolizei in Sulzbach-Rosenberg errichtet. Darüber hinaus sieht die Staatsregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine weiteren Möglichkeiten, Behörden zu verlagern. Frau Memmel(DIE GRÜNEN), Fragest e 11 er in: Welche Konsequenzen haben die Behörden bisher aus der schon vor etlichen Wochen In Coburg In Brunnen auf dem Gelände der Firma Brose festgestehten Vergiftung von Wasser mit Lösungsmitteln (Chlor-Kohlen-Wasserstoff, CKW) gezogen? Was Ist Insbesondere unternommen worden, um das weitere Versickern von Lösungsmitteln sicher zu verhindern und um sicherzustellen, daß sich Lösungsmittel nicht mit flleßendem Grundwasser in der weiteren Umgebung der Probeentnahme-Brunnen ausbreiten und dort für Trinkwasser genutzte Hausbrunnen und damit die Gesundheit von Menschen gefährden? Antwort der Staatsregierung: Das Wasserwirtschaftsamt Hof hat im Rahmen der technischen Gewässeraufsicht das Grundwasser aus zwei Tiefbrunnen, je einem Brunnen des jetzigen und des früheren Firmengeländes (jetzt städtischer Bauhof) der Firma Brose, eines metallverarbeitenden Betriebs in Coburg, auf leichtflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe (LCKW) untersucht. Dabei wurden LCKWNerunreinigungen festgestellt. Die Firma hat durch Sofortmaßnahmen das weitere Versickern von LCKW verhindert. Dies wurde von den zuständigen Behörden überprüft. Bevor eine Sanierung in Angriff genommen werden kann, muß zunächst der Schadensumfang ermittelt werden. Mit der Schadensermittlung als Grundlage eines Sanierungskonzepts wurde ein privates Institut beauftragt. Nachdem schon die Schadensermittlung äußerst zeitaufwendig ist, läßt sich der Zeitpunkt für den Beginn der Sanierung nicht vorhersagen. Dandorler (CSU), Frage ste 11 er: Welche Prioritäten setzt die Bayerische Staatsregierung beim Anschluß der Stadt Amberg und des Landkreises Amberg-Sulzbach (B 85 bzw. A 6) an die Autobahn München - Hol, und wie schauen die Reallslerungspläne dafür aus? Antwort der Staatsregierung: Die Bayerische Staatsregierung räumt dem leistungsfähigen Anschluß des Raumes Amberg-Sulzbach an die Autobahn A 93 München - Regensburg - Hof eine sehr hohe Priorität ein. Die Straßenbauverwaltung wird deshalb mit der Verbesserung der zur Zeit einzigen Verbindung, nämlich der B 85 Amberg - Schwandorf, noch in diesem Jahr beginnen. Zur Verbesserung der Überholmöglichkeit wird eine unübersichtliche Kuppe mit einem Kostenaufwand von 1,2 Millionen DM beseitigt. Des weiteren wird die Verbreiterung der Steigungsstrecke am Pittersberg so geplant, daß hier das überholen von Lkw auch bei Gegenverkehr möglich wird. Für diese Maßnahme muß allerdings vor dem Baubeginn noch ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Der Weiterbau der Autobahn von Amberg-Ost bis zur A 93 bei Pfreimd ist bei der Fortschreibung des Bedarfsplanes für die Bundesfernstraßen mit der ersten Fahrbahn als Vordringlicher Bedarf" eingestuft worden, während der Anbau der zweiten Fahrbahn zwischen Amberg/Kastl und Pfreimd den Planungen" zugeordnet ist. Für zwei von insgesamt drei Planfeststellungsabschnitten zwischen Amberg-Ost und Pfreimd laufen die Planfeststellungsverfahren. Das dritte Verfahren wird voraussichtlich im Sommer 1988 beantragt werden. Der Bau der ersten Fahrbahn ist nach dem derzeitigen Bauprogramm finanzierungsbedingt nach 1990 vorgesehen. Mehrllch (SPD). Fragest e 11 er: Wann kann mit dem Ausbau der B 276 in Lohr Im Bereich der Partenstelner Straße und damit mit dem Ende des Provisoriums gerechnet werden? Antwort der Staatsregierung: Die Pläne für den 500 m langen Ausbau der B 276 in Lohr im Bereich der Partensteiner Straße werden zur Zeit erstellt. Dies erfolgt in engem Benehmen mit der Stadt Lohr und den Anliegern. Wenn sich mit allen Beteiligten Einvernehmen erzielen läßt und kein Planfeststellungsverfahren erforderlich wird, kann mit den Bauarbeiten voraussichtlich im nächsten Jahr begonnen werden. Kobler (CSU). Fragest e 11 er: Welche Gründe sprachen mögllcherwelse In der Vergangenheit dagegen, den Hochwasserschutz-

104 3896 BayerllCher ~lag 11. Wahlperiode Plenarprotokoll 11/58 v damm an der Donau im Bereich Nlederachdorf/ Straubing nicht ebenso stabil auszubauen wie den donauaufwärts Im oberpfälzlschen Hochwasserschutzgeblet Hegenden, obwohl den Angaben nach die für die Erweiterung erforderlichen Grundstücksflächen vor Jahren angekauft wurden? Antwort der Staatsregierung: Der Deichbruch bei Niederachdorf befindet sich in dem Donauabschnitt, in dem sich die vom Bund zu bauenden Dämme für die Stauhaltung Straubing seit Jahren verzögern. Diese Dämme, die gleichzeitig dem Hochwasserschutz dienen, sollten bereits 1986 fertiggestellt sein. Bekanntlich wurde mit dem Bau der Stufe Straubing vom Bund schon 1978 begonnen. Die dann von der sozial-liberalen Koalition propagierte qualifizierte Beendigung" der Main-Donau-Wasserstraße führte aber über Mittelkürzungen letztlich zur Baueinstellung. Nach dem Regierungswechsel in Bonn im Jahre 1982 wurde das Vorhaben wieder aufgenommen. Auf Grund der massiven Kritik gerade des Naturschutzes waren ein umfassendes ökologisches Gutachten und Änderungen der Planung erforderlich. Nach der gegenwärtigen Bauplanung ist deshalb erst 1994 mit der Fertigstellung der Stauhaltung zu rechnen. Bis dahin muß sich der Freistaat wie in der Vergangenheit auf die notwendige Unterhaltung und Überwachung der vorhandenen Deiche beschränken. Eine durchgehende Verstärkung oder gar der völlige Neubau der alten Deiche im Bereich der künftigen Stauhaltung Straubing durch den Freistaat ist im Hinblick auf die bevorstehenden Maßnahmen des Bundes nicht vertretbar. Langenberger (SPD), Fragest e 11 er: Wie beurteilt dla Bayerische Staatsregierung das Dementi dm Bundesgesundheitsamtes Im Olivenöl-Skandal" gegenüber der Aussage des Herrn Staatssekretärs Dr. Rosenbauer, Bayern habe aufgrund einer Vereinbarung zwischen Bund und Lindem von einer Unterrichtung der ÖffentlichkeH abgesehen, weli eine akute Gesundheitsgefährdung bei den im vergangenen Jahr ennlttetten Werten nicht vorlag". Antwort der Staatsregierung: Ein Dementi des Bundesgesundheitsamtes ist der Staatsregierung nicht bekannt. Die Anfrage dürfte sich wohl auf eine Associated-Press-Meldung vom 27. März 1988 beziehen, wonach der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums Darstellungen aus Bayern zurückgewiesen hat, es gebe eine Bund-Länder-Vereinbarung, die Öffentlichkeit nicht über die Gefahren von PER zu informieren''. Offenbar war das Bundesgesundheitsministerium falsch informiert. Staatssekretär Dr. Rosenbauer hat nie behauptet, die Behörden hätten Stillschweigen über die PER-Befunde in Olivenöl vereinbart. Er hat vielmehr darauf hingewiesen, daß nach den zwischen dem Bund und den Ländern vereinbarten allgemeinen Grundsätzen über die Zusammenarbeit in Dringlichkeitsfällen vor dem Verzehr bestimmter Lebensmittel nur dann öffentlich gewarnt wird, wenn eine konkrete Gesundheitsgefahr besteht. Diese Voraussetzungen lagen nach den vom Landesuntersuchungsamt für das Gesundheitswesen Nordbayern im Jahr 1987 erhobenen Befunden nicht vor. Breltrainer (CSU), Fragest e 11 er: Da Im Bau der Staatsstraßen ein Stau entstanden Ist, der dringlich notwendige Bauten (Umgehungen, Neutrassierungen) auf Jahre, ja Jahrzehnte hinausschiebt, frage Ich die Bayerische Staatsregierung, in welchem Maße sie ab dem kommenden Doppelhaushalt die erforderlichen Mittel aufstocken wird, damit der Bau der dringendsten Maßnahmen früher verwirklicht werden kann. Antwort der Staatsregierung: Der Ausbau des Staatsstraßennetzes konnte bisher mit dem Ausbaubedarf leider nicht Schritt halten. Dies hat auch der Bayerische Oberste Rechnungshof in seinem Bericht 1987 festgestellt. Gesamtwirtschaftliche Zwänge und die Notwendigkeit, bei anderen Ausgabebereichen des Staatshaushalts Schwerpunkte zu setzen, haben dazu geführt, daß es in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, finanziell die Zielvorstellungen des Ausbauplans für Staatsstraßen zu verwirklichen. Der Entwurf für den kommenden Doppelhaushalt 1989/90 ist noch in Vorbereitung. Erste Gespräche mit dem Finanzministerium wurden bereits geführt. Im Sommer 1988 wird der Ministerrat über den Entwurf des Haushalts beschließen und ihn dem Landtag zur Entscheidung vorlegen. Frau Meier (SPD). Fragestellerin: Wie beurteilt die Staatsregierung die gutachterliche Tätigkeit von Professor Dr. Valentin, Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozlalmedlzln der Universität Erlangen, für die zuständige Berufsgenossenschaft Chemie und die einschlägigen Wirtschaftsverbände? ' Antwort der S~atsregierung: Herr Professor Dr. Valentin gilt als der Nestor der deutschen Arbeits- und Sozialmedizin. Er wurde mit Ablauf des Monats März 1988 aus Altersgründen emeritiert. Für das Sommersemester 1988 ist er mit der Wahrnehmung der Aufgaben des bisher von ihm geleiteten Lehrstuhls und Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg betraut. Eine mit den Lehr- und Forschungsaufgaben zusammenhängende selbständige gutachterliche Tätigkeit von Professoren ist eine Nebentätigkeit, für die. gemä8 Artikel 74 Absatz 1 Nummer 5 des Bayerischen Beamtengesetzes keine Genehmigungspflicht besteht. Für den Inhalt solcher Gutachten trägt ausschließlich der Ersteller selbst die fachliche Verant- wortung.

105 Plenarprotokoll 11/58 v Bayerischer Landtag 11. Wahlperiode 3897 Soweit dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst allgemein bekannt geworden ist, sind gutachterliche Feststellungen, die Herr Professor Dr. Valentin in seiner Eigenschaft als Arbeitsmediziner unlängst im Zusammenhang mit Ereignissen in einem Chemieunternehmen in Marktredwitz getroffen haben soll, auf Kritik gestoßen. Dem Ministerium liegen weder diese allein von Professor Valentin zu vertretenden Feststellungen noch die Reaktion der Betroffenen darauf im Wortlaut vor; sie waren in der Kürze der Zeit auch nicht zu beschaffen. Loew (SPD), Fragest e 11 er: Wieviele zusätzliche Stellen het die Staatsregierung für den Haushalt 1989/1990 als Folge der Im jüngsten Tarifabschluß für den öffentlichen Dienst festgelegten Arbeitszeltverkürzungen vorgesehen? Antwort der Staatsregierung: Die Frage kann heute noch nicht beantwortet werden. Sie wird erst im Zusammenhang mit der Haushaltsaufstellung entschieden. Brosch (CSU), Fragesteller: Ich frage die Staatsregierung, ob einzelne, besonders hart Betroffene In den Landkreisen Kitzingen und Würzburg des März-/ April-Hochwassers In die staatliche Finanzhilfeaktion 1988 einbezogen werden können, obgleich die Landkreise nicht zum örtlichen Geltungsbereich der Finanzhilfeaktion zählen. Antwort der Staatsregierung: Die Frage kann bejaht werden. Zwar sind die Landkreise Kitzingen und Würzburg nicht in den Geltungsbereich der Finanzhilfeaktion 1988 einbezogen, doch ist die Regierung von Unterfranken ermächtigt, einzelne Schäden außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs in die Finanzhilfeaktion miteinzubeziehen. Damit können auch in diesem Raum einzelne Hochwasseropfer, die durch das Hochwasser existenzbedrohende Schäden erlitten haben, Finanzhilfe erhalten. Die Landkreise Kitzingen und Würzburg wurden deshalb nicht in den örtlichen Geltungsbereich einbezogen, weil dieser Raum nur einige wenige Schadensfälle und im übrigen nur Bagatellschäden aufweist. Die förmliche Einbeziehung aller Landkreise würde bei dieser Situation zu einem unangemessenen Verwaltungsaufwand führen und im übrigen in bezug auf die Bagatellschäden unangebrachte Erwartungen wecken. Die genannte Ermächtigung der Regierung erlaubt es jedoch, schwere Schadensfälle flexibel mitzuerledigen. Entsprechende Finanzhilfeanträge sind beim zuständigen Landratsamt einzureichen, das sie der Regierung von Unterfranken zur Entscheidung vorlegt. von Heckei (SPD). Fragesteller: Akzeptiert die Staatsregierung die Schlußfolgerungen aus dem jüngsten Tarifabschluß für den öffentlichen Dienst, daß die vereinbarte Arbeitszeltverkürzung eine genaue Entsprechung In zusätzlichen Stellen finden muß? Antwort der Staatsregierung: Nein. Eine schematische, rechnerische Vermehrung der Zahl der Planstellen kommt nicht in Betracht. Der Tarifabschluß 1988 führt allein infolge der Besoldungserhöhungen in den drei Stufen 1988, 1989 und 1990 zu erheblichen Mehrausgaben. Insgesamt addieren sich die zusätzlichen Personalausgaben in den drei Jahren, also der Laufzeit des Tarifvertrags, auf 2 Milliarden DM. Bei einer. im Ländervergleich überdurchschnittlichen Personalausgabenquote von 42 Prozent sieht die Staatsregierung keinen Spielraum für umfangreiche Stellenmehrungen. Frau Radarmacher (SPD), Fragest e 11 er in: Ist der Bayerischen Staatsregierung bekannt, ob sich aus dem Bereich Kitzingen/Ochsenfurt Hochwassergeschädlgte gemeldet haben, die keine steuerliche Entlastung In Anspruch nehmen können, und Ist die Bayerische Staatsregierung bereit, diesen Hochwassergeschädlgten in ähnllchar Welse zu helfen wie denen In Niederbayern? Antwort der Staatsregierung: Die steuerlichen Verhältnisse der Hochwassergeschädigen im Bereich Kitzingen/Ochsenfurt sind der Staatsregierung nicht im einzelnen bekannt. Fest steht jedoch, daß es auch für Hochwassergeschädigte im Bereich Kitzingen/ Ochsenfurt neben steuerlichen Hilfen grundsätzlich die Möglichkeit von Finanzhilfe gibt. Zwar ist dieses Gebiet nicht förmlich in den Geltungsbereich der Finanzhilfeaktion 1988 einbezogen, doch ist die Regierung von Unterfranken ermächtigt, einzelne Schäden außerhalb des örtlichen Geltungsbereichs in die Finanzhilfeaktion miteinzubeziehen. Damit kann gegebenenfalls auch in diesem Raum Hochwasseropfern, die durch das Hochwasser existenzbedrohende Schäden erlitten haben, geholfen werden. Der Bereich Kitzingen/Ochsenfurt wurde deshalb nicht in den örtlichen Geltungsbereich einbezogen, weil er nur einige wenige schwere Schadensfälle und im übrigen nur Bagatellschäden aufweist; die förmliche Einbeziehung des gesamten Bereichs würde bei dieser Situation zu einem unangemessenen Verwaltungsaufwand führen und im übrigen in bezug auf die Bagatellschäden unangebrachte Erwartungen erwekken. Die genannte Ermächtigung der Regierung erlaubt es jedoch, schwere Schadensfälle flexibel mitzuerledigen. Entsprechende Finanzhilfeanträge sind beim zuständigen Landratsamt einzureichen, das sie der Regierung von Unterfranken zur Entscheidung vorlegt.

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107 1 B/1 Anlage 2 Interpellationen der Fraktionen von CSU und SPD im Bayerischen Landtag zu den Themen Abfallentsorgung in Bayern (Drucksache 11/4979) Abfallvermeidung, Abfallverwertung und Abfallentsorgung in Bayern (Drucksache 11/4817) Interpellation der Abgeordneten Tandler, Herbert Huber, Kling, Dr. Martin Mayer und Fraktion CSU Abfallentsorgung In Bayern Die Abfallentsorgung ist ein zentrales Problem unserer Industriegesellschaft. Gefordert zur Lösung dieses Problems beizutragen. sind nicht nur der Staat, die Kommunen und jeder einzelne Bürger, sondern in besonderem Maße auch die Wirtschaft. CSU-Landtagsfrak1ion und Staatsregierung haben frühzeitig die Ziele bayerischer Abfallpolitik festgelegt. Es gilt die Entsorgung zu sichern, vorbildlichen Umweltschutz zu gewährleisten und die knappen Rohstoff- und Energiereserven zu schonen. Unsere Ziele sind, Abfälle möglichst zu vermeiden, unvermeidbare Abfälle möglichst stofflich und thermisch zu verwerten sowie unverwertbare Abfälle ordnungsgemäß abzulagern. Die stoffliche und biologische Verwertung hat dabei Vorrang vor der thermischen Verwert\Jng, kann aber allein das Entsorgungsproblem nicht lösen. Es sind deshalb sinnvolle Kombinationen verschiedenster Verfahren anzuwenden. Die Abfallflut aber nimmt trotz einsetzender Maßnahmen zur Gegensteuerung immer noch zu, während die Akzeptanz von Entsorgungsanlagen aus Sorge vor möglichen Umweltbelastungen immer geringer wird. Die Kosten der Abfallentsorgung haben sich in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet; noch strengere Anforderungen an Entsorgungsanlagen werden sie weiter ansteigen lassen. Die Bemühungen der Kommunen und engagierter Gruppen um Vermeidung und Verwertung von Abfällen und die erforderliche Schonung der Ressourcen scheitern häufig an den fehlenden Vermarktungsmöglichkeiten. Aus diesem Hintergrund fragen wir die Staatsregierung: Fragenkatalog zur Interpellation Abfall Gliederung 1. Derzeitige Situation und Entwicklungstendenzen II. III. IV. Vermeidung von Abfällen und Verringerung des Schadstoffgehalts Verwertung Ordnungsgemäße Ablagerung V. Finanzierung VI. Gesetzgebung und Vollzug VII. Sicherung der Entsorgung 1. Derzeitige Situation und Entwicklungstendenzen 1. Welche Bedeutung hat die Abfallwirtschaft im Rahmen der Umweltpolitik?. 2. Welches Konzept liegt der Politik der Staatsregierung im Bereich der Abfallwirtschaft zugrunde? 3. Wie sind die bisherige und die künftige Entwicklung von Aufkommen und Entsorgungskosten bei - Hausmüll - Sondermüll - anderen Abfallarten zu beurteilen und durch welche Umstände sind sie begründet? 4. Wie ist das integrierte Entsorgungskonzept von - Hausmüll - Sondermüll - anderen Abfallarten in Bayern aufge,baut und wo bestehen besondere Unterschiede zu anderen Bundesländern? 5. Welche Maßstäbe gelten bei der Festlegung von Einzugsbereichen für die verschiedenen Entsorgungsanlagen?

108 2 6. Können Wissenschaft, Forschung und ggf. weitere Pilotprojekte im Bereich der Biotechnik, der Rohstoffwirtschaft und der Produktkonstruktion zu einer verbesserten Vermeidung, Verringerung oder Verwertung von Abfall verhelfen? II. Vermeidung von Abfällen und Verringerung des Schadstoffgehaltes 1. Was wird getan, um das erforderliche Bewußtsein für die Notwendigkeit verstärkter Abfallvermeidung zu schaffen? Welche Möglichkeiten in Erziehung, Schule und Bildung können noch stärker genutzt werden? 2. Welche Maßnahmen zur Abfallvermeidung sieht die Staatsregierung bei - Hausmüll - Gewerbe- und Industriemüll - Sondermüll - sonstigen Abfällen als vorrangig an? 3. Welche Möglichkeiten haben grundsätzlich - Bund - Land - Kommunen - Wirtschaft und - Bürger um Abfälle zu vermeiden? 4. Welche konkreten Maßnahmen wurden hierzu bereits ergriffen und welche vorbereitet? 5. Welche Maßnahmen sieht die Staatsregierung als vorrangig an, um den Schadstoffgehalt in Abfällen zu reduzieren? 6. Welche konkreten Maßnahmen zur Verminderung des Schadstoffgehalts in den Abfällen wurden bereits ergriffen oder werden vorbereitet? 7. Wie ist die öffentliche Hand im Bereich Vermeidung und Verringerung ihrer Vorbildfunktion gerecht geworden? 8. Auf welche Weise kann durch Satzungsgebote diesen Zielen Rechnung getragen werden? 111. ve'rwertung A) Stoffliche Verwertung 1. Welcher Anteil kann verwertet werden bei - HausmüH - hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen - Sondermüll - Bauschutt - Schlacke - Gips - Klärschlamm? 2. Welche Modellversuche zur stofflichen Verwertung von Abfällen sind in Bayern mit welchen Zielsetzungen durchgeführt worden? Welche Kosten wurden dadurch verursacht? 3. Welche vorläufigen Erkenntnisse zieht die Statsregierung aus den Ergebnissen der laufenden und bereits abgeschlossenen Modellversuche zur stofflichen Verwertung von Abfällen hinsichtlich - Verwertungsgrad - Umweltauswirkungen - Akzeptanz - Entsorgungssicherheit - Kosten? 4. Wie sind Wertstofferfassungssysteme, wie z.b. die grüne Tonne, im Vergleich zur Einzelstofferfassung zu beurteilen? 5. Wo sieht die Staatsregierung noch Möglichkeiten, die stoffliche Verwertung zu verstärken, z.b. bei - Weißblech und Altaluminium - Altpapier - Altglas - Bauschutt - Klärschlamm - Plastik - Kunststoff - Altreifen? 6. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung bereits ergriffen, um die stoffliche Verwertung zu fördern und welche bereitet sie vor? Wie soll insbesondere die Vermarktung von Produkten aus Recyclingmaterial verbessert werden? 7. Wie beurteilt die Staatsregierung das Angebot der Industrie langfristige Verträge mit den Kommunen bezüglich der Abnahme von Wertstoffen zu schließen? Wie beurteilt sie die Tätigkeit der Abfallberater? Wie haben sich die Abfallbörsen entwickelt? 8. Wie beurteilt die Staatsregierung die Kompostierung von Abfällen? Wie kann die Kompostierung der organischen Fraktion im Hausmüll ausgebaut werden? 9. Wie beeinflußt die verstärkte stoffliche Verwertung Menge und Zusammensetzung der - thermisch zu verwertenden und der - abzulagernden Abfälle? B) Thermische Verwertung 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die thermische Verwertung von Abfällen hinsichtlich - Energienutzung - Umweltauswirkungen - Entsorgungssicherheit - Verwertung der Rückstände - Akzeptanz - Kosten? 2. Wie beurteilt sie insbesondere die Emission von polychlorierten Dioxinen, Furanen Schwermetallen und den sonstigen wesentlichen Schadstoffen? Ist der Stand der Technik weiter verbesserungsfähig? 3. Wie sind derzeit die Verfahren der Verbrennung und der Pyrolyse von Abfällen im Vergleich zueinander zu sehen?

109 3 4. Wie beurteilt die Staatsregierung die Technologie der Niedertemperatur-Konvertierung? 5. Wie ist das Verfahren der Wirbelschichtverbrennung bei Abfällen zu beurteilen? 6. Wie beurteilt die Staatsregierung die thermische Behandlung von Klärschlamm (Verbrennung, Pyrolyse)? IV. Ordnungsgemäße Ablagerung 1. Reichen die technischen Maßnahmen bei Einrichtung und Betrieb von Deponien aus, um den steigenden Anforderungen des Umweltschutzes gerecht zu werden, insbesondere hinsichtlich - Abdichtung - Sickerwassererfassung, -kontrolle und -behandlung - Entgasung - Rekultivierung? 2. Wie ist der Stand der Deponiegasverwertung in Bayern und welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung, um die Verwertung auf diesem Gebiet zu intensivieren? 3. Mit welchen Nachsorgemaßnahmen und Kosten ist nach Schließung einer Deponie zu rechnen? 4. Durch welche Maßnahmen ist eine umweltverträgliche Entsorgung der Reststoffe aus thermischen Abfallverwertungsanlagen unter besonderer Berücksichtigung der Schwermetall- und Dioxinproblematik sicherzustellen? 5. Sil'ld an die Ablagerung von Filterstäuben, Pyrolysekoks und Rückständen aus der Rauchgasreinigung besondere Anforderungen zu stellen? 6. Warum wird grundsätzlich die Mineralisierung vor der Ablagerung gefordert? 7. Wie groß sind noch das genehmigte freie Deponievolumen und die voraussichtliche Nutzungsdauer der Deponien für - Hausmüll und - Sondermüll? 8. Wie kann durch eine vermehrte Wiederverwertung der Reststoffe aus der thermischen Verwertung Deponieraum gespart werden? V. Finanzierung 1. Welche abfallwirtschaftlichen Investitionen müssen bis 1993 getätigt werden? 2. Welche staatliche Förderung wurde bisher für abfallwirtschaftliche Maßnahmen gewährt und können die gegenwärtigen Fördersätze beibehalten werden? 3. Aus welchen Gründen wird für abfallwirtschaftliche Maßnahmen überhaupt eine staatliche Förderung gewährt? 4. Welche Förderprogramme stehen zur Förderung abfallwirtschaftlicher Maßnahmen der gewerblichen Wirtschaft bereit und wie sind ihre Bedingungen? 5. Wie bewertet die Staatsregierung in rechtlicher, organisatorischer, personeller, finanzieller und steuerlicher Sicht die Vorschläge der gewerblichen Wirtschaft und der Kommunen, integrierte Abfallwirtschaft von kommunalen Eigenbetrieben oder von privatrechtlich geführten Gewerbebetrieben betreiben zu lassen. VI. Gesetzgebung und Vollzug 1. Welche gesetzgeberischen Maßnahmen bereitet die Staatsregierung gegenwärtig vor? 2. Wie ist der Stand der Abfallentsorgungsplanung? 3. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung angesichts der zahlreichen Aufgaben im BerElich Abfallwirtschaft, die Sach- und Personalausstattung der zuständigen Behörden zu verbessern? 4. Nach ' welchem Konzept will der Bundesumweltminister 14 des Abfallgesetzes umsetzen? 5. Wann ist mit der 1. Verordnung gern. 14 Abfallgesetz zu rechnen? Welche konkreten Tendenzen sind hinsichtlich des Inhalts erkennbar? Wo bestehen noch Schwierigkeiten? 6. Wie weit sind die Arbeiten der Vertreter von Bund, Ländern und Wirtschaft zur Vorbereitung der technischen Anleitung Abfall gedienen? Welche Entwicklungen zeichnen sich ab? 7. Inwieweit hemmen oder begünstigen Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft die Abfallvermeidung? VII. Sicherung der Entsorgung 1. Inwieweit ist die Entsorgung gesichert?.2. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, vorübergehende Engpässe bei der Entsorgung zu überwinden? Wie kann vermieden werden, daß regionale Entsorgungsengpässe durch Zwangszuweisung an andere Gebietskörperschaften gelöst werden, die für die Bewältigung dieses Problems bereits funktionierende Lösungen verwirklicht haben? Ist die Staatsregierung bereit, die Gebietskörperschaften mehr als bisher in die Pflicht zu nehmen, zur Abfallbeseitigung im eigenen Zuständigkeitsbereich beizutragen? 3. Welche Schritte sind zur Verwirklichung des integrierten Entsorgungssystems und zur langfristigen Sicherstellung der Entsorgung erforderlich?

110 4 Interpellation der Abgeordneten Hlersemann, Dr. Rltzer, Kolo und Fraktion SPD Abfallvermeidung, Abfallverwertung und Abfallentsorgung In Bayern Nach der Novellierung des Abfallgesetzes des Bundes müssen jetzt in Bayern die Entsorgungskonzepte des neuen Zielsetzungen der Abfallvermeidung und -verwertung angepaßt werden. Die Staatsregierung hat im Entwurf des Abfallentsorgungsplans, Teilplan Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle ungeachtet des Vorrangs von Abfallvermeidung und -verwertung die hundertprozentige Abfallentsorgung über Müllverbrennungsanlagen vorgeschlagen. Zu den bestehenden 16 Müllverbren"nungsanlagen sollen 15 weitere treten, die alle entsorgungspflichtigen Landkreise und kreisfreien Städte umfassen. Eine solche Lösung widerspricht der Zielsetzung einer umwelt- und ressourcenschonenden Abfallwirtschaft. Die Erarbeitung von konkreten Vermeidungsund Verwertungskonzepten ist dringend geboten. Wir fragen deshalb die Staatsregierung: 1. Konzepte zur Abfallvermeidung 1. Welche Konzepte zur Abfallvermeidung verfolgt die Staatsregierung: Ist die Staatsregierung bereit, Vermeidungskonzepte mit klaren Zielsetzungen in den Abfallentsorgungsplan für Hausmüll und hausmüllähnlichen Abfall aufzunehmen? 2. Wann ist mit dem Erlaß von Rechtsverordnungen gern. 14 Abs. 2 AbfG durch die Bundesregierung zu rechnen? Was hat die Staatsregierung unternommen, den Erlaß solcher Verordnungen zu beschleunigen? 3. Was hat die Staatsregierung unternommen, um die Verpackungsflut einzudämmen? Was hat die Staatsregierung gegenüber Herstellern und Handel unternommen, um den Anteil der Einwegverpackungen im Getränkesektor zurückzudrängen? Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Mehrwegverpackungen in diesem und anderen Bereichen zu fördern? 4. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, Mehrfachverpackungen zurückzudrängen? 5. Wie beurteilt die Staatsregierung den Vorschlag, standardisierte und damit zirkulationsfähige Behältnisse zu schaffen, um Mehrwegverpackungen und deren leichtere Handhabung zu fördern? 6. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, den Verpackungsanteil am Gewerbemüll zu senken? Kann hierbei ein System normierter und standardisierter Transportbehälter helfen? 7. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, Wegwerterzeugnisse zurückzudrängen? II. Konzepte der stoffllchen. Verwertung 1. Die stoffliche Verwertung ist auch nach der Auffassung der Staatsregierung Teil eines integrierten Entsorgungssystems. Warum hat die Staatsregierung keine Verwertungszielsetzungen für die einzelnen Regionen in den Entwurf des Abfallentsorgungsplans aufgenommen? Warum wurde für keine einzige Region die Errichtung bzw. der Betrieb einer der Verwertung von Abfällen dienenden Anlage aufgenommen? lst die Staatsregierung bereit, auf entsprechende Vorschläge der Landkreise und Städte solche Anlagen in den Plan aufzunehen? 2. Warum werden Maßnahmen zur getrennten Sammlung der Wertstoffe nicht zwingend vorgeschrieben? 3. Ist die Staatsregierung bereit, schrittweise ein landesweites differenziertes System der Kompostierung der Grün- und Küchenabfälle aufzubauen? Wie beurteilt die Staatsregierung den Vorschlag, durch eine Änderung des Bayerischen Abfallgesetzes den Gemeinden ein Tätigwerden auf diesem Gebiet zu erleichtern? 4. Ist die Staatsregierung bereit, das Kunststoffrecycling landesweit zu fördern, wenn sich die nach den AKW-Verfahren arbeitende Anlage des Zweckverbandes für Abfallbeseitigung Nord-West-Oberfranken bewährt? 5. Welche Stoffe bzw. Anteile des Mülls stehen seiner Verwertung besonders entgegen? Wie will die Staatsregierung darauf hinwirken, daß künftig solche Stoffe, insbesondere Schwermetalle, Lösungsmittel, Chemikalien etc. nicht mehr in den Abfall gelangen? Warum wird im Abfallentsorgungsplan die Problemmüllsammlung nicht verbindlich vorgeschrieben? 6. Welche Anstrengungen hat die Staatsregierung unternommen, um die Substitutionsforschung zur Abfallvermeidung, zur Abfallentgiftung und zur Erleichterung des Recyclings und deren praktische Umsetzung vora[lzutreiben? 7. Welche Maßnahmen sind nach Auffassung der Staatsregierung erforderlich, um den Einsatz von Altpapier bei der Papierproduktion weiter zu erhöhen? Welche weiteren Produktbereiche bieten sich für Altpapiereinsatz darüber hinaus an? Welche Anstrengungen wurden unternommen, um auf diesem Weg den Absatz von Altpapier zu fördern? Welche Chancen sieht die Staatsregierung, den Einsatz von Umweltpapier zu erhöhen? Wie ist der derzeitige Verbrauch an Umweltpapier in den einzelnen Ressorts der Staatsregierung und den ihnen nachgeordneten Behörden im Vergleich zum Gesamtpapierverbrauch?

111 5 Welche Amtsblätter erscheinen auf Umweltpapier, welche auf Normalpapier? Wie viele Broschüren und vergleichbare Publikationen wurden von den einzelnen Ressorts in den Jahren 1985 bis 1987 veröffentlicht, wie viele waren davon auf Umweltpapier? Ist die Staatsregierung bereit, künftig für alle ihre Publikationen dem Beispiel des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen zu folgen und Umweltpapier zu verwenden? Ist die Staatsregierung bereit darauf hinzuwirken, daß künftig nur noch solche Schulbücher verwendet werden, die aus altpapierhaltigen Papieren hergestellt werden? Trifft der Vorwurf des Bundesverbandes Papierrohstoffe e.v. zu, daß überholte Qualitätsvorschriften von Bundeswehr, Bundesbahn und Bundespost" Verwertungshemmnisse für Altpapier in der Verpakkungsindustrie darstellen? 8. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, Schlacke aus Müllverbrennungsanlagen als Sekundärbaustoff einzusetzen? Wie hat sich dieser Markt entwickelt, welche Hemmnisse gibt es? III. Wege der Abfallbeseitigung 1. Wie ist der gegenwärtige Stand der Beseitigung des Restmülls durch Müllverbrennungsanlagen? Wo befinden sich derzeit Anlagen, für welche Einzugsbereiche und mit welchen Durchsatzkapazitäten werden sie betrieben? Wie ist der Stand der Rauchgasbehandlung an diesen Anlagen, entsprechen sie den Anforderungen der TA-Luft, wenn nein, welche Nachrüstungsmaßnahmen sind geplant, wann ist mit deren Fertigstellung zu rechnen? Welcher Finanzbedarf ist für diese noch ausstehenden Maßnahmen erforderlich, mit welchen Zuschüssen bzw. sonstigen Finanzierungshilfen durch den Freistaat Bayern können die Betreiber rechnen? ' 2. An welchen konkreten Standorten sollen die im Entwurf des Abfallbeseitigungsplanes vorgesehenen Müllverbrennungsanlagen errichtet werden? Welche Kapazitäten sollen diese Anlagen haben und welche Einzugsbereiche sollen sie entsorgen? Wie soll im jeweiligen Einzelfall die Nutzung der Energie erfolgen? In welchem zeitlichen Rahmen sollen die geplanten Müllverbrennungsanlagen nach Auffassung der Staatsregierung realisiert werden, welchen Finanzbedarf werden sie voraussichtlich erfordern und wie stellt sich die Staatsregierung die Finanzierung vor? Teilt die Staatsregierung die Auffassung des Landkreisverbandes, daß in den nächsten 4 Jahren Investitionen in Höhe von 2 Mrd. DM anfallen werden, mit einem jährlichen Anteil der staatlichen Fördermittel in Höhe von 250 Mio. DM? Sieht die Staatsregierung nicht die Gefahr, daß bei einem allzu großzügigen Ausbau von Müllverbrennungsanlagen die an sich erwünschten Strategien zur Vermeidung und Verwertung von Müll konterkariert werden? 3. Welche Alternativen zu Müllverbrennungsanlagen sieht die Staatsregierung? Wie beurteilt sie die Pyrolyse, wie die neuerdings ins Gespräch gebrachte kombinierte Pyrolyse-Verbrennungsanlage? Wie beurteilt die Staatsregierung Kompostierungsanlagen, wie z.b. die nach dem Brikolare-Verfahren arbeitenden Anlagen des Landkreises Konstanz in Singen? Wie beurteilt die Staatsregierung die Verfahren der Niedertemperatur-Konvertierung? Wie beurteilt die Staatsregierung die Vorschläge, Rohmüll zu deponieren, ggfs. in sog. Hochsicherheitsdeponien? 4. Wie werden Reststoffe aus Müllverbrennungsanlagen - Schlacken, Flugasche, Filterstäube - verwertet bzw. entsorgt? Welche Deponiekapazitäten werden für diese Reststoffe benötigt, wo stehen in den jeweiligen Regionen solche Deponien zur Verfügung, wo müssen neue erschlossen werden? Ist die Staatsregierung bereit und in der Lage, den entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften in ihrem Bereich geeignete Deponiestandorte vorzuschlagen, die den Erfordernissen zum Schutz der Gewässer, der Böden und der Luft gerecht werden? IV. Entsorgung der Klärschlämme 1. Welche Zielsetzungen verfolgt die Staatsregierung für die Beseitigung der Klärschlämme? 2. Welche Probleme werfen in diesem Zusammenhang Belastungen mit organischen und anorganischen Schadstoffen auf? Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung diese Belastungen zu reduzieren? 3. Wie beurteilt die Staatsregierung Verfahren zur gemeinsamen Kompostierung von Klärschlamm und Hausmüll, wie Biogasverfahren und Niedertemperaturkonvertierung von Klärschlamm? V. Beratungsdienste zur Abfallvermeldung und -verwertung 1. Welche Beratungsmöglichkeiten zur Abfallvermeidung und -verwertung stehen in Bayern derzeit Industrie, Handel und Verbrauchern zur Verfügung? 2. Hält die Staatsregierung dieses Angebot für ausreichend oder sieht sie Verbesserungsmöglichkeiten? Welche Zielsetzungen verfolgt die Staatsregierung in diesem Bereich?

112 6 Beantwortung der Interpellationen durch den Bayerischen Staatsminister für Landesentwicklung und Umweltfragen Alfred Dick am 27. April 1988 Hinweis: Frage Gliederungspunkt Nachfolgend werden die beiden Interpellationen ge- lll.a)8 4.1 meinsam beantwortet. Um das Auffinden der Ant warten zu einzelnen Fragen zu erleichtern, ist in der untenstehenden Tabelle jeweils angegeben, wo die einzelnen Fragen schwerpunk1mäßig behandelt sind CSU-lnterpellatlon: lll.a) Frage Gliederungspunkt 111.8) ) ) ) ) ) IV IV IV IV IV IV IV IV V V V V V Vl Vl Vl lll.a) Vl Vl Vl Vl lll.a) lll.a) Vll lll.a) Vll lll.a) lll.a) Vll lll.a)

113 7 SPD-Interpellation: lnhaltsverzelchnls Frage Gliederungspunkt 1. Die integrierte Abfallentsorgung Bedeutung der Abfallwirtschaft im Rahmen der Umweltpolitik Konzept der integrierten Abfall entsorgung Aufbau des Konzepts Umsetzung des integrierten Entsor gungskonzeptes im Entsorgungsplan Überblick über die derzeitige Situation der Abfallentsorgung Hausmüll Sondermüll Krankenhausspezifische Abfälle Altreifen Altöl Bauschutt Vermeidung von Abfällen und Verringerung des Schadstoffgehaltes Bedeutung Beitrag des Bürgers Beitrag von Industrie und Wirtschaft Vermeidung in der Produktion Vermeidung bei Produkten Verringerung des Schadstoffgehaltes in Abfällen Beitrag von Wissenschaft und Forschung Beitrag der öffentlichen Hand (Bund, Länder, Kommunen, EG) Möglichkeiten und Grenzen Maßnahmen zur Vermeidung oder 8.2 Verringerung der Abfallmengen Maßnahmen zur Vermeidung oder Ver ringerung schädlicher Stoffe in Abfällen Vorbildfunktion der öffentlichen Hand Normgebung/Planung Stand der Rechtsverordnungen Auswirkungen des EG-Rechts auf die Abfallvermeidung Stoffliche Verwertung IV Bedeutung IV Möglichkeiten und Grenzen IV Grundsätzliches zu den verwertbaren Anteilen Verwertungspotential V V Modellversuche - vorläufige Ergeb nisse und Bewertung Modellversuche Vorläufige Ergebnisse Bewertung 3.4 Maßnahmen Erhöhung des Altpapiereinsatzes in der Papierproduktion

114 Altpapierverwertung außerhalb der Sondermülldeponien Papierindustrie Altglas 7. Klärschlamm Altmetalle 7.1 Stand der Klärschlammentsorgung Altkunststoffe in Bayern Bauschutt Allgemeines Altreifen Aufkommen und Entsorgungskosten Substitutionsforschung und Marktunterstützung 7.2 Verwertung Information und Beratung landwirtschaftliche Verwertung Abfallbörsen Thermische Behandlung 3.5 Vorbildfunktion der öffentlichen Hand Sonstige Verwertung Vel'V{endung von Recyclingpapier 7.3 Ablagerung auf Hausmüll- und Abbau von Verwertungshemmnissen Monodeponien 4. Kompostierung 7.4 Entsorgungskonzept 4.1 Bedeutung 8. Finanzierung 4.2 Methoden - Möglichkeiten und Grenzen 8.1 Bisherige Förderung und ihre Grundlage Müll-/Müll-Klärschlamm-/Naßmüll-/ Kompostierung 8.2 Abfallwirtschaftliche Investitionen bis Biomüllkompostierung Grünabfallkompostierung laufende Projekte AbfallVergärung Thermische Verwertungsanlagen und 4.3 Organisationsformen Nachrüstungen Projekte zur stofflichen/biologischen 4.4 Kornpostabsatz und Kosten Verwertung und Deponien Sondermüll 5. Thermische Verwertung Klärschlamm 5.1 Bedeutung Zusammenfassung Mineralisierung 8.3 Notwendigkeit der staatlichen Stand und Planung Förderung Auswirkungen der stofflichen Verwertung auf die thermische Verwertung 8.4 Förderung der gewerblichen Wirtschaft Energienutzung 8.5 Beteiligung der gewerblichen Wirtschaft 5.2 Umweltrelevanz Emissionen und Nachrüstmaßnahmen 9. Entsorgungsengpässe Dioxine und Furane 9:1 Entsorgungskapazitäten 5.3 Alternative thermische Verwertungs- 9.2 Pflicht zur Entsorgung verfahren Pyrolyse (System B) im Vergleich mit 10. Vordringliche Maßnahmen Verbrennung System PKA 10.1 Vermeidung/Verwertung Schwelbrennverfahren 10.2 Sicherung der Entsorgung Wirbelschicht-Verbrennung ' 10.3 Gesetzgebung 5.4 Verwertung der Rückstände Aufkommen 10.4 Erarbeitung der TA Abfall Schrottverwertung Schlackeverwertung 11. Vorbild Natur 5.5 Kosten 6. Ordnungsgemäße Inhaltsverzeichnis der Anlagen 1-25 Ablagerung Nr. 6.1 Bedeutung 1 Beispiel eines integrierten Entsorgungs- 6.2 systems (Zweckverband Abfallbeseitigung Deponietechnik und Umweltrelevanz Nordwest-Oberfranken) Hausmülldeponie Abfallentsorgungsplan Reststoffdeponie Sondermülldeponie 3 Kommunale Zweckverbände und Zusammenschlüsse zur Abfallentsorgung 6.3 Deponiekapazitäten 4 Öffentliche Abfallbeseitigung in Bayern Hausmülldeponien Reststoffdeponien 5 Anlagen zur Sondermüllentsorgung

115 9 6 Sondermüllentsorgung durch GSB und ZVSMM 7 Erster Maßnahmenkatalog 8 Bundesweite Hausmüllanalyse 9 Systeme zur getrennten Erfassung von Wertstoffen aus Hausmüll 10 Einrichtungen zur Wertstofferfassung oder -aufbereitung 11 Einrichtungen zur Kompostierung 12 Schwermetallgehalte von Komposten 13 Aufbringungsmenge von Kompost 14 Entwicklung des Kornpostabsatzes 15 Schwermetallgrenzwert für Komposte 16 Nachrüstmaßnahmen an thermischen Verwertungsanlagen 17 Thermische Verwertungsanlagen und Deponien mit Einzugsgebieten 18 Emissionen thermischer Verwertungsanlagen 19 Restvolumina und Restlaufzeiten von Hausmüll- und Reststoffdeponien 20 Klärschlammentsorgung 21 Anlagen zur gemeinsamen thermischen Verwertung von Hausmüll und Klärschlämmen 22 Förderung abfallwirtschaftlicher Maßnahmen 23 Förderprogramme der gewerblichen Wirtschaft 24 Mögliche Entsorgungsengpässe 25 Vertrag betreffend die Übernahme des Hausunrats der Stadt München (Fassung vom ) 1. Die integrierte Abfallentsorgung 1.1 Bedeutung der Abfallwirtschaft im Rahmen der Umweltpolitik Die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat den westlichen Industriestaaten eine enorme Steigerung des Wohlstands gebracht, verbunden mit einer fortschreitenden Humanisierung des Arbeitslebens. Immer deutlicher aber erweist sich, welch beängstigende Kehrseite dieser Fortschritt hat. Noch nie in der Geschichte der Menschheit wurde in so kurzer Zeit soviel wertvoller Rohstoff in soviel wertlosen Abfall verwandelt. Der wachsende Abfallberg ist zu einem zentralen Problem der Industriegesellschaft geworden, denn die Kapazität der Natur, Rohstoffe zu liefern und Abfallströme aufzunehmen, ist gleichermaßen begrenzt. Für die Umweltpolitik wird der Abfall zu einem Schlüsselproblem, da von ihm Belastungen für praktisch alle Umweltmedien ausgehen können. Diese vie~ältigen Belastungen drohen auf Dauer die segensreichen Leistungen der industriellen Entwicklung zu gefährden. Die Industriegesellschaft hat langfristig nur Zukunft, wenn es ihr gelingt, das vermeintliche Junktim zwischen Wohlstand und Umweltbelastung zu durchtrennen und Formen von Produktion und Konsum zu erreichen, die nicht mit wachsenden Abfallbergen erkauft werden. Eine derartige Entkopplung ist möglich, wie etwa die Erfolge bei der Reinhaltung von Luft und Wasser zeigen. Im Bereich Abfall ist sie erst ansatzweise vollzogen. Hier stehen noch große Herausforderungen an. Dabei stellt sich die Situation in Bayern noch vergleichsweise günstig dar. Frühzeitig und mit großem Aufwand wurde hier beispielsweise die Hausmüllentsorgung saniert und eine flächendeckende Erfassung und Entsorgung des Sondermülls geschaffen. Im bundesweiten Vergleich hebt sich Bayern insgesamt positiv heraus; in verschiedenen Regionen allerdings bestehen noch erhebliche Probleme und Engpässe. Erst in jüngster Zeit haben verschiedene Kommunen eindringlich darauf verwiesen, daß sie an der Grenze ihrer Kapazität stünden. Dabei wurde sogar die Möglichkeit eines Abfallexports in die Diskussion gebracht; die Bayerische Staatsregierung würde dies allerdings strikt ablehnen, und sie ist dankbar, daß die bayerische SPD sie erst kürzlich in dieser Haltung unterstützt hat. Auch in Bayern ergeben sich einige regionale Engpaßprobleme, die vordringlich gelöst werden müssen. Darüber hinaus steht die bayerische Abfallpolitik vor einer Reihe von grundlegenden und langfristigen Entscheidungen: Der Teilplan Hausmüll isi fortzuschreiben, weitreichende finanzielle Festlegungen sind zu treffen, das Bayerische Abfallrecht ist zu novellieren und die Modelluntersuchungen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen sind auszuwerten. Rahmen dieser Entscheidungen ist das Abfallgesetz des Bundes von Es stellt die Weichen für die notwendige Neuorientierung der Abfallpolitik weg von der Abfallbeseitigung hin zu einer ganzheitlichen Abfallwirtschaft, in der Vermeidung und Verwertung von Abfällen Vorrang vor ihrer Beseitigung haben müssen. Auf dieser Grundlage hat die Bayerische Staatsregierung das Konzept einer integrierten Entsorgung entwickelt, das im Hausmüllplan umgesetzt werden soll. 1.2 Konzept der integrierten Abfallentsorgung Aufbau des Konzeptes Das Konzept geht von der Forderung aus, daß die Abfallentsorgung - die unumgängliche Belastung der Umwelt so gering wie möglich halten und - die Rückführung der in den Abfällen enthaltenen Rohstoffe und Energie in den Wirtschaftsprozeß optimieren muß. Daraus ergeben sich klare Prioritäten für die Abfallwirtschaft: - Abfälle möglichst vermeiden,.:. Abfälle, soweit sinnvoll, getrennt erfassen und stofflich verwerten, - aus dem übrigen Abfall - er ist mengenmäßig der größte Teil - durch thermische Verwertung Energie gewinnen, - nicht oder nicht mehr weiter verwertbare Abfälle

116 10 sowie Reststoffe ohne Schaden für Mensch und Natur ablagern. Dahinter stehen folgende Überlegungen: - Vermeidung : Abfälle, die nicht entstehen, können die Umwelt auch nicht belasten und keine Entsorgungsprobleme hervorrufen. Abfallvermeidung ist in allen Bereichen von Produktion und Konsum anzustreben. Ihre Bedeutung für die Umwelt- und Ressourcenschonung kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Allerdings ist bei der Anwendung offensiver Vermeidungsstrategien im Einzelfall eine Gesamtbilanzierung der Umweltauswirkungen vorzunehmen. - Stoff 1 ich e Verwertung : Abfälle, die unmittelbar oder nach Aufbereitung wieder dem Wirtschaftskreislauf zugeführt werden, brauchen nicht entsorgt zu werden. Gleichzeitig dienen sie der Einsparung von Primärrohstoffen. Da die stoffliche Verwertung naturgemäß nur unter ökonomisch vernünftigen Bedingungen sinnvoll ist, erschließt sich ihr nur ein Teil der Abfälle. Erfassung und Aufbereitung der Abfälle sind ohne jegliche Umweltbelastungen nicht möglich; daher steht die stoffliche Verwertung nach der Vermeidung an zweiter Stelle. - Th e rm i sc h e Ve rwe rt u n g: Bei der thermischen Verwertung wird die in den Abfällen enthaltene Energie zur Erzeugung von Strom, Dampf oder Fertiwirme genutzt. Die Abfälle werden hierbei weitgehend mineralisiert und dadurch in eine Form übergeführt, die dem Boden in der Zusammensetzung ähnlich ist. Außerdem erfolgt eine erhebliche Volumenreduzierung, die zur Einsparung von wertvollem Deponieraum unerläßlich ist. Die thermische Verwertung ergänzt die stoffliche Verwertung. Sie konkurriert nicht mit ihr, da der Anwendungsbereich der stofflichen Verwertung im wesentlichen durch technische und wirtschaftliche Gegebenheiten begrenzt wird. Als wichtiger Teil des integrierten Entsorgungssystems trägt sie wesentlich zur Minimierung der Umweltbelastung im Rahmen der Abfallentsorgung bei. - D e p o n i e : Die Deponie ist das letzte Glied im integrierten Entsorgungskonzept. Durch Vermeidung sowie stoffliche und thermische Verwertung sind die zu deponierenden Abfälle in der Menge reduziert und in ihrer Zusammensetzung so verändert, daß möglichst wenig Deponiekapazitäten erforderlich werden. Im Kern lauten die Ziele des integrierten Entsorgungskonzeptes somit: - Vermeiden soweit wie möglich - stofflich verwerten so viel wie möglich - thermisch verwerten so viel wie nötig - deponieren so wenig wie möglich. Das integrierte Entsorgungskonzept gibt sotnit nicht ein einheitliches Entsorgungssystem vor, sondern ist offen und flexibel. Seine Ziele sollen durch sinnvolle Kombinationen verschiedener, möglichst breit gefächerter Maßnahmen - jeweils abgestimmt auf die örtlichen Verhältnisse - erreicht werden. Das integrierte Entsorgungskonzept umschreibt Zielvorstellungen. Mehrere Städte und Landkreise kommen mit ihren Lösungen den Zielvorstellungen bereits sehr nahe. In vielen Teilen Bayerns ist der Aufbau oder die Komplettierung eines derartigen Konzeptes von den zuständigen Kommunen beschlossen ( A n 1 a g e 1 ) Umsetzung des integrierten Entsorgungskonzeptes im Entsorgungsplan Für den Vollzug des Entsorgungsplans ist ein Zeitraum von etwa 10 Jahren vorgesehen. Voraussetzung hierfür ist, daß - die notwendigen Entscheidungen der Entsorgungspflichtigen zügig gefällt und - die abfallrechtlichen Verfahren rechtzeitig abgeschlossen werden. Ferner, daß - staatliche Fördermittel in angemessenem Umfang auch künftig bereitgestellt werden können. Der Abfallentsorgungsplan begründet zwar unmittelbar keine Handlungspflicht der Kommunen zur Verwirklichung seiner Ziele. Die Kommunen haben jedoch bei der Durchführung von Maßnahmen in Erfüllung ihrer Pflichtaufgabe der Abfallentsorgung die im Plan enthaltenen Ziele gern. 5 Abs. 4 i. V. m. 4 Abs. 5 des Raumordnungsgesetzes zu beachten. Das bedeutet, daß nur solche Abfallentsorgungsvorhaben zulässig sind, die mit den Zielen des Plans im Einklang stehen. Im Hausmüllplan wird unterschieden zwischen den - allgemeinen Zielen und - regionalen Zielen. Von besonderer Bedeutung für die Umsetzung des integrierten Entsorgungskonzeptes sind die folgenden im Hausmüllplan einzeln aufgeführten allgemeinen Ziele: Leitziel Nach Maßgabe des Abfallgesetzes sind Abfälle zu vermeiden und unvermeidbare Abfälle ordnungsgemäß zu verwerten. Unverwertbare Abfälle und Rückstände aus der Verwertung sind ordnungsgemäß abzulagern. Mit diesem Leitziel wird der Rahmen einer modernen Abfallwirtschaft abgesteckt. Es werden für die Entsorgungspflichtigen die gebotenen Zielvorgaben gegeben, die unabhängig von den regionalisierten Zielen grundsätzlich gelten, Verwertung von Abfällen Maßnahmen zur stofflichen Verwertung und die in den regionalisierten Zielen des Plans genannten Maßnahmen zur thermischen Verwertung sollen sich gegenseitig ergänzen. Mit diesem allgemeinen Ziel wird zum einen dem Umstand Rechnung getragen, daß stoffliche und thermische Verwertung gleichrangrg sind; zum anderen wird aber auch verdeutlicht, daß beide Verfahren ge-

