Dik Heg und Zina Heg-Bachar. Arten noch eine beträchtliche Anzahl an Arten vorzuweisen.
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- Nicole Martin
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1 Tauchexpedition Tanganjikasee 2005: Untersuchungen an kooperativ brütenden Cichliden bei Kasakalawe, Sambia Dik Heg und Zina Heg-Bachar Das afrikanische Grabenbruchsystem beherbergt verschiedene faszinierende und einzigartige Ökosysteme. Konzentrieren wir uns auf aquatische Lebensräume, sind mit Sicherheit die drei großen, ostafrikanischen Seen zu nennen; der Malawisee, der Viktoriasee und nicht zuletzt der Tanganjikasee, der mit einer Länge von 650 Kilometer und einer Tiefe von über Meter nicht nur der weltweit längste Süsswassersee, sondern nach dem Baikalsee (Russland) auch der zweittiefste See der Erde ist. In allen drei großen Seen des afrikanischen Grabenbruchsystems haben sich im Laufe einer erdgeschichtlich gesehen recht kurzen Zeit beträchtliche und einzigartige aquatische Ökosysteme entwickelt. Hier hat sich eine artenreiche Fauna herausgebildet, die vor allem eine ungeheure Vielfalt an Cichliden beinhaltet. Führend ist der Malawisee mit seinen rund 800 Arten, gefolgt vom Viktoriasee mit rund 500 Cichliden-Arten. Doch auch der Tanganjikasee hat mit seinen rund 250 Arten noch eine beträchtliche Anzahl an Arten vorzuweisen. Trotz der mit den anderen beiden Seen verglichen geringeren Artenzahl an Cichliden ist der Tanganjikasee sehr geeignet, um Freilandstudien durchzuführen. Die Bedingungen für direkte Beobachtungen sind wegen der meist hohen Wassertransparenz im Allgemeinen gut. Die teils recht steilen Ufer sind nicht besonders dicht besiedelt und grossflächige Landwirtschaft ist nur an wenigen Orten möglich. Allerdings treten regional starke Erosionsschäden auf, die auch zu entsprechender Wasserbelastung führen. Unsere Forschungen betreiben wir an der Südspitze des Tanganjikasees in Sambia, ungefähr sechs Kilometer westlich der kleinen Hafenstadt Mpulungu. Bis jetzt haben wir an drei Expeditionen teilgenommen, die erste von Februar bis Juni 2002, die zweite von Januar bis Mai 2003 und die letzte von September bis Dezember Diese wurde von der DCG finanziert und hat uns eine Reihe interessanter Forschungsresultate und neue Erkenntnisse über Cichliden geliefert. 270 DCG-Informationen 40 (12):
2 Wir haben das Glück, unsere Forschung unter sehr günstigen Arbeitsbedingungen betreiben zu könnnen. Erstens bietet Sambia durch die politische Stabilität beste Voraussetzungen in einer politisch doch eher instabilen Gegend (der Kongo und Simbabwe sind beispielsweise zwei Nachbarländer Sambias). Dazu kommt, dass das Land touristisch nur wenig erschlossen ist, da es - aus welchen Gründen auch immer - noch ziemlich unbekannt zu sein scheint. Weiter kann man, egal was passieren mag, immer mit der Hilfe und der Unterstützung der lokalen Bevölkerung rechnen. Sambianer sind extrem friedfertige, freundliche und hilfsbereite Menschen mit einer überschäumenden Lebensfreude. Da wir bei jeder Expedition am gleichen Ort stationiert sind wird auch das schon sehr gute Verhältnis zur lokalen Bevölkerung immer besser. Guter Kontakt besteht sowohl zum Department of Fisheries in Mpulungu als auch zu den Menschen, die in unserer Nachbarschaft ansässig sind. Auf geht's zum nächsten Tauchgang. Im Vordergrund Dik Heg Seite 270: Julidochromis ornatus-brutpaare