117 zielt anzuwenden sind. Die stoffliche Verwertung spart Rohstoffe, Energie und Deponieraum, die thermische Verwertung nutzt vorhandene Energie, gewährleistet Entsorgungssicherheit und spart Deponieraum in großem Umfang, Entsorgung Zur Vermeidung oder Verringerung schädlicher Stoffe in Abfällen sollen Problemüllsammlungen durchgeführt werden. Vor der Ablagerung sollen Abfälle nach Möglichkeit weitgehend mineralisiert werden. Die Sammlung von Problemmüll trägt wesentlich zur Entgiftung des Hausmülls bei und erleichtert seine Verwertung und seine Ablagerung auf der Deponie. Durch die Ausformulierung im Rahmen der Allgemein-Ziele des Hausmüllplans soll sichergestellt werden, daß diesem Anliegen von allen Entsorgungspflichtigen Rechnung getragen wird. Integrierte Entsorgungssysteme Es sind sinnvolle Kombinationen verschiedener Ver- fahren zur weitestmöglichen und umweltfreundlichen Verwertung von Abfällen - jeweils abgestimmt auf die örtlichen Verhältnisse - anzustreben. Für die Entsorgung von Rückständen aus der Verwertung und zur Überbrückung von Ausfallzeiten bei Verwertungsanlagen sind Deponien vorzuhalten. Zur Mineralisierung der Abfälle sind thermische Verwertungsanlagen zu errichten, für die der Plan - das Einzugsgebiet und - den Standort vorsieht, sofern zumindest ein Raumordnungsverfahren für die geplante Anlage positiv abgeschlossen worden ist oder es sich um eine bestehende Anlage handelt. Die Vorgabe eines Einzugsgebietes ist wichtig, da thermische Anlagen in der Regel mehrere entsorgungspflichtige Gebietskörperschaften entsorgen und so die Bildung von Zweckverbänden erleichtert wird ( A n 1 a g e 2 ). Aus der Anlage des Einzugsgebietes und den allgemeinen abfallwirtschaftlichen Daten kann die erforderliche Durchsatzleistung der Anlage abgeschätzt werden. Bezüglich der Festlegung des Standortes wird bemerkt, daß erst der positive Abschluß eines Raumordnungsverfahrens in der Regel die nötige Planungssicherheit gibt. Weitere Festlegungen, wie z.b. die zu wählende Technik oder die Art der Energienutzung, werden vernünftigerweise erst bei der Detailplanung der Anlage getroffen, da dann die Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Errichtung der Anlage mitberücksichtigt werden kann. Die vorgenannten allgemeinen Ziele des Hausmüllplanes fordern von den Entsorgungspflichtigen verbindlich - Maßnahmen zur Verwertung (stofflich und thermisch), - die Durchführung von Problemmüllsammlungen und - die Errichtung von Deponien. Diese Forderungen gelten damit generell für das Staatsgebiet und brauchen bei den regionalisierten Zielen nicht wiederholt zu werden. Die für Errichtung und Betrieb von thermischen Verwertungsanlagen zuständigen Zweckverbände ( A n - 1 a g e 3 ) müssen nicht notwendigerweise auch die stoffliche Verwertung von Abfällen betreiben, weil dezentrale oder kleinräumigere Lösungen unter der Trägerschaft von Landkreisen oder auch Gemeinden durchaus von Vorteil sein können. Auf die Festlegung von Art, Einzugsgebiet und Standort für Anlagen zur stofflichen Verwertung im Plan wurde verzichtet, da in diesem Fall die Vielfalt des örtlichen Engagements und der Kreativität, die heute überall sichtbar werden, verlorengehen würden. Auch eignen sich Verwertungsmaßnahmen, die zum großen Teil noch Modellcharakter haben, kaum dazu, verbindlich vorgeschrieben zu werden. Auch konkrete Standortangaben für die vom Plan geforderten Deponien würden in vielen Fällen wegen der oft nur kurzen Betriebszeiten der Deponien bis zu ihrer Verfüllung und der dadurch bedingten häufigen Anpassungspflichten des Plans die Entsorgung eher hemmen als fördern. 1.3 Überblick über die derzeitige Situation der Abfallentsorgung Hausmüll Das Aufkommen an Hausmüll, hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen und Sperrmüll beträgt derzeit in Bayern pro Jahr rd. 4 Mio t. Diese Menge entspricht rd. 350 kg pro Einwohner und Jahr betru_g das entsprechende Abfallaufkommen noch rd. 2,9 Mio t, entsprechend rd. 260 kg po Einwohner und Jahr. Die deutliche Zunahme des Abfallaufkommens seit 1972 hat sich in den letzten Jahren allerdings abgebaut. Eine Übersicht über die regionale Verteilung des Abfallaufkommens enthält A n 1 a g e 4. Wegen der immer stärker greifenden Maßnahmen zur Vermeidung und Verwertung werden für die kommenden Jahre geringere Zuwachsraten im Gesamtaufkommen erwartet. In einzelnen Bereichen wie z.b. bei den Gewerbeabfällen muß jedoch mit einem stärkeren Ansteigen des Abfallaufkommens gerechnet werden. Wesentlich schwerwiegender als die gewichtsmäßige Zunahme des Abfallaufkommens ist der Anstieg des Volumens, der in den vergangenen 1 '/, Jahrzehnten fast zu einer Verdoppelung des Gesamtaufkommens führe (1972: rd. 16 Mio m', 1987: rd. 28 Mio m 3 ). Die Ursachen hierfür liegen in der Veränderung der Hausmüllzusammensetzung, die vor allem durch die Zunahme leichter, aber voluminöser Haushaltsabfälle - überwiegend Verpackungsabfälle - gekennzeichnet ist. Rd. 100/c des Abfallaufkommens konnten im vergangenen Jahr stofflich verwertet werden (Altglas, Altpapier, kompostierbare Abfälle). Ca. 500/o des Abfallaufkommens wurden über die 15 in Betrieb befindlichen thermischen Verwertungsanlagen entsorgt. Die rest- 11

118 12 liehen Abfälle wurden unbehandelt auf 50 Deponien abgelagert. Die Müllgebühr für den Bürger lag vor einem Jahrzehnt bei einer Tonne beinahe landesweit noch unter 100 DM pro Jahr. Bei Deponien mit neuestem Einrichtungsstandard müssen heute bereits Gebühren bis zu 180 DM pro Jahr erhoben werden. Integrierte Entsorgungssysteme mit stofflicher und thermischer Verwertung einschließlich hochwirksamer Rauchgasrückhaltesysteme lassen für die Tonne künftig Gebühren bis zu 400 DM pro Jahr erwarten. In den erhöhten Gebühren kommt vor allem der verbesserte Umweltschutz zum Ausdruck Sondermüll Mit dem frühzeitigen Ausbau geeigneter Sondermüllbehandlungsanlagen hat Bayern als erstes Bundesland eine flächendeckende Erfassung und Entsorgung dieser Abfallart ermöglicht ( A,n 1 a g e 5). Die Gesellschaft zur Beseitigung von Sondermüll in Bayern mbh (GSB) und der Zweckverband Sondermüllplätze Mittelfranken (ZVSMM) verfügen heute über - 10 Sondermüllsammelstellen - 3 Behandlungsanlagen in Schweinfurt, Schwabach und Ebenhausen (Verbrennung, chemisch-physikalische Behandlung) - 3 zentrale Deponien in Raindorf, Schwabach und Gallenbach 1 Wiederverwertungsanlage für verunreinigte Lösungsmittel in Geretsried. In diesen Anlagen werden jährlich t Sonderabfälle entsorgt (ca. 470/o deponiert, ca. 200/o thermisch behandelt und ca. 330/o chemisch-physikalisch behandelt; An 1 a g e 6 ). Weitere rd t Sondermüll werden jährlich in industrieeigenen Deponien und Verbrennungsanlagen entsorgt. Die Entsorgungsgebühren betragen zwischen 80 und mehr als 1500 DM pro Tonne Sondermüll. Sie liegen damit niedrig im Vergleich zu anderen Bundesländern, die zum Teil erst jetzt entsprechende Anlagen in Betrieb nehmen. Verschärfte Anforderungen an die Entsorgungsanlagen, insbesondere durch die TA Luft und die in Arbeit befindliche TA Abfall, lassen jedoch eine weitere Erhöhung der Entsorgungsgebühren erwarten Krankenhausspezifische Abfälle Die in besonderen Anlagen zu entsorgenden krankenhausspezifischen Abfälle haben in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen. Ursache hierfür ist vor allem eine verbesserte Abtrennung von den hausmüllähnlichen Abfällen innerhalb der Klinikbereiche. Während noch vor einem Jahrzehnt mit einem spezifischen Abfallaufkommen von 0,4 kg/bett und Tag gerechnet wurde, beträgt diese Menge heute weniger als 0, 1 kg/bett und Tag. Der überwiegeode Teil der in Bayern anfallenden krankenhausspezifischen Abfälle wird in ca. 50 hierfür eigens vorgehaltenen Verbrennungsanlagen entsorgt. Die Autoklavierung sowie andere Verfahren zur Desinfizierung bzw. Sterilisierung dieser Abfälle spielen noch eine untergeordnete Rolle. Die in der neuen TA Luft geforderte Nachrüstung der Rauchgasreinigungsein~ichtungen wird aus technischen und finanziellen Gründen zur Stillegung vieler der in Betrieb befindlichen Verbrennungsanlagen führen. Zur Aufrechterhaltung der Entsorgungssicherheit wird es notwendig sein, verschiedene zentrale Klinikmüll-Verbrennungsanlagen an Hausmüllverbrennungsanlagen anzubinden, um deren hochwertige Rauchgasreinigungssysteme mitbenutzen zu können. Daneben wird die Autoklavierung des Klinikabfalls künftig eine größere Bedeutung erhalten, um den so vorbehandelten Klinikabfall gemeinsam mit Hausmüll entsorgen zu können. Die Behandlungsgebühren bei zentralen Entsorgungsanlagen für krankenhausspezifische Abfälle liegen derzeit bei 1000 bis 1500 DM/t Altreifen Das Altreifenaufkommen in Bayern beträgt jährlich ca t. Die Zementindustrie, die in den zurückliegenden Jahren nahezu alle anfallenden Altreifen verwertete, konnte 1987 diese Entsorgungsfunktion zeitweise wegen Absatzschwierigkeiten auf dem Zementmarkt nicht mehr in vollem Umfang wahrnehmen. Nach diesem vorübergehenden Engpaß und nach Umbaumaßnahmen werden die bayerischen Zementwerke wieder in der Lage sein, alle anfallenden Altreifen thermisch zu verwerten. Ausgeschlossen hiervon sind die Mengen, die in die stoffliche Verwertung (Runderneuerung oder Herstellung neuer Produkte) oder den Export gehen. Auf das Antwortschreiben des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom in Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage betreffend Beseitigung von Altreifen wird hingewiesen (Landtags Nr. A /87, MS-Nr ) Altöl In Bayern fallen jährlich rd t Altöl an. Hiervon kommen 730/o aus dem Ölwechsel von Kraftfahrzeugen, die übrigen 270/o verteilen sich zu etwa gleichen Teilen auf Altöl-Wassergemische und Altöl Schlämme. Zur kostengünstigen Entsorgung sind Altöle getrennt zu sammeln und je nach Schadstoffgehalt _der Aufarbeitung (Zweitraffination), der thermischen Verwertung oder der Sondermüllentsorgung zuzuführen. Ein Teil der in Bayern anfallenden Altöle wird in außerbayerischen Zweitraffinerien stofflich verwertet, ein weiterer Teil wird derzeit in der Zementindustrie als Ersatz für schweres Heizöl oder einen an deren Energieträger thermisch genutzt. Nur eine geringe, jedoch stark schadstoffhaltige Menge Altöl (ca Jahrestonnen) muß durch die bayerischen Anlagen zur Sondermüllbehandlung entsorgt werden. Der früher bedeutende Entsorgungspfad über innerbetriebliche Feuerungsanlagen spielt heute aus Gründen des Im-

119 13 missionsschutzes keine Rolle mehr. Die Entsorgungsgebühren für Altöl betragen derzeit bei der stofflichen und thermischen Weiterverwendung ca. 100 DM/ Tonne, bei der thermischen Behandlung in Sondermüllverbrennungsanlagen 350 bis 400 DM/Tonne Bauschutt In Bayern fallen jährlich rd. 5 Mio t Bauschutt an. Der Großteil davon wird auf über 1000 Bauschuttdeponien abgelagert, ein geringer Anteil wird als Abdeckmaterial für Hausmülldeponien verwendet. Die stoffliche Verwertung 'von Bauschutt, Straßenaufbruch und ähnlichen lnertmaterialien steht noch am Anfang. Zur Förderung dieser Entwicklung soll eine Studie über die Beseitigung und Verwertung von Bauschutt in Bayern" dienen, die vor kurzem in die Wege geleitet worden ist. 2. Vermeidung von Abfällen und Verringerung des Schadstoffgehaltes 2.1 B e d e u t u n g Abfallwirtschaft setzt bisher allzuoft erst am Ende der Produktions- oder Konsumkette an. Sie muß daher mit Problemen fertig werden, die in erster Linie durch umwelttechnisch unbefriedigende Produktions-, Distributions- und Komsumbedingungen verursacht worden sind. Da in der Abfallwirtschaft Umweltprobleme der modernen Industriegesellschaft besonders deutlich werden, liegt die Versuchung naturgemäß nahe, Probleme der Produktion, Verteilung und des Konsumverhaltens allein an dieser Stelle lösen zu wollen. Ein solcher Versuch ist prinzipiell zum Scheitern verurteilt, weil er das Problem von der falschen Seite aufgreift. Die gesellschaftspolitische Aufgabe, schrittweise eine auch an ökologischen Gesichtspunkten geprägte Wirtschaftsordnung durchzusetzen, ist nur durch abgestimmte Maßnahmen in allen Regelungsbereichen zu bewältigen. Dies beginnt bereits bei der Zulassung oder Genehmigung von Produktionsverfahren bzw. von Produkten. Vor diesem Hintergrund kommt es darauf an, die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen für eine unter Umweltschutzgesicht11punkten zu optimierende Abfallentsorgung vorzugeben. Solche Rahmenbedingungen hat die Bundesregierung mit dem neuen Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen vom (BGBI. 1 S. 1410) geschaffen. Ein Schwerpunkt des neuen Gesetzes ist das Gebot der Abfallvermeidung und Abfallverwertung ( 1a AbfG). In der Rangfolge abfallwirtschaftlicher Vorsorgemaßnahmen nimmt dabei die Abfallvermeidung den ersten Platz ein. Das Vermeidungsgebot enthält allerdings, von rechtspolitischen Aussagen abgesehen, keine eigene rechtliche Wirkung, sondern verweist auf Vermeidungspflichten im Rahmen der Ermächtigungsvorschrift des 14 AbfG (produktbezogene Regelungen des Abfallrechts) oder des 5 BlmSchG (anlagenbezogene Regelungen des Immissionsschutzrechts), die unabhängig von 1 a AbfG gelten. Hiernach können Maßnahmen der Vermeidung von Abfällen z. B. sein - Verzicht auf als Abfall anfallende Produkte oder Zutaten (z.b. auch Verpackungen), - bessere Ausnutzung der eingesetzten Rohstoffe oder Vorprodukte, - Verlängerung der Haltbarkeit oder Reparaturfreundlichkeit von Produkten oder Produktteilen. Derartige Maßnahmen tragen unmittelbar dazu bei, daß die Menge der zu entsorgenden Abfälle verringert wird, weil Abfälle erst gar nicht entstehen. Zu den Maßnahmen der Vermeidung zählt aber auch die Vermeidung oder Verringerung schädlicher Stoffe in Abfällen. So wird etwa durch den Ersatz von bleihaltigen Flaschenverschlüssen (Stanniolkapseln) oder von Quecksilber in Batterien durch andere umweltverträgliche Stoffe die Abfallmenge zwar nicht verringert, wohl aber wird durch die Vermeidung des Blei- und Quecksilbereintrags im Hausmüll die Entsorgung dieser Abfälle erleichtert. Die Potentiale in den verschiedenen Bereichen der Abfallvermeidung sind unterschiedlich groß. Während bei Siedlungsabfällen (Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle) das Potential zur Vermeidung oder Verringerung der Abfallmengen etwas mehr als 1 OO/o betragen dürfte, wird die erreichbare Verringerung bei den industriellen Abfällen auf mindestens 3~50/o geschätzt. Über das Potential zur Vermeidung oder Verringerung schädlicher Inhaltsstoffe lassen sich keine quantifizierbaren Aussagen machen, wie auch jede Quantifizierung des Potentials in allgemeiner Form problematisch ist, da Aussagen nur einzelfallbezogen vertretbar sind. Für die Durchführung von Maßnahmen zur Abfallvermeidung sind, neben den gesetzlichen Vorschriften, auch betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen maßgeblich. Bei der betriebswirtschaftlichen Abwägung können die Entsorgungskosten eine erhebliche Rolle spielen. Der Festlegung einheitlicher Entsorgungsstandards (TA Abfall) kommt daher ausschlaggebende Bedeutung zu. 2.2 B e i t r a g d e s B ü r g e r s Der einzelne Bürger hat vor allem im Verpackungsbereich die Möglichkeit, auf die Vermeidung von Abfällen hinzuwirken. Hier kann er beim Einkauf bewußt Produkte bevorzugen, die weniger aufwendig verpackt sind. Bei den Getränken kann er bislang noch auf eine große Zahl von Mehrwegbehältnissen (Pfandflaschen) zurückgreifen. Auch der Verzicht auf Klein- und Portionsverpackungen ist ein Beitrag, um die Abfallmengen zu verringern. Zudem muß nicht alles fertig abgepackt gekauft werden. Vielfach besteht die Möglichkeit, lose Ware zu kaufen, z.b. Milch aus Zapfautomaten. Hierdurch können in erheblichem Umfang Verpackungsmaterialien eingespart werden. Untersuchungen haben gezeigt, daß durch abfallbewußtes Einkaufen und Handeln zwischen 9 und 14 Gew.-0/o des Hausmülls vermieden werden kann; sie haben aber auch gezeigt, daß deutliche Grenzen da-

120 14 durch gesetzt sind, daß viele Produkte nur in bestimmten Verpackungsformen angeboten werden. Ein wichtiger Beitrag zur Verringerung der Abfallmengen kann auch durch die Verwendung von Einkaufstaschen oder -netzen unter Verzicht auf die meist nur einmal verwendeten Kunststoff- und Papiertragetaschen geleistet werden. Auch durch Bevorzugung mehrfach verwendbarer bzw. reparaturfreundlicher Produkte und langlebiger Konsumgüter kann die Abfallflut spürbar eingedämmt werden. Darüber hinaus kann der Bürger durch aktive Teilnahme an den kommunalen Problemmüllsammlungen zur Vermeidung oder Verringerung schädlicher Stoffe im Hausmüll beitragen. 2.3 Beitrag von 1 nd ust ri e und Wirt - schalt Industrie und Wirtschaft können durch entsprechende Gestaltung der Produktionsverfahren und der Verteilungssysteme wesentlich dazu beitragen, daß Abfälle gar nicht erst entstehen oder deren Menge und Schadstoffgehalt verringert werden. Bei der Abfallvermeidung ist die Industrie in doppelter Weise gefordert: Als Produzent von Waren, bei deren Herstellung Abfälle anfallen, und als Anbieter von Produkten, die nach ihrer Verwendung zu Abfall werden Vermeidung in der Produktion Um industrielle Abfälle zu vermeiden, müssen die entsprechenden Maßnahmen in erster Linie bei der Produktion ansetzen. Technische Möglichkeiten zur Vermeidung von Abfällen bei der Produktion hängen aber von der jeweiligen Branche und den in Betracht kommenden Produktionsverfahren ab. Allgemein gültige Regeln sind daher nicht möglich. Grundsätzlich müssen im Rahmen der Maßnahmen zum integrierten Umweltschutz bereits bei der Planung und Konstruktion von Gütern sowie bei der Produktions- und Verfahrensplanung Überlegungen zur Abfallvermeidung ansetzen. Verfahrensablauf und Stoffeinsatz sind dabei mit einzubeziehen. Durch Vermeidungsmaßnahmen dürfen allerdings keine Problemverlagerungen (in Wasser, Luft, Boden) und kein erhöhter Energieverbrauch bewirkt werden. Betreiber von Anlagen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, haben das in 5 Bundes-Immissionsschutzgesetz verankerte Gebot zur Reststoffvermeidung und -verwertung zu beachten. Es verlangt vom Betreiber die Prüfung und Darlegung der Möglichkeiten zur Abfallvermeidung durch Einsatz reststoffarmer Verfahren oder durch Reststoffverwertung. Bei der Abfallvermeidung in der Produktion hat die Industrie aus eigenem Antrieb (steigende Rohstoffund Produktionskosten sowie höhere Abfallentsorgungskosten) bereits Fortschritte erzielt. Zwischen 1977 und 1982 wuchs die Abfallmenge der Industrie insbesondere durch den z11nehmenden Einsatz abfallarmer Produktionsverfahren nur um 1,50/o, während die Produktion real um mehr als stieg. Folgendes Beispiel zeigt, wie mittels fortschrittlicher Verfahrenstechnik eine weitgehende Abfallvermeidung und Verbesserung der Umweltqualität erreicht werden konnte: - Bislang wurden Salzbäder (bestehend aus Cyanidhaltigen Salzschmelzen) zum Aufkohlen und Nitrieren von Stahlteilen eingesetzt; damit verbunden waren der Anfall von cyanidischen Altsalzen, die entsorgt werden mußten sowie eine entsprechende Abwasserbelastung bei der nachfolgenden Teilereinigung. Heute können diese Prozesse in der Gasphase in Durchlaufanlagen durchgeführt werden, wobei die Cyanide durch gasförmige Kohlenstoffträger (z.b. Propan) bzw. Stickstoffträger (z.b. Ammoniak) ersetzt werden. Damit entfällt die Entsorgung von Altsalzen sowie eine aufwendige Abwasseraufbereitung. Weitere Beispiele für die Anstrengungen der Industrie zur innerbetrieblichen Abfallvermeidung sind: - Umstellung von herkömmlichen Lackierverfahren auf die Pulverbeschichtung: unter der Voraussetzung, daß bereits in der Konstruktion auf die Wärmebeständigkeit der Werkstücke abgestellt wird, lassen sich so neben Lackschlämmen auch erhebliche Abwassermengen sowie Abluftprobleme vermeiden. - Reststoffarme galvanische Metallbeschichtung durch Anlagen - z.b. zum Verchromen -: die 99,50/o des eingesetzten Chroms auf das Werkstück aufbringen. - Gratloses Pressen in den Schmieden durch entsprechende Werkstoffauswahl vermeidet Abfälle aus der Entgratung der Werkstücke. - Rückstandsverringerung durch Integration chemischer Prozeßabläufe: der Rückstand der einen Stute wird zum Einsatzstoff der nächsten Stufe. Auf diese Weise kann speziell der Anfall von Säuren, Laugen, Schlämmen, unter anderem durch Wiederaufbereitung von Dünnsäuren, verringert werden. - Einsatz rückstandsarmer Produktionsprozesse, wie des Chloridprozesses anstelle des Sulfatprozesses bei der Titandioxid-Produktion Vermeidung bei Produkten Zur Abfallvermeidung bei Produkten können die Hersteller insbesondere beitragen durch - Produkte, die einen mehrfachen Gebrauch ermöglichen oder - Verlängerung der Produktlebensdauer. Insbesondere durch eine Verlängerung der Nutzungsdauer kann langfristig zu einer deutlichen Reduzierung der nach Verbrauch anfallenden Abfallmengen und gleichzeitig zur Schonung der für die Herstellung langlebiger Güter benötigten Rohstoffmengen beigetragen werden. Mit Ausnahme spezieller Erzeugnisse, wie Pkw-Reifen und Glühbirnen, sind die Wirkungen von Maßnahmen zur Verlängerung der Nutzungsdauer schwierig zu quantifizieren. Wenn sol-

121 15 ehe Maßnahmen auf spezielle Güter abgestellt werden sollen, empfiehlt sich der Pkw (Langzeitauto) als Schlüsselprodukt. Untersuchungen zeigen, daß die erreichbare Abfallminderung und der eingeschränkte Verbrauch primärer Rohstoffe beim Pkw erheblich größer als bei jedem anderen Produkt sind Verringerung des Schadstoffgehaltes in Abfällen Zur Reduzierung der Schadstoffbelastung in Abfällen bieten sich ebenfalls in erster Linie Maßnahmen unmittelbar in der Produktion an. Der Ersatz schadstoffhaltiger durch schadstofffreie Produkte entlastet die Abfallentsorgung direkt und unmittelbar. Dies gilt gleichermaßen auch für Produktionsverfahren, in denen schadstoffhaltige Abfälle anfallen und entsorgt werden müssen. Bei diesen ist eine weitgehende Kreislaufführung bzw. eine getrennte Haltung und gezielte Vorbehandlung anzustreben. Als Beispiele können gelten: - Keine Vermischung von Altölen mit PCB, CKW, Lösemitteln,. - Aufspalten von gleichartigen AbfäHen in Teilströme mit hohen bzw. niedrigen Belastungen, z.b. bei ölhaltigen Schleifschlämmen aus der Metalloberflächenbehandlung. Darüber hinaus tragen Substitutionsentwicklungen zur Verringerung des Schadstoffgehaltes in Abfällen bei. Beispiele hierfür sind: - Ersatz von CKW als Lösemittel oder in Kaltreinigern, - Ersatz von Cadmium in Farbpigmenten, - Ersatz von lösemittelhaltigen Lacken durch solche auf wäßriger Basis oder durch Pulverlacke. Soweit auf bestimmte schadstoffhaltige Produkte oder auf Produktionsverfahren, die Schadstoffe freisetzen, nicht verzichtet werden kann, sind Maßnahmen zur gezielten Ausschleusung solcher Produkte aus dem Hausmüllbereich über Rücknahmepflichten, die für die Konsumenten hinreichend bequem sind, am erfolgversprechendsten. 2.4-, Beitrag von Wissenschaft und Forschung Die Vermeidung von Abfällen stellt auch eine Herausforderung für Wissenschaft und Forschung dar. Hier stehen zahlreiche technologische, wirtschaftliche und organisatorische Probleme zur Lösung an. Prioritär ist der Bereich der industriellen Sonderabfälle, insbesondere hinsichtlich der Entgiftung oder Vermeidung spezieller Sondermüllarten. Aus dieser Zielsetzung heraus ergeben sich insbesondere folgende künftige Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte: - VermeidungNerringerung von Schadstoffen durch erfassungstechnische Aktivitäten - Demonstration von Maßnahmen der Rückstandsvermeidung in ausgewählten sonderabfallintensiven Teilbranchen der mittelständischen Industrie - Umsetzung der Ergebnisse erfolgreich abgeschlossener FuE-Vorhaben in die betriebliche Praxis (Technologietransfer), z.b. Rückstandsvermeidung in der Oberflächenbehandlung - Abfallvermeidung durch Entwicklung umweltfreundlicher Produkte, Produktentwicklungen auf Sekundärrohstoffbasis 2.5 Beitrag der öffentlichen Hand (Bund, Länder, Kommunen, EG) Möglichkeiten und Grenzen Mit dem 14 des neuen Abfallgesetzes hat der B u n d einen erweiterten Handlungsspielraum zur Lösung zentraler Abfallprobleme erhalten. Neben den Möglichkeiten zu konkreten Zielvorgaben für die Vermeidung und Verminderung von Abfällen sind Ermächtigungen zum Erlaß entsprechender Rechtsverordnungen vorhanden. Wobei diese Verordnungsermächtigungen in erster Linie Signal für die Wirtschaft sein sollen, ihrer Verantwortung bei der Entstehung von Konsumabfällen, aber auch von Schadstoffen in Produkten nachzukommen. Die L ä n d e r müssen sich bei der Abfallvermeidung im wesentlichen darauf beschränken, durch Vorbildfunktion z.b. bei der Beschaffung umweltfreundlicher Güter, sowie durch begleitende Fördermaßnahmen und durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit ihren Handlungsspielraum auszuschöpfen. Allerdings haben die Länder im Vollzug des Bundes Immissionsschutzgesetzes auf die Beachtung des Reststoffvermeidungs- und Reststoffverwertungsgebots nach 5 Abs. 1 Nr. 3 BlmSchG hinzuwirken, das bei Errichtung und Betrieb von immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen zu beachten ist. Um hier die Einwirkungsmöglichkeiten des Staates zu verbessern, sind in Bayern künftig im Genehmigungsverfahren mittels eines vom Landesamt für Umweltschutz entwickelten Fragebogens, substantiierte Fragen zur Vermeidung, Verwertung und Entsorgung von Reststoffen zu beantworten. Die K o m m u n e n können als entsorgungspflichtige Körperschaften durch verstärkte Aufklärung der Bevölkerung auf abfallbewußtes Verhalten hinwirken. Zahlreiche Gebietskörperschaften in Bayern geben inzwischen hilfreiche Handreichungen für die Bürger mit Tips und Anregungen zur.abfallvermeidung und Abfallverminderung heraus. Abfall- oder Umweltberater können ebenfalls dazu beitragen, die Bürger aufzuklären. Außerdem sind die Kommunen gefordert, insbesondere im Rahmen ihres Beschaffungswesens durch die Verwendung umweltfreundlicher Erzeugnisse, z.b. von Recyclingprodukten, ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung der Abfallmengen Bei den kommunalen Abfällen (Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbemüll) müssen die Bemühungen zur Vermeidung oder Verringerung der Abfall-

122 16 mengen im wesentlichen im Verpackungsbereich ansetzen. Verpackungen aller Art machen heute volumenmäßig etwa die Hälfte der Siedlungsabfälle aus, gewichtsmäßig beträgt ihr Anteil rd. ein Drittel. Maßnahmen zur Vermeidung von Verpackungen, die aus der Sicht des Umweltschutzes wünschenswert sind, kollidieren allerdings mit anderen wichtigen Zielen, insbesondere der Versorgung der Bürger mit vielfältigen Gütern. Die heute vorhandene Distribution von Waren und deren Verpackung prägt die Situation von Produktion, Handel und Verbrauch. Veränderungen der Produktdarbietung haben damit auch Strukturveränderungen zur Folge oder werden davon ausgelöst. Für die Vermeidung von Verpackungen sieht die Staatsregierung drei grundsätzliche Möglichkeiten: - Unnötige Verpackungen nicht in Verkehr bringen Dies setzt die schwierige Abwägung voraus, ob entsprechende Verpackungen notwendig sind bzw. ob es bessere und zumutbare Alternativen gibt. Die Beantwortung derartiger Fragen führt häufig zu Kontroversen zwischen Verpackungshersteller, Verwender, Handel, Verbrauchergruppen u.a. - Verpackungen minimieren Eine Verminderung von Verpackungsabfall kann durch die Verringerung des Verpackungsaufwandes erzielt werden (GewichtNolumen reduzieren, weniger Kleinstmengenverpackungen, höhere Konzentration des verpackten Gutes, keine Mogelpackungen, weniger Umverpackung). Wegen der Vielzahl an verpackten Gütern und Verpackungsformen sind wirksame Erfolge nur in Kooperation mit den Marktbeteiligten zu erwarten. - Wiederverwendung von Verpackungen Oftmalige Wiederverwendung der Verpackung ist die klassische Form der Abfallvermeidung; sie minimiert daneben auch andere Umweltbelastungen (etwa für die Herstellung neuer Verpackungen). Typisches Beispiel ist die Mehrwegflasche bei Getränken t, Verminderung des Verpackungsanteils am Gewerbemüll durch standardisierte Transportbehälter Während Verpackungen im Konsumbereich meist nicht nur die Aufgabe haben, das verpackte Gut möglichst zu schützen, sondern auch als Werbe- und Informationsträger zu dienen, ist im gewerblichen Bereich die Aufgabe der Verpackung im wesentlichen darauf beschränkt, das verpackte Gut auf seinem Weg vom Produzenten zum gewerblichen Abnehmer möglichst vollständig und unversehrt zu bewahren. Im gewerblichen Bereich ist der Verpackungsaufwand deswegen meist bereits auf das für den Schutz des verpackten Gutes Nötigste reduziert. Hinzu kommt, daß im gewerblichen Bereich in den letzten Jahren eine Reihe von Entwicklungen festzustellen sind, die auf eine weitere Minimierung des Verpackungsaufwandes hinauslaufen. Als Beispiele seien genannt: - Einsatz von flexiblen, den Abmessungen des verpackten Gutes optimal angepaßten Verpackungen. Beispiel: Verwendung von Sehrumpffolien, ggf. in Kombination mit den meist mehrfach verwendeten Paletten. - Verwendung oben offener Schachteln, insbesondere im Bereich des Lebensmittel-Großhandels. Starre Güter erhalten oftmals nur mehr eine seitliche Umwicklung aus Wellpappe als Scheuerschutz beim Transport. - Zusammenstellung möglichst großer Packungseinheiten. Alle diese überwiegend aus Kostengründen ergriffenen Maßnahmen haben im gewerblichen Bereich bereits zu einer Minimierung des spezifischen Packmittelaufwandes geführt, so daß es speziell in diesem Bereich schwierig erscheint, den Verpackungsaufwand weiter zu senken. Außerdem ist bei der Bewertung des gewerblichen Packmittelanfalls auch zu berücksichtigen, daß speziell die im auspackenden Gewerbe" anfallenden gebrauchten Verpackungen, wie Kartonagen oder Sehrumpffolien, bereits jetzt zu einem sehr hohen Anteil vom Altstoffhandel erfaßt und einer Verwertung zugeführt werden. Die Verwendung normierter und standardisierter Transportbehälter erachtet die Staatsregierung bei der Vielzahl der im gewerblichen Bereich zu verpakkenden Güter, mit Ausnahme der heute schon im Einsatz befindlichen mehrfach verwendbaren Transportpaletten, deshalb eher nur in Einzelfällen praktikabel Zurückdrängung von Mehrfachverpackungen und Wegwerterzeugnissen Mehrfachverpackungen von Produkten, Luxusverpakkungen Mogelverpackungen (mit doppelten Wandungen, Hohlböden, übergroßen Verschlüssen) findet man in verschiedenen Konsumbereichen, in denen durch die Verpackung das Füllgut als vergleichsweise kostbar dargestellt werden soll. Obwohl hierüber keine Statistiken geführt werden, kann davon ausgegangen werden, daß diese Art der Verpackung in den letzten Jahren zugenommen hat. Dennoch stellt die Mehrfachverpackung die Ausnahme dar. Eine Verminderung der Mehrfachverpackungen kann durch entsprechende Vereinbarungen mit den einschlägigen Wirtschaftskreisen sowie durch die Festlegung von innerhalb angemessener Frist zu erreichenden Zielen gern. 14 Abs. 2 AbfG erreicht werden. Soweit durch derartige Zielfestlegungen eine Eindämmung der Mehrfachverpackungen nicht erreichbar ist, kann durch Rechtsverordnung bestimmt werden, daß Verpackungen nur in bestimmter, die Abfallentsorgung spürbar entlastender Weise in Verkehr gebracht werden dürfen. Eine nennenswerte Zurückdrängung von kurzlebigen Produkten und Wegwerterzeugnissen durch Beschränkungen des lnverkehrbringens kann nach Auffassung der Staatsregierung durch Rechtsverordnungen auf der Grundlage des 14 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 oder 5 AbfG nicht erreicht werden, da die darin enthaltenen Ermächtigungen hierfür nicht ausreichen

123 17 dürften. Vereinbarungen mit den einschlägigen Wirtschaftskreisen erscheinen dagegen wirkungsvoller. Rechtsverordnungen über Rücknahmepflichten, verbunden mit einer Pfandregelung, lassen in einzelnen Bereichen durchaus eine Verringerung der Menge der Einwegerzeugnisse erwarten. Bei der Auswahl der anzuwendenden Maßnahmen muß jedoch der Gesamtzusammenhang sorgfältig geprüft werden. Maßgeblicher Ansatzpunkt sollte aus der Sicht des Umweltschutzes die Art (Gefährlichkeit) und die Menge des zu vermeidenden Abfalls sein. Die Zuständigkeit sowohl für den Abschluß von freiwilligen Vereinbarungen als auch für die Festlegung von Zielen und den Erlaß von Rechtsverordnungen zur Zurückdrängung von Mehrfachverpackungen und Wegwerterzeugnissen liegt bei der Bundesregierung. Die Bayerische Staatsregierung ist grundsätzlich bereit, beabsichtigte Maßnahmen des Bundes in diesen Bereichen zu unterstützen Standardisierung von Mehrwegverpackungen Die Staatsregierung unterstützt Bestrebungen, die darauf abzielen, durch eine weitgehende Vereinheitlichung der Mehrwegbehältnisse, die Mehrfachverwendung der Gebinde zu erleichtern. Eine Standardisierung und Normung der Mehrwegflaschen ist im Bereich der Massengetränke (Bier, Mineralwasser, Erfrischungsgetränke) weitgehend erfolgt. Möglichkeiten zur verstärkten Vereinheitlichung der Flaschentypen bestehen noch bei Wein und kohlensäurefreien Getränken. Die aktuellen Bemühungen der EG, zu einer stärkeren Vereinheitlichung der Gebindegrößen für Weinabfüllungen (Umstellung der heute in den Mitgliedstaaten noch nebeneinander existierenden Glasflaschen mit 0,7 1 bzw. 0,75 1-Abfüllvolumen auf einheitlich 0,75 1-Flaschen) zu kommen, sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Dem Anliegen wird im Bundesgebiet insofern nachgekommen, als ab dem nur noch Flaschen mit vereinheitlichten Nennfüllungen verwendet werden dürfen ( 1 der Fertigverpackungsverordnung). Darüber hinaus wird an der Normierung der Form von Weinflaschen gearbeitet. Eine größere Wirkung, um Mehrwegverpackungen und 'deren leichtere Handhabung zu fördern, könnte auch von einer Vereintjeitlichung von Mehrweg-Flaschenkästen (einheitliche Farbe ohne firmenspezifischen Werbeaufdruck) erwartet werden. Da hierdurch der Sortieraufwan.d beim Handel deutlich reduziert würde, könnte der Widerstand des Handels gegen das Mehrwegsystem abgebaut werden. Dieser Einheitskasten" stößt jedoch bisher, zum Beispiel bei einem Großteil der bayerischen Brauwirtschaft, auf wenig Gegenliebe (Markenargument) Stabilisierung des Mehrweganteils bei Getränkeverpackungen Im Getränke-Verpackungsbereich ist seit Jahren eine Entwicklung weg von der Mehrweg-Verpackung hin zur Einweg-Abfüllung zu verzeichnen. Der Anteil von Getränkeabfüllungen in Mehrwegflaschen ist von um jährlich etwa 1 O/o von 88,20/o auf 74,20/o gesunken. Der starke Anstieg des Einweganteils ist vor allem auf das Anwachsen der Abfüllungen in Getränkedosen und Weichpackungen zurückzuführen. Die Anzahl der Einwegverpackungen nimmt dadurch jährlich um etwa 500 Mio Stück zu. Aktuelle Beispiele für diese Entwicklung sind die neue 1,5-Liter-PET-Einwegflasche sowie in jüngster Zeit die starke Zunahme von importierten Tafel- und Mineralwasser in PVC-Einwegflaschen. Die Staatsregierung erkennt die Bemühungen der einschlägigen Industrie- und Wirtschaftszweige an, die Abfallmengen aus Einwegverpackungen durch Ausbau des Recyclings zu verringern. Die stoffliche Verwertung ist aber nur e i n e notwendige Maßnahme zur Verminderung von Verpackungsabfällen. Daneben muß die ebenso aktiv betriebene Förderung von Mehrwegsystemen stehen. Die Recyclingerfolge, insbesondere bei den Glas- und Weißblechverpakkungen, reduzieren zwar das zu entsorgende Müllaufkommen aus Einwegverpackungen. Gleichwohl wird insbesondere im Bereich der Getränkeverpackungen auch ein spürbar gesteigertes Materialrecycling die Hausmüllentsorgung nicht annähernd so stark entlasten, wie ein gut funktionierendes Mehrwegsystem. Mehrwegflaschen, die z.b. 40 mal umlaufen, entsprechen einer Materialverwertungsquote von 97,50/o. Eine derartige hohe Verwertungsquote ist bei Einwegverpackungen bei weitem nicht zu erzielen, da die Erfassungsquoten erfahrungsgemäß deutlich niedriger liegen. Im übrigen erfordert eine gesamtökologische Betrachtung, daß nicht nur die Auswirkungen der Verpackung auf die Abfallentsorgung, sondern auch andere Gesichtspunkte, wie Energie-Einsparung, verminderter Chemikalieneinsatz u.ä. zu berücksichtigen sind. Auch in dieser Hinsicht sind funktionierende Mehrwegsysteme in ihrer Gesamtbilanz den Einwegverpackungen in aller Regel überlegen. Dementsprechend ist die Mehrwegflasche d a s klassische Beispiel der Abfallvermeidung im Verpackungsbereich. Dies drückt sich insbesondere dadurch aus, daß drei Viertel der in Mehrweg abgefüllten Massengetränke nur rd. ein Viertel des gesamten Abfalls ausmachen, daß ein Viertel an Einwegabfüllungen aber drei Viertel der Gesamtmenge Abfall aus Getränkeverpackungen ausmacht. Verhandlung mit der Wirtschaft Die Staatsregierung hält es daher für dringend erforderlich, daß alle Anstrengungen unternommen werden, um gerade die im Bereich der Getränkeverpakkungen ständig steigenden Abfallmengen zu vermindern. Hier gilt es jetzt durch klare Zielvorgaben und kurz bemessene Fristen die Wirtschaft zum Handeln zu bewegen. Das rechtliche Instrumentarium hierfür bietet der 14 AbfG. Die bisherigen Verhandlungen mit den beteiligten Kreisen der Wirtschaft haben gezeigt, daß es wegen der Vielzahl der Marktbeteiligten (Verpackungsindustrie, Abfüller, Handel, Verbraucher, Entsorger) sehr schwierig sein wird, einen Konsens über eigenverantwortliche Maßnahmen der Wirtschaft herbeizuführen. Sollten jedoch freiwillige Maßnahmen der Wirtschaft

124 18 nicht zustande kommen, sind staatliche Eingriffe nicht mehr zu umgehen. Bundesratsinitiative Bayerns Vor diesem Hintergrund hat der Bayerische Ministerrat am beschlossen, im Bundesrat einen Entschließungsantrag einzubringen. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, im Vollzug des 14 Abs. 2 AbfG unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen auf der Grundlage einer umfassenden Konzeption einzuleiten, wie - Ziele festzulegen, die einen möglichst hohen Mehrweganteil vorsehen, - Vereinbarungen zur Realisierung dieser Ziele mit den Marktbeteiligten abzuschließen, - das Erreichen dieser Ziele durch Rechtsverordnung sicherzustellen und - zur Kontrolle des Zielerreichungsgrades statistische Erhebungen auf gesetzlicher Grundlage vorzusehen. Der Bundesrat hat die Entschließung am angenommen (BR-Drs. 561/87-Beschluß) Maßnahmen zur. Vermeidung oder Verringerung schädlicher Stoffe in Abfällen Problemmüllsammlungen Eine wesentliche Maßnahme zur Schadstoffverringerung in Abfällen sind neben Vorkehrungen unmittelbar in der Produktion insbesondere die Problemmüllansammlungen der entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften. Dem Bürger werden damit Möglichkeiten angeboten, Problemabfälle aus Haushaltungen zu erfassen und getrennt von Hausmüll zu entsorgen. Der Hausmüll kann dabei von Stoffen entfrachtet werden, die bei der gemeinsamen Entsorgung mit Hausmüll zur Belastung der Deponiesickerwässer bzw. der Rauchgase von Verbrennungsanlagen führen. Je Einwohner und Jahr fallen etwa 3 kg Problemabfälle ( 1 O/o der Hausmüllmenge) an, wovon derzeit etwa ein Drittel erfaßt wird. Die Problemmüllansammlungen zielen im wesentlichen 11uf die folgenden Stoffe ab: - Pflanzen- und Schädlingsbekämpfungsmittel - Ölhaltige Abfälle wie Altöle, Ölfilter, Ölschlämme, mineralische Fette - Lösemittelhaltige Abfälle und Substanzen wie z.b. Benzin, Spiritus, Pinselreiniger, flüssige Lackrückstände, Kaltreiniger, Frostschutzmittel ect. - Altfarben und Altlacke (flüssig, nicht ausgehärtet) - Desinfektionsmittel, Holzschutzmittel - Laborchemikalien und Gifte im engeren Sinne, wie z.b. zyanid-, cadmium-, arsen- und quecksilberhaltige Substanzen - Abfälle mit metallischem Quecksilber wie z.b. Schalter, Thermometer etc. Quecksilberhaltige Gerätebatterien, wie z.b. Knopfzellen - Sonstige Batterien und Akkumulatoren - Leuchtstoffröhren, Quecksilberdampflampen - Säuren, Laugen, Salze, Chemikalienreste aus dem Hobbybereich, wie z.b. gebrauchte Fotobäder. Die Sammlung von Problemabfällen wurde 1984 in den Landkreisen Erlangen-Höchstadt und Miesbach in staatlich geförderten Modellversuchen hinsichtlich der Durchführbarkeit und der Erfassung von Problemabfällen geprüft. infolge der positiven Ergebnisse wurde den Gebietskörperschften die Problemmüllsammlung zur Einführung empfohlen. Zur praktischen Durchführung wurden Hinweise zur Sammlung, Verwertung und Beseitigung von Problemabfällen aus Haushaltungen erarbeitet, die in der Bekanntmachung des StMLU Nr vom (LUMBI S. 91) veröffentlicht wurden. Heute werden Problemmüllsammlungen in allen Landkreisen und Städten Bayerns regelmäßig durchgeführt. Die praktizierten Methoden stützen sich im wesentlichen auf - ständige oder periodisch wiederkehrende stationäre Sammelstellen - periodisch mobile Straßensammlungen und - Zuführung der Problemabfälle zu den bayerischen Sondermüllorganisationen. Für die stationären Sammelstellen werden in der Regel Standorte wie Bau- und Betriebshöfe, Großparkplätze, Lagerhäuser, Kläranlagen und Zentraldeponien genutzt, die insgesamt flächendeckend über das Landkreis- oder Stadtgebiet verteilt sind.. Einzelne Gebietskörperschaften wie die Städte München, Regensburg oder der Landkries München, bedienen sich demgegnüber periodisch mobiler Straßensammlungen. Hierbei werden spezielle Lkw, sog. Giftmobile", verwendet. Die Problemmüllsammlung ist damit in Bayern flächendeckend als begleitende Maßnahme zur kommunalen Hausmüllentsorgung eingerichtet. Die Phase der grundlegenden investiven Maßnahmen ist weitgehend abgeschlossen. Es besteht deshalb keine Notwendigkeit mehr, Problemmüllsammlungen zwingend vorzuschreiben. Allerdings wird die Staatsregierung in geeigneter Weise darauf hinwirken, daß die Sammlungstechniken laufend verbessert werden Vorbildfunktion der öffentlichen Hand Beschaffungswesen Es ist ein besonders umweltpolitisches Anliegen, daß gerade bei staatlichen Behörden und öffentlichen Einrichtungen Gesichtspunkte der Abfallvermeidung und Abfallverminderung zukünftig noch stärker berücksichtigt werden als bisher. Die öffentliche Hand kann insbesondere bei der Beschaffung umweltfreundlicher Produkte hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Sie kann damit auch für private Verbraucher beispielhaft wirken. Steigende Nachfrage wird die Industrie anregen, vermehrt umweltfreundliche Produkte zu entwickeln.

125 19 Die Staatsregierung hat der Bedeutung des öffentlichen Beschaffungswesens für die Entwicklung und Anwendung umweltfreundlicher Produkte mit dem Erlaß der Richtlinien über die Beschaffung umweltfreundlicher Güter - Umweltrichtlinien öffentliches Auftragswesen - vom (Beilage Nr. 8 des StAnz Nr. 45/1984) Rechnung getragen. Die staatlichen Vergabestellen sind hiernach gehalten, bei Ausschreibungen und freihändigen Vergaben sowie Teilnahmewettbewerben über Leistungen im VOL-Bereich Gesichtspunkte der Umweltfreundlichkeit nach Maßgabe des Erlasses zu beachten. Die steigende Verwendung von Recycling-Papier im staatlichen Bereich ist ein Beispiel für diese umweltfreundliche Beschaffungspolitik. Darüber hinaus sind Initiativen beabsichtigt, künftig bei staatlichen Behörden und öffentlichen Einrichtungen die Abgabe von Speisen und Getränken in Einwegverpackungen auf das unumgänglich notwendige Maß einzuschränken und dadurch das Müllaufkommen weiter zu verringern. Stattdessen sollen Waren in Verpackungen und Behältnissen angeboten werden, die mehrfach verwendbar sihd. Getränke sollen weitgehend nur mehr in Pfandflaschen abgegeben werden. Ein diesbezüglicher Landtagsantrag (Drs. 11 /3206) wird derzeit in den zuständigen Ausschüssen beraten Öffentlichkeitsarbeit und Umwelterziehung Um das erforderliche Bewußtsein für eine verstärkte Abfallvermeidung zu schaffen, sind eine wirkungsvolle Umwelterziehung und Umweltbildung erforderlich. Sie seilen das Denken und Handeln der Bürger so beeinflussen, daß Umweltbelastungen von vornherein vermieden werden oder so gering wie möglich bleiben. Damit es zu dieser Neuorientierung im Denken und Handeln kommt, ist die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Abfallvermeidung in den letzten Jahren erheblich verstärkt worden. Hinweise und Anregungen für umweltgerechtes Verhalten geben in Bayern insbesondere das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen und das Landesamt für Umweltschutz, auch im Rahmen von Fachseminaren und Symposien, die allen interessierten Kreisen offenstehen. Die Staatsregierung begrüßt es, daß auch die Träger der Erwachsenenbildung sowie Wirtschafts- und Verbraucherverbände und Gewerkschaften, in den letzten Jahren ihre Informationsarbeit zu abfallwirtschaftlichen Fragen stark intensiviert haben. Der Bürger wird auch mehr als früher durch Presse, Hörfunk und Fernsehen über Umweltfragen informiert. Besonders zu begrüßen sind die in den Fernsehprogrammen regelmäßig ausgestrahlten Umweltspots, in denen jeder einzelne aufgefordert wird, durch oft kleine Verhaltensänderungen einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Themen der Abfallvermeidung nehmen dabei breiten Raum ein. Die Staatsregierung ist der Auffassung, daß diese werbewirksamen Medien zur Aufklärung künftig noch stärker genutzt werden sollten. Eine besondere Leit- und Vorbildfunktion bei der Umwelterziehung kommt den Schulen zu. Besonders in den letzten Jahren ist in Schulen und Hochschulen, in der Lehreraus- und -fortbildung, mit Lehr- und Unterrichtsmaterialen und mit Hilfe von Wettbewerben die Behandlung des Themas Umweltschutz intensiviert worden. Neben verpflichtenden Lerninhalten zur Abfallproblematik vor allem in den Lehrplänen für Heimat- und Sachkunde und Erdkunde der verschiedenen Schularten ist auf die gemeinsame Bekanntmachung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, des Innern, für Wirtschaft und Verkehr und für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 1. April 1987 (KWMBI 1 S. 70, LUMBI S. 10) hinzuweisen, mit der den Schulen ein verstärkter Einsatz von Recycling Papier empfohlen wird. Die Bekanntmachung gibt zudem Anlaß für die Schüler zu verstärkten Altpapiersammelaktionen. Eine wichtige Anleitung zur Verringerung der Abfallmenge sowie zur Sammlung und zum Abtransport des Problemabfalls des naturwissenschaftlich-technischen Unterrichts stellt auch die gemeinsame Bekanntmachung der Staatsministerien für Unterricht und Kultus und für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 12. April 1984 zur Beseitigung von Chemikalienresten und umweltgefährdenden Abfällen in den Schulen dar. Diese Bekanntmachung beinhaltet gleichzeitig eine pädagogische Aufgabe: Sie stellt das Vorbildverhalten der Schule bzw. des einzelnen Lehrers im Hinblick auf verantwortungsbewußtes Umweltverhalten in den Vordergrund. Die Staatsregierung wird der erzieherischen Frage der Abfallvermeidung und Verringerung des Schadstoffgehaltes in Abfällen in der Schule weiterhin besondere Beachtung schenken. Im übrigen bleibt anzumerken, daß Umwelterziehung und Umweltbildung langfristige Aufgaben sind, die nicht sofort unmittelbar ablesbare Erfolge mit sich bringen. Umwelterziehung soll sehr bald, am besten im frühesten Kindesalter einsetzen und kann auch nicht allein von der Schule und anderen Bildungseinrichtungen geleistet werden, sondern gehört auch und besonders ins Elternhaus Förderung von Maßnahmen zur Vermeidung von Abfällen Die Bayerische Staatsregierung fördert gezielt die Entwicklung und Anwendung von Systemen, die zur Vermeidung von Abfällen, insbesondere im Verpakkungsbereich, beitragen. So unterstützt das Umweltministerium beispielsweise eine oberbayerische Molkerei bei der Weiterentwicklung der Abfüll- und Versiegelungstechnik, die die Akzeptanz der Glas-Mehrwegflasche für Milch und Milcherzeugnisse bei Handel und Verbaucher wesentlich erhöhen soll. Die Molkerei bietet seit 1983 Vollmilch und hochwertige Frischmilcherzeugnisse wie Joghurt nicht mehr in Einweg-Karton - oder - Kunststoffverpackungen, sondern in der 1-Liter bzw. 0,5-Liter Mehrwegflasche aus Glas an. Nach Bekunden der Molkerei zeigt der bisherige Marktversuch,

126 20 daß die Aussichten, langfristig zu einer breiten Einführung des Mehrwegglases für flüssige Milcherzeugnisse und damit zu einer weiteren Reduzierung der Abfallmengen aus Getränkeverpackungen zu kommen, insgesamt günstig zu beurteilen sind. Eine weitere erwähnenswerte Maßnahme zur Abfallvermeidung ist die Wiedereinführung des offenen Milchverkaufs mit Zapfautomaten. Um hier geeigneten Systemen die Markteinführung zu erleichtern, hat das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen 1985 die Weiterentwicklung und Verbesserung eines Selbstzapfsystems für Frischmilch ( Stählerne Kuh") im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens ge!ördert. Nicht zuletzt infolge des vom Umweltministerium gegebenen Anstoßes zu einer breiteren Verwendung solcher Systeme verzeichnen inzwischen derartige Selbstzapfeinrichtungen einen zunehmenden Marktanteil am Frischmilchverkauf. Im übrigen prüft die Staatsregierung derzeit im Vollzug des Landtagsbeschlusses vom (Drs. 11/5220), inwieweit im Rahmen eines Modellversuchs die Entwicklung und der versuchsweise Einsatz eines Schulmilch-Automaten unterstützt werden kann Normgebung/Planung Kommunale Satzungsgebote zur Vermeidung von Abfällen Kommunale Satzungen können zwar Festlegungen enthalten, in welcher Weise, in welcher Art und zu welcher Zeit die Besitzer die Abfälle der entsorgungspflichtigen Körperschaft zu überlassen haben. Unter Berücksichtigung des Vorrangs der Abfallverwertung vor der sonstigen Entsorgung ( 3 Abs. 2 Sätze 3 und 4 AbfG) kann in den Abfallentsorgun1,issatzungen der Abfallbesitzer auch zur gesonderten Überlassung bestimmter Abfälle verpflichtet werden, soweit die getrennte Erfassung dieser Abfälle zur Nutzung von Verwertungsmöglichkeiten oder zur ordnungsgemäßen sonstigen Entsorgung, (z.b. aufgrund des Schadstoffgehalts) erforderlich oder in Rechtsverordnungen nach 14 AbfG vorgeschrieben ist. Unter diesen Randbedingungen sind durchaus Satzungsbestimmungen denkbar, die für bestimmte Wertstoffe wie Altglas, Altpapier, Weißblech u. ä ggf. auch für Problemabfälle, eine von den übrigen Abfällen getrennte Erfassung in speziellen Behältnissen vorschreiben. Ferner kann der Besitzer solcher Abfälle durch die Abfallentsorgungssatzung verpflichtet werden, diese Abfälle an zentralen Sammelstellen (beispielsweise Altglas-, Altpapier-, Weißblech-Container) bzw. an stationären oder mobilen Einrichtungen zur Problemmüllsammlung abzugeben, unter der voraussetzung, daß das Einsammeln am Anfallort für die entsorgungspflichtige Körperschaft nur mit erheblichem Aufwand möglich und das Verbringen zur Sammelstelle dem Besitzer zumutbar ist. Es ist beabsichtigt, in den derzeit in Vorbereitung befindlichen Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Abfallgesetzes entsprechende Regelungen aufzunehmen. Abfallvermeidungsgebote können jedoch in kommunalen Abfallentsorgungssatzungen nicht aufgestellt werden, da sich deren Regelungen naturgemäß nur auf Stoffe beziehen können, die bereits als Abfall angefallen sind. Auch ist die im Zusammenhang mit Satzungsgeboten gelegentlich diskutierte kommunale Getränkeverpackungssteuer, die von den örtlichen Einzelhandelsgeschäften für die Abgabe von Getränke-Einwegverpackungen erhoben werden soll, unzulässig: - Bei der gewünschten kommunalen Getränkeverpackungssteuer handelt es sich hier um eine Steuer mit örtlich begrenztem Wirkungskreis und somit nicht um eine gemäß Art. 105 Abs. 2a GG und Art. 3 Abs. 1 KAG allein zulässige örtliche" Verbrauch- bzw. Aufwandsteuer. Die steigende Nachfrage der Bevölkerung nach offener Milch hat zudem bewirkt, daß das ursprünglich für Groß- und Verbrauchermärkte konzipierte Zapfsystem weiterentwickelt wurde, speziell für den Einsatz in kleinen Lebensmittelgeschäften, Bäckereien u.ä. - Unabhängig von der Unzulässigkeit der kommunalen Getränkeverpackungssteuer sprechen auch Verkaufsstellen. Damit werden die Voraussetzungen für eine flächendeckende Versorgung der Bevölke- Zweckmäßigkeits- und Effektivitätsüberlegungen rung mit offener Milch, z.b. auch in ländlichen Gebieten, wesentlich verbessert. gegen eine derartige Steuer. Dadurch, daß jedenfalls nicht alle Gemeinden eine solche Abgabesatzung erlassen würden, entstünde ein volkswirtschaftlich unerwünschtes Steuergefälle Aufnahme von Vermeidungskonzepten in die Abfallentsorgungspläne Die Abfallvermeidung ist, obgleich im Abfallgesetz aufgeführt ( 1 a Abs. 1 i.v.m. 14 Abs. 1 und 2 AbfG) kein Bestandteil der Abfallentsorgung. Abfallentsorgung im Sinne des Gesetzes umfaßt die Abfallverwertung (Gewinnen von Stoffen und Energie) und das Ablagern von Abfällen einschließlich der hierzu erforderlichen Maßnahmen wie Einsammeln, Befördern, Behandeln und Lagern. Aufgrund dieser Sachlage können entsprechende konkrete Ziele zur Vermeidung in den Entsorgungsplänen nicht verbindlich vorgegeben werden. Im Entwurf der Fortschreibung des Abfallentsorgungsplans für Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle sind jedoch im Leitziel der Abfallentsorgung und in der Begründung der allgemeinen Ziele die Bedeutung der Abfallvermeidung und ihr Stellenwert im Rahmen eines integrierten Entsorgungskonzepts deutlich herausgestellt Stand der Rechtsverordnungen Konzept zur Umsetzung. des 14 AbfG Zeitgleich mit dem Inkrafttreten des neuen Abfallgesetzes vom hat der Bundesumweltminister ein Konzept zur Umsetzung des 14 AbfG mit einem ersten MaBnahmenkatalog vorgelegt ( A n 1 a g e 7 ). Dieser Katalog umfaßt aus dem Schadstoffsektor die Produktbereiche schwermetallhaltige Batterien und bleihaltige Flaschenkapseln. Bei den aufgrund ihrer

127 21 Menge relevanten Abfällen wurden die Produktbereiche Getränkeverpackungen und Altpapier erfaßt. Nach Realisierung dieses Maßnahmenpakets ist ein schrittweises weiteres Vorgehen vorgesehen. Vorrangiger Handlungsbedarf liegt hier zweifelsohne bei Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung schädlicher Stoffe in Abfällen gemäß 14 Abs. 1 AbfG. Für dieses weitere Teilprogramm werden vom Bund derzeit Maßnahmen in den folgenden Problembereichen in die engere Wahl gezogen: - FCKW-Kühlmittel - Pflanzenschutzmittel - quecksilber-/cadmiumhaltige Produkte -Altautos - Bauschutt - Gießereialtsand. Eine Entscheidung über die Prioritätenreihenfolge ist noch nicht getroffen Erste Rechtsverordnungen Als erste Verordnung auf der Grundlage des neuen 14 AbfG ist die Altölverordnung am ß7 in Kraft getreten. Mit dieser Verordnung ist ein wichtiger Schritt im Bereich der schadstoffhaltigen Reststoffe und Abfälle gemacht worden. Die hier getroffenen Entscheidungen haben Pilotcharakter für ähnliche Bereiche. Der Bundesumweltminister hat darüber hinaus im Februar 1988 den Entwurf einer Verordnung über die Rücknahme und Verwertung von Getränkeverpackungen aus Kunststoffen vorgelegt. Die aktuelle Entwicklung im Bereich der großvolumigen Kunststoff-Flaschen forderte dazu heraus, nachdem maßgebliche Kreise der Wirtschaft nicht bereit waren, die Zielvorgaben mit einem geforderten Materialrecycling von 800/o innerhalb von 2 Jahren freiwillig zu erreichen. Der Verordnungsentwurf, zu dem die betroffenen Wirtschaftskreise vorerst Gelegenheit zur Äußerung haben, geht vom Verursacherprinzip aus: Wer künftig bestimmte Getränke in Kunststoff-Flaschen an Endverbraucher abgibt, muß die teeren Behältnisse zurücknehmen. Die Rücknahmeverpflichtung soll hierbei mit einem. einheitlichen hohen Pfand von 0,50 DM je Verpackung abgesichert werden. Aufgrund des in der Verordnung enthaltenen Verwertungsgebots soll sichergestellt werden, daß die öffentliche Abfallentsorgung nicht zusätzlich belastet wird. Die Pfandverordnung, die hiermit erstmals auf Einweg-Verpackungen angewendet werden soll, wird insbesondere im Hinblick auf die Einbeziehung von Importen in ihrem Geltungsbereich ein Gradmesser für die Vereinbarkeit zukünftiger Verordnungen nach t4 AbfG mit geltendem EG-Recht darstellen. Als nächstes dürfte der Bundesumweltminister eine Kennzeichnungsverordnung für Getränkeverpackungen (einheitliche Kennzeichnung nach Einweg" und Mehrweg") auf den Weg bringen, nachdem im November 1987 die letzten Versuche der beteiligten Wirtschaftskreise für entsprechende freiwillige Maßnahmen gescheitert sind. Im übrigen ist - nach dem Muster der Altölverordnung - der Entwurf einer Ver- ordnung gebrauchter Lösemittel (leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe) in Erarbeitung Auswirkung des EG-Rechts auf die Abfallvermeidung Produktbezogene Regelungen zur Abfallvermeidung, die bei der Vermarktung der Produkte angewendet werden, haben die Vorschriften der EG zu beachten, soweit sie die Belange des freien Warenverkehrs nach Art. 30 EWGV betreffen. Diese Vorschriften lassen jedoch auch zu, daß Maßnahmen getroffen werden, die aus Gründen des Umweltschutzes im Sinne von Art. 36 EWGV gerechtfertigt sind. Allerdings bedarf es besonderer Darlegung, inwieweit Maßnahmen zur Abfallvermeidung aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit oder zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen" im Sinne von Art. 36 EWGV gerechtfertigt sind. Nationale Regelungen zur Abfallvermeidung könnten insoweit durch EG-Recht begrenzt werden, wenn dadurch Handelshemmnisse verursacht würden. Im übrigen treffen nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom über Abfälle die Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen, um die Einschränkung der Abfallentstehung, die Verwertung und Umwandlung von Abfällen, die Gewinnung von Rohstoffen und ggf. von Energie aus Abfällen sowie alle anderen Verfahren zur Wiederverwendung von Abfällen zu fördern. Dabei können nationale Anstrengungen zur Abfallvermeidung und Abfallverminderung auch durch entsprechende Richtlinien oder Empfehlungen der EG begünstigt werden.. Über die Wiederverwendung von Altpapier und die Verwendung von Recyclingpapier liegt die Empfehlung 81/972/EWG des Rates vom (ABI. Nr. L 355/56 vom ) vor. 3. Stoffliche Verwertung 3.1 B e d e u t u n g Neben der Abfallvermeidung kommt der stofflichen Verwertung von Abfällen im Rahmen eines zukunftsorientierten integrierten Entsorgungskonzeptes hohe Priorität zu. Die stoffliche Verwertung kann erheblich zur Einsparung von Rohstoffen und Energie beitragen. Sie hilft außerdem durch möglichst geschlossene Material- und Stoffkreisläufe die Abfallmengen zu reduzieren, und entlastet damit die thermische Verwertung und schont die begrenzten Deponiekapazitäten. 3.2 M ö g 1 ich k e i t e n und Grenzen Grundsätzliches zu den verwertbaren Anteilen In der augenblicklichen Situation der Abfallwirtschaft ist die Frage nach dem erreichbaren Maximum an Verwertung nur schwer zu beantworten. Die Verwertung von Abfällen kann nicht Selbstzweck sein. Sie setzt, wenn sie sinnvoll betrieben wird, voraus, daß neben ökologischen Gesichtspunkten auch volksund betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte berück-

128 22 sichtig! werden, insbesondere daß sich die Verwertung am Markt für Produkte aus Sekundärrohstoffen orientiert. Da es sich um eine vergleichsweise junge Entwicklung handelt, sind Rahmenbedingungen wie Akzeptanz, Investitionsbereitschaft, Aufnahmefähigkeit der produzierenden Wirtschaft bei Verwertungsprodukten nur schwer prognostizierbar Verwertungspotential Hausmüll Im Hausmüll ist ein beträchtliches Verwertungspotential in folgenden Stoffgruppen zu finden ( A n - lage 8): - Papier und Pappe 17,9 Gew. O/o - Glas 9, 1 Gew. O/o - Fe-Metalle 2,8 Gew. O/o - Kunststoffe 5,4 Gew. O/o. Geht man von einer Hausmüllmenge von etwa 20 Mio Tonnen in der Bundesrepublik Deutschland aus, würde sich bei voller Ausschöpfung dieses Potentials eine Mengenreduzierung von ca. 35 O/o, dies entspricht ca. 7 Mio t, ergeben. Hierbei handelt es sich um eine rein theoretische Abschätzung, bei der die bislang bereits außerhalb der Abfallentsorgung getrennt gesammelten und verwerteten Altstoffmengen nicht berücksichtigt sind. Man kann annehmen, daß etwa 50 bis 70 O/o der im Hausmüll anfallenden Gesamtmenge an Pa p i e r u n d Pa p p e zurückgewonnen werden kann. Dies setzt allerdings voraus, daß die Stoffe in ausreichender Reinheit und zu akzeptablen Kosten bereitgestellt werden können und daß die notwendigen Verarbeitungskapazitäten in der Papier- und Kartonagenindustrie geschaffen werden. Die Verwertungsmenge wird in diesem Fall in der Größenordnung von 1,8 bis 2,5 Mio t jährlich liegen. Auch für G 1 a s kann eine Rückgewinnungsquote von 50 bis 70 O/o angesetzt werden; dies würde einer verwertbaren Menge von 0,9 bis 1,3 Mio t Glas jährlich bedeuten. Um dieses Ziel zu erreichen müß~e jedoch die Dichte der Sammelcontainer deutlich erhöht und auf eine strikte nach Farbsorten getrennte Erfassung geachtet Werden. E i s e n m et a 11 e, also im wesentlichen Weißblech, können zu 90 bis 950/o zurückgewonnen werden, wenn der gesamte Hausmüll mechanisch aufbereitet werden würde. Da z.b. auf Deponien in der Regel keine Magnetabscheider zur Abtrennung von Weißblech vorhanden sind und eine getrennte Sammlung von Weißblech nur bedingt sinnvoll und durchführbar ist, sind von dem theoretischen Verwertungspotential deutliche Abstriche zu machen. Bei 900/o Rückgewinnung läge die theoretisch verwertbare Menge bei 0,5 Mio t pro Jahr, realisierbar dürfte die Verwertung einer Menge von allenfalls 0,2 bis 0,3 Mio t pro Jahr sein. Aus der Gruppe der K u n s t s toffe erscheinen augenblicklich nur die Polyolefine verwertbar. Sie machen insgesamt ca. 65 O/o des Kunststoffanteils im Hausmüll aus. Bei einer theoretischen Rückgewinnungsquote von 50 bis 700/o würden sich 0,3 bis 0,5 Mio t Kunststoffe im Jahr aus Hausmüll zurückgewinnen lassen. Hierzu ist jedoch festzustellen, daß es bislang noch kein funktionierendes Verfahren zur Rückgewinnung von Kunststoffen aus Hausmüll gibt. Von der Menge her liegt ein weiteres großes Verwertungspotential in der organischen Fraktion des Hausmülls. Die Ausnutzung dieses Potentials ist aber nur dann zu realisieren, wenn es gelingt, mit Hilfe der getrennten Sammlung einen schadstoffarmen, d. h. im wesentlichen schwermetallfreien Kompostrohstoff zu gewinnen (vgl. Ziffer 4). Für den Hausmüllbereich würde sich damit, ausgehend von einer Menge von 20 Mio t/a, im optimalen Fall folgende Mengenreduzierung ergeben: Hausmüll Papierverwertung Glasverwenung Fe-Metallverwertung Kunststoffverwertung verbleiben (Hausmüll) abzüglich der verwertbaren Mengen) 20 Mio t/a (1000/o) 1,8 bis 2,5 Mio t/a 0,9 bis 1,3 Mio t/a 0,2 bis 0,3 Mio t/a 0,3 bis 0,5 Mio t/a 16,8 bis 15,4 Mio t/a (840/o bis noto) Die erreichbare Mengenreduzierung durch stoffliche Verwertung würde beim Hausmüll hiernach etwa bis zu 250/o betragen können. Voraussetzung für die Ausschöpfung des Wertstoff Potentials ist aber nicht nur die Einführung geeigneter Sammel- und Behandlungssysteme. Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr die Schaffung geeigneter Märkte für die aus den Wertstoff-Fraktionen gewonnenen Produkte. Neben den allgemeinen Problemen der Vermarktung bestehen z. T. auch noch erhebliche technologische Probleme. Dies betrifft insbesondere die Verwertung der Kunststofffraktion Hausmüllähnlicher Gewerbemüll Das Verwertungspotential der hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle dürfte besonders im Bereich der Kartonagen und Papiere aber auch im Bereich von hochwertigen Kunststoffen relativ groß sein. Wegen des Fehlens repräsentativer Analysen und wegen der sehr großen regionalen Unterschiede können hierzu derzeit jedoch keine quantifizierenden Aussagen gemacht werden. Es sei darauf hingewiesen, daß die Verwertung gewerblicher Abfälle in den letz1en Jahren besonders von den privaten Städtereinigungsbetrieben aufgegriffen worden ist und laufend verstärkt wird. In der Zukunft sollten die Anstrengungen verstärkt werden, an Schwerpunktanfallstellen Sammelcontainer für einzelne Wertstoffe aufzustellen. Für Wertstoffgemische, die an Müllumschlagstationen oder auf Deponien angeliefert werden, sollten einfache mechanisch-manuelle Sortiereinrichtungen vorgehalten werden. Die aus diesen Abfällen gewonnenen Wertstoffe besitzen eine weitaus höhere Qualität als entsprechende Wertstoffe aus dem Hausmüll, da sie weniger verschmutz1 sind und einen geringeren Feuchtigkeitsgehalt aufweisen.

129 Sonderabfälle industrielle Abfälle werden heute bereits verwertet, soweit Wirtschaftlichkeitsfragen nicht entgegenstehen. Ein großes Verwertungspotential kann dadurch erschlossen werden, daß beim Produktionsprozeß von vornherherein auf die Verwertungsmöglichkeiten der Abfälle geachtet wird. Beispiele hierfür sind: Galvanikschlämme, Lackschlämme, Gipse, Lösemittel, Abfallsäuren. Beispielweise werden derzeit in Bayern ca t gebrauchte Lösemittel im Jahr allein in der Verwertungsanlage der GSB in Geretsried durch Redestillation aufgearbeitet und in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt. Ähnlich erfolgversprechende Ansätze zeichnen sich bei buntmetallhaltigen Hydroxidschlämmen ab. Der Zweckverband Sondermüllplätze Mittelfranken wird voraussichtlich noch in diesem Jahr damit beginnen, im Rahmen eines dreijährigen Pilotprojektes die Möglichkeiten der Rückgewinnung von buntmetallhaltigen Senkundärrohstoffen aus Galvanikschlämmen zu untersuchen. Schätzungen des Umweltbundesamtes gehen davon aus, daß sich die besonders schadstoffhaltigen Sonderabfälle durch Einsatz von Vermeidungs- und Verwertungstechnologien im laufe der nächsten Jahre um mindestens 30 bis 350/o reduzieren lassen Bauschutt Nach Feststellungen des Umweltbundesamtes sind 1980 der Bundesrepublik Deutschland etwa 15 Mio t Bauschutt und ca. 13 Mio t Straßenaufbruch angefallen. Hiervon sind etwa 2001o des Bauschutts und 700/o des Straßenaufbruchs einer Aufbereitung unterzogen und im Bauwesen wieder eingesetzt worden. Der Rest gelangte auf Bauschuttdeponien oder wurde einer sonstigen Entsorgung zugeführt. Es wird erwartet, daß mit den verfügbaren Technologien und bei Verbesserung der Einsatzmöglichkeiten für Recycling-Material (Zuführung zu höherwertigen Einsatzgebieten) längerfristig bis zu 40 O/o des Bauschutts und bis zu 80 O/o des Straßenaufbruchs einer Verwertung zugeführt werden können. 3.3, Modellversuche - vorläufige Erg e b n i s se und Bewertung Modellversuche Die Staatsregierung hat schon frühzeitig Maßnahmen, die zu einer abfallwirtschaftlich sinnvollen Wertstoffrückgewinnung beitragen können, unterstützt und gefördert, z.b. Anfang der 70er Jahre die Entwicklung eines Sortierverfahrens zur maschinellen Abtrennung von Wertstoffen aus Hausmüll oder die Aufstellung von Altstoff-Sammelcontainern in den Städten und Gemeinden. Inzwischen wird Altglas landesweit flächendeckend erfaßt. Auch Altpapier wird praktisch in allen Städten und Gemeinden in Bayern getrennt gesammelt. Die Erfassung erfolgt durch Kommunen, Altstoffhandel, Vereine, politische und caritative Organisationen sowie durch die Abfuhrunternehmen. Vorsichtigen Schätzungen zufolge sind 1986 ailein über Straßenund Containersammlungen, die außerhalb der kommunalen Abfallentsorgung durchgeführt werden, über Tonnen Altstoffe abgeschöpft worden. Dadurch konnte die zu entsorgende Hausmüllmenge um knapp 10 Gew. O/o verringert werden. Neben Maßnahmen zur Verbesserung dieser seit vielen Jahren mit Erfolg praktizierten Einstoffsammlungen gibt es heute eine Vielzahl von Aktivitäten, um die stoffliche Verwertung durch die gezielte Müll-Vorsortierung weiter zu steigern. Aufbauend auf den bewährten Verfahren zur Sammlung und Transport von unsortierten häuslichen Abfällen wurden in den vergangenen Jahren eine Reihe neuer Methoden, insbesondere zur Erfassung spezieller Abfallkomponenten entwickelt. Hierbei handelt es sich um integrierte Systeme, bei denen die Wertstofferfassung organisatorisch in die Müllabfuhr eingebunden ist, jedoch für die Wertstoffe separate Behälter (Mehrstoff-Tonne, Einstoff-Tonne, Bio-Tonne) zur Verfügung stehen, die getrennt vom Restmüll entsorgt werden. Eine Übersicht über die verschiedenen Erfassungssysteme enthält Anlage 9. In vielen Städten und Landkreisen in Bayern werden derzeit neue Konzepte zur Wertstofferfassung und -aufbereitung, z. T. im Rahmen von Pilotprojekten und Versuchsvorhaben, erprobt ( A n 1 a g e 1 0). So wurden beispielsweise in der Landeshauptstadt München, im Gebiet des Zweckverbandes Abfallbeseitigung Nordwest-Oberfranken und im Lkrs. Miltenberg in jüngster Zeit großtechnische Wertstoff-Sortieranlagen in Betrieb genommen. Im Lkrs. Miltenberg wurde die Mehrstoff-Tonne erstmals flächendeckend in einem Landkreis eingeführt. In der Stadt München sind vorerst Einwohner und im Gebiet des Zweckverbandes Nordwest-Oberfranken etwa Einwohner an das Sammelsystem Mehrstoff-Tonne angeschlossen. Insgesamt sind etwa Einwohner in Bayern an diese Anlagen angeschlossen. Einstoff-Sammelsysteme, wie die Wertstoff-Tonne für Altpapier oder der Wertstoff-Sack, sind u. a. in den Landkreisen Rosenheim und Main-Spessart versuchsweise eingeführt worden. Die Landkreise Roth, Neustadt a.d. Aisch-Bad Winsheim, Nürnberger Land und die Stadt Schwabach haben die Einstoff-Tonne für Altpapier inzwischen flächendeckend eingeführt. Andere Gebietskörperschaften, wie die Landkreise Aschaffenburg und Miesbach, sind dabei, eine konzentrierte Verdichtung des bestehenden Containernetzes für Glas, Papier und andere Wertstoffe zu verwirklichen, wobei eine stärkere Einbindung der Vereine und caritativen Organisationen in die Altstofferfassung angestrebt wird, verbunden mit einer verstärkten Kompostierung der biologischen Abfälle (vgl. Ziffer 4.2). Ergänzend hierzu wird in verschiedenen Bereichen auch die Verwertung von Sperrmüll und Gewerbemüll verstärkt ausgebaut. Entsprechende Aufbereitungsanlagen sind z.b. im Lkrs. München sowie im Gebiet des ZW9Ckverbandes Abfallbeseitigung Donau-Wald in Betrieb. Insgesamt hat die Staatsregierung allein in den Jah-

130 24 ren jährlich jeweils über 10 Mio DM in Form von Zuschüssen und zinsverbilligten Darlehen für Pilotvorhaben zur Abfallverwertung einschließlich Kompostierung der organischen Abfälle zur Verfügung gestellt Vorläufige Ergebnisse Der Großteil der Modelluntersuchungen ist noch nicht abgeschlossen, sodaß vielfach nur Teilergebnisse vorliegen. Gleichwohl lassen sich hieraus folgende vorläufige Erkenntnisse ziehen: Depot-Container (Bring-System) Das System ist besonders geeignet für Papier, Glas, Metalle. Die Erfassung ist in Ein- oder Mehrkammer Containern möglich. Die Höhe des Erfassungsgrades ist im wesentlichen abhängig von Standplatzdichte und Frequentierung der Aufstellungsorte (Großmärkte, Einkaufszentren u.ä.). Der Beitrag der Gewichtsreduktion des gesamten Hausmülls beträgt Gew. 01o. In der Regel werden gute Stoffqualitäten erfaßt, sodaß der Nachsortieraufwand relativ gering ist. Das Sammelsystem läßt sich kurzfristig einführen und ist unterschiedlichen Siedlungsstrukturen und Marktanforderungen gut anzupassen. Einstoff-Tonne (Hofsystem) Das System eignet sich besonders für Altpapier. Es werden Wertstoffe mit relativ hohem Reinheitsgrad erfaßt. Der Recycling-Faktor ist relativ hoch. So werden z.b. über 150/o der Hausmüllmenge in den Landkreisen Roth, Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim, Nürnberger Land und in der Stadt Schwabach mit der Altpapiertonne abgeschöpft. Eine qualitative Nachsortierung des Sammelmaterials (Aussortierung von Zeitungen, Illustrierten und gemischten Kartonagen, für die höhere Erlöse als für Mischpapier erzielt werden können) ist zweckmäßig. Damit verbunden sind allerdings höhere Kosten und teilweise aufwendige organisatorische Maßnahmen. Mehrstoff-Tonne (Hofsystem) Es ist das System mit dem höchsten Erfassungsgrad, da bis zu Gew. O/o des gesamten Hausmülls abgeschöpft werden können. Die vom Zweckverband Abfallbeseitigung Nordwest-Oberfranken mit der Mehrstoff-Tonne erfaßte Wertstoffmenge schwankt zwischen /o des Gesamt-Müllaufkommens. langfristig sieht der Zweckverband eine Abschöpfung von ca. 160/o des Gesamtmülls über die Mehrstoff-Tonne, zuzüglich etwa 50/o durch Altglas-Sammlung über Container für realistisch an. Eine akzeptable Stoffqualität ist nur mit technisch aufwendiger und damit teuerer Sortiertechnik zu erreichen. Sowohl in der Landeshauptstadt München als auch im Lkr. Miltenberg entspricht darüber hinaus das Sortierverhalten der Bevölkerung bisher nicht den Erwartungen. Im Lkr. Miltenberg sind 35 Gew. O/o der in der Mehrstoff-Tonne erfaßten Materialien nicht verwertbar, obwohl man bei der Planung von 2G-25 Gew. Ofo ausgegangen war. Die Entlastung der Kreismülldeponie durch stoffliche Verwertung ist damit geringer als ursprünglich veranschlagt. Es ist daher erforderlich, durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit das Sortierverhalten der Bevökerung noch zu verbessern. Hinsichtlich der Kosten ist die Mehrstoff-Tonne das teuerste System. Es ist wenig flexibel gegenüber Änderungen der Marktlage für Sekundärrohstoffe Bewertung Die bisher vorliegenden Ergebnisse reichen noch nicht aus, um bereits abschließende Prognosen über die Erfolgsaussichten einzelner Entsorgungskonzepte abgeben zu können. Es zeichnet sich jedoch ab, daß die Euphorie, die ursprünglich im Hinblick auf die Möglichkeiten der Müllentlastung mit Hilfe der Mehrstoff-Tonne vorhanden war, einer zunehmend realistischen Betrachtungsweise Platz macht. Zu denken gibt in diesem Zusammenhang auch, daß die erste Wertstoffsortieranlage der Bundesrepublik in Ravensburg vor kurzem die Tore geschlossen hat, weil aufgrund des hohen, nicht verwertbaren Restmüllanteils an Sammelmaterial ein wirtschaftlicher Betrieb der Anlage nicht mehr gewährleistet werden konnte. Zudem lassen jüngste Daten über Containersammlungen erwarten, daß sich mit einer entsprechend hohen Dichte der Containerstandplätze die Unterschiede in der Wertstofferfassung zwischen Bringund Hol-System ausgleichen. Bei zunehmender Annäherung der Effektivität unterschiedlicher Systeme reduziert sich aber bei gleicher Wertstoffmenge und -qualität die Fragestellung auf den jeweils zu leistenden Aufwand. Hier werden nach allen Kriterien die Systeme eindeutig im Vorteil sein, die bereits bei der Erfassung der Wertstoffe eine Vermischung der einzelnen Komponenten ausschließen (Containersammlungen, Einstoff-Tonne). Damit ist auch erkennbar, daß es ein universell einsetzbares System zur Müllvorsortierung, das auf alle denkbaren Planungsfälle anwendbar wäre und das generell zur Einrichtung vorgeschlagen werden könnte, nicht gibt. Die Entscheidung für das eine oder andere System muß sich vielmehr danach richten, welches Ziel die Gebietskörperschaft mit dieser Maßnahme verbindet und mit welchen sonstigen Entsorgungsverfahren die Wertstofferfassung in Einklang zu bringen ist. Bedingung ist jedoch in jedem Fall, daß die erfaßten Wertstoffe auch verwertet werden. Es ist damit weiterhin sinnvoll, den entsorgungspflichtigen Körperschaften die Entscheidung freizustellen, welches System der Wertstofferfassung im jeweiligen Entsorgungsgebiet eingesetzt werden soll. Jedes der Systeme hat unter bestimmten Bedingungen seine Berechtigung. Ausgehend von den Erfahrungen beim Einsatz der Systeme hat die Landerarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) mit der neuen Informationsschrift Verwertung von festen Siedlungsabfällen" übertragbare Basis-Planungsdaten erstellt. Die Staatsregierung wird die Informationsschrift in Kürze in geeigneter Form den Kommunen bekanntmachen, damit diese die Entscheidungen für die Wahl eines dieser Systeme auf objektive Kriterien stützen

131 25 und das jeweils für die örtlichen und räumlichen Gegebenheiten günstigste System wählen können. 3.4 M a ß n a h rn e n Erhöhung des Altpapiereinsatzes in der Papierproduktion Die deutsche Papierindustrie ist aus Kostengründen ebenso wie auch aus Gründen der Versorgungssicherheit und der Verringerung ihrer Abhängigkeit von ausländischen Rohstofflieferanten bestrebt, den Einsatz von Altpapier bei der Papierproduktion so weit wie möglich zu erhöhen. Dies wird bereits durch die Entwicklung des Altpapiereinsatzes in den zurückliegenden Jahren deutlich. Während die Papierindustrie 1960 erst 1,3 Mio t Altpapier verwendete, waren es 1986 bereits 4, 1 Mio t. Die Altpapiereinsatzquote stieg von 38,40/o in 1960 auf 43,30/o in 1986 an. Die Altpapiereinsatzquote der deutschen Papierindustrie liegt bereits jetzt an der Spitze aller europäischen Papierhersteller und erheblich über der weltweiten Altpapiereinsatzquote von rd. 290/o (zum Vergleich: USA 250fo, Japan 5QO/o). Rund dreiviertel der in der Papierindustrie eingesetzten Altpapiermengen stammen von gewerblichen Großanfallstellen. Es handelt sich hierbei überwiegend um mittlere, bessere und krafthaltige Altpapiersorten, die vorn traditionellen Altpapierhandel bereitgestellt werden. Diese Anfallstellen weisen kaum mehr größere Altpapier-Reserven auf. Anders ist die Situation für Altpapier aus privaten Haushalten, das jedoch überwiegend den unteren (minderwertigen) Sortenbereichen zuzurechnen sind. Hier werden von dem theoretisch verfügbaren Altpapier-Potential von rd. 3,5 Mio Jahrestonnen derzeit nur etwa 1,2 Mio t in der Papierindustrie wieder eingesetzt. Allerdings ist festzustellen, das der Altpapierverbrauch aus diesem Sektor bereits seit Jahren deutlich ansteigt. Grundsätzlich würde die Papierindustrie von den besseren und mittleren, d. h. stark zellstoffhaltigen und sortenrein sortierten Altpapieren insgesamt mehr einsetzen. Hier besteht jedoch eine ständige latente Angebotsknappheit. Umgekehrt ist bei den unteren Altpapier-Massensorten noch ein reichliches Angebot, insbesondere in den privaten Haushalten vorhanden. Die Altpapierindustrie ist daran interessiert, diese Altpapierreserven im Haushalt zu aktivieren. Sie sieht bei dem heute im Bundesgebiet vorliegenden Pappen- und Papiersortenprograrnrn langfristig eine Möglichkeit zur Steigerung der Altpapier-Einsatzquote über alle Produktsorten auf 50 O/o. Die größten Steigerungsrnöglichkeiten werden rein mengenmäßig beim Zeitungsdruck gesehen, wo derzeit im Durchschnitt 50 O/o Altpapier eingesetzt wird und eine Erhöhung auf 60 bis 65 O/o technisch realisierbar erscheint. Bei Hygienepapieren, die einen Altpapier-Anteil von 25 O/o aufweisen, wird sogar eine Verdoppelung der Einsatzquote für möglich gehalten, wobei der hierdurch gegebene Altpapierrnehrverbrauch jedoch weit weniger bedeutend sein wird als beim Zeitungsdruckpapier. Nicht zuletzt wird bei den sonstigen Druck- und Schreibpapieren (Illustrierte, Versandhaus-Kataloge, Schreibpapiere, gestrichene Papiere), bei denen der Altpapieranteil durchschnittlich unter 4 O/o liegt, ein höheres Altpapierpotential angestrebt. Die Staatsregierung unterstützt das Ziel der Papierindustrie, so viel Altpapier wie möglich wieder in der Papierdproduktion einzusetzen. Für eine derartige Ausweitung der Produktionskapazität auf der Basis des Rohstoffs Altpapier sind jedoch Investitionsentscheidungen bei der Papierindustrie in er.hablichem Umfang, insbesondere im Bereich der Altpapieraufbereitung, notwendig. Wie weit die Papierfabriken in diesem Bereich zu investieren bereit sind, wird deshalb ganz wesentlich davon abhängen, ob der Papierindustrie Altpapier dauerhaft in ausreichenden Mengen und entsprechenden Qualitäten kostengünstig zur Verfügung gestellt werden kann. Um diese kontinuierliche Altpapierversorgung aus den Haushalten zu sichern, bieten die bayerischen Papierfabriken den entsorgungspflichtigen Körperschaften den Abschluß längerfristiger Liefer- und Abnahmeverträge für Haushalts-Altpapier an. Die Staatsregierung begrüßt im Grundsatz ein solches Angebot, weil es ein möglicher Weg ist, mehr Entsorgungssicherheit für Altpapier zu bieten und den Altpapiereinsatz in der Papierproduktion weiter zu steigern. Allerdings müssen die mit einem solchen Entsorgungskonzept zusammenhängenden Fragen (Abkopplung von der Preisbewegung des übrigen Altpapiermarktes, Einbindung des privaten Rohstoffhandels, der caritativen und sonstigen freien Sammelorganisationen etc.) noch eingehend mit den Betroffenen erörtert werden. Die Entscheidungen über den Abschluß derartiger langfristiger Verträge mit der Industrie zur Abnahme von Wertstoffen, wobei neben Altpapier ggf. auch Altglas und Altmetalle in Betracht kommen können, muß die entsorgungspflichtige Körperschaft jedoch in eigener Zuständigkeit treffen. Von Seiten des Staates könnte im Rahmen aufsichtlicher Maßnahmen der Kommune allerdings die Annahme entsprechende Angebote der Industrie verpflichtend nur vorgeschrieben werden, wenn das Angebot der Industrie im Hinblick auf die dadurch verursachten Kosten zumutbar ist, die Kommune die Wertstoffe sonst deponieren würde und sie nur durcn den Abschluß entsprechender Verträge mit der Industrie ihrer in 3 Abs. 2 Sätze 3 und 4 AbfG konstituierten Verwertungspflicht nachkommen kann. Eine ganz wesentliche Voraussetzung für eine weitere Erhöhung des Altpapiereinsatzes in der Papierindustrie ist jedoch daß die Altpapiererfassung qualitativ verbessert wird. Dies ist am besten dadurch zu erreichen, daß qualitäts- und absatzorientierte Sammelsysteme eingesetzt werden, mit denen bereits eine möglichst sortenreine Ware erfaßt wird, wie z.b. Zeitungen und Illustrierte oder Kaufhausaltpapier (gebrauchte Karton- und Papierverpackungen). Notwendig ist, daß jeweils im Kontak1 mit der regionalen Papierindustrie eine der örtlichen Situation angepaßte Lösung gefunden wird. Das heißt, daß gezielt jeweils die von der Papierfabrik benötigten Papierqualitäten gesammelt werden.

132 26 Im übrigen sind mit Unterstützung der öffentlichen Hand in den letzten Jahren verschiedene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Qualitätsverbesserung des aus Altpapier gewonnenen Faserstoffs in Angriff genommen worden, um einen stärkeren Einsatz von Altpapier aus Haushalten, insbesondere bei der Herstellung von graphischem Papier, zu ermöglichen. So haben beispielsweise technologische Entwicklungen wie die Abtrennung von Druckfarben und Verunreinigungen aus dem Altpapier, sog. Deinking-Prozesse, in der Vergangenheit in erhe.blichem Umfang mit dazu beigetragen, den Altpapiereinsatz in der Papierproduktion weiter zu steigern. Die Staatsregierung sieht daher in der Förderung geeigneter Entwicklungs- und Modellvorhaben, die umweltfreundliche Verfahren und die Herstellung umweltfreundlicher Produkte zum Gegenstand haben, eine wichtige Maßnahme zur weiteren Erhöhung der Altpapier-Einsatzquote. Die Höhe des möglichen Altpapiereinsatzes wird außer von technischen Zwängen insbesondere auch durch Forderungen der Abnehmer und das Verhalten der Endverbraucher bestimmt. Hier würden nicht zuletzt geringere Qualitätsanforderungen an die Papiererzeugnisse zweifelsfrei einen weiteren Altpapier-Einsatz begünstigen. Die Staatsregierung ist deshalb seit Jahren um eine Erhöhung der Verbraucherakzeptanz für altpapierhaltige Produkte bemüht. Über die von der Staatsregierung bisher im einzelnen ergriffenen Maßnahmen zur Förderung des verstärkten Einsatzes von Recyclingpapier, insbesondere im behördlichen Bereich, wird auf Ziffer 3.5 verwiesen Altpapierverwertung außerhalb der Papierindustrie Neben der Papier- und Pappenherstellung, dem mengenmäßig bisher bei weitem bedeutendsten Bereich der Altpapierverwertung, sind in den letzten Jahren im wesentlichen folgende Verwertungsmöglichkeiten für Altpapier untersucht worden: Span plattenherstel u ng Wie verschiedene Untersuchungen gezeigt haben, kann zerkleinertes Altpapier bei der Herstellung von Spanplatten anstelle von Holzspänen mit eingesetzt werden, wobei aus Qualitätsgründen insbesondere ein Einbau der Papierfasern in der Mittelschicht der Platten in Betracht kommt. Obwohl technisch grundsätzlich möglich, hat sich das Verfahren bisher in der Praxis jedoch nicht durchsetzen können. Ein wesentlicher Grund liegt sicher darin, daß der Einsatz von Papierfasern anstelle von Holzspänen bei der Herstellung von Preßspanplatten letztlich einen Rohstoff (1m wesentlichen Sägerestholz) verdrängt, der ebenfalls in ausreichenden Mengen relativ preiswert erhältlich und darüber hinaus für den genannten Zweck qualitativ geeigneter ist. Herstellung von Pflanzencontainern, Formteilen, Paletten Behälter aus Altpapier für Containerpflanzen wurden in der Bundesrepublik Deutschland erstmals Anfang der 80er Jahre auf den Markt gebracht. Sie haben sich jedoch wegen mangelnder längerfristiger Naßfestigkeit nicht im erwarteten Maße in der Praxis durchsetzen können. Die Herstellung größerer Formteile aus Altpapier wurde im Rahmen eines im Jahre 1975 vom Umweltbundesamt im Auftrag des Bundesministers des Innern vergebenen Forschungs- und Entwicklungsauftrages intensiv untersucht. Die Ergebnisse der damaligen Untersuchungen ließen besonders die Herstellung von Transportpaletten au~ Altpapi.er ausichtsreich erscheinen. Auch hier zeigt allerdings die nach wie vor überwiegende Verwendung von Paletten aus Holz oder Preßspanplatten, daß anstelle von Altpapier andere ebenfalls leicht v~rfügbare, bhlige und zudem oft qualitativ besser geeignete Matenahen zur Verfügung stehen. Verwendung in Verpackungen als Polstermaterial Der Einsatz von zerkleinertem Altpapier zur Auspolsterung von Versandtaschen ist ein seit längen m praktiziertes Verfahren. Da hierbei jedoch nur verhaltnismäßig geringe Mengen an Altpapier verarbeitet werden, besitzen diese Produkte für die Altpapierverwertung insgesamt nur geringe Bedeutung. Zudem ist das Marktpotential solcher Produkte begrenzt. Verwendung zur Wärmedämmung Die Verwendung von Fasern aus Altpapier als Wärmedämmstoff im Hochbaubereich wurde Ende 1986 anhand einer entsprechenden Entwicklung aus Japan auf dem 5. Internationalen Recycling-Kongreß in Berlin vorgestellt. Grundsätzlich handelt es sich auch hier um einen Markt, der durch praxisübliche Produkte wie Glaswolle oder andere herkömmliche Däm~-Materialien, bereits besetzt ist. Alternativprodukte aus Altpapier werden im wesentlichen dann Marktchancen haben, wenn sie bei gleicher Gebrauchstauglichkeit Vorteile gegenüber den konventionellen Lösungen bringen. Äthanolgewinnung Die Herstellung von Äthanol zählt zu den bisher mit am längsten diskutierten alternativen Verwertungsmöglichkeiten für Altpapier. Das Verfahren lehnt sich an die schon seit langem bekannte, in Deutschland insbesondere während des ersten und zweiten Weltkrieges großtechnisch durchgeführte Holzverzuckerung an, bei der aus Holzabfällen unter Einwirkung von Säuren durch hydrolytischen Aufschluß der Cellulose- und Hemicelluloseanteile vergärbarer Zucker (Glucose) gewonnen wird. Soweit bisher zu ersehen ist, stehen einer großtechnischen Anwendung dieses Verfahrens für die Altpapierverwertung vor allem wirtschaftliche Gesichtspunkte entgegen. So ergab z.b. eine von der Firma Dornier-System GmbH erstellte Wirtschaftlchkeitsberechnung für eine auf die Verarbeitung von t Altpapier pro Jahr aus11elegte Anlage, daß das in dieser Anlage produzierte Athanol mehr als doppelt so teuer als herkömmlicher Synthesealkohol wäre.

133 Kompostierung Altpapier ist für sich allein nur schlecht kompostierbar. Es kann jedoch in bestimmtem Umfang zusammen mit anderen, insbesondere stickstoffreichen Abfällen, kompostiert werden. Eine Kompostierung kleinerer Papier- und Pappenmengen gemeinsam mit vegetabilen Haushaltsabfällen wird im Rahmen eines Modellversuchs Biomüllkompostierung im Landkreis Schweinfurt durchgeführt. Ob auf diesem Weg größere Altpapiermangen, die nicht in Papier- oder Pappenfabriken absetzbar sind, einer biologischen Verwertung zugeführt werden können, ist fraglich. Hier muß auch bedacht werden, daß es sich bei in Papierfabriken nicht absetzbarem Altpapier meist um ein Material unterer Qualität handelt, das stark mit Fremdstoffen (wie z.b. Plastikabfällen) durchsetzt ist, wodurch die Kornpostqualität erheblich beeinträchtigt werden kann. Hinzu kommt, daß Untersuchungen, die im Rahmen der bundesweiten Hausmüllanalyse durchgeführt wurden, ergeben haben, daß zudem Haushalts-Altpapiere erhöhte Schwermetallgehalte aufweisen können. Ausblick Obwohl die meisten der vorgenannten Verfahren z. T. bereits seit Jahrzehnten bekannt sind, besitzen diese für die Altpapierverwertung bisher nur wenig praktische BedeUtung. Bei der Mehrzahl der genannten Verfahren liegt dies nicht an besonderen technischen Schwierigkeiten. Entscheidend ist vielmehr, daß die betreffenden Verwertungsmöglichkeiten bereits durch die Verwertung anderer, meist ebenfalls billiger und zudem oft besser geeigneter Altstoffe besetzt sind und daher für die jeweiligen aus Altpapier hergestellten Produkte kaum zusätzlicher Bedarf am Markt besteht. Beim Einsatz von Altpapier bei der Kompostierung bestehen daneben Einschränkungen aufgrund möglicher Schadstoffgehalte des Kompostes. Da unbestritten der Wiedereinsatz des Altpapiers bei der Papier- und Pappenherstellung das bisher bestgeeignetste Verfahren zur stofflichen Altpapierverwertung darstellt, ist die Staatsregierung der Auffassung, daß primär die Anstrengungen darauf konzentrier,t werden sollten, den Einsatz von Altpapier in der Papierproduktion weiter zu erhöhen Altglas Während der Behälterglasabsatz der deutschen Glashütten von nur um ca. 150/o zunahm, hat sich im gleichen Zeitraum der Fremdscherbeneinsatz mehr als versiebenfacht, nämlich von rd auf 1, 1 Mio Jahrestonnen. Die Recyclingquote bei Altglas beträgt heute über 41 O/o. Bis 1992 strebt die Behälterglasindustrie sogar eine Einsatzmenge von 1,75 Mio Tonnen an, was auf der heutigea Produktionsbasis einer Recyclingquote von rd. 600/o entsprechen würde. Während Weißglas- und Braunglasschmelzen mit jeweils nur etwa 10 O/o Scherbenzusatz noch in erheblichem Umfang aufnahmefähig sind, setzen die Grünglasschmelzen heute bereits schon teilweise über 90 O/o Scherben zu. In einigen Glashütten sind deshalb die Schmelzkapazitäten für Grünglas bereits ausgeschöpft. Das hat zur Folge, daß Mischglas - das nur zur Herstellung von Grünglas eingesetzt werden kann - heute schon vielfach nicht mehr oder nur mit erheblichen Preisabschlägen von den Glashütten abgenommen wird. Eine Steigerung der Altglasverwertung wird deshalb nur über den Weg der Farbsortierung zu erreichen sein. Für diese farbsortengetrennte Altglaserfassung sind am besten Trenn-Systeme in Form der sog. Glas-Iglus oder Mehrkammer-Container geeignet. Hier müssen deshalb die vorhandenen Altglas-Sammeleinrichtungen entsprechend ausgebaut und ggf. das Sammelstellennetz weiter verdichtet werden. Die Einführung der Grünen Tonne Mehrstoff-Tonne steht demgegenüber aufgrund der bisher angewandten Sammel- und Sortiertechnik der Glasverwertung in besonderem Maße der Farbsortierung entgegen. Dies liegt daran, daß das Glas in der Wertstoff-Tonne in erhöhtem Maß z.b. durch Keramikscherben verschmutzt ist, in hohem Maß zu Bruch geht und dadurch nicht mehr manuell nach Farben sortiert werden kann. Hier gibt es jedoch neue Entwicklungen in Richtung auf eine photo-elektrische Fabrseparierung der Scherben. Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen prüft derzeit die Möglichkeit, eine solche Pilotanlage an der Wertstoffsortieranlage in Blumenrod, Lkr. Coburg, einzurichten und zu erproben Altmetalle (Weißblech und Altaluminium) Stahl- und Eisenschrott sowie Nichteisenmetalle, die aus Müll aussortiert oder bereits getrennt bei den Haushalten gesammelt werden könnten, stellen den kleinsten Sektor des traditionellen Recyclingmarktes in der Metallwirtschaft dar. Nur relativ geringe Metallmengen (5 bis 80/o der Produktion) gelangen in die Haushalte, wo sie weit gestreut als Altschrott" zur Entsorgung anfallen. überwiegend handelt es sich dabei um Gebrauchsartikel wie z. B. Herde, Kühlschränke, Waschmaschinen, Küchengeräte, die meist als Sperrmüll ausgemustert werden. Die wesentlichen Metallprodukte im Hausmüll sind Blechverpackungen und hier vor allem Weißblechdosen. Darüber hinaus fallen Metallteile insbesondere als Kleinteile an, beispielsweise Kronkorken, Schraubverschlüsse oder ähnliches. In der Metallfraktion des Hausmülls finden sich auch viele Gegenstände aus Nichteisenmetallen wieder, wie beispielsweise Kupferteile, Alufolien und Bleiverschlüsse, die allerdings nur einen sehr geringen Anteil der Gesamtmetallfraktion ausmachen. Die Metallfraktion des Hausmülls setzt sich etwa wie folgt zusammen (Gew. O/o): - 90 O/o magnetische Eisenteile - 8 O/o Aluminium und Alu-Legierungen und - 20/o Buntmetalle. 27

134 28 Aus Hausmüll werden heute in der Bundesrepublik Deutschland jährlich etwa t Eisenmetalle zurückgewonnen. Der größte Anteil davon sind gebrauchte Weißblechverpackungen mit etwa t (gegenüber t 1975). Diese werden überwiegend auf magnetischem Weg in den thermischen Müllverwertungsanlagen und Kompostieranlagen sowie in den Wertstoffsortieranlagen aus dem Hausmüll separiert. Daneben wird in geringerem Umfang Weißblech auch getrennt gesammelt. Neben der Erfassung in der Grünen Tonne (Mehrstoff-Tonne) ist audh eine Sammlung mit Bringsystemen (Mehrkammer Container, Iglus" für Getränkedosen) möglich. Inwieweit das Weißblechrecycling künftig weiter verstärkt werden kann, läßt sich heute nur schwerlich absehen. Dies wird im wesentlichen auch davon abhängen, ob es gelingt, die Müllschrottqualität weiter zu verbessern. Um die an den Einsatz in der deutschen Stahlindustrie gestellten Qualitätsanforderungen (die Schrottsortenliste unterscheidet seit zwei Müllschrott-Sorten) zu erfüllen, muß dieser Schrott aufbereitet werden. Dafür gibt es verschiedene Verfahren, die alle zum Ziele haben, den Eisengehalt und damit das Schüttgewicht zu erhöhen und anhaftende, vorwiegend nichtmetallische Stoffe zu vermindern. Verschiedene größere bayerische Schrotthandelsbetriebe beabsichtigen derartige Einrichtungen zur Aufbereitung bzw. Vorbehandlung des Müllschrotts zu schaffen. Aluminium aus dem Hausmüll wird derzeit nur in sehr geringen Mengen wiederverwertet. Die getrennte Erfassung von Alt-Aluminium in den Haushalten wird neben dem geringen Anteil, den diese Stoffe im Hausmüll ausmachen (weniger als 1 O/o) auch dadurch erschwert, dab die Alu-Abfälle in Form vieler kleiner Teile (z.b. Joghurtbecherdeckel), in Verbundverpakkungen oder in schwer von anderen Metallen zu unterscheidender Art vorliegen. Hier scheidet eine Sammlung mit gängigen Sammel-. systemen weitgehend aus. Die Erfassung in der Grünen Tonne ist möglich und führt zu keinen Problemen der stofflichen Verwertung. Gebräuchlicher sind heute Sammlungen in Schulen, sowie von caritativen Verbänden und Vereinen, die ggf. noch weiter verstärkt werden könnten. Schätzungen des Umweltbundesamtes zufolge wird längerfristig eine Steigerung des Alu-Recyclings auf bis t jährlich für möglich gehalten. Dies würde einer Recyclingquote von 10 bis 150/o, bezogen auf die für Verpackungen eingesetzte Aluminiummenge, entsprechen (z. Z. werden etwa 1, 1 Mio t. Aluminium jährlich produziert, wovon rd t in den Verpackungssektor fließen) Altkunststoffe In der Bundesrepublik Deutschland sind jährlich 2 Mio t Kunststoffabfälle zu entsorgen, davon 1,4 Mio t aus Haushalten. Sortenreine, unverschmutzte Kunststoffabfälle aus Kunststoffproduktion und -verarbeitung werden fast vollständig wiederverwertet (derzeit etwa t pro Jahr, das sind rd. 130/o des Gesamtkunststoffverbrauchs). Kunststoffabfälle aus dem Hausmüll bestehen dagegen aus einem Gemenge von in ihren Verarbeitungseigenschaften z. T. stark unterschiedlichen Kunststoffsorten: 600/o Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP) 200/o Polystyrol (PS) 150/o Polyvinylchlorid (PVC) 5 O/o Sonstige Kunststoffe Diese meist stark verunreinigten Kunststoffabfälle aus Hausmüll sind bislang mit vertretbarem Aufwand nicht weiter zu verarbeiten. Deshalb sind flächendekkende Kunststoffsammlungen derzeit ohne gesicherte Absatzmöglichkeiten nicht zu befürworten. Absatzmöglichkeiten gibt es in gewissem Umfang für unverschrnutzte, sortenreine Kunststoff-Folien und Verpackungsmaterialien aus Handels- und Gewerbebetrieben (Sehrumpfhauben u.ä.) wie auch beispiels-. weise für Düngemittelsäcke und Abdeckfolien aus dem landwirtschaftlichen Bereich, soweit diese Kunststoffabfälle getrennt gesammelt werden. Die vielfach anhaftenden Verschmutzungen und Verunreinigungen können allerdings eine aufwendige Reinigung der Folieh vor ihrer Weiterbehandlung erforderlich machen. In Bayern bereitet die im Landkreis Traunstein ansässige Firma Kienberg-Kunststoff-Recycling (KKR) GmbH derartige Altkunststoffe in zunehmenden Mengen auf. Die Kunststoffolien stammen sowohl aus dem gewerblichen Bereich als auch aus Containersammlungen, die das Unternehmen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Landkreisen durchführt. Diese Verwertungsmöglichkeit ist nach Auffassung der Staatsregierung weiter ausbaufähig. Darüber hinaus zeigen Entwicklungen, wie das RE CYCLOPLAST-Verfahren, daß es grundsätzlich möglich ist, unter bestimmten Voraussetzungen aus vorsortierten Kunststoffabfällen relativ einfache, dickwandige Produkte herzustellen. Zwei Produktionsanlagen nach diesem System sind in Bayern in Betrieb (München und Egling-Neukolbing), wobei vorwiegend folgende Produkte aus Altkunststoffen angeboten werden: Blumenkästen, Blumentöpfe, Kornpostsilos, Rasengittersteine, Terrassenplatten u.ä. Der Absatzmarkt der qualitativ nicht allzu anspruchsvollen Sekundär-Produkte ist allerdings begrenzt. Hier ist insbesondere Aufklärung notwendig, um die Bereitschaft zum Kauf von Sekundär-Produkten aus Kunststoff zu steigern. Dabei kommt besonders auch dem öffentlichen Beschaffungswesen eine Vorbild- und Leitfunktion zu. Bedeutung könnte ggf. später auch die Pyrolyse von Kunststoffabfällen haben. Der bisherige Entwicklungs- und Erprobungsstand der ersten derartigen Pyrolyseanlage in der Bundesrepublik in Ebenhausen bei Ingolstadt läßt allerdings noch kein abschließendes Urteil über die Funktionsfähigkeit des Verfahrens zu. Die Anlage wird derzeit mit großem Aufwand umgerüstet; anschließend ist ein einjähriger Demonstrationsbetrieb zum Nachweis der Bewährung des Systems vorgesehen. Die Staatsregierung ist bereit, Maßnahmen nach positivem Abschluß des FuE-Vorhabens zu unterstützen, die dazu beitragen, daß die