haben in der Regel einen männlichen Helfer. Dieses Helfermännchen verrichtet den größten Teil der Arbeit bei der Aufzucht des Nachwuchses. UW-Foto: Heinz H. Büscher Wie bei den früheren Expeditionen verbrachten wir auch bei der letzten drei Monate in der Tanganyika Lodge, einer kleinen, sehr gemütlichen Unterkunft ohne westlichen Luxus. Die romantische Lodge liegt direkt am See auf einem kleinen Landvorsprung und besitzt weder Strom noch fließend Wasser dafür aber umso mehr natürlichen Charme. Sie besteht aus ursprünglich fünf, in der Zwischenzeit acht weit auseinanderliegenden mit Stroh bedeckten Steinhütten, in welchen wir während der Feldsaison untergebracht sind. Das Mobiliar besteht aus ein bis drei Betten pro Hütte. Schränke und Kleiderbügel müssen wir uns zu Beginn der Expeditionen jeweils selber aus Schnüren und Ästen zusammenbasteln. Ein oder zwei Tage, nachdem sich alle gemütlich eingerichtet haben, beginnt ein Alltag etwa um halb sieben morgens mit einer großen Schüssel Maisbrei. Ein Thema übrigens, welches bei jeder der bisherigen Expeditionen zu lebhaften Diskussionen geführt hat; manche können ihn nach ein paar Tagen bereits nicht mehr sehen, andere lieben ihn bis zum letzten Tag. Nach dem Frühstück wird jeweils der erste Tauchgang vorbereitet. Dabei kann es durchaus zu kleinen Wetten kommen, wie Ich bin vor acht Uhr im Wasser. Das schaffst Du nie! DCG-Informationen 40 (12):
3 Neolamprologus pulcher brütet unter natürlichen Bedingungen in einer Kolonie. UW-Aufnahme: Wolfgang Staeck Gewettet wurde meist um ein Bier - ein warmes, sambianisches, versteht sich, da ja keine Kühlmöglichkeiten vorhanden sind. Die einzelnen Tauchgänge dauern je nach Fragestellung eine bis drei Stunden. Am Anfang der Feldsaison ist oft ein großer Teil der Gruppe mit Suchen von Territorien bestimmter Fische sowie deren Kartieren und Markieren beschäftigt. Im Verlauf der Zeit wird meist mehr beobachtet und die Analyse des Verhaltens der Cichliden kann nach der Markierungsarbeit richtig beginnen. Nun beginnt auch die Zeit der Experimente. Diese für uns dritte und bisher leider letzte Forschungsreise wurde dank des DCG-Förderpreises ermöglicht. Durch den Preis konnte ein Großteil unseres Flugtickets nach Sambia finanziert werden. In der Nähe des typisch afrikanischen Dorfes Kasakalawe untersuchten wir zwei kooperativ brütende Cichlidenarten zwischen 8,7 und 10,5 Meter Tiefe. Insgesamt absolvierten wir zwischen dem 13. September und dem 30. November Tauchgänge (insgesamt 318 Stunden und 55 Minuten Tauchzeit). Seit 2001 studieren wir diese Cichliden sowohl während diverser Feldexpeditionen in Sambia (Heg et al. 2004, 2005, 2006; Bergmüller, Heg & Taborsky 2005; Brouwer, Heg & Taborsky 2005; Heg, Bachar & Taborsky 2005; Dierkes et al. 2005; Awata et al. 2005; Heg & Bachar 2006) als auch in Aquarien an der Universität Bern (Heg, Bender & Hamilton 2004; Bergmüller, Heg & Taborsky 2004; Hamilton, Heg & Bender 2005; Bender et al. Weißliche Variante von Julidochromis ornatus aus der Umgebung von Mupulungu. Seite 273: Telmatochromis vittatus ernährt sich unter anderem von Fischeiern und Fischlarven. Foto: Wolfgang Staeck 272 DCG-Informationen 40 (12):