135 29 Anlage eine Entsorgungsfunktion in der bayerischen Abfallwirtschaft erfüllen kann (s. hierzu auch Landtags-Beschluß vom , Drs. 11/3664). Einen entscheidenden Schritt nach vorn beim Kunststoffrecycling erhofft sich die Staatsregierung jedoch von der Pilotanlage zur Aufbereitung von Kunststoffabfällen, die mit höchstmöglicher finanzieller Förderung des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen in Blumenrod, Lkr. Coburg errichtet worden ist und vor wenigen Wochen den Probebetrieb aufgenommen hat. Träger dieser Anlage, bei der das von den Amberger Kaolinwerken GmbH (AKW) entwickelte Verfahren zur naßmechanischen Aufbereitung von vermischten Kunststoffabfällen eingesetzt wird, ist der Zweckverband für Abfallbeseitigung in Nordwest-Oberfranken, der in unmittelbarer Nachbarschaft zu dieser Anlage eine Wertstoff-Sortieranlage betreibt. Bei diesem Verfahren sollen mit Hilfe der Hydrozyklontechnik aus der Kunststoff-Fraktion des vorsortierten Hausmülls die Polyolefine, eine Kunststoffart, die etwa 60 bis 65 O/o der Haushaltskunststoffe ausmacht, abgetrennt und durch weitere Aufbereitung zu einem relativ sortenreinen Granulat verarbeitet werden, dessen Einsatz z.b. in der Folienproduktion möglich wäre. Wenn sich das Verfahren bewährt, ist die Staatsregierung grundsätzlich bereit, auch die Anwendung dieses Systems im Rahmen kommunaler Entsorgungskonzepte in geeigneter Weise zu unterstützen Bauschutt Die Bauschuttverwertung stellt einen Bereich dar, in dem weitere Verbesserungen möglich und notwendig sind. Über die technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten des Bauschuttrecyclings liegen bisher allerdings nur lückenhafte Erkenntnisse vor. Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen hat deshalb einen Untersuchungsauftrag mit dem Ziel, ein Konzept zur Neuordnung der Bauschuttentsorgung in Bayern zu erarbeiten, in die Wege geleitet. Zur Entwicklung dieses Konzepts ist vorqesehen, den Stand der Ablagerung und Verwertung von Bauschutt, Straßenaufbruch und Erdaushub in Bayern zu ermitteln und zu bewerten und davon ausgehend Kriterien und Lösungsmöglichkeiten für eine künftige optimale Entsorgung dieser Abfälle unter besonderer Berücksichtigung der Verwertung zu erarbeiten. Die Untersuchung ist vorerst auf folgende 4 Modellräume beschränkt: - Raum Nördliche Oberpfalz - Industrieraum Nürnberg - Raum Augsburg - Raum Miesbach/Bad Tölz-Wolfratshausen Erste Ergebnisse des Pilotprojektes werden Ende dieses Jahres erwartet. Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen wird dem Bayerischen Landtag hiernach im Vollzug des Landtags-Beschlusses vom (Drs. 10/6245) berichten Altreifen Altreifen werden heute zum größten Teil in der Zementindustrie als Brennstoff eingesetzt. Die stoffliche Verwertung ist dagegen relativ unbedeutend. Lediglich in bescheidenem Umfang wird Gummigranulat, soweit es die technischen Anforderungen erlauben, dem Bitumen für Straßenbeläge zugemischt. Gummigranulate und -mehle werden teilweise auch im Sportplatzbau eingesetzt sowie zu Bodenbelägen (für Spielplätze, Schul- und Pausenhöfe, Freizeitanlagen) und Stallmatten verarbeitet. Besonders das Gummiwerk Kraiburg Elastik GmbH in Tittmoning hat in den letzten Jahren den Markt für derartige Sekundärprodukte erschlossen. Das hierzu verwendete Gummimaterial wird allerdings vornehmlich aus Schäl- und Fräsabfällen, die bei der Runderneuerung anfallen, gewonnen. Granulat aus zerkleinerten Altreifen spielt bislang keine Rolle. Außerdem sind - in bescheidenem Umfang - auch verschiedene Ansätze zur Verwendung von Altreifen, z.b. im Straßenunterbau, vorhanden. So wurden beispielsweise speziell zerschnittene Altreifen, die zu einem Netzwerk verbunden wurden, in einer Straßenversuchsstrecke im Erdinger Moos, unter der bituminösen Tragschicht eingebaut. Im geringen Umfang sind Altreifen bislang auch als Unterkonstruktion im Forststraßen- und Wirtschaftswegebau verwendet worden. Altreifenschnitzel sind - vermischt mit Erdreich - auch in Lärmschutzwällen, z. B. im Zuge von Lärmschutzmaßnahmen im Bereich der BAB 7 bei Memmingen, eingebaut w9rden. Das Haupthindernis für eine stärkere stoffliche Verwertung liegt darin, daß es bislang kein aus technischer und wirtschaftlicher Sicht geeignetes Verfahren zur Trennung von Stahl und Gummi bei Stahlgürtelreifen gibt. Soweit es gelingt, dieses Problem ausreichend zu lösen, sieht die Staatsregierung Möglichkeiten, daß besoders der Markt für Gummiregenerat wieder stärker aktiviert werden kann. Dieses Material findet sowohl bei der Herstellung von Neureifen wie auch von technischen Gummiartikeln Verwendung. Nach Angaben einschlägiger Unternehmen liegt die technische Grenze für den Regenerateinsatz bei der Reifenherstellung bei 100/o des Gesamtgummieinsatzmaterials, wobei heute jedoch erst etwa 30/o zugesetzt werden. Bei technischen Gummiartikeln könnte der Regenerateinsatz theoretisch bis zu 100o/o betragen; der derzeitige Regenerateinsatz wird auf durchschnittlich 500/o geschätzt. In diesem Zusammenhang mißt die Staatsregierung einem neuen Verfahren zur Trennung von Stahl und Gummi bei Stahlgürtelreifen Bedeutung bei, das vom Ingenieurbüro S. Ficker in München mit finanzieller Unterstützung des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen entwickelt wurde. Bei diesem Verfahren werden die metallbehafteten Gummiteile einer Druckbeanspruchung unter abrollenden Rotationskörpern auf einem starren Gegenlager unterworfen. Die in einer Prototypanlage durchgeführten Versuche haben grundsätzlich positive Ergebnisse bezüglich dieses sog. Rolldrück-Verfahrens" gezeigt. Die Bewährung des Systems im großtechnischen Einsatz steht jedoch noch aus. Abzuwarten

136 30 bleibt auch, inwieweit die Entwicklung neuer Regenerierverfahren zusätzlich zu einer Verbesserung der Qualitäts- und Kostensituation beitragen kann. In diesem Zusammenhang wird in Fachkreisen dem sog. Lurgi-Ficker-Verfahren", einem Trockenregenerierverfahren (Extruder-Verfahren). besonderes Interesse entgegengebracht. Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen hat für die Optimierung dieses Regenerierverfahrens staatliche Fördermittel gewährt. Das Untersuchungsvorhaben dauert derzeit noch an Substitutionsforschung und Marktunterstützung Substitutionsforschung Die Staatsregierung hat in den zurückliegenden Jahren wesentliche Anstrengungen unternommen, um die Substitutionsforschung zur Abfallverringerung, -entgiftung und zur Erleichterung des Recyclings und deren praktische Umsetzung voranzutreiben. Insbesondere im Bereich der industriellen Sonderabfälle sind folgende Maßnahmen zu nennen: - Filterstäube und Schleifschlämme Im Auftrag des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen hat das Fraunhofer-Institut für Silikatforschung die Abfallmengen an Filterstäuben und produktionsbedingten Schleif- und Ätzschlämrnen der bayerischen Bleiglasindustrie erfaßt und hinsichtlich ihrer Verwertbarkeit untersucht. Hierbei konnten geeignete Wiederverwertungsmöglichkeiten für diese Rückstände in bestimmten buntmetallverarbeitenden Betrieben gefunden werden. - Kieselgurschlämme Mit staatlicher Förderung wurde die Regenerierbarkeit von Kieselgurschlämmen, die bei der Bierfiltration anfallen, erfolgreich getestet. - Salzsehlacken Bei der bisherigen Ablagerung der Salzsehlacken treten neben den beträchtlichen Salzbelastungen der Sickerwässer durch hydrolytische Prozesse erhebliche Emissionen an geruchsintensiven Stoffen wie Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Phosphin auf. Verfahren zur Verwertung der Salzsehlacken wurden im Rahmen von Forschungsvorhaben entwickelt. Unter Rückgewinnung des Aluminiums wird die Salzsehlacke extern aufgearbeitet und wieder in den Schmelzprozeß eingesetzt. Die geplante Errichtung einer entsprechenden Verwertungsanlage bei Geiselbullach könnte einen wesentlichen Beitrag zur Abfallverringerung im Sondermüllbereich in Bayern leisten. - Galvanikabfälle Im G.alvanikbereich ist das Pilotvorhaben des Zweckverbands Sondermüllplätze Mittelfranken zur Aufarbettung buntmetallhaltiger Galvanikschlämme zu erwähnen. Durch eine solche Aufarbeitung wird die Menge der Galvanikschlämme zwar nicht erheblich verringert, der Schadstoffgehalt der zu entsorgenden Schlämme jedoch deutlich reduziert. Maßnahmenschwerpunkte werden auch künftig bei den Sonderabfällen vor allem in den Bereichen Recycling und Prozeßänderung liegen, während Maßnahmen zur Substitution nur in Einzelfällen und in der Regel nur langfristig zu verwirklichen sein werden. Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen wird eine Grundsatzstudie in Auftrag geben, mit der das Potential der Vermeidung, Verwertung und Substitutionproduktionsspezifischer Rückstände in Bayern abgeschätzt und Maßnahmen auf ihre Praxisnähe hin geprüft werden sollen Marktunterstützung Auf umweltfreundlichere Produkte und Verfahren überzugehen, ist nach Ansicht der Staatsregierung ein unerläßliches Ziel, das sich unsere Industriegesellschaft setzen muß. Die Aktivitäten der öffentlichen Hand sollten hierbei im wesentlichen auf folgende drei Ebenen ansetzen: - Durch F o r s c h u n g s f ö r d e r u n g werden Informationslücken über Umweltbeeinträchtigungen geschlossen und Innovationen bei umweltfreundlichen Alternativen stimuliert. Schwerpunktmäßig liegt die Forschungsförderung beim Bund. - Die F ö r d e r u n g v o n E n t w i c k 1 u n g s v o r - h ab e n dient der Umsetzung von Innovationen in marktgängige Produkte und Verfahren. Hier wurden und werden durch die Staatsregierung erhebliche Fördermittel für Pilotvorhaben eingesetzt, beispielsweise für die Bereiche: Sekundärprodukte aus Altkunststoffen sowie umweltfreundliche Verpackungen. - Die drtt1e Ebene öffentlichen Handelns ist die F ö r d e r u n g z u r M a r kt e i n f ü h r u n g und Konkurrenzfähigkeit umweltfreundlicher Güter und Verfahren d u r c h d i r e kt e N a c h f r a g e d e r ö ff e n t 1 i c h e n H an d. Hier können Staat und Kommunen mit einer umweltfreundlichen Beschaffungspolitik eine Vorreiterrolle übernehmen und für Signalwirkung sorgen. Die Staatsregierung hat deshalb bereits 1984 Richtlinien über die Beschaffung umweltfreundlicher Güter" erlassen. Danach sind die Vergabestellen gehalten, neben den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auch die Umweltfreundlichkeit von Leistungen und Produkten zu beachten. Hierfür ist eine ausreichende Information über das Angebot an umweltfreundlichen Alternativen notwendig. Eine Orientierungshilfe, welche Produkte besonders umweltfreundlich sind, bietet das Umweltzeichen (Blauer Engel). Durch diese Auszeichnung erhalten Vergabestellen und Verbraucher Aufklärung über Waren, die im Vergleich zu anderen, dem gleichen Verbrauchszweck dienenden Produkten, umweltfreundlicher sinp. Die Kennzeichnung kommt insoweit auch den Wünschen breiter Bevölkerungsschichten nach Informationen über umweltfreundliche Einkaufsmöglichkeiten entgegen und verschafft

137 31 so umweltfreundlichen Produkten einen Wettbewerbsvorteil. Das Umweltzeichen honoriert auch die Leistungen von Herstellern bei der Entwicklung neuer, weniger umweltbelastender Produkte. Es ist ein Beispiel dafür, wie auch ohne staatlichen Zwang Fortschritte im Umweltschutz erreicht werden können. Es fordert schließlich den Verbraucher auf, beim Einkauf den Umwelteigenschaften von Produkten die gleiche Beachtung zu schenken, wie etwa der Haltbarkeit, Formschönheit und Bearbeitungsqualität. Hersteller, die sich hierauf einrichten, stellen fest, daß sich Innovationen im Interesse des Umweltschutzes auch wirtschaftlich lohnen. Es ist deshalb zu wünschen, daß das Umweltzeichen in diesem Sinne zu einem echten Markenzeichen wird. Zu einer weiteren maßgeblichen Verbesserung der Information über das Angebot an umweltfreundlichen Produktalternativen und Erzeugnissen trägt auch das 1986 unter Mitwirkung der Länder vom Umweltbundesamt herausgegebene Handbuch umweltfreundliche Beschaffung - Handbuch zur Berücksichtigung des Umweltschutzes in der öffentlichen Verwaltung und im Einkauf" bei. Das Handbuch bietet den öffentlichen Beschaffungsstellen wichtige Hinweise, wie bei Beschaffung und Auftragsvergabe gezielt an den Schutz der Umwelt gedacht werden kann. Im übrigen trägt die Staatsregierung dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Information über die Bedeutung der Altstoffverwertung und Verwendung von Sekundärprodukten im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit verstärkt Rechnung. Hierbei mißt sie der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und wissenschaftlichen Berichten, dem Aufbau von Umweltdatenbanken und ihrer Bereitstellung für die Öffentlichkeit, aber auch der Information über die Umwelteigenschaften von Produkten und der Einflußnahme auf Normen und technische Regelwerke unter Umweltgesichtspunkten besondere Bedeutung bei Information und Beratung Ein wichtiges umweltpolitisches Instrument, um das Bewußtsein bei Produzenten und Konsumenten für umw1>ltfreundliches Verhalten zu fördern, ist die Information und Beratung. Sowohl den Unternehmen als auch den Verbrauchern stehen in Bayern zu diesem Zweck verschiedene Beratungsdienste zur Verfügung: Umweltberatung für Unternehmen Die Umweltberatung für Unternehmen entwickelt sich neben der Umweltberatung für Verbraucher und Kommunen als ein eigenständiges Feld. Mit dieser Aufgabe sind in erster Linie die zuständigen Kammern und Verbände sowie Ingenieurbüros und Unternehmensberatungen befaßt. Verschiedene Industrie- und Handelskammern (IHK) sind dazu übergegangen, als Kammerservice eine spezielle Umweltberatung - deren Gegenstand neben anderem auch die Abfallberatung ist - anzubieten. Beispielhaft sei hier die IHK Nürnberg erwähnt, bei der seit Anfang 1986 ein auf 3 Jahre angelegter Modellversuch verstärkte Berücksichtigung mittelständischer Gesichtspunkte im Rahmen der Umweltpolitik" angesiedelt ist. Ziel des Modellversuchs ist es u. a ein Beratungs- und Kooperationsmodell zu erarbeiten, das zum einen die intensivierte inhaltliche Beratung mittelständischer Unternehmen bezweckt und zum anderen auf eine verstärkte Kooperation zwischen den verschiedenen Behörden, Unternehmen, Kammern und beratenden Fachinstitutionen hinwirkt. Daneben bieten auch die bayerischen Sondermüllar" ganisationen (GSB und ZVSMM) im Rahmen ihrer Kapazitäten. den Sondermüll erzeugenden Gewerbeund Handwerksbetrieben eine Beratung in bezug auf Vermeidungs-, Verminderungs- und Verwertungstechniken an. Eine wesentliche Beratungsfunktion hinsichtlich Vermeidung und Verwertung von produktionsspezifischen Abfällen und Reststoffen weist das Abfallgesetz auch den Betriebsbeauftragten für Abfall zu, die von bestimmten Betrieben zu bestellen sind. Bei der Gestaltung und Ausführung von entsprechenden Befähigungs- und Fortbildungsseminaren für Abfallbeauftragte, z.b. bei der Landesgewerbeanstalt Bayern (LGA) in Nürnberg, wirkt das Landesamt für Umweltschutz fachberatend mit. Damit wird gewährleistet, daß neue rechtliche Regelungen sowie technische Entwicklungen und praktische Erfahrungen Eingang in das Tätigkeitsfeld des Betriebsbeauftragten finden. Im übrigen ist das Landesamt für Umweltschutz in einer Vielzahl von Kontakten mit Abfallerzeugern auch unmittelbar beratend tätig. Umweltberatung für Verbraucher Die Abfallberatung erhält auch zunehmende Bedeutung im Rahmen der Umweltberatung für Verbraucher. Eine solche Beratung wird derzeit in Bayern im wesentlichen von den 16 Beratungsstellen der Verbraucherzentrale Bayern, den Beratungsstellen der Hausfrauenverbände (6 Beratungsstellen des Deutschen Hausfrauen-Bundes e. V. - DHB - und 13 Beratungsstellen der Bayerischen Hausfrauenvereinigung des KDFB e. V.) sowie den 80 staatlichen Beratungsstellen für Ernährung und Hauswirtschaft bei den Ämtern für Landwirtschaft durchgeführt. Ziel einer solchen Beratung ist, das Wissen über umweltfreundliche Alternativen zu vermitteln und auf diesem Wege Kaufentscheidungen und Verwendungen von Produkten im Sinne des Umweltschutzes zu beeinflussen. Im Bereich Abfallvermeidung und -verwertung steht die Informationsvermittlung über umweltfreundliche Verpackungssysteme (z. B. Mehrwegstatt Einwegverpackungen) und eine umweltverträgliche Abfallbehandlung (z.b. getrennte Erfassung unterschiedlicher Materialien) im Vordergrund. Kommunale Umweltberatung Für Fragen des ökologischen und des technischen Umweltschutzes stehen bei den Landratsämtern und kreisfreien Städten die hauptamtlich tätigen Fachkräfte für Naturschutz und Landschaftspflege sowie für den technischen Umweltschutz (Umweltschutz-

138 32 ingenieure) zur Verfügung. Sie nehmen im Rahmen ihrer Tätigkeit auch Beratungsaufgaben wahr. Darüber hinaus beschäftigen verschiedene Kommunen eigene Umwelt- oder Abfallberater. Eine generelle und abschließende Bewertung der Tätigkeit derartiger kommunaler Umweltberater ist, da es sich um ein relativ neues Aufgabengebiet handelt, derzeit noch nicht möglich. Versuche, organisatorische und inhaltliche Modelle für die neue Aufgabe Umweltberatung zu entwickeln und zu realisieren, befinden sich bundesweit erst im Anfangsstadium. Um gesicherte Grundlagen für die Bewertung von Umweltberatungsansätzen zu erhalten, beteiligt sich das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen an der von PROGNOS durchgeführten wissenschaftlichen Begleituntersuchung zu dem bundesweiten Modellprojekt Umweltberatung für Haushalte und Gemeinden". Der Abschlußbericht wird bis Ende 1988 erwartet Abfallbörsen Eine besondei:e Art freiwilliger und eigenverantwortlicher Leistungen der Wirtschaft zur Abfallverminderung und AbfallVerwertung sind die Abfallbörsen. Sie leisten wesentliche Dienste bei der Vermittlung überbetrieblicher Reststoffverwertung. Abfallbörse des VCI Der VCI (Verband der Chemischen Industrie) betreibt seit 1973 eine Abfallbörse. Vermittelt werden ausschließlich Reststoffe, die - in möglichst großen Mengen und - gewisser Regelmäßigkeit - im Chemiebereich anfallen oder in diesem verwertet werden können. Die Angebots- und Nachfragemeldungen für verwertbare Chemieprodukte werden in den Verbandsmitteilungen des VCI unter Chiffre veröffentlicht. Seit Bestehen der VCl-Abfallbörse sind etwa 650 Angebotsund 150 Nachfragemeldungen veröffentlicht worden. Eine Statistik über die einzelnen vermittelten Stoffe wird vom Verband nicht geführt. Der VCI hat in den Anfangsjahren von Zeit zu Zeit Erfolgskontrollen durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt, daß es bei etwa 200/o der Inserate zu einem Vertragsabschluß kam. Derzeit dürften nach Auffassung des VCI etwa 300/o der angebotenen bzw. nachgefragten Chemieprodukte ganz oder teilweise einen Abnehmer finden. Dabei ist festzustellen, daß über die Abfallbörse Interessenten und Anbietende bzw. nachfragende Firmen feste Beziehungen eingehen, was dazu führt, daß die absolute Zahl der Angebote und Nachfragen zurückgeht. Andererseits garantiert die Tatsache, daß immer wieder auch neue verwertbare Reststoffe anfallen, die weitere Existenz der Abfallbörse. Abfallbörse des DIHT Seit 1974 koordiniert der DIHT (Deutscher Industrieund Handelstag) die universellen Abfallbörsen der Industrie- und Handelskammern (IHK). Diese Börsen vermitteln branchenübergreifend ' Produktionsrückstände aller Art. Die VCI- und die DIHT-Abfallbörse arbeiten zusammen, indem die Angebots- und Nachfragemeldungen ausgetauscht werden. Die VCl-Abfallbörse übernimmt dabei vom DIHT nur die Chemieprodukte, während der DIHT seinen Kammern alle Meldungen der VCl-Abfallbörse weitergibt, insbesondere, um so die Vor-Ort"-Veröffentlichungen zu erreichen. In den 14 Jahren seit Bestehe.n der DIHT-Abfallbörse wurden allein im Inland Angebote und Nachfragen, also insgesamt Produktionsrückstände im Rahmen der Abfallbörse veröffentlicht. Für diese Produktionsrückstände haben sich in diesen Jahren im Inland Interessenten gemeldet, und zwar auf die Angebote und auf die Nachfragen. Im Durchschnitt der 14 Jahre ergibt es ca. 2 Interessenten auf 1 Angebot und 3 Interessenten auf jede Nachfrage. Obwohl sich zwischenzeitlich eine Reihe von Partnern über die Abfallbörse gefunden haben und ihre Produktionsrückstände nunmehr insoweit ohne Inanspruchnahme der Abfallbörse austauschen, ist auch 1987 wieder ein Zuwachs von Angeboten bzw. Nachfragen gegenüber 1986 zu verzeichnen. Die angebotenen Reststoffe haben sich 1987 auf 2045 (1986: 1 387) und die nachgefragten Reststoffe auf 980 (1986: 883) erhöht. Nach der Erfolgskontrolle des DIHT kamen 1987 auf ein Angebot im Durchschnitt 2, 1 Nachfragen, während jeder Nachfrage durchschnittlich 3,9 Angebote gegenüberstanden. Nach wie vor gibt es deutliche Unterschiede bei den Stoffgruppen. Das Hauptinteresse gilt immer noch den K u n s t s t o ff e n, die ihre seit Jahren führende Stellung weiter ausgebaut haben. Ihr Angebot ist 1987 um fast ein Drittel (320/o) auf 784 Meldungen (1986: 595 Meldungen) gestiegen. Auch die Nachfrage hat sich nach DIHT-Angaben um 130/o auf 424 (1986: 375 Nachfragen) erhöht. Auf jedes Angebot für Kunststoffe meldeten sich im Durchschnitt 2,7 Interessenten, und auf jede Nachfrage für Kunststoffe 3,9 Interessenten. Im Bereich der Kunststoffe liegt das Hauptbetätigungsfeld der Abfallbörse vermutlich bei den Abfällen der gewerblichen Endverbraucher von Kunststoffprodukten und weniger im Bereich der Kunststoffhersteller und -verarbeiter, deren Kunststoff-Recycling auch ohne die Abfallbörse funktioniert. Bei den Endverbrauchern für Kunststoffprodukte kommen große Abfallmengen aus dem Einzel-, Versand- und Großhandel, aber auch aus der Landwirtschaft (Verpackungsmaterialien). Wesentlich sind aber auch z.b. Kabelisolierungen, Fenster- und Türprofile u.ä. Materialien aus den unterschiedlichsten Branchen. Um diese Kunststoffabfälle bemühen sich u. a. auch ca. 160 Kunststoff-Recycling-Betriebe, die vermutlich auch viel an der Abfallbörse inserieren. Man rechnet heute mit jährlich ca t, die wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden. Hinzu kommen die Mengen, die in der Mehrzahl der rd Kunststoffverarbeitungsunternehmen betriebsintern verwertet werden.

139 33 Wesentlichen Anteil an der Abfallbörse hatten auch 1987 Ch e m i k a 1 i e n mit 17,40/o Anteil an den Angeboten und 12,10/o an den Nachfragen, wobei der Anteil an den Nachfragen gegenüber 1986 leicht rückläufig ist. Ähnliches gilt für Meta 11 e mit 9,70/o Anteil an den Angeboten und 10,90/o Anteil an den Nachfragen. Auffallend ist nach wie vor der hohe Anteil für Sonstiges", die ,10/o aller Angebote und 18,10/o aller Nachfragen ausmachten. Unter Sonstiges" werden von den Kammern gemeldet z.b. Bettfedern, Hopfentreber, gebrauchte Fritierfette, Tonerdestaub, Fischereinetzabfälle, Bauschutt. Schlußlichter der Abfallbörse sind nach wie vor Te x t i 1 i e n, G u m m i, G 1 a s u n d L e d e r. Dies bedeutet jedoch keineswegs, daß Produktionsrückstände aus diesem Bereich nicht verwertet werden. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, daß bei diesen Materialien das Recycling weitgehend ohne Inanspruchnahme der Abfallbörse läuft. Die Abfallbörse der Industrie- und Handelskammern beschränkt sich auf eine Vermittlung von Anbietern und Nachfragern. Der Aufwand für diese Leistungen wird bei den Kammern und beim DIHT bewußt auf ein Minimum beschränkt. Deshalb besteht auch keine Übersicht über die durch die Abfallbörse tatsächlich erfolgten Geschäftsabschlüsse und die dabei bewegten Tonnagen oder Umsätze. Vielmehr beschränkt sich die Erfolgskontrolle" darauf, die Interessenten pro Angebot bzw. pro Nachfrage zu erfassen. Hier ergibt sich seit Jahren eine steigende Tendenz. 3.5 V o r b i 1 d f u n kt i o n d e r ö ff e n t 1 i c h e n Hand Verwendung von Recycling-Papier Die Staatsregierung mißt der verstärkten Verwendung von aus 1 OQO/o Altpapier hergestelltem Recycling-Papier große Bedeutung im Rahmen der Altpapierverwertung bei. Die Verwendung von Altpapier anstelle von Zellstoff oder Holzschliff bei der Papierherstellung bringt neben der Verringerung der Abfallmengen weitere erhebliche Vorteile für die Umwelt (geringere Abwasserbelastung, Energieeinsparung, verminderter Frischwasserverbrauch). Recycling-Papier sollte des~alb überall dort verwendet werden, wo dies unter den gegebenen Umständen technisch möglich, zweckmäßig und von der Aufgabenstellung her vertretbar ist. Die Staatsregierung fördert den verstärkten Einsatz von Recycling-Papier im behördlichen Bereich mit folgenden administrativen Maßnahmen: - Im Vollzug der Beschlüsse des Bayerischen Landtags vom (Drs. 8/8366) und vom (Drs. 8/3253) hat das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen wiederholt bei den übrigen Staatsministerien auf die Verwendung von Recycling-Papier in den Ministerien und nachgeordneten Behörden hingewirkt. Ferner sind die kommunalen Spitzenverbände gebeten worden, eine stärkere Verwendung von Recycling-Papier auch in den kommunalen Verwaltungen zu unterstützen. - In den Haushaltsvollzugsrichtlinien der letzten Jahre wurde stets darauf hingewiesen, daß die Qualitätsansprüche an Schreib- und Vervielfältigungspapier, Briefumschläge und für kurzlebige Druckerzeugnisse nach Möglichkeit zurückgesteckt werden sollen. - Die Umweltrichtlinien Öffentliches Auftragswesen" vom (Beilage Nr. 8 des StAnz Nr. 45/1984) sind beim Einkauf von Schreib- und Vervielfältigungspapieren, Briefumschlägen, Hygienepapieren etc. zu beachten. Die staatlichen Vergabestellen haben bei der Beschaffung zu prüfen, welche umweltfreundlichen Lösungen angeboten werden. Dem kommunalen Bereich und den sonstigen landesunmittelbaren Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts wurde die Anwendung der Umweltrichtlinien Öffentliches Auftragswesen zuletzt mit Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern vom (MABI S. 380) empfohlen. - In der gemeinsamen Bekanntmachung der Staatsministerien für Unterricht und Kultus, des Innern, für Wirtschaft und Verkehr und für Landesentwicklung und Umweltfragen vom (KWBMI 1 S. 70, LUMBI S. 10) wurde den Schulen ein verstärkter Einsatz von Recycling-Papier empfohlen. Recycling-Papier findet inzwischen in fast allen Staatsministerien und nachgeordneten Behörden zunehmende Verwendung: Schreib-, Kopier- und sonstige Büropapiere Der Anteil von Recycling-Papier am Gesamtpapierverbrauch beträgt: in der Staatskanzlei im Staatsministerium des Innern im Staatsministerium der Justii: im Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst im Staatsministerium für Unterricht und Kultus im Staatsministerium der Finanzen im Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung im Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen im Staatsministerium für Bundesund Europaangelegenheiten rd. ~SO/o rd. 400/o rd. 500/o rd. 500/o rd. 500/o rd. 650/o rd. 150/o rd. 100/o rd. 670/o rd. 800/o keine Verwendung von Recycling-Papier Erfreulich hoch liegt der Recycling-Papier-Anteil auch bei den nachgeordneten Behörden. Er beträgt z.b. - in der allgemeinen Verwaltung beim Geologischen Landesamt nahe 1000/o, - beim Landesamt für Umweltschutz zwischen 800/o und 900/o, - bei den Dienststellen im Geschäftsbereich der Staatsministerien für Unterricht und Kultus und für Wissenschaft und Kunst bis zu 700/o,

140 34 - bei den Dienststellen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz rd. 300/o, - bei den Dienststellen im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung bis zu 20010, - bei den der Rechtsaufsicht des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung unterstehenden Sozialversicherungsträgern bis zu 600/o, - bei den Regierungen bis zu 850/o, - bei den Polizeipräsidien bis zu 650/o, - beim Landeskriminalamt, Landesamt für Wasserwirtschaft und bei den Autobahndirektionen bis zu 220/o, - beim Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung für Druckaufträge rd. 750/o und - in der Eichverwaltung sowie der Bergverwaltung bis zu 300/o. Amtsblätter Seit Januar 1979 wurde auch das Amtsblatt des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen (LUMBI) auf Recycling-Papier gedruck1. Die Herausgabe des LUMBI ist mit Ablauf des Jahres 1987 eingestellt worden. Seit werden die amtlichen Veröffentlichungen des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen im Allgemeinen Ministerialblatt abgedruckt, wie auch die Veröffentlichungen der Bayerischen Staatskanzlei und der Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft und Verkehr, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Arbeit und Sozialordnung und für Bundes- und Europaangelegenheiten. Neben dem Allgemeinen Ministerialblatt werden im Bereich der Ministerien noch drei Amtsblätter herausgegeben (Amtsblatt der Staatsministerien für Unterricht und Kultus und für Wissenschaft und Kunst, Justizministerialblatt, Amtsblatt des Staatsministeriums der Finanzen). Die genannten Amtsblätter erscheinen bislang noch auf Normalpapier. Der jährlich erscheinende Fortführungsnachweis zum Amtsblatt der Staatsministerien für Unterricht und Kultus und für Wissehschaft und Kunst wird in der Regel auf Recycling-Papier gedruckt. Broschüren und vergleichbare Publikationen In den Jahren 1985 bis 1987 wurden von der Staatskanzlei und den Staatsministerien insgesamt 556 Broschüren und vergleichbare Publikationen (Fachberichte, Faltblätter, Informationsschriften, Wandzeitungen u.ä.) herausgegeben, davon 78 auf Recycling-Papier, wobei dieser Anteil in den letzten Jahren ständig gestiegen ist. Für die einzelnen Ressorts ergibt sich hiernach folgende Situation: in der Staatskanzlei: 34 Publikationen auf Normalpapier im Staatsministerium des Innern: 70 Publikationen, davon 5 auf Recyclingpapier im Staatsministerium der Justiz: 17 Publikationen auf Normalpapier im Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst: bis Ende 87 noch keine Publikationen veröffentlicht im Staatsministerium für Unterricht und Kultus: 28 Publikationen auf Normalpapier im Staatsministerium der Finanzen: 30 Publikationen, davon 15 auf Recycling-Papier im Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr: 99 Publikationen, davon 1 auf Recycling-Papier im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: 85 Publikationen auf Normalpapier im Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung: 89 PublikatiOnen, davon 7 auf Recycling-Papier im Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen: 101 Publikationen, davon 50 auf Recycling-Papier im Staatsministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten: 3 Publikationen auf Normalpapier Die Ressorts sind grundsätzlich bereit, künftig nach Möglichkeit für ihre Publikationen Recycling-Papier zu verwenden. Das gilt sowohl für die Herausgaben neuer Broschüren als auch für die Neuauflage bereits älterer Publikationen. Eine generelle Umstellung aller Broschüren auf Recycling-Papier wird dagegen jedoch nicht möglich sein. Vielmehr müssen bei der Vielschichtigkeit staatlicher Aufgaben auch in Zukunft die Dienststellen die Möglichkeit haben, im Einzelfall und unter Berücksichtigung der drucktechnischen, graphischen, finanziellen und sonstigen Vorgaben, das jeweils zweckmäßigste Druckmedium zu wählen. So ist Recycling-Papier für einen Teil der Publikationen nicht verwendbar (z. B. aufgrund mangelnder Reißfestigkeit nicht für Wandzeitungen und die im Rotationsdruck hergestellte Informationsschrift BY"). Allerdings enthält das für diese Publikationen in der Regel verwendete Papier einen ebenfalls nicht unerheblichen Anteil an Altpapier, z. B. bis zu SQO/o beim Zeitungsdruckpapier für BY". Auch kann für Broschüren und vergleichbare Publikationen z.b. der Vermessungsverwaltung vielfach kein Recycling-Papier eingesetzt werden, wenn sie kartographische Reproduktionen enthalten, die ein besonderes Papier erfordern und damit Recycling-Papier ausschließen. Ähnliches kann für bestimmte Fachveröffentlichungen gelten, die häufig Musterpläne und -Zeichnungen enthalten, die aus druck1echnischen und Platzgründen nur stark verkleinert wiedergegeben werden können, und dadurch feine Strichzeichnungen aufgrund der geringen Kontrastfähigkeit von Recycling-Papier eventuell nicht mehr so klar lesbar bzw. erkennbar sind. Die Papierindustrie hat das Angebot für Recycling Papier in den letzten Jahren sowohl quantitativ als auch qualitativ stetig verbessert. Es sind heute Recycling-Papiere auf dem Mark1, die auch Mehrfarben-

141 35 drucke in höchstmöglicher Qualität erlauben. Damit haben sich die Einsatzmöglichkeiten für Recycling Papier besonders im druckgraphischen Sektor deutlich verbessert. Schulbücher Die Staatsregierung ist daran interessiert, daß auch im Schulbuch- und Lernmittelbereich mehr Recycling-Papier eingesetzt wird. Sie sieht allerdings keine Möglichkeif, die Schulbuchverlage zur Verwendung von Recycling-Papier zu verpflichten. Sie kann allenfalls den Verlagen gegenüber die Empfehlung aussprechen, in geeigneten Fällen verstärkt auf Recycling-Papier zurückzugreifen. Dies ist bereits in der Vergangenheit, z.b. mit Schreiben des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom an den Verband der Schulbuchverlage, geschehen. Die Staatsregierung wird zusätzlich weitere Bemühungen in dieser Richtung unternehmen. Sie begrüßt in diesem Zusammenhang, daß sich zwischenzeitlich ein großer Schulbuchverlag entschlossen hat, verschiedene Schulbücher und Arbeitshefte auf Recycling Papier zu drucken. Grundsätzlich sieht die Staatsregierung gute Chancen, den Einsatz von Recycling-Papier bei Behörden und öffentlichen Einrichtungen weiter zu erhöhen. Auch die Behörden, die heute noch in vergleichsweise geringem Umfang Recycling-Papier verwenden, halten eine Steigerung des Recycling-Papier Einsatzes für möglich und streben dies auch an. In welchem Umfang und in welchem Zeitraum dies in der Praxis verwirklicht werden kann, wird u. a. davon abhängen, ob es gelingt, die Recycling-Papier-Qualitäten kostengünstig noch zu verbessern und Kopierund Druckmaschinen noch besser dem Einsatz von Recycling-Papier anzupassen. Damit würden die am häufigsten genannten technischen Hindernisgründe entfallen Abbau von Verwertungshemmnissen Um eine weitere Steigerung des Altpapiereinsatzes und der Verwendung altpapierhaltiger Produkte zu erreichen, ist auch zu prüfen, ob DIN-Normen und andere Regeln der Technik, oder Technische Lieferbedingungen, dem Einsatz von Sekundärrohstoffen den Forderungen des Umweltschutzes entgegenstehen. Das gilt besonders für den Bedarf des öffentlichen Beschaffungswesens im Zusammenhang mit derartigen Normen. So fordert etwa die Deutsche Bundespost für die von ihr angebotenen Postpakete für die Innen- und Außendeckel ein Deckenpapier für Wellpappen aus 1 QOO/o Zellstoff (Kraftliner). Daneben gibt es auch indirekte Verwertungshemmnisse für altpapierhaltige Verpackungen. So schreiben die einschlägigen Technischen Lieferbedingungen der Bundeswehr, Bundesbahn und Bundespost für Verpackungen häufig gleichzeitig hohe Festigkeitswerte und eine niedrige flächenbezogene Masse (Flächengewicht) vor. Ähnliche Festigkeiten können jedoch nur von altpapierhaltigen Verpackungen mit einem weit höheren Flächengewicht erreicht werden. Die Forderung nach geringeren Verpackungsgewichten hemmt somit den Ein- salz von schwereren Verpackungen, die aber aus Altpapier hergestellt werden könnten. Inwiefern diese Qualitätsvorschriften gerechtfertigt sind, vermag die Staatsregierung nicht zu beurteilen. Das Umweltbundesamt hat im Rahmen eines 1985 abgeschlossenen Forschungsauftrags über DIN-Normen und Normentwürfe - auch im Bereich des Recycling von Wertstoffen aus Abfällen - von den betreffenden Normenausschüssen auf ihre Umweltrelevanz überprüfen lassen. Dabei wurden auch Regelungen anderer Organisationen wie RAL, VDA, VDI und die Technischen Lieferbedingungen der genannten Bundesunternehmen mit einbezogen. Die Staatsregierung geht davon aus, daß die Bundesregierung aufgrund der Ergebnisse dieser Untersuchung geeignete Maßnahmen ergreifen wird, um in diesem Bereich Verwertungshindernisse soweit möglich abzubauen und Forderungen des Umweltschutzes künftig noch besser in die Normungsarbeit zu integrieren. 4. Kompostierung 4.1 Bedeutung Die Kompostierung organischer Abfälle ist ein wesentlicher Bestandteil des integrierten Entsorgungskonzeptes. Die Staatsregierung unterstützt die Anstrengungen der Kommunen und der Privatwirtschaft auf diesem Gebiet in besonderem Maße. Sie ist der Auffassung, daß die Kompostierung neben ihrer Bedeutung zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen auch einen erheblichen Beitrag leisten kann, den Torfverbrauch deutlich zu verringern und damit wertvolle Feuchtgebiete zu erhalten. Kompostierbare Abfälle mindern durch ihren hohen Wassergehalt (50-80 Gew.-0/o) den Heizwert des Hausmülls. Die biologische Verwertung dieser Abfallfraktion kann somit zur Entlastung der thermischen Anlagen beitragen. In der Deponie sind organische Stoffe mit verantwortlich für die weitgehend unkontrolliert stattfindenden biologischen Abbauprozesse, die über Jahre z.b. Maßnahmen zur Erfassung und Behandlung von Sickerwasser und Deponiegas erforderlich machen. Die Kompostierung kann helfen, knappes Deponievolumen zu schonen. Der Nutzen der Komposte liegt vor allem in ihrem Wert als Bodenverbesserungsmittel. Sie tragen zur Humusbildung bei und besitzen auch Düngewirkung. Der Einsatz von Kompost kann ferner dem Erosionsschutz dienen. Der Anteil kompostierbarer Abfälle im Gesamtmüll liegt in der Regel bei ca. 30 Gew.-O/o (An 1 a g e 8) ; ein beträchtlicher Anteil davon können Grünabfälle (Garten-, Park-, Friedhofsabfälle, Gras u.ä.) sein. Siedlungsstruktur und jahreszeitliche Einflüsse haben einen erheblichen Einfluß auf das Aufkommen dieser Abfälle. Die Staatsregierung hat bereits in den 60er Jahren Vorhaben zur Hausmüllkompostierung unterstütz1 und die Kombinationsanlagen Schweinfurt und Geiselbullach in erheblichem Umfang gefördert. Mit öf-

142 36!entliehen Fördermitteln werden derzeit neun Versuchs- bzw. Forschungsvorhaben unterstützt, um weitere praxisbezogene Erfahrungen zu gewinnen. Insgesamt wurden bzw. werden über 20 Versuchsvorhaben auf dem Gebiet der Kompostierung in Bayern durchgeführt ( A n 1 a g e 1 1 ). Dies verdeutlicht, welch hohen Stellenwert Staat und Kommunen der Kompostierung beimessen. Die Kompostierung hat in den letzten Jahren ein neues und besonderes Gewicht in der Abfallwirtschaft erhalten. Hierbei steht allerdings nicht mehr wie früher die Kompostierung des Gesamtmülls oder von Müll-Klärschlammgemischen im Vordergrund, sondern die gezielte Kompostierung einzelner, von der Zusammensetzung her geeigneter Abfälle oder Abfallfraktionen, beispielsweise organisches Material aus Gärten, Grünanlagen und landschaftspflegerischen Maßnahmen oder vegetabilen Abfällen aus Haushalten. Die Abfallkompostierung wird in diesem Sinne nicht mehr als ein Verfahren zur Behandlung des Gesamtmülls, sondern vielmehr als ein weiteres Verfahren im Rahmen integrierter Systeme gesehen, mit dem bestehende oder in Erprobung befindliche Systeme zur Verminderung des Aufkommens und der Verwertung von Siedlungsabfällen ergänzt werden können und mit dem eine zusätzliche Entlastung der Abfallentsorgung erreichbar ist. 4.2 M e t h o d e n Grenzen Möglichkeiten und Müll-/Müll-Klärschlamm-/Naßmüll-Kompostierung Die Müll- und Müll-Klärschlamm-Kompostierung geht nicht von einzelnen Fraktionen, sondern vom Ge - s am t m ü 11 aus. Nach diesem Verfahren wurden die Kombinationsanlagen Schweinfurt und Geiselbullach bis 1986 bzw betrieben. Komposte aus diesen Einsatzstoffen weisen jedoch meist erhöhte Schwermetallgehalte auf (An 1 a g e 12, Spalte 1). Die Auswirkungen dieser Schwermetallgehalte auf die Verwendbarkeit können dem Diagramm der A n - 1 a g e 13 entnommen werden. Ausgehend von Böden mit durchschnittlichen Schwermetallgehalten und den in der Klärschlammverordnung festgelegten Bodenrichtwerten ergibt sich, welche Ausbringungsmengen innerhalb welcher Ausbringungsintervalle bei einem gegebenen Schwermetallgehalt des Kompostes bei wiederholtem Ausbringen auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Böden nicht überschritten werden sollte (Anlage 15). Wendet man das Diagramm z.b. auf Durchschnittswerte von Müll-/Müllklärschlammkomposten an, so ergibt sich, daß von einem sochen Kompost alle 4 Jahre nur 13 t Trockensubstanz/ha, das entspricht bei einem durchschnittlichen Volumengewicht von ca. 0,6 tim' und einem durchschnittlichen Wassergehalt von ca. 350/o, eine Schicht von ca. 2-3 mm Höhe/ha ausgebracht werden sollte. Eine merkliche Humuswirkung, die das Ziel der Kornpostanwendung darstellt, ist mit so geringen Kornpostmengen kaum mehr zu erreichen. Für einen potentiellen Kornpostanwender ist ein Kompost, der wegen seiner Schwermetallbelastung nur in so geringen Mengen ausgebracht werden kann, kaum attraktiv. Unbefriedigender Absatz und die Schwermetallgehalte waren letztlich die Gründe, warum die beiden bayerischen Kornpostwerke ihren Betrieb inzwischen einstellten. Die Entwicklung des Kornpostabsatzes zeigt An - lage 14. Die Anlagenbetreiber haben in den letzten Jahren zwar durch flankierende Maßnahmen, insbesondere intensive Sortierschritte vor und nach der eigentlichen Kompostierung und verstärkte Problemmüllerfassung die Schwermetallgehalte senken können. Gemessen an den heutigen, sich an den Bodenrichtwerten der AbfKlärV orientierenden Qualitätsanforderungen, bleiben sie jedoch trotz dieser Maßnahmen unbefriedigend. Betreiber von Kompostieranlagen ziehen deshalb in Betracht, ihre Anlagen ggf. auf Biomüllkompostierung umzurüsten, weil dieser weniger mit Schadstoffen belastet und dadurch günstiger vermarktbar scheint. Entsprechende Versuche mit Biomüllkompostierung werden in der Stadt Schweinfurt sowie mit Grünab )allkompostierung im Einzugsbereich der ehemaligen Kombinationsanlage Geiselbullach durchgeführt. Bei dem im Frühjahr 1983 in Betrieb genommenen Kornpostwerk Singen (Baden-Württemberg) werden ähnlich wie im früheren bayerischen Kornpostwerk Schweinfurt aufbereiteter Hausmüll und Klärschlamm nach dem Brikolare-Verfahren kompostiert. Die Spalte 2 der A n 1 a g e 12 zeigt, daß der Kompost aus der Anlage Singen zwar aufgrund der dort sowohl vor als auch nach der Rotte vorgenommenen Aufbereitungsschritte (Aussortieren von Metallteilen, Absieben ungeeigneter Grobstoffe, Abtrennen feiner Grobstoffe durch Windsichten) sowie aufgrund der in Singen praktizierten Mitkompostierung von Grünabfällen geringere Schwermetallgehalte als herkömmliche Müll- und Müllklärschlammkomposte aufweist, diese jedoch immer noch relativ hoch sind. Eine Modifizierung der klassischen, vom Gesamtmüll ausgehenden Hausmüllkompostierung stellt die N a ß m ü 11 k o m p o s t i e r u n g dar. Als Naßmüll oder Restmüll wird in der Regel das Stoffgemisch bezeichnet, das nach Absammlung der Wertstoffe (Papier, Altglas, Metalle) verbleibt und nach gesonderter Abfuhr einer Kompostierung zugeführt werden kann. Die Kompostierung des unbehandelten Naßmülls begegnet gewissen Bedenken. Erfahrungen mit der Kompostierung der Naßmüllfraktion (Beispiel: Ravensburg) haben gezeigt, daß von den Ausgangsprodukten her der Kompost unvermeidbare Schwermetallgehalte aufweist, die seine Verwendungsmöglichkeiten einschränken. Einen signifikanten Einfluß der getrennten Wertstofferfassung und der Problemmüllsammlungen auf diese Schwermetallgehalte haben die bisherigen Versuchsvorhaben nicht erkennen Jassen. Ergebnisse aus einer orientierenden Untersuchung zur Naßmüllkompostierung sind in A n 1 a g e 12, Spalte 3 aufgeführt. Es ist denkbar, daß die dort angegebenen Schwermetallgehalte durch eine weitere

143 37 Aufbereitung des Kompostrohstoffes bzw. des Kompostes noch gesenkt werden können. Um die Eignung dieses Verfahrens für eine flächendeckende Verwertung zu überprüfen, ist die Staatsregierung bereit, einen entsprechenden Versuch des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen zu unterstützen. Aufgrund eigener Voruntersuchungen geht der Landkreis davon aus, daß der maschinell aufbereitete Naßmüll zusammen mit weitgehend schwermetallarmem Klärschlamm zu einem Produkt verarbeitet werden kann, für das er insbesondere in seinem Bereich Absatzmöglichkeiten finden wird. Ob die Erwartungen des Landkreises bestätigt werden, werden erst die Ergebnisse der nächsten Jahre zeigen. Die Staatsregierung ist der Auffassung, daß bei der Kompostierung auf Dauer nur solche Verfahren zur Anwendung kommen sollen, die den geringstmöglichen Schadstoffeintrag in die Biosphäre gewährleisten B i o m ü 11 k o m p o s t i e r u n g Die Biomüllkompostierung zeichnet sich dadurch aus, daß die vegetabilen Küchen- sowie Grünabfälle getrennt im Haushalt erfaßt und gesondert zur Entsorgung bereitgestellt werden. Die getrennte Erfassung der natürlich-organischen Müllanteile direkt im Haushalt erbringt niedrigere Schadstoffgehalte als die Kompostierung von Gesamtmüll oder Müll-Klärschlamm. Biomüllsammelaktivitäten begannen bundesweit im Jahre 1985 in größerem Umfang, allerdings durchgehend im Pilot- bzw. Versuchsmaßstab (An 1 a g e 11 ). Von Einzelfällen abgesehen, können diese Aktivitäten erst auf eine praktische Erprobungsphase von 2 Jahren und weniger zurückblicken. Eine Reihe der Versuche wurde insbesondere wegen des mit der Biomüllerfassung verbundenen hohen organisatorischen Aufwandes, sowie wegen unbefriedigender Qualitätsverhältnisse und Absetzbarkeil des Kompostes, vollständig oder zumindest vorläufig wieder eingestellt; in Bayern z.b. im Lkr. Unterallgäu und in den Städten Lindau und Regensburg. Im Rahmen von Versuchen ließ sich jedoch in eng eingegrenzten Gebieten mit hoch motivierter Bevölkerung ein Anteil von ca kg Biomüll pro Einwohner und Jahr erfassen. Die Schwermetallbelastung lag bei guter Vorbereitung und Betreuung der an dem Versuch teilnehmenden Haushalte merklich unter den Werten der Hausmüllkompostierung ( A n - 1 a g e 12, Spalten 4 und 5). Damit wird bestätigt, daß Biomüllmenge und -qualität direkt abhängig sind von der Motivation des an das Sammelsystem angeschlossenen Bürgers. Der weitere Erfolg der Biomüllkompostierung wird deshalb maßgeblich davon abhängen, ob es gelingt, auch bei Anschluß großer Gebiete Methoden zu finden, z. B. über gezielte Öffentlichkeitsmaßnahmen den Bürger langfristig für eine engagierte und gewissenhafte Mitarbeit zu gewinnen. Die bisher bekannten Ergebnisse reichen für eine abschließende Beurteilung noch nicht aus. Um weitere Erfahrungen zur Biomüllkompostierung zu gewinnen, unterstützt die Staatsregierung u. a. das Modellvorhaben des Ladkreises Schweinfurt in der Gemeinde Bergrheinfeld. Der kteinräumige Versuch wird seit Mai 1987 durchgeführt und soll 2 Jahre dauern. Die Zwischenergebnisse sind hinsichtlich Erfassungsgrad und Schadstoffgehalt bisher insgesamt positiv, lassen jedoch noch keine abschließende Beurteilung zu. Im 2. Versuchsjahr soll insbesondere überprüft werden, welche Auswirkungen eine alternierende Abfuhr auf die Gesamtkosten der Entsorgung sowie die Qualität des Biomülls haben werden. Weitere Versuche werden in Kürze z. B. die Städte Fürth und Nürnberg beginnen, die Städte Erlangen. Schwabach, Würzburg und Coburg führen in kleineren Teilgebieten bereits Versuche durch. Die Stadt Erlangen beabsichtigt, in den nächsten Jahren ca Einwohner an ihren Versuch anzuschließen. An dem laufenden Versuch der Biomüllkompostierung in Stadt und Landkreis Bayreuth sollen ca. 1ü 000 Einwohner teilnehmen. Bei den vorgenannten Aktivitäten soll der Biomüll jeweils in einer zentralen Anlage verarbeitet werden. Eine andere Methode zur verstärkten Biomüllkompostierung wird mit staatlicher Unterstützung im Landkreis München praktiziert. Im Gegensatz zu allen anderen Abfallstoffen besteht für organische häusliche Abfälle durch E i g e n k o m p o s t i e r u n g die Möglichkeit, einen erheblichen Abfallanteil o h n e externen Sammel- und Behandlungsaufwand zu nutzen. Da die Biomüllkompostierung ein Bereich ist, bei dem es in besonderem Maße auf die Eigenverantwortung des Bürgers ankommt, hält die Staatsregierung die verstärkte Eigenkompostierung für ein besonders geeignetes Verfahren, hochwertige, schadstoffarme Komposte, deren Absatz gewährleistet ist, herzustellen. Gerade die verstärkte Eigenkompostierung könnte ein Beweis dafür werden, daß Umweltschutz nicht nur eine Sache des Staates, sondern gerade die des einzelnen Bürgers ist und daß aktives Bürgerengagement auf Dauer erbracht wird. Bei sachgemäßer Handhabung sind bei der Eigenkompostierung Geruchs- und Ungezieferprobleme nicht zu besorgen. Geeignete Kornposter, z. B. aus Recyclingmaterial, stehen zur Verfügung. Untersuchungen verschiedener Kleinkornposter wurden im Rahmen eines Forschungsvorhabens zur Dezentralen Kompostierung von Küchen- und Gartenabfällen in dichtbesiedelten Wohngebieten" durchgeführt. Ein begrüßenswerter Ansatz zur Intensivierung der Eigenkompostierung zeichnet sich durch die Gewährung von Beschaffungshilfen, z. B. in den Landkreisen Starnberg, Bad Tölz-Wolfratshausen und München, ab. Grundsätzlich sollte bei der Kompostierung die Stoffumwandlung am Entstehungsort soweit möglich Vorrang vor einer gesonderten Sammlung und zentralen Kompostierung haben. Aufwendige Erfassungssysteme sollten nicht dazu führen, dem Abfallerzeuger die eigene Verantwortung für die Vermeidung der Ab-

144 38 fälle zu entziehen. Wie aus Beispielen bekannt wurde, kann z.b. die Einführung der Biotonne bewirken, daß dadurch die Eigenkompostierung eingestellt oder erheblich reduziert wird. Die gesonderte Biomüllerfassung mit nachfolgender zentraler Kompostierung sollte deshalb insbesondere nur dort in Betracht kommen, wo aufgrund der vorhandenen Siedlungsstrukturen eine Eigenkompostierung der Bioabfälle und Eigenverwendung der Komposte nicht möglich ist Grünabfallkompostierung Hierunter ist die Kompostierung rein pflanzlicher Materialien aus Gärten, Parkanlagen, Friedhöfen, Mähgut u. a. zu verstehen. Mit der Grünabfallkompostierung vergleichbar ist die Kompostierung von Rindenabfällen. Die Grünabfallkompostierung nimmt _in Bayern den breitesten Raum ein. In den vergangenen Jahren konnte insbesondere durch staatliche Initiativen in den meisten Landkreisen und kreisfreien Städten mit dem Aufbau einer flächendeckenden Verwertung begonnen werden. Die Grünabfallkompostierung gewährleistet nach den bisherigen Ergebnissen einen kaum belasteten und weitgehend fremdstofffreien Kompost mit guten bodenverbessernden Eigenschaften. Der mit staatlicher Unterstützung durchgeführte Modellversuch der Grünabfallkompostierungen im Landkreis Erlangen-Höchstadt verdeutlicht, daß es möglich ist, die flächendeckende Verwertung dieser Materialien dauerhaft zu gewährleisten. Durch geeignete Erfassungsmethoden kann der Fremdstoffanteil des gesammelten Materials gering gehalten werden. Die bisherigen Analysen zeigen, daß die durchschnittlichen Schwermetallgehalte von Grünabfallkomposten meist deutlich unter den Bodenrichtwerten der AbfKlärV liegen (An 1 a g e 12, Spalte 7). Hierdurch wird für diese Komposte ein breiter Raum an Einsatzmöglichkeiten als Bodenverbesserungsmittel eröffnet. Zur Absicherung der Erkenntnisse werden noch weitere Untersuchungen über die Wirkung des Kompostes als Bodenverbesserer und als Substrat durchgeführt. Ein besonderes Augenmerk wird auf den Vergleich Torf/Kompost gelegt. In diesem Zusammenhang ist auch der Entwicklungsauftrag über Ersatzprodukte für Torf durch Kompostierung pflanzlicher Materialien" an die staatliche Versuchsanstalt für Gartenbau, Weihenstephan, zu sehen. Gegenstand dieses Entwicklungsauftrages sind Untersuchungen über - die Eignung verschiedener Ausgangsmaterialien (z. B. Mähgut von Streuwiesen, Schilfflächen, Straßenböschungen, aus landschaftspflegerischen Maßnahmen und von Straßenbegleitpflanzen) für die Kompostierung, - die Reduzierung der Schadstoffbelastung des Kompostes "in Abhängigkeit der Belastung der Ausgangsstoffe (Natrium- und Chloridgehalte, Schwermetallbelastungen), - die Optimierung und Standardisierung der Kompostierungstechnik im professionellen Maßstab (optimale Zerkleinerung und Mischung, Auf- und Umsetzung der Kornpostmieten), - Verwendungs (Kompostreife, halte). und Vermarktungsmöglichkeiten Verkaufsfähigkeit, Nährstoffge- Die vorliegenden Zwischenergebnisse der Versuche zeigen, daß aus pflanzlichen Materialien bei fachmännischer Kompostierungstechnik hochwertige Komposte hergestellt werden können, die in vielen Anwendungsbereichen als Bodenverbesserungsmittel einsetzbar sind und maßgebliche Vorteile gegenüber Torf aufweisen. Es ist vorgesehen, nach Abschluß der Untersuchungen Empfehlungen zu Fragen der Grünabfallkompostierung herauszugeben. Diese sollen Behörden, Kommunen, Verbänden sowie sonstigen interessierten Stellen als Entscheidungshi~e an die Hand gegeben werden. Vorliegende Erkenntnisse sind bereits in die vorläufigen Hinweise zur Mähgut-Kompostierung" eingeflossen, die 1987 durch die Oberste Baubehörde erarbeitet und allen nachgeordneten Straßen- und Wasserwirtschaftsbehörden zugeleitet wurden. Zu beachten ist, daß Komposte aus Laub- bzw. aus Böschungsmähgut von Straßen mit einem Verkehrsaufkommen von über Kfz/Tag erhöhte Schwermetallwerte aufweisen können. Hierfür empfiehlt sich ggf. eine getrennte Erfassung. Zur Sicherung vorhandener Zwischenergebnisse sollen die Untersuchungen erweitert werden. Der ergänzende Entwicklungsauftrag, der bereits erteilt ist, soll sich insbesondere befassen mit - der Optimierung der Einstoffkompostierung von Material aus landschaftspflegerischen Maßnahmen und von Laub, - zusätzlichen Erhebungen und Bewertungen unterschiedlicher Schwermetallgehalte von Böschungsmähgut und Laub als Voraussetzung für eine Trennung und gesonderte Kompostierung der Ausgangsmaterialien, - Analysen und sinnvollen Entsorgungsmöglichkeiten für Sickerwasser, - der optimaler] Größe von Kornpostplätzen zur Reduzierung des finanziellen Aufwandes - und ergänzenden Untersuchungen der Anwendungsmöglichkeiten für Komposte im Substratbereich. Die öffentliche Hand ist seit Jahren bezüglich der Verminderung und der Verwertung des Grünabfalles und Mähgutanfalles beispielgebend. So werden u. a. verstärkt Kornpostanlagen für pflanzliche Abfälle aus dem Bereich der Verkehrswegepflege angelegt. Die Staatsregierung unterstützt darüber hinaus Modellvorhaben, die sich mit der Grünabfallkompostierung befassen. Zu erwähnen ist hierbei insbesondere das Vorhaben des Landkreises Weilheim-Schongau, bei dem unterschiedliche Verfahren (Mieten-/Matratzenkompostierung) erprobt werden, des Landkreises Miesbach, wo die Verwendung von Recyclingproduk-

145 39 ten zum Bau der Anlage getestet und der Stadt Regensburg, wo die Kompostierung von Gartenabfällen mit Rückständen aus der Zuckerrübenverarbeitung im großtechnischen Maßstab erprobt werden wird. Bemerkenswert ist, daß in jüngster Zeit auch Landwirte in Zusammenarbeit mit den örtlichen Maschinenringen auf dem Gebiet der Kompostierung und Verwertung von Gartenabfällen und organischen Materialien aus landschaftspflegerischen Maßnahmen tätig werden. Entsprechende Aktivitäten sind z. B. aus den Landkreisen Dachau, Fürstenfeldbruck und Pfaffenhofen a. d. Ilm bekannt. Über die derzeit anfallenden Kornpostmengen aus der Grünabfallkompostierung liegen noch keine gesicherten Angaben vor. Es ist deshalb eine Studie in Auftrag gegeben worden, die den Umfang der bisherigen Grünabfallkompostierung ermitteln sowie die Möglichkeiten eines weiteren Ausbaus aufzeigen wird. Ergebnisse werden bis Ende des Jahres erwartet. Grundsätzlich sollte auch bei der Grünabfallkompostierung primär die verstärkte Kompostierung in eigenen Gärten sowie die Eigenverwendung der Komposte angestrebt werden. Die Staatsregierung hat hierzu bereits vor geraumer Zeit in Zusammenarbeit mit dem Bayer. Landesverband für Gartenbau und Landespflege eine Informationsschrift herausgegeben. Die Staatsregierung wird die erforderlichen Maßnahmen zum Ausbau der flächendeckenden Grünabfallkompostierung weiter verstärken. Sie sieht auf diesem Gebiet die Möglichkeit, kurzfristig eine Steigerung der Verwertungsquote zu erreichen Abfallvergärung Neben der herkömmlichen, auf die Gewinn~ng eines Bodenverbesserungsmittels ausgerichteten Kompostierung gewinnt in der letzten Zeit auch die Vergärung organischer Abfälle an Bedeutung. Primäres Ziel der Vergärung organischer Abfälle ist die Gewinnung eines als Energieträger einsetzbaren Biogases. Der Vergärung kann die Kompostierung des im Gärprozeß anfallenden Reststoffes nachgeschaltet sein. Im lan\:twirtschaftlichen Bereich ist die Biogasgewinnung aus Abfällen, wie Flüssigmist sowie pflanzlichen Rückständen, beretts seit längerem bekannt. Im Bereich der Hausmüllvergärung richtet sich die Biogasgewinnung vor allem auf die Vergärung der getrennt erfaßbaren organischen Fraktion Biomüll bzw. Naßmüll. Gelegentlich wird vorgeschlagen, hierbei auch andere Abfälle, z. B. Klärschlamm, mitzuvergären. Die derzeit in Erprobung befindlichen Verfahren zur Vergärung der Hausmüllfraktion erfordern vor der anaeroben Vergärung eine in der Regel über maschinelle Anlagen durchgeführte Aufbereitung der Abfälle, bei der insbesondere Störstoffe wie z. B. Metalle oder Plastikabfälle entfernt und eine Homogenisierung und Aufmischung der Abfälle zu einer vergärbaren Suspension durchgeführt wird. Die Vergärung selbst erfolgt in Methanreaktoren bei einer Verweilzeit bis zu 20 Tagen. Probleme können sich bei der Verwertung oder Entsorgung der festen Vergärungsbestandteile, insbesondere wegen möglicher Schwermetallbelastungen und bei der Abwasserbehandlung, ergeben. Nach dem Vergärungsprozeß der Biomüllfraktion entsteht Flüssigschlamm. Dieser wird häufig unter Beimischung von Filterhilfsmitteln auf Siebbandpressen entwässert. Dieser Rückstand, kann mit Strukturstoffen vermischt und kompostiert werden. Die Nährstoffgehalte, die Pflanzenverträglichkeit und die Entseuchung sind nach den bekannten Versuchsergebnissen gut. Für die Schwermetallproblematik gilt im Prinzip das gleiche wie bei der Biomüllkompostierung. Aufgrund des guten Heizwertes läßt sich Biogas direkt in Heizkesseln oder in Kraft-Wärme-Kopplungsmotoren verbrennen. In Garching bei München wird seit 1987 eine Pilotanlage zur N aß m ü 11 v e r g ä r u n g betrieben. Der Naßmüll besteht zum gößten Teil aus Vegetabilien, Gartenabfällen, verschmutztem Papier und Verbundstoffen. Die Methanerzeugung ist hier nur ein Teil eines Systems zur Verarbeitung des Naßmülls, in dem die nichtverwertbaren Stoffe abgetrennt und die festen biologisch-organischen Stoffe mechanisch, chemisch und biologisch aufgeschlossen werden sollen. Das Ziel ist ein Abbau der biogen-organischen Stoffe um /o, so daß die Menge der organischen Reststoffe gering gehalten wird. Mtt der Inbetriebnahme des Methanreaktors begann im Herbst 1987 ein Versuchsprogramm zur Erprobung und Optimierung des Verfahrens und seiner Anlagenkomponenten. Diese Arbeiten werder> als Forschungsvorhaben durch den Bundesminister für Forschung und Technologie gefördert. Erste Versuchsergebnisse werden bis Ende dieses Jahres erwartet. Bei der in der A n 1 a g e 11 neben der Versuchsanlage Garching aufgeführten Anlage im Lkr. Wunsiedel handelt es sich um die kommunale Kläranlage der Stadt Selb, bei der im technischen Maßstab Grasschnitt im Faulturm mitbehandelt wird. Beim derzeitigen Verfahrensstand entziehen sich die Vergärungsverfahren für Abfälle einer grundsätzlichen ökologischen und wirtschaftlichen Bewertung r g an i s a t i o n s f o r m e n Eine sachgerechte und umweltfreundliche Kompostierung gesondert eingesammelter Abfälle erfordert ein Mindestmaß an die technische Ausstattung und an den Betrieb des Kompostierplatzes. Die technischen Anforderungen an die Anlage richten sich insbesondere nach der Durchsatzleistung und werden von den Fachbehörden im Einzelfall festgelegt. Zur Zeit sind sowohl maschinelle Aufbereitungssowie Kompostierungsanlagen, wie die Kompostierungen in Rottetürmen und in Rottetrommeln, als auch die herkömmliche Mietenkompostierung in Dreieck- oder Tafelmieten, ggf. mit Zwangsbelüftung, bekannt. Für einen ordnungsgemäßen und umweltfreundlichen Anlagenbetrieb sollte in jedem Fall qualifiziertes Fachpersonal eingesetzt werden.

146 40 Insbesondere aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ergeben sich bestimmte Mindestgrößen und Mindestdurchsatzleistungen der betreffenden Anlagen. In der Regel sollte deshalb die Errichtung dezentraler Kornpostplätze in jeder einzelnen Gemeinde nicht angestrebt werden. Vielmehr ist es günstiger, die Kompostierung der Abfälle pro Landkreis auf eine begrenzte Anzahl von Plätzen, die jedoch optimal ausgerüstet und betrieben werden, auszulegen. Im Einzelfall können diesen Plätzen Sammelstellen zur bürgernahen Erfassung der Abfälle zugeordnet werden. Die Staatsregierung hält es aufgrund der bisherigen Erfahrungen nicht für zweckmäßig, den Gebietskörperschaften bestimmte Konzepte zur biologischen Abfallverwertung vorzugeben. Vielmehr sind individuelle Lösungen erforderlich, die sich an den örtlichen Verhältnissen orientieren und das integrierte Entsorgungssystem sinnvoll ergänzen. Individuelle Lösungen werden durch abfallrechtliche Vorschriften nicht behindert. Bereits nach geltendem Recht besteht für die kreisangehörigen Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Kompostierungsanlagen zu errichten und zu betreiben. Gern. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 BayAbfG können die entsorgungspflichtigen Landkreise den kreisangehörigen Gemeinden mit deren Zustimmung durch Rechtsverordnung einzelne Aufgaben der Abfallentsorgung übertragen. übertragbar sind auch die Entsorgung einzelner Abfallarten (z. B. von Garten- und sonstigen Grünabfällen) oder die Errichtung und der Betrieb von Kompostierungsanlagen. Macht der Landkreis von dieser Übertragungsmöglichkeit Gebrauch, wird die kreisangehörige Gemeinde insoweit zur entsorgungspflichtigen Körperschaft im Sinne des 3 Abs. 2 Satz 1 AbfG. Kreisangehörige Gemeinden können ferner aufgrund einer Vereinbarung gern. 3 Abs. 2 Satz 2 AbfG als Dritte" mit der Errichtung und dem Betrieb einer Kompostierungsanlage beauftragt werden. In diesem Falle bliebe jedoch der Landkreis entsorgungspflichtig gern. 3 Abs. 2 Satz 1 AbfG, die Gemeinde würde lediglich als Erfüllungsgehilfe des Landkreises tätig. Macht der Landkreis weder von der Übertragungsnoch von der Beauftragungsmöglichkeit Gebrauch, ist er unter den Voraussetzungen des 3 Abs. 2 Satz 3 AbfG selbst verpflichtet, für die Verwertung geeigneter Abfälle eine Kompostierungsanlage einzurichten. Unbeschadet der vorstehenden Ausführungen können auch Private mit der Errichtung und dem Betrieb von Kompostierungsanlagen als Dritte'' im Sinne der Abfallgesetze eingeschaltet werden. Von diesen Möglichkeiten wird bereits vie~ach Gebrauch gemacht. Ferner gibt es eine Vielzahl privater Kompostierungsanlagen, die kompostierbare Wertstoffe verarbeiten und unabhängig von der Abfallentsorgung tätig sind. 4.4 K o m post a b s a t z u n d K o s t e n Die Frage, ob und wie Komposte künftig ein- und abgesetzt werden können, wird bei den zukünftig zu erwartenden Mengen von erheblicher Bedeutung sein. In der Bundesrepublik Deutschland wurden im Jahre 1985 ca m' Kompost aus 15 Kornpostwerken sowie ca m' Rindenmulch und Rindenkompost sowie unbekannte Mengen Kompost aus kleineren Verarbeitungsanlagen wie Gartenämtern und durch privatwirtschaftliche Kompostierung hergestellt. Aus der Biomüll- und Grünabfallkompostierung werden künftig deutlich steigende Kornpostmengen zu erwarten sein. Erhebliche Kornpostmengen werden mit den bereits bisher auf dem Markt vorhandenen handelsüblichen Bodenverbesserungsmitteln in Konkurrenz treten. Es bedarf deshalb von allen Beteiligten besonderer Anstrengungen, die bei weiterem Ausbau der Kompostierung künftig anfallenden Kornpostmengen im Markt oder in der Eigenverwertung unterzubringen. Hier könnte eine Grenze der biologischen Verwertung liegen. Die Staatsregierung ist bemüht, durch flankierende Maßnahmen die Einsatzbreite des Kompostes auch. in Zukunft zu verbessern. Grundsätzlich erscheint der Einsatz im öffentlichen und privaten Bereich noch ausbaufähig. Hierzu bedarf es jedoch verstärkter Produktpflege und Marketings. Die Staatsregierung unterstützt deshalb weitere Untersuchungen, insbesondere mit dem Ziel der dauerhaften Vermarktung und Produkteinführung für Kompost, sowie die Einführung einheitlicher, den Eigenschaften und der Verwendung der betreffenden Komposte angemessener Qualitätskriterien ( A n 1 a g e 15). Die Kosten der herkömmlichen Hausmüll/Klärschlammkompostierung liegen je nach technologischem Aufwand zwischen 50 DM und 100 DM/Tonne. Für die Biomüllkompostierung liegen vergleichbare aussagekräftige Daten noch nicht vor. Im Bereich der Grünabfallkompostierung sind die Kosten wesentlich vom angewandten Verfahren und der Anlagengröße abhängig. Im Rahmen eines durchgeführten Modellversuches betrugen die Kosten pro m' Kompost ca. 100 DM. Die für die Abfallkomposte erzielbaren Erlöse sind je nach Qualität und Art der Abgabe uriterschiedlich. Der Preis für Komposte sollte - abgesehen von Spezialfällen - den Preis herkömmlicher organischer Bodenverbesserungsmittel und Dünger nicht übersteigen. In der Regel wird bei kommunalen Kompostierungsverfahren eine Kostendeckung kaum zu erreichen sein. Es ist deshalb zu erwarten, daß künftig die Kosten der Kompostierung stärker als bisher in die Abfallentsorgungsgebühren eingehen werden. 5. Thermische Verwertung 5.1 Bedeutung Unvermeidbare Abfälle sind zu verwerten, wenn die Verwertung technisch möglich ist, die hierbei entstehenden Mehrkosten im Vergleich zu den Kosten anderer Entsorgungsverfahren nicht unzumutbar sind und für die gewonnenen Stoffe oder Energie ein Markt vorhanden ist. Abfallverwertung im Sinne des

147 41 Abfallgesetzes ist das Gewinnen von Stoffen oder Energie aus Abfällen. Danach stehen die stoffliche und thermische Verwertung von Abfällen einander gleich. In einem integrierten Entsorgungskonzept ist es erforderlich, alle nur möglichen Verwertungsverfahren anzuwenden, um eine optimale Quote bei der Nutzbarmachung der Abfälle und eine gesicherte Entsorgung zu erreichen. Die thermische Verwertung von Hausmüll, hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen und Sperrmüll in Müllkraftwerken stellt ein technisch ausgereiftes und seit nun beinahe einem Jahrhundert angewandtes Verfahren dar. Wegen ihrer jederzeit kontrollierbaren Umweltauswirkungen ist sie eine umweltverträgliche Form der Abfallentsorgung. Bei der thermischen Verwertung werden die Abfälle zuverlässig hygienisiert und mineralisiert. Durch die damit erzielte Volumenminderung wird das nur noch begrenzt verfügbare Deponievolumen für die Ablagerung von Abfällen wirkungsvoll geschont. Bei der thermischen Verwertung kann der Energieinhalt der Abfälle zur Strom- und Wärmeerzeugung, aber auch zur thermischen Behandlung anderer Abfallarten, wie z. B. Klärschlamm, herangezogen werden (vgl. Ziff ). Die Müllkraftwerke bieten ein Höchstmaß an Entsorgungssicherheit. Durch ihre flexible Betriebsweise können sie schnell an das sich oft ändernde Abfallaufkommen (Art und Menge) angepaßt werden. Thermische Abfallverwertungsanlagen können z. B. im Bereich der Rauchgasreinigung jederzeit dem neuesten Stand der Technik angepaßt werden. Sie werden damit der Forderung nach einem möglichst umweltfreundlichen Betrieb gerecht. Der Vorteil der Nachrüstbarkeit wurde auch bei der Novellierung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft" (TA Luft) vom berücksichtigt, bei der die Emissionsgrenzwerte für Abfallverbrennungsanlagen zum Teil erheblich verschärft wurden (An 1 a g e 16). Schlacke und Schrott, die bei der Verbrennung als feste Rückstände anfallen, können nach entsprectiender Behandlung einer Weiterverwendung zugeführt werd~n. Die Akzeptanz thermischer Verwertungsanlagen liegt bei Neuplanungen oft im gleich niedrigen Rahmen wie für andere Entsorgungseinrichtungen. Bei den in Betrieb befindlichen Anlagen zur thermischen Abfallverwertung werden die Vorteile dieses Verfahrens, nämlich die damit verbundene Entsorgungssicherheit, in weitem Maße anerkannt Mineralisierung der Abfälle Die Zusammensetzung des Hausmülls hat sich in den vergangenen Jahrzehnten entscheidend geändert: Der Anteil mineralischer und leicht abbaubarer Stoffe hat stark abgenommen, während der Anteil schwer abbaubarer Stoffe zugenommen hat. Noch 1950 bestand der Hausmüll zu über 65 Gew.-O/o aus mineralischen Stoffen, dieser Anteil ist heute auf weniger als 250/o Gew.-0/o abgesunken. Der hohe Anteil an nic_ht mineralischen, oft kaum abbaubaren Abfallkomponenten hat schwer kontrollierbare und sich über Jahrzehnte erstreckende Abbauvorgänge zur Folge. Die heutige Ablagerung u n b e - h a n d e 1 t e r Abfälle muß daher als Langzeitereignis betrachtet werden. Diesbezüglich wird auf besonders unweltbelastende Anteile im Hausmüll wie z. B. Farben, Lackreste, lmprägnierungsmittel und andere Stoffe hingewiesen. Während bei der thermischen Behandlung die Reaktionszeit etwa eine Stunde beträgt, erfordert die Deponie unbehandelter Abfälle ein räumlich und zeitlich sehr extensives Verfahren mit Stabilisierungszeiträumen von mehreren Jahrzehnten. Die bei der thermischen Behandlung durchgeführte Mineralisierung der Abfälle bringt - eine Reduzierung des erforderlichen Deponievolumens auf 10 bis 200/o im Vergleich zu dem erforderlichen Volumen für nicht vorbehandelte Abfälle, - eine nahezu vollständige Erfassung und gute Handhabbarkeit der im Müll enthaltenen Schadstoffe, - eine stoffliche Verwertungsmöglichkeit von rd. 800/o der verbleibenden festen Rückstände (Schrott und Schlacke) und - eine optimale Nutzung des im Müll enthaltenen Energiepotentials. Das Umweltbundesamt hat hierzu anläßlich einer Anhörung im Bundestags-Innenausschuß am u. a. erklärt:... vorrangig jedoch ist die Bewertung der Müllver. brennung hinsichtlich möglicher Umweltbeeinträchtigungen. Hier liegt die besondere Bedeutung der Müllverbrennung in der Reduzierung der Abfallvolumina und in der erheblichen Verminderung der Schädlichkeit des Abfallstroms (Zersetzung und Mineralisierung organisch-chemischer Stoffe)." Stand und Planung 1987 wurden in den 15 thermischen Abfallverwertungsanlagen für Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle aus Industrie und Gewerbe folgende Mengen behandelt: Standort München Nord und Süd Ingolstadt Landshut Kempten Marktoberdorf (in Umbau) Schwandorf Neufahrn Rosenheim Bamberg Nürnberg Zirndorf Würzburg Geiselbullach Burgau (Pyrolyse) Gesamt 1000 t/a so so

148 42 Das Einzugsgebiet dieser Anlagen (An 1 a g e 17) umfaßt 28 Landkreise und 14 kreisfreie Städte (insgesamt 42 entsorgungspflichtige Gebietskörperschaften). Die thermische Verwertung ist dort in z. T. bereits sehr aufwendige und umfassende Verwertungssysteme integriert. Zusammen mit der Anlage Coburg, die ab 1989 für den dortigen Zweckverband mit 4 entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften in Betrieb gehen wird, werden dann 16 thenmische Verwertungsanlagen für 46 Landkreise und kreisfreie Städte zur Mitentsorgung zur Verfügung stehen. Für weitere 6 Standorträume werden gegenwärtig thermische Verwertungsanlagen geplant: Für die Anlagen Fürth und Plattling ist das Raumordnungsverfahren positiv abgeschlossen worden, für die Anlagen Augsburg, Burgkirchen, Neu-Ulm und Schweinfurt wird z. Z. das abfallrechtliche Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Diese 6 Anlagen sollen voraussichtlich 21 Landkreise und kreisfreie Städte mit ihrem thermisch zu verwertenden Abfallaufkommen entsorgen. Entsprechend dem Verwertungsgebot und der künftig durch den Hausmüllplan vorgegebenen landesweiten Einführung integrierter Entsorgungskonzepte haben auch die noch verbleibenden 29 Landkreise und kreisfreien Städte den Anschluß an thermische Verwertungskapazitäten anzustreben. Hierfür sind nach einer ersten Grobplanung mit Alternativlösungen voraussichtlich weitere 9 Anlagen erforderlich. Zu Standort, Einzugsgebiet, Auslegungsgröße und Art der Abwärmeverwertung können erst nach Vorlage detaillierter Einzelprojektierungen weitere Aussagen getroffen werden. Bei einigen der in Betrieb befindlichen Verbrennungsanlagen reicht die derzeit verfügbare Anlagenkapazität nicht aus, um das thermisch zu verwertende Abfallaufkommen im eigenen Einzugsgebiet voll zu entsorgen (z. B. Anlagen Ingolstadt, Marktoberdorf, München, Neufahrn, Schwandorf). Nur in zwei Ausnahmefällen können z. Z. mit geringen freien Verbrennungskapazitäten Teilmengen von außerhalb des Einzugsgebiets vorübergehend mitentsorgt werden: So übernimmt die Anlage Geiselbullach ein Teilaufkommen aus dem Landkreis Starnberg und die Anlage Bamberg ein Teilaufkommen aus dem Landkreis Nürnberger Land. Schon aufgrund dieser Sachlage ist nicht zu besorgen, daß neue thermische Anlagenkapazitäten den verstärkten Anstrengungen zur Abfallvermeidung und stofflichen sowie biologischen Abfallverwertung zuwiderlaufen. Vielmehr zeigen die bisherigen Erfahrungen in Einzugsgebieten mit bereits dreistufigen und damit integrierten Verwertungssystemen (stofflich, biologisch und thermisch), daß erst dort die insbesondere vom Absatz her schwierigen und risikoreichen stofflich/biologischen Verwertungsaktivitäten voll in Angriff genommen werden können, wo gleichzeitig durch den Betrieb einer thermischen Verwertungsanlage eine vergleichsweise hohe Entsorgungssicherheit gewährleistet wird Auswirkungen der stofflichen Verwertung auf die thermische Verwertung Die Auswirkungen einer verstärkten stofflichen Verwertung von Hausmüll auf die thermische Verwertung sind in einem vom Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen in Auftrag gegebenen Gutachten über die thermische Behandlung von Hausmüll und hausmüllähnlichen Abfällen in Müllverbrennungsanlagen" detailliert dargestellt (Prof. Jäger/Juni 1985). Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, daß bei den heute empfohlenen bzw. praktizierten Recyclingmethoden zur Gewinnung sortenreiner Sekundärrohstoffe selbst bei flächendeckender Einführung die Restmüllheizwerte nicht unter die Grenze der selbstgängigen Verbrennung sinken. Werden z. B. Papier und Pappe sowie gleichzeitig Glas für die stoffliche Verwertung erfaßt, ändert sich der Heizwert des Restmülls gegenüber dem Rohmüll beinahe nicht. Werden andererseits beispielsweise mit dem Sammelsystem der Grünen Tonne die vier Wertstoffgruppen Papier/Pappe, Glas, Kunststoffe/ Textilien sowie Metalle mit den aus aktuellen Untersuchungen bekannten Erfassungsgraden gesammelt, so beträgt der Heizwert des Restmülls immer noch ca kj/kg gegenüber rd kj/kg des Rohmülls. Werden organische Haushaltsabfälle nach dem Sammelmodell der Biotonne" im Holsystem und in Ergänzung dazu Glas- und Altpapier im Bringsystem erfaßt, ergibt sich für den R&Stmüll sogar eine Heizwertsteigerung um 44,70/o auf ca kj/kg. Selbst bei einer Kombination der Biotonne mit der Grünen Tonne ist durch den Wegfall der nassen.fraktion noch eine Heizwertsteigerung zu erwarten. Der vom Gutachter hierfür ermittelte Restmüllheizwert beträgt ca kj/kg. Mit einer deutlichen Abnahme des Heizwertes des Restmülls ist nach dem Gutachten erst mit steigender Abschöpfung der im Rohmüll enthaltenen Kunststoffanteile zu rechnen. Hierbei würde der Heizwert des Restmülls jedoch selbst bei 800/oiger Entnahme der Kunststoffe mit ca kj/kg immer noch im Bereich der Brennbarkeit liegen. Grundsätzlich kann durch eine starke stoffliche Verwertung innerhalb integrierter Entsorgungskonzepte auch die Kapazität der thermischen Verwertungsanlagen entlastet und dadur.ch der ggf. erforderliche Zubau weiterer thermischer Behandlungskapazitäten entbehrlich werden. Auf die thermische Verwertung kann jedoch im Hinblick auf die notwendige Entsorgungssicherheit nicht verzichtet werden Energienutzung Bei allen in Bayern in Betrieb befindlichen thermischen Hausmüllverwertungsanlagen wird die bei der Abfallverbrennung freiwerdende Wärmeenergie genutzt. So wird in 10 der insgesamt 15 Anlagen über Wärme-Kraft-Koppelungsbetrieb Strom und Fernbzw. lndustriewärme erzeugt. In weiteren 3 Anlagen werden ausschließlich Strom und in 2 Anlagen Fernwärme erzeugt. Zusätzlich wird in mehreren dieser Anlagen die verfügbare Abwärme auch zur Klär-

149 schlammbehandlung eingesetzt. Entsprechend der jeweiligen Abwärmenutzung sind die energetischen Gesamtwirkungsgrade und die Erlössituationen (Wärmegutschrift) unterschiedlich. Der Anteil der aus der thermischen Abfallverwertung gewonnenen Energie ist, gemessen am Gesamt-Primärenergieverbrauch, vergleichsweise gering und dürfte derzeit unter 1 O/o liegen. Durch die Müllverbrennung können jedoch zum Teil erhebliche Mengen originärer Energieträger eingespart werden. So werden beispielsweise beim Müllheizkraftwert Schwandorf jährlich ca t Kohle und bei der Müllverbrennungsanlage Nürnberg jährlich t Heizöl durch die thermische Verwertung substituiert. Die Verbrennungsanlagen leisten somit regional beachtliche Beiträge zur Energieversorgung. Hiermit tragen sie auf örtlicher Ebene zur Verringerung der Luftbelastung durch Schadgase bei, indem sie die Zahl von Kleinfeuerungs-Anlagen und die damit verbundenen Emissionen senken. Darüber hinaus bringt die auf die Tonne Hausmüll bezogene Energieeinsparung bei der thermischen Abfallverwertung etwa den gleichen Wert wie bei der Wertstoffrückgewinnung. Beide Verfahren sind hierin allen anderen Abfallbehandlungs- und -verwertungsverfahren überlegen (Abfallwirtschaft in Forschung und Praxis, Band 13, Erich-Schmid-Verlag, Berlin). Allerdings wird bei dieser Berechnung die Verwertungsquote der Sekundärrohstoffe bei Sortierverfahren mit 750/o angenommen - eine Quote, die heute in der Praxis noch nicht realisierbar ist. Die tatsächliche Energieausbeute liegt demnach bei der thermischen Verwertung günstiger. 5.2 Umwelt re 1 e van z Emissionen und Nachrüstmaßnahmen Nach 2 Aös. 1 des Abfallgesetzes sind Abfälle so zu entsorgen, daß das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Bei thermischen Verwertungsanlagen verlangt das Wohl der Allgemeinheit grundsätzlich 'auch Maßnahmen zur vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen, insbesondere durch den Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung. Die diesbezüglichen Anforderungen sind in der TA Luft enthalten, die 1986 novelliert wurde. Bei der Verbrennung von Abfällen werden die darin enthaltenen organischen Stoffe im wesentlichen in Kohlendioxid und Wasserdampf übergeführt. Daneben kann jeder Verbrennungsprozeß, abhängig von der Art des Brennstoffes und den Feuerungsverhältnissen, mit der Bildung einer Reihe anderer Stoffe verbunden sein. Insbesondere folgende Stoffe sind hierbei zu nennen: Kohlenmonoxid und unverbrannte organische Verbindungen, Stickstoffoxide, Schwefeldioxid, gasförmige anorganische Chlor- und Fluorverbindungen, schwermetallhaltige Stäube sowie organische Spurenstoffe. Zur Sicherstellung eines möglichst vollständigen Ausbrandes der Verbrennungsabgase weisen Hausmüllverbrennungsanlagen entsprechend den Bestimmungen der TA Luft einen in den Feuerraum übergehenden oder nachgeschalteten Nachverbrennungsraum auf, in dem bei einem Volumengehalt an Sauerstoff im Abgas von mindestens 60/o und einer ausreichenden Verweilzeit eine Mindesttemperatur von 800 'C einzuhalten ist. Diese Temperatur sowie verschiedene Emissionsparameter werden kontinuierlich registrierend überwacht. Die Anlagen sind so beschaffen, daß die Beschickung des Verbrennungsteils nur möglich ist, wenn die Mindesttemperatur (800 'C) erreicht ist. Im letzten Jahrzehnt sind Verfahren zur Abluftreinigung entwickelt worden, die eine außerordentlich wirksame und vor wenigen Jahren noch nicht vorstellbare Emissionsminderung ermöglichen. Dies hat zur Folge, daß die erst 1986 anläßlich der Novellierung der TA Luft zum Teil drastisch reduzierten Emissions-. grenzwerte für Müllverbrennungsanlagen durch die ständige Fortentwicklung der Abluftreinigungssysteme immer weiter unterboten werden. A n 1 a g e 18, in der die Emissionsgrenzwerte der TA Luft von 1974 und 1986 und einige garantierte Mindestemissionswerte der gegenwärtig im Bau befindlichen Anlage Coburg dargestellt sind, zeigt diese positive Entwicklung deutlich auf: - So ist beispielsweise der Grenzwert der TA Luft von 1974 für Gesamtstaub von 100 mg/m 3 durch die Novellierung 1986 auf 30 mg/m 3 gesenkt worden. Der diesbezügliche Garantiewert für die Anlage Coburg wird weniger als 3 mg/m 3 betragen. - Der Emissionsgrenzwert für Schwermetalle der Klasse 1 wurde durch die Novellierung der TA Luft 1986 von 20 auf 0,2 mg/m 3 gesenkt. Der entsprechende Garantiewert für Coburg beträgt 0,05 mg/ m'. - Für Fluorverbindungen ist der Emissionsgrenzwert 1986 von 5 auf 2 mg/m' reduziert worden. In Coburg wird der diesbezüglich zugesagte Emissionsgrenzwert bei weniger als 0,3 mg/m' liegen. Derart drastische Grenzwertverschärfungen können bei der thermischen Verwertung auch in sog. Altanlagen nachträglich realisiert werden, weil dieses Behandlungsverfahren am ehesten eine Verbesserung seiner Anlagentechnik zuläßt. Derselbe Vorteil besteht jedoch nicht bei allen Entsorgungsverfahren. Um die neuen Emissionsgrenzwerte möglichst bald auch bei Altanlagen zu erreichen, wurden in der TA Luft Fristen zur Nachrüstung der Verbrennungsanlagen vorgegeben. Einen Überblick über die bei den einzelnen Verbrennungsanlagen vorgesehenen Optimierungsmaßnahmen, den derzeitigen Sachstand und die voraussichtliche Fertigstellung der Nachrüstung enthält A n 1 a g e 16. Hierzu ist festzustellen, daß die betroffenen Gebietskörperschaften darauf achten, daß bei der Nachrüstung ihrer Verbrennungsanlagen die Emissionsgrenzwerte der TA Luft von 1986 nicht nur eingehalten, sondern erheblich unterschritten werden. 43

150 44 Anläßlich der bevorstehenden Novellierung der TA Luft hatte das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen bereits Anfang 1984 die Betreiber von Altanlagen aufgefordert, aus Gründen der Luftreinhaltung die Verbrennungsanlagen dem neuesten Stand der Technik anzupassen. Dabei war auch in Aussicht gestellt worden, daß Maßnahmen zur Nachrüstung von Rauchgasreinigungsanlagen künftig verstärkt mit öffentlichen Mitteln gefördert werden würden Dioxine und Furane Zur Überprüfung der Emissionen von polychlorierten Dibenzodioxinen (PCDD) und Dibenzofuranen (PCDF) aus Müllverbrennungsanlagen hat das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen bereits 1984 den TÜV Bayern e. V. mit der Durchführung eines umfassenden Untersuchungsprogramms beauftragt. Der Auftrag betraf im 1. Teil die Untersuchung von Filterstäuben und Schlackenproben, im 2. Teil ein Meßprogramm zur Untersuchung der Abgase und weiterer Rückstände von ausgewählten Anlagen. Die Meßergebnisse liegen in dem Bereich, den der von einem beim Bundesminister des Innern eingerichteten Sachverständigengremium erstellten Bericht Dioxin in Müllverbrennungsanlagen" angibt. Die Expertengruppe kommt in diesem Bericht zu dem Ergebnis, daß ein signifikantes Wirkungsrisiko durch Dioxin-Emissionen aus Müllverbrennungsanlagen, die entsprechend dem Stand der Technik betrieben werden, für die Bevölkerung nicht erkennbar ist". Gleichzeitig werden in dem Bericht des Sachverständigengremiums Maßnahmen gefordert, um aus Vorsorgegründen die Dioxin-Emission entsprechend dem Stand der Technik weiter zu minimieren. Verschiedene verschärfte Emissionsgrenzwerte der novellierten TA Luft tragen diesem Anliegen besonders Rechnung. Eine Untersuchung von Bodenproben auf den Dioxingehalt beim Müllkraftwerk Schwandorf durch die Universität Bayreuth kommt zu dem Ergebnis, daß die gefundenen Dioxin/Furan-Konzentrationen offensichtlic;:h weit unter der toxikologisch relevanten Grenze liegen und deshalb als unbedenklich eingestuft werden müssen. Das von allen Dioxinen und Furanen als am meisten toxisch angesehene 2,3,7,8- TCDD (Seveso-Gift) konnte in den Schwandorfer Proben überhaupt nicht nachgewiesen werden. zusammenfassend kann nach den bisherigen Erfahrungen davon ausgegangen werden, daß durch den Betrieb thermischer Verwertungsanlagen keine meßbare Beeinträchtigung der luflhygienischen Situation verursacht wi~,d. Abfallverbrennungsanlagen werden heute mit derart hochwirksamen Rückhalteeinrichtungen ausgerüstet, daß die sichere Abscheidung von Stäuben, Feinststäuben und Schadgasen gewährleistet ist. Somit können unter Berücksichtigung der modernen Technologie zur Abgasreinigung nachteilige Auswirkungen auf das Wohl der Allgemeinheit durch Restemissionen aus einer Abfallverbrennungsanlage ausgeschlossen werden. Dies schlie8t aber weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Emissionssituation bei thermischen Verwertungsanlagen nicht aus. Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen hat in Vollzug des Beschlusses des Bayerischen Landtags vom umfassend über Schadstoffemissionen aus Abfallverbrennungsanlagen" berichtet (Drs. 10/4490). Der Bericht behandelt thermische Abfallbehandlungsanlagen für Hausmüll, Sonderabfälle und krankenhausspezifische Abfälle. Dem Bericht liegt auch das Dioxingutachten des TÜV Bayern e.v. vom bei. 5.3 A 1 t e rn a t i v e t h e r m i s c h e V e r w e r - tungsverfahren Pyrolyse (System Babcock/ Anlage Burgau) im Vergleich mit der Verbrennung Die Pyrolyse stellt neben der seit Jahrzehnten bewährten Verbrennung ein weiteres Verfahren zur thermischen Abfallbehandlung dar, das in den 70er Jahren vor allem in der Absicht entwickelt wurde, - die Abgasreinigung im Vergleich zum damaligen Stand bei Müllverbrennungsanlagen wirksamer und einfacher zu gestalten, - speicherbare Energie und umweltgerechte Rückstände zu erhalten sowie - Anlagen mit relativ kleiner Durchsatzleistung kostengünstig betreiben zu können. Die mit staatlichen Mitteln errichtete und 1987 durch den Landkreis Günzburg übernommene Pyrolyseanlage Burgau ist in der Bundesrepublik bisher die einzige Entsorgungsanlage dieser Art für Hausmüll und Klärschlamm, die auf Landkreisebene konzipiert und erprobt wurde sowie nunmehr nach einer dreieinhalbjährigen Test- und Bewährungsphase ihre volle Entsorgungsfunktion für ein Abfallaufkommen von ca t/ Jahr übernommen hat. Die dabei bisher gewonnenen Erfahrungen lassen folgende Beurteilung dieses Systems einer Pyrolyseanlage im Vergleich zur Müllverbrennung zu: Anlagengröße und Durchsatzleistung Trotz kurzer Betriebserfahrung bei der Anlage Burgau wird als realistisch angesehen, daß bei einem Heizwert des Abfallaufkommens von über 7600 kj/kg eine Durchsatzleistung je Betriebseinheit von 3-4 t/h erreicht werden kann. Für eine Folgeanlage erscheint eine maximale Durchsatzleistung von 5 t/h je Betriebseinheit im Sinne vergleichbarer Verfügbarkeit möglich. Zum Vergleich liegen bei Hausmüllverbrennungsanlagen die maximalen Durchsatzleistungen pro Betriebseinheit in der Bundesrepublik derzeit bei 40 t/h. Die bisher erprobte Pyrolyseanlage kann daher unmittelbar nicht mit mittleren und großen Entsorgungsanlagen konventioneller Bauart verglichen werden. Die bei der Pyrolyse denkbare Aneinanderreihung mehrerer kleiner Betriebseinheiten zur Erreichung großer Durchsatzleistungen ist jedoch mit erheblichen betrieblichen Erschwernissen verbunden.

151 45 Aufbereitung und Eintrag der Abfälle Die Pyrolyse erfordert im Gegensatz zu Müllverbrennungsanlagen eine Aufbereitung der Abfälle in Form von Zerkleinerung. Die Zerkleinerungseinrichtungen sind verschleißintensiv und oftmals störanfällig, was sich auf die Verfügbarkeit und die Betriebskosten nachteilig auswirkt. Bei den Müllverbrennungsanlagen erfolgt die Beschickung über Krananlagen und Aufgabetrichter. Bei der Pyrolyse ist dagegen ein vergleichsweise kompliziertes Eintragssystem erforderlich, um Falschlufteintritt, Austritt von Schwelgas bei Überdruck sowie Druckschwankungen in der Anlage zu vermeiden. Die Pyrolyse reagiert verfahrensbedingt empfindlicher als die Müllverbrennung auf Heizwertabsenkungen. Dabei sind Verminderung der Durchsatzleistung, Erhöhung des Energiebedarfs und der Betriebskosten die Folge. Die Müllverbrennung verhält sich gegenüber Heizwertschwankungen dagegen deutlich flexibler, wobei die Grenze für den selbstgängigen Ablauf des thermischen Prozesses erst bei deutlich niedrigeren Heizwerten als bei der Pyrolyse erreicht wird. Energiebilanz Durch eine längere Betriebszeit abgesicherte Werte zur Energiebilanz der Pyrolyseanlage Burgau liegen noch nicht vor. Unabhängig davon kann festgestellt werden, daß Pyrolyseanlagen des Typs Burgau im Vergleich zu Müllverbrennungsanlagen einen um ca. 300/o niedrigeren energetischen Wirkungsgrad aufweisen. Maßgebend hierfür ist vor allem der hohe Gehalt an im Schwelkoks nicht umgesetzten Kohlenstoff (maximal ca. 20 Gew.-0/o der Schwelkoksmenge). Eine günstige Energiebilanz ist vor allem aber dann von Bedeutung, wenn im Rahmen einer Wärmekraftkoppelung oder in Verbindung mit einem energieintensiven Produktionsbetrieb ein Höchstmaß an Energie aus Abfällen gewonnen werden soll, nicht nur um Primärenergien wie Öl, Gas oder Kohle einzusparen, sondern auch zur Verbesserung der Erlössituation durch eine möglichst hohe Wärmegutschrift. Emissionen ' Umfangreiche Messungen haben ergeben, daß die Emissionen von Schadstoffen in die Atmosphäre bei der Anlage Burgau niedrig sind, ausgenommen Stickstoffoxide und Quecksilber. Bei den Emissionsparametern Staub, HF, CO und NOx sowie den Schwermetallen liegen die Werte in der Größenordnung, wie sie bei neuerer\ und mit Gewebefiltern ausgerüsteten Abfallverbrennungsanlagen gemessen wurden. Bei den sauren Bestandteilen HCI und SO, werden bei den neu geplanten Müllverbrennungsanlagen Werte garantiert, die mit mg/m' für HCI und mit mg/m' für SO, im gleichen Bereich wie die an der Anlage Burgau gemessenen Werte liegen. Bei den Emissionskonzentrationen bestehen somit keine wesentlichen Unterschiede zwischen Pyrolyseanlagen und modernen Müllkraftwerken mit den dort üblichen hochwirksamen Abgasreinigungseinrichtungen. Pyrolyseanlagen weisen jedoch gegenüber Müllverbrennungsanlagen niedrigere spezifische Abgasmengen auf (Verbrennung ca m'lt Müll, Pyrolyseanlage Burgau bei heizölfreiem Betrieb ca m' lt Müll). Bezogen auf die t Müll lassen sich daraus gegenüber der Müllverbrennung niedrigere Emissionsfrachten bei der Pyrolyse errechnen. Dieser Vorteil wird wieder aufgehoben, wenn die Emissionsfrachten auf die jeweils gewonnene nutzbare Energie bezogen werden. Diese Betrachtung ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn bei anstehenden Kraftwerksplanungen der Brennstoff Müll andere feste (Kohle) oder flüssige Brennstoffe (Öl) ersetzen soll. Reststoffe Bei der Müllpyrolyse fallen als Rückstände Schwelkoks und Rückstände aus der Abgasreinigung an. Die anfallenden Mengen liegen um ca. 1 OO/o höher als bei Müllverbrennungsanlagen. Über das Auslaugverhalten unter Deponiebedingungen und die Erfordernisse für einen geordneten Deponiebetrieb liegen noch keine längerfristig abgesicherten Ergebnisse vor. Deshalb wurde ein Langzeituntersuchungsprogramm auf der Deponie Burgau begonnen. Erste Untersuchungsergebnisse des dort anfallenden Sickerwassers zeigen im Vergleich zu Deponien, auf denen Schlacken aus Müllverbrennungsanlagen und Rückstände aus der Abgasreinigung abgelagert werden, folgendes: - Es ergeben sich keine signifikanten Unterschiede bei den Schwermetallgehalten, wenngleich bei einzelnen Schwermetallen im Sickerwasser aus der Schwelkoksdeponie noch niedrigere Werte gemessen wurden. - Die organische Belastung liegt bei der Schwelkoksdeponie deutlich höher, die Salzbelastung in der gleichen Größenordnung. - Im Sickerwasser der Schwelkoksdeponien wurden in geringem Umfang Phenole festgestellt, wobei hier weitere Untersuchungen abzuwarten sind. - Bei entsprechenden Untersuchungen ergaben sich keine Hinweise auf nachweisbare Mengen an TCDD und TCDF im Sickerwasser. Allgemein kann Schlacke hinsichtlich der Auslaugbarkeit von Schwermetallen und Salzen sowie wegen des Gehalts auslaugbarer Substanzen wie z. B. Phenole günstiger bewertet werden als Schwelkoks. Hinzu kommt, daß bisher noch keine der Schlackenverwertung vergleichbare Verwertung des Pyrolysekokses zur Verfügung steht. Zudem können die Struktur und die feine Körnung des Schwelkokses zu Problemen bei der weiteren Behandlung dieses Rückstandes führen. Zur Vermeidung von Verwehungen ist bei der Ablagerung des Pyrolysekokses ein besonders sorgfältiges vorgehen erforderlich.