4 2006; Hamilton & Heg 2007, 2008; Heg & Hamilton 2008; Konvalov & Heg 2008; Heg 2008). Das Ziel der Feldsaison von 2005 war es, die folgenden Fragen zu beantworten: Haben bei Neolamprologus pulcher die Koloniegröße und die Gruppengröße einen Einfluss auf den Fortpflanzungserfolg (Abb. 1)? Zusätzlich wurden Verhaltensbeobachtungen zur Territoriumsverteidigung gegen Fressfeinde und Eindringlinge, welche das Prädationsrisiko des Nachwuchses beeinflussen können, aufgezeichnet. Experimentell wurden des weiteren Fressfeinde und Eindringlinge präsentiert. Bevorzugt N. pulcher das Brüten in Kolonien aufgrund eines Kolonierand-Effekts? Frühere Studien zeigten, dass N. pulcher bevorzugt in das Innere der Kolonie auswandert und dementsprechend den Kolonierand als Brutplatz möglichst meidet. Die Resultate wurden einerseits erhoben, indem wir den Fortpflanzungserfolg der Gruppen in Bezug auf die Distanz vom Kolonierand verglichen haben; andererseits, indem wir experimentelle Gruppen sowohl am Kolonierand wie auch von der Kolonie isoliert geschaffen haben. Wie entstehen neue Gruppen? Da N. pulcher wegen der Gefahr durch Fressfeinde nur sehr ungern abzuwandern und neue Gruppen zu bilden scheint, ist es sehr wahrscheinlich, dass neue Gruppen durch langsame Ausbreitung bereits existierender Territorien zustande kommen. Diese neuen, vergrößerten Territorien teilen sich anschliessend in zwei oder mehrere kleinere Territorien. Mit dieser Art von Ausbreitung können Gruppenmitglieder noch immer von der Anwesenheit mitverteidigender Individuen profitieren, während sie gleichzeitig Platz für sich selber und für zukünftige Nachkommen schaffen können. Um diesen Prozess zu simulieren, haben wir bereits existierende Territorien künstlich vergrößert und aufgezeichnet, ob einige Gruppenmitglieder dieses neue Gebiet in Anspruch nehmen und beginnen, es gegen andere Fische zu verteidigen. Weil Polygynie bei N. pulcher sehr häufig ist (dabei verteidigt ein Brutmännchen verschiedene benachbarte und manchmal direkt anschließende Territorien, jedes mit einem Brutweibchen und mit null bis mehreren Helfern (Heg & Hamilton 2008); Limberger 1983), erwarteten wir, dass bei dieser Art die größten Helferweibchen die wichtigsten Initiatoren für eine Abspaltung sind. Daher konzentrierten wir unsere Beobachtungen auf die großen, weiblichen Gruppenmitglieder. UW-Foto: Heinz H. Büscher DCG-Informationen 40 (12):
5 Weitere Ziele der Expedition bestanden darin, mehr über das kooperative Brutsystem von Julidochromis ornatus in Erfahrung zu bringen. Diese Art ist sehr interessant, weil Brutpaare in der Regel keinen oder nur einen männlichen Helfer haben (Awata & Kohda 2004; Awata, Munehara & Kohda 2005; Awata et al. 2006; Heg & Bachar 2006). Diese Helfermännchen verrichten den größten Teil der Arbeit : Sie beschützen den Nachwuchs, unterhalten das Territorium usw. (Awata, Munehara & Kohda 2005; Awata et al. 2006; Heg & Bachar 2006). Steht jedoch kein solcher großer Helfer zur Verfügung, muss das kleinere Individuum des Brutpaares (dies kann sowohl das Weibchen als auch das Männchen sein) den Großteil der Arbeit erledigen (Awata & Kohda 2004). Wir markierten über 100 Brutplätze dieser Art (Abbildung 1) und führten die folgenden Untersuchungen durch: genetische Verwandtschaft und Elternschaft. Helfereffekt: Wie ändert sich die Fortpflanzung und das Verhalten des Brutpaares bei kurzfristigem beziehungsweise langfristigem Entfernen des Helfers? Status, Geschlecht und größenabhängiges Wachstum als Basis für ein Modell von Lebensentscheidungen bei dieser Art. Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung der erzielten Resultate von beiden Arten: Koloniegröße, Gruppengröße und Fortpflanzung bei Neolamprologus pulcher Wir markierten 89 Gruppen aus 13 verschiedenen Kolonien, wobei die Kolonien aus mindestens einer bis zu mehr als 200 Gruppen pro Kolonie bestanden (Abb. 1). Der Fortpflanzungserfolg (Nachkommen mit einer Länge von drei bis 15 Millimeter) wurde gemessen. Dabei stellte sich heraus, dass in größeren Kolonien (mehr Gruppen pro Kolonie) auch die einzelnen Gruppen größer (mehr Individuen pro Gruppe) sind. Weiter hat die Gruppengröße auch einen positiven Einfluss auf den Fortflanzungserfolg; das heißt, in größeren Gruppen ist der Erfolg größer. Daher sollte es sich für die Cichliden lohnen, in großen Gruppen zu leben. Die größte Kolonie (Abb. 1) wurde benutzt, um den Kolonierand-Effekt für die Fortpflanzung zu testen. Wir fanden, dass sich die Distanz zum Kolonierand weder negativ auf die Gruppengröße noch auf den Fortpflanzungserfolg auswirkt. Lepidolamprologus elongatus ist im Untersuchungsgebiet bei Kasakalawe, Sambia, ein häufig vorkommender Räuber. Mit einer Gesamtlänge von über 30 Zentimeter und dem tief gespaltenem Maul kann er Jagd auf alle Mitglieder einer Neolamprologus pulcher-kolonie machen. UW-Foto: Heinz H. Büscher 274 DCG-Informationen 40 (12):
6 Abbildung 1: Das Studiengebiet war sandig mit halb verdeckten Gesteinsbrocken und beherbergt hunderte von Brutpaaren verschiedenster Cichlidenarten. Hier sind lediglich zwei Arten gekennzeichnet: Schwarze Punkte sind Neolamprologus pulcher- Gruppen, wobei die Linien die Koloniegrenze anzeigen. Die große Kolonie oben rechts besteht also aus mehreren hundert Gruppen. Weiße Punkte kennzeichnen Julidochromis ornatus- Gruppen. Abbildungen: Dik Heg Gruppen am Rand der Kolonie sind also weder kleiner noch weniger erfolgreich in der Fortpflanzung als Gruppen die sich im Inneren einer Kolonie befinden. Durch Verhaltensbeobachtungen haben wir weiter untersucht, ob erstens die Koloniegröße und zweitens der Standort der Territorien (Rand oder Zentrum) einen Einfluss auf die Bereitschaft zu investieren hat. Mit Investieren sind hier hauptsächlich das Verteidigen sowie der Unterhalt des Territoriums gemeint. Der einzige Unterschied, der gefunden wurde, war, dass Tiere in großen Territorien mehr in den Unterhalt investierten, egal wo in der Kolonie sie sich befanden. Dies ist ein Hinweis darauf, dass sich Tiere aus großen Kolonien aktiver darum bemühen, ihre Unterschlupfe zu vergrößern und zu unterhalten als Cichliden aus kleineren Kolonien. In durchsichtigen Plastikbehältern haben wir bei zehn Gruppen den Gruppenmitgliedern Eindringlinge präsentiert. Dabei maßen wir, wie lange es bis zu einer ersten Reaktion der Gruppenmitglieder dauerte und die Anzahl aggressiven Verhaltens gegenüber dem präsentierten Eindringling. Als Eindringling haben wir folgende Arten (je ein kleines, ein mittelgroßes, ein großes und ein sehr großes Individuum der Art) benutzt: N. pulcher (Artgenosse), Telmatochromis temporalis (Konkurrenz für den Unterschlupf), T. vittatus (Fressfeind der Eier und des Nachwuchses), N. tetracanthus (Fressfeind des Nachwuchses und der kleineren Helfer), Lepidiolamprologus elongatus (Fressfeind aller Gruppenmitglieder). Die Gruppenmitglieder haben eindeutig am stärksten auf ungefähr identisch große Eindringlinge reagiert und sie riskierten Angriffe auf potenziell gefährliche Feinde (vorwiegend L. elongatus). DCG-Informationen 40 (12):
7 UW-Foto: Heinz H. Büscher Das Auftreten von neuen Gruppen durch Abspaltung bei Neolamprologus pulcher Diese Studie wurde in der Nähe des Hauptstudienplatzes bei 24 Gruppen durchgeführt. Künstlich haben wir bei zwölf Gruppen das Territorium vergrößert und zeichneten den Rang und das soziale Verhalten der großen Weibchen vor und nach der Manipulation auf. Ihr Verhalten wird mit dem der Weibchen in den nicht manipulierten Gruppen verglichen werden; die Resultate dieses Experiments sind jedoch noch nicht analysiert worden. Genetische Verwandtschaft und Elternschaft bei Julidochromis ornatus 2005 fingen wir Individuen aus 116 Gruppen. Die Daten dieser Tiere wurden kombiniert mit Daten von im Jahr 2003 gefangenen Individuen. Bei jedem Individuum wurde die Größe gemessen, bei den größeren Tieren das Geschlecht bestimmt und eine Flossenprobe für zukünftige DNA-Analysen genommen. In der Zwischenzeit sind die DNA- Analysen der insgesamt Tiere abgeschlossen. Dabei haben sich mehrere interessante Resultate ergeben. So sind beispielsweise die kleinsten jüngsten Helfer (und die Brut) sehr nahe mit dem Brutpaar verwandt, da sie in den letzten Monaten vom Brutpaar produziert worden sind. Je älter aber die Helfer wurden, desto geringer fiel der Verwandtschaftsgrad mit dem Brutpaar aus. Dies geht soweit, dass der größte Helfer der Gruppe im Normalfall überhaupt nicht mehr mit dem Brutpaar verwandt war (Abb. 2 b). Der Grund für die geringere Verwandtschaft bei größeren Helfern ist hauptsächlich im häufigen Wechsel zwischen Bruttieren zu suchen. Solche großen, unverwandten Helfer beteiligen sich oft auch an der Fortpflanzung. Helfereffekte bei Julidochromis ornatus In diesem Projekt haben wir getestet, ob die Anwesenheit von Helfern den Fortpflanzungserfolg des Brutpaares erhöht und/oder ob ihnen durch die Helfer Arbeit beim Hüten des Nachwuchses abgenommen wird. Dafür haben wir zwei Experimente durchgeführt. Im ersten entfernten wir männliche Helfer für die Zeitspanne von je einem Monat (die Helfer wurden während dieser Zeit in großen Unterwasserkäfigen gehalten und nach dem Experiment wieder freigelassen) und verglichen nun den Fortpflanzungserfolg des jeweiligen Brutpaares mit einer Kontrollgruppe, bei welcher noch männliche Helfer anwesen waren. Verhaltensbeobachtungen sind vor und nach dem Entfernen der männlichen Helfer durchgeführt worden. 276 DCG-Informationen 40 (12):
8 Abbildung 2: (a): Wachstumsrate pro Tag (Millimeter) der Weibchen (weiße Symbole) und Männchen (schwarze Symbole), abhängig von ihrer jeweiligen Körpergröße (die Regressionslinien zeigen die durchschnittlichen Raten pro Körpergröße). Der Status innerhalb der Gruppe hatte keinen Einfluss auf die Wachstumsrate. (b): Verwandtschaft der Helfer zum Brutmännchen (schwarze Punkte, dicke Linie) bzw. zum Brutweibchen (weiße Punkte, dünne Linie). Die Stichprobengrößen sind innerhalb des Grafen angegeben, das geschätzte Alter in Tagen für Weibchen und Männchen getrennt oberhalb des Grafen (a). Seite 276: Neolamprologus tetracanthus ernährt sich in der Natur von Mollusken, Insektenlarven und Fisch. Im Untersuchungsgebiet macht die Art Beute unter den Jungfischen und den kleineren Helfern innerhalb einer Kolonie. Im zweiten Experiment wurde entweder das Brutmännchen, das Brutweibchen oder ein Helfer für die Dauer von fünfzehn Minuten