152 46 Insgesamt besteht somit bezüglich des Schwelkokses und seiner Verwertung noch ein deutliches Entwicklungsdefizit, um vergleichbare Voraussetzungen wie bei den Schlacken aus Müllverbrennungsanlagen zu schaffen. Kosten Im Wettbewerb gewonnene vergleichbare Daten zu den Investitionskosten einer Pyrolyseanlage und einer Vebrennungsanlage, bezogen auf den gleichen Standort, fehlen bisher. Bezüglich der Entsorgungskosten hat der Hersteller der Anlage Burgau mitgeteilt, daß diese bei der Pyrolyse nach dem derzeitigen Stand der Technik um ca. 200/o höher liegen als bei der Verbrennung, bezogen auf einen Leistungsbereich von t/a. Wie das Beispiel der Anlage Burgau zeigt, ist die Weiterentwicklung der Pyrolysetechnik in den vergangenen Jahren gerade auch durch staatliche Mittel s1ark gefördert worden. Trotzdem konnte bisher die Pyrolysetechnik keine bedeutenden Vorteile gegenüber der herkömmlichen Abfallverbrennung erringen System PKA Das P K A-Ve rf a h r e n (Pyrolyse Kraftanlagen GmbH, Aalen/Württemberg) ist bereits bei der Anhörung zum Thema Thermische Abfallverwertung und -entsorgung unter besonderer Berücksichtigung der Pyrolysetechnik bei Hausmüll und hausmüllähnlichen Industrie- und Gewerbeabfällen" vor dem Ausschuß für Landesentwicklung und Umweltfragen im Bayerischen Landtag am vorgestellt worden. Ein wesentliches Me.rkmal beim PKA-Verfahren ist, daß aus ca. 3 t unsortierten Hausmülls eine Tonne Brennstoffgemisch zur Eingabe in die Pyrolysetrommel hergestellt wird. Es verbleiben 2 t Müll zur weiteren Behandlung, Verwertung und Beseitigung durch andere Verfahren. Das Verfahren der PKA wird derzeit in einer Forschungs- und Versuchsanlage mit einer vergleichsweisen geringen Durchsatzleistung erprobt Schwelbrennverfahren Die Konzeption des S i e m e n s - S c h w e 1 b r e n n - v e r f a h r e n s ist Ende 1987 der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Beim Schwelbrennverfahren solien das Pyrolysegas und der aufbereitete Pyrolysekoks in einer besonderen Brennkammer thermisch genutzt werden. Die Abgasreinigung soll wie bei konventionellen Müllverbrennungsanlagen durch ein aufwendiges Rückhaltesystem gewährleistet werden. Die beiden vorgenannten Pyrolyseverfahren wurden bisher noch nicht in einer Anlage mit Entsorgungsfunktion wie z. B. das Pyrolysesystem Babcock in Burgau erprobt. Der künftige Einsatz der verschiedenen Pyrolyseverfahren wird vom Prüfungsergebnis im Einzelfall abhängen. Dabei ist eine abschließende Beurteilung erst dann möglich, wenn das jeweilige Pyrolyseverfahren über einen angemessenen Zeitraum in einer Demonstrationsanlage mit Entsorgungsfunktion erprobt werden konnte. Bei der Erprobung ist das Augenmerk vor allem auf die Verfügbarkeit, die Kostenfrage, die Energiebilanz und die Emissionssituation zu richten. Zur Frage Müllverbrennung und Pyrolyse" wird darüber hinaus auf die Landtagsdrucksachen Nr. 21/3305 vom und Nr. 11/3367 vom hingewiesen, mit denen die Staatsregierung entsprechende Schriftliche Anfragen der Abgeordneten Dr. Götz, Dr. Manfred Schuhmann (SPD) und des Abgeordneten Dobmeier (CSU) beantwortet hat Wirbelschicht-Verbrennung Diese Technologie wird bereits seit mehreren Jahrzehnten in der Industrie bei Stoffbehandlupgs- und -umwandlungsverfahren angewandt, in jüngerer Zeit auch bei kleineren Kohlekraftwerken. Im Abfallbereich hat sich das Verfahren bei der Klärschlammbehandlung vor allem wegen der vergleichsweise homogenen und feinkörnigen Struktur dieser Abfallart bewährt. Intensive Materialvermischung und guter Wärmeübergang, niedrige Feuerraumtemperaturen (8Q0-850 C), keine bewegten Maschinenteile im Feuerraum sowie relativ einfache Bedienung sind Vorteile dieses Verfahrens. Die in der Bundesrepublik vorherrschende Struktur des Hausmülls würde bei der Wirbelschicht-Verbrennung eine vorgeschaltete Zerkleinerung der Abfälle erfordern. In Japan werden bereits zahlreiche Anlagen zur Wirbelschicht-Verbrennung von Hausmüll betrieben. Der dortige Hausmüll weist jedoch eine vergleichsweise homogene Struktur auf, so daß Zerkleinerungsanlagen weitgehend entbehrlich werden. Darüber hinaus liegen die dortigen Anforderungen an das Emissionsverhalten dieser Verbrennungsanlagen wesentlich unter den Emissionsgrenzwerten der TA Luft. Da die japanischen Gegebenheiten nicht ohne weiteres auf europäische und deutsche Verhältnisse übertragen werden können, ist beabsichtigt, das Wirbelschicht-Verfahren mit staatlichen Mitteln in der Bundesrepublik in einer Demonstrationsanlage bei den Berliner Stadtreinigungsbetrieben zu erproben und fortzuentwickeln. Von besonderem Interesse werden hierbei die Abfallzerkleinerung, die Erhöhung der Energieausbeute, die Verbesserung des Abgasausbrands sowie die erforderlichen Abgasreinigungseinrichtungen sein. 5.4 V e r w e r t u n g d e r R ü c k s t ä n d e Aufkommen Bezogen auf eine Tonne Rohmüll fallen bei der thermischen Abfallverwertung folgende Reststoffe an: kg Rohsehlacke kg Filterstaub rd. 8 kg Salze aus der Schadgasabscheidung (reines Reaktionsprodukt). Diese Menge erhöht sich in dem Maße, wie bei der

153 47 Schadgasabscheidung das Reaktionsmittel überstöchiometrisch zugegeben wird. Die Rohsehlacke setzt sich im wesentlichen aus mineralischen Anteilen zusammen wie z. B. Eisenschrott, Glas, Sand, Keramik, Nichteisen-Metallen sowie unverbrannten Anteilen (weniger als 5D/o). Schwermetalle und lösliche Salze finden sich fast nur in der Feinkornfraktion. In einer Tonne Rohsehlacke sind enthalten: kg Überkorn (über 45 mm Teilchendurchmesser) kg Schrott 8()(µj50 kg weiter verwertbare Schlacke. Aufgrund der Anforderungen der TA Luft sind neue oder zu erweiternde Abfallverbrennungsanlagen mit zusätzlichen Einrichtungen zur Reinigung der Abgase, insbesondere für die Schadkomponenten Chlorwasserstoff (HCI) und Fluorwasserstoff (HF), auszurüsten. Je nach dem gewählten Reinigungsverfahren können entweder feste Rückstände - meist Calcium- oder Natriumsalze und Reststäube - oder schlammige Rückstände anfallen. Filterstäube stellen ein feinkörniges, mineralisches Material dar, das einen höheren Anteil an wasserlöslichen Chloriden, Sulfaten und Schwermetallen (besonders Zink) enthält als Rohsehlacke. Filterstäube und sonstige Rückstände aus der Abgasreinigung können derzeit noch nicht verwertet werden. Zur Umweltrelevanz von Reststoffen aus thermischen Abfallverwertungsanlagen wird auch auf den Bericht der beim Bundesminister des Innern eingerichteten Arbeitsgruppe Dioxin aus Müllverbrennungsanlagen" verwiesen, der in der Bekanntmachung des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom , LUMBI Nr. 8/84 veröffentlicht wurde. Die Arbeitsgruppe kam in diesem Bericht zu dem Ergebnis, daß die Dioxingehalte (2,3,7,8-TCDD) bei Schlackenuntersuchungen im allgemeinen unterhalb der Nachweisgrenze und nur in Einze~ällen im Bereich der Nachweisgrenze festgestellt werden konnten, so daß Schlacken auch weiterhin verwertet werden können. Die jüngsten Schlakkenuntersuchungen an bayerischen Müllverbrennungsanlagen bestätigen diese Aussage. Hierüber wurde dem Bayerischen Landtag mit Schreiben vom ausführlich berichtet (Drs. 10/4490) Schrottverwertung Bei dem im Hausmüll enthaltenen Eisenschrott handelt es sich zum größten Teil um Weißblechverpakkung~n. Der eisenhaltige Schrott wird in nahezu allen thermischen Abfallverwertungsanlagen über magnetische Bänder aus der Rohsehlacke abgesondert. Die Absatzmöglichkeiten für diesen Müllschrott hängen in erster Linie von der Nachfrage der Hüttenindustrie ab. Bei der gegenwärtig stagnierenden Nachfrage kann der Müllschrott nur teilweise und ohne Ertrag abgesetzt werden Schlackeverwertung Untersuchungen an aufbereiteten Schlacken (flugstaubfrei) aus bayerischen Hausmüllverbrennungsanlagen haben keine Hinweise ergeben, daß aus diesem Material durch Auslaugung Schwermetalle in nennenswerten Mengen freigesetzt werden. So konnten in den betreffenden Schlackeproben z. B. selbst bei einer Nachweisgrenze von 0,001 mg/i keine meßbaren Cadmiumkonzentrationen festgestellt werden. Die Ergebnisse bestätigen, daß aufbereitete flugstaubfreie Schlacke als Erdbaumaterial eingesetzt werden kann. Die Trennung von Schlacke, Flugasche und Filterstaub ist dann sinnvoll, wenn Schlacke weiter verwertet wird. Für diesen Fall wird bereits in dem Merkblatt der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall über die Verwertung von festen Rückständen aus Müllverbrennungsanlagen" gefordert, daß in der aufbereiteten Schlacke weder Filterstäube noch Rückstände aus der Schadgasabscheidung enthalten sein dürfen. Aus diesem Grunde wird in allen thermischen Abfallverwertungsanlagen Bayerns, in denen Schlacke zur Weiterverwertung aufbereitet wird, auch die Flugasche aus den Elektrofiltern getrennt erfaßt. In jüngster Zeit wird auch die Verarbeitung aufbereiteter Müllsehlacke zu Bausteinen erprobt. Die folgende Übersicht zeigt die sechs Standorträume auf, in denen Schlacke aus thermischen Abfallverwertungsanlagen vornehmlich zur Verwertung gelangte: Verwertung von Schlacke aus Hausm ü 11-V erb renn u n g s an 1 a gen.(10001) Standort jährlicher bis 1986 im Jahr 1987 der Anlage Schlackeanfall verwertet verwertet Bamberg Geiselbullach Ingolstadt Kempten Nürnberg Sehwandort *Separieranlage wurde 1987 umgebaut überschlägig konnte durch die bisherige Verwertung von mehr als t Schlacke ein Deponievolumen von rd m' gespart werden. Neben dem bereits erwähnten Merkblatt der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall über die Verwertung von festen Verbrennungsrückständen aus Hausmüll-Verbrennungsanlagen dient auch die Bekanntgabe des von der Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen e. V. erarbeiteten Merkblatts über die Verwendung von industriellen Nebenprodukten im Straßenbau, Teil Müllverbrennungsasche, dem künftig verstärkten Einsatz dieses Altstoffproduktes. Die Verwertung von Rohsehlacke ist - vor allem bei Entfernung oder Verringerung des Feinanteils - in folgenden Bereichen möglich: - Dammschüttmaterial, - Schüttmaterial für Lärmschutzwälle, - Material für Frostschutzschichten, - Bodenverfestigungsmaterial,

154 48 - Material für ungebundene Tragschichten für Straßen mit einem geringen Anteil an Schwerverkehr, - Material zur Befestigung ländlicher Wege, Parkflächen usw. Durch folgende weitere Maßnahmen kann der Absatz aufbereiteter Rohsehlacke erhöht werden: - Sicherung gleichbleibender bautechnischer Güteeigenschaften aufgrund laufender Materialprüfungen durch den Hersteller, entsprechend den jeweils einschlägigen technischen Vorschriften, - Überprüfung und Gewährleistung der umwelttechnischen Unbedenklichkeit durch den Hersteller, - Preisgestaltung, die sich an den Kosten herkömmlicher Baustoffe orientiert, - Information der Verwender über das Angebot an aufbereiteten Baustoffen durch den Hersteller. Zur Umweltrelevanz und zu Fragen der Ablagerung von festen Rückständen aus der thermischen Abfallverwertung wird auf Abschnitt 6 verwiesen. 5.5 Kosten Die Investitionskosten für eine thermische Verwertungsanlage betragen ca. 7 Mio DM für 1 Tonne Hausmüll pro Stunde installierter Behandlungskapazität. In diesem Preis miteingeschlossen sind eine anteilige Klärschlammbehandlungskapazität sowie ein hocheffizientes Rückhaltesystem für Schadstoffe-, mit dem die Emissionsgrenzwerte der TA Luft 1986 zum Teil erheblich unterschritten werden können. Ca. 250/o der Investitionskosten sind hierbei für Umweltschutzmaßnahmen wie z. B. Luftreinhaltung oder Lärmschutz vorgesehen. Weitere 250/o der Gesamtkosten erfordern die Einrichtungen zur Abwärmenutzung. Die Betriebskosten schwanken bei der thermischen Abfallbehandlung im Bereich von DM pro Tonne Hausmüll. Die Schwankungsbreite wird insbesondere durch die unterschiedlichen energetischen Gesamtwirkungsgrade, Durchsatzmengen und Energieabnahmepreise der einzelnen Anlagen verursacht. Soweit bei älteren Anlagen im Rahmen der Anpassung an die novellierte TA Luft umfangreiche Nachrüstma~nahmen erforderlich sind, können hierdurch die spezifischen Behandlungskosten um ca DM pro Tonne Müll ansteigen. 6. Ordnungsgemäße Ablagerung 6.1 B e d e u tu n g Bei allen Entsorgungssystemen, sei es für Hausmüll, Sondermüll oder andere Abfälle, fallen nichtverwertbare Reststoffe an. Für diese unverwertbaren Reststoffe aus der stofflichen und thermischen Verwertung sowie für die Ausfallzeiten.von Verwertungsanlagen ist in jedem Fall die Vo[haltung ausreichend bemessener Deponien erforderlich. Die Deponie als unverzichtbarer Bestandteil eines jeden integrierten Entsorgungssystems ergibt die notwendige Entsorgungssicherheit für die beseitigungspflichtigen Gebietskörperschaften. 6.2 D e p o n i e t e c h n i k u n d U m w e 1 t r e 1 e - vanz Als Grundvoraussetzung für alle Deponien muß der weitestgehende Schutz der Umwelt, d. h. die Minimierung bzw. die optimale Erfassung und möglichst umweltschonende Entsorgung aller entstehenden Emissionen gelten. Dies bedeutet: - Standortwahl nach sorgfältigst vorgeprüften hydrogeologischen Gesichtspunkten, - Einrichtung und Betrieb der Deponien nach dem Stand der Technik, - entsprechende Sicherheits- und Schutzmaßnahmen (Abdeckung, Entgasung, Nutzungseinschränkung etc.) bei und nach der Rekultivierung. Das Landesamt für Umweltschutz hat dazu einen Kriterienkatalog erarbeitet, der den Trägern der Abfallentsorgung (Gebietskörperschaften oder deren Zusammenschlüsse) sowie den mit der Planung und dem Bau von Deponien befaßten Fachleuten eine wesentliche Hilfe bieten soll. Insbesondere werden dabei u. a. - das Setzungsverhalten der Deponieaufstandsfläche - die Durchlässigkeit der Deponiebasisabdichtung - der Schutz der Deponiebasisabdichtung gegenüber mechanischen und chemischen Belastungen - das Ableitverhalten der Sickerwassererfassungsund -ableitungssysteme - die Ausführung systematischer Bauüberwachung und -kontrollen stärker berücksichtigt als dies in der Vergangenheit der Fall war. Diese verstärkten Anforderungen sind Ausfluß des zwischenzeitlich erweiterten Kenntnisstandes bezüglich der Absicherungsnotwendigkeiten und -maßnahmen bei geordneten Deponien Hausmülldeponie Auf die bisher noch praktizierte, an sich nicht mehr zeitgemäße Form der Abfallentsorgung, die Ablagerung der Abfälle ohne Vorbehandlung, wird für einen Übergangszeitraum bis zum Ausbau der nach der 2. Fortschreibung des Abfallentsorgungsplanes, Teilplan Hausmüll, vorgesehenen integrierten Entsorgungssysteme nicht verzichtet werden können. Durch die steigenden Anforderungen des Umweltschutzes sind allerdings immer aufwendigere, technische Maßnahmen bei Einrichtung und Betrieb derartiger Deponien erforderlich. Die heute notwendigen Maßnahmen zur Untergrundabdichtung in Verbindung mit der Sickerwassererfassung und zur Entgasung der Deponien erfordern einen zunehmend größeren technischen und finanziellen Aufwand. Die derzeitige Grundlage für den Bau und die Einrichtung von geordneten Deponien für Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle bildet das Merkblatt der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall: Die geordnete

155 49 Ablagerung von Abfällen (Deponiemerkblatt)" - Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom (LUMBI 1980, S. 29). Bei dem derzeitigen Stand der Deponietechnik handelt es sich bei den Vorgaben des Deponiemerkblattes um Mindestanforderungen. In den Genehmigungsverfahren werden in der Regel jeweils höhere technische Anforderungen entsprechend dem fortgeschrittenen Stand der Technik gestellt. Auch beim weiteren Ausbau bereits genehmigter Deponien wird die neueste Deponietechnik gefordert. Auf diese Weise wird zuverlässig der Schutz des Grundwassers, des Bodens und der Luft gewährleistet. Im einzelnen ist zu den technischen Anforderungen an die Errichtung von Hausmülldeponien folgendes auszuführen: Anforderungen an den Standort Nach dem derzeitigen Stand der Deponietechnik können Deponien sowohl im Bereich ehemaliger Abbauflächen als auch in Form von Hügelschüttungen errichtet werden. Wasserwirtschaftlich empfindliche Gebiete wie z. B. solche mit geringen oder durchlässigen Grundwasserdeckschichten oder im Einzugsgebiet von Wasserversorgungen sind als Deponiestandorte grundsätzlich ungeeignet. Deshalb zählen Kiesgruben bei der Standortbeurteilung für zentrale Hausmülldeponien zu den wasserwirtschaftlich besonders problematischen Bereichen. In einigen Fällen gibt es jedoch keine pra.ktikablen Alternativen zur Errichtung von Deponien in Kiesgruben. Ob eine ehemalige Kiesgrube dennoch als zentrale Hausmülldeponie in Frage kommt, muß in jedem Einzelfall durch detaillierte hydrogeologische Untersuchungen sorgfältig geprüft werden. Die Eignung eines Deponiestandorts wird in der Regel im Rahmen eines Raumordnungsverfahrens überprüft. Nur wenn der vorgeschlagene Standort mit den Erfordernissen der Raumordnung, zu denen insbesondere die Belange des Gewässerschutzes, des Naturschutzes, des Lärmschutzes und der Abfallentsorgung zählen, vereinbar ist, kann das erforderliche abfallrechtliche Verfahren eingeleitet werden Abdichtung Bei ' Deponieabdichtungen unterscheidet man zwischen natürlichen und künstlichen Dichtungen. Nach dem Deponiemerkblatt der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall sind natürliche Dichtungen sorgfältig aufgebrachte und verdichtete Schichten aus eigens angelieferten geeigneten Bodenmaterialien mit ausreichend hohen Ton- und Feinkornanteilen. Als künstliche Dichtungen werden insbesondere an Ort und Stelle verschweißte Dichtungsbahnen aus geeigneten Kunststoffen und Bitumendecken bezeichnet. Weiterhin werden in letzter Zeit auch Gemische von geeigneten, anstehenden und in Lagen verdichteten Bodenmaterialien eingesetzt, die mit entsprechenden Binde- oder Quellmitteln (z. B. Bentonit) vergütet werden. In Bayern kommen im Einvernehmen mit der Wasserwirtschaftsverwaltung im wesentlichen natürliche Dichtungen sowie Dichtungen aus vergütete" Bodenmaterialien zur Anwendung. Die technischen Anforderungen an die Deponieaufstandsfläche und an die Deponieabdichtung gehen zum Teil erheblich über die Vorgaben (Mindestanforderungen) des Deponiemerkblattes hinaus Sickerwasser Zur vollständigen und raschen Ableitung des Sickerwassers zu den Dränageleitungen wird auf die durch ein Geotextil geschützte Abdichtung eine Flächendränage aus grobkörnigem Material hoher Durchlässigkeit aufgebracht. Das Dränageleitungssystem wird regelmäßig gereinigt und durch Fernsehuntersuchungen kontrolliert. Das Sickerwasser wird entsprechend der Richtlinie.für den Umfang der Überwachung von Grund-, Oberflächen- und Sickerwasser im Bereich von Abfallbeseitigungsanlagen (WÜ 77) regelmäßig untersucht. Das Untersuchungsprogramm ist im Hinblick auf die Problematik der Chlorkohlenwasserstoffe um den Parameter chlorierte Kohlenwasserstoffe" (CKW) inzwischen ergänzt worden, außerdem um die Parameter Arsen und Bor. Die Auswertung der Untersuchungsergebnisse erfolgt durch die Fachbehörden. Beim Landesamt für Umweltschutz wurde in den letzten Jahren eine umfangreiche Sickerwasserdatei aufgebaut, in der umfangreiche Daten über Menge und Zusammensetzung von Sickerwässern aus Hausmülldeponien gespeichert sind. Gemäß den Empfehlungen des Deponiemerkblattes wird der überwiegende Teil von Deponiesickerwässern aus Hausmülldeponien in Bayern derzeit zusammen mit häuslichen Abwässern in leistungsfähigen kommunalen Kläranlagen behandelt. In einigen Fällen werden auch deponieeigene Sickerwasserbehandlungsanlagen betrieben. An der Sickerwasserbehandlungsanlage der Deponie Außenzell wird seit mehreren Jahren ein umfangreiches Untersuchungsprogramm durchgeführt, das wichtige Hinweise hinsichtlich Bemessungsgrundlagen, Betriebskennzahlen und Kosten für die Reinigung von Sickerwässern aus Hausmülldeponien liefert. Die Bundesregierung erarbeitet derzeit eine allgemeine Verwaltungsvorschrift, in der die künftigen Anforderungen an die Behandlung von Sickerwasser festgelegt werden Deponiegaserfassung, -behandlung und -verwertung Erfassung und Behandlung Beim mikrobiellen Abbau der organischen Bestandteile der Abfälle entsteht Deponiegas, das sich überwiegend aus Methan und Kohlendioxid zusammensetzt. Während dem Gasproblem noch in den siebziger Jahren wenig Bedeutung beigemessen wurde, wird heute die Notwendigkeit von Entgasungsmaßnahmen nicht mehr ernsthaft bestritten. Passive" Entgasungssysteme, bei denen das Deponiegas über Gasschächte erfaßt und an der Deponieoberfläche abgefackelt wird, werden derzeit durch aktive" Systeme abgelöst, bei denen das Deponiegas über Gasdränagen konzentriert abgepumpt und entweder über Hochtemperaturfackeln (T>800 C, Verweil-

156 50 dauer > 0,3 s) behandelt oder einer sinnvollen Verwertung zugeführt wird. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist bei einer Temperatur von 800 'C die Bildung hochtoxischer Stoffe z. B. Dioxine bei der Verbrennung des Deponiegases in Fackeln nicht zu erwarten. Nach Auskunft des Battelle-lnstitutes, welches über sehr umfangreiche Erfahrungen mit Deponiegasmessungen verfügt, kann bei Hausmülldeponien davon ausgegangen werden, dab bereits aufgrund der Zusammensetzung des eingebauten Materials der Anteil an potentiellen Dioxinbildnern im Deponiegas zu gering ist, um im Rauchgas der Fackel noch 2,3,7,8-TCDD (Tetrachlordibenzo-Dioxin) nachweisen zu können. Bei einem an der Deponie Gerolsheim, Rheinland-Pfalz, vom Umweltbundesamt betreuten Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird derzeit praxisnah an mehreren Deponiegasfackeltypen das Emissionsverhalten der Fackeln hinsichtlich einer schadlosen Beseitigung der Deponiegase durch Verbrennung überprüft. Die- ses Untersuchungsprogramm ist noch nicht abgeschlossen. Eine wirkungsvolle aktive Entgasung setzt allerdings auch eine wirkungsvolle Oberflächenabdichtung des Deponiekörpers voraus, wodurch der Erfassungsgrad des Deponiegases entscheidend verbessert werden kann. Die aktive Entgasung in Verbindung mit der Oberflächenabdichtung sowie einer in der Anlaufphase optimierten Anlage sind die Voraussetzung, daß etwaige Geruchsemissionen auf ein Mindestmaß beschränkt werden können. Den bisherigen Erkenntnissen zufolge, die bei Hausmülldeponien mit aktiven Entgasungsanlagen gewonnen wurden, können die gelegentlich auftretenden und unvermeidbaren Geruchsemissionen auf einen Umkreis von 200 bis 300 m begrenzt werden. Gesundheitliche Aspekte Kontrovers wird bei der Errichtung und beim Betrieb von Hausmülldeponien in letzter Zeit die Frage diskutiert, welche besondere Bedeutung den Spurengehalten von aromatischen Kohlenwasserstoffen und Organohalogenverbindungen im Deponiegas beizumessen sind, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Gesu~dheitsgefährdung für Anwohner von Deponien. In der Reihenfolge der Toxizität folgen mit deutlichem Abstand zu Benzol die Stoffe Tetra- und Trichlorethan. Eine toxikologische Beurteilung dieser Spurenstoffe im Deponiegas ist derzeit noch nicht gesichert möglich, da das Deponiegas ein Substanzgemisch darstellt, welches in der Summe unter Umständen anders wirkt als eine Betrachtung der Einzelsubstanzen es erwarten läßt. Ein Faktum sind die zeitweiligen Geruchsbelästigungen, die bei jeder Hausmülldeponie aufgrund des anaeroben Abbaus unvermeidlich sind. Allerdings sind die in Spuren festgestellten Geruchskomponenten wie Schwefelwasserstoff, Merkaptane, Aromaten u.ä. Verbindungen in ihren Konzentrationen verschwindend gering. Bei Austritt des Deponiegases über die Deponiefläche tritt eine sehr starke Verdünnung (Faktor 10') ein, so daß bereits unmittelbar auf der Deponie und deshalb sicher auch außerhalb der Deponie eine Gesundheit~gefährdung auszuschließen ist. Über angebliche deponiegasbedingte Allergien liegen bisher in der Bundesrepublik Deutschland keine Erkenntnisse vor. Verwertung Von den grundsätzlich in Frage kommenden Möglichkeiten zur Deponiegasnutzung, nämlich - Nutzung des Deponiegases für Heizzwecke, - Nutzung des Deponiegases zur Stromerzeugung, - Reinigung und Aufkonzentrierung des Deponiegases zu Brauchgasqualität und Einspeisung in Gasnetze und - Gewinnung von Methanol aus Deponiegas sind die beiden erstgenannten Varianten bereits mehrfach in Bayern verwirklicht worden. So ist beispielswiese 1986 bei Erlangen eine Anlage zur thermischen Nutzung des in der rekultivierten Deponie Bukkenhof anfallenden Gases in einem Ziegelwerk in Betrieb gegangen. Ein weiteres derartiges Projekt wurde 1987 auf der Deponie Neunkirchen a. Sand, Lkr. Nürnberger Land, verwirklicht. Darüber hinaus werden in Bayern derzeit Anlagen zur Deponiegasverwertung neben einer kleineren Anlage im Lkr. Mühldorf (Einsatz des Deponiegases für Heizzwecke) noch in - der Deponie Sengenbühl bei Furth i. Wald (Kraft/ Wärmekopplung), - der Deponie Taufkirchen-Unterriesbach, Lkr. Erding (Verstromung), - der Deponie Außenzelt des Zweckverbandes Donau-Wald (Verstromung) und - der Deponie Sandmühle, Lkr. Wundsiedel (Wärmenutzung) betrieben. Außerdem stehen weitere Planungen für Deponiegasverwertungsanlagen sowohl in Nord- als auch in Südbayern kurz vor der Realisierung. Ausschlaggebend für die Nutzungsart sind letztlich die örtlichen Verhältnisse und die energiewirtschaftlichen Randbedingungen. Im Hinblick auf die nicht unerheblichen Investitionskosten von Deponiegasverwertungsanlagen erschien ihre Einrichtung bisher nur bei Deponien mit einem Volumen von rd m' eingebautem Müll (entsprechend rd. 1 Mio m' gewinnbares Deponiegas/Jahr) sinnvoll. Allenfalls wäre noch ein Volumen von rd m' eingebautem Müll (entsprechend m' Deponiegas/Jahr) vertretbar. Eine 1985 erstellte Studie für Bayern hat ergeben, daß von den 55 in Bayern derzeit betriebenen Hausmülldeponien etwa 30 für eine Gasverwertung in Betracht gezogen werden könnten. Inzwischen wurde eine weitere Studie vom Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen vergeben, um detaillierte Randbedingungen für die in Frage kommenden Deponiegasnutzungen zu erhalten. Bei allen Anlagen zur Deponiegasverwertung darf jedoch nicht übersehen werden, daß die Anlagen noch weiter

157 51 optimiert werden müssen. Insbesondere muß das Deponiegas beim Einsatz in Gasmotoren sehr aufwendig aufbereitet und wegen hoher Chlor- und Schwefelgehalte gereinigt werden, wodurch die Verwertungsanlage zum einen störanfälliger und zum anderen auch wesentlich teurer wird Rekultivierung Die Rekultivierung von Hausmülldeponien umfaßt die technische Endabdeckung des Müllkörpers und die Maßnahmen zur Einbindung der Deponie in das umliegende Landschaftsbild. Die notwendige Überdeckung der Oberflächenabdichtung richtet sich nach dem Frostschutz der mineralischen Dichtungsschicht und nach dem jeweiligen Rekultivierungsziel. Die Anforderungen an die landschaftsgerechte Einbindung und Bepflanzung von Hausmülldeponien sind im Anhang Rekultivierung von Deponien" zum Deponiemerkblatt - Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom (LUMBI S. 27ff.) - festgelegt Nachsorgemaßnahmen und Kosten Die wesentlichen Nachsorgemaßnahmen bei Deponien liegen bei der Erfassung und Entsorgung von Sickerwasser und Deponiegas. Hinzu kommen noch die Kontrolle des Grundwassers im Umgriff der Deponie sowie Nachsorge- bzw. Pflegemaßnahmen bei der ausgeführten Rekultivierung. Sickerwasser Bei einer ordnungsgemäßen Oberflächenabdichtung der Deponie ist damit zu rechnen, daß der Sickerwasseranfall im laufe von 1 ~20 Jahren auf unter 5010 des Jahresniederschlags zurückgeht. Die Entsorgungskosten für Sickerwasser sind abhängig von der Deponiefläche, den Transportkosten und den Behandlungskosten in einer Kläranlage. Beim Transport liegen erfahrungsgemäß die Kosten derzeit bei 1,50 DM-2,00 DM/m' und Transportkilometer und bei der Behandlung in der Kläranlage zwischen 4,00 DM-8,00 DM/m'. Die Sickerwasser- und Grundwasseruntersuchungen, wobei gerade die Grundwasseruntersuchun'gen zur langfristigen Kontrolle der Basisabdichtung nach Abschluß der Deponie notwendig sind, erfordern einen relativ geringen Kostenaufwand von ca DM/Jahr. Für die Reinigung und Kontrolle durch Fernsehkamerabefahrungen des Dränsystems sind Kosten zwischen 15 DM und 30 DM/laufenden Meter des Entwässerungssystems anzusetzen. Deponieentgasung In der Regel wird eine dem Stand der Technik entsprechende Deponie bereits während des Betriebes mit einer aktiven Entgasungsanlage ausgerüstet werden. Bei älteren Deponien wird jedoch vielfach eine entsprechende Nachrüstung auch noch nach Abschluß der Ablagerungen erforderlich sein, so daß die hierdurch entstehenden Kosten den Nachfolgelasten zuzurechnen sind. Die Errichtung einer aktiven Entgasungsanlage (Baukonstruktionen, Betriebstechnik, Außenanlagen wie Gasleitungen und -brunnen, Kondensationsschächte usw.) kostet je nach Größe der Anlage derzeit rd. 0,6 Mio DM bis über 2,5 Mio DM. Für Instandhaltung und Wartung der Anlage müssen jährlich etwa 3-40/o der Investitionskosten veranschlagt werden. Darüber hinaus ist, soweit eine Gasverwertung ohne Eigenstromnutzung betrieben wird, je nach Anlagengröße mit Kosten für den Bezug von Fremdstrom in Höhe von bis DM/Jahr zu rechnen. Zusätzlich sind noch jährliche Betriebskosten (Personalkosten) in Höhe von 4-50/o der Investitionskosten zu veranschlagen. Danach ist für den Betrieb einer Aktiventgasungsanlage, unabhängig von den Kapitalkosten grob überschlägig jährlich mit einem Kostenaufwand von rd. 80/o der Investitionskosten zu rechnen. Für die Demontage der Entgasungsanlage sind Kosten zwischen 5000 DM und DM anzusetzen Reststoffdeponie Aufgrund der Tatsache, daß derzeit über 500/o der Bevölkerung Bayerns an thermische Abfallbehandlungsanlagen angeschlossen sind, fallen in Bayern erhebliche Mengen an Schlacken und Filterstäube an, die ordnungsgemäß entsorgt werden müssen (vgl. Ziffer 5.4). Schlacken Die Rohsehlacke setzt sich im wesentlichen aus mineralischen Anteilen zusammen, wie z. B. Eisenschrott, Glas, Sand, Keramik, Nichteisen-Metalle sowie unverbrannte Anteile. Bei der Auslaugung der Schlacke liegen die Konzentrationen der Schwermetalle im Spurenbereich, wie dies Auslaugversuche in Säulenlysimetern des LIU und Untersuchungen an bayerischen Schlackeaufbereitungsanlagen bestätigen. Obwohl die Schlackeverwertung in Bayern inzwischen nachhaltig gesteigert werden konnte, ist davon auszugehen, daß der überwiegende Teil der anfallenden Schlacke weiterhin abgelagert werden muß. Durch verstärkte und gezielte Aufklärungsarbeit und Aquisition wird eine Verbesserung der Absatzsituation und damit die Einsparung wertvollen Deponieraumes erwartet. Filterstäube und Salze aus der Abgasreinigung Die Filterstäube und Salze aus der Abgasreinigung werden in der Regel an den thermischen Verwertungsanlagen gemeinsam ausgetragen und stellen mineralische Produkte mit hoher Auslaugfähigkeit dar, die z. T. erheblich mit Salzen und Schwermetallen beaufschlagt sind. Insbesondere enthalten sie die aus dem R\'.)hgas abgeschiedenen Schwermetalle wie z. B. Blei, Zink und Cadmium. Mehrjährige Feldversuche haben ergeben, daß bei abgelagerten Schlacke/ Filterstaubgemischen die in den Filterstäuben enthaltenen Schwermetalle nur in sehr geringem Maße ausgelaugt werden. So lagen z. B. bei der Reststoffdeponie Großmehring des MHKW Ingolstadt die ermittel-

158 52 ten Gehalte für die Elemente Chrom, Zink, Cadmium, Blei, Nickel und Quecksilber im Sickerwasser z. T. unter der Nachweisgrenze, in allen Fällen jedoch deutlich unter 1 mg/1. Die Meßwerte liegen damit auch unter den für die Einleitung derartiger Sickerwässer in öffentliche Abwasserbehandlungsanlagen maßgeblichen Grenzwerten nach dem Arbeitsblatt A 115 der Abwassertechnischen Vereinigung e. V. Auch haben Untersuchungen in Sickerwässern aus Reststoffdeponien keine Hinweise auf Dioxine ergeben. Die festgestellten Dioxin- und Furanwerte (TCDD, TCDF) lagen unterhalb der Nachweisgrenze. Zur Ablagerung der Filterstäube aus Hausmüllverbrennungsanlagen wurden im Sommer 1986 von den Amtschefs der Umweltressorts des Bundes und der Länder einheitliche Entsorgungsstandards verabschiedet, die sich an den einschlägigen Anforderungen des Deponiemerkblattes der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall orientieren. In dem Beschluß der Amtschefs der UmweJtressorts ist auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Filterstäube neben Reststoffdeponien auch in gesonderten Bereichen von Hausmülldeponien miteingebaut werden können. Filterstäube aus Hausmüllverbrennungsanlagen stellen somit keinen Sondermüll dar. Schlacken, die nicht verwertet werden, eignen sich wegen ihrer zementierenden Wirkung zur gemeinsamen Ablagerung mit Filterstäuben. Wegen der hohen Auslaugbarkeit der Rückstände aus der Abgasreinigung wird zunehmend die Kombinationsdichtung (mineralische Dichtung mit aufgelegter Kunststoffdichtungsbahn) als Basisabdichtung und Oberflächenabdichtung in den Vordergrund treten, um eine vollständige Versiegelung und Trockenhaltung der Abfälle zu erreichen. Durch die regelmäßige Zwischenabdeckung der Filterstäube und Salze werden Beeinträchtigungen durch Filterstaubverwehungen von den Deponien auch während des Betriebes weitgehend ausgeschlossen. Um die umweltverträgliche Entsorgung von Filterstäuben und Salzen aus der Abgasreinigung weiter zu verbessern, wir derzeit an der Deponie Jedenhofen, Lkr. Dachau, ein Forschungsvorhaben zur Verfestigung dieser Rückstände durch Zugabe von Zement durchgeführt. Durch die Verfestigung der Rückstände soll die Auslaugung der Filterstäube und Salze aus der Abgasreinigung noch entscheidend verringert werden Sondermülldeponie Die Sondermülldeponien in Schwabach des Zweckverbandes zur Sondermüllbeseitigung Mittelfranken (ZVSMM) und in Gallenbach der Gesellschaft zur Beseitigung von Sondermüll in Bayern (GSB) gehören weltweit zu den ersten und modernsten derartigen Entsorgungsanlagen. Bei ihrem Bau wurden die damals verfügbaren technischen Erkenntnisse umgesetzt. Da sich diese in der Zwischenzeit weiterentwikkelt haben, wurden die weiteren Bauabschnitte jeweils dem neuesten Stand der Technik angepaßt. Diese Entwicklung ist auch heute noch nicht abgeschlossen. Die Planung für die neuen Bauabschnitte der Deponien in Gallenbach und Raindorf wird dies im vollen Umfang berücksichtigen. Es ist daher abzusehen, daß die bayerischen Sondermülldeponien den technischen Standard, wie er in der zukünftigen TA Abfall festgelegt werden wird, vorwegnehmen werden. Dies gilt insbesondere für die Kombinationsdichtung, die nach dem derzeitigen Stand der Arbeiten an der TA Abfall künftig für Sondermülldeponien in Betracht kommen wird. Derzeit wird im Rahmen der Arbeiten an den Abwasserverwaltungsvorschriften nach 7 a WHG und der TA Abfall bundesweit der Stand der Technik der Sikkerwasserbehandlung festgelegt. Es ist zu erwarten. daß künftig Verfahrenskombinationen zur Sickerwasserbehandlung zur Anwendung kommen werden, die zu einer möglichst weiteren Einengung der problematischen Inhaltsstoffe und einer Restreinigung des entfrachteten Sickerwassers führen werden. Hierzu gehört vornehmlich auch das bei der Sondermüllanlage Schwabach erstmals großtechnisch eingesetzte Verfahren der Sickerwassereindampfung. Im Zusammenhang mit der Sanierung von Altlasten sind in den letzen Jahren neue Deponiekonzepte, insbesondere von der Bauindustrie, entwickelt worden. Es handelt sich im wesentlichen um Zwischen- und Langzeitlager aus Stahlbeton für unvorbehandelte Abfälle, insbesondere Sonderabfälle (sog. Behälterdeponie, Hochsicherheitsdeponie). Die Endlagerung von Sonderabfällen in sogenannten Hochsicherheitsdeponien ist noch nicht Stand der Technik. Demnach wird diese Entsorgungs- bzw. Lagermöglichkeit auch im Rahmen der Arbeiten der TA Abfall voraussichtlich nicht berücksichtigt werden. Da Bayern über ein integriertes Sonderabfallkonzept bereits seit Jahren verfügt, bei dem die Sonderabfälle soweit als möglich thermisch und chemisch-physikalisch vorbehandelt und die Reststoffe aus diesen Behandlungsprozessen ordnungsgemäß abgelagert werden, wird für die Errichtung von Behälterdeponien, die zudem sehr kostenintensiv sind, keine Notwendigkeit gesehen. 6.3 Deponie k a p a z i täten Hausmülldeponien Die Entsorgung unbehandelter Abfälle durch geordnete Ablagerung erfolgt derzeit in 50 Deponien. Das genehmigte, freie Volumen dieser Hausmülldeponien für die Ablagerung unbehandelter Abfälle beträgt ca. 14 Mio m' (Stand: ). Die voraussichtliche Nutzungsdauer der Deponien für unbehandelte Abfälle reicht je nach verfügbarem Volumen, von wenigen Monaten bis zu 20 Jahren. Eine Aufstellung der Restvolumen und Restlaufzeiten der Deponien, aufgegliedert nach Regierungsbezirken, enthält An - lage Reststoffdeponien Für die Ablagerung von nicht verwertbaren Reststoffen aus thermischen Verwertungsanlagen müssen jährlich rd m' Volumen verfügbar sein. Die Entsorgung der nicht verwertbaren Reststoffe aus bayerischen Müllheizkraftwerken erfolgt über

159 10 Reststoffdeponien und 4 Hausmülldeponien, auf denen Reststoffe unter gewissen Voraussetzungen neben unbehandelten Abfällen abgelagert werden können (An 1 a g e 19a). Die Reststoffdeponien weisen ein genehmigtes Volumen für die Ablagerung von Reststoffen von 6,3 Mio m' auf. Die voraussichtliche Nutzungsdauer der Reststoffdeponien beträgt zwischen wenigen Monaten bis zu 20 Jahren. Neu geschaffen werden müssen Reststoffdeponien für die Einzugsbereiche von folgenden Müllheizkraftwerken: - MHKW Coburg (im Bau), - MHKW Zirndorf, - MHKW Fürth (geplant), - MHKW Burgkirchen (geplant), - MHKW Ingolstadt, MHKW Schweinfurt (geplant), - MHKW/ Abfallverwertungsanlage Augsburg (geplant), - MHKW Weißenhorn, Lkr. Neu-Ulm (geplant), - MHKW Kempten. Die Reststoffdeponien erfüllen häufig auch die Aufgaben sog. Vorhaltedeponien. Diese Vorhaltedeponien sind zur Überbrückung von Ausfallzeiten dieser Anlagen sowie zur Ablagerung von nicht stofflich und thermisch verwertbaren Abfallstoffen (z. B. Gießereisande) erforderlich. Derzeit bestehen acht Vorhaltedeponien mit einer Kapazität von 1, 1 Mio m' (Anlage 17); zwei weitere Vorhaltedeponien mit einer Gesamtkapazität von 0,4 Mio m 3 sind geplant Sondermülldeponien Aus heutiger Sicht stellt sich der zeitliche Verlauf der Verfüllung der drei zentralen Sondermülldeponien wie folgt dar: - Die Deponie Raindorf des ZVSMM mit einem noch verfügbaren Volumen von m' wird etwa um das Jahr 2000 abgeschlossen sein. Der ZVSMM ist derzeit bemüht, weitere angrenzende Flächen zu erwerben, um die Deponie zu gegebener Zeit erweitern zu können. - Die Deponie Schwabach des ZVSMM wird in 1 bis 2 Jahren bei dem verfügbaren Restvolumen vom m' endgültig verfüllt sein. Eine Erweiterung oder Überhöhung ist nicht möglich. - Die Deponie Gallenbach der GSB mit einem noch verfügbaren Volumen von m 3 ist vorausc sichtlich noch bis zum Jahre 2000 aufnahmefähig. Die GSB hat inzwischen Standortuntersuchungen für eine Nachfolgedeponie in Auftrag gegeben. In Anbetracht der langen Vorlaufzeiten für Standortwahl, Genehmigungsverfahren und Bau einer Sondermülldeponie werden diese Aktivitäten mit Nachdruck weiterverfolgt Allgemeines Als K 1 ä r s c h 1 am m wird der bei der Behandlung von Abwasser in Abwasserbehandlungsanlagen anfallende Schlamm bezeichnet. Soweit der Schlamm nicht behandelt ist, gilt er als Rohschlamm. In den Abwasserbehandlungsanlagen kommen folgende Behandlungsverfahren in Betracht: - Stabilisierung (Vorbehandlung bei der Lagerung z. 8. zur Unterbindung von Geruchsemissionen durch Abbau der organischen Substanz mir Hme der Faulung in Faulbehältern, Langzeitbelüftung, Zugabe von Kalkhydrat etc.) - Hygienisierung (Erreichen der seuchenhygienischen Unbedenklichkeit gemäß 4 Abs. 3 Klärschlammverordnung) - Konditionierung (Vorbehandlung zum Eindicken oder Entwässern des Schlammes) - Entwässerung - Trocknung. Welche der o. g. Behandlungsverfahren bzw. Verfahrenskombinationen im Einzelfall anzuwenden sind, hängt vom angestrebten Behandlungsziel bzw. von der Entsorgungsmethode ab. Dabei gilt der Grundsatz, daß möglichst Alternativen zur Deponierung angestrebt werden. Eine Volumenreduktion wird durch Faulung, Entwässerung und Trocknung des Klärschlamms sowie durch Verbrennung erreicht. Bei der Verwertung in der Landwirtschaft ist das Aufbringen von Naßschlamm das übliche Verfahren. Das Räumgut aus Kleinkläranlagen wird als F ä k a 1 - s c h 1 am m bezeichnet. Es erfüllt unbehandelt im allgemeinen nicht die Voraussetzungen für eine unmittelbare Entsorgung. Im Vollzug des Landtagsbeschlusses vom (Drs. 10/4474) hat die Staatsregierung ausführlich über die Entsorgung von Fäkalschlämmen in Bayern berichtet Aufkommen und Entsorgungskosten In Bayern fallen derzeit bei ca kommunalen Kläranlagen pro Jahr etwa 5,5 Mio t Klärschlamm mit einem mittleren Trockensubstanzgehalt von 50/o an. Die Entsorgung erfolgt derzeit - zu ca. 400/o in der Landwirtschaft (Bundesdurchschnitt ca. 370/o) - zu ca. 400/o durch Deponierung (Bundesdurchschnitt ca. 550/o) - zu ca durch Verbrennung (Bundesdurchschnitt ca. 80/o). Die Klärschlammentsorgung in den einzelnen Regionen ist auf der Grundlage der letzten Erhebung von 1983 in An 1 a g e 20 dargestellt. Das Aufkommen wird in den nächsten Jahren noch 1. Klärschlamm steigen. Gründe hierfür sind die weitere Erhöhung des Anschlußgrades der Einwohner an Kläranlagen 7.1 Stand der K 1ärsch1 am m e n t so r - und die erhöhten Anforderungen an die Reinigungsg u n g leistung. Nach den Erfahrungen kann in den nächsten 53

160 54 5 Jahren von einer Steigerungsrate von jährlich ca. 30/o ausgegangen werden. Demnach ist für 1993 eine Klärschlammenge von ca. 6,3 Mio t zu erwarten. Die Entsorgungskosten für Klärschlamm sind in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen. Für die landwirtschaftliche Verwertung werden als Transportkostenerstattung pro cbm Dünnschlamm (mit 50/o Trockensubstanz (TSJ J zwischen 0 bis 15 DM bezahlt. Die Betriebskosten für die Schlammentwässerung liegen in Abhängigkeit von Art und Anlagengröße derzeit zwischen etwa 5 und 15 DM pro cbm Dünnschlamm. Hierzu kommen die Kosten für Schlammstabilisierung und für die Deponierung (ca DM/m 3 ) bzw. die thermische Behandlung (ca DM/m 3 ). 7.2 Verwertung landwirtschaftliche Verwertung Die Schlämme der meisten kommunalen Anlagen, insbesondere der kleinen ländlichen Kläranlagen, werden landwirtschaftlich verwertet. Auch in Zukunft kann auf diese natürliche und wichtigste Entsorgungsmethode nicht verzichtet werden. Die technischen Voraussetzungen für eine gesicherte Abnahme der Schlämme sind für die Mehrzahl der Kläranlagen günstig und werden hinsichtlich der Schlammeigenschaften weiter verbessert. Für die Schlammverwertung ist es unerläßlich, das Vertrauen in die Qualität der Schlämme zu stärken. Hierzu erforderlich sind systematische Qualitätskontrollen und umfassende Informationen. Auch müssen Aufbringungsmodus und Aufbringungsmengen unter Mitwirkung der Landwirtschaftsverwaltung den Bedürfnissen der jeweiligen Bodennutzung sowie der Bodenbeschaffenheit angeglichen werden. Zur Anpassung des kontinuierlichen Klärschlammanfalls an die nur zu bestimmten Jahreszeiten mögliche Klärschlammausbringung muß zusätzlicher Speicherraum geschaffen werden. Nach der Klärschlammverordnung ist das Aufbringen von Rohschlamm verboten. Weiterhin ist das Aufbringen von Klärschlamm auf Gemüse- und Obstanbauflächen sowie auf forstwirtschaftlich genutzte Böden verboten. Ausnahmen sind im zuletzt genannten Fall möglich, wenn das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Das Aufbringen von Klärschlamm auf Grünland in Naturschutzgebieten, Naturdenkmalen und Nationalparken bedarf der Genehmigung, die nur erteilt werden darf, wenn Belange des Natur- und Landschaftsschutzes nicht beeinträchtigt werden. In Wasserschutzgebieten ist das Aufbringen von Klärschlamm im Fassungsbereich und in der engeren Schutzzone grundsätzlich verboten, in der weiteren Schutzzone eingeschränkt Nutzen für die Landwirtschaft Klärschlamm wirkt als Bodenverbesserungsmittel und enthält Pflanzennährstoffe, insbesondere Stickstoff und Phosphor. Auch die Calcium- und Magnesiumgehalte sind meist beträchtlich, während der Kaliumgehalt in der Regel unbedeutend ist, so daß bei Klärschlammdüngung dieser notwendige Nährstoff ergänzt werden muß. Darüber hinaus ist bei der Anwendung von Klärschlamm sein günstiger Gehalt an basisch wirkenden Stoffen zu nennen, der teilweise durch Kalkfällung des Abwassers oder durch Schlammkalkung noch stark erhöht wird. Auf Grünland kommt der Zufuhr humusbildender Stoffe eine weit geringere Bedeutung zu als auf Ackerland. In Konkurrenz zum Klärschlamm stehen vor allem wirtschaftseigene Dünger, insbesondere die Gülle, die teilweise in beträchtlichen Mengen anfällt und praktisch nur in der Landwirtschaft verwertet werden kann. In Gebieten mit hohem Viehbesatz sind die begüllbaren Flächen bereits mit Nährstoffen aus den Wirtschaftsdüngern reichlich versorgt, so daß eine zusätzliche Klärschlammaufgabe oft nicht sinnvoll ist Anforderungen an Klärschlämme Schwermetalle Die Begrenzung für eine landwirtschaftliche Verwertung des Klärschlammes liegt vorwiegend in den Schwermetallgehalten. Die Anforderungen an die Verwertung in der Land- und Forstwirtschaft sind in der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) vom (BGBI 1 S. 734) in Verbindung mit der Gemeinsamen Bekanntmachung des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen, des Staatsministeriums des Innern und des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom (LUMBI S. 37) im einzelnen geregelt. Für die wichtigsten 7 Schwermetalle wurden in der Klärschlammverordnung Werte entsprechend der nachstehenden Tabelle festgelegt, bei deren Überschreitung die landwirtschaftliche Verwertung einer Genehmigung bedarf. Die zulässige Aufbringungsmenge wurde auf 5 t Trockensubstanz (TS)/ha innerhalb von 3 Jahren oder auf 10 t/ha innerhalb von 6 Jahren begrenzt. Hierdurch soll nicht nur die Schwermetallfracht sondern auch eine Überdüngung speziell mit Stickstoff vermieden werden. Für entwässerten Klärschlamm kann die Aufbringungsmenge sogar auf 15 t/ha innerhalb von 9 Jahren erhöht werden. Werte der AbfKlärV für 7 Schwermetalle Gad- Queck- Nickel Blei Chrom Kup- Zink mium silber fer Klärschlamm (mg/kg TS) Boden (mg/kg lutttrockener Boden) Klärschlämme, die landwirtschaftlich verwertet werden sollen, werden gern. AbfKlärV seit Jahren regelmäßig, d. h. mindestens zweimal jährlich, auf ihre Gehalte an Schwermetallen untersucht. Bereits im Vorfeld des Erlasses der AbfKlärV und verstärkt seit Erlaß der AbfKlärV waren und sind die Kläranlagenbetreiber bemüht, durch Überwachung ihrer Einleiter die Konzentrationen an Schwermetallen zu erniedrigen. In diesem Zusammmenhang ist von Bedeutung. daß das Problem schwermetallhaltiger Klärschlämme sich

161 55 nicht in der kommunalen Kläranlage selbst, sondern nur im Vorfeld lösen läßt. Hierbei müssen die gefährlichen Stoffe im Abwasser weiter reduziert werden. Nach dem Erlaß der allgemeinen Verwaltungsvorschriften über Mindestanforderungen, die hierbei dem Stand der Technik entsprechen müssen ( 7a WHG), wird die Verordnung über die Genehmigungspflicht für das Einleiten wassergefährdender Stoffe in Sammelkanalisation und ihre Überwachung fortzuschreiben sein. Die bisherigen Maßnahmen haben bereits zu einer erheblichen Verminderung der Schwermetallgehalte in Klärschlämmen geführt. Heute liegen etwa 950/o aller anfallenden Klärschlämme in ihren Schwermetallgehalten unter den Richtwerten der AbfKlärV und könnten landwirtschaftlich verwertet werden. Aufgrund der durch eine große Zahl von Bodenuntersuchungen gewonnenen Erfahrungen und der zu erwartenden weiteren Verminderung der Schwermetallwerte in Klärschlämmen ist bei den geringen Ausbringungsmengen mit einer signifikaten Anreicherung von Schwermetallen im Boden nicht zu rechnen. Hygienisierung Gemäß 4 AbfKlärV ist ab dem das Aufbringen von seuchenhygienisch bedenklichem Klärschlamm auf Grünland und Feldfutteranbauflächen ganzjährig verboten. Eine Beschreibung der Hygienisierungsverfahren mit Angaben zur Kontrolle der Verfahren und der einzelnen Anlagen wurden kürzlich von einer Arbeitsgruppe Entseuchung von Klärschlamm" der Abwassertechnischen Vereinigung um;i des Verbandes kommunaler Städtereinigungsbetriebe (A TV NKS) erarbeitet. Auf dieser Grundlage wird von der Bundesregierung eine Verwaltungsvorschrift vorbereitet, welche die entsprechenden Vorschriften der Klärschlammverordnung präzisiert. Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wurde von der Staatsregierung gebeten, bei der Formulierung der Hygienisierungsverfahren die vorwiegend ländliche Entsorgungsstruktur Bayerns angemessen zu berücksichtigen Thermische Behandlung ' Verbrennung Klärschlämme können durch Verbrennung, durch Entgasung oder Pyrolyse und durch Vergasung thermisch behandelt werden. Den Verfahren ist gemeinsam, daß für die nötige Trocknung des Klärschlamms Wärmeenergie verbraucht wird, so daß in der Gesamtenergiebilanz eine energetische Verwertung meist nur in bescheidenem Umfang möglich ist. Im Sinne einer stofflichen Verwertung fallen jedoch bei der Konvertierung und Pyrolyse nutzbare Produkte an. Verbrennung zusammen mit Hausmüll Von den genannten drei Verfahren ist bisher nur die Verbrennung Stand der Technik. Wegen des gegenüber Hausmüll niedrigeren Heizwertes und wegen des zusätzlichen Wärmeverlustes durch die thermi- sehe Trocknung kann Klärschlamm in Hausmüllverbrennungsanlagen nur zu einem bestimmten Verhältnis zu Hausmüll (z. B. kleiner als 1 :10) verbrannt werden. Dabei werden die im Schlamm enthaltenen Substanzen bis zu völlig inertem Endmaterial oxidiert. Die Kosten der Klärschlammverbrennung sind wesentlich höher als die der anderen Verfahren der Klärschlammentsorgung. Die Hauptvorteile der Klärschlammverbrennung sind in der hohen Massenreduktion, in der Geruchsfreiheit und im günstigen Verhalten der Aschen zu sehen. Die Aschen binden ab, so daß die Schwermetalle nur schwer gelöst werden. Damit sind gute Voraussetzungen geschaffen, um bei einer sachgerechten Ablagerung eine Grundwassergefährdung auszuschließen. Vorteilhaft ist, daß zusammen mit dem Klärschlamm auch das an den Klärwerken anfallende Rechen- und Sandfanggut verbrannt werden kann. Die thermische "Behandlung von Klärschlamm wird derzeit an 6 bayerischen Anlagen durchgeführt ( A n - 1 a g e 21). Hierbei werden etwa bis zu 200/o des anfallenden Klärschlammes nach maschineller Entwässerung behandelt. Mehrere weitere Anlagen befinden sich im Bau bzw. in der Planung. Es werden zunehmend Verfahren eingesetzt, bei denen der Klärschlamm in der ersten Stufe getrocknet und in der zweiten Stufe verbrannt wird. Bei gut entwässerten Klärschlämmen reicht die Verbrennungswärme aus, um die Trocknung wärmeautark durchführen zu können. Wirbelschichtverbrennung Für die Klärschlammbehandlung hat sich das Verfahren der Wirbelschichtverbrennung an mehreren Anlagen bereits großtechnisch bewährt. Es bietet sich für die Trocknung und Verbrennung dieser Abfälle insbesondere wegen der relativ homogenen und feinkörnigen Struktur der Klärschlämme an. Wegen der niedrigen erforderlichen Betriebstemperatur (700 bis 850 C) und der geringen NO.-Bildung erscheint dieses Verfahren vorteilhaft Niedertemperatur-Konvertierung und Pyrolyse Grundlegende Untersuchungen zur Klärschlammkonvertierung/-pyrolyse wurden bisher an den Universitäten Tübingen (Prof. Bayer), Hamburg (Prof. Kaminsky) und Oldenburg (Prof. Schuller) durchgeführt und zum Teil vom Land Baden-Württemberg, zum Teil vom Bundesminister für Forschung und Technologie gefördert. Aufbauend auf deren Ergebnisse sind beim Bundesminister für Forschung und Technologie mehrere Forschungs- und Entwicklungsanträge von Firmen eingereicht worden, die darauf abzielen, die Klärschlammkonvertierung/-pyrolyse in der Praxis zu erproben. Über deren Förderungswürdigkeit, Standortfragen usw. ist noch zu entscheiden. Konvertierung Das Verfahren der Niedertemperaturkonvertierung wurde von Prof. Bayer entwickelt. Dabei wird der Klärschlamm indirekt unter Luftabschluß auf etwa

162 bis 450 C erhitzt, wobei Öl, Koks, Abwasser und eine Gasphase anfallen. Im Vergleich zu den erprobten und angewandten Verfahren der Faulung/Trocknung/Verbrennung, bei der ca. 350/o des Schlammes bezogen auf die Trockenmasse in Gas umgewandelt wird, entsteht bei der Konvertierung aus ca. 20 bis 250/o der Trockenmasse Öl. Das im ersten Fall nutzbare Faulgas wird also im wesentlichen durch den Wertstoff Öl ersetzt. Ein Vorteil der Konvertierung könnte somit darin bestehen, einen einfach zu transportierenden und lagerfähigen Brennstoff zu produzieren. Beim Einsatz des Öls als Treibstoff bestehen aber Probleme hinsichtlich seines Schwefel- und Stickstoffgehalts. Weiterhin können bei entsprechender Prozeßführung der Klärschlammkonvertierung auch erhöhte Anteile an Fettsäuren gewonnen werden, die ggf. in der chemischen Industrie verwendbar sind. Die aus dem Öl zu gewinnende Gesamten"ergie entspricht weitgehend der Energie, die auch aus dem Faulgas bei Kläranlagen erzeugt werden kann. Hinsichtlich der Energiebilanz ist somit derzeit kein signifikanter Vorteil gegenüber dem bisher praktizierten Verfahren zu ersehen. Aus Betriebserfahrungen mit der Faulgasverstromung ist bekannt, daß die erzeugbare Energiemenge in der Regel gerade ausreicht, um den Strombedarf der Kläranlage zu decken. Der Vorteil einer besseren Speicherbarkeit des Energieträgers Öl wird deshalb bei einer vollständigen Verstromung nicht erheblich ins Gewicht fallen (Anfall und Verbrauch des Primär-Energieträgers direkt an der Kläranlage). Auf der anderen Seite sind durch die erforderliche Rohschlammbehandlung deutlich höher belastete Filtratabwässer (ca mg BSB,/I) als beim o. g. Alternatiwerfahren zu erwarten sowie Geruchsemissionen durch den Rohschlammeinsatz nicht auszuschließen. Auch ist bei der erforderlichen Trocknung bis 900/o Feststoffgehalt auf eine strenge lnertisierung zu achten, um Staubexplosionen zu vermeiden. Weiterhin fallen bei der Konvertierung pro t Schlammtrockensubstanz voraussichtlich 120 kg Kondensund Reaktionswässer an, die zum Teil geruchsintensive Stoffe (z. B. Ammonium, niederorganische Säuren, Sulfide) enthalten und die Kläranlage zusätzlich belasten. Schließlich entsteht auch bei der Konvertierung ein Kohlerückstand mit jedoch verhältnismäßig geringem Heizwert von ca kj/kg. Demzufolge ist nach dessen Verbrennung ein Ascheanteil von etwa 210 bis 400 kg/t TS zu deponieren. Ein Vorteil gegenüber einer Trocknung/Verbrennung des Klärschlamms ist bislang auch in bezug auf den Reststoffanteil erkennbar. Es kann angenommen werden, daß die Konvertierung - soweit damit keine umweltschädlichen Emissionen verbunden sind - als ein weiteres mögliches Verwertungsverfahren für Klärschlamm in Betracht kommen kann, im Energieausbeutebereich und im Anfall von Reststoffen gegenüber dem Verfahren der Faulung/ Faulgasverbrennung nach bisherigem Kenntnisstand jedoch keine signifikanten Verbesserungen erwarten läßt. Auch steht die Gesamtenergieausbeute hinter derjenigen der direkten Klärschlammverbrennung zurück. Erst die weitere technische Erprobung im Großmaßstab wird zeigen, ob die Konvertierung betriebstechnische, umwelttechnische und auch kostenmäßige Vorteile bringen kann. Dem Vernehmen nach wird eine derartige Anlage derzeit in Ontario/Kanada errichtet, bei der aber noch verschiedene technische Probleme der Prozeßführung zu lösen sind, so daß die gebotene Anwendungsreife noch nicht vorliegt. Im übrigen hat der beim Bundesminister für Forschung und Technologie eingerichtete Sachverständigenkreis empfohlen, vorläufig noch keine Großanlage zu fördern, sondern die Entwicklung der Konvertierung mit technischen Versuchsanlagen weiterzuverfolgen. Pyrolyse Über die Pyrolyse von Klärschlamm liegen der Staatsregierung bisher nur sehr geringe praktische Erfahrungen vor, da in der Pyrolyseanlage Burgau Klärschlamm nur zeitweilig vnd in relativ geringen Mengen behandelt worden ist. Gravierende zusätzliche Probleme sind an der Anlage bei der Mitbehandlung von Klärschlamm nicht aufgetreten. Der derzeitige Kenntnisstand erlaubt jedoch nur die Aussage, daß die Pyrolyse von Klärschlamm noch nicht dem Stand der Technik entspricht Sonstige Verwertung Kompostierung mit Hausmüll und sonstigen Abfällen Die Müll-Klärschlammkompostierung wurde bereits in Ziffer dargestellt. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, daß eine Kompostierung von Klärschlamm mit anderen Abfällen (z. B. Hausmüll, Gartenabfälle), zu einer Aufstockung der Schwermetallgehalte in den betreffenden Komposten führt. Hieraus können sich auch bei vergleichsweise schwermetallarmen Ausgangsstoffen (z. B. Gartenabfälle) bei einzelnen Schwermetallen Überschreitungen der als Orientierung geltenden Bodenrichtwerten der AbfKlärV (An 1 a g e 15) ergeben, was letztlich zu Einschränkungen der Verwendbarkeit der betreffenden Komposte führt. Wird Klärschlamm und Hausmüll kompostiert, ergeben sich in aller Regel Überschreitungen dieser Orientierungswerte (An 1 a g e 12, Spalte 1 und 2). Für eine Kompostierung von Klärschlamm mit anderen Abfällen sieht deshalb die Staatsregierung, insbesondere mit Blick auf die Verwendbarkeit der Komposte, nur sehr begrenzte Möglichkeiten. Grundsätzlich ist dabei auch zu bedenken, daß die Kompostierung primär ein Verfahren zur Abfallbehandlung darstellt. Bestehen aufgrund erhöhter Schadstoffgehalte Schwierigkeiten in der bei Klärschlämmen vorrangig anzustrebenden landwirtschaftlichen Verwertung, werden diese deshalb auch durch eine Kompostierung nicht gelöst Biogas Bei allen mit Faulbehältern ausgerüsteten Kläranlagen wird bei der Faulung des bei der Abwasserreini-

163 57 gung anfallenden Frischschlammes bereits heute Biogas (Faulgas) gewonnen, das in aller Regel von den betreffenden Kläranlagen zur innerbetrieblichen Energieerzeugung verwendet wird. Bezüglich des Einsatzes von Klärschlamm bei der Biogasgewinnung durch Vergärung wird auf Nr verwiesen. 7.3 Ablagerung Die Ablagerung von Klärschlamm zusammen mit Hausmüll und hausmüllähnlichen Abfällen oder in separaten Monodeponien erfordert jeweils eine mechanische Entwässerung des Schlammes. Eine Stabilisierung (Faulung, Mineralisierung) verbessert die Deponiefähigkeit. Aufgrund der zumeist wesentlich größeren Müllmengen wirken sich die für die Ablagerung ungünstigen Eigenschaften des Klärschlammes bei gemeinsamer Ablagerung mit Hausmüll nicht nachteilig aus. Diese ist daher der unvermischten Ablagerung von Klärschlamm vorzuziehen und stellt auch das übliche Verfahren dar. Das Deponiemerkblatt der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall enthält Aussagen über den Miteinbau von Klärschlamm. Weiterhin erarbeitet derzeit ein Fachausschuß der ATV/VKS ein Regelwerk zum Klärschlammeinbau in Deponien. Aus den o. g. Empfehlungen ergibt sich, daß durchgehende Schlammschichten wegen möglicher Standsicherheitsprobleme zu vermeiden sind und aus Gründen einer optimalen Sickerwasserableitung und -beschaffenheit von einer Ablagerung von Schlämmen auf der Deponiebasis Abstand zu nehmen ist. Die meisten Satzungen der mit der Abfallentsorgung beauftragten Gebietskörperschaften verlangen bisher für Klärschlärnme, die auf Hausmülldeponien abgelagert werden sollen, nur einen Trockensubstanzgehalt von mindestens 250/o. Dies war in den Fällen berechtigt, in denen der mengenmäßige Anteil der Klärschlämme relativ gering war. Künftig sind für die Ablagerung von Klärschlämmen jedoch wesentlich bessere Festigkeitseigenschaften anzustreben. Das Ziel ist e(n Mindesttrockensubstanzgehalt von etwa Damit werden folgende wesentliche Verbesserungen erzielt: - Sicherung der Standfestigkeit der Deponien - Verminderung der Sickerwasseremissionen - Verminderung der gasförmigen Emissionen - Verbesserung des Deponiebetriebes - Einsparung an Deponievolumen. In Bayern werden derzeit zwei Klärschlammonodeponien betrieben. Die Deponie Schippach, Lkr. Miltenberg, hat ein restliches Aufnahmevolumen von ca cbm. Die restliche Nutzungsdauer beträgt ca. 15 Jahre. Die Klärschlammdeponie Herrenwahlthann, Lkr. Kelheim, hat ein restliches Aufnahmevolumen von ca cbm. Die restliche Nutzungsdauer beträgt 3 bis 4 Jahre. 7.4 E n t sorg u n g s k o n z e p t Im Hinblick auf die Vorgaben der Klärschlammverordnung, die im Rahmen des Bodenschutzkonzeptes von der Bundesregierung novelliert und ggf. noch verschärft werden wird, ist es notwendig, eine landesweite Konzeption zur Entsorgung und Verwertung der Klärschlämme zu erstellen. Schwerpunkte des Konzeptes, das die Grundlage für einen Abfallentsorgungsplan, Teilplan Klärschlamm, bilden kann, wird der Bedarf an Entsorgungsanlagen (thermische Behandlung, Deponien) für die Gebietskörperschaften bis etwa zum Jahre 2000 sein. Dem Landtag wird im Vollzug des Beschlusses vom betreffend Verwertung und Entsorgung von Klärschlamm (Drs. 11 /4670) darüber berichtet werden. Regionale Untersuchungen und Projekte zur Klärschlammverwertung und -entsorgung sowie die Errichtung von Entsorgungsanlagen müssen auch künftig ein Schwerpunkt staatlicher Förderung sein. 8. Finanzierung 8.1 B i s h e r i g e F ö r d e r u n g u n d i h r e Grundlage Die Grundlage für die Gewährung staatlicher Finanzierungshilfen für abfallwirtschaftliche Vorhaben ist Art. 5 Bayerisches Abfallgesetz (BayAbfG). Danach k ö n n e n zur Erfüllung der Aufgaben nach dem Abfallgesetz (AbfG) und dem BayAbfG den beseitigungspflichtigen Körperschaften Finanzierungshilfen gewährt werden. Die Finanzierungshilfen werden im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel und nach Maßgabe der Dringlichkeit des Vorhabens gewährt. Welch hohen Stellenwert die Staatsregierung der Neuordnung der Abfallentsorgung beimißt, läßt sich daran erkennen, daß der Haushaltsansatz für die Abfallwirtschaft bei Kap /TG 79 von 1971 mit DM auf 100 Mio. DM im Jahr 1988 (einschließlich Nachtragshaushalt) gestiegen ist. Dabei lagen die Steige rungsraten für TG 79 z. T. deutlich über den durchschnittlichen Steigerungsraten der übrigen Haushaltsansätze. Seit Bestehen des Ministeriums bis Dezember 1987 konnte den beseitigungspflichtigen Körperschaften als f r e i w i 11 i g e Leistungen für abfallwirtschaftliche Maßnahmen an Zuweisungen 687,43 Mio DM und an zinsgünstigen Darlehen 336,63 Mio DM, insgesamt also rd. 1, M r d. D M öffentlicher Fördermittel gewährt werden ( A n 1 a g e 22). Damit wurden abfallwirtschaftliche Investitionen in einer Größenordnung von über 2,5 Mrd. DM wirksam unterstützt oder initiiert. Die erhebliche staatliche Förderung trug wesentlich dazu bei, daß nach Übergang der Abfallbeseitigungspflicht auf die Landkreise und kreisfreien Städte eine oftmals unbefriedigende Hausmüllbeseitigung (über 5000 Müllkippen) in eine geordnete Abfallentsorgung überführt werden konnte. So wurden z.b. im Rahmen des Sonderprogrammes Sanierung und Rekultivierung von Müllkippen" über 3500 ehemaliger gemeind-

164 58 licher Müllplätze mit einem Kostenaufwand von über 30 Mio. DM, für den 500/o Zuschußmittel gewährt wurden, so saniert und rekultiviert, daß sie heute als landwirtschaftliche oder ökologische Ausgleichsflächen dienen. Zusätzlich wurden über 800 dieser Plätze zu ordnungsgemäßen Bauschuttanlagen umgerüstet. Die Gewährung höchstmöglicher Fördermittel trug erheblich dazu bei, daß die erforderlichen Anlagen zur ordnungsgemäßen Abfallverwertung und Entsorgung teilweise sehr zügig errichtet wurden, wobei die bayerischen Anlagen einen hohen Entsorgungsstandard aufweisen. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern müssen Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle bisher nicht exportiert werden. Der hohe Einsatz öffentlicher Fördermittel trug ferner wesentlich dazu bei, daß in Bayern als erstem Bundesland eine flächendeckende Sondermüllentsorgung mit modernsten Anlagen eingeric_htet wurde. Eine Reihe anderer Staaten und Bundesländer haben inzwischen ihre Sondermüllentsorgung an der bayerischen Lösung orientiert. Ferner konnte durch die öffentliche Förderung erreicht werden, daß in Bayern zukunftsweisende neue Abfalltechnologien entwickelt wurden. Besonders erwähnenswert ist hierbei die erste Sortieranlage für die stoffliche Verwertung von Abfällen (R0-80-Anlage der Fa. Krauss-Maffei) sowie die Pyrolyseanlage in Burgau. Ebenso konnte durch die Bereitstellung beträchtlicher öffentlicher Fördermittel die Tierkörperbeseitigung in Bayern auf den modernsten Stand der Technik gebracht werden. Beeinträchtigungen, die früher von diesen Anlagen ausgingen, gehören der Vergangenheit an. Das Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen fördert grundsätzlich alle Anlagen, die im Rahmen eines integrierten Abfallentsorgungskonzeptes errichtet werden. Dazu gehören insbesondere Anlagen zur stofflichen und thermischen Verwertung. Bei kommunalen Einrichtungen wird bei der Festsetzung von Art und Höhe der Förderung z.b. die staatliche Haushaltslage, die Höhe der Entsorgungsgebühren und ggf. die finanzielle Leistungsfähigkeit des Maßnahmeträgers berücksichtigt. Berücksichtigung findet u. a. inwieweit eine abfallwirtschaftlich sinnvolle höchstmögliche Rückführungsquote von Wertstoffen aus dem Abfall erreicht und ob eine Schadstoffentfrachtung des Hausmülls z.b. durch besondere Problemmüllerfassung vorhanden ist. Der Höchstsatz der öffentlichen Förderung beträgt z. Z. 750/o der förderfähigen Kosten. Er kann um bis zu 50/o angehoben werden, wenn Vorhaben im Zonenrandgebiet durchgeführt werden oder der Wiederverwertung von Abfällen bzw. der Erprobung neuer Technologien dienen. Der Anteil der Zuweisung beträgt z. Z. maximal 450/o (ggf. 50/o Zuschlag). Werden Zuweisungen neben Darlehen bewilligt, so dürfen die Zuwendungen insgesamt 750/o (ggf. mit 50/o Zuschlag) der förderfähigen Kosten nicht übersteigen. lngesamt wurden bis 1987 ca. 700 Einzelmaßnahmen gefördert. In den Jahren 1989 bis 1993 wird das lnvestitionsvolumen für abfallwirtschaftliche Maßnahmen, die zur Förderung heranstehen, gegenüber dem jetzigen Stand erheblich ansteigen. Es wird daher notwendig sein zu prüfen, ob die Fördersätzen stärker differenziert angewendet werden müssen. In welchem Umfang die gegenwärtige Förderung aufrechterhalten werden kann, muß den künftigen Haushalten vorbehalten werden. In diesem Zusammenhang ist auf den Beschluß der CSU-Fraktion auf der Arbeitstagung in Banz am 15. bis 18. September 87 zu verweisen. In diesem Beschluß hat die CSU-Fraktion die Staatsregierung ersucht, die Träger der Abfallentsorgung auch künftig durch angemessene Förderung zu unterstützen. 8.2 Ab f a 11 wir t s c h a f t 1 ich e 1 n v es t i t i o - n e n bis 1993 Nach dem derzeitigen Kenntnisstand sind bis 1993 abfallwirtschaftliche Investitionen in einer Größenordnung von rd. 3,9 Mrd. DM durch die Träger der Abfallentsorgung vorgesehen. Mit folgenden Finanzierungsschwerpunkten ist zu rechnen: Lautende Projekte (ca. 480 Mio. Investitionskosten) Abfallwirtschaftliche Projekte haben in der Regel eine mehrjährige Bauzeit. Deshalb erstreckt sich die Finanzierung ebenfalls über einen längeren Zeitraum. In diesem und in den nächsten Jahren ist insbesondere die Finanzierung des Neubaus des MHKW Coburg, die Erweiterung und Nachrüstung der Rauchgasreinigung der MHKW's Nürnberg und Rosenheim, die Nachrüstung der Rauchgasreinigungsanlagen an den MHKW's Bamberg, Landshut und Neufahrn, die Finanzierung einer Kunststoffrecyclinganlage in Coburg sowie eine Vielzahl von Verwertungsmaßnahmen und Deponien abzuschließen Thermische Verwertungsanlagen und Nachrüstungen (ca. 2,2 Mrd. Investitionskosten) Den Schwerpunkt abfallwirtschaftlicher Investitionen bildet in den nächsten Jahren der Neubau zusätzlicher thermischer Verwertungseinrichtungen sowie der Aus- und Umbau bestehender Anlagen und deren Nachrüstung mit hochwirksamen Rauchgasreinigungssystemen. Um Entsorgungsnotstände möglichst zu vermeiden, muß nach den Vorstellungen der betroffenen Gebietskörperschaften noch 1988 mit dem Bau der MHKW's Weißenhorn, Schweinfurt, München-Nord Block 1 und Burgkirchen begonnen werden. Im Jahr 1989 sollen" die Neubauprojekte MHKW Augsburg, Plattling und der Ausbau der MHKW's Schwandorf, Ingolstadt, Würzburg und Kempten folgen. Ebenfalls bald ist mit dem Bau der thermischen Anlage des Zweckverbandes Rangau zu rechnen. Zusammen mit dem Ausbau bestehender Anlagen werden auch modernste Rauchgasreinigungssysteme nachgerüstet werden Projekte zur stofflichen/biologischen Verwertung und Deponien (ca. 580 Mio Investitionskosten) In den nächsten Jahren wird insbesondere der lnve-

165 59 stitionsbedart für die stoffliche und biologische Verwertung eine deutliche Zunahme erfahren. In vielen Gebietskörperschaften werden derzeit hierfür die Entscheidungsvoraussetzungen getroffen. Es wird sich um eine Vielzahl individueller Lösungen handeln. Der Schwerpunkt wird beim Ausbau flächendeckender biologischer Entsorgungseinrichtungen erwartet. Ferner wird die Verdichtung bestehender stofflicher Erfassungssysteme und ggf. der Bau der hierzu nötigen Behandlungsanlagen zu erwarten sein. Auch im Bereich der Kunststoffverwertung sind zusätziche Investitionen zu erwarten. Einen Investitionsschwerpunkt wird ferner der Neubau, der Ausbau und die Nachrüstung von Deponien darstellen. Bei fast allen Gebietskörperschaften stehen im genannten Zeitraum Investitionen hierfür an Sondermüllentsorgungsanlagen (ca. 140 Mio. 1 nvestitionskosten) Die Errichtung der neuen Sondermüllverbrennungsanlage des Zweckverbandes SondermüUplätze Mittelfranken ist weitgehend abgeschlossen, die Anlage wird voraussichtlich im Sommer 1988 in Betrieb gehen. Bis 1993 wird jedoch auch die Gesellschaft zur Beseitigung von Sondermüll in Bayern GmbH erhebliche Investitionen zur Sicherung der Sondermüllentsorgung vornehmen müssen Klärschlammentsorgungsanlagen (ca. 380 Mio. Investitionskosten) Wegen des ansteigenden Klärschlammaufkommens sind in den nächsten Jahren zur Sicherung der Entsorgung umfangreiche Investitionsmaßnahmen wie z.b. thermische Verwertungseinrichtungen an bestehenden Müllheizkraftwerken, Behandlungsanlagen sowie Deponien erforderlich werden. Aufgrund erster Untersuchungen ist mit einem Investitionsumfang von ca. 380 Mio DM zu rechnen. Für sonstige Investitionen ist ein Betrag von ca. 120 Mio DM anzusetzen Zusammenfassung Die Staatsregierung geht davon aus, daß die unter Nr genannten Projekte - bei termingerechtem Abschluß der abfallrechtlichen Verfahren - bis 1993 realisiert werden. Unter diesem Vorbehalt teilt sie die Auffassung des Landkreisverbandes, dab in den nächsten vier Jahren für maschinelle Anlagen zur thermischen Abfallverwertung Investitionen in einer Größenordnung von rd. 2 Mrd. DM anstehen. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist davon auszugehen, daß die abfallwirtschaftlichen Investitionen ab dem Jahre 1989 eine deutliche Steigerung erfahren werden, die ihren Schwerpunkt voraussichtlich in den Jahren 1991 und 1992 erwarten lassen. Unter Anwendung der derzeit üblichen Förderung würde sich ein voraussichtlicher Finanzierungsbedart des Staates von ca. 1,825 Mrd. DM ergeben. Die künftige Datierung muß den Haushalten vorbehalten werden. 8.3 N o t w e n d i g k e i t d e r s t a a t 1 i c h e n Förderung Bereits bei Erlaß des BayAbfG ist von der Staatsregierung der Notwendigkeit für abfallwirtschaftliche Vorhaben Finanzierungshilfen zu gewähren, in Art. 5 BayAbfG Rechnung getragen worden. Die Finanzierungshilfen nach Art. 5 BayAbfG dienen vorrangig dazu, die Gebührenpflichtigen zu entlasten; denn die Zuwendungsempfänger werden verpflichtet, die Vorteile aus der Förderung 'von abfallwirtschaftlichen Vorhaben an die Geb.ührenpftichtigen weiterzugeben. Zur Regelung der Finanzierungshilfen werden derzeit Richtlinien nach Art. 5 Abs. 3 BayAbfG erarbeitet, die baldmöglichst eingeführt werden sollen. Veranlassung und Notwendigkeit für eine Förderung ergeben sich auch aus der Tatsache, daß die Abfallentsorgungsgebühren bereits in vielen Fällen außerordentlich gestiegen sind und daß weitere erhebliche Steigerungen erwartet werden müssen. Ursachen hierfür sind u. a., daß - laufend erhöhte Anforderungen an den Umweltstandard (verbesserte Schadstoffrückhaltesysteme bei MHKW's zusätzliche Basisabdichtungen, Gaserfassungen und Oberflächenabdichtungen bei Deponien) von Entsorgungsanlagen gestellt, - zusätzliche Maßnahmen zur stofflichen und biologischen Verwertung ergriffen, - verstärkte Schadstoffenlfrachtung des Hausmülls durchgeführt und - integrierte Entsorgungssysteme mit zusätzlichen Verwertungs- und Entsorgungsmethoden eingeführt bzw. ausgebaut werden. Darüber hinaus ist die Förderung ein durchaus geeignetes Mittel, Anforderungen an den jeweiligen Stand der Umwelttechnik beschleunigt durchzusetzen, oder über deren Stand hinaus zu verwirklichen. Ferner kann die Förderung wesentlich dazu beitragen, die Einführung integrierter Entsorgungssysteme beschleunigt in die Praxis umzusetzen. Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung von Abfällen können in der Regel bei entsprechender Förderung von den Gebietskörperschaften leichter eingeführt werden. Mit der Einführung integrierter Entsorgungssysteme werden die zum Einsatz kommenden Verfahrensmethoden bei den Gebietskörperschaften vergleichbarer werden. Ziel bayerischer Abfallwirtschaftspolitik ist es in allen Landesteilen weitgehend vergleichbare Abfallentsorgungsgebühren zu erreichen. 8.4 Förderung der g e wer b 1 ich e n Wirt - schalt Die gewerbliche Wirtschaft kann einen. erheblichen Beitrag zur Vermeidung, Verringerung und Verwertung von Abfällen leisten.

166 60 Die Staatsregierung hat deshalb bererts mit Bekanntmachungen vom und Richtlinien zur Förderung abfallwirtschaftlicher Maßnahmen bei Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft erlassen. Ohne die Grundsätze des Verursacherprinzips zu vernachlässigen, können insbesondere Vorhaben, die zur Abfallvermeidung, Verminderung, Verwertung und Entsorgung beitragen, gefördert werden. Die Staatsregierung sieht in der Förderung der gewerblichen Wirtschaft eine gute Möglichkeit zusätzliche Impulse zur Abfallreduzierung zu geben. Um abfallwirtschaftliche Aktivitäten kleiner und mittlerer Unternehmen zu steigern, wurde darüber hinaus das LfA-Zusatzprogramm 1987 Umweltschutz" aufgelegt. Hiermit kann z.b. auch die Umstellung auf neue umweltfreundliche Produktionsanlagen unterstützt werden, wenn dadurch die Entstehung von Abfall vermieden oder erheblich vermindert wird und keine zusätzlichen oder anderen umweltschädlichen Immissionen entstehen. Ferner können Fahrzeuge gefördert werden, die der Wertstofferfassung dienen sowie die dafür benötigten Sammelgefäße. Die Nachfrage nach Förderprogrammen für die gewerbliche Wirtschaft hat insbesondere in den letzten Jahren stetig zugenommen. Dies verdeutlicht die Anstrengungen der bayerischen Unternehmer insbesondere auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft, ihren Beitrag zu leisten. Die Vorhaben der gewerblichen Wirtschaft können in der Regel nur mit zinsgünstigen Darlehen gefördert werden. In besonders begründeten Ausnahmefällen z.b. bei Pilot-, Demonstrations- und Entwicklungsvorhaben können darüber hinaus auch Zuschüsse gewährt werden. Der gewerblichen Wirtschaft stehen für Umweltschutzmaßnahmen anstelle oder zusätzlich zu den bereits genannten Hilfen im Einzelfall unter Umständen auch Finanzierungshi"en aus regionalpolitischen oder rnittelstandspolitischen Programmen sowie Steuervergünstigungen zur Verfügung. Dafür müssen jedoch die jeweiligen Voraussetzungen, z. B. für die Förderung nach dem jeweils gültigen Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe,,Verbesserung der regionalen,wirtschaftsstruktur" oder nach dem bayerischen Mittelstandskreditprogramm erfüllt wurden. Zu erwähnen ist 7 d EStG, danach können Wirtschaftsgüter, die.unmittelbar und zu mehr als 70 v. H. der Abfallentsorgung dienen, erhöht abgesetzt werden, wenn ihre Anschaffung oder Herstellung im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Voraussetzung ist eine entsprechende Bescheinigung, für deren Erteilung in Bayern die Bezirksregierungen zuständig sind. Allein in den letzten sechs Jahren wurden in Bayern im Bereich Abfallentsorgung Bescheinigungen nach 7 d EStG über Investitionen von mehr als 260 Mio Dl\ll erteilt. Die Abschreibungsvergünstigung des 7 d kann noch für Investitionen in Anspruch genommen werden, die vor dem beendet werden. Die Staatsregierung hat sich im Zusammenhang mit dem Steuerreformgesetz 1990 im Bundesrat dafür eingesetzt, daß bis zum Auslaufen der jetzigen Regelung die Abschreibungsmöglichkeit aufkommensneutral auf Anlagen mit integrierter Umweltschutztechnik ausgedehnt wird. Die Befristung kann ein Verziehen umweltfreundlicher Investitionen bewirken. Finanzierungshilfen für abfallwirtschaftliche Investitionen und deren derzeitige Konditionen sind in A n - 1 a g e 23 aufgeführt. 8.5 B e t e i 1 i g u n g Wirtschaft der gewerblichen Das Abfallgesetz sieht in 3 Abs. 2 Satz 3 zur Schaffung von Absatzmöglichkeiten für Stoffe oder Energie aus Abfällen ausdrücklich die verstärkte Einschaltung Privater in der Abfallverwertung vor. Darüber hinaus können sich die entsorgungspflichtigen Körperschaften zur Erfüllung ihrer Entsorgungspflicht jederzeit Dritter bedienen ( 3 Abs.2 Satz 2 AbfG). Die Gebietskörperschaften können also insbesondere privatwirtschaftlich organisierte Gewerbebetriebe mit der Durchführung der Abfallverwertung ganz oder teilweise betrauen. Die Verwertung von Rest- und Abfallstoffen ist ein wesentliches Ziel des integrierten Entsorgungskonzepts, das bereits in der Vergangenheit durch die Verwertung von Schrott und Altmetall sowie von Altglas und Altpapier auf privatwirtschaftlicher Grundlage effektiv betrieben worden ist. Die Verwertung von Altstoffen ist ein Teil des Wirtschaftsprozesses und läßt sich am ehesten auf marktwirtschaftlicher Grundlage realisieren. Neben der Schaffung.entsprechender Märkte ist es notwendig, durch eine leistungsfähige Erfassung und Verwertung günstige Voraussetzungen für die Rückführung von Rest- und Abfallstoffen in den Wirtschaftskreislauf zu schaffen. Dies ist durch den privatwirtschaftlich betriebenen Altstoffhandel mit seiner ausgebauten, marktnahen Infrastruktur grundsätzlich besser möglich, als durch die entsorgungspflichtigen Körperschaften. So werden in Bayern die Erfassung von Rest- und Abfallstoffen weit überwiegend von der gewerblichen Wirtschaft, die Vermarktung und Verwertung fast ausschließlich im gewerblichen Bereich durchgeführt. Im Bereich der Hausmüllsammlung und des Transportes werden ca. 750/o der Einwohner durch gewerbli-. ehe Unternehmer und nur ca. 250/o durch kommunale Gebietskörperschaften entsorgt. Im Bereich der Sondermüllsammlung und des Transportes sind fast ausschließlich private Unternehmer eingesetzt. Bereits 1985 hat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Verband privater Städtereinigungsbetriebe e. V. eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit kommunaler und privater Städtereinigungsunternehmen bei der Abfallverwertung geschlossen. Danach sollen in der Regel entsorgungspflichtige Körperschaften die Sammlung und den Transport verwertbarer Abfälle nur dann selbst vornehmen, wenn ihre Städtereinigungsbetriebe organisatorisch schein darauf eingerichet sind oder entsprechende organisatorische Vorkehrungen

167 61 von ihnen ohne erhebliche zusätzliche Investitionen erfolgen können. In allen anderen Fällen solle versucht werden, private Städtereinigungsunternehmen oder sonstige Unternehmen der Wirtschaft mit der Durchführung dieser Aufgabe zu betrauen. Dies gilt auch für die Trennung und anschließende Behandlung von Abfällen. Bei der Vermarktung kann es im Einzelfall zweckmäßig sein, dies einem sonstigen Unternehmen der Wirtschaft zu übertragen. Diese Vereinbarung war inzwischen bei vielen bayerischen Gebietskörperschaften Grundlage für entsprechende Regelungen mit gewerblichen Unternehmen. Eine privatwirtschaftlich organisierte Verwertung entspricht auch der politischen Zielsetzung der Staatsregierung nach Abbau bestehender und Vermeidung neuer staatlicher Aufgaben. Da der Umfang der Verwertung auch von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängt, sollte die steuerliche Begünstigung der Wiederverwertung überprüft werden, um die aus öffentlicher Sicht wünschenswerte Wiederverwertung in einem möglichst hohen Umfang zu erreichen. Die Kommunen können integrierte Abfallwirtschaft nur unter bestimmten Voraussetzungen durch Eigenbetriebe wahrnehmen lassen. Kommunale Einrichtungen zur Abfallbeseitigung sind regelmäßig keine wirtschaftlichen Unternehmen. Gemeinden, Landkreise, Verwaltungsgemeinschaften und Zweckverbände können daher nur dann durch Satzung bestimmen, daß diese Einrichtungen ganz oder teilweise nach den für Eigenbetriebe geltenden Vorschriften geführt werden, wenn sie in einem engen wechselseitigen wirtschaftlichen oder technischen Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Unternehmen stehen und wenn dadurch der öffentliche Zweck des Unternehmens besser erfüllt werden kann. Dies ist insbesondere bei einem kommunalen Elektrizitäts- und Heizkraftwerk (thermische Abfallverwertung) denkbar. Ein Verbund mit gemeindlichen Versorgungsunternehmen kann etwa aus steuerlichen oder organisatorischen Gründen zweckmäßig sein. Der Deutsche Landkreistag und der Landkreisverband Bayern lehnen die Bildung von Eigenbetrieben zur Erfüllung der Aufgaben der Abfallbeseitigung grundsätzlich ab. Die Einriqhtung von Eigenbetrieben verringere die Einflußmöglichkeiten der Landkreise erheblich. Gleichzeitig seien die Landkreise aber nach wie vor verpflichtet, die durch kostenintensive Abfallbeseitigungssysteme möglicherweise entstehenden Defizite zu tragen, ohne auf die Gestaltung der Abfallentsorgung entsprechend Einfluß nehmen zu können. Derzeit werden auch Konzepte diskutiert, sich für neue Abfallbehandlungsanlagen privater Trägergesellschaften zu bedienen. Ein zu dieser Frage erstelltes Gutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands kommt zu folgenden Ergebnissen: Die Einschaltung einer Trägergesellschaft in Form einer AG zur Planung, Errichtung, Finanzierung und zum Betrieb von Abfallentsorgungsanlagen ist für die entsorgungspflichtigen Körperschaften nur vorteilhaft, wenn hierdurch der Abfall kostengünstiger entsorgt und damit die Belastung der Gebührenpflichti- gen niedriger gehalten werden kann. Abschließend beurteilbare Konzepte liegen hierzu noch nicht vor. Vorteile können sich nach Auffassung des Gutachters im Einzelfall allenfalls durch eine Entlastung der Kommunen von Bauherrnaufgaben und durch eine rationellere Planung und Baudurchführung ergeben. Dies kann jedoch grundsätzlich auch auf herkömmliche Weise durch die Einschaltung sachverständiger Dritter (Projektsteuerer, Fachingenieure, Generalunternehmer) sowie durch die technische Unterstützung des Landesamtes für Umweltschutz erreicht werden. Da die kommunalen Körperschaften als Entsorgungspflichtige Träger der Abfallentsorgung bleiben, müßten die grundlegenden Entscheidungen auch bei Einschaltung einer Trägergesellschaft von der Kommune getroffen werden. Gegenüber dem Modell einer Trägergesellschaft erscheint der Abschluß herkömmlicher Betriebsführungsverträge aus der Sicht der Kommunen jedoch zweckmäßiger, weil die Kommune den Betriebsführer wechseln kann und Betriebsführungsverträge durch Ausschreibungen von Zeit zu Zeit dem Wettbewerb unterstellt werden können. Keine Vorteile sieht der Gutachter bei der Finanzierung. Die kommunalen Körperschaften können Kapital in der Regel mindestens ebenso leicht und günstig beschaffen wie die Trägergesellschaft. Die Abfallentsorgungsanlagen können grundsätzlich in vollem Umfang ohne Beanspruchung allgemeiner Haushaltsmittel durch Kredite finanziert werden. Fraglich ist jedoch, ob die daraus resultierenden Benutzungsgebühren für die Gebührenpflichtigen noch tragbar sind. Die Gebührenbelastung wird wesentlich vom Umfang der staatlic_hen Finanzierungshilfen beeinflußt. Da die bekanntgewordenen Trägergesellschafts-Konzepte ebenfalls staatliche Finanzierungshilfen unterstellen, ist. eine Entlastung des Staatshaushaltes nicht ersichtlich. Ausfallende Staatszuschüsse müßten die Kommunen und damit die Gebührenschuldner in jedem Fall - durch höhere Kreditaufnahme oder durch Entgelte an die Trägergesellschaft - finanzieren. Steuerlich bringt die Einschaltung einer Trägergesellschaft naqh Auffassung des Gutachters zumindest keine Vorteile, gegenüber einem Betrieb durch die Kommune selbst vielmehr zusätzliche Kostenbelastungen. Weitere vom Gebührenzahler zu tragende Kosten sind bei Einschaltung einer Trägergesellschaft, für deren Verwaltungskosten sowie Risikound Gewinnzuschläge zu erwarten. Bei der thermischen Verwertung bedient sich bereits die Hälfte der entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften für den Betrieb der Anlagen Privater. Die überwiegende Mehrzahl der Gebietskörperschaften hat den Betrieb von Deponien privatwirtschaftlich geregelt. Die Staatsregierung steht grundsätzlich allen Möglichkeiten, abfallwirtschaftliche Konzepte zu verwirklichen aufgeschlossen gegenüber.. Die Entsorgungspflichtigen werden jedoch zu prüfen haben, die auf Dauer kostengünstigsten Lösungen zu erreichen.

168 62 9. Entsorgungsengpässe 9.1 E n t sorg u n g s k a p a z i täten Trotz aller Anstrengungen zur Vermeidung und stofflichen Verwertung sind in Bayern jährlich noch 4,0 Mio. t Hausmüll und hausmüllähnlicher Gewerbemüll zu entsorgen. Davon werden 1,98 Mio t thermisch verwertet und 2,02 Mio. t nach wie vor unbehandelt abgelagert. Letzteres erfordert ein Deponieyolumen von jährlich 2,5 Mio. m'. Von den jährlich anfallenden 0,7 Mio. m 3 Reststoffe aus der Müllverbrennung werden gegenwärtig ca. 0,15 Mio. t, das sind ca. 0,13 Mio. m', stofflich verwertet. Das erforderliche Deponievolumen für den Rest beträgt demnach 0,57 Mio. m'. lngesamt sind jährlich 2,5 Mio. m 3 unbehandelter Hausmüll und 0,57 Mio. m' Reststoffe aus der thermischen Behandlung des Mülls, zusammen also rd. 3,0 Mio. m', zu deponieren. Ohne die Müllverbrennungsanlagen betrüge das erforderliche Deponievolumen ca. 5,0 Mio. m', also ca. 2,0 Mio. m' mehr. Das derzeit zur Verfügung stehende genehmigte Deponievolumen von 14 Mio. m' wäre ohne die Errichtung neuer Anlagen oder Erweiterung bestehender Anlagen in etwa fünf Jahren verbraucht (ohne Müllverbrennungsanlagen würde die vorhandene Restkapazität an Deponien nur noch etwa drei Jahre reichen). Diese Zahl macht deutlich, daß derzeit regionale Engpässe fast unvermeidlich sind (An 1 a g e 24). Sie können auf Dauer nur vermieden werden, wenn - alle Möglichkeiten der Vermeidung, Verringerung und Verwertung von Abfällen ausgeschöpft und daneben - jede entsorgungspflichtige Gebietskörperschaft rechtzeitig eigene Entsorgungsanlagen mit ausreichender Kapazität errichtet und betreibt. Zur Vorhaltung eigener, ausreichend dimensionierter Entsorgungsanlagen ist jede entsorgungspflichtige Körperschaft gesetzlich verpflichtet. 9.2 Pflicht zur Entsorgung Kommt eine entsorgungspflichtige Körperschaft ihrer Pflicht zur Abfallentsorgung nicht, nicht rechtzeitig oder nicht in ausreichendem Umfang nach oder plant sie Vorhaben, die nicht im Einklang mit dem Abfallentsorgungsplan stehen, kann sie durch kommunalaufsichtliche Maßnahmen zur Errichtung und zum Betrieb der erforderlichen Entsorgungsanlagen unter Beachtung der Zielsetzungen des Abfallentsorgungsplans veranlaßt werden.. Insbesondere kann die entsorgungspflichtige Kommune von der Rechtsaufsichtsbehörde gern. Art. 98 Satz 2 Landkreisordnung, Art.112 Satz 2 Gemeindeordnung aufgefordert werden, die für die Errichtung oder die wesentliche Änderung einer Abfallentsorgungsanlage erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Leistet die Kommune dieser Aufforderung nicht Folge, können die notwendigen Maßnahmen von der Aufsichtsbehörde im Wege der Ersatzvornahme verfügt und vollzogen werden (Art. 99 Landkreisordnung, Art. 113 Gemeindeordnung). Falls die entsorgungspflichtigen Kommunen ihrer Pflicht zur Entsorgung der in ihrem Gebiet anfallenden Abfälle künftig nicht nachkommen, werden die staatlichen Aufsichtsbehörden zu prüfen haben, inwieweit sie von ihren kommunalaufsichtlichen Möglichkeiten verstärkt Gebrauch machen werden. Ob und welche kommunalaufsichtliche Möglichkeiten ergriffen werden, entscheidet hierbei die Aufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen unter sachgerechter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Als weitere kommunalaufsichtliche Maßnahme besteht grundsätzlich die Möglichkeit, mehrere entsorgungspflichtige Körperschaften zwangsweise zu einem Zweckverband zusammenzuschließen. Voraussetzung dafür ist.gern. Art.4 Abs. 1 Satz 2 BayAbfG, daß dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Wohls geboten ist, insbesondere wenn durch den Zusammenschluß - die Erfüllung der Entsorgungspflicht erst ermöglicht wird, - von Abfallentsorgungsanlagen ausgehende Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit vermieden werden können, - die Beseitigung insgesamt wirtschaftlicher gestaltet werden kann. 10. Vordrlngliche Maßnahmen Zur Förderung des Aufbaus integrierter Entsorgungskonzepte und zur Verbesserung des Vollzugs abfallrechtlicher Vorschriften hält die Staatsregierung folgende Maßnahmen für vordringlich: 10.1 Vermeidung /Ve rwe rt u n g Das Beratungsangebot für Kommunen, Verbraucher und Unternehmen sollte weiter ausgebaut werden. Im Rahmen eines Gesamtkonzepts Umweltberatung, das derzeit vom Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen erarbeitet wird, soll untersucht werden, ob und inwieweit in bestehende Beratungsdienste spezielle Abfallberater integriert werden können. Beratungsbedarf wird besonders gesehen bei kleineren und mittleren Betrieben, die selbst über das technische Know-how nicht verfügen. Beispielhaft ist die Beratung mittelständischer Unternehmer in Umweltfragen, wie sfe von den Industrie- und Handelskammern für Oberfranken und Nürnberg angeboten werden. Außerdem ist geplant, daß das Landesamt für Umweltschutz gemeinsam mit Kammern und Verbänden branchenbezogene abfallwirtschaftliche Seminare und Symposien veranstalten wird. Forschungs- und Entwicklungsvorhab e n zur Vermeidung und besseren Nutzung der Abfälle müssen durchgeführt und ggf. mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Dabei kommen beispielhaft in Betracht: - Projekte dezentraler Energiegewinnung aus Abfällen und Einbindung in kommunale oder industrielle Energieversorgungseinrichtungen (Biogaserzeugung, Deponiegasverwertung); - Steigerung der Einsatzmöglichkeiten von Sekundärrohstoffen;

169 63 - Entwicklung umweltfreundlicher Produkte, rückstandsarme Produktionsverfahren. F e s t 1 e g u n g v o n St an da r d s für Sekundärrohstoffe (z.b. Qualitätskriterien für Komposte). Verstärkter Einsatz von Sekundärrohstoffen im öffentlichen Beschaffungswesen (z.b. Recyclingpapier) S i c h e r u n g d e r E n t so r g u n g Da trotz zahlreicher Aktivitäten im Bereich Vermeidung und stofflicher Verwertung eine Reduzierung der anfallenden Abfälle landesweit nicht feststellbar ist, kommt der Errichtung weiterer thermischer Verwertungsanlagen und Deponien eine entscheidende Bedeutung zu. Insbesondere für Deponien müssen wegen ihrer in der Regel raschen Verfüllung ständig neue Standorte gefunden werden. Durch die zunehmende Ablehnung dieser Anlagen wird die Standortfindung immer schwieriger. Das StMLU bereitet folgende Maßnahmen vor: - Verstärktes Einwirken auf die Entsorgung spflichtigen Das StMLU wird mit Unterstützung der Regierungen und des Landesamtes für Umweltschutz in regelmäßigen Gesprächen mit den entsorgungspflichtigen Körperschaften und ihren Verbänden darauf hinwirken, daß die notwendigen Entscheidungen - zum Vollzug des Hausmüllentsorgungsplanes - zur Vermeidung von Entsorgungsengpässen rechtzeitig getroffen werden. Gegebenenfalls sind auch kommunalaufsichtliche Maßnahmen zu prüfen. Als notwendige Entscheidungen im vorgenannten Sinne kommen in Betracht: - Erstellung und Durchführung eines- Vermeidungs- und Entsorgungskonzepts - Suche nach geeigneten Standorten und deren Überprüfung - Rechtzeitige Festlegung von Standorten und Einleitung der erforderlichen Verfahren. ' - Verbesserung der Akzeptanz von Entsorgungsei nric htu ngen Das StMLU wird im Rahmen einer verstärkten Öffentlichkeitsarbeit die Kommunen und Bürger umfassend darüber informieren, daß - Einrichtungen zur stofflichen und thermischen Verwertung und Deponien zur Aufrechterhaltung der Entsorgung unerläßlich sind, - derartige Einrichtungen, sofern sie nach dem heutigen Stand der Technik errichtet und betrieben werden, keine schädlichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben k~nnen, - der Verursacher der Abfälle nicht nur die Industrie, sondern auch der Bürger ist, - der Bürger unvermeidliche Auswirkungen der Abfallentsorgung in Kauf nehmen muß, will er nicht - nach dem St-Florians-Prinzip - nur die Last anderen zuschieben. - Sach- und Personalausstattung der Behörden Die Staatsregierung hält eine bedarfsgerechte Sach- und Personalausstattung auch in den kommenden Haushalten für unumgänglich. Damit soll gewährleistet bleiben, daß die Personalausstattung der Genehmigungs- und technischen Fachbehörden dem erheblich steigenden Aufgabenumfang zur Sicherung der Entsorgung weiterhin gerecht wird. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die abfallrechtlichen Verfahren immer aufwendiger werden, außerdem muß das Landesamt für Umweltschutz über die nötigen Fachleute in den Bereichen Vermeidung und Verwertung verfügen können. - Staatliche Fördermittel Die gewaltige Investitionssumme für abfallwirtschaftliche Investitionen kann von den entsorgungspflichtigen Gebietskörperschaften alleine nicht aufgebracht werden. Ohne die weitere Gewährung einer erheblichen staatlichen Förderung würden die Kommunen nur schwer ihren abfallwirtschaftlichen Aufgaben gerecht werden und drohende Entsorgungsengpässe abwehren können Gesetzgebung Die Staatsregierung bereitet derzeit einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Abfallgesetzes vor. Der Gesetzentwurf bezw~ckt in erster Linie eine Anpassung des Bayerischen Abfallgesetzes und sonstiger Landesgesetze an die terminologischen und sachlichen Änderungen, die durch die am 01: in Kraft getretene Novellierung des Bundesgesetzes (Abfallgesetz vom , BGBI 1 S.1410) eingetreten sind. Darüber hinaus verfolgt der Gesetzentwurf das Ziel, die im bisherigen Vollzug des Bayerischen Abfallgesetzes gesammelten Erfahrungen umzusetzen. Ferner ist beabsichtigt, in den Gesetzentwurf Regelungen zur Konkretisierung der Überlassungspflicht des Abfallbesitzers aufzunehmen, die zur Verbesserung der getrennten Erfassung schadstoffhaltiger und verwertbarer Abfälle erforderlich sind. Insbesondere ist daran gedacht, die entsorgungspflichtigen Körperschaften zum Erlaß von Satzungsregelungen zu ermächtigen, wonach die Abfallbesitzer verpflichtet werden, schadstoffhaltige und verwertbare Abfälle getrennt von den sonstigen Abfällen bereitzustellen und unter bestimmten Voraussetzungen sogar zu zentralen Sammelstellen zu verbringen E rar b e i t u n g e i n e r TA A b f a 11 Über den Stand der Arbeiten an der TA Abfall hat der Bundesumweltminister der UMK am in Berlin berichtet. Danach liegt ein erster Teilentwurf über Anforderungen an die thermische Behandlung von Sonderabfällen vor. In den allgemeinen Ausführungen des Entwurfs wird darauf hingewiesen, daß Abfälle grundsätzlich vor einer Ablagerung in einer oberirdischen Deponie ther-

170 64 misch, chemisch, physikalisch oder biologisch zu behandeln, von Schadstoffen zu entfrachten bzw. zu mineralisieren und zu stabilisieren sind. Die Vorlage eines ergänzten Entwurfs wird in Kürze erwartet. Darüber hinaus gehen die Arbeiten zur Erstellung von Anforderung bei oberirdischer Ablagerung von Sonderabfällen ebenso zügig voran wie die Arbeiten zur Sickerwasserbehandlung, zur chemisch, physikalischen und biologischen Behandlung und zu den Anforderungen an Sammelstellen und Zwischenlager. 11. Vorbild Natur Die Natur kennt keinen Abfall: Sie praktiziert ein perfektes Kreislaufsystem. Menschliche Technik und Ökonomie werden diese Fähigkeit der natürlichen Ökosysteme nie erreichen. Sie müssen sich den Gesetzen des Recyclingsystems Natur jedoch weitestmöglich anpassen, denn sie sind selbst Teil dieses Systems. Mit dem Anwachsen des Bergs an produzierten und konsumierten Gütern wächst auch die Notwendigkeit, die ökologischen Kreislaufprozesse ökonomisch nachzuahmen. Diese große Herausforderung an die Industriegesellschaft birgt nicht nur Lasten und Risiken, sondern auch große Chancen. Eine umgreifende wissenschaftlich-technische Innovation, die sich die Fertigkeiten der ökologischen Systeme zum Vorbild nimmt; eine Produktion mit dem Ziel, mehr aus weniger" zu schaffen; eine Gesellschaft, die dem Entsorgen die gleiche Aufmerksamkeit widmet wie dem Besorgen - hier öffnen sich neue, weite, faszinierende und lohnende Felder für den wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Fortschritt, für Eigeninitiative und Verantwortungsbereitschaft, für Forschergeist und unternehmerische Einsatzfreude. Diese Entwicklung zu unterstützen und voranzutreiben ist eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Die Interpellationen von CSU und SPD werden mit Sicherheit einen wertvollen Beitrag dazu leisten.