entfernt. Der Rest der Gruppe wurde vor dem Entfernen, während der Abwesenheit und nach der Rückkehr des jeweiligen Gruppenmitglieds auf Territoriumsverteidigung, Hüten usw. beobachtet. Wir erwarteten, dass durch das temporäre Entfernen der Helfer das Brutpaar einen Mehraufwand hat, da die Helfer meist den größten Teil der Arbeit innerhalb der Gruppe übernehmen. Im Gegensatz dazu sollte das Entfernen des Brutmännchens aus der Gruppe keinen Effekt auf die Gruppe haben, da sich die Brutmännchen kaum an der Arbeit beteiligen. Die Resultate der beiden Experimente werden derzeit analysiert. Wachstum bei Julidochromis ornatus Um ein allgemeingültiges Modell für die Lebensgeschichte bezüglich Überleben und Fortpflanzung zu erhalten, ist es wichtig, das Muster und die Geschwindigkeit des Wachstums bei Fischen zu verstehen. Dafür haben wir sehr detailliert das Wachstum von J. ornatus gemessen. Wir fingen 312 Individuen, maßen die jeweilige Körpergröße und markierten die Tiere. Einen Monat später fingen wir dieselben Tiere wieder und maßen von neuem die Körpergröße. Es wurden sowohl Männchen als auch Weibchen gefangen; Individuen aus Gruppen (also Bruttiere und Helfer) und auch Individuen, welche zum Zeitpunkt der Messung nicht in Gruppen lebten. Dies erlaubte uns, die tägliche Wachstumsgeschwindigkeit eines Indivi- DCG-Informationen 40 (12):
9 duums abzuschätzen und nach Mustern zu suchen, welche das Wachstum bei dieser Art festlegen. In einer ersten, wichtigen Analyse fanden wir, dass das Wachstum erstens durch die Anfangsgröße bei der Messung (kleine Fische wachsen schneller) und zweitens durch das Geschlecht bestimmt ist (Abb. 2 a, Weibchen wachsen schneller als Männchen). Keinen Einfluss auf das Wachstum hatte dagegen der soziale Status (Bruttier, Helfer oder Individuen ohne momentane Gruppenzugehörigkeit). Diese Daten erlaubten es uns, das ungefähre Alter von Einzeltieren abzuschätzen (Abb 2 a) und somit auch das Alter, in welchem diese Fische Brutpositionen erreichen und beginnen, sich fortzupflanzen. Insgesamt war diese Feldsaison 2005 außergewöhnlich erfolgreich und wir möchten der Deutschen Cichliden-Gesellschaft unser herzliches Dankeschön aussprechen. Weiter danken wir auch den Mitgliedern der Expedition 2005 und nicht zuletzt den Mitarbeitern des Fisheries Department in Mpulungu für ihre Unterstützung. Literatur Awata, S. et al. (2006): Testis size depends on social status and the presence of male helpers in the cooperatively breeding cichlid Julidochromis ornatus. Behavioral Ecology 17: Awata, S. &. Kohda, M. (2004): Parental roles and the amount of care in a bi-parental substrate brooding cichlid: The effect of size differences within pairs. Behaviour 141: Awata, S., Munehara, H. & Kohda, M. (2005): Social system and reproduction of helpers in a cooperatively breeding cichlid fish (Julidochromis ornatus) in Lake Tanganyika: field observations and parentage analyses. Behavioral Ecology and Sociobiology 58 (5): Bender, N. et al. (2006): The relationship between social status, behaviour, growth and steroids in male helpers and breeders of a cooperatively breeding cichlid. Hormones and Behavior 50 (2): Bergmüller, R., Heg, D. & Taborsky, M. (2005): Extended safe havens and between group dispersal of helpers in a cooperatively breeding cichlid. Behaviour 142: Bergmüller, R., Heg, D. & Taborsky, M. (2005): Helpers in a cooperatively breeding cichlid stay and pay or disperse and breed, depending on ecological constraints. Proceedings of the Royal Society of London Series B 272: Brouwer, L., Heg, D. & Taborsky, M. (2005): Experimental evidence for helper effects in a cooperatively breeding cichlid. Behavioral Ecology 16: Dierkes, P. et al. (2005): Genetic relatedness in groups is sexspecific and declines with age of helpers in a cooperatively breeding cichlid. Ecology Letters 8: DCG-Informationen 40 (12):