171 65 Anlage 1 Beispiel eines Integrierten Entsorgungskonzepts ) Getrennte Sammlung von Problemabfällen ( -100 t/a) Grünabfä11e Sammlung mittels Cont.; Kompostierurig Rotteverlust Hausmüll t/a 8000 Vermehrte Eigenkompostierung im Garten Kompost 5000 t/a 2000 Containersammlung Altpapier Wertstoffe t/a incl. BRAM ggf.bram 6000 Altstoffe aus grüner Tonne Restmüll t/a therm. Verwertung immhkw ~ 70% t/a Reststoffe ~24% des Gewichts oder ~ 10% des Volumens der Ausgangsmengen *)Planung des Zweckverbands Abfallbeseitigung in Nordwest-Oberfranken

172 Anlage 2 Abfallentsorgungsplan 2. Fortschreibung Hausmüllplan Stand August Landfl'Sgrenze Grenzen der Reg1erungsbez rke Grenzen der kreisfreien Suidte und Landkreise ~ Sitz einer Regierung Kelhe m Name eines Landkreises ~ Lande hauptstadt.' :, 1119 ;''d 1 Kreisfreie Stadt Stand Maßstab 1: m D -Hil Teilziel: Thermische Verwertung weiterzubetreiben (in Bau oder Betrieb) zu errichte,1 (pasitives Raumordnung verfahren oder positiven Abschluß des laufenden Verfährens iu erwarten zu errichten - Grenzen der Entsorgungsbere1che Herau<;geber: Bayerisches Sta~tsministerium for Landesentwicklung und UmW ltfragen

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174 Anlage 3 Kommunale Zweckverbände und Zusammenschlüsse zur Abfallentsorgung Stand Landesgrenze Grenzen der Regierungsbezirke Grenzen der kreisfreien Stildte und Landkreise ~ Sitz einer Reg>erung Kelheim Name e n"" Landkreises ~ Land.,.hauptstadt,..,:, 1 ~~-~ it Kreisfreie Stadt Stand Maßstab o ~ W ~ ~ 50kr M++wl GKS- Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt Zweckverband llir Abfallbeseitigung m Nordwest-Oberfranken Zweckverband zur Abfallbeseitigung in der Stadt Hof und ;m Landkreis Hof Zweckverband MUllverbrennungsanlag<! Bamberg Stadt und Land Zweckverband Müllheizkraftwerk Raum Wurzburg 6 Zweckverband zur Abfallbeseltigung in der Stadt Ansbach und im Landkreis Ansbach Zweckverband Abfallbeseitigung Rangau 8 Zweckverband Abfallbeseitigung in der Stadt Erlangen und 1m Landkreis Erlangen- HOchstadt Zweckverband Mullkraftwerk Schwandorf Zweckverband Abfallbeseitigung Straubing Stadt und Land 11 Zweckverband Mullverbrennungsanlage Region Ingolstadt 1 ~ Zw1>Ckverband zur Abfallbeseitigung in den Landkreisen Dillingen a. d. Donau und Donau-Ries 13 Abfallbese1t1gunguweckverband der Stadt Augsburg und der Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg!~ Stadt-und Landkreis Landshut 1 5 Zweckverband Abfallbeseitigung Donau-Wald IP Zweckverband Abfallbese1t1gung Isar-Inn Zweckverband Abfallverwertung Sudostbayern 13 Stadt-und Landkreis München l ol Zweckverband Fernwilrmeversorgung und Müllverbrennung Neufahrn Eching 2P Gemeinnutzig<! Gese1lschalt zur Beseitigung und Verwertung von Abfällen in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Dachau mbh WfAI '>' Zweckverband zur geme1mamen Müllbesemgung im Landkreis Starnberg 22 Zweckverband MUllverbrennun-gsanlage Kempten Stadt und Land Die neuzeitliche Abfallentsorgung erfordert insbesonders im Bereich der Verwertur>g vielfach eine enge kommunale Zusammenarbeit. So haben s;ch bis Januar Landkreise und kreisfreie Städte zur gemeinsamen Abfallentsorgung zusammen-geschlossen. Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium for Landesentwicklung und Umweltfragen

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177 71 Anlage 4 _,_ An Anlagen zur Behandlung und Bneltlgung-Abfillen M1g11clllo Hne Woh."lbevillkerung sowie elrig1111wmlle Heu9- und Spwnnllllm8ngel In..,., llllcli Regtenmgsbezlrlcen und Landkreisen "' davon wsen angesctlloaaen an l~i.,,,.,,, Tonnen Eingesammelte Mange an Haus- und Sperrmüll 1 kg je Einwohner ObtJbSJll1' 11-StNle 161 lngolstadi ,1 162 MOnc:tlen ,8 163 Rosenheim ,3 7 TilMß ,4 Lmndllire Altötting ,3 172 Berchtespdener l"'1d ,7 173 Bad Tölz..wotfratshausen ,0 174 Dachau. r ,3 175 Eber3berg Eichslätt ,9 177 Erding ,3 178 Freising ,1 179 Fürstenfilldbruck ,9 180 Garrnischi-Partankirchen ,5 181 Landsb"'V. Lech , ,6 183 Münldorf a. Inn ,9 184 München ,2 185 ~rotienhausen Pfattenhafen a. d. Ilm ,5 187 Rosenhelln ,1 188 Stam~ ,4 189 Traunsteill ,1 190 Wetlheirn-6chongau , , ,2 Obel'Myem Landahut , W ,1 Mlad1 'beyem 262 Passau ,6 263 Straubing ,8 ZUHmmen 3 1! ,5 Seht- Gemeinden bevölkerung Umlade- Deponien... Anlagen') "'" 1 statlonen ~ 271 Deggendorf ,4 272 ~g-gralanau ' ,7 273 Kelheim Landshut ,6 275 Passau ,8 276 Regen ,4-277 Rottal-Inn ,2 276 Stnwbir19-Bogen Dingolfir19-L.,,_ ZUHmmen 8' Sll , ~ ,7 Olerpftll Am~ ,0 362 Regensburg ,0 363 Weiden ;, d. OPr ,S -.non !2 271,7 Lmldkl r1 371 Amberg-Sulzbach ,2 372 Cham ,8 373 Neumall<fl.d.OPr ,8 374 Neustadt.d. Waldnaab ,5 375 Regensburg... 4T ,5 376 Schwan ,3 377 Tir.schen...uth ZUeammen Zl2 7!0893 l'hm! ,9 Oberpf.iz Zl28S7 231,3 1 ) Kompostlerungaanlage

178 72 Noch Anlage 4 "' Gebiet Gemeinden Wohnbevölkerung 1 Schi.- davon waren angeschlossen an Eingesammelte Menge an Mül oc- 1 sonstige Umlade- Haus- und Sperrmüll Deponien brennungs- Anlagen') stationen anlagen 1 kg je Anzahl Tonnen 1 Einwohner Oberfranken Kreisfreie Stidte 461 Bamberg ,0 462 Bayreuth ,9 463 Coburg ,7 464 Hof ,7 Zu mmen ,1 Lend kreise 471 Bamberg ,0 472 Bayreuth ,1 473 Coburg ,0 474 Forchheim ,1 475 Hof ,7 476 Kronach ,5 477 Kulmbach ,6 478 Lichtenfels ,8 479 Wunsiedel i. Fichtelgebirge ,6 zusammen ,3 Oberfranken ,7 Mlttelfnlnken Krelsfrele Stldte 561 Ansbach ,4 562 Erlangen ,3 563 Fürth ,1 564 Nürnberg ,6 565 Schwabach ,8 Zuummen ,6 LandkrelN 571 Ansbach ,9 572 Erlangen-Höchstadt ,7 573 Fürth ,9 574 Nürnberger Land ,2 575 Neustadt ad. Aisch- Bad Windsheim ,3 576 Roth ,9 577 WeiBenburg-Gunzenhausen ,8 Zusammen ,8 Mltteltrenken ,3 Unterfranken kreisfreie Stidte 661 Aschaffenburg ,6 662 Schweinfurt ,4 663 Würzburg ,3 Zusammen ,0 landkrelh 671 Aschaffenburg ,4 672 Bad Kissingen ,5 673 Rhön-Grabfeld ,5 674 HaBberge ,8 675 Kitzingen ,5 676 Miltenberg Main-Spessart ,7 678 Schweinfurt ,2 679 Würzburg, ,4 Zusammen ,9 1 ) Kompostierungsantage Unter1ranken 3<r ,1

179 73 Noch Anlage 4 Gebiet Gemeinden Deponien ctavon,waren angeschlossen an Anzahl Wohnbevölkerung Schi.- N 1 brennuogs- Mül"" 1 anlagen Eingesammelte Menge an sonstige Umlade- Haus- und Sperrmüll Anlagen') 1 stationen Tonnen 1 kg je Einwohner Schwaben Kreisfreie Stiidte 761 Augsburg ,3 762 Kaufbeuren ,0 763 Kempten (Allgäu) ,4 764 Memmingen ,8 Zusammen ,1 Landkrelae 771 Aichach-Friedberg ,2 772 Augsburg ,8 773 Dillingen a. d. Donau ,0 774 Günzburg ,3 775 Neu-Ulm ,6 776 Lindau (Bodensee) ,2 777 Ostallgäu ,6 778 Unterallgäu ,6 779 Donau-Rtes ,0 780 Oberallgäu ,1 Zu1ammen ,8 Schwaben ,6 Bayern ,7 1 ) Kompostierungsanlage

180 74 Anlage 5 Sondermüllbeseitigung Stand 1988 Qg Schweinfurt Chemisch. phys.t11lildm e.t' dkw+= lael Haindorf [ Wi~1u.ng-.J1199 Sllaaltiog g 6aHenbacll [ g Augsburg e Geretsried Herausgeber; S..'f'l"ischet.SUatsministarium für L.andirsentwiddwig und U~ltfragmn

181 Sondermüllentsorgung durch GSB und ZVSMM Anlage 6 Sondermüllmengen (Mg/a) ~ - Regenerierung (Wiederverwertung) CJ Chemisch-physikalische Behandlungsanlage Verbrennungsanlage ml Abwasserreinigungsanlage, Emulsionsspaltanlage Deponie ~ V' ~~ <..S'\ H~rausgeber Ba~ern;che' S\JJl>mUH>ter1uri1 lur L"ndese1111. cklung und Umwelt trogen

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183 77 Anlage 7 Anlage 8 Erster MaBnahmenkatalog zum neuen Abfallgesetz - U III 6/Pr - Mit Inkrafttreten des neuen Abfallgesetzes am 1. November 1986 hat Bundesumweltminister Walter Wallmann den ersten Maßnahmenkatalog zu diesem Gesetz vorgelegt. Durch einschneidende Zielvorgaben und Verordnungen sollen Schadstoffe im Hausmüll drastisch reduziert und die Abfallmengen erheblich abgebaut werden. Der Entwurf des 5-Punkte-Kataloges sieht im einzelnen vor: Reduzierung des Schwermetalls in Batterien, Kennzeichnung und Rücknahmeverpflichtung für schädliche" Bl!tterien durch Handel oder Hersteller. Bleihaltige Stanniolkapseln an Flaschen sollen verboten werden, wenn die Wirtschaft keine geeigneten Maßnahmen zur drastischen Reduzierung dieser umweltschädlichen Kapseln vorlegt. Stabilisierung des Mehrweg-Getränkemarktes kurzfristig, Anhebung der Marktanteile mittelfristig durch Zielvorgaben der Bundesregierung. Eine deutliche und einheitliche Kennzeichnung der Getränkeverpackungen soll den Verbraucher besser informieren und ihn zu einer umweltbewuß.ten Kaufentscheidung bringen. Das Materialrecycling wird qualitativ und quantitativ verbessert. Die Erfassung und Verwertung von Altpapier wird verstärkt ausgebaut. Ist-Zustand bis 1990 Bundesweite Hausmüllanalyse 1979/80 und 1985 Durchschnittliche Hausmüllzusammensetzung in der Bundesrepublik Deutschland in Gew.-O/o Papier 14,6 12,0 Pappe 4,1 4,0 Verpackungsverbund 1,2 1,9 Fe-Metalle 3,5 2,8 NE-Metalle 0,4 0,4 Glas 11,6 9,1 Kunststoff 6,1 5,4 Textilien 1,5 2,0 Mineralien 2,9 2,0 Vegetabilischer Rest 26,8 29,9 Problemabfälle 0,4 Mlttelmüll mm 15,6 16,0 Feinmüll bis 8 mm 8,6 10, 1 Sonstiges 3, 1 4,0 100,0 100,0 Die Tabelle gibt die Zusammensetzung des Hausmülls in den Jahren 1979/80 und 1985 wieder. Durch Maßnahmen der Vermeidung und durch Abtrennung von Wertstoffen ist der Anteil von Papier, Eisen, Glas und Kunststoffen im Hausmüll deutlich gesunken. Insgesamt machen diese Wertstoffe nur rund 370/o der Hausmüllmenge aus. Durch nachträgliche Sortiermaßnahmen können hierzu - je nach Aufwand - bis zu ca. 250/o noch für eine Verwertung erfaßt werden. Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen Bier Mineratwasser COrhaltig C0 2 -frei Wein 87,4'/o 90,00/o 76,50/o 27.60/o 37,SO/o BBO/o 900/o 780/o 280/o 450/o 900/o 900/o 8QO/o 300/o 600/o Insbesondere ' durch Anwendung dieses Maßnahmenkataloges ist die Verwertung von Altpapier aus Haushaltungen wie folgt zu steigern: IST bis Mio. t in Stufen a~ 1,5 Mio. t/a Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen

184 78 Anlage 9 Systeme zur getrennten Erfassung von Wertstoffen aus Hausmüll HOL - SYSTEME BRING - SYSTEME Behil-mmlung SystamlOH Einstoff- Einzelkomponenten- Problemabfallsammlung und sammlung Mehrstofhllmmlung Ortsfeste Sammeleinrichtungen Mobile Sammeleinrichtungen Mehrstoff-Tonne Papierbündelsammlung Mehrkammerglas- Annahmestellen für Sammelaktionen mit (grüne Tonne) container mobilen Mehrfach - Batterien Altkleidersammlung (Farbsortierung) containern für alle - unsortiert - Altmedikamente Problemabfäfle aus - Tüten- Sperrmüllsammlung Papier- und Haushaltungen - Entwickler- und separierung nach mit Teilaussortierung Pappecontainer Fixierbäder Papier von Glas Metallcontainer - Schrott Mehrfachcontainer- Textilien mit Pressen für annahmestellen für Kunststoffe - wiederverwendbaren - Fe-Abfälle alle Problemabfälle Metalle Gegenständen aus Haushaltungen Einstoff-Tonne - Al-Abfälle (Altpapier) Gartenabfall- Bia.Tonne container

185 79 Anlage 10 Einrichtungen zur Wertstofferfassung oder -aufbereitung (einschließlich Modellversuche) Stand Landesgrenn Grenzen d R119i1rungst.zirke Grenzen der kreisfreien Stadte und Landk ise Stomd Maßstab, JO m Altgt1stonne Wertnoffsorti1ranl119& Altm111lltonne Altpapiertonne Wertstofftonne (Papier. Metall, Glas, Kunnnoffl l{unststoffaufberaltungsanlage Atmofhammlung im R1hm1n einer Arbeitsbfsel'laffungsmaßnilhme Mobiles Wertstoffcenter Depotcontainer Stationäre WertstoffMmmelstelle H.,.ausgeber: Beyerisches StaatsrninistMium für Landesentwicklung und Umweltfragen

186 s. i/fv

187 Anlage 11 Einrichtungen zur Kompostierung Stand Grenzen der Regierungsbezirk Grenzen der kreisfreien S1ad1e und Landkreise Kelhe rt Name einn Landkreises ~ Landeshal1ptstadt *' Kreisfreie Stadl Stand Maßstab 1: lq 2() 30 4Q 50krn --"==--~ -D Grunabfallkompos11ernng NaßmUI 1 kompostierung flachendeckend fl;ichende<:kender Versuch 1n Tetlt>ereochen Abfallve'9<0rung Ver.uch Versuch!Selb, Garching) Biomullkompostierung Öffentlich gefordert D Versuch Herausgeber: Bayerisches StaetsminiS'lerium fiir Landesentwicklung l1nd Umweltfragen

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189 83 Anlage 12 Schwermetallgehalte von Komposten (In mg/kg TS) Pb Cd Cr Cu Ni Zn Hg Summe Müll-Klärschlammkomposte {Mittel aus 207 Proben aus 11 Anlagen) 513 5, , Kornpostwerk Singen 1987 (Mittel aus 12 Proben) 340 2, Naßmüllkompost aus Wertstoffsammelmodell Grüne Tonne", Lkr. Bad Tölz- Wolfratshausen {Mittel aus 8 Proben) 232 2,1 39, , , Kompost aus Biotonne, Gde. Witzenh (Mittelwerte) 86 0, , Lkr. Schweinf (Mittel aus 11 Proben) 57,6 0,3 50,2 39,4 26,5 182,6 0,6 357 Kompost aus Friedhofsabfällen München (Mittel aus 10 Proben) 65 0,3 19,4 28,1 21,7 78,9 0,1 213 Gartenabfallkompost, Lkr. Erlangen-Höch. (1985) 36 0, ,1 180

190 84 Anlage 13 Aufbringungslntervall In Abhängigkeit von Schwennetallkonzentrationen und Aufbringungsmenge unter Berücksichtigung der nach der Kllrschlammverordnung (AbfKllrV) tolerief'baten Sd1w lfractrt.n Aufbringungs intervall (a) Aufbringu ngsmenge -( TS/ha) Cadmium Quecksilber bo Nickel Kupfer Blei/Chrom/ Zink Quelle: LUMBI Nr. 1/1985 Schwermetallkonzentration im Kompost (mg/kg TS)

191 85 Anlage 14 Entwicklung des Kornpostabsatzes am Beispiel der Kombinationsanlage Schweinfurt (Brikolaresystem) Jahr Müll Klärschlamm Kornpostabsatz t 6111 t t t 9969 t t t 7419 t B056t t 6933 t 6774! t 5222 t 4382 t t 2349 t t Anlage 15 Vergleichswerte zu Schwermetallgehalten für Komposte (In mg/kg TS) Pb Cd Cr Cu Ni Zn Hg Bodenrichtwerte der AbfKlärV 4 Abs so Grenzwerte der Schweiz 1 ) SO 1SO Grenzwerte für Kompost aus Kornpostwerk Dußlingen (Bundesmodell Abfallverwertung ReutHngen/Tübingen) SO Grenzwerte,,Umwettzeichen'' für Bodenverbesserungsmittel/Bodenhitfsstoffe aus Kompost SO 150 so ) Gültig in der Schweiz für die gewerbsmäßige Abgabe von Komposten aus Kornpostwerken seit dem

192 86 Anlage 16 NachrüstmaBnahmen an Müllverbrennungsanlagen Im Vollzug der TA-Luft.'86 Stand März 1986 Anlage Art der Maßnahme Derzeitiger Sachstand Rauchgasreinigung Feuerungstechnik gepl. Fertigstellung MHKW Bamberg Eiweiterung der Rauchgaswäsche um Umbau der Feuerräume, Vermin- Feuerraum des Ofens 2 ist bereits umgeeine zweite, alkalisch arbeitende Stufe derung der CO-Emissionen. baut. Für die Umbauten der weiteren Ofen- (NaOH-Wäsche, Verminderung der Emis- ltnien läutt das Genehmigungsverfahren. sionen an S0 2, HCI und HF). Vergabebeschluß für die 2. Stufe der Rauchgaswäsche liegt vor; gepl. Fertigstellung: 1989 MKW Geiselbul1ach Vom Betreiber werden derzeit verschie- Auch Ofen 1 wurde mit Primär- Derzeit keine weiteren Planungen. dene Planungsvarianten zur be'sseren luftvorwärmung ausgestattet. Hg-Abscheidung überprüft. MKW Ingolstadt Vorstudie über die Nachrüstung liegt vor. Die Vorstudie schlägt vor, Ofen 1 Mit den Vorarbeiten zur Einleitung des und 2 durch 2 Öfen mit moderne- Planfeststellungsverfahre wurde begonrer Feuerungstechnik zu erset- nen; gepl. Fertigstellung: 1992 zen. MHKW Kempten Ofen 1 und 2: Ersatz beider Ofeneinhei- Ersatz der beiden Öfen 1 und 2 Vorplanungen für die neue Ofeneinheit ten durch eine neue Ofeneinheit mit mo- durch ein'3 neue Ofeneinheit. werden durchgeführt. Stillegung und Abriß derner Rauchgasreinigungsanlage. der alten Öfen Ist für Anfang 1989 vorgese- Ofen 3: Nachrüstung mit zusätzlichem hen; gepl. Fertigstellung: 1990 Einspritzkühler zur Rauchgaskonditionie- Die umgerüstete Anlage ist Anfang 1988 in rung mit Wasser und Natriumsulfid (Ver- Betrieb gegangen. minderung der Emissionen an Hg, S0 2 und HCI). MKW Landshut Einbau einer 2stufigen Rauchgas- Vergabe ist Ende 1986 erfolgt. Genehmireinigung, System von Roll/Ciba Geigy. gungsbescheid nach 7 a AbfG liegt vor; Vorstufe: vorhandener E-Filter, 1. Stufe: geplante Fertigstellung: 1989 Sprühtrockner mit E-Filter, 2.Stufe: Naßwäscher mit Reagenzienzugabe. MKVA Marktoberdorf Einbau eines Gewebefilters zusätzlich Ertüchtigung der Ofeneinheit ist Einbau des Gewebefilters ist erfolgt. zum Wäscher (Verminderung der Emis- abgeschlossen. sionen staubförmiger Abgasbestandteile). MHW München-Nord Neubau: Block 1 : Müllverbrennung Neubau Abriß der alten Einheiten ist abgeschlos- Block 1 u. 2: Block 2: Kohle- und Klärschlamm- sen. Genehmigungsverfahren nach AbfG verbrennung läuft; gepl. Fertigstellung: 1991 Block 3: Nachrüstungsmaßnahme hängen von der Inbetriebnahme des Blockes 1 ab. MHKW München- Nachrüstung ist vergeben: Trocken- Genehmigungsverfahren läuft; Teilbe- Süd Block 4. u. 5 absorptionsverfahren, System Fläkt mit scheide{ 7a AbfG) liegen vor: gepl. Fer- Gewebefilter tigstellung 1990 MHKW Neufahrn Nachrüstung der Rauchgas-reiningung Ofeneinheit wurde 1985 optimiert. Nachgerüstete Rauchgasreinigung wurde mit Trockenabsorption und Gewebefitter, Weitere Maßnahmen sind derzeit Ende 1987 in Betrieb genommen. System Fläkt. nicht geplant. MHKW Nürnberg ' Ofen 4: Keine technischen Maßnahmen erforderlich. Ofen 1 bis 3: Einbau einer quasitrocke- Umbauarbeiten laufen; gepl. Fertigstel nen Rauchgasreinigung, System Lurgi lung: 1992 (Sprühabsorber und Gewebefilter) MHKW Rosenheim Im Herbst 1986 wurde eine quasitrockene Derzeit Bau einer Ofeneinheit. Neubau des Ofens 3; gepl. Fertigstellung: Rauchgasreinigung mit Gewebefilter, Sy- Die bestehenden Öfen 1 u. 2 wer stem Lurgi, in Betrieb genommen. Auch den dann zunächst als Reserve- Ofen 3 soll über diese Rauchgasreinigung einheit beibehalten. betrieben werden.. MKW Schwandorf Einbau einer quasitrockenen Rauchgas- P1anfeststellungsverfahren wurde eingeleireinigung mit Gewebefilter ist vorgese- tet: gepl. Fertigstellung: 1989/90 hen, eine Festlegung auf ein bestimmtes System erfolgt in der Ausschreibung. MHKW Würzburg Derzeit Versuche zur Optimierung der be- Versuchsvorhaben läuft. Genehmigung stehenden Rauchgasreinigungsanlage. nach 7a AbfG erteilt. Kalkrezirkulation. Versuchsvorhaben.(Elektronenstrahlverfahren Noell) zur weitergehenden Rauchgasreinigung läuft. MKW Zirndorf Nachrüstung der Rauchgaswäsche durch Auftrag zur Planung, Ausschreibung und 2. Stufe Angebotseinholung für NachrüstmaBnahme wurde erteilt; gepl. Fertigstellung: 1989/90

193 Anlage 17 Thermische Verwertungsanlagen und Deponien mit Einzugsgebieten Stand Januar 1988 Landetgren:ze Grenzend Region,n Stand Waldkir,h n Maßstab 1: QW3040 Anlagen zur thermi>ehen Verwertung 1 Pyrolyseanlage 1 Umladestat1on Zentrale Deponie Reststoffdeponie Vorhaltedeponie Grenzen der Einzugsbereiche von Abfallentsorgungsanlagen Anbmdung eines Einzugsbereiches zu e M Abfallentsorgungsanlage Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium fur Landesentwicklung und Umweltfragen

194 s.. ~/fl

195 89 Anlage 18 Emissionsgrenzwerte für thermische Abfallverwertungsanlagen ' Stickstoffoxide Organische Stoffe Schwefeldioxid Kohlenmonoxid Anorganische gasförmige Chlorverbindungen Anorganische gasförmige Fluorverbindungen Gesamtstaub Besondere staubförmige anorganische Stoffe - Klasse 1 z. B. Cadmium, Hg - Klasse II z.b. Cobalt - Klasse III z.b. Kupfer Karzinogene Stoffe - Klasse 1 z.b. Benzo(a)pyren, Be - Klasse II z. B. Arsensäure - Klasse III z. B. Benzol Besondere dampf- oder gasförmige anorganische Verbindungen - Klasse 1 z. B. Phosgen - Klasse II z. B. H 2 S - Klasse III + IV (sh. Nr. 1, 3 u. 5) Dampf-, gas- oder partikelförmige organische Verbindungen - Klasse 1 z. B. Formaldehyd - Klasse II z.b. Chlorbenzol - Klasse III z. B. Dichlormethan Angaben in mg/m~ TA Luft CL 50HCI 5 F" 2 HF , , MHKW Coburg Garantiewerte <35 15 <3 0,3 0,05 0,3 0,5 Grenzwerte 1974: feuchtes Abgas, 11% 0 2 Grenzwerte 1986: trockenes Abgas 11% 0 2 Zu Nr. 8 u. 11: 1986 keine Kla.:enaddition Herausgeber; Baver<sch.es Staanmirnstenum fur Landesentwicklung "nd Umweltfragen

196 90 Anlage 19 Aufstellung von Restvolumina und Restlaufzeiten von Deponien Hausmülldeponlen (Stand ) Anlage Volumen (m 3 ) voraussichtliche Laufzeit Bemerkung Reglen1ngsbezlrk Oberbayern Deponie Bischofswiesen-Winkl Deponie Freilassing-Eham Lkr. Berchtesgadener Land verfüllt Mitte 88 Erweiterung in Planfestst811ung Deponie Litzlwalchen Lkr. Traunstein Deponie Eisenfelden, Lkr. Altötting Berücksichtigung Inbetriebnahme MHKW Burgkirchen 1992; ansonsten Laufzeitverkürzung Deponie Schachenwald Lkr. Mühldorf Deponie Urschalling Deponie Flintsbach Lkr. Rosenheim Mitte 88 Deponie Hausham Lkr. Miesbach Deponie Greiling Lkr. Bad Tölz-Wottratshausen Erweiterung in Planfeststellung Inbetriebnahme voraussieht!. Herbst 1988 Deponie Schwaiganger Lkr. Garmisch-Partenkirchen ROV für Erweiterung positiv abgeschlossen Deponie Erbenschwang Deponie Penzberg Lkr. Weilheim-Schongau Deponie Egling II Lkr. Landsberg a. Lech Deponie Schafweide Lkr. Ebersberg Deponie Unterriesbach Lkr. Erding Mitte 88 Mitte 88 Erweiterung in Planfeststellung Oep. Sollacher Forst in Planfeststellung Deponie Marchenbach Lkr. Freising Erweiterung in Pfanfeststellung: auch Reststoffdeponie für MHW Neufahrn Regierungsbezirk Niederbayern Deponie Außernzell ZAB Donau-Wald Erweiterung in Planfeststellung Deponie Asbach ZAB Isar-Inn Regierungsbezirk Oberpfalz Deponie Steinmühle Lkr. Tirschenreuth Regierungsbezirk Oberfranken Deponie Silberberg Lkr. und Stadt Hof Deponie Sandmühle Lkr. Wunsiedel Erweiterung ( m 3 ) genehmigt Deponie Blumenrad Lkr. u. Stadt Coburg Deponie Oberlangheim Lkr. Lichtenfels u. Kronach Deponie Gasberg Lkr. Forchheim Erweiterung in Planfeststetlung; auch Reststoffdeponie für MHKW Bamberg

197 91 Noch zu Anlage 19 Anlage volumen (m 3 ) voraussichtliche Bemerkung Laufzeit Regierungsbezirk Mittelfranken Deponie Aurach Stadt u. Lkr. Ansbach Deponie Cronheim Erweiterung in Planfeststellung Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen Deponie Georgensgmünd Deponie Pyras Lkr. Roth Deponie Diespeck Erweiterung in Planfeststellung Lkr. Neustadt-Bad Windsheim Deponie Schwabach-Neues Stadt Schwabach Deponie Neunkirchen a. Sand Lkr. Nürnberger Land Deponie Medbach Deponie Herzogenaurach Lkr. Erlangen-Höchstadt Deponie Atzenhof Stadt Fürth Regierungsbezirk Unterfranken Deponie Wörth ROV für Nachfolgedeponie positiv abgeschlos- Lkr. Miltenberg sen Deponie Stockstadt Stadt u. Lkr. Aschaffenburg Deponie Karlstadt Lkr. Main-Spessart Deponie Wonfurt Lkr. Haßberge Deponie Herbstadt Lkr. Rhön-Grabfeld Deponie Arnshausen Erweiterung in Planfeststellung Lkr. Bad Kissingen Deponie Rothmühle Stadt u. Lkr. Schweinfurt Regierungsbezirk Schwaben Deponie Burgau auch Reststoffdeponie für Pyrolyse Lkr. Günzburg Deponie Binsberg Lkr. Dillingen a. d. Donau und Donau-Ries Deponie Nördlingen Stadt Nördlingen Deponie Gallenbach Lkr. Aichach-Friedberg Lkr. Augsburg Lkr. Starnberg Deponie Augsburg-Nord nahezu Überhöhung geplant Stadt Augsburg verfüllt Deponie Pfuhl Lkr. Neu-Ulm Deponie Demdorf Dep. Breitenbrunn in Planfeststellung Lkr. Unterallgäu Deponie Oberostendorf auch Reststoffdeponie für MKVA Marktoberdorf Lkr. Ostallgäu Deponie Kaufbeuren Stadt Kaufbeuren

198 92 Anlage 19a Aufstellung der Restvolumina und Restlaufzeiten von Deponien RH1st~ (Stand ) Region therm. Anlage Reststoff- Volumen (m 3 ) deponie 2 MHKW Würzburg Hopferstadt MKW Schwandorf Matthiaszeche MHKW Nürnberg Nürnberg-Süd MHKW Ingolstadt Großmehring Starkertshofen MKW Landshut Oberglaim MKW Geiselbullach Jedenhafen MHKW München Nord-West MHKW Kempten Ursulasried nahezu verfüllt 18 MHKW Rosenheim StephanskJrchen voraussiehtliehe Laufzeit Ende Bemerkung Erweiterung geplant abhängig von Verfügbarkeit der Müllkraftwerke Nachfolgedeponie Maind imrov abhängig von Schlackenverwertung

199 Anlage 20 Klärschlammentsorgung in den Regionen Ent:iorgungsart - Ackerland - Grunland - Kompoitierung - Verbrennung - Oepon e 11 cm 2 Säulenfliiche = TS/a Landesgrenze Grenzen der Regionen Stand l_ l_ Nummern der Regionen Maßstab 1 : OOl<m Herausgeber: Bayerisches Staatlministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen

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201 95 Anlage 21 Anlagen zur gemeinsamen thermischen Verwertung von Hausmüll und Klärschlamm In Bayern (Stand: ) Nr. Standort Vorbehandlung Verbrennungseinheiten für Durchsatz Klär- Abtransport KS KS HM und KS schlammt TS/a BAMBERG Flockung, Zentrifuge, 3 Einheiten a 6 t HM/h sowie 4250 neben Kläranlage MS.hltrockner KS-Zugabe 0,2 t TS/h 2 BURGAU Filterpresse bei Kläranlage 2 Pyrolyse-Drehrohre ä 3,0 t/h 1500 mit Lkw HM sowie KS-Zugabe 0,2 t TS/h 3 INGOLSTAOT Zentrnuge bei Kläranlage, 2 Einheiten ä 7 t HM/h und 4550 neben Kläranlage FlieBbett-Trockner 1 O t HM/h sowie KS-Zugabe 0,8 t TS/h 4 MARKTOBERDORF Zentrifuge 1 Einheit ä 3 t HM/h und 100Ö neben Kläranlage 1Etagenofen0,15 t TS/h 5 MÜNCHEN-Nord Zentrifi.lge, Trockenmühle 2 Einheiten ä. 20 t HM/h sowie ,5 km Rohrleitung KS-Zugabe 3 t TS/h 6 WÜRZBURG - masch. Entwässerung 2 Einheiten a 12 t HM/h sowie 7000 mit LkW bei Kläranlage KS-Zugabe 0,45 t TS/h - Trocknung in Trockenmühle HM - KS - Hausmüll Klärschlamm

202 96 Ar:ilage 22 Förderung abfallwirtschaftlicher Maßnahmen Förderung In Mio. DM/a 80 :.:-: ~-----~=---!) ;.... :: : :;::: : : : : :: {~~;~: I : : : : : :. : : : : : : : ::::: :::;: :: : ;:;:: Zuweisungen Zinsgünstige Darlehen gesamt 687,43 Mio. DM 336,63 Mio. DM 1,024 Mrd. DM

203 97 Anlage 23 Finanzierungshilfen für abfallwirtschaftllche Maßnahmen dar gewerblichen Wirtschaft (Stand: ) Programm Antrags- VerWendungs- Art der Förderung Antragsver1ahren Begutachtung Bayern b~rechtigt zweck Bayerisches Dar- Unternehmen der Vorhaben zur ord- Darlehen Hausbank, Bezirks- Die Bezirksregielehensprogramm gewerblichen nungsgemäßen Abfall- Zinssatz: 4,50/o; in be- regierung, StMLU, rung kann bei für Maßnahmen Wirtschaft, vor- e~tsorgung über sonderen Ausnahme- Bayer. Landesanstalt Bedarf Stellung-... zur ordnungs.:. rangig Klein- und 50000,-DM fällen 3,50/o f. Aufbaufinanzierung nahmen des Langemäßen Abfall- mittlere Betriebe Auszahlung: (LfA) desamtes für beseitigung Laufzeit: 12 Jahre, Umweltschutz höchstens 2 Freijahre, einholen Höchstbetrag nicht festgesetzt LfA-Zusatzpro- 1 kleine und mitt- Abfallwirtschaftliche Darlehen Hausbank Umweltschutzgramm 1987 lere Unterneh- Vorhaben zur Verwer- Zinssatz: 5010 LIA effekt ist nach-,,umweltschutz'' men tung und Entsorgung Auszahlung: 1000/o zuweisen sowie die Umstellung Laufzeit: 10 Jahre, auf umweltfreundliche höchstens 2 tilgungs- Produktionsanlagen freie Jahre Höchstbetrag nicht festgesetzt Gemeinschafts- Unternehmen der Investitionen im Be- Zuschüsse zwischen Hausbank Oie Bezirksregieaufgabe Verbes- gewerblichen reich der Abfallver- 10 und 230/o je nach Bezirksregierung rung holt eine serung der regte- Wirtschaft in wertung (Recycling- Fördergebieteigen- BSIMWV Stellungnahme nalen Wirt- Schwerpunktor- betriebe) schalt (A-, B-, C-, E- LfA des Landesamschaftsstruktur" ten und Förder- Schwerpunktorte und tes für Umweltgebieten der Ge- Nichtschwerpunkt- schutz ein (in meinschaftsauf- orte), unterschiedliche Zweifelsfragen), gabe Höchstgrenzen ansonsten Regierung Bayerisches Mit- Unternehmen der Abfaltwirtschaftliche Darlehen Hausbank z.b. Industrietelstandskredit- gewerblichen Maßnahmen Zinssatz: 40/o im Zo- Bayer. Landesanstalt f. und Handelskamprogramm Wirtschaft, vor- nenrandgebiet (sonst Aufbaufinanzierung mer, Handwerksrangig Klein- und 50/o), 40/o bei Existenz- (LfA) kammer mittlere Betriebe gründung Laufzeit: zwischen 7 und 15 Jahre Höchstbetrag 33 1 / 30/o bei Existenzgründungen 400/o (jeweils Aufstockung auf 66 2 / 30/o möglich durch Ergänzungsdarlehen d. LfA) Bayerische regio- Unternehmen der Regionalpolitisch be- Darlehen Hausbank Regierung nale liörderungs- gewerblichen deutsame Vorhaben Zinssatz: 3,50/o oder Regierung Bayer. Landesprogramme Wirtschaft und abfallwirtschaft- 40/o BSIMWV amt f. Umweltliehe Investitionen Laufzeit: 8 bis 15 LIA schutz (in Zwei- Jahre felsfragen) Bayerisches Um- Unternehmen der Technische Neu- oder a) Zuschüsse (Anteils- Antragstellung Landesamt für welttechnologie- gewerblichen Weiterentwicklungen finanzierung von For- formlos bei StMLU Umweltschutz förderprogramm Wirtschaft, lnge- die konkrete Beiträge schungs- und Entwicknieurbüros, - zur Verminderung lungsvorhaben sowie Entwicklungs- bzw. Vermeidung von von Pilotanwenduninstitute Umweltbelastungen gen; die Höhe der (auch Abfallwirtschaft) Anteilsfinanzierung erbringen wird im Einzelfall geregelt) b) zinsverbilligte Darlehen (vorzugsweise bei praxisorientierten Pilotanwendungen neuer umweltrelevanter Technologien)

204 98 Noch Anlage 23 Programm Antrags- Verwendungs- Art der Förderung Antragsverfahren Begutachtung Bund berechtigt zweck Erhöhte Abset- Unternehmen im Umweltschutzinvesti- Absetzungssatz: 600/o Finanzamt im Bereich Abfall, zung für Umwelt- Bundesgebiet tionen im Bereich Ab- im 1. Jahr, dann Bescheinigung d. schutzinvestitio- fall, für bewegliche und pro Jahr, auch einheit- Zweckbestimnen nach 7d unbewegliche Wirt- licher Abschreibungs- mung von der je- Einkommen- schaftsgüter des Anla- satz möglich mit Voll- weitigen Bezirkssteuergesetz gevermögens, die zu abschreibung in 5 Jah- regierung mehr als 700/o dem Um- ren weltschutz dienen; usw. Investitions- Unternehmen im Anlagen, die im Zu- 7,50/o Investitions- Finanzamt Bescheinigung zulage nach 4a Bundesgebiet sammenhang mit der zutage durch das BunlnvZulG Errichtung oder Erwei- desamt für Wirtterung von Müllheiz- schaft bzw. Bunund Müllkraftwerken desminister für zur Energieerzeugung Wirtschaft eriorund Energieverteilung derlich stehen Förderung von Unternehmen im Projekte im grobtech- verlorener Zuschuß Formlose Anträge Umweltbundes- Investitionen zur Bundesgebiet nischen Maßstab zur bis zu 500/o der Ge- beim Umweltbundes- amt Verminderung Demonstration der An- samtkosten amt Berlin von Umwelt- passung von Altanlabelastungen bei gen an einen fort- Altanlagen schrittlichen Stand der Technik zur Verminderung von Umweltbelastungen (Abfall) mit einem modellhaften Neuheitswert ERP-Abfallbesei- Unternehmen der Errichtung und Erwei- Darlehen Hausbank ab 1 Million Mark tigungspro- gewerblichen terung baulicher und Zinssatz: 5,00/o p.a. Bezirksregierung, ggf. Darlehensbetrag gramm Wirtschaft maschineller Anlagen Auszahlung: 1000/o StMLU ist eine Stellungzur Abfallbeseitigung Laufzeit: Bis zu 10 DAB nahme des (z.b. Verbrennungs-, Jahren, bis 15 Jahre StMLU beizufü- Kompostierungsanla- für Bauvorhaben, da- gen gen, Deponien) und von tilgungsfrei höch- Abfallverwertung. Hier- stens 2 Jahre, Höchstdurch wird der Grund- betrag nicht festgesatz, daß die Kosten setzt der Abfallbeseitigung vom Verursacher zu tragen sind, nicht berührt. Überregionale Vorhaben und Modellanlagen werden bevorzugt berücksichtigt. Investitions- Unternehmen mit Voraussetzung (Pri- Investitionszulage Finanzamt Bescheinigung zulage~ nach Betriebsstätten märeffekt): Güter oder 8, 750/o oder Zonen- des Bundesam- 1 lnvzulg in Schwerpunkt- Oienstk9istungen, die randgebiet 100/o der tes für Wirtschaft orten und För- ihrer Art nach überre- Anschaffungs- oder bzw. d. Bundesdergebieten der gionaf abgesetzt wer- HerstellungskOsten ministers f. Wirt- Gemeinschafts- den. Betriebe des Alt- schaft eriorderaufgabe Verbes- stoffllandels, die mehr lieh. Antragsweg: serung der regio- als 500/o ihres Umsat- Bezirksregierung nalen Wirt- zes mit der Wiederver- Bundesamt f. schaftsstruktur'' wertung von Altstoffen Wirtschaft oder erzielen. Wenn im Rah- Bezirksregierung man eines Vorhabens BStMWV eine Betriebsstätte er- Bundesminister richtet, erweitert, um- für Wirtschaft gestellt oder grund- (bei Vorhaben legend rationalisiert über 10 Mio.) wird: Teile des Vorhabens (Investitionen) können auch abfallwirtschaftliche Maßnahmen sein.

205 ,, 99 Noch Anlage 23 Programm Antrags- Verwendungs- Art der Förderung Antragsverfahren Begut- Bund berechtigt zweck achtung DAB-Ergän- kleine und Investitionen im Bereich Darlehen Hausbank ab 1 Million zungsprogramm mittlere Un- des Umweltschutzes. Oie Zinssatz: 50/o DAB Mark Darle- III ternehmen Vorhaben müssen der Auszahlung: 960/o hensbetrag der gewerb- Zielsetzung der von der Laufzeit: a) bis zu 20 ist eine Stelliehen Wfrt- LAG durchgeführten ERP- Jahren lungnahme schatt Umweltschutzprogramme b) bis zu 12 Jahren einer Umweltentsprechen oder vom entsprechend der je- schutz- Bundesminister des In- weiligen Darlehensver- behörde beinern als förderungswürdi- wendung, davon bis zu zufügen, im ges Modellvorhaben aner- 3 Freijahren Bereich Abkannt sein. Investitionen, Höchstbetrag max. fall: Bezirksdie der Vermeidung oder SQO/o der Investitions- regierung Verminderung von Schad- summe stoffanfalt dienen sowie Maßnahmen auf dem Gebiet des Recyclings werden bevorzugt gefördert. KfW-Umwelt- Unternehmen Investitionen zur Abfall- Darlehen Hausbank programm der gewerb- beseitigung und -behand- Zinssatz: 5010 Ktw liehen Wirt- lung Auszahlung: 960/o schaft sowie Laufzeit: 10 Jahre freiberuflich höchstens 2 Jahre Tätige tilgungsfrei Höchstbetrag 10 Mio. DM, bei Unternehmen bis 100 Mio. DM Jahresumsatz Finanzierungsanteil max. 750/o, bei Unternehmen über 100 Mio. DM Jahresumsatz max. 66,660/o Forschungs- und Unternehmen Durchführung von For- Zweckgebundene Zu- formloses Antragsschrei- Entwicklungsar- im Bundes- schungs- und Entwick- schüsse,zuwendun- ben mit Anlagen nach Vorbeiten auf dem gebiet lungsarbeiten auf dem gen, Schuldendienst- druck beim Umweltbun- Gebiet des Um- Gebiet des Umweltschut- beihilfe u.a. nicht rück- desamt auch dort erhältweltschutzes zes einschließlich Abfall- zahlbare Leistungen lieh wirtschaft sowie zweckgebundene Darlehen u.a. bedingt oder unbedingt rückzahlbare Leistungen Programm Antrags- Verwendungszweck Art der Förderung Antragsverfahren Begut- Europäische berechtigt achtung Gemeinschaft Gemeinschaft- natürliche a) Demonstrationsvorha- Zuschüsse höchstens Anträge auf finanzielle Unliehe Umwelt- oder juristi- ben zur Entwicklung von 300/o terstützung von Vorhaaktionen sehe Perso- neuen sauberen Techno- ben, die im Anschluß an nen (öffent- logien, die im Verbrauch eine von der Kommission lieh oder pri- natürlicher Ressourcen ausgearbeitete und im vat, die im sparsam sein könneri Amtsblatt der EG veröf- Hoheitsgebiet b) Demonstrationsvorha- fentlichte Ausschreibung der EG-Mit- ben zur Erarbeitung neuer gestellt werden, sind mit gliedstaaten Meßtechniken und -ver- einer Durchschrift für die ansässig fahren, auch für die Über- zuständige Behörde der sind) wachung der Qualität der betroffenen Mitgliedstaanatürlichen Umwelt {auch ten an die Kommission entsprechende abfallwirt- der Europäischen Geschaftliche Projekte) meinschaft, Generaldirektion Umwelt, Aue de la noie 20, B-1049 Brüssel, Tel / zu richten; formloser Antrag

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207 S ~/ / v( Anlage 24 Engpässe bei der Entsorgung von Hausmüll und hausmüllähnlichen Abfällen Stand Januar Landesgrenze Grenzen der Aegierungsbez1rke Grenzen der kreisfreien Stadrn und Landkreise ~ Sitz e1rter Regierung ~e he1m Name eines Landkre1.es ~ Landeshaupntadt '*' KreLsfreie Stadt Stand L Maßstab "=-c='-""'"=-- 1C ~Okm - Drohender Entsorgungsengpaß!falls eingeleitete Maßnahmen nicht oder n1cr1 rechrze1t1g durchgeführt werden) Entsorgung m1t1elfrist1g ges1chert lm1nde<l ns bis 1992) Herau>geber. Bayerische Staat.min1sterium!ur Landesentwicklung und Um-ltfragen

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209 103 Anlage 25 Vertrag betreffend die Uebemahme des Hausunrats der Stadt München (nach der Fassung vom 20. Juli 1900). Der Magistrat der k. Haupt- und Residenzstadt München ist in Gemäßheit seiner Plenarbeschlüsse vom 21. April und vom 15. Mai 1. J. unter Zustimmung des Kollegiums der Gemeindebevollmächtigten vom 10. Mai 1. J. mit der Gesellschaft Hausmullverwertung München" (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) dahin übereingekommen, daß der zwischen der Stadtgemeinde München und der soeben genannten Gesellschaft am 27. Juli 1897 in Bezug auf die Uebernahme des Hausunrates der Stadt München abgeschlossene Vertrag folgenden Wortlaut erhält: 1. Gegenstand des Vertrages. Die Stadtgemeinde München verpflichtet sich, den gesammten Hausunrat ohne alle Ausnahme, wie sich solcher ergibt und nach den jeweils bestehenden einschlägigen ortspolizeilichen und statutarischen Vorschriften der Stadt München aus den einzelnen Anwesen und sonstigen Grundstücken des jeweiligen hiesigen Stadtgebietes von der gemeindlichen Abfuhranstalt mitgenommen wird, der oben genannten Gesellschaft zu überweisen. Die Ueberweisung erfolgt in der Weise, daß die Stadtgemeinde München diesen gesamten Hausunrat in den zur Einsammlung bestimmten und von der Gesellschaft dem System nach genehmigten zweiräderigen Abfuhrkarren auf die hiezu bestimmten Bahnwaggons auf einem der Münchener Bahnhöfe verladen läßt. Die Gesellschaft verpflichtet sich, diesen ihr so überwiesenen und verladenen Hausunrat auf dem betreffenden Bahnhof durch ein von ihr auf der betreffenden Laderampe hiezu abgeordnetes Organ zu übernehmen und mittels der Eisenbahn nach der Verarbeitungsstelle zu befördern und in der dort nach Maßgabe der dem Magistrat noch zur Genehmigung vorzulegenden Pläne' neu herzustellenden Fabrikanlage entsprechend dem dem Magistrat vorgelegten schriftlichen Programm zu einem landwirtschaftlich verwertbaren Dünger zu verarbeiten. 2. Verfrachtung des Hausunrats. Die Sammelkarren sind von der Stadtgemeinde Mün, chen bezw. ihrem Bevollmächtigten nach ihrer Füllung an jedem Werktag sowie an jedem auf einen Wochentag fallenden Feiertag auf die Laderampe desjenigen Münchener Bahnhofes, welchen der Magistrat für die Verladung des in dem betreffenden Stadtteil gesammelten Hausunrates jeweils für am geeignetsten hält, zu verbringen und auf den Eisenbahnwaggon zu verladen. Die Verladung erfolgt für Rechnung der Gemeinde, die Expedition, der Transport nach der Verarbeitungsstelle und die Ausladung und Wiedereinladung der leeren Karren dortselbst sowie der Rücktransport derselben an den Abgangsbahnhof für Rechnung der Gesellschaft, welche deshalb auch für die Herstellung und Unterhaltung einer Bahnverbindung mit ihrer Fabrik sowie geeigneter Ausladevorrichtungen dortselbst zu sorgen hat. 3. Verarbeitung des Hausunrats. Die Gesellschaft hat die in ihr Fabrikterritorium eingelaufenen Waggons auszuladen, die Sammelkarren vollständig zu entleeren, ausreichend zu reinigen und die zur Düngerfabrikation nicht geeigneten Bestandteile des Hausunrats (sog. Sperrstoffe) von den übrigen Stollen zu trennen. Letztere sind durch Zusatz künstlicher Düngerpräparate zu landwirtschaftlich brauchbaren Dungmitteln zu verarbeiten, erstere einer anderweitigen hygienisch einwandfreien Verwertung zuzuführen. Für die Einzelheiten der Behandlung ist vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung der von der Gesellschaft beim Magistrat hinterlegte Beschrieb samt Plänen maßgebend. 4. Rücktransport. Die Sammelkarren sind unter sorgfältigem Verschluß der Bodendeckel auf den hiefür bestimmten Eisenbahnwaggons nach den hiefür geltenden Vorschriften und Anordnungen wieder zu verladen, und ist für deren Rücksendung an den Abgangs-Bahnhof Sorge zu tragen. Die Gesellschaft übernimmt die Verpflichtung, die Sammelkarren samt allen sonstigen der Stadtgemeinde München gehörigen Verfrachtungsmaterial nur ordnungsgemäß und nur zur Unratverfrachtung zu benützen. Für Beschädigungen, welche nachweisbar bei Abgang der Karren vom betr. Münchner Bahnhof nicht vorhanden waren und die bei ihrer Rückkunft in München sich zeigen, übernimmt die Gesellschaft die Haftung. Die Aus- und Wiedereinladung der Sammelkarren hat so rechtzeitig zu erfolgen, daß die leeren Sammelkarren dem auf den Ankunftszug folgenden nächsten von der Bahnverwaltung zu ihrer Rückbeförderung bestimmten Eisenbahnzug nach München aufgegeben werden können. 5. Haftung der Gesellschaft. Die Gesellschaft übernimmt die ausschließliche Haftung für die Möglichkeit der jederzeitigen Ueber-

210 104 nahme des gelieferten Hausunrats, für die Fernhaltung etwaiger Belästigungen und Unzukömmlichkeiten, die sich aus der Entleerung der Sammelkarren oder aus dem Lagern des Hausunrats in oder außerhalb der Fabrik oder aus der Wiedereinladung und dem Rücktransport der Sammelkarren ergeben sollten, sowie für die genaue Erfüllung aller Anordnungen der zuständigen Behörden. 6. Desinfektion bei Epidemien. In Fällen der Gefahr oder des Ausbruchs einer Epidemie ist die Gesellschaft auf Verlangen des Magistrats verpflichtet, die in die Bahnwaggons verbrachten Unratmengen noch vor Abgang des Zuges nach näherer Anordnung des Magistrats durch Versetzen mit einer genügenden Menge einer 30/oigen Schwefelsäure-Lösung in einen hygienisch unbedenklichen Zustand zu bringen, wofür ihr eine jedesmalige besondere Vergütung von 1,25 M per Sammelkarren, zahlbar am Schlusse eines jeden Vierteljahres, zu gewähren ist. 7. Herstellung und Unterhalt der Fabrikanlage. Die Gesellschaft ist verpflichtet, die ganze Fabrikanlage mit allem beweglichen und unbeweglichen Inventar in gutem baulichen und betriebsfähigen Zustande herzustellen und zu erhalten und für den Vollzug des Vertrages nur befähigtes und verlässiges Peronal zu verwenden. Sollte die von der Gesellschaft projektierte Fabrikanlage oder der von ihr projek1ierte Betrieb die bauoder gewerbspolizeiliche Genehmigung nicht erhalten, oder sollte die Herstellung oder Inbetriebsetzung oder der Fortbetrieb der projektierten Fabrikanlage durch anderweitige unvorhergesehene Hindernisse unmöglich werden, so ist die Gesellschaft verpflichtet, die Pläne unter Einholung der Genehmigung der Stadtgemeinde München so umzugestalten, wie dieses von der Polizeibehörde als Bedingung der Genehmigung gefordert wird, sowie eine anderweitige Anlage auf anderer Stelle zu errichten, soweit eine solche anderweitige Anlage der Gesellschaft innerhalb eines Umkreises von 25 km von der jeweiligen Verla~ungsstation ab möglich sein sollte. Der Magistrat hat das Recht, den guten Zustand der dem Vertragsvollzug dienenden Objekte jederzeit zu untersuchen und zweckentsprechende Abänderungen, Ergänzungen oder die Erneuerung schadhaft gewordener Objekte zu verlangen. 8. Gegenleistung der Gemeinde. Als Entgelt für die Uebernahme der gelieferten Hausunratmengen mit Einschluß des Transportes und der oben beschriebenen Verarbeitung derselben hat die Stadtgemeinde München an die Gesellschaft in der Zeit vom 1. Juli 1898 bis dahin 1899 eine Summe von M (Einhundertsechzigtausend Reichsmark), in der Zeit vom 1. Juli 1899 bis dahin 1908 für jeden mit 4 gefüllten Sammelkarren von je 2,85 cbm Fassungsraum beladenen Eisenbahnwagen einen Uebernahmspreis von 16 M zu entrichten und die sich hiernach berechnenden Beträge in Vierteljahresraten zu bezahlen. Vom 1. Juli 1908 an ermäßigt sich der Uebernahmspreis per Waggon auf 15,50 M. Aendert sich die Belastung eines Eisenbahnwaggon in Bezug auf die Zahl oder den Fassungsraum der auf einen Waggon verladenen Sammelkarren, so ändert sich dementsprechend auch der an die Gesellschaft zu leistende Uebernahmspreis. 9. Rückbehaltung von Hausunratmengen durch die Stadtgemeinde München. Wird in irgend einem Betriebsjahr ein Gesamtanfall von Waggons Hausunrat erreicht, so hat der Magistrat das Recht, von da ab auf die Dauer der ganzen Vertragsperiode und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dieser Anfall auch in den folgenden Betriebsjahren erzielt wird, an jedem Werktage 2 Waggons Hausunrat von der Ueberweisung an die Gesellschaft auszunehmen, wenn er binnen 4 Wochen nach Ablauf des eingangs bezeichneten Betriebsjahres von diesem Recht Gebrauch machen zu wollen erklärt. Ergibt sich in einem weiteren Betriebsjahre eine Steigerung des Gesamtanfalles um weitere 1000 Waggons und von da ab um je weitere 500 Waggons per Jahr, sohin auf 16000, 16500, Waggons u.s.w so erhöht sich die auszunehmende Unratmenge und zwar bei um weitere zwei und von da ab bei je 500 Waggons mehr um je einen weiteren Waggon für jeden Werktag und zwar gleichfalls ohne Rücksicht darauf, ob dieser Anfall auch in den folgenden Betriebsjahren erreicht wird. Hat der Magistrat die in Absatz 1 bezeichnete Erklärung nicht abgegeben, so wird er hiedurch nicht ein für allemal, sondern nur für das betreffende Betriebsjahr des Rechtes der Zurückbehaltung der fraglichen Unratsmengen verlustig. Die Gesellschaft ist verpflichtet, die ausgenommenen Unratmengen auch fernerhin wieder zu übernehmen, wenn der Magistrat spätestens 6 Monate vor Beginn eines Betriebsjahres erklärt, daß er der Gesellschaft die ursprünglich ausgenommenen Unratmengen wieder überweisen werde. Die Abgabe dieser Erklärung ist einem endgiltigen Verzichte der Stadtgemeinde München auf das ihr in Abs.1 eingeräumte Recht für die Dauer der ganzen Vertragsperiode gleich zu achten. 10. Betriebsjahr. Als Betriebsjahr im Sinne dieses Vertrages gilt die Zeit vom 1. Juli des einen bis einschließlich zum 30. Juni des darauffolgenden Kalenderjahres. Eine spätere Aenderung des thatsächlichen Betriebsjahres seitens der Gesellschaft ist ohne Einfluß auf den gegenwärtigen Vertrag. 11. Sicherung der Vertragserfüllung. Für die Erfüllung der vertragsmäßigen Verbindlichkei-

211 105 ten, sowie insbesondere auch für alle Schäden und Kosten, welche aus der nicht rechtzeitigen Aus- oder Wiedereinladung der Unratkarren aus den Bahnwaggons bezw. auf die Bahnwaggons erwachsen, haftet die Gesellschaft mit ihrem Gesamtvermögen, zunächst aber mit einer beim Magistrat zu hinterlegenden Kaution von M (einhunderttausend Reichsmark), welche binnen 8 Tagen nach Abschluß des Vertrages zu errichten ist und zwar in der Weise, daß die Gesellschaft auf ihrem Gesamtbesitz zur ersten Stelle für die Stadtgemeinde München eine hypothekarische Kaution zu Mark eintragen läßt und Mark in mündelsicheren Wertpapieren mit Talons und Zinscoupons bei der Stadtgemeinde München übergibt und ständig auf dieser Höhe erhält. Außerdem hat der Magistrat das Recht, in allen Fällen einer Vertragsverletzung Vertragsstrafen bis zu 500 Mark zu verhängen. Das Stammkapital der Gesellschaft hat mindestens M (sechsmalhunderttausend Reichsmark) zu betragen. Eine spätere Herabsetzung desselben bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Magistrats. 12. Zustellungsbevollmächtigter. Betriebspersonal. Die Gesellschaft hat einen in München wohnenden zustellungsbevollmächtigten aufzustellen. Für alle auf diesen Vertrag bezüglichen Handlungen und Unterlassungen ihrer Beamten, Bediensteten und Arbeiter ist sie so verantwortlich, wie wenn es ihre eigenen Handlungen oder Unterlassungen wären. 13. Vertragsdauer. Die Vertragsdauer wird auf 20 Jahre festgesetzt ab _1. Juli Die Unratübernahme beginnt sohin am 1. Juli 1898, die Verarbeitung dagegen erst mit Abla(Jf von 6 Baumonaten nach der Genehmigung der Fabrikanlage. Als Baumonate im Sinne dieses Vertrages haben lediglich die Monate April mit Oktober zu gelten. Für pie Zeit, in welcher nur die Uebernahme, nicht aber die Verarbeitung des Hausunrates erfolgt, wird die in 8 festgesetzte Summe nur zur Hälfte an die Gesellschaft bezahlt. 14. Vorkaufsrecht der Stadtgemeinde München. Die Gesellschaft räumt - bezüglich ihrer gesamten Fabrikanlage mit allem beweglichen und unbeweglichen Inventar, sowie bezüglich aller ihr gehörigen oder von ihr noch zu erwerbenden Grundstücke - der Stadtgemeinde München das Vorkaufsrecht ein, welches durch Eintrag im Hypothekenbuche sicher zu stellen ist. Obiges Vorkaufsrecht der Stadtgemeinde tritt auch ein im Falle des Konkurses bei freihändiger Veräußerung durch den Konkursverwalter, nicht dagegen im Fall der Umwandlung der gegenwärtigen Gesellschaft in eine Aktiengesellschaft unter der Voraussetzung, daß letztere die Bestimmungen dieses Vertrages auch für und gegen s i c h als zu Recht bestehend anerkennt. Hierüber Urkunde des k. Notars H e 11 - m a i er dahier vom 20. Juli (Gesch.-Reg. Nr. 2552). 15. Nichterfüllung des Vertrages. Wenn die Gesellschaft bei Eintritt der Wirksamkeit des Vertrages die übernommenen Leistungen nicht beginnt, so wird sie hiezu vom Magistrat schriftlich ermahnt, vorausgesetzt, daß die Dringlichkeit des Bedarfs nicht sofort eine anderweitige Vorkehrung erheischen sollte, in welchem Falle dem Magistrat das Recht zusteht, das Erforderliche anderweitig zu was immer für einem Preise auf Gefahr und Kosten der Gesellschaft besorgen zu lassen und sich an der Kaution und an dem übrigen Vermögen derselben schadlos zu halten. Bleibt die Mahnung unbeachtet, so kann die Gemeinde den Vertrag als aufgelöst erklären oder die Uebernahme und Verarbeitung des Hausunrats auf Gefahr und Kosten der Gesellschaft - und zwar entweder unter Benützung der Grundstücke sowie der Fabrikanlage und der Fabrikeinrichtungen der Gesellschaft o d e r anderweitig - zu welchem Preise immer, besorgen lassen, in jedem Falle aber sich an der Kaution und an dem übrigen Vermögen derselben schadlos halten. Diese Folgen haben auch dann einzutreten, wenn die Gesellschaft späterhin die übernommenen Leistungen entweder nicht in der vorgeschriebenen Zeit oder nicht in der vorgeschriebenen Art und Weise ausführt und die ihr deshalb erteilte schriftliche Mahnung unbeachtet läßt, oder wenn offenbare Unfähigkeit oder Unzuverlässigkeit ihrer Beamten oder der dringliche Bedarf sofort eine anderweitige Vorkehrung notwendig macht, oder wenn sie es unterläßt, die Kaution auf der festgesetzten Höhe zu erhalten, endlich im Falle des Konkurses oder sonstiger Liquidation der Gesellschaft. 16. Vertragskosten. Die Kosten dieses Vertrages sowie aller weiteren zum Vollzug desselben erforderlichen Verträge trägt die Gesellschaft. M ü n c h e n, 20. Juli Magistrat der k. Haupt- und Residenzstadt München. Bürgermeister: v. n. Panzer. Im Namen der Gesellschaft Hausmullverwertung München (G.m.b.H.): Krämer.

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