10 Hamilton, I. M. & Heg, D. (2007): Clutch-size adjustments and skew models: effects on reproductive partitioning and group stability. Behavioral Ecology 18: Hamilton, I. M. & Heg, D. (2008): Sex differences in the effect of social status on the growth of subordinates in a cooperatively breeding cichlid. Journal of Fish Biology 72: Hamilton, I. M., Heg, D. & Bender, N. (2005): Size differences within a dominance hierarchy influence conflict and help in a cooperatively breeding cichlid. Behaviour 142: Heg, D. (2008): Reproductive suppression in female cooperatively breeding cichlids. Biology Letters 4: Heg, D. & Bachar, Z. (2006): Cooperative breeding in the Lake Tanganyika cichlid Julidochromis ornatus. Environmental Biology of Fishes 76 (2 4): Heg, D. et al. (2004): Predation risk is an ecological constraint for helper dispersal in a cooperatively breeding cichlid. Proceedings of the Royal Society of London Series B 271: Heg, D., Bachar, Z. & Taborsky, M. (2005): Cooperative breeding and group structure in the Lake Tanganyika cichlid Neolamprologus savoryi. Ethology 111 (11): Heg, D., Bender, N. & Hamilton, I. (2004): Strategic growth decisions in helper cichlids. Proceedings of the Royal Society of London Series B 271: S505 S508. Sowohl Neolamprologus pulcher als auch Julidochromis ornatus (Seite 278) sind kooperativ brütende Cichliden des Tanganjikasees. Der Zusammenschluss der einzelnen Fortpflanzungsgemeinschaften zu Kolonien erhöht den Reproduktionserfolg. Heg, D. et al. (2006): Cichlids do not adjust reproductive skew to the availability of independent breeding options. Behavioral Ecology 17: Heg, D. et al. (2005): Large group size yields group stability in the cooperatively breeding cichlid Neolamprologus pulcher. Behaviour 142: Heg, D. & Hamilton, I. (2008): Tug-of-war over reproduction in a cooperatively breeding cichlid. Behavioral Ecology and Sociobiology 62: Heg, D. et al. (2008): Experimentally induced helper dispersal in colonially breeding cooperative cichlids. Environmental Biology of Fishes 83: Heg, D., Jutzeler, E., Bonfils, D., & Mitchell, J. S. (2008): Group composition affects male reproductive partitioning in a cooperatively breeding cichlid. Molecular Ecology 17: Konovalov, D. A. & Heg, D. (2008) Estimation of population allele frequencies from small samples containing multiple generations. Series on Advances in Bioinformatics and Computational Biology. Proceedings of the 6th Asia-Pacific Bioinformatics Conference, Kyoto. Konovalov, D. A. & Heg, D. (2008): A maximum-likelihood relatedness estimator allowing for negative relatedness values. Molecular Ecology Notes 8: Limberger, D. (1983): Pairs and harems in a cichlid fish, Lamprologus brichardi. Zeitschrift für Tierpsychologie 62 (2): Website der Universität Bern, Abteilung Verhaltensökologie: UW-Fotos: Heinz H. Büscher DCG-Informationen 40 (12